Kizuna II von Salada (Verdammung) ================================================================================ Kapitel 9: Beugen ----------------- Was willst du tun? Ich...weiß es nicht. Wie lange willst du noch so weiter machen? Was? Du weist, ich werde nicht aufhören! Lass mich in Ruhe! Hör auf, weg zu laufen und stell dich endlich! Geh weg! Du bist so egoistisch! Was? Ich? so ahnungslos... Ich zuck zusammen und reiße die Augen auf. Mein Körper schwitzt und bebet unter dem rauschenden Adrenalinstrom, den mir mein merkwürdiger Traum beschert hat. Traum? Alles was ich gesehen habe war eine tiefe Dunkelheit. Allein diese Stimme... Mich beschleicht ein ungutes Gefühl und ich stoppe meine sich überschlagenden Gedanken. Ich steh auf und greife nach dem Schälchen Wasser, welches immer nahe meinem Futon bereitsteht. Doch selbst nach den ersten gierigen Schlucken kann ich die Trockenheit in meiner Kehle nicht beseitigen. Irgendetwas stimmt nicht... Die innerliche Unruhe nimmt weiter zu und eilig nehme ich mir meinen dicksten Yukata und lege ihn mir um die Schultern, während ich bereits zur Tür eile. Sofort erfasst mich der winterliche Frost mit all seiner schmerzlichen Kälte. Doch ich störe mich nicht daran. Ich weiß nicht, was genau mein Ziel ist, doch bin ich mir gleichzeitig so sicher eines zu haben. Meine Füße tragen mich von selbst, laufen, wie ich zu meinem Entsetzten feststellen darf direkt zu den Gemächern Sesshoumarus. Die Erinnerung von vor einer Wochen erfasst meinen Verstand. Ich schlucke, doch halte ich weiter drauf zu. Die Neugier über mein innerliches Desaster ist einfach zu groß. Nichts in der Welt könnte mich jetzt davon abhalten dieses tief sitzende Unwohlsein von meinem Körper abschütteln zu wollen. Als ich fast um die Ecke gebogen bin, läuft mir Etwas gegen die Beine. „Aua!“ Jaken? Wieso schläft er nicht? „Was zum Teufel?... Was machst du denn hier?“ Er kann sein leichtes Missfallen nicht gänzlich unterdrücken, hat er sich doch wahrscheinlich bereits darauf gefreut, einen niedrigeren Diener an zu brüllen. „Jaken.... ist Etwas mit Sesshoumaru?“ Ich kann meine eigene Panik in der Stimme kaum verbergen. Der kleine Gnom hebt verwundert seine obere Augenpartie in die Höhe. „Woher …?“ „Was ist passiert?“, platzt es schon aus mir raus. Seid wann bin ich so ungeduldig? Das ist doch sonst nicht meine Art... Jaken zögert und krault in Gedanken sein Kinn. Ich werde fast wahnsinnig. „Er...verhält sich seltsam und lässt Niemanden zu sich. Sein Youki ist außer Kontrolle.“ Er betrachtet mich skeptisch, während ich bereits sämtliche mögliche Erklärungen in meinem Kopf durchgehe. Doch mein Geist hat anscheinend schon entschieden, dass es Zeit wird dem Daiyoukai einen Besuch abzustatten. Zielstrebig trete ich an dem Froschyoukai vorbei. „Das solltest du lieber nicht...“ „Egal was du hörst, du wirst diesen Raum nicht betreten!