Seelenkrank von MarryDeLioncourt ================================================================================ Kapitel 31: Ein letztes Gespräch mit Nici und unser neuer Keyboarder -------------------------------------------------------------------- Als es an der Tür klingelte, öffnete ich nicht, das würde Johanna schon für mich erledigen. Plötzlich stand Fabian in der Balkontür und ich fand es sehr ungewöhnlich, denn sonst wollte er doch immer zu meiner Schwester. „Hey. Willst du zu mir?“ „Ähm… ja. Wollt dich mal was fragen.“ Ich wartete gespannt ab, was mir Fabian mitteilen wollte. „Naja,… brauchst du vielleicht nen neuen Keyboarder in deiner Band?“ Mir blieb der Mund offen stehen. Ich hätte alles erwartet, nur das nicht. Irgendwie verlor ich für wenige Sekunden die Fassung, hatte mich jedoch schnell wieder im Griff. „Wenn du einen guten für mich hast!“ „Ich dachte da vielleicht an mich. Du hast ja mir erzählt, dass du den alten rausgeschmissen hast und da habe ich ne Chance gesehen. Eigentlich hatte ich ja gehofft, dass du mich fragen würdest.“ Ich musste lachen. „Wenn ich gewusst hätte, dass du Keyboard spielst, hätte ich das wahrscheinlich auch getan.“ Er tat erstaunt. „Ich dachte deine Schwester hat es dir erzählt?“ „Nein. Leider nicht. Ist ja auch nich der Rede wert. Okay, du bist dabei. Bin gespannt, was die Jungs dazu sagen werden.“ „Das ist echt toll. Na und ich glaube, optisch passe ich auch ganz gut in eure Band.“ „Da hast du Recht. Also, da würde ich dich heut gleich mal mitnehmen. Um acht beginnen wir mit der Probe. Bleibst du so lange hier?“ „Naja, ich denk schon. Ich geh noch mal zu deiner Schwester.“ Ich lächelte ihm zu und drückte die Zigarette aus. In meinem Magen machte sich ein Glücksgefühl breit. Schöner konnte das alles doch nicht kommen oder? Ich hoffte nur, dass das mit Juka und mir gut gehen würde und wir nicht noch einmal sowas durchstehen mussten. Gerade, als ich so in Gedanken versunken vor mich hin träumte, rief mich Nici auf dem Handy an. Was für eine Überraschung. Sie fragte mich, ob ich Zeit hätte, zu ihr zu kommen. Schließlich willigte ich ein und stattete ihr einen Besuch ab. Sie wollte nur kurz mit mir reden und wissen, was ich über uns dachte und natürlich wollte sie sich auch vergewissern, dass es mir gut ging. Auf dem Weg zu ihr rauchte ich noch eine Zigarette. „Komm doch rein.“ Wir setzten uns in die Küche und schwiegen uns erst an. Dann begann sie das Gespräch. „Wollte nur noch mal sehen, ob es dir gut geht.“ „Ja gut, wie du siehst. Nici, was soll das alles?“ „Wollten wir nicht Freunde bleiben? Ich mag dich eben immer noch, auch, wenn du einen Freund hast. So wolltest du es doch!“ „Ja, schon. Aber ich habe im Moment meine eignen Sorgen, außerdem leben wir uns doch immer mehr auseinander, findest du nicht?“ Nici sah mich wieder mit ihrem berüchtigten enttäuschten Blick an. „Ich weiß nicht. Ich weiß gar nicht mehr, was ich fühlen soll.“ „Wie soll ich das denn schon wieder verstehen?“ „Ach, es geht um und…um dich. Seit das mit uns vorüber ist, kann ich keine vernünftige Beziehung mehr führen. Dann ist noch die Tatsache, dass du einen Jungen liebst und nie mehr zu mir zurückkommen wirst, auch nicht als Freund oder?“ Ich schwieg lange. „Ja, weil ich denke, dass wir jetzt verschiedene Leben führen. Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du das endlich akzeptieren musst.