Weihnachtsspecial von Naruse (OS-Sammlungen für Aktionen) ================================================================================ Kapitel 1: Bloody Snow ---------------------- Der ewig währende Krieg begann vor geraumer Zeit. Niemand auf Alcatraz Island konnte sich überhaupt erinnern, wodurch die Fehde zustande kam. Auf dem Schlachtfeld hieß es: "Feuer frei!", oder: "Tötet die Capulet!" Die Capulets waren eine sehr wohlhabende und beliebte Familie, die jeder auf der Insel kannte. Sie hatten eine einzige Tochter, die sie demnächst mit dem vermögenden Prinzen Paris von San Francisco vermählen wollten. Damit würden sie ihren Feinden, den "Montagues", endlich die Stirn bieten können. Sie waren die Schwerverbrecher unter dem Volk, so hieß es. Zwar wurden sie gefürchtet, doch die Wahrheit sah bitter aus: Bei den Montagues handelte es sich um mächtige Vampire. Überall lagen verweste Leichen auf den düsteren Korridoren der stillgelegten Kerker von Alcatraz. Dort fanden die meisten Kämpfe zwischen ihnen statt. Selbst einige, übernatürliche Wesen mieden diesen Ort, weil hier bereits einer nach dem anderen gefallen war. An dem Tag war es mächtig kalt. Der frostige Winterwind zog durch die leeren Flure hinter den hohen Mauern. Heute war Blutmond. In der Nacht waren die Blutgourmets besonders stark. Diese Zeit nutzten sie aus, damit sie den Capulets entgegentreten konnten, denn die Familie und ihre Verbündeten waren bestens ausgerüstet und sehr gut bewaffnet. Trotzdem hatten sie ebenso viele Verluste wie die Fraktion der Montagues erlitten. Die Vampire fuhren ihre Krallen aus, zeigten ihre wahre, dämonische Gestalt und ihre Beißer, mit denen sie die menschlichen Hüllen leer tranken, und wurden unglaublich stark. Der Mächtigste unter den Vampiren war der alte Graf Montague, der seine Rasse vertrat. Außerdem war er der Lehrer und Großmeister aller Jungvampire. Das Blut tropfte auf den kalten, schneebedeckten Boden in dem Innenhof der ehemaligen Haftanstalt. Das Klacken der Schuhabsätze war trotz der mit Blut verschmutzten Schneedecke mehrere Räume weiter zu hören. Der mächtige Prinz aus San Francisco persönlich traf gemeinsam mit Ratsmitgliedern ein, um sich einen Einblick zu erhaschen. Nur er konnte es sich erlauben, dazwischen zu treten, hielt beide Parteien mit seinen Gefolgsleuten auseinander und sprach: "Wagt es nicht, eurem Prinzen zu widersprechen, Capulet und Montague! Von heute an wird es keine Gefechte mehr zwischen euch geben." Die Menschen senkten ihre Waffen. In Weihrauch getauchte Dolche, messerscharfe Schwerter, deren Spitze aus Holz bestand, und aus totem Blut gedämpfter Smog, welcher dafür sorgte, dass die Dämonen - wie sie auch genannt wurden - ihr ausgeprägtes Sehvermögen verloren, prallten auf den Boden auf, als sie von ihren Trägern abgelegt wurden. Der Rauch befand sich in einer kleinen Phiole in einem Kruzifix verarbeitet, welche man aufschrauben konnte. Diese hing direkt an einer Lederkette, dessen Material aus faulen Leichenhäuten gebildet wurde. Nur der Lord und die Gräfin Capulet, sowie Juliet, trugen solch ein kostbares Schmuckstück. Dadurch waren sie vor direkten Angriffen geschützt. Währenddessen fuhr die Gegenpartie ihre Krallen wieder ein. Auch ihre Haut wurde wieder blasser. Vorher entstanden durch die Blutmond-Metamorphose Risse auf der verdunkelten, eiskalten Haut und ihre Augen färbten sich blutrot, eisblau, leuchtgelb, oder purpurviolett. Schwarz färbten sich lediglich die Augen des Großmeisters. Die Novizen bekamen eine leuchtgelbe Iris mit einem orangenen