Seelenkrank von MarryDeLioncourt ================================================================================ Kapitel 32: Wer braucht schon eine Familie? ------------------------------------------- Eigentlich verstand ich mich ja mit meinem Vater wieder so halbwegs, aber an dem Abend, an dem Jojo und ich zum Essen eingeladen waren, schien er wohl einen schlechten Tag zu haben. Er murrte erst nur rum und beschwerte sich über seinen schlechten Arbeiter, da auch mich mit eingeschlossen. Das nervte mich, denn er machte ja nichts anderes, als in seinem Büro zu hocken. „Wenn du uns mal sagen würdest, was du dir genau vorstellst, bevor wir einen Entwurf fertiggestellt haben, wäre es einfacher. Aber du äußerst ja nie deine Meinung.“ „Gerade von dir hätte ich mir mehr Engagement gewünscht. Für deine Musik und deine Freunde scheinst du ja viel Zeit zu haben, nur nicht für die wesentlichen Dinge. Immer dasselbe mit dir.“ Ich verleierte die Augen. „Wenn du Probleme hast, lass die nicht an mir aus, ich hab genug eigene.“ „Tja, das glaub ich gern…zum Beispiel deinen blonden Freund, wegen dem du monatelang in Japan unterwegs bist…such dir lieber mal eine vernünftige Freundin. Aber da kann ich sicher lange reden, du wirst wahrscheinlich nie normal…erst hängst du dich an diese Gruftis und dann wirst du auch noch schwul.“ „Ach jetzt auf einmal stören dich solche Dinge wieder? Ich werde echt nicht schlau aus deinen Launen, außer, dass sie mir echt tierisch auf die Nerven gehen.“ Eigentlich hatte ich meiner Meinung nach nichts Schlimmes gesagt, doch dafür musste ich einen heftigen Schlag ins Gesicht einstecken. Ohne, dass ich richtig wusste warum, rastete mein Vater völlig aus und ich fing alles ab. Jetzt wusste ich, wie sich meine Mum wohl gefühlt haben musste. Er entschuldigte sich nicht mal und mit schmerzenden Gliedern schleppte ich mich in meine Wohnung. Jojo war zum Glück schon eher gegangen und hatte so nichts mitbekommen. An meinem rechten Arm bildeten sich leichte Blutergüsse, einige blaue Flecke und ein kleiner Riss am Auge, der aber kaum noch zu sehen war, nachdem ich ihn gekühlt hatte. Ich zitterte immer noch ein bisschen und dann fühlte ich mich traurig. Hatte ich wirklich jemals an ein glückliches Familienleben geglaubt? Es würde niemals so sein, wie ich es gerne hätte und aus diesem Grund saß ich doch auch hier in meiner kleinen Wohnung. Mein Vater würde mich wahrscheinlich immer so tyrannisieren. Ich legte den Kühlbeutel zur Seite, als es klingelte und drückte lustlos auf den Summer, sodass die Tür im Erdgeschoss aufsprang. Oben die Tür lehnte ich an und zündete mir im Wohnzimmer eine Zigarette an. Doch mein Besuch zauberte mir ein schwaches Lächeln auf die Lippen. Erst jetzt fühlte ich wieder, dass ich noch Halt hatte. Nicht alles in meinem Leben war so trostlos und das kleine Licht am Ende des Tunnels hieß Juka. Er gab mir einen Kuss und warf mir sogleich einen fragenden Blick zu. Ich schüttelte nur mit dem Kopf und lehnte mich an seine Schulter. Als Juka an meinen Arm kam, zuckte ich ungewollt leicht zusammen. Und der Kratzer am Auge entging ihm auch nicht. „Was hast du wieder gemacht Luki?“ „Nicht ich…mein Vater. Wahrscheinlich musste er seine Wut mal an jemandem auslassen.“ „Was? Er hat dich geschlagen?“ Ich merkte gar nicht richtig, dass ich weinte, weil ich es eigentlich auch gar nicht wollte, doch jetzt wurde mir der Ernst der Lage erst richtig bewusst und ich war so froh, dass Juka jetzt bei mir war. „Bleibst du heute Nacht bei mir?“, fragte ich mit zittriger Stimme und Juka gab mir ein Nicken zur Antwort. Es verging eine Woche, in der ich mich nicht bei meinen Eltern blicken ließ, doch sah ich meinen Vater immer in der Firma. Alles schien auch soweit gut zu sein und ich erwähnte den Vorfall zu Hause nicht mehr. Doch dann ließ er mich in sein Büro bestellen. Ich dachte mir nichts dabei und vermutete, es ging um irgendeinen Auftrag. Doch, als er mich mit diesem Blick anfunkelte, wurde mir bewusst, dass da mehr dahinterstecken würde. „Lukas, so kann das nicht weitergehen…ich habe gestern von einem guten Freund hören müssen, dass er dich mit deinem schwulen Freund in der Stadt getroffen hat…das war mir ehrlich unangenehm.“ Das traf mich tief, weil sich seine Äußerung gegen Juka, mein ein und alles richtete. „Na und? Ist doch meine Beziehung…was geht dich das an?“, entgegnetet ich gereizt. Er kam um seinen Schreibtisch rum und nährte sich mir gefährlich. „Weil ich dir deine Wohnung bezahle, dafür sorge, dass du deine Ausbildung machen kannst und dafür erwarte ich eine Gegenleistung! Es ist doch wohl schon eine Zumutung, dass ich diese Piercings ertrage, doch dann auch noch deine Vorliebe für Männer! Das geht einfach zu weit.“ „Dein Jobangebot hab ich nur angenommen, weil ich dachte unser Verhältnis könnte sich dadurch normalisieren, aber dir scheint es gar nicht darum zu gehen! Du bist noch immer der Heuchler, der aus jeder Situation seine Vorteile zieht und seine Freunde nach ihrem Einkommen wählt!“ „Sowas sagt mir ein 18 jähriger Schnösel wie du? Ohne mich wärst du doch ein nichts!