Das Herz der Drachen von Onlyknow3 (Wiedersehen) ================================================================================ Kapitel 11: Der Morgen danach ----------------------------- Kapitel 11 – 11. Dezember: Der Morgen danach Als Joey an diesem Montag erwachte wurde ihm klar, dass er Alkohol nicht besonders gut vertrug. Jedenfalls fühlte sich sein Kopf schwer und verkatert an. Nur langsam schaffte es der Blonde in eine aufrechte Position und hielt sich dann den Kopf mit beiden Händen. Was für ein Wochenende, dachte er und war erleichtert darüber, dass er bereits gestern noch eine Mail an Kenji geschrieben hatte, in dem er sich für heute einen freien Tag genehmigte. Er wusste, dass sein Chef nichts dagegen hatte, da solche kurzfristige Tageurlaube bei dem Blonden nie vorkamen, obwohl die Agentur diese Schlendriantage anbot. Jeder Mitarbeit konnte drei Mal im Jahr – sofern kein Krankenstand vorherrschte oder ein Abgabetermin der Firma im Nacken saß – sich einen Tag frei nehmen. Das war das erste Mal, seit Joey in der Agentur angefangen hatte, dass er davon Gebrauch machte. Erst nach und nach fielen ihm die Details des gestrigen Tages wieder ein. Wie Kaiba plötzlich vor seiner Tür gestanden hatte, mit diesem Tisch und dem Essen, den beiden roten Rosen, die mehr als offensichtlich klar machten, dass er wirklich an ihm interessiert war. Obwohl sich Joey am Anfang noch etwas gesträubt hatte, hatte er schließlich nachgegeben und sich zu Seto an den Tisch gesetzt. Das Essen war wirklich ausgezeichnet gewesen und entgegen seiner Erwartungen wurde es eigentlich ein recht netter Abend. Seto – er hatte ihn irgendwann gebeten, ihn auch beim Vornamen zu nennen - hatte die Gelegenheit genutzt und ein Gespräch mit ihm begonnen, welches wohl dazu diente, einige Wissenslücken zu schließen. Es war für den Blonden erschreckend gewesen, wie viel Interesse der Brünette auf einmal für ihn entwickelte. Irgendwann waren sie schließlich auch auf ihre Schulzeit zu sprechen gekommen und Seto hatte ihm eröffnet, dass er schon damals ein Interesse an dem Blonden gehabt hatte. Doch er war einfach nicht in der Lage gewesen, seine Gefühle zu offenbaren und hatte stattdessen versucht Joey mit all den Sticheleien und abfälligen Bemerkungen auf Abstand zu halten. Ja, dass hatte doch wirklich gut funktioniert, war alles gewesen, was Joey dazu mit einem ironischen Grinsen beisteuerte. Seto hatte inne gehalten und ihn ausgiebig gemustert. Dann geschah etwas, was Joey nie für möglich gehalten hätte: Seto Kaiba entschuldigte sich bei ihm für all die Namen, die er ihm in der Schulzeit verpasst hatte. Joey wäre beinahe vor Schreck vom Stuhl gefallen. Irgendwann zeigte der Wein, der zum Essen gereicht wurde, auch bei dem Geschäftsmann endlich eine Wirkung und er wurde lockerer. Erzählte davon, dass er damals dachte, dass er sich keine Blöße oder Schwäche geben dürfe und daher lange seine Gefühle und vor allem seine Homosexualität verleugnet hätte. Selbst heute hätte er noch Probleme damit, sich als schwul zu outen. Aber das lag auch hauptsächlich daran, dass er in seinem Leben nur an einer Person wirkliches Interesse entwickelt hatte und die hatte er verloren geglaubt. Erst als er dieser Person auf dem Weihnachtsmarkt überraschend über den Weg gelaufen war, hatte er gespürt, dass all diese Gefühle noch in ihm waren und auf ihn stärker als zuvor wirkten. Joey schlug sich die Hand an die Stirn. Damit hatte Seto auch die dritte Bedingung schlussendlich erfüllt: Absolute Ehrlichkeit und Offenheit über seine eigenen Gefühle. Okay, vielleicht musste man ein paar Punkte abziehen, da erst der Wein ihn so offen hatte werden lassen. Aber es gab nun kein Zurück mehr! Dann erstarrte Joey plötzlich. Seto war gestern schließlich sogar in Tränen ausgebrochen. Immer wieder wiederholte er, völlig betrunken wohlgemerkt, dass er bereute, nicht schon damals in der Schulzeit in diesem einen Punkt seines Lebens den Mut besessen zu haben, Joey reinen Wein einzuschenken. Dass er so viel Zeit einfach verschwendet hatte. In diesem Zustand – betrunken und völlig aufgelöst – hatte Joey den anderen nicht gehen lassen können. Zwar hatte dieser eingewandt, dass Roland ihn abholen konnte, aber da es zu diesem Zeitpunkt schon weit nach Mitternacht war, empfand der Blonde es als unverantwortlich Roland jetzt quer durch die gesamte Stadt fahren zu lassen, nur um seinen völlig betrunkenen Chef bei ihm abzuholen… Auf einmal sprang Joey aus seinem Bett, rannte förmlich zu seiner Schlafzimmertür, die er hastig aufriss, bevor ihm fast die Augen aus dem Kopf fielen. Tatsächlich lag auf seiner Couch ein schlafender Seto Kaiba und schnarchte… und sabberte ein wenig auf sein Gästekissen. Dieser Anblick war für Joey einfach zu viel auf nüchternen Magen und einem Morgen ohne Kaffee. Also schlurfte er nun wieder eher gemächlicher in seine offene Küche und setzte… nein… erst einmal musste er den gekochten und nicht getrunkenen Kaffee von gestern wegschütten. Dann