Kizuna II von Salada (Verdammung) ================================================================================ Kapitel 11: Befangen -------------------- Ein fremder Geruch weckt mich aus meinen traumlosen Schlaf. Ich blinzle mehrmals, um die Müdigkeit gänzlich aus meinem Leib zu vertreiben. Die Sonne dringt durch die Papierwände und lässt mich nur erahnen, dass es bereits Mittag sein muss. Ein Umstand, der an Wichtigkeit für mich verloren hat. Hier spielt Zeit keine Rolle. Jeder Tag ist gleich. Doch die vergangene Nacht... Als ich mich rühre bemerke ich erst jetzt die dicke Futon Decke auf meinen nackten Körper. Meine Finger fahren über meinen Hals, hinab zu meinen Brüsten, ehe ich mich von meiner seitlichen Lage auf den Rücken gleiten lasse und die Decke des Zimmers in Gedanken anstarre. Meine Hand liegt entspannt auf meinen Bauch, während ich in mich hinein horche. Ich brauche einen Moment, um mich zu sammeln. Um diesen wilden Scherbenhaufen auf zu sammeln und zu ordnen. Bringen Scherben nun Glück oder Pech? Sesshoumaru ist nicht hier und das ist auch gut so. Ich bin dankbar für die Zeit, die ich erstmal alleine verbringen darf, um das Chaos in meinem Kopf zu sortieren. So werde ich nach dieser Nacht plötzlich in Erinnerungen gezogen, die mir klar machten, wie es überhaupt zu all dem kommen konnte. Wenn ich vor meinen inneren Auge die Szene abspiele, wie sich seine Klaue zum allerersten Mal um mein Handgelenk schloss, kann ich immer noch das tiefe Kribbeln spüren, welches meinen Körper damals schüttelte. Seine weit geöffneten Augen waren ein Anblick gewesen, den ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nie an ihm gesehen hatte. Wie viele Wochen sind wohl seit jenem schicksalhaften Tag vergangen? Fünf oder gar sechs? Ich weiß nicht ob ich stolz sein kann, meinen Widerstand solange gegen Kizuna geführt zu haben, oder aber, ob ich enttäuscht sein sollte letzten Endes doch gescheitert zu sein… Mein Atem wandert tief in meine Lungenflügel, ehe ich ihn lange und gleichmäßig wieder ausstoße. Verdammt, es bringt nichts, sich jetzt darüber den Kopf zu zerbrechen. Jetzt ist es eh zu spät. Viel wichtiger ist es, wie es nun weiter gehen soll. Ich weiß unweigerlich, welche Bedeutung hinter dem Allen auf mich warten wird. Eine Zukunft mit dem Hanyou ist mit dieser Nacht so weit in die Ferne gerückt, wie die Chance, das Geschehene jemals rückgängig machen zu können. Nicht ein einziges Mal ist mir sein Gesicht die letzten Tage vor Augen getreten. Nicht einen einzigen Gedanken habe ich die vergangene Nacht an ihn verschwendet. Ich habe mich vor diesem Tage gefürchtet. Und nun ist er an mir vorbei gezogen, wie längst überfälliges Blatt am Baum, welches zu Boden segelt. Meine Gefühle für den Daiyoukai haben die des Hanyou überschattet, mich vergessen lassen, was ich wirklich wollte. Ein Leben. Mit Inu Yasha. Frustriert balle ich die Hand und presse sie an meine Stirn, versuche die Tränen eisern zu unterdrücken. Es bringt eh nichts... Verdammt, verdammt, verdammt! Du kannst nichts mehr daran ändern. Als ich mich zur Seite wende, mich zusammenrolle, wie zu einem kümmerlichen Knoll, gleichwie ich mich fühle erhasche ich den Geruch mit dem ich eben noch die Augen aufgeschlagen hatte. Ich löse meine Anspannung und schnuppere an den Kissen, welche meinen Kopf geradezu einbetten. Zitternd atme ich die angehaltene Luft aus und kralle meine Nägel in den seidigen Stoff. Der Geruch des Hundedämons lullt mich ein, stimmt mich ruhig und versucht den aufkommenden Frust beiseite zu streichen. Ich weiß Kizuna meint es nur gut und ich weiß, dass es mir jetzt leichter fallen sollte. Doch verdammt, gerade jetzt nur diesen einen Moment gebe ich mich dem Gefühl der tiefen Reue hin. Egal wie sinnlos es auch ist, egal wie aussichtlos. Nur noch einmal, ein letztes Mal möchte ich mir ausmalen, was alles möglich gewesen wäre, wäre diese Nacht nicht eingetreten. Meine Familie, meine Freunde, Inu Yasha. All das hätte eine Zukunft haben können, auch wenn die Chancen dafür noch so gering