“ Ich lachte auf, weil ich diese Aussage lächerlich fand. „Ach wirklich? Das wollen wir erst mal sehen! Ich komm auch ohne deine Hilfe klar.“ „Mit deiner blonden Schwuchtel, ja?“ Das ging zu weit. „Besser, als mir Freunde erkaufen zu müssen und allen vorzugaukeln der perfekte Ehemann gewesen zu sein…du hast Mama doch auch nur geschlagen, um sie bei dir zu behalten und weil du wusstest, sie wehrt sich nicht!“ Das irre Funkeln in seinen Augen wurde extremer und seine Hand rutschte ihm aus. Einmal. Zweimal. Er presste mich wutentbrannt gegen die Wand und seine Hände drückten mir fast das Blut in den Armen ab. Unsanft wirbelte er mich herum und schleuderte mich gegen seine Glasvitrine. Schützend zog ich meine Kapuze blitzschnell über den Kopf, doch in meiner Hand blieb ein Splitter stecken und als ich ihn unter Schmerzen herauszog, quoll das Blut aus der Wunde. Tausende von Scherben klirrten. Mein Vater starrte mich nur mit offenem Mund an. Doch schnell fand er die Worte wieder. „Was hab ich da nur für einen Versager großgezogen.“ Im Gehen ließ ich noch eines der Papiertaschentücher am Waschbecken mitgehen und knallte die Tür hinter mir. Mein Schienenbein schmerzte von seinem Tritt dagegen und ich humpelte. Als mich Max so zu meinem Arbeitsplatz kommen sah, fuhr er mit mir sofort ins Krankenhaus, damit die kleinen Glassplitter entfernt werden konnten und die Wunde genäht. Anschließend brachte er mich noch zu meiner Wohnung. Durch den Schlag ins Gesicht war meine Lippe leicht aufgesprungen. Mit einem Taschentuch tupfte ich das Blut ab und ließ mich erschöpft auf mein Sofa sinken. Unter heißen Tränen, die mir über die Wangen rannen, fand mich meine Schwester schluchzend vor und sie tat das einzig richtige in diesem Moment und rief Juka an. Ich musste ihm nicht erzählen, was passiert war, denn er dachte sich seinen Teil. Ich hatte ihn doch nur verteidigen wollen, was war so falsch daran? Meinen liebsten Juka. Ich schmiegte meinen Kopf an seine Schulter und in seinen Armen fühlte ich mich geborgen. Später holte ich mir dann ein Bier und rauchte eine. Mitfühlend sah mich Juka an. „Ich hab ihn ein bisschen provoziert, aber nur weil er damit angefangen hat…ich wusste nicht, dass es solch ein Ausmaß nehmen würde.“ „Mein Süßer…du glaubst gar nicht, wie ich mit dir mitleide. Wie kann er deinen wunderschönen Körper nur so schänden?“ „Weil ich für ihn nichts weiter als ein Versager bin…eine zugepiercte, tätowierte Schwuchtel, die ihr Leben nicht in den Griff bekommt.“ Juka gab mir einen Kuss auf die Stirn und wischte mir die Tränen weg. „Aber das bist du nicht Luki….das muss dir bewusst sein. Du bist der wundervollste kleine Chaot, den ich kenne.“ Jetzt lächelte ich ein bisschen, aber nur ganz schwach. „Für ihn bin ich nicht mehr Juka und daran kann ich wohl nie etwas ändern…das tut echt weh.“ Juka zauberte aus den Kartoffeln und dem Gemüse in meiner Vorratskammer einen Auflauf und verdonnerte mich dazu, etwas zu essen. Dann kuschelten wir uns auf das Sofa und ich schlief in seinen Armen ein. Juka blieb auch noch die nächsten zwei Tage bei mir und mit ihm an meiner Seite fühlte ich mich nicht mehr so einsam. Ich kapselte mich trotzdem ab und verdrängte meine Probleme ganz tief in meinem Gehirn. Nicht mal unser Konzert im Underground baute mich richtig auf, obwohl ich meine Gefühle beim Singen raus lies. Wir bekamen sogar eine Zugabe und plötzlich fühlte ich mich besser und durch meine Musik wurde ich stärker. Ich lächelte meinen Fans zu und kündigte einen weiteren Song an, den ich erst kürzlich verfasst hatte und, der von meiner Vergangenheit sowie von meinen Problemen mit meinen Eltern handelte. Mit voller Leidenschaft zur Musik setzte ich meine Stimme ein. Später tranken Basti, Flo, Fabi, Lena und ich noch ein Bierchen. Ich erspähte Nici, die voll aufgestylt auf der Tanzfläche agierte. Zusammen mit ihrer Freundin, von der mir der Name entfallen war, rockte sie voll ab. Juka wollte mit Kami auch noch hier her kommen und sehnlichste wartete ich auf diesen Moment. Flo und ich schnappten dann ein bisschen Luft und leider lief ich dort auch meiner liebenswerten Ex- Freundin über den Weg. Sie und ihre Freundin kicherten blöde und schauten sich um, als wir raus kamen.  Eher schüchtern winkte sie mir zu und kam dann nach einer Weile zu Flo und mir. „Hey, toller Austritt vorhin“, lobte sie anerkennend. „Danke. Und sonst, alles klar bei dir?“, fragte ich ohne auch nur eine Miene zu verziehen. „Ja, ich mache gerade eine Ausbildung zur Friseurin. Macht echt voll spaß…aber sag mal, du hast dich früher auch mal mehr gestylt oder?“ Ich zuckte gelangweilt mit den Schultern und nahm einen tiefen Zug. „Hab eben zurzeit keinen Bock mich so aufzumotzen.“ „Schade, das hat mich an dir immer so besonders gereizt, deine tollen Outfits. Aber Menschen scheinen sich zu ändern.“ Ich verdrehte die Augen. „Geändert hab ich mich sicher nicht, nur hab ich eben keine Lust dazu…andere Dinge machen mir im Moment mehr zu schaffen.“ „Das übliche, was? Lukas das ewige Sorgenkind.“ Mir fehlte echt die Kraft mich jetzt mit dieser Tussi anzulegen. „Weißt du Nici…einer wie dir geht es doch immer nur ums toll aussehen und jemand, der nicht bei eurem Schaulaufen mitmachen will, ist wahrscheinlich kein echter Goth, aber selbst, wenn ich in weißen Klamotten rumlaufen würden, wäre ich mehr Goth als du jemals sein wirst. Außerdem kann ich anziehen, was ich will.