endlich konnte er frischen Kaffee aufbrühen. Als Joey in seinen Kühlschrank blickte musste er feststellen, dass er am Freitag das Einkaufen völlig vergessen hatte. So war das nun Mal, wenn er unerwartet Duke über den Weg lief. Da blieb so etwas wie einkaufen einfach auf der Strecke. Dennoch wollte er sich vor Seto keine Blöße geben. Daher ging er fix ins Bad, vollzog eine Katzenwäsche, bevor er sich warm anzog und in den Laden an der Ecke eilte. Der vertraute Geruch von Kaffee drang in Setos Bewusstsein, der sich langsam gegen den Nebel des Alkohols und der Bewusstlosigkeit durchsetzte. Langsam richtete er sich auf und blickte sich kurz fragend um. Dann fiel ihm wieder ein, dass er bei Joey war. Sein Nacken knackte laut, als er sich streckte. Diese Couch war mörderisch für seinen Rücken. Nur mit viel Mühe gelang es Seto schließlich sich zu erheben. Der Nase folgend schlurfte er mit staksigen Schritten in die Küche und zur Quelle des herrlichen Geruchs. Es brauchte einen Moment, bis er eine Tasse fand und er in dem ansonsten leeren Kühlschrank die Kaffeesahne fand. Er schenkte sich eine Tasse des schwarzen Getränks ein und verfeinerte dieses mit einem Schuss Sahne. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er allein war. Sowohl die Schlafzimmer- als auch die Badezimmertür standen offen und ließen erkennen, dass sie leer waren. Wo war Joey? Da hörte der Brünette die Wohnungstür und blickte fragend um die Ecke. Dort zog sich Joey gerade die Schuhe und den Mantel aus, bevor er seine Einkaufstüten wieder aufnahm und zu ihm in die Küche kommen wollte. Als der Blonde erkannte, dass er schon wach war nickte er ihm nur zu, bevor er mit den frisch erworbenen Einkäufen den Frühstückstisch einkleidete. Da der Wein sie ganz offensichtlich beide sehr mitgenommen hatte verbrachten sie das Frühstück schweigend. Das war ganz gut, denn noch immer war Seto nicht ganz klar, warum er hier übernachtet hatte. Erst nach einer Brötchenhälfte und einer zweiten Tasse Kaffee löste sich die Blockade in seinem Kopf und die Erinnerungen kamen zurück. Ebenso das Gefühl der Peinlichkeit. Schlagartig bereute der Unternehmer, dass er zu jedem Gang einen Wein hatte auftischen lassen. Mental setzte er sich eine Notiz in Zukunft auf dieses Gesöff aus vergorene Trauben zu verzichten. Die Stille wurde jäh unterbrochen, als sein Smartphone zu klingeln begann. Suchend tastete er seine Taschen ab, bis er nach einer schier unendlich langer Zeit endlich den Störenfried fand. Der Name auf dem Display ließen seine Augen rollen. Dann nahm er den Anruf schließlich an. „Guten Morgen – Ja – Nein – Bin bei Joey – Nein – Ist nur spät geworden – Hey… hey, nicht so… hey, nicht so laut!“ Dem verzweifelten Gespräch des sonst so resoluten Unternehmers zuzuhören, wie er gerade seinem jüngeren Bruder scheinbar Rede und Antwort stehen musste, zauberte bei Joey unbewusst sein Schmunzeln auf das Gesicht. Doch als Mokuba begann so laut zu brüllen, dass selbst er ihn verstand, nahm er Seto das Smartphone aus der Hand. „Hey Mokuba, danke für deinen Anruf, aber sei so gut und gönn uns eine Pause! Der Wein war gut und reichlich, daher brummt uns der Schädel. Dein Bruder meldet sich, sobald die Kopfschmerzen abflauen!“, mit diesen Worten legte Joey schließlich auf und reichte einem nicht minder verblüfften Seto sein Smartphone zurück. Dieser nahm es nur zögerlich wieder zurück, während sich auch auf seinem Gesicht ein seichtes Lächeln abzeichnete. Wenn er ihn so betrachtete, musste Joey feststellen, dass sein Gegenüber nur noch recht wenig Ähnlichkeit mit dem Geschäftsmann hatte, den er kannte. In seinen Augen sah er dieses Verlangen oder... nein nicht Verlangen! Es war eher ein Wunsch. Ein Wunsch, den jeder ab einem gewissen Zeitpunkt im Leben entwickelte. Der Wunsch nach jemandem in seinem Leben, mit dem man weiter voranschreiten konnte, der einen liebte und den man zurück lieben konnte. Wieder wurde dem Blonden bewusst, dass Seto nicht gerade erfahren war, was seine eigenen Gefühle betraf. Schon während ihrer Schulzeit war der damalige Jungunternehmer immer stets darum bemüht gewesen, seine Gefühle von sich zu schieben und zu verleugnen. Seto hatte es gestern beim Abendessen selbst zugegeben. Von daher musste den Brünetten das alles hier eine große Überwindung gekostet haben. Plötzlich wurde Joey bewusst, dass Seto aufgestanden und zu ihm rüber gekommen war. Überrascht blickte er zu dem Brünetten auf, der ihn sanft an der Hand nahm, um ihn zu sich hoch zu ziehen und dann... dann legte Seto seine Lippen auf die des Blonden. Völlig geschockt davon, dass der Brünette diesen Schritt einfach so gewagt hatte, ließen Joey kurz erstarren, bevor er diesen Kuss langsam und genussvoll erwiderte. Davon hatte er Jahre lang geträumt. Doch jetzt diesen Mann wirklich zu küssen überstieg all seine Erwartungen um Längen. Es war einfach nur unglaublich. Dann durchzog ein lauter Knall die Stille! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)