Wolf im Schnee von GingerSnaps ================================================================================ Kapitel 26: Begegnungen Teil 1 ------------------------------ „Du wirst dich nicht von meinem Vater in die Enge treiben lassen, egal was er dich fragt, hörst du? Wenn du nicht antworten willst, dann tust du es einfach nicht!“ wies Stiles Derek beim Frühstück streng an. Seine Stirn war dabei in sorgenvolle Falten gelegt. „Das mache ich doch immer so!“ gab der Werwolf verständnislos zurück: „Warum hast du Angst, Stiles? Der Sheriff ist ein guter Mann, richtig?“ „Richtig!“ bestätigte Stiles finsterer. Er hatte das Gefühl gehabt, es nicht länger vor sich herschieben zu können, dass Derek und sein Dad sich begegneten und da heute der freie Tag des Sheriffs war, hatten sie sich für diesen Vormittag bei ihm auf eine Tasse Kaffee verabredet, doch so misstrauisch wie John Stilinski sich bereits am Telefon verhalten hatte, fürchtete der Biologe eine totale Katastrophe, zumal das, was sie zu sagen hatten schließlich für jeden, der es nicht selbst erlebt hatte total verrückt klingen musste. Sie saßen im Jeep und fuhren in Richtung von Stiles Elternhaus und der Biologe zappelte nervös auf dem Fahrersitz herum, wie ein Kind vor einem Zahnarztbesuch. Derek betrachtete ihn von der Seite und lächelte in sich hinein. ER war nicht aufgeregt. Er freute sich auf die Begegnung mit seinem zukünftigen Schwiegervater. Und nun waren sie auch schon da und der Wagen hielt in der Einfahrt der Stilinskis. John öffnete die Tür, erblickte seinen Sohn und sein Gesicht bekam sogleich einen sorgenvollen Ausdruck: „Da bist du ja endlich, Junge! Wieso bist du denn so blass?“ Stiles schenkte ihm ein jungenhaftes Lächeln, auch wenn es ein wenig gequält wirkte: „Weil es am Polarkreis, wo ich ich mich in den letzten Wochen aufgehalten habe, nun mal keine Sonne gab. Außerdem war ich noch nie der Beach-Boy-Typ und bin überdies immer noch schlecht mit Sauerstoff versorgt, wegen der Rauchvergiftung. Aber mach´ dir bitte keine Sorgen! Ich hab´s überlebt und bin auf dem Weg der Besserung. Ehrlich!“ Der Sheriff gab ein unzufriedenes Schnauben von sich, zog sein einziges Kind in seine Arme und nahm jetzt erst Stiles Begleiter so richtig wahr: „Hallo!“ sagte er und streckte Derek die Hand entgegen: „Sie sind also Derek Hale? Sie entschuldigen, wenn ich das nach der langen Zeit nur schwer glauben kann, oder? Man hat in mehreren Staaten nach ihnen gesucht, doch sie waren ja ganz einfach wie vom Erdboden verschluckt!“ Derek schüttelte die hingehaltene Hand und bestätigte knapp: „Ja, das war ich.“ denn es erschien ihm tatsächlich als die treffendste Beschreibung dessen, was passiert war. Weil der Schock über den Verlust seiner Familie zu groß war, hatte sich der Mensch ganz in den Wolf zurückgezogen, ihn sozusagen `verschluckt´ und erst das Zusammentreffen mit seinem Gefährten hatte ihn schließlich wieder hervorgeholt. Der Sheriff blickte den Fremden irritiert an: „Ja, aber wo waren sie denn nun all´ die Jahre?“ Bevor Derek darauf antworten konnte, knurrte Stiles: „Er war in Alaska, aber vielleicht lässt du uns ja wenigstens erst einmal ins Haus, bevor das Verhör beginnt?“ John zuckte mit den Schultern und trat beiseite, um die beiden Männer einzulassen. Nachdem sie jeder eine Tasse Kaffee erhalten und im Wohnzimmer Platz genommen hatten; der Sheriff auf dem Sessel und Derek und Stiles Seite an Seite auf dem Sofa, fragte John Stilinski: „Bestimmt erinnern sie sich noch, dass ich sie im Alter von 15 Jahren einmal festgenommen habe, richtig Mr. Hale?“ Derek nickte lediglich und der Sheriff fragte mit ein klein wenig Ungeduld in der Stimme: „Und wissen sie auch noch, warum ich sie festgenommen habe?“ Wieder bloß ein Nicken des wortkargen Werwolfs, der nicht verstand, was das ganze sollte, bis Stiles seufzend, mit genervten Blick auf seinen Vater erklärte: „Das ist ein Test, Derek! Mein Dad will, dass du ihm erzählst, was damals genau geschehen ist, um zu überprüfen, ob du ein Lügner bist.