Rand und die der Verfluchten färbte sich purpurviolett. Rote Augen hatten nur die Vampire, die von Geburt an als solche lebten. Noch dazu kam, dass sie dadurch beweglicher und kräftiger wurden, weshalb es den Anschein hatte, als würden sie um ein paar Zentimeter gewachsen sein. Beide standen sich gegenüber. In der Mitte der Prinz, welcher sich umsah und auf die jüngste Capulets sah. Mit einer Florette zeigte er auf Juliet. "Demnächst soll ein Maskenball stattfinden. Dann verkünde ich meine Vermählung. Auf Wunsch meines Volkes werde ich als Reinblut ein Menschenwesen als Ehegattin wählen, damit Frieden zwischen den Menschen und den Nachtwesen herrschen wird." Es war inmitten in der Nacht. Romeo war ein ausgesprochen ausgeklügelter, jedoch in seine Träume vernarrter, junger Mann, welcher kaum älter als Juliet war. Mit seinen haselnussbraunen Augen und seinem durchtrainierten, nahezu perfekt definierten Körper zog er ungewollt jede Frau in seinen Bann. Nur hatte er eine Vorliebe für menschliche Frauen, von deren Düften er regelrecht angezogen wurde. "Ich habe geträumt, dass wir uns wiedersehen und endlich zusammen sein können. Kein Streit mehr zwischen den Vampiren und den Menschen. Wäre das nicht toll?" "Du Narr, Romeo! Träumst du denn schon wieder vor dich hin?", wollte Mercutio wissen, welcher genervt seine Augen verdrehte. "Wo warst du bei dem gestrigen Kampf? Du weißt, dass nur du als starker Nachfahre des Großmeisters das Haupt der Capulet stürzen sollst. Aus Hass kann niemals mehr Freundschaft entstehen. Dazu müsstest du schon die Tochter des Lords persönlich heiraten." Romeo lachte. "Selbst, wenn Mercutio Recht hat, so möchte ich dich wissen lassen, dass ich dich zum Maskenball begleite. Meine Aufgabe als Garde ist es, auf dich aufzupassen." "Benvolio", begann der Sohn des Großmeisters, "du musst nicht auf mich Acht geben", und streckte sich ganz ungeniert, "außerdem bin ich endlich 18 geworden und somit eigenständig." Nun konnte sich Mercutio das Lachen nicht verkneifen. Kopfschüttelnd seufzte er und gab an: "Glaubst du wirklich, dass eine Volljährigkeit deine geistige Reife ersetzt? Was du brauchst, mein Freund, ist einen klaren Verstand. Bei dir ist die Phantasie jedoch eine Tugend. Nicht immer entsprechen Träume der Wahrheit." "Deshalb sind sie da, um wahr zu werden." Entschlossen sprang Romeo von der Mauer, auf der er saß, während die anderen vom Platz aus zu ihm aufsahen. Anschließend lief er mit seinen treuen Begleitern, Garden und besten Freunden, Benvolio und Mercutio, nach Hause. Eine Magd trat in Dienstkleidung vor ihnen auf, verbeugte sich und verkündete den Wunsch des Grafen, seinen Sohn zu sprechen. Es hieß, dass er ihn zur nächsten Schlacht dabeihaben wollte und dass er deshalb mehr trainieren musste als zuvor, da der Alte Montague plante, die Capulets zu Fall zu bringen. Dies brauchte seine Vorbereitungszeit. Der Großmeister und Romeo unterhielten sich. Entschlossen ließ der Alte Montague von seinen Wachen die Pforte öffnen, warf seinen prunkvollen Umhang hinter sich und blieb kurz vor den beiden Patronen Romeos stehen, um ihnen zu befehligen: "Romeo wird das Anwesen nicht verlassen, bis ich zurückgekehrt bin. Ich verlasse mich auf euch." Er sah beide kurz flüchtig an. "Mercutio. Benvolio. Ihr seid gute Männer, das weiß ich. Nun hinfort mit euch! Mein Sohn darf nicht mehr aus den Augen gelassen werden." "Verstanden, Alter Graf Montague." Die beiden liefen ins Foyer, blieben vor Romeo stehen und warteten auf eine Reaktion von ihm. Er jedoch sah just zu Boden und