wären. Doch mit dem hier… das ändert alles. Als mein Herz fast zu zerplatzen droht, löse ich den Druck und lasse den Tränen freien Lauf, während mich plötzlich eine Müdigkeit überkommt, die ich gerade jetzt mit mehr als nur geöffneten Armen empfange… . . . Der große Standspiegel in Sesshoumarus Zimmer ist überwältigend. Doch kann auch er mit all seiner Pracht meine Erscheinung nicht ansehnlicher gestalten. Das Gesicht in dem Spiegel erscheint mir fremd. Auf traurige, sowie seltsame Weise. Ich kann nicht verhindern die gemischten Gefühle in mir nicht zur Schau zu tragen, zugleich ich den Eindruck bekomme, mich durch diese Nacht wesentlich verändert zu haben. Ich fühle mich... erwachsener? Ja, so würde ich es ausdrücken. Ich bin mir nur nicht sicher, ob es auf die positive oder negative Seite fällt. Meine Unschuld als Miko habe ich unweigerlich verloren und auch der Spiegel bestätigt mir, dass nichts von der reinen, frommen Priesterin, die ich eins war übrig ist. Nackt steh ich hier, die Haare wirr, die Nippel aufgerichtet, noch immer geprägt von der letzter Nacht. Hier kann keine Rede von Unschuld mehr sein. Mein damals 15-jähriges Ich würde mich wahrscheinlich entgeistert anblicken. Ein Umstand der mich leicht melancholisch stimmt, aber von nun an nicht zu ändern ist. Ich wandere mit meinen Augen abwärts und widme mich nun dem wohl Unvermeidlichen. Ich habe mir nie viel aus meinen Körper gemacht, doch nach letzter Nacht komm ich nicht umhin, mich mit einigen Frage auseinander zu setzten: Haben meinen Brüste die richtige Größe? Sind meine Beine schmal genug? Bin ich überhaupt schön? Ich kann es nicht richtig beurteilen. Gegenüber Sango weiß ich, dass ich schlanker bin, doch sie hat eine viel betontere Figur, als ich. Das liegt wohl hauptsächlich an ihrem Ganzkörper-Kampfstil. Pfeil und Bogen sind da weniger förderlicher für das Äußere. Doch generell vermag ich daraus jetzt nicht sagen zu können, ob dem Daiyoukai gefällt, was er sieht. Ich habe nie einen weiblichen Dämon nackt gesehen, geschweige denn abschätzen können, welche Figur in Hinblick auf den Hund am angebrachtesten wäre. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, weiß ich ziemlich wenig über den Hund. Hatte er bisher überhaupt Interesse für das anderen Geschlecht gezeigt? Wahrscheinlich nicht, sonst, so wie ich es verstanden habe, wäre Kizuna nie entstanden. Aber, und soviel steht fest, kann ich nach dieser Nacht wenigstens behaupten, dass unsere Körper zusammen passen, fast schon harmonieren. Das kurze Aufflammen an Erinnerung jagt mir einen Schauer über den nackten Rücken. Ja. Ja, es war gut. Es war sogar verdammt gut und ich kann keineswegs mehr behaupten, dass ich es nicht wollte. Verflucht und wie ich es wollte. Ich schlucke schnaubend diese kleine Schwärmerei hinunter und ermahne mich nach Beherrschung. Statt nun meinen kleinen Fantasien weiter Beachtung zu schenken gleitet mein Blick abermals gezielt zum meinem Spiegelbild. Im hellen Licht schimmert meine Haut in einem leichten, sanften Sandton. Doch das Bild wird immer wieder von einzelnen Blessuren gestört. Gerade an Armen und der Hüfte zeichnen sich deutlich hellgelbe und dunkelblaue Flecke von meinem eigentlichen Haut Ton ab. Ganz abgesehen davon, dass der Herr anscheinend ab und an seine Krallen nicht einfahren konnte. Jetzt, wo ich mich deutlicher betrachte, sieht es so aus, als hätte sich eine übergroße Katze an mir ausgetobt. Ach herrje. Stöhnend beuge ich mich hinab, ignoriere dabei meine schmerzenden Glieder und hebe meinen Yukata auf. Gerade als ich beginne mir das satinähnliche Gewand um den Körper zu binden, schiebt sich hinter mir die Tür auf. Ich halte erschrocken in meinem Tun inne und blicke durch den Spiegel hinter mich. Mein Herz beginnt wild zu schlagen und treibt mein Blut eine Spur zu schnell durch meine Venen. Sesshoumaru steht erhaben in Türrahmen. Seine Mimik verrät wie immer nichts, als er mich mustert. Doch alleine dieser Umstand ist mir so neu, dass ich genauso, wie er seine Gestalt betrachte. Es ist, als würden wir