“ Darauf fand sie nicht so schnell eine passende Antwort und ich grinste in mich hinein. „Ich hab keine Ahnung, was du gerade wieder für Sorgen hast, aber da ziehe ich es besser vor mich zu stylen, als sone Deprilaune wie du zu verbreiten.“ „Halt dich am besten aus Dingen raus, von denen du keine Ahnung hast…und du schreibst schon gar nicht vor, wie ich zu sein habe.“ Je mehr ich mit ihr diskutierte, desto mehr steigerte ich mich innerlich in meine Situation hinein. Ich war genervt von Nicis Stichelleien und hätte gern gewusst, was sie damit erreichen wollte. „Stimmt ja, deine miese Laune hast du ja schon immer an anderen ausgelassen, hab ich vergessen.“ Ich war kurz davor durchzudrehen. „Kannst du mir mal sagen, was das soll? Lass mich einfach nur in Ruhe. Ich hab ja wohl nen guten Grund meine Laune an dir auszulassen, wenn du mich so dumm anpöbelst…ich hab dir nichts getan.“ Ich merkte extrem, wie verletzlich ich eigentlich war und, dass ich weniger einstecken konnte als sonst. Hatte ich nicht sonst immer einen coolen Spruch auf Lager? Wohin war mein Selbstbewusstsein verschwunden? Ich lehnte mich an die Wand und schaute hinauf in den Sternenhimmel. Ich spürte Nici ihren Blick auf mir ruhen. Nach einer Weile sagte sie dann: „Dir scheint es gerade wirklich nicht so gut zu gehen oder?“ „Haha…lustig was? Ich erwähnte ja bereits, dass ich meine Probleme habe und dann bist du selbst Schuld, wenn du mich dumm anmachst.“ „Tut mir leid…willst du mir vielleicht sagen, was los ist?“ Ihre Stimme klang plötzlich freundlich und einschmeichelnd. „Ich seh zwar beschissen aus, aber nein danke, meine Sorgen brauch ich nicht mit jemand zu bequatschen, mit dem ich das sonst auch nicht tue. Ich komm schon klar.“ „Okay, was du nicht sagst…dachte nur…wie läuft es zwischen dir und Juka?“ Ich lächelte, als Nici seinen Namen aussprach und als ich meinen Kopf erhob und in die Ferne blickte, erkannte ich seinen blonden Schopf von weiten. „Bestens.“ Wieder schwiegen wir uns an und Nicis Blick blieb an dem Verband um meiner Hand haften. „Was hast du denn da angestellt.“ „Unwichtig“, erwiderte ich kurz und knapp. „Ach so…merke schon, dass du nicht sehr gesprächig bist.“ Das lag wohl daran, dass dieser Horrortag noch einmal in meinem Kopf ablief, wie ein kurzer Kinofilm. Ich hasste meinen Vater. Irgendwie war es schlimm so zu denken, doch diesen Gedanken hatte ich schon oft gehabt, nur wurde er immer realer und das war mein voller ernst. Juka und Kami begrüßten mich lieb. Dann legte Juka seine beiden Zeigefinger an meine Mundwinkel und zog diese nach oben. Automatisch grinste ich. „Geht doch…ich mag dich nicht so betrübt sehen“, sagte er und küsste mich zaghaft auf den Mund. Im Club setzte ich mich auf Jukas Schoß und schwieg den Rest des Abends vor mich hin. Meine Depressionen nahmen täglich zu und in der Schule war Danny vorsichtig, was er sagte, um mich nicht noch mehr zu reizen. Ich ließ kaum noch Gefühle zu und nichts machte mir mehr Freude.   Kami war der einzige, mit dem Juka über Lukas seinen Missbrauch geredet hatte. Es tat ihm sehr weh seinen liebsten Schatz so verletzt und verschlossen zu sehen. Juka wusste nicht, wie er als nächstes vorgehen sollte. Klar, dass sowas nicht spurlos an einem Menschen vorübergeht, aber Lukas redete auch kaum noch mit ihm darüber. Er war allgemein sehr schweigsam geworden, außer, wenn er auf der Bühne stand und sang. Da ließ er seine Gefühle zu, sonst nicht. Juka belaberte Kami schon seit Tagen mit diesem Thema. „Du musst ihn darauf ansprechen Juka…sonst verlierst du ihn vielleicht.“ „Ich habe mich mal belesen, was mit jemanden passiert, der ohne Grund von seinem Vater geschlagen wird…sowas wirkt sich extrem negativ auf den Gefühlsteil im Gehirn aus und man resigniert. Echt schlimm und ich befürchte Lukas ist auf dem besten Weg dorthin.“ Kami schaute seinen Freund lange an und trank den letzten Schluck seines Kaffees. „Dann hilf Lukas…er braucht dich.“ Juka nickte und sein Freund hatte recht. Als er Lukas in seiner Wohnung aufsuchte, sah er unverändert aus. Die dunklen Ringe unter seinen Augen zeigten, dass er wenig geschlafen hatte und seine eingefallene Körperhaltung ließ ihn so verletzlich erscheinen. Seine leuchtenden grünen Augen waren mit Trauer erfüllt. Auf dem Sofa saßen sich die Liebenden gegenüber und Juka nahm seine Hände in die seine. Dann schaute er Lukas tief in die Augen. „Luki, so kann das nicht weitergehen. Du entfernst dich jeden Tag einen Schritt mehr und das kann ich nicht so einfach hinnehmen. Ich habe sowas noch nie durchgemacht, aber ich weiß, was gerade in dir passiert, doch das darfst du nicht zulassen, auch wenn es schwer ist.“ „Woher willst du wissen, was in mir vorgeht?“, fragte er mit belegter Stimme. „Weil ich mir solche Sorgen um dich mache und mich deshalb ein bisschen belesen habe. Du machst dich kaputt, wenn du weiterhin so schweigsam und eingeigelt vor dich hinlebst. Bitte, wir haben schon so viel zusammen durchgestanden.