“ „Aber ich bin kein Lügner!“ erklärte Derek schlicht: „Mein Onkel und ich sind nachts in die Schule eingebrochen. Sie haben uns dabei erwischt, Sir. Sie haben uns zwei Stunden lang auf dem Revier festgehalten, dann kam meine Mutter und hat uns abgeholt.“ „Und erinnern sie sich auch noch daran, was ich damals zu ihnen gesagt habe, Derek?“ wollte der Sheriff wissen. Derek nickte: „Sie sagten, ich sei ein guter Junge und sollte mich nicht von meinem Onkel zu solch einem Unsinn anstiften lassen. Und sie haben meine Fingerabdrücke genommen. Sie haben mir damit ganz schön Angst gemacht, Sir!“ Der Sheriff lächelte zufrieden: „Hat Derek nun deinen Test nun bestanden, oder was?“ schnappte Stiles nun genervt. „Ja, das hat er!“ bestätigte John Stilinski: „Und das mit den Fingerabdrücken hatte ich schon ganz vergessen. Ich habe das damals ja auch lediglich gemacht, um Derek einzuschüchtern und von zukünftigem Unsinn abzuhalten, aber heute kann und das sehr nützlich sein, denn so kann seine Identität einwandfrei festgestellt werden. Immerhin geht es hier um ein Millionenerbe und da ich den Vermisstenfall niemals abgeschlossen habe, ist das Geld auch immer noch da und ist nicht an den Staat gegangen. Noch hinzu kommt die Versicherungssumme aus dem Brand, einige Immobilien und Wertpapiere. Sie sind ein reicher Mann, Derek, denn sie sind der einzige Erbe! Was sagen sie dazu?“ Der Werwolf wirkte ziemlich unbeeindruckt und zuckte mit den Schultern. Stiles hingegen waren die Augen übergegangen: „Millionen?“ fragte er ungläubig. Eigentlich hatte er sich innerlich bereits darauf eingestellt, Derek die nächsten Jahre von seinem Gehalt durchzufüttern und hatte sich um die Zukunft seines Freundes ernsthaft gesorgt, da dieser ja aufgrund der Umstände nicht einmal einen Highschoolabschluss, geschweige denn eine Berufsausbildung hatte. „Sie sollten sich einen guten Anwalt nehmen, Derek, der das alles für sie klärt!“ schlug der Sheriff vor. Derek warf Stiles einen gleichermaßen hilflosen wie missmutigen Blick zu und der Biologe versprach: „Ich helfe dir dabei!“ In Derek war eben im Grunde immer noch der sechzehnjährige Junge von damals konserviert. In den zehn Jahren dazwischen, in denen er ein Wolf gewesen war, hatte er sich um so etwas wie Steuern, Miete, Arbeit, Krankenversicherung und diesen ganzen langweiligen Erwachsenenkram keine Gedanken machen müssen. Er hatte einfach bloß gelebt, gejagt, wenn er Hunger gehabt hatte, geschlafen, wo immer er ein wind- und wettergeschütztes Plätzchen gefunden hatte und das einzige, was ihm hatte Sorgen machen müssen, waren die Jäger gewesen, die sich an seine Fersen geheftet hatten. Als würde er irgendetwas ahnen, fragte der Sheriff nun noch einmal: „Aber wo sind sie denn nun genau gewesen, Derek? Warum haben sie sich niemals bei einer Polizei gemeldet. Und wovon zum Teufel haben sie gelebt? Hatten sie einen Job? Hatten sie vielleicht das Gedächtnis verloren durch das Trauma? Was war los?“ Das mit dem Gedächtnis war gar keine so schlechte Ausrede, dachte Stiles mit einem Mal bei sich. Warum war er nicht selbst darauf gekommen? Er blickte Derek fragend an, doch der schüttelte den Kopf: „Ich war unterwegs. Ich bin vor den Leuten weggelaufen, die meine Familie getötet haben.“ Dann wandte er sich an Stiles und sagte gequält: „Bitte! Ich will nicht lügen. Darf ich die Wahrheit sagen?“ „Du hast Derek gesagt, dass er mich anlügen soll, Stiles? Was ist denn bloß los mit dir! Was fällt dir ein, Stiles? Was geht hier vor? Ich will sofort wissen, was hier gespielt wird!“ forderte John Stilinski entrüstet. Stiles mahlte angespannt mit den Kiefern und erwiderte schließlich: „Hast du schon mal darüber nachgedacht, dass ich einen guten Grund haben könnte, dir die Wahrheit vorenthalten zu wollen? Sie ist nämlich gar nicht so einfach zu verdauen. Und wenn wir es dir beweisen, und das können wir zufällig, dann habe ich Angst vor dem, was du möglicherweise tust, oder ob dein armes Herz das verträgt? Einen Herzinfarkt hattest du ja immerhin schon“ „Sprich gefälligst nicht in Rätseln und behandle mich nicht wie ein Kind.