uns gegenseitig zum ersten Mal wirklich wahrnehmen, uns wirklich für den anderen interessieren und wir uns untereinander bestätigen, dass trotz dieser völlig verkehrten Umstände alles in Ordnung ist. Ich muss unweigerlich zugeben, dass mir diese neue Ebene, die ich mit ihm erreicht habe, als angenehm empfinde. Es fühlt sich an, als habe er mich etwas mehr auf seine Augenhöhe heran gezogen. Sogleich mir dieser Umstand bewusst geworden ist, empfinde ich Erleichterung, schon fast Freude. Zögernd nehme ich meinen normalen Atemrythmus ein und locker die Schultern. Trotzdem ist mir sein plötzlich mehr als intensiver Blick an mir etwas peinlich. Fahr runter, Kagome, es ist schließlich nicht so, als er wäre er jetzt hin und weg von dir. Ich schnaube, ziehe die Augenbrauen skeptisch zusammen und hoffe, ihm damit eine Reaktion zu entlocken. Er schiebt daraufhin lediglich die Tür hinter sich zu und betrachtet mich weiterhin stumm, ohne seine Mimik zu ändern. Auch Kizuna scheint mir nicht willig zu signalisieren, was in dem Lord vor sich geht. Das ist doch albern. Ich wende den Blick, möglichst ohne mir meinen Frust anmerken zu lassen ab und widme mich meinem Obi. Einen Moment später spüre ich seine Präsents genau hinter mir. Meine Hände beginnen zu kribbeln und ich brauch all meine Konzentration, um ihn zu ignorieren. Bei Kami, das kann doch nicht wahr sein. Werde ich jetzt jedes Mal so nervös, nur weil wir es getan haben? Unerwartet unterbrechen seine Klauen mein wilde Herumgefummelt an meiner Kleidung, wodurch ich unweigerlich zusammen zucke. Ihn Haut an Haut zu spüren ist immer noch ein Umstand, an den ich mich gewöhnen muss. "Äh", entgleitet es mir somit wenig geistreich, doch er greift immer noch ohne ein Wort bisher verloren zu haben, meinen Kragen und streift den Stoff von meiner Schulter. „Hey, das… das kann doch nicht dein Ernst sein…“, beginn ich stotternd und total überfordert mit der Situation. Dieser perverse Hund will doch nicht etwas schon wieder… Doch entgegen all meiner Vorstellungen starrt er nur ausdrucklos durch den Spiegel auf meine deutlichen Blessuren, die nun zum Vorschein treten. Scheinbar direkt umhüllt mich seine leicht schwingende Aura zusammen mit einem deutlich bitteren Geschmack auf meiner Zunge. Ich betrachte ihn einen kurzen Moment, bereue schon fast meine kleinen Ausbruch. Ich hätte nicht gedacht, dass ich ihn einmal so missverstehen würde… „Halb so wild. Es tut nicht weh.“, mummle ich betreten. Ich weiß zu gut, dass er sich nie bei mir entschuldigen würde, doch zeigt er mir dennoch seine Art von Sorge auf eine Weise, die nur ich klar deuten kann. Wir wissen beide, dass er dies nicht zu Schau stellen müsste, dennoch hat er es getan, was die Bedeutung umso großer werden lässt. Als ich spüre, dass sein Missfallen nicht abklingt neige ich lächelnd den Kopf zur Seite, um ihm abermals mein Wohlwollen zu vermitteln. Doch im nächsten Moment wird mir mit dieser Aktion etwas ganz anderes bewusst. Ein Schimmern, hauchzart in einem sanften Lila Ton, nur bei direktem Lichteinfall überhaupt erkennbar. Zögernd hebe ich die Hand und führe sie zu meinem Hals, an der sich dieser kleine Halbmond abzeichnet. Inmitten ich sogar eine leichte Erhebung an dieser Stelle spüre bestätigt sich mir meine anfangs gedachte Halluzination. Ehrfürchtig gleiten meine Nägel über dieses kleine Symbol und ich kann nicht verhindern Sesshoumarus Stirn kurz vergleichsweise dagegen zu betrachten. „Du gehörst jetzt offiziell an meine Seite.“ Ich nicke kommentarlos, doch innerlich korrigiere ich seinen Satz grummelnd, so wie er es wohl eigentlich ausdrücken wollte: Du gehörst jetzt offiziell mir! Er glaubt doch nicht ernsthaft, dass ich seinen dominanten Unterton überhört habe. Als sich die Schiebetür ein weiteres mal ohne Vorwarnung öffnet besinne ich mich wieder und richte meinen Yukata. Zwei Diener mit diversen Speisen betreten das Zimmer und stellen die kleinen Tische mit den Köstlichkeiten vor den Futon. Fragend blicke ich zum Dämon. „Iss.