“ Jetzt formten sich seine Lippen zu einem schwachen Lächeln. Er küsste seine Hände. „Ich bin es nicht gewohnt, dass sich jemand so um mich sorgt…aber es ist schön das zu hören…ich weiß nur manchmal selbst nicht, wie ich diese Gefühle unterdrücken kann.“ „Mir schwebt da schon etwas vor…“ „Echt? Und was?“ Lange hatte Juka diese Worte geübt und jetzt wusste er doch nicht, wie er sich ausdrücken sollte. Er konnte nicht einmal einschätzen, ob es richtig war sowas einfach zu entscheiden. „Weißt du, wir sind ja schon ziemlich lange zusammen…“ „Neun Monate und drei Tage“, murmelte Luki. Juka lächelte und küsste ihn. „Ja…schon ne ganz schöne Zeit und was hältst du davon, wenn wir zusammenziehen würden?“ Auf einmal erhellte sich seine Miene ein bisschen. „Echt jetzt? Ich denke, das würde mir gut tun…gleich heute?“ „Du bist süß….wann immer du möchtest.“ „Sofort.“ Seine Augen wurden glasig und Juka nahm ihn in seine Arme. „Wenn du magst, können wir auch mal ein Wochenende irgendwohin fahren…einfach mal weg, damit du auf andere Gedanken kommst.“ Lukas lehnte mit seinem Kopf an Jukas Schulter und dieser vernahm sein leises Schluchzen. Seine Hände strichen über seinen Rücken. „Nichts lieber als das…ich bin so froh, dass es dich gibt…ohne dich könnte ich mich echt gleich erschießen.“ Juka gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf, weil er es nicht mochte, wenn Lukas so redete. „Quatsch nicht so dummes Zeug. Was hältst du von einem Wellnesstag…nur wir beide?“ „Klingt toll. Ich lieb dich so sehr.“ Jetzt lächelte Lukas endlich. Sie küssten sich und Juka mochte es seine Snakebites zu spüren, das fühlte sich wahnsinnig toll an. Juka hatte ein Zimmer in einem Wellnesshotel auf der Insel Rügen gebucht, in dem sich ein Doppelbett und ein Whirlpool befanden. Dort wurden sie richtig verwöhnt, mit Champagner, frischem Obst, täglichem Frühstücksbuffet sowie Massagen. Lukas kam langsam wieder zu Kräften und seinen depressiven Launen wurden allmählich weniger.    Juka wollte unbedingt das Fitnessstudio testen, aber ich nicht. Nicht so, dass ich Sport nicht mochte, aber diese Geräte und dergleichen schreckten mich eher ab. Ich mochte es lieber in der Natur joggen zu gehen oder Volleyball zu spielen. Ich nutzte die Zeit sinnvoll und schlenderte durch die Stadt. Mein Ziel war ein Schmuckladen. Ich ließ für Juka und mich zwei Freundschaftringe mit Gravur anfertigen, denn er hatte die letzten Tag so viel für mich getan oder war für mich da gewesen und ich wollte ihm einfach zeigen, wie sehr ich ihn schätzte und wie viel er mir bedeutete. Die Ringe waren einfache Silberringe, ohne Muster. Nur das Datum, wann wir zusammengekommen sind, ließ ich Innen eingravieren. Dann besorgte ich noch eine Flasche Rotwein. Juka war schon zurück und lag nur mit einer Hose bekleidet in dem traumhaften Himmelbett unseres Zimmers. Ich küsste seinen Bauch und legte mich neben ihn. „Na, hast du deinem Luxuskörper genug Gutes für heute getan?“, fragte ich und grinste. Auch Juka lachte. „Ja hab ich…allerdings könnte er noch ein bisschen Erholung nach der anstrengenden Arbeit vertragen.“ Ich wusste zwar, worauf Juka hinaus wollte, doch ich liebte es ihn zu sticheln. „Da kannste ja zu der netten Massagefrau gehen, die freut sich bestimmt, wenn sie dich verwöhnen kann.“ Doch dann setzte er seine Geheimwaffen ein, sein verführerischer, unwiderstehlicher Blick und er wusste genau, dass er mich so immer rum kriegte. Ich setzte mich auf seine Beine und seine Hände glitten an meinem Oberkörper entlang, er zog mir mein T-Shirt aus. Ich beugte mich zu ihm herab und wir küssten uns sehr leidenschaftlich und ich spielte mit meiner Zunge an seinen Brustwarzen. Er drückte meinen Kopf zaghaft nach unten, öffnete seine Hose und zog sie ihm aus. Juka stöhnte unter meinen Berührungen und seine Fingernägel krallten sich in meine Schultern. Dann legte er sich auf den Bauch, kniete sich hin und seinen Oberkörper senkte er nach unten. Meine Hände lagen auf seinen Schenkeln, während ich in ihn eindrang und ich küsste seinen Nacken. Sein Körper vibrierte leicht unter meinen Stößen und ich konnte mich nicht so lange wie gewollt zurückhalten. In der Dusche knutschten wir auch rum und fuhren mit unserem Liebespiel fort. Juka fuhr mit seinen eingeseiften Händen über meinen Körper und küsste mich überall. Drei mal in einer Stunde hatten wir Sex miteinander und ich hatte noch immer nicht genug.   Am abendlichen Buffet aßen wir nur eine Kleinigkeit, da wir uns heute Mittag in einem Fischrestaurant reichlich die Bäuche vollgeschlagen hatten. Ich wies Juka dann an im Eingangsbereich zu warten und holte schnell den Wein und die Ringe, die ich sorgfältig in meiner Hosentasche verstaute. Ich zog meine Schuhe am Strand aus spürte den weichen, sonnengewärmten Sand unter meinen Füßen. Juka griff nach meiner Hand und auf einem kleinen Steg schauten wir zum Horizont, wie der Feuerball dort verschwand. Ich öffnete den Wein mit meinem Taschenmesser und zündete mir eine Zigarette an. „So gefällst du mir wieder besser“, brach Juka unser geheimnisvolles Schweigen. „Mit dir kann ich einfach nur glücklich sein“, erwiderte ich. Mein Herz schlug schneller und ich fragte mich wirklich zum ersten Mal, ob Juka der Mensch war, nach dem ich immer gesucht hatte. Ich nahm einen tiefen Zug und schaute Juka tief in die Augen. „Schließ mal kurz deine Augen“, sagte ich dann zu Juka. Ich bemerkte, dass er ein bisschen blinzelte. „Ey, nicht schummeln…sonst bekommst du nur den Wein.