“ Meine Worte waren für Nici wahrscheinlich schlimmer als Schläge. War ich nicht immer für sie dagewesen? Hatte ich nicht immer versucht ihr zu helfen? Mit Nadja hatte sie nie so reden können, wie mit mir, aber trotzdem, ich wollte nicht, dass sie uns ständig hinterher trauerte. „Es ist nur so, dass ich das mit uns nicht einfach abhaken kann.“ „Das ist nicht mein Problem. Wenn du unsere Freundschaft aufrecht halten willst, dann heul nicht immer rum, denn das kann ich gerade am wenigsten gebrauchen.“ „Nein, so sollst du das nicht verstehen, aber ich bin einfach viel zu empfindlich, was die Sache mit uns betrifft und ich finde es auch schlimm, dass ich so denke. Bitte verzeih mir. Schon okay, du hast ja ein Recht so zu denken. Aber weißt du Lukas, ich habe irgendwie das Gefühl, dass du im Moment der einzige Mensch ist, dem ich vertrauen kann, weil du mich richtig kennst. Deshalb wollte ich mit dir reden. Es ist irgendwie blöd, weil jeder mit seinen Problemen zu mir kommt, aber nie will mir jemand zuhören. Alle reden mir immer in mein Leben rein und eigentlich verlasse ich mich immer auf die Meinung anderer. Warum weiß ich auch nicht, vielleicht denke ich, dass alle es nur gut meinen und verdränge dann meine eigentlich wahren Gefühle.“ „Vielleicht solltest du dir dann mal Gedanken darüber machen, was du willst und die anderen reden lassen, es sei denn, du hast keine Meinung“, sagte ich zur Antwort. „Das sagst du so leicht dahin, weil du schon immer nach deinen eigenen Regeln gelebt hast. Im Gegensatz zu mir…ich würde mich niemals trauen eine Beziehung zu einer Frau einzugehen, weil ich mich vor der Reaktion meiner Eltern fürchten würde. Solche Probleme hast du eben nicht.“ Wir schauten uns lange an, ohne etwas zu sagen. „Aber es kann deinen Eltern doch egal sein…das meine ich bei dir. Von jedem lässt du dir was sagen und dann fühlst du dich eingeschüchtert. Weiß du was ich denke Nici? Dir ist viel zu wichtig, was deine Umwelt um dich herum von dir denkt. Du hast zwar vielleicht den Traum mal was mit einem Mädel zu haben, aber tust es nicht, weil das ja ein schlechtes Bild auf dich werfen könnte. Deine Freunde zeigen mit dem Finger auf dich und du kommst dir komisch vor. Du solltest dich erst einmal selbst finden.“ „Wow, das ist ganz schön krass ausgedrückt. Aber vielleicht hast du Recht.“ „Kannst ja mal drüber nachdenken. Ich muss jetzt los.“ Ich gab Nici zum Abschied einen Kuss auf die Wange. Draußen hatte es begonnen zu regnen und ich wurde auf dem Nachhauseweg ziemlich nass, jedoch störte mich das nicht. Irgendwie würden Nici und ich nie auf einen Nenner kommen. Sie war trotz ihrem Hang zur schwarzen Szene viel zu spießig. Ihr fehlten diverse Erfahrungen und die wollte sie auch nicht erweitern, was wahrscheinlich mit ihrem eingeschränkten Denken zusammenhing, aber genau konnte ich das auch nicht sagen. Für mich gehörte sie auf jeden Fall zu den kleine Teeniemädchen, die die Szene zwar unglaublich toll und faszinierend fanden, aber nie tiefgründiger mit den Leuten zu tun haben würden. Zumindest nicht mit solchen, die Personen wie Nici mieden. Wenn sie einen Auftritt im Underground hatte, musste sie immer perfekt gestylt sein, um jedem dort zu gefallen. Ich hingegen machte mir auch nichts daraus mit Chucks und einfachen schwarzen Klamotten in die Disco zu gehen. Ich wollte ja einen Abend mit meinen Freunden verbringen und da stylte ich mich nach Lust und Laune. Bei Nici und ihrer Clique war das so eine Art Schaulaufen. Fabian wartete in meiner Wohnung auf mich und wir machten uns auch so gleich auf den Weg in den Proberaum, weil er mir erst mal alleine etwas vorspielen wollte. Fabi war ein bisschen nervös und bekam dadurch einige Anfangsschwierigkeiten. Ich saß am Bühnenrand und rauchte eine Zigarette. Doch plötzlich hatte er sich eingespielt und er beherrschte das Keyboard spielen schon fast zu gut. Ich war echt überrascht. „Du bist verdammt gut.