“ So, so. Ich weiß nicht, ob ihm bewusst ist, dass Frühstück im Bett bei Menschen unter die Kategorie Romantik fällt, doch da er weder das Essen selbst gemacht hatte, noch die Speisen persönlich zu mir brachte, fällt diese Tat wohl eher unter die neuen Privilegien, die mir als offizielle Gefährtin nun zustehen. Trotzdem lässt die Vorstellung mich kurz schmunzeln. Der Daiyoukai lässt sich von meiner neuen Gefühlswelle scheinbar nicht stören und lehnt sich gelassen an die Feuerstelle neben den Futon. Die Fackel darin ist gänzlich runtergebrannt und erinnert nur noch mit einem kleinen verkohlten Stück Holz an eine Zeit vor dieser Nacht. Und ich drifte wieder ab… Erst als mein Magen ungeduldig knurrt, setzen sich meine schweren Gliedmaßen in Bewegung. Beim Essen vermeide ich einen Blick auf ihn, weiß ich doch immer noch nicht, wie wir mit der jetzigen Situation eigentlich genau umgehen sollten. Was für eine genauere Bedeutung hat das Ganze wohl für ihn? Ja sicher, durch die Markierung ist für alle jetzt mehr als deutlich, was für eine Position ich in diesem Palast einnehme. Aber abgesehen davon müsste er doch auch etwas fühlen oder? Ja, sicher, es ist an sich nur Sex, auch wenn es für mich mein erstes, richtiges Mal war. Aber… Nein. Ich betrachte den Dämon kurz, während ich etwas von meiner Misosuppe zu mir nehme. Dieser Dämon ist trotz seiner äußerlichen, jungen Erscheinung bereits mehrere hundert Jahre alt. Für ihn ist es sicher keine Besonderheit, nichts Nennenswertes. Die körperliche Hingabe hat letztendlich schlicht und ergreifend nur dieses Band besiegelt. Es spielt für ihn keine andere Rolle. Mit Sicherheit nicht. ------------------------------------------------------------------------------------------------------------ „Gerüchte?“ Der Baum brummt zustimmend, unfähig seinen großen, mächtigen Kopf neigen zu können. „Die Gerüchte halten sich schon viele Jahrhunderte hartnäckig, aber bisher gab es keine Vorkommnisse, welche diese eindeutig belegen oder widerlegen.“ Ich überlege kurz, wiege die Möglichkeiten ab. Es steht außer Frage, dass ich Kagome irgendein unnötiges Risiko aussetzten werde, nur um diese sogenannten Gerüchte zu prüfen. Doch falls es wirklich einen Weg geben sollte, sie von meinem Bruder los zu reißen muss ich es wenigstens versuchen, so weit es geht. „Erzähl mir davon.“ „Nun, viel kann ich dir nicht berichten, meine Wurzeln reichen durch das ganze Land, aber auch ich habe Grenzen. Es scheint mir, als wenn dieses Gerücht von einem Ort stammt, den ich nicht vermag zu bewalden.“ Ich runzle deutlich spürbar die Stirn, verstehe nicht genau, worauf er hinaus will, was das für ein Ort bitte sein soll. „Wie lauten diese Gerüchte?“ Meine Stimme wird lauter. „Es scheint, dass es Wesen gibt, welche Kizuna aufheben können. Deinem Vater habe ich ebenfalls davon berichtet.“, spricht er in einer Ruhe, die ich nie besitzen werde. „Was hat er darauf hin unternommen.“ Ich kann es mir fast denken, doch gleichzeitig hat mich die Neugier, in eine dicke Schlinge gezogen. „Ich habe gehört, dass er es versucht hat.“ Ich weite in tiefer Überraschung die Augen, während sich mein Mund unglaublich öffnet. Was? Das ist nicht das, was ich vermutet habe. „Aber, wie...? Ich meine… verdammt… ich stehe schließlich vor dir.“ „Ja diese Tatsache ist mir bewusst.“, er zieht leicht, fast schon arrogant eine seiner Augenbrauen in die Höhe. Doch seine Verspottung kann er sich schenken. Mein Blut beginnt bereits zu kochen. „Einige Berichte sprechen für die Wirkung, in einigen, wie die deines Vaters dagegen.“ „Verdammt.“ Ich balle die Hände zu Fäusten und verkrampfe meinen Kiefer. Ich habe mit Antworten gerechnet. Mit Ja und Nein. Und verdammt nochmal, ich war auf alles vorbereitet. Egal wie tief die Angst auch war, auf eine Aussage zu stoßen, die mich für immer von der Schwarzhaarigen trennen würde. Doch verdammt, das hier ist tausendmal schlimmer als jede noch so beschissene Eindeutigkeit. Ich spüre schon jetzt, wie mich die Ungewissheit innerlich zerreißt… So ein Dreck! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)