ballte seine Hände fest zusammen. Dann war ein Lachen zu hören, welcher immer lauter wurde. Nachdem er damit aufhörte, drehte er sich zu seinen Freunden, zuckte mit der Schulter und grinste breit, als ob er genau wusste, dass sein Vater ihm nichts verbieten könnte. "Mercutio, du bleibst hier und hältst für uns Wache, während Benvolio und ich uns reinschleichen. Warte nach Mitternacht an der Pforte auf uns. Ein guter Freund, ein Lakai der Capulets, wird uns dabei helfen." Es dauerte nicht lang und die Drei begaben sich zum Anwesen der Capulets. Zwei Büffettische wurden aufgestellt. Eine komplette Bar wurde von den zwei besten Barkeepern des Hauses bedient. Vor den Gästen führten sie eine kleine Demonstration vor, indem sie mit den Gläsern jonglierten oder das Gemisch geschickt in das geworfene Glas schenkten. Der Ballsaal wurde von einem gigantischen Kronleuchter erleuchtet. Die prunkvollen, mit Gold verzierten Vorhänge bedeckten die riesigen Fenster. An den Wänden hingen ebenfalls kleine Lampen, die durch Spiegel verziert wurden. Überall auf dem Grundstück fand man Spiegel oder spiegelglatte Oberflächen, da man den Vampir darin nicht sehen konnte. Heute versprach der Abend, perfekt zu werden, da die Tochter der Capulets 16 Jahre alt wurde. Noch dazu wurde der Prinz von San Francisco eingeladen, welcher die Vermählung mit Lady Capulet mit Freuden zu verkünden beabsichtigte. Jeder war eingeladen. Nur die Familie Montague nicht. Sie wurden ausdrücklich gebeten, sich der Feierlichkeit fernzuhalten, was der Prinz persönlich veranlasst hatte, damit jegliche Art von Streit beiseitegeschoben werden konnte. Ob dies gut durchdacht war, war eine andere Sache, doch selbst die Wachen ließen Romeo und Benvolio nicht davon abbringen, sich unter das feiernde Volk zu mischen. Dass es sich um einen Maskenball handelte, nutzten die Eindringlinge aus und verkleideten sich. Besonders Romeo hatte es nötig, da er der einzige mit roten Augen war. Gerade angekommen blieb der Frauenschwarm direkt am Brunnen im Vordergarten stehen, während Benvolio weiterlief. Anscheinend bekam er es nicht mit und folgte dem Knappen weiterhin. Verzaubert näherte sich Romeo der Schönheit, welche ein langes Prinzessinnenkleid trug. Der Wind war still. Langsam trat er hervor, sprang auf den Brunnen und verbeugte sich mit einer Hand geniert. Es handelte sich um die junge Tochter der Capulets. Juliet war wunderschön. Sie hatte blondes, langes, gewelltes Haar, ozeanblaue, mandelförmige Augen und war schlank. Das Korsett trug dazu bei, dass der junge Erwachsene kaum mehr seine Augen von ihrem Vorbau lassen konnte. Geniert räusperte er sich, sah aber erneut herab. "Meine Augen sind hier oben." Er lächelte verlegen. Anschließend ließ er sich am Kinn packen und hob seinen Blick. Sofort verlor er sich in ihren Augen. "Du bist auf keinen Fall ein Knappe, der mich holen kommt. Das sehe ich an deiner Verkleidung, Vampir, und eigentlich sind diese Wesen hier nicht willkommen", verriet sie und stieß ihn ein wenig von sich weg, sodass er drohte, zu fallen, doch er landete sicher auf seinen Füßen. "Was schaust du so geschockt? Ich mache nur Witze. Jeder ist willkommen." "Wow…" Sie drehte sich zu ihm, hielt ihm ihre Hand hin, die er nahm, und ließ sich zu sich ziehen. "Hast du Lust, zu tanzen?" Dabei drehte sie sich ein und schmiegte sich an ihn. Kokett strich sie seine Wange mit der anderen Hand, zwinkerte zwei Mal hintereinander und biss sich erotisch auf die Unterlippe. Romeo und Juliet tanzten fast die ganze Nacht lang, obwohl sie die Musik im