Weihnachtsstress in Azeroth von phean ================================================================================ Kapitel 1: Stille Nacht ----------------------- Fast ohne Luft zu holen knetete Koushiro den Schaumstoffaufsatz seines Headsetmikrofons. „Das kann es doch wirklich nicht sein“, schrie Mimi bereits seit 10 Minuten, „denkst du etwa, weil wir jetzt zusammenwohnen bin ich deine Mutter oder wie?“ Koushiro knetete weiter und mit einem Auge starrte er immer wieder auf seinen Computerbildschirm. Er hatte zwar noch genug Zeit gehabt sich AFK zu melden, doch er sah, dass seine Kameraden ohne ihn aufgeschmissen waren. Wegen ihm – oder eher wegen Mimis Standpauke – würden sie den Kampf verlieren. Aber diese Verabredung für diesen Kampf war bereits seit Tagen gestanden, das hatte er ihr gesagt und sonst musste er immer arbeiten. Zwar arbeitete auch die Brünette, aber bei ihm fiel gerade viel Arbeit an und sie hatten eine Menge Krankheitsfälle, die Frau eines Kollegen hatte eine Totgeburt und es waren zum Jahresende auch einige Kündigungen auf dem Schreibtisch des Chefs gelegen. Sie waren etwas unterbesetzt, hatten für die Projekte allerdings trotzdem ihre Abgabetermine. Kaum Zuhause angekommen war er halbtot ins Bett gefallen und hatte bis zum Klingeln des Weckers geschlafen. Das hieß natürlich auch, dass sie Stress hier hatten. Sie kamen kaum dazu ein Wort zu wechseln, aßen nicht zusammen, hatten schon lange keine Zeit mehr miteinander verbracht und dann saß er auch Zuhause vor dem Computer. Manchmal um auch Zuhause etwas für die Arbeit zu machen, aber dann eben auch einmal für eine halbe Stunde in einer fiktiven Welt. Das Spielen hatte er schon lange vernachlässigt, nein, so durfte er es nicht nennen, Mimi vernachlässigte er, zum Spielen kam er einfach nicht mehr wirklich. Daher war die Standpauke vielleicht auch verständlich und nachvollziehbar. Er ließ sie gerade mit allem allein, aber sonst würde er vielleicht seinen Job verlieren. „Weißt du was“, kam sie zu einem Schlussstrich und schüttelte verständnislos den Kopf, ihr Gesicht war bereits leicht rot vor Zorn angelaufen, „ist mir egal was du machst. Du willst lieber spielen? Dann mach!! Ist mir vollkommen Schnuppe. Feier Weihnachten doch allein … oder gar nicht“, in ihren Augen glänzten Tränen, „ich habe keine Lust, vielleicht … vielleicht“, sie schluchzte und holte tief Luft um nicht in Tränen auszubrechen, „… ich fahr das Wochenende über zu meinen Eltern, ich brauche frische Luft … Dann gibt es eben kein Weihnachten“, keifte sie, drehte sich mit blitzenden Augen um, doch die Träne sah er genau. Die Tür zu seinem Arbeitszimmer knallte hinter ihr zu und er hörte, wie sie ins Schlafzimmer stürmte. Dort riss sie vermutlich ihre rosa Reisetasche für kurze Besuche aus dem Schrank und packte einige ihrer Kleider und Sachen hinein. Dann hörte er auch die Haustür und zuckte kurz zusammen. Seine Hände sanken auf den Schreibtisch. Um ihn herum war es jetzt beängstigend still. Sein Blick schweifte durch den Raum. Durch die Kopfhörer, die noch um seinen Hals hingen, hörte er zwar die Geräusche aus dem Spiel, doch sonst war es still. Sie war weg. ❄ ♫ ♩ ❄ Ohne es wirklich zu merken, verzog sich Koushiros Mund. Seit nun bestimmt zehn Minuten stand er vor dem Kühlschrank und überlegte, was er essen könnte. Allerdings hatte er am Abend zuvor schon das selbe Problem gehabt. Es war nicht das Problem, dass sich nichts darin befand, ihm war einfach der Appetit vergangen. Als hätte Mimi ihn