“ Juka seufzte und kniff seine Augen fest zusammen. Ich nahm seine Hand und verflocht sie mit meiner. Ich küsste ihn zaghaft und steckte ihm den Ring an den Finger. Langsam öffnete er seine Augen wieder und sah mich liebevoll an. „Juka…ich danke dir für die letzten Tage, ich glaub ohne dich hätte ich das nich geschafft. Du gibst mir Halt und Hoffnung. Keine Angst, ich will dich nich heiraten…noch nich, der Ring soll einfach ein kleines Geschenk sein.“ Dann schüttelte er mit dem Kopf und lächelte mich an. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll Luki. Danke…, dass ich so einen wundervollen Menschen wie dich kennenlernen durfte. Ich liebe dich.“ In meinem Körper breitete sich ein wohliges Gefühl aus. Es war so unglaublich und ich wusste nicht, wie es beschreiben soll, man muss es einfach erlebt haben. „Weißt du noch, als du zu mir gesagt hast, dass du sowieso nicht das bekommst, was du willst?“ „Ja und jetzt hab ich es doch. Wie denkst du eigentlich, geht es jetzt weiter?“ Meine Miene verdunkelte sich etwas und ich trank einen Schluck Wein aus der Flasche. „Als erstes suche ich mir ne andere Firma und dann zahle ich meinem Vater das Geld für die Wohnung nach und nach zurück. So kann ich wenigstens dafür sorgen, dass ich ihn nie wieder sehe.“ „Ich könnte es dir bezahlen.“ Heftig schüttelte ich mit dem Kopf. „Du hast schon mehr als genug für mich getan…die Sache muss ich alleine regeln.“ „Aber wie lange wird das dauern? Zwei Jahre? 2000 Euro sind nicht gerade wenig.“ „Da hast du auch wieder Recht, aber woher willst du denn soviel nehmen.“ „Ich hab einen festen Job mein Süßer und ich möchte dich unterstützen, bitte.“ Es war mir unangenehm von Juka so viel Geld zu leihen, aber andererseits war er auch meine einzige Hoffnung, denn wie sollte ich in so schneller Zeit so viel Geld auftreiben. „Nur wenn es wirklich okay für dich ist.“ Mein liebster lächelte mich an und gab mir einen Kuss. „Ja natürlich, sonst hätte ich das nie vorgeschlagen.“ Entspannt und voll erholt trafen Juka und ich Sonntagabend wieder in Berlin ein. Er hob die 2000 Euro gleich von der Bank ab und ich warf es in den Briefkasten meines Vaters. Ich ersparte mir, ihm dabei persönlich in die Augen zu schauen. Flo hatte ich während der ganzen Zeit Obhut in meiner Wohnung gewährt und er putzte sogar regelmäßig. Ihn störte es wenig, dass Juka jetzt auch hier wohnte. Flo hatte mir gebeichtet, dass er sich zwar ein paar Mal mit Kami getroffen hatte, aber nichts passiert war. Er tat mir langsam echt leid und deshalb engagierte ich ein geplantes Treffen in meiner Wohnung. Der Witz an der ganzen Sache war nur, dass ich wusste, dass Kami an Flo interessiert war und umgekehrt, nur schien keiner der beiden Jungs den ersten Schritt machen zu wollen. Juka belächelte das Spielchen auch, doch irgendwie wussten wir am besten, wie schwer es sein konnte, jemanden, den man liebte seine wahren Gefühle zu offenbaren. Juka hatte unbedingt einen Kuchen backen wollen, manchmal war er eben doch mehr Tussi als Mann, aber auch diese Seite mochte ich meinem Liebsten und man musste auch erwähnen, dass er Ahnung vom Kochen und Backen hatte. Flo schlich den ganzen Tag nervös um mich herum, bis ich ihn persönlich ins Wohnzimmer begleitete und ihn anwies auf dem Sofa sitzen zu bleiben. Kami spazierte pünktlich, wie immer in meine Wohnung und ich empfing ihn herzlichst. „Hübsch siehst du heute aus“, begrüßte er mich. Ich lächelte. „Danke, das Kompliment kann ich nur zurückgeben.“ „Heute soll auch ne Mottoparty Tanz der Vampire im Underground steigen. Hat jemand Lust hinzugehen?“, fragte Flo in die Runde und da ich seit langem endlich mal wieder richtig Bock hatte mich aufzumotzen, war ich der Erste, der diesen Vorschlag begrüßte. Und ich verließ meine Wohnung nicht ohne mein Anhängsel. Ich hatte auch schon eine gute Idee, was ich anziehen würde. Nach dem Kaffeetrinken lackierte ich meine Fingernägel schwarz und färbte meine blonden Haarspitzen violett. Flo murrte, weil er es bis jetzt noch immer nicht geschafft hatte, seine Klamotten von zu Hause zu holen. „Bediene dich an meinem Schrank“, sagte ich freundlich zu ihm und er warf mir ein charmantes Lächeln zu. Plötzlich fiel Kamis Blick auf Jukas und meine Ring. „Den hab ich geschenkt bekommen…der Verlobungsring vor dem Verlobungsring sozusagen“, scherzte er. „Wie schön. Na gut ihr Lieben, da würde ich mich noch mal auf den Heimweg begeben und wir treffen uns dann vor dem Underground?“, fragte Kami. „Alles klar“, antworteten Juka und ich fast zur gleichen Zeit. Flo sprang plötzlich auf und begleitete Kami zur Tür. Auch, wenn ich neugierig war, spionierte ich den Beiden nicht nach. Dann verschwand Flo im Badezimmer, um zu duschen. Entspannt lehnte ich mich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Juka räumte das Geschirr in die Spülmaschine und ich half ihm dabei. „Hast du eigentlich vor irgendwann zu heiraten Juka?