Festsaal kaum hörten. Zum Schluss trat sie versehentlich auf ein Stück Stoff ihres Saumes, stolperte deshalb und drohte, zu fallen, doch ihr Held reagierte sofort und fing sie auf. Vollkommen verliebt sah sie zu ihm hoch, lächelte verlegen weg und hielt inne. Dabei konnte er jedes ihrer Herzschläge spüren. Ihr Atem ging schneller. Die erste Schneeflocke fiel. Vollkommen überrascht sahen beide gen Himmel, welcher sich in ein winterliches Grau verwandelte. Lautes Gelächter. Juliet richtete sich wieder, drückte sich fester an ihn und atmete tief ein und wieder aus. Nachdem sie ihn ansah, blickte auch er ihr in die Augen. Lange verharrten beide in der Position, bis er seine Lippen mit den ihren versiegelte. Der Kuss hielt nicht lang an, denn schon hörte man, wie Wachen laut schrien, dass Eindringlinge gesichtet wurden. Sofort spitzte Romeo seine Ohren, schluckte schwer und ließ ihre Hand los. "Lass uns schnell in den Garten gehen und uns verstecken! Wenn sie mich finden, wird Vater sehr erzürnt sein", kam jedoch von der aufgebrachten und gleichzeitig verängstigten Juliet. "Romeo! Wo warst du die ganze Zeit? Lass uns schnell von hier verschwinden, bevor sie uns finden", schlug Benvolio vor, welcher auf die Zwei stieß. Perplex blieb er stehen, obwohl er weitergehen wollte, blickte Juliet an und schüttelte den Kopf. Anschließend rannte er vor und rief ihnen zu: "Wir dürfen keine Zeit mehr verschwenden! Geht hier hindurch und flieht! Ich werde sie aufhalten." Am nächsten Tag trafen Benvolio, Mercutio und Romeo aufeinander. Wieder befand sich der tollkühne Verliebte auf der hohen Mauer, hielt sich am Mast der Straßenbeleuchtung fest und drehte sich einmal daran. Schwärmend hockte er sich hin, blickte zu den anderen und lächelte überglücklich. Seine roten Augen funkelten selbst in der Nacht, so verliebt war Romeo, worauf Mercutio nicht gerade gut zu sprechen war. "Was fiel dir nur ein, die Tochter unserer Todfeinde zu verführen? Hast du nichts anderes als deine nächtlichen Aktivitäten mit einer Capulet im Kopf?" Doch Romeo war vollkommen in Gedanken versunken. Er setzte sich hin und sah zu Benvolio, der nun sprach: "Es war definitiv nicht klug von dir, Romeo. Vielleicht solltest du langsam zur Vernunft kommen, denn diese Leute wollen nichts anderes als deine Familie und dich fallen zu sehen." "Ich kann euch nicht ganz folgen. Seht ihr nicht, wie glücklich ich bin? Ich habe endlich einen Weg gefunden, wie die Familien sich versöhnen werden." Schwärmend seufzte er, blickte in den dunklen Winterhimmel und gab begeistert von sich: "Zwischen Juliet und mir ist es anders. Es ist nicht nur ihre Schönheit, die mich angezogen hat. Versteht ihr nicht, wie wichtig es mir ist, dass wir alle endlich wieder vereint sein werden? Kein Krieg mehr. Kein Leid mehr. Keine Tote mehr. Ist es das nicht wert?" Bevor er voller Enthusiasmus weiterreden konnte, trat der Neffe der Capulets Tybalt hervor. Provokant stieß er sie zur Seite, zog ein Schwert und richtete dieses auf den Verliebten. Außerdem zog er an der Lederkette und präsentierte den Vampiren das gefährliche Schmuckstück. "Es heißt, dass sich darin ein Wundermittel befindet, was euch Kreaturen von uns fernhalten wird. Was wohl meine Verwandten dazu sagen, dass du Juliets Unschuld geraubt hast? Vielleicht sollte ich dich gleich hier und jetzt auseinandernehmen, du widerspenstiges Monster!" Ohne zu zögern erhob sich Romeo, schüttelte den Kopf und ließ seine Augen leuchten. Bevor er etwas sagen konnte, trat Mercutio dazwischen, fuhr seine Krallen aus und wollte den