“ Im nächsten Moment bin ich mir gar nicht mehr so sicher, ob diese Aussage mir nicht noch zum Verhängnis werden könnte.... ------------------------------------------------------------------------------ Beinahe ziellos tragen mich meine wunden Füße durch die dichten und einsamen Wälder tief im Westen. Laut fluche ich vor mich hin. Selbst nach Tagen, schein ich kein Glück zu haben, den Baum zu finden. Miroku und die anderen habe ich nach Hause geschickt. Auch wenn der Mönch es nie zugegeben hätte, ihm war nicht wohl bei dem Gedanken, die Taijiya und seine Kinder mehrere Tage alleine im Dorf zu lassen. Schließlich habe ich nach dem Neumond die Reise alleine fortgesetzt. Nur widerwillig ist er gegangen. Deutlich habe ich seine Zerrissenheit bemerkt, wollte er mich doch nicht alleine mit dieser Aufgabe zurücklassen. Insgeheim grinse ich darüber. Ich kann nicht abstreiten, dass ich dankbar für die Freundschaft bin, die sich zwischen mir und den Anderen aufgebaut hat. Doch dies auch laut auszusprechen fällt mir nach wie vor schwer. Ich stoppe unmittelbar und schnupper in der Luft, während ich gleichzeitig meine Umgebung genau betrachte. „Hier bin ich doch schon mal gewesen...“ Ich kann es kaum unterdrücken nicht meine Klauen zu dicken Fäusten zu ballen, da abermals Wut mich zu umgreifen scheint, die mich jetzt schon seit mehreren Tage aufsucht. Ich mag es kaum denken, aber ich bin mittlerweile an dem Punkt angelangt, an dem ich nicht mehr weiß, wie es weiter gehen soll. Es macht mich schier wahnsinnig. „Verdammt, wo bist du Bokusenou?“, brülle ich hinaus und fühle mich abgrundtief dämlich dabei. Ich suche verdammt nochmal einen Baum... Doch gerade als ich wiedermal drauf los stürmen wollte ändert sich schlagartig der Geruch im Wald, gemischt mit eine leichten dämonischen Aura die über den Boden schwingt. Mein Kopf schwingt nach links und ich nehme die Beine in die Hand. Nach einer gefühlten Ewigkeit hat der Geruch schließlich seinen Höhepunkt erreicht, ehe er... schlagartig verschwindet. Ich flechte die Zähne. „Oh, dass das meine alte Rinde noch erleben darf...“ Ich zucke zusammen, drehe mich fast ruckartig um die eigene Achse, während ich eine Körperlänge abstand zurück springe. Erst dann erblicke ich einen breiten Baum mit einem runzeligen Gesicht in mitten dessen... -------------------------------------------------------------------------------------- Es ist dunkel, als ich die Tür beiseite schiebe. Das schwache Licht des Flurs zeichnet meine Silhouette auf dem Holzboden nieder. Zögernd nehme ich eine Fackel und führe sie mit mir in den Raum. „Sesshoumaru?“ Ich höre und sehe nichts. Doch meine Sinne sind in Alarmbereitschaft. Als ich die Tür kraftvoll hinter mir zu ziehe regt sich etwas in der Ecke. „Verschwinde!“ Ich schlucke, als mich seine Stimme voller Kälte trifft. Langsam gewöhnen sich meine Augen an die wenige Beleuchtung des Zimmer und ich erblicke einen Gestalt sitzend auf dem riesigen Futon. Sein Haar schimmert im matten Licht. Unbeirrt nähere ich mich ihm. Sein Kopf wendet sich von meinen Schritten ab und knurrt. Ich runzle die Stirn unter seinem merkwürdigen Verhalten. Was ist nur los mit ihm? Als ich seinen Futon erreiche stecke ich die Fackel in die naheliegende Feuerstelle und knie mich nahe seines Betts. „Was… ist passiert?“ „Ich werde mich nicht wiederholen.“, seine Stimme sollte mir Angst machen, so wie sie von Wut getränkt ist, doch entgegen aller Vernunft kommt meine trotzige Seite zum Vorschein. „Nicht, bevor ich nicht weiß, was los ist!