“ „Danke. Heißt das, dass ich jetzt echt voll bei euch dabei bin?“ Ich musste grinsen. „Na klar. Ich bin sicher, dass dich meine Jungs mögen werden. Ich zeig dir mal die Noten für die Texte, da kannst du dich noch ein wenig austoben, bevor die anderen kommen.“ Diesmal blieben die Startschwierigkeiten aus und ich freute mich schon wahnsinnig auf unser nächstes Konzert mit einem tollen Keyboarder. „Ich kann nur wow sagen. Es cool, dass meine Schwester so tolle Leute wie dich kennt.“ „Naja, früher war mir das immer peinlich, dass ich Klavier oder Keyboard gespielt habe. Die Jungs aus meiner Klasse haben mich damit immer aufgezogen, weil das angeblich nur was für Mädchen ist.“ „Ach, son quatsch. Guck dir doch den Keyboarder von Nightwish an. Der ist einfach nur genial und du bist mindestens genauso gut. Außerdem jetzt, wo du Bandmitglied von Nocturna bist, beneiden dich bestimmt viele für deine Kunst.“ „Das ist wohl wahr. Besonders die Jungs aus meiner Klasse, denn die sind auch voll Nocturna begeistert.“ Ich spürte schon wieder den Stolz in mir. „Tja, ist ja auch meine Band.“ „Du hast nicht zufällig mal eine Zigarette für mich?“ „Ach klar. Willst du ein Bier trinken? Auf den weltbesten Keyboarder?“ Fabi grinste. „Ja, schon. Aber übertreib es mal nicht.“ „Ich mein das ernst.“ Ich ging schnell in den Keller und holte gleich einen Kasten Bier, denn die anderen Jungs wollten sicher auch was trinken. „Du sag mal Fabi, warum wohnst du eigentlich bei deiner Oma?“ „Ach, weil ich mit dem Lebensgefährten meiner Mutter nicht klarkomme. Er spinnt immer voll rum.“ Fabians Eltern waren also auch geschieden. „Und hast du noch Kontakt zu deinem richtigen Vater?“ Er schüttelte mit dem Kopf. „Ich habe ihn nie kennengelernt. Aber meine Mutter wollte uns irgendwann miteinander bekannt machen. Ich lege da aber nicht viel Wert drauf.“ Bei dem Stichwort Mutter krampfte sich mein Magen zusammen und ich versuchte den Gedanken zu verdrängen. „Mein Vater hat sich nie um mich gekümmert, deshalb ist er mir eigentlich egal.“ Die Tür öffnete sich und Basti, Flo und Lena kamen hereinspaziert. Sie sahen zu mir und Fabi herüber. Ich sprang vom Bühnenrand und gab Fabi ein Zeichen, dass er mir folgen sollte. Basti und Fabi kannte sich vom sehen, aber den anderen Mitgliedern war er unbekannt. Ich freute mich voll. „So, ihr Süßen. Ich habe eine kleine Überraschung für euch.“ Dabei zwinkerte ich Fabi zu und er grinste mich an. „Darf ich euch unseren neuen Keyboarder vorstellen? Das ist Fabian.“ Alle klatschten und Fabi stieg eine leichte Röte ins Gesicht. Dann sagte er ganz selbstbewusst. „Also, ich hoffe ihr seid ganz zufrieden mit mir. Ich geb mir große Mühe, das verspreche ich. Es ist mir auf jeden Fall eine große Ehre in einer so tollen Band spielen zu dürfen.“ Wieder brach ein kleiner Applaus aus. „Daran habe ich keine Zweifel“, sagte Basti. Dann nahm jeder seinen Platz auf der Bühne ein und wir probten die Songs für das anstehende Konzert. Es war einfach toll, wieder diesen melodischen Klang des Keyboards im Hintergrund zu hören. Anschließend machten wir es uns noch gemütlich und tranken Bier. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)