Erpresser von hinten überraschen. Jedoch wurde er durch eine unsichtbare Barriere weggeschleudert, die von dem Kreuz ausgingen. Süffisant grinsend drehte sich Tybalt um, öffnete die kleine Flasche und schüttete ein Pulver auf den Angreifer. Vorher lief er an Benvolio vorbei, der ebenfalls weggestoßen wurde. Mit einem einzigen Schwerthieb erstach er die Garde Romeos. Dabei bohrte er mit dem Schwert in der Wunde. Nachdem er die Waffe rauszog, pustete er das Pulver erneut auf Mercutio, welcher sofort zu Asche wurde. "Nein! Mercutio, nein!", schrie Romeo, welcher von seinem Freund festgehalten wurde, der sich schnell wieder auf die Beine stellte. "Du nennst uns Monster? Tötest aber ohne mit der Wimper zu zucken meinen Freund? Obwohl er dir nichts getan hat, Mensch?" Wütend sammelte er all seine Energie, stieß damit sogar Benvolio weg, näherte sich dem Herausforderer und fuhr Krallen und Zähne aus. Mit leuchtenden Augen packte er seinen Hals, hielt ihn empor und sprach mit gefletschten Zähnen: "Zur Hölle mit dir, du Tier!" In dem Moment drückte er fester, während der Boden unter ihm bebte. Dabei entstanden auf dem Platz direkt unter dem Sohn des Großmeisters Risse, die die Mauer auseinandernahm. Einen Moment lang sah er zu Mercutios Asche, die im Winde verwehte, wurde wütender und drückte zu, bis nichts als Blut aus der Halsschlagader spritzte. Tybalt wollte noch etwas sagen, kam dazu aber nicht mehr und verblutete. Dabei ließ er den Anhänger fallen. Plötzlich tauchten Wachen auf, die Romeo zusammen mit Paris umzingelten. Sie richteten ihre Speere auf den jungen Erwachsenen. "Lass Tybalt los, Romeo!", befahl der Prinz, doch Romeo rührte sich nicht. Stattdessen schnaubte er, hob die Leiche an, trank von dem Blut und warf sie ihm dann vor die Füße. Kopfschüttelnd verlautete er: "Aufgrund der Missachtung meiner Befehle verbanne ich dich hiermit von Alcatraz und von San Francisco." "Wartet, Eure Hoheit! Es war nicht Romeo, der-" "Schweig, Benvolio! Ich habe genug gehört. Auch, dass sich der junge Montague an meine Verlobte vergriffen hat, habe ich nicht überhört", unterbrach der adelige Vampir sofort, winkte ab, damit seine Leute die Waffen senkten, und fügte hinzu: "Du hast bis morgen Zeit, zu verschwinden. Tust du es nicht, wird deine Strafe das ewige Eis sein." Noch vor den Augen der anderen verwandelte sich der Angeklagte in einen düsteren, dunklen Nebel, verschwand aber im Licht. Es begann, zu schneien. Der kalte Wind blies die Asche seines Freundes auf das Wasser, welches rund um die Insel ihre tosenden Wellen schlug. Auf einer Schlucht verwandelte sich Romeo zurück, setzte sich auf einen Felsen und schluchzte. Dass sein Freund umgebracht wurde, konnte er Tybalt nicht verzeihen, weswegen er ihn am besten in Stücke reißen wollte. Kurz dachte er nach, was Paris ihm androhte. Das ewige Eis war für Vampire ein ewiger Schlaf. Ihre Augen blieben offen und sie lebten weiter, doch sie konnten sich weder bewegen, noch fühlten sie. Nichts mehr als Leere. Die meisten Sträflinge wurden ins Meer geworfen und danach hatte man nichts mehr von ihnen gehört. Was also passiert war, wusste niemand. Auch Romeo würde es sicherlich nicht riskieren, für immer zu schlafen, doch was war ein Leben ohne seine Juliet, die nun einmal auf der Insel lebte? Noch dazu musste sie den Prinzen heiraten. Warum sagte sie nichts? Dies wollte der Gekränkte wissen, weshalb er sich erneut verwandelte und zu ihr flog, die sich gerade auf dem Balkon befand. Nachdem er sich in seine ursprüngliche Gestalt verwandelte, ließ er seine Beißer