“ Sein Knurren wird lauter, doch dass ist mir egal. Diesen eigenartigen Mut, der plötzlich von mir Besitz ergriffen hat, ist sicher nicht ohne Grund aufgetaucht. Kaum wahrnehmbar, aber dennoch vorhanden stützt mich Kizuna unter der schwer lastenden Energie nicht nach zu geben. Ich blicke ihn mir genau an. Jaken hat Recht. Sein Youki flackert unkontrolliert in alle Richtungen, schlägt unbeirrt gegen meine unbefleckte Energie. Er ist wütend, ja, aber anders als sonst setzt er dieses mal seine dämonische Aura nicht gezielt ein. Es ist ohne jegliche Beherrschung. Zudem wirkt seine Erscheinung irgendwie... traurig. Sein Rücken ist gekrümmt. Seine Haare fallen ihm über die Schulter. Alles in Allem hat es den Anschein, als wenn da weniger Stolz und Erhabenheit wäre, als sonst. Als er sein Gesicht dann doch zu mir wendet bekomme ich den nächsten Schock. Seine Augen sind rot unterlaufen, sein sonst so strahlendes Gold ist einem tiefen, fiebrigen Rot gewichen. Flackernd nimmt es mich ins Auge. Entsetzt ziehe ich die Luft in meine Lungen und halte sie kurz an. Was zum...? Ich brauche einen Moment, um mir wirklich klar zu machen, dass der große Daiyoukai, stark und unbesiegbar anscheinend in einer Art.... ja, schon fast krankheitsähnlichen Situation gefangen ist. Die ersten Anzeichen sprechen eindeutig dafür. „Was willst du?“, holt mich seine leise Stimme aus meinen Gedanken. Das Knurren hat er aufgegeben. Seine Erscheinung....macht mich fertig. Ich habe ihn noch nie so erlebt. Nie. Nicht mal ansatzweise ist mir jemals der Gedanke gekommen, der Lord könnte erkranken, leiden oder überhaupt je Schmerz empfinden. Eine Welle an Mitleid quillt in meiner Brust, welches er scheinbar sofort wahrnimmt, rümpft er doch augenblicklich seine Nase im stiller Form des Ekels. „Was ist mit dir?“, meine Stimme hat automatisch seine Lautstärke imitiert, versucht seine Sinne somit so wenig, wie möglich zu reizen. Er sagt nichts, doch scheint sein Blick gegen seinen Willen kurzzeitig mehr gesagt zu haben, als er vorhatte preis zu geben. Abrupt wendet er den Blick ab und ich halte abermals schockiert den Atem an. Unwillkürlich werde ich in die Ereignisse von vor ein paar Tagen geschleudert. Sesshoumaru. Er, so dicht vor mir. Seine Augen voller Verlangen, gieren sie nach etwas, was sie nicht haben können. Weil ich ihn abgewiesen habe. Schon wieder. Seine verkrampften Hände erscheinen mir vor meinem inneren Auge. Seine Krallen die sich tief in sein Fleisch bohren und Blut zu Boden sickern lassen. Augen, die Ärger und Qual versuchen hinter eine Mauer weg zu sperren. Und vor allem sehe ich Kizuna. Kizuna, wie sie ihn leiden lässt. Wie sie ihm befiehlt mich endlich zu nehmen, weil er eindeutig die Macht dazu hätte, weil er es einfach so schnell entscheiden könnte. Anders als ich. Ich wäre unter seiner Stärke schutzlos. Bei Kami, es wäre so einfach für ihn. Und dennoch wehrt er sich so sehr gegen Kizunas Verlangen, gegen dieses unendlich starke Band. Es ist eine genauso große Last für Ihn, wie für mich, wenn nicht sogar größer. Kizuna peinigt ihn dafür, entzieht ihm seine Kraft und richtet ihn zu Grunde... Und dennoch leistet er Widerstand. Eine Träne rollt sich meine Wange hinab und holt mich aus meiner flüchtigen Starre. Während ich sie beiseite wische fokussiere ich den Daiyoukai auf ein Neues. Er atmete schwer und sein Körper scheint bei jeder Bewegung zu beben, zittert unter der Anstrengung keine Schwäche zeigen zu dürfen. Wie gern er sich wohl hinlegen würde? Ich vermag es kaum, mit vor zu stellen. Seine Haut glitzert, als sich Schweißtropfen