“ schimpfte der Sheriff: „Also raus mit der Sprache! Was geht hier vor?“ Weil Derek nun mal nicht der Typ für viele Worte war, versuchte sich eben Stiles an einer Erklärung: „Derek ist mehr als das, was man auf den ersten Blick sehen kann, Dad. Er ist anders als die meisten Menschen.“ begann er: „Dereks ganze Familie war... also ich meine, es gab Menschen, die Jagd auf sie gemacht haben weil...“ Stiles seufzte, weil ihm klar war, dass es keinen Weg gab, seinem Vater diese Sache mit Worten zu erklären, ohne dass es komplett absurd klang und so sagte er es schließlich, wie es war: „Die Hales waren Werwölfe, Dad. Und Derek ist auch ein Werwolf!“ „Das ist doch läch...!“ brachte John noch hervor, ehe ihm die Worte im Halse stecken blieben, denn Derek hatte sich inzwischen verwandelt: Fänge, Klauen und blauglühende Augen; das volle Programm! John Stilinskis Augen waren rund wie Teller und ihm fiel die Kinnlade herunter. Er rührte sich nicht und sagte kein Wort: „Ist alles in Ordnung Daddy? Ist es dein Herz?“ fragte Stiles sorgenvoll. Der Sheriff schüttelte den Kopf, ohne den fassungslosen Blick von dem Werwolf auf seiner Couch zu nehmen. „Es ist schwer zu glauben, oder?“ erkundigte sich Stiles vorsichtig. John war recht blass geworden. Er holte tief Luft und erwiderte: „Eigentlich erklärt es eine Menge. Weißt du, wie viele ungeklärte Todesfälle ich in den letzten Jahren auf dem Schreibtisch hatte, die wie Wildtierunfälle aussahen, die jedoch zu keinem bekannten Raubtier gepasst haben? Ist er den gefährlich, Stiles?“ „Rede nicht über Derek, als ob er nicht anwesend wäre, Dad! Er ist mein Freund. Er hat mir das Leben gerettet und das mehrmals. Ich liebe ihn, Dad!“ rief Stiles aufgebracht, doch Derek nahm seine Hand, um ihn zu beruhigen. Er hatte sich inzwischen wieder zurückverwandelt: „Ist in Ordnung, Stiles! Woher soll dein Vater es denn wissen.“ gab er er sanft zu bedenken. An den Sheriff gewandt erklärte er: „Meine Familie hat niemals Menschen verletzt. Wir haben viele Generationen lang in Beacon Hills gelebt und die Stadt vor übernatürlichen Gefahren beschützt. Ich bin darum nicht überrascht, dass nach unserem Verschwinden schlimme Dinge passiert sind.“ Nach kurzem Zögern fügte Derek leise hinzu: „Ich würde Stiles niemals verletzen, Sir. Er bedeutet mir alles! Sie müssen keine Angst vor mir haben.“ John wirkte irgendwie geistesabwesend. Stiles musterte ihn unsicher und fuhr schließlich fort: „Das was du eben gesehen hast ist aber noch nicht alles. Als ich Derek getroffen habe, war er ein wirklicher, echter Wolf, mit vier Pfoten, Fell und allem. Es ist passiert, nachdem seine Familie gestorben ist: Er hat sich verwandelt und ist einfach nur noch weggelaufen, weil er die Verzweiflung nicht ausgehalten hat. Er war zehn Jahre lang ein Tier Dad, bis ich ihn gefunden habe. Kannst du dir vorstellen, was DAS bedeutet?“ Der Sheriff blickte die beiden verständnislos an. Er brauchte wohl erneut eine visuelle Präsentation und so bedeutete Stiles dem Werwolf, es einfach vorzuführen. Derek nickte und begann nun seelenruhig, sich im Wohnzimmer des Vaters seines Geliebten komplett auszuziehen und seine Kleider auf dem Couchtisch abzulegen. John wirkte kurz ein wenig verlegen, doch dies schlug schnell in Überraschung um, als der Nackte vor ihm sich in einen großen, schwarzen Wolf verwandelte. Johns Blick ging zwischen dem Stapel auf dem Tisch und dem Tier hin und her und er murmelte: „Die Kleider im Wald in der Nähe des Tatorts! Darauf habe ich mir nie einen Reim machen können.“ Er lief nun staunend um den Wolf herum und begutachtete es von allen Seiten. Irgendwann streckte er sogar die Hand aus und es schien, als wolle er ihn streicheln. Verlegen hielt er mitten in der Bewegung inne, doch Stiles versicherte lachend: „Mach nur, Dad! Miguel hat sicher nichts dagegen. Er liebt es, wenn man ihm Nacken und Ohren krault.