und Krallen wieder einfahren. Das Leuchten in seinen Augen erlosch, als sich ihre Lippen trafen. "Romeo, oh Romeo. Von einem Freund hörte ich, dass Paris dich verbannt hat. Was hast du nur getan?" Er schnaubte. In ihm machte sich Trauer breit, weshalb er direkt fragte: "Warum hast du mir verschwiegen, dass du Paris heiraten willst?" "Wo denkst du hin? Von wollen kann keine Rede sein. Ich will ihn bestimmt nicht heiraten. Glaubst du mir nicht?" Sie schüttelte traurig den Kopf. "Sogar den Tod meines Cousins verzeihe ich dir, aber du glaubst mir nicht. Müsse nicht ich diejenige sein, die Skepsis dir gegenüber verspüren sollte? Schließlich hast du mir nicht erzählt, dass du ein Montague bist. Wer wird mir jetzt die Zweifel nehmen, dass du nicht hier bist, um mich ebenfalls zu töten?" "Juliet…" Nichts weiter als ihren Namen murmelte er vor sich hin. Viel lieber wollte er ihr alles erzählen, doch stattdessen packte er sie, zog sie an sich und küsste sie leidenschaftlich. Wieder verbrachten sie die Nacht zusammen, doch inmitten dieser wurden sie bei dem Liebesakt unterbrochen, denn ausgerechnet ihre Mutter trat ein, die ihr mit Freuden verkünden wollte, dass sie schon morgen heiraten dürfte. Empört, die beiden so zu sehen, ließ sie das Fenster verriegeln und Romeo umzingeln. Mit einer einzigen Handbewegung schaffte er es, die Wachen von sich und seiner Liebsten fernzuhalten, sprang das Fenster in die Luft, nahm Juliet und floh mit ihr gemeinsam aus dem Anwesen. In der Luft flog er in die Richtung der einstigen Haftanstalt von Alcatraz. Dort legte er sie auf ein kaltes, aus Metall bestehendes Bett, welches bereits zugefroren war. Dann zog er seinen Mantel aus, den er über ihre Schultern legte. "Lass uns von hier verschwinden und wenn du mich heiratest, musst du ihn nicht mehr lieben. Komm mit mir mit, Juliet." Juliet nickte nur, umarmte ihn und küsste ihn sanft auf die Lippen. "Dann warte du hier und ich bereite alles vor. Ohne dich bin ich schneller unterwegs. Hältst du das aus?" "Ich werde auf dich warten, mein geliebter Romeo." Mit einem zärtlichen Kuss verabschiedeten sich die beiden voneinander. Während Romeo alles vorbereitete und vor allem auch Ringe besorgen ging, stand Juliet auf, rieb sich die Arme und versuchte, sich warm zu halten. In einem Moment der Unachtsamkeit stand hinter ihr ein Urvampir, welcher sich ihr immer mehr näherte. Erschrocken drehte sie sich zu ihm und seufzte erleichtert aus, als er die Kutte abnahm. "Was machst du hier, Bruder Lorenzo?" "Ich hörte von Eurem Ausbruch. Die Capulets, der Prinz und seine Einheit sind bereits auf dem Weg hierher. Wo ist Romeo?" "Er müsse gleich hier sein." "Die Zeit haben wir nicht mehr. Du musst dich verstecken, Juliet." "Nein, warte", so Juliet, welche kopfschüttelnd bemerkte: "Ich höre ihre Schritte bereits. Bitte hilf mir, Bruder Lorenzo. Du bist Romeos Freund und somit auch meiner. Was kann ich tun, damit sie uns ziehen lassen? Uns nicht mehr verfolgen?" Stirn runzelnd dachte er nach, bis er auf die Idee kam: "Ich kann dich verfluchen und es so aussehen lassen, als ob du im ewigen Eis gefangen wärst. Der Kuss der wahren Liebe würde dich wiedererwecken. Romeo werde ich einen Brief zukommen lassen, damit er weiß, was er tun muss. Die Capulets und die anderen werden denken, du seist tot." Sofort nickte die Jugendliche. Die Zeit drängte. Bruder Lorenzo war mitunter derjenige, welcher Romeo immer wieder aus der Patsche half. Kennenlernen taten sie sich, als der Maskenball vorbei war. Zusammen mit Benvolio suchte er nämlich ein Versteck