ihre Weg über seine Stirn suchen. Fasziniert verfolge ich ihre Spür, während ich meine Hand zögernd anheben. Meine Unterlippe bebt. Wenn ich das hier jetzt anfange, gibt es kein zurück... Dennoch fahren meine Finger bereits durch sein seidiges Haar, noch ehe ich meine Gedanken zu Ende gedacht hatte. Sein Knurren erhellt abermals den Raum. Diesmal lauter. Ich ignoriere es, genauso, wie die Schwere in meinem Herzen. Stattdessen beuge ich mich vor und stütze meine andere verblieben Hand auf seinem Bein ab. Abrupt wendet er laut grollend seinen Kopf in meine Richtung und verstummt augenblicklich, als er wahrscheinlich überrascht feststellt, dass uns nur wenige Millimeter voneinander trennen. Die anhaltende Unruhe hat sich plötzlich wie in Luft aufgelöst. Stattdessen überkommt uns Beide auf einmal eine tiefe Stille. Wie ein klarer See, einem Spiegel gleich steht die Zeit für einen Augenblick still. Kein Laut ist zu hören... Vorsichtig, schon fast behutsam, wie mit einem Kind drücke ich gegen seine Schulter. Er lässt sich bereitwillig und still beobachtend führen. Ein Daiyoukai gelenkt von einem Menschen. Wann kommt das schon vor? Doch ich schieb die Kuriosität dieser Situation fürs Erste beiseite und beuge mich über ihn, sogleich ich auch eines meiner Beine über ihn schwinge. Mich auf ihn sinken zu lassen traue ich mich jedoch nicht. Soweit bin ich noch nie gegangen. Die Grenzen hierbei sind noch nicht geschrieben. Allein auf sein langsam abklingendes Youki und seine sich beruhigende Atmung liegt nun vollständig meine Konzentration. „Ich brauche dein Mitleid nicht.“ Seine Stimme ist kraftlos, aber ich spüre dennoch die Ernsthaftigkeit dahinter. „Ich weiß.“ Ich will nicht mit ihm über seinen Stolz diskutieren. Wir wissen beide, dass das so nicht weiter gehen kann. Du bist so egoistisch! Bei den Rückblick meines Traum kneife ich zerknirscht die Augen zu dünnen Schlitzen. Mittlerweile ist mir durchaus bewusst, dass Kizuna mir dies im Unterbewusstsein zu geflötet hat. Was mich jedoch wirklich wütend macht, ist dass sie damit Recht behält. Ich bin ein elender Feigling. Und er muss dafür leiden. Auch wenn die so offensichtliche Falle des Bandes nur zu deutlich vor mir aufglüht, mich schon fast mit erfüllter Heimtücke aus zu lachen scheint, bin ich mittlerweile über den Punkt hinaus, an dem mir sein Zustand gleich ist. Bei allen Göttern, das hat er einfach nicht verdient. Kurz schließe ich die Augen und sehe ihn vor mir. Er schütze mich vor der Kälte, er gewährte mir einen schönen Abschied, er gibt mir ein sicheres Zuhause und er ließ mir meinen Freiraum...auf seine Kosten. Und nun liegt er hier vor mir. Trotz seines desolaten Zustandes strahlt er immer noch einen wenig an Stolz und Würde aus. Sein Blick verfällt nicht gänzlich seinem hohen Fieber. Sein Verstand ist klar. Als ich die Augen langsam öffne begegne ich seinem musternden Blick. Das Flackern des Feuers verleiht seinen rot schimmernden Augen etwas mystisches, sogleich wie gefährliches. „Geh.“ „Nein.“ Sein Unmut trifft mich in vorm seiner zu Schlitzen geformten Augen. Ich weiß, er will mich schützen. Schützen vor etwas, dass, wenn es einmal begonnen hat, nicht mehr zu stoppen ist. Doch es gibt kein Zurück. „Du weißt, ich kann nicht.“ Die Zeit ist gekommen… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)