“, fragte ich. „Irgendwann schon, aber ich finde, sowas sollte man nicht überstürzen…um ehrlich zu sein, hab ich darüber noch nicht nachgedacht…du?“ Ich lächelte ihn an. „Ich weiß nicht…es gibt zu viele Paare, die erst heiraten und sich dann wieder trennen, oft hängen da noch Kinder dran…vielleicht…und wenn, würde ohnehin nur eine Person in Frage kommen.“ Jetzt erwiderte Juka mein Lächeln. „Du hast mal erwähnt, dass du nicht romantisch bist…ich glaube da hast du dich getäuscht. Lass uns nach zehn Jahren übers Heiraten reden okay?“ Ich nickte und küsste ihn zärtlich. Ja, verliebt sein war so toll. „Übrigens siehst du süß mit deinen violetten Haaren aus.“ Wieder grinste ich und verschwand zu meinem Kleiderschrank und dann ins Badezimmer, das Flo mittlerweile geräumt hatte. Ich zog meine lila Röhrenjeans an, deren rechtes Bein lila- schwarz kariert und das linke komplett schwarz war. Da draußen mittlerweile frühlinghafte Temperaturen herrschten, zog ich darüber nur ein Jackett mit vielen Aufnähern und ebenfalls violetten Mustern. Meine Haare stellte ich zu einem Iro auf und begann mich zu schminken. Ich wollte etwas ausprobieren, was ich mich bisher noch nie getraut hatte. Als erstes trug ich violetten und schwarzen Lidschatten auf einem Augenlid auf und klebte anschließend unechte Wimpern daran. Das sah ziemlich strange aus. Dann umrahmte ich beide Augen mit schwarzem Kajal und setzte meine schwarzen Kontaktlinsen ein. Meinen Hals und Hände schmückte ich noch mit Ringen und Ketten, ebenso schnallte ich mir meinen Nietengürtel um die Hüfte. Nach kurzem Entschluss tauschte ich die schwarze Kontaktlinse an dem Auge, das ich mehr geschminkt hatte gegen die weiße Vampirkontaktlinsen ein. Der Effekt: noch gruseliger. Pfeifend räumte ich das Bad für meinen Liebsten, der mir einen anerkennenden Blick zuwarf. „Na hoffentlich kommt dein Stalker heute, damit sie dich mal wieder gestylt sieht.“ Ich steckte Juka die Zunge raus und gab ihm einen Klaps auf den Po. Ich gesellte mich zu Flo ins Wohnzimmer und aß etwas vom Teller mit den belegten Broten, die meine beiden Mitbewohner liebevoll zubereitet hatten. „Wow, nich schlecht.“ Ich grinste. „Was hast du eigentlich mit Kami an der Tür gemacht?“, fragte ich neugierig. Flo stieg die Röte leicht ins Gesicht und er grinste verlegen. „Naja,…ich hab ihn geküsst. Später will ich noch mit ihm reden und so.“ Anerkennend hob ich meinen Daumen hoch, weil mein Mund gerade voll Brot war. Juka trug eine schwarze Hose, ein weißes figurbetontes Hemd und darüber ein Jackett mit silbernen Knöpfen. Zu seinen Vampirkontaktlinsen hatte er seine spitzen Zähnchen noch im Mund an den Schneidezähnen befestigt. Nun endlich verließen wir als Vampirtrio meine Wohnung. Ich nahm mir kurzer Hand doch noch eine Jacke mit, da ich unter meinem Jackett ja nichts trug. Es war Mitternacht, als wir das Underground betraten. Flo und Kami unterhielten sich vor dem Club noch einen Augenblick. Juka und ich besetzten Plätze beziehungsweise hielten nach Basti und den anderen Ausschau. Ich erspähte auch Nici und ihre Leute. Mit Kunstblut hatte ich mir am Hals noch eine Bisswunde hingezaubert, sodass ich sowas wie Jukas Opfer war. Diesen Gedanken fand ich sehr amüsant und musste grinsen. Wir ließen uns bei unseren Freunden nieder und ich holte an der Bar noch etwas zum Trinken. Dort sprach mich auf einmal ein blonder Junge an, den ich sonst immer bei Nici stehen sehen hatte. „Hey, du bist doch Lukas oder?“, fragte er mich ein bisschen stürmisch. „Ähm ja und mit wem habe ich das Vergnügen?“ „Ich bin Alex. Nici hat mir schon viel von dir erzählt und ich habe deine Band neulich hier auftreten sehen. Naja und da du sicher ein paar Connections hier hast wollte ich dich mal fragen, ob du den Chef hier nicht mal mit mir bekannt machen könntest. Ich bin DJ und würde gern mal hier auflegen.“ „Ah, alles klar. Meist ist der Stefan unterwegs und heute habe ich ihn auch noch nicht gesehen. Frag doch an der Theke einfach mal nach Stefan Kunze, die werden dir schon sagen, wo er sich gerade aufhält.“ Alex lächelte mich an. „Danke, Mann. Werd ich machen. Hast du Lust was zu trinken?“ Ich zeigte mit der Hand auf die vollen Gläser, die ich gerade wegbringen wollte. „Später vielleicht.“ Scheinbar hatte sich Nici verkniffen in der Gegenwart ihrer Freunde über mich zu lästern, denn Alex schien mich nicht irgendwie meiden zu wollen. Aber sollte mir auch egal sein. Flo und Kami kamen gerade zur Tür hinein und hielten Händchen. Ich grinste die Zwei an und sie halfen mir beim Tragen der Biergläser. „Da scheint ja jemand Erfolg gehabt zu haben“, flüsterte ich Flo ins Ohr. Er nickte mir zu und sein Lächeln wurde breiter. Malen kam auch mal wieder in den Club, obwohl sie und Flo kein einziges Wort wechselten. Mit aufgerissenen Augen sah sie mich an. „Du bist ja schnieke. Hast du Lust zu tanzen.“ Ich zog die Stirn in Falten. „Ich und tanzen…wann hast du mich denn das letzte Mal auf der Tanzfläche gesehen? Vielleicht, wenn ich betrunkener bin“, entgegnete ich. „Ah ja, ich vergaß, dass du ein Tanzmuffel bist. Dann musst du wohl oder übel mehr trinken.