für das Liebespaar und half ihnen dabei, dass ihre Zweisamkeit ungestört blieb. Die Schritte wurden lauter. Mit einer leichten Handbewegung war der Fluch ausgesprochen. Dann legte der Franziskaner die schlafende, eisige Schönheit auf das Bett, nahm seine Kutte und Romeos Umhang und flog aus dem kleinen Fenster davon. Nachdem die anderen dazu traten, wurde Juliets Tod laut verkündet. Auch Romeo, welcher gerade auf dem Markt war, erfuhr davon und brach auf, um sie zu sehen. Wie das Schicksal nicht anders wollte, wurde er angekettet und in die Kerker von San Francisco geworfen. Dort verblieb er mithilfe mehrerer Zauber und Bannflüche solange, bis er einen Weg fand, sich von dort zu befreien, denn während seines Aufenthaltes hörte er draußen Menschen sagen, dass Juliet bis heute in den Hallen vom Prinzen in einem Sarg aus Glas lag. Dass sie noch immer schlief und nur nicht aufwachte, weil sie erfroren war, hielt der junge Montague für ein Gerücht. Er glaubte daran, dass er sie retten konnte, floh aus den Zellen, indem er einen Doppelgänger aus Stein für sich in Ketten sitzen ließ, und flog zur besagten Halle. Nun stand der Frühling an. Juliet hatte den ganzen Winter über geschlafen. In der Halle angekommen beobachtete er sie eine ganze Weile. Vorher stahl er adelige Anzüge, zog sich um und passierte durch das Tor. Vor dem Sarg kniete er nieder, schüttelte den Kopf und sprach: "Nie wieder wirst du allein sein, meine geliebte Juliet." Er öffnete den Sarg, spürte einen Widerstand, da sie die Kette mit dem Kreuzanhänger trug, und verwandelte sich. Dabei wurde seine totenbleiche Haut rissig. Seine Augen leuchteten. Nun hatte er es geschafft, die Barriere zu durchdringen, legte die Kette auf den Podest, auf dem der Sarg lag, und küsste sie mit geschlossenen Augen. Damit hoffte er, ihr den Fluch zu nehmen. Nachdem er sich aufrichtete, sah er die Leiche an, schüttelte den Kopf und versuchte es erneut. Nichts geschah. Auch beim dritten Mal rührte sie sich nicht. Nun fuhr er seine Eckzähne aus, wollte sie beißen, kam jedoch nicht einmal durch ihre Haut. Vollkommen verzweifelt blieb er vor ihr stehen. Es dauerte, bis er realisierte, dass sie wirklich tot war. Somit beschloss er, den Anhänger aufzuschrauben und das Pulver zu sich zu nehmen, welches für ihn mittlerweile Gift war. "Ich habe dir versprochen, dass ich dich niemals mehr allein lasse, Geliebte. Das Gift soll mich zu dir bringen, damit ich auf ewig bei dir sein kann." In dem Moment ließ er ihn fallen, kniete sich nieder und schlief ein. Dabei hielt er ihre Hand fest. "Romeo…", hauchte eine Stimme, doch der Vampir konnte nun nichts mehr aufnehmen, da er bereits tot war. Aus seinen Ohren tropfte schwarzes Blut. Ebenso aus seinen Augen. Der Anblick war schrecklich und nachdem Romeo drohte, sich komplett zu Asche zu verwandeln, schüttelte die lebendige, nun sitzende Juliet den Kopf und fragte: "Hast du denn den Brief nicht gelesen? Romeo, oh mein geliebter Romeo. Für mich hast du dich geopfert, doch ohne dich kann ich nicht sein. Deshalb verzeih mir, wenn auch ich dich wiedersehen will." Sie nahm sein Schwert, das er bei sich trug, und stach damit in ihre Brust. Beide wurden von dem König tot aufgefunden. Romeo wurde zu Asche und Juliet verblutete. Die Familien vergruben ihren Groll und versprachen nun, die unsterbliche Liebe der beiden ewig zu erhalten und weiterzugeben. Somit kehrte endlich wieder Frieden ein. Die Zwei wurden als Statue auf Alcatraz verewigt, wo damals das Gefängnis stand. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)