“ „Miguel?“ fragte der Sheriff und berührte den Wolf sacht, ganz so, als müsse er sich versichern, dass das, was er da vor sich sah, wirklich real war: „Ich wusste zunächst ja gar nicht, wen ich vor mir hatte und so habe ich dem Wolf eben einen Namen gegeben.“ erklärte Stiles. Als Derek sich wieder zurückverwandelte und plötzlich wieder bloß ein athletischer, nackter Mann vor dem Sheriff stand, wich dieser unsicher ein wenig zurück und Derek zog sich wieder an. „Unglaublich!“ kommentierte John überwältigt: „Aber was bedeutet das alles. Was können sie denn so, Derek? Und überhaupt...? Heute ist doch gar kein Vollmond!“ Schon wieder wurden Worte von Derek erwartet! Er blickte sich hilfesuchend nach Stiles um und der erklärte: „Derek ist sehr stark; viel stärker als ein Mensch und hört und sieht besser als wir. Dass er sich verwandeln kann, hast du schon gesehen. Außerdem kann er anderen Menschen die Schmerzen nehmen, kann selbst schwerste Verletzungen überleben und er heilt wahnsinnig schnell.“ „Das wäre in meinem Job auch sehr nützlich!“ kommentierte der Sheriff: „Und was ist nun mit dem Vollmond?“ hakte John noch einmal: Stiles zuckte mit den Schultern und Derek antwortete schlicht: „Er macht uns Wölfe nervös!“ John schüttelte noch einmal ungläubig mit dem Kopf: „Werwölfe!“ murmelte er. Dann blickte er seinen Sohn an und fragte: „Kann ich noch einmal kurz mit dir allein sprechen, Stiles.“ Das Gesicht des Biologen verfinsterte sich und er entgegnete: „Du kannst alles, was du mit mir besprechen möchtest, auch vor Derek sagen.“ Der Werwolf versicherte jedoch: „Es ist in Ordnung, Stiles. Ich kann vor der Tür warten! Sprich mit deinem Vater!“ Und schon war er zu Tür hinaus.“ „Was willst du, Dad? Willst du, dass ich mich von ihm fernhalte? Dass ich ihn aufgebe? WAS?“ fragte Stiles gereizt: „Ich will, dass du mir dabei hilfst, es zu verstehen, Stiles.“ erwiderte John friedfertig: „Ich meine, solange ich denken kann, hieß es immer nur `Lydia, Lydia, Lydia´ und nun hat sie sich von dir scheiden lassen und diese Sache ist passiert. Ich habe emotional irgendwie Schwierigkeiten, da hinterher zu kommen. Ist das denn so schwer nachzuvollziehen?“ Er zögerte kurz und fragte dann: „Du tust das doch nicht etwa, um dich an Lydia zu rächen, oder?“ Stiles blickte seinen Vater ungläubig an: „Ernsthaft, Dad? Was ist das denn für eine unsinnige Frage? Das hat überhaupt nichts mit Lydia zu tun. Hierbei geht es allein um Derek und mich. Wir haben eine wahnsinnig intensive Zeit hinter uns und das hat eben Gefühle in uns geweckt.“ „In Ordnung!“ bestätigte der Sheriff unsicher und sah ebenso unbehaglich aus, wie Stiles sich fühlte: „Aber seid ihr denn nun wirklich ein richtiges Paar. Mit allem was dazu gehört?“ „Fragst du mich allen Ernstes, ob wir vögeln, Dad!“ schimpfte Stiles: „Das geht dich nun wirklich nichts an!“ „Nein, du hast natürlich recht; es geht mich nichts an, aber ich meinte ja auch nicht bloß das. Ich wollte wissen, ob ihr wohl heiraten werdet. Und wolltest du nicht immer Kinder? Daraus wird dann ja wohl nichts, oder? Das ist traurig, denn ich hatte mich immer irgendwie auf ein Enkelkind gefreut. Bitte sei mir nicht böse, Junge. Ich versuche doch nur, diese Sache zu verstehen.“ Stiles seufzte schwer und schloß niedergeschlagen die Augen, als er erwiderte: „Das versuche ich auch, Dad!“ John erhob sich und legte die Arme um seinen Jungen. Und auch wenn es Stiles ganz und gar nicht recht war, fing er an zu heulen, sobald er das After-Shave seines Vater roch und das Flanell seines Hemdes an der Wange spürte. „Alles wird gut!“ versicherte der Sheriff. Und als die Tränen seines Sohnes versiegt waren, wollte er wissen: „Wollen wir Derek wieder zu uns holen?“ Stiles nickte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)