“ „Ja ja“, bemerkte ich trocken und warf Malen ein schiefes Lächeln zu. Sie setzte mich neben mich auf den freien Stuhl wir stießen an. Flo warf ihr gelegentlich einen grimmigen Blick zu, den ich so gut, wie es eben ging ignorierte. „Kommst du mit raus eine rauchen?“, fragte mich Malen. „Wenn du mir eine gibst?“ Wieder sah sie mich fragend an. „Hast du etwa vor aufzuhören?“ „Eigentlich schon, aber ab und zu ist ja nicht so schlimm. Also los.“ Ich gab Juka einen Kuss und verschwand mit Malen an der frischen Luft. Sie gab mir auch Feuer und ich nahm einen tiefen Zug. Meine Kumepline beäugte mich fasziniert. „Jetzt könntest du fast in nem Tim Burton Film mitspielen“, lachte sie und ich musste ebenfalls lachen. „Hab ich dir noch nicht erzählt, dass ich demnächst neben Jonny Depp in Alice im Wunderland Teil 2 spiele? Dafür muss ich ja üben.“ „Dir scheint es wieder besser zu gehen. Die letzten paar male, die ich dich hier gesehen habe, wirktest du eher angeschlagen.“ „Ja, es war auch nicht so einfach in den letzten Monaten, aber ich jetzt is wieder alles beim Alten.“ „Flo fehlt mir irgendwie“, sagte Malen nach einer Weile des Schweigens und sah traurig zu Boden. „Ich glaub Flo hat auch nen anderen Weg eingeschlagen. Soweit ich das mitbekommen habe, ist er seit eben mit Kami zusammen.“ Sie lachte betrübt. „Toll, da bestätigt sich doch wieder, dass alle hübschen Männer blöd oder schwul sind.“ „Vielleicht, aber ich denke das mit Flo und dir wäre nicht länger gut gegangen.“ Malen schaute verständnislos drein. „Das sagst du so leicht.“ „Ja das sage ich so einfach, weil dazu immer zwei gehören und ich habe die letzten Wochen sehr viel Zeit mit Flo verbracht. Ihm ging es ähnlich wie mir und ich glaube, dass Kami besser für ihn ist. Das klingt jetzt vielleicht seltsam, aber Flo als auch ich brauchen jemanden, der uns Halt und Vertrauen gibt. Es ist anders als Junge mit einem Jungen zusammen zu sein und das soll auch gar nichts gegen euch Mädels sein, aber es ist eben so.“ „Aber das habe ich ihm doch auch gegeben?“ „Ja sicher hast du das, daran zweifle ich auch nicht, aber es ist auch so- wo die Liebe eben hinfällt. Flo wollte etwas anders ausprobieren und Kami hat ihn schon länger gereizt.“ Malen sah mich lange, ja fast nachdenklich an. „Und du? Wolltest du auch etwas Neues ausprobieren?“ Ich musste grinsen. „Schätze schon…aber da war auch noch etwas anderes. Ich habe von Mal zu mal gemerkt, dass das zwischen Juka und mir mehr als nur Freundschaft ist. Es war nur nicht ganz leicht, sich das so einfach einzugestehen. Ich hab es riskiert und nichts bereut.“ „Vielleicht sollte ich mir auch ein Mädel suchen“, seufzte Malen. Ich streckte meine Arme aus und zog sie sanft an mich. „Dich hält keiner davon ab Süße…und du bist jung, was hast du also zu verlieren?“ „Ich habe gerade einfach keine Lust auf Liebe. Das schmerzt nur und ich will nicht wieder verletzt werden.“ Ich strich ihr über den Kopf. „Dann versuche eine Weile dein Singleleben zu genießen und irgendwann, wenn du gar nicht damit rechnest, findest du den oder die Richtige.“ „Was du nicht sagst. Lass und hineingehen und tanzen.“ Ich lachte und nahm Malens Hand. Ich sah Nici zwar nicht direkt an und doch wusste ich, dass sie mich gelegentlich beobachtete. Das nervte echt. „Geh mal zu ihr hin und droh ihr, dass du ihr in den Hals beißt, wenn sie nicht endlich aufhört, mich zu begaffen“, sagte ich zu Juka. Dieser lachte nur. „Das werde ich sicher nicht tun, schließlich habe auch ich meine Dummheitsgrenze.“ „Hahaha, das Wort ist mal toll“, kicherte ich. „Außerdem bist du selbst daran schuld, wenn du dich auch so aufmotzt.“ Ich steckte Juka wieder mal die Zunge raus und trank mein Bier leer. Kurzerhand, weil ich so gute Laune hatte, entschloss ich mich dann doch mit Malen auf die Tanzfläche zu stürmen. In meinen Plateaustiefeln kam ich mir so groß vor. Das lag wohl an den 14 Zentimeter Absätzen. Doch wir hatten unseren Spaß. Es lief gerade Violet Stigmata, schaurig schön. Malen und ich tanzten uns immer mal spaßhaft an und mussten dabei lachen. Als ich Nici in meinem Augenwinkel erspähte, ignorierte ich sie, wie schon den ganzen Abend. Gegen um vier traten mein Jukasschatz und ich den Heimweg an. Als ich im Wohnzimmer das Licht anknipste, sah ich, dass meine Schwester auf dem Sofa lag und mich leicht verschlafen anschaute. Ich wusste von meinem Vater, dass sie von zu Hause abgehauen war, weil sie nicht mehr miteinander klarkamen. Diese Nachricht hatte er auf meinem Anrufbeantworter hinterlassen und ich hatte damit gerechnet, dass Jojo früher oder später bei mir auftauchen würde. Sie schien die zerrissene Strumpfhose, den Leominirock und das Top mit den Sicherheitsnadeln schon mehrere Tage zu tragen, da die Klamotten sehr abgetragen wirkten. Ich wusste nicht, ob ich sauer auf mein Schwesterchen sein sollte, weil sie einfach abgehauen war oder nicht. Ich entschied mich für letzteres. Ich bat Juka im Bad das Wasser in die Wanne zu lassen, weil Jojo ziemlich durchgefroren zu sein schien. Ich setzte mich auf das Sofa und nahm sie auf meinen Schoß. „Na kleine Ausreißerin…du scheinst ja immer mehr in meine Fußstapfen zu treten.