Hundstage von Hotepneith (Kein Hund wie jeder andere) ================================================================================ Kapitel 25: Bokuseno -------------------- Dann wurde der Lauf langsamer, als suche der Daiyoukai etwas, ehe er anhielt und sich wieder niederlegte. Izayoi vermutete, dass sie absteigen sollte, und glitt etwas mühsam herunter, bestrebt, nicht an die Höhe zu denken. Warum nur war sie nicht überrascht, als sich eine Pfote hob und sie absicherte? Sie blieb neben dem Riesenhund stehen und verneigte sich höflich. „Ich danke Ihnen sehr für diese traumhaften Minuten.“ Warum nur wünschte er sich, das würde sie