mitgenommen. Seufzend schloss er den Kühlschrank wieder und wandte sich um. Gelangweilt setzte er sich auf das Sofa und schaltete den Fernseher ein, doch auch da zappte er nur lustlos durch die Programme und achtete nicht wirklich auf die Sendungen. Die Fernbedienung warf er achtlos auf den Tisch, auf dem sie gegen ein paar Schachteln stieß. Sie klirrten. Leicht schreckte er hoch und griff interessiert nach der obersten. Als er sie öffnete, glitzerte das Dach eines Hauses in roten Tönen im Licht. Es war aus Ton und von hinten hatte es eine kleine Öffnung für ein Teelicht, Mimi hatte es immer auf die Theke zwischen Küche und Esstisch gestellt und beim Essen angezündet. Er erinnerte sich. Sein Blick ging zurück zu dieser und er betrachtete zum ersten Mal seit Tagen den Raum. Er war etwas dekoriert, doch sie musste die Aktion vor ihrer Standpauke am gestrigen Tag unterbrochen haben, dann war sie einfach hinausgestürmt. Es standen einige Kisten im Wohnzimmer, fiel ihm bei einem Blick in die andere Richtung auf. Es war kahl im Raum. Leer. Still. Das Leben hier fehlte. Mimi fehlte. Wieder erhob er sich und packte dabei das Häuschen ganz aus, das stellte er an seinen Platz auf der Theke. Sie waren in diese Wohnung erst nach dem letzten Weihnachten eingezogen, doch für die kalten Wintertage hatte Mimi das Dekostück gekauft gehabt. Das hier sollte ihr erstes Weihnachten in der gemeinsamen Wohnung sein, dafür hatten sie sich auch nichts vorgenommen. Im letzten Jahr waren sie zwar im Umzugsstress gewesen, doch sie waren trotzdem auf den Platz gegangen um den Weihnachtsbaum anzuschauen. Zuvor hatten sie gemeinsam in einem Restaurant gegessen und um sich hinterher von dem kalten Wetter aufzuwärmen, waren sie in ein nahegelegenes Café gegangen. Von dort aus hatten sie immer noch das Lichtermeer der Beleuchtung gesehen. Es war schön gewesen. Weihnachten gehörte den Paaren, weswegen zwar viele unterwegs waren, doch zum Glück hatte sie ihn oft genug daran erinnert sich früh genug um alles zu kümmern, weshalb es so gut gegangen war. Dieses Jahr hatte sie ihm keine Vorschriften gemacht, nicht gesagt, was er machen sollte. Wegen seiner Arbeit hatte sie den Baum geholt oder holen lassen und auch ohne zu meckern Plätzchen gebacken. Sie hatte noch einen Kuchen vorbereiten wollen, doch ob es den noch geben wird? Er liebte ihre gebackenen Köstlichkeiten. Zu Weihnachten hatte er immer Törtchen mit Erdbeeren bekommen, nun sollte es eine richtige Torte sein. Tief in Gedanken versunken hatten ihn seine Füße zu dem Fach mit den Teelichtern geführt und das Häuschen bestückt. Er entzündete die Kerze und ein wenig winterlich beleuchtete es den Raum. Durch die Sonnenstrahlen fiel es aber nicht sehr auf. Doch der Tag hatte noch Schnee verkündet. Auch auf dem Dach waren Spuren von Schnee, der ebenso wie das Dach funkelte. Sein Blick ging zurück zu der restlichen Deko. Auch wenn er müde war, aber arbeiten hätte sollen, damit der Stapel endlich weniger wurde, begann er langsam die Wohnung mit Dekoration zu bestücken. So wie es sich Mimi vorgestellt hatte und wie sie es ihm vor dem ganzen Stress erzählt hatte. Mit ihrem typischen Leuchten in den Augen. Den Baum holte er aus dem Keller, wo sie ihn vorübergehend deponiert hatte und stellte ihn in die frei geräumte Ecke des Raumes. Mit höchster Genauigkeit begann er diesen zu schmücken. Erst am Abend hatte er alles dekoriert, dann war er zu müde um sich Essen zu machen und fiel wieder einmal fast tot ins Bett. ❄ ♫ ♩ ❄ Kein Hunger. Keine Bedürfnisse. Nichts. Koushiro war wie leer gefegt. Keine Lust zu spielen und keine Lust hinaus zu gehen. Ein Blick aus dem Fenster versicherte ihm, dass er nicht hinaus gehen würde. Es stürmte. Schneite. Sein Blick ging durch den leeren und vor allem unordentlichen Raum. Die leeren Kisten der Dekoration standen im Raum. Seufzend machte er sich daran diese zusammen zu räumen und platzsparend ineinander zu stecken. Nacheinander trug er sie in den Keller und beschloss zu putzen. Er hatte keinen Nerv zu arbeiten, das würde nichts bringen, die Arbeit würde nicht weniger werden. Als es geschafft war und alles vor Sauberkeit glänzte und die schmutzige Wäsche in der Waschmaschine war, wollte er diese Leere, die er verspürte füllen. So stand er in der Küche und versuchte einen einfachen Schokoladenkuchen zu backen. Mimi hatte ihm das Rezept gezeigt und gesagt, dass selbst er das backen könne, auch ohne jegliche Fähigkeiten. Alles von ihm würde besser schmecken als das von Taichi. An diesem Tag hatten sie herzhaft gelacht. Der Teig war auch gar nicht schwer, so war der Kuchen bereits nach wenigen Minuten im Ofen und als der Wekcer klingelte, stellte er ihn auf einen Rost zum abkühlen. Koushiro stellte die Beleuchtung des Baumes an und setzte sich auf die Couch. Ohne Mimi war diese Wohnung wirklich leer. Sein Blick ging zu dem leuchtenden Glanzstück. Das andere Licht war erloschen. Unter ihm lagen seine Geschenke, die er trotz allem Stress für sie geholt hatte. Es war alles mögliche was sie teilweise auch unter dem Jahr gesagt hatte, was schön wäre. Ein Foto mit Rahmen von ihrem Ausflug in die Berge. Ein Schal ihrer Lieblingsdesignerin. Einige andere Kleinigkeiten zum Backen oder Schmücken. Dann hatte er ihr noch eine Kette geholt, mit passendem Ring. Er hatte sich trotz allem Mühe gegeben. Doch nun wurde er langsam wieder müde. Es machte sich bemerkbar, dass er lange Zeit nichts gegessen und zuvor nicht richtig gegessen hatte. Langsam sank er auf das Sofa und schlief ein. Der Geruch nach frisch gekochten Curry ließ ihn langsam zucken. Seine Nase sog den Geruch tief ein und seine Augen zuckten. Er hörte Geräusche aus der Küche und ein leises Summen. Träumte er noch? Doch dann vernahm er ein sehr nahes Geräusch und schaffte es seine Augen zu öffnen. Mimi kniete auf der anderen Seite des Couchtisches. Sie hatte ein Tablett vor sich abgestellt und platzierte auf Unterlagen zwei Teller, Besteck und Tassen. Es dampfte und langsam setzte er sich auf. Eine Decke lag auf ihm. Verwundert starrte er diese an, dann Mimi. „Mimi … es …“ „Ich weiß“, lächelte sie, „entschuldige, ich hätte nicht so ausrasten sollen“, sprach sie leise und schenkte ihm sein liebstes Lächeln. Er erwiderte es und erhob sich vorsichtig, jedoch wankte er und fiel zurück. „Pass auf“, rief sie und kam um den Tisch herum, sie setzte sich auf dem Sofa neben ihn. „Du hast nichts gegessen“, hatte sie richtig festgestellt, sie wusste immer, wie viel sie im Kühlschrank und überall hatten. „Iss erst einmal, dann reden wir … darüber, dass du die Lichterkette zwei Zweige zu weit oben hängen hast“, gab sie erst ernst von sich, dann lachte sie. Doch da unterbrach er ihr fröhliches Lachen mit seinen Lippen, seine rechte Hand vergrub sich in ihren Haaren und packte sie am Nacken. Sanft bewegte er sie gegen ihr und löste sich nur wenige Millimeter, „ich habe dich vermisst. Ohne dich ist es so leer und still.“ Hosted by Animexx e.V. 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