“ Ich nahm die Kuscheldecke neben mir und hängte sie Jojo um die Schultern. Sie schmiegte ihren Kopf an meine Brust. „Es tut mir leid…ich habe wirklich versucht so lange wie möglich mit ihnen auszukommen, aber es ging nicht mehr. Ich halt das mit dieser verzogenen Ich-bekomme-was-ich-will-Jenny nicht länger unter einem Dach aus. Papa tut immer so, als ob sie das tollste Kind der Welt wäre und ich werde dauernd dumm angenölt.“ Ich küsste Jojo auf ihr Haar und trug sie ins Badezimmer. „Nimm erst mal ein heißes Bad Kleines.“ Sie sah mich mit ihren Kinderaugen an. „Bist du gar nicht sauer auf mich?“ Das Zittern in ihrer Stimme ließ vermuten, dass sie sich ängstigte, auch ich könnte sie verstoßen. Ich lächelte sie liebevoll an und schüttelte mit dem Kopf. „Quatsch. Ich kann doch wohl am besten nachvollziehen, wie es dir geht Jojo. Stört es dich, wenn ich mich jetzt hier abschminke?“ „Nee“, sagte sie, zog ihre Klamotten aus und stieg ins die Badewanne. Auch ich schlüpfte aus meinem Jackett und den Stiefeln. Dann beträufelte ich ein Wattepad mit Reinigungsmilch und entfernte mein Augen Make- up. „Außerdem hat er mir eine Nachricht hinterlassen, dass du die Flucht ergriffen hast. Ihn schien es aber nicht weiter zu kümmern…Arsch.“ Juka klopfte zaghaft an die Tür und ich öffnete sie einen kleinen Spalt. „Möchte Jojo noch eine Kleinigkeit essen? Da würde ich noch was machen.“ Ich wendete mich meiner Schwester zu. „Hast du hunger Kleines?“ Sie tauchte aus der Schaumwolke auf und nickte. Ich küsste Juka und schloss die Tür wieder. Das Kunstblut an meinem Hals war hässlich verkrustet und ich musste es mit meinen Fingernägeln abpopeln. Eine der Kontaktlinsen wäre mir um ein Haar in den Abfluss gefallen. „Lukas…an dem einen Tag, als du hier so aufgelöst in die Wohnung gekommen bist,…war es Papa, der dich geschlagen hat?“ Ich schaute mein Schwesterchen lange und ernst an. „Ja…ich hole dir ein T-Shirt von mir, das du zum Schlafen anziehen kannst. Bin gleich wieder da.“ Ich wühlte in meinem T-Shirt Stapel und kramte mein Fanshirt von ASP heraus. „Kannst du mir bitte ein Handtuch geben“, fragte Jojo, als ich wieder ins Bad kam. „Klar doch.“ Ich nahm ein großes und wickelte sie darin ein, wie es unsere Mum früher im getan hat, wenn wir aus der Badewanne wollten. Mein T-Shirt reichte Jojo bis zu den Knien und ich musste schmunzeln. Juka hatte ein paar Brote geschmiert und sie ins Wohnzimmer auf den kleinen Tisch gestellt. Jojo leerte den ganzen Teller und krabbelte dann auf meinen Schoß. „Ich war auch zwei Tage nicht in der Schule“, sagte sie betreten. „Das ist zwar nicht gut, aber ich kann dich verstehen. Am Montag gehst du bitte wieder in die Schule. Deinem Vater scheint es ja so ziemlich egal zu sein, wo du dich herumtreibst, deshalb würde ich vorschlagen, dass du hier bleibst.“ „Mein Vater? Ist es nicht unser Vater?“, fragte mich Jojo skeptisch. Ich seufzte. „Für mich ist er kein Vater mehr, Kleines. Wo bist du eigentlich gewesen?“ Jojo räusperte sich und schaute abwechselnd zu mir und auf den Boden. „Naja…ich habe da ein Punkmädel kennengelernt und sie hat mich mit in ihre Hütte genommen. Dort lebt sie mit noch einem Mädchen und zwei Jungs. Aber es ist nichts passiert und ich hab auch nichts genommen oder so.“ Ich warf ihr einen ernsten Blick zu. „Jojo, ich habe nichts dagegen, wenn du mit den Punks rumhängst, aber komm beim nächsten Mal bitte erst zu mir. Ich weiß, dass einige von ihnen nett sind, aber es geht schneller als du denkst und sie haben dir was untergejubelt. Bitte sei vorsichtiger…die Punks auf beim Bahnhof werden auch nicht besser…Genug geredet. Du brauchst jetzt Schlaf.“ „Okay, ich pass in Zukunft besser auf, großer Bruder.“ Ich lächelte Jojo und gab ihr noch einen Kuss. Juka brachte Bettzeug und richtete meiner Schwester auf dem Sofa ein gemütliches Nachtlager her. Ich ging auf den Balkon und rauchte noch eine Zigarette. Mit dem Rücken lehnte ich mich an die Wand und beobachtete eine kleine Spinne, die an der Wand gegenüber gerade hinauf krabbelte. Der kühle Nachtwind strich über meinen nackten Oberkörper und mich fröstelte es leicht. Juka öffnete die Tür und leiste mir noch ein bisschen Gesellschaft. „Du sollst dann noch mal zu ihr kommen.“ „Werde ich tun.“ Ich nahm Jukas Hand und zog ihn näher zu mir, sodass sich unsere Nasenspitzen fast berührten. Seine warmen Hände umfassten meine Hüften und ich bekam eine leichte Gänsehaut. Ohne Plateaustiefel überragte mich Juka wieder um einen halben Kopf. „Wolltest du nicht neulich mit dem Rauchen aufhören“, hauchte er mir zu. „Hab ich sowas behauptet? Davon weiß ich nichts.“ Er verdrehte seine Augen und schüttelte mit dem Kopf. Ich nahm einen tiefen Zug und blies den bläulichen Rauch an Juka vorbei. „Du warst heute ganz schön sexy...naja, eigentlich bist du es noch“, flüsterte er mir ins Ohr und küsste mich leidenschaftlich. Jetzt wurde mir wieder heiß und kalt im Wechsel. Behutsam schob ich Juka ein bisschen von mir weg. „Ich sage Jojo noch gute Nacht und danach kannst du mit mir machen, was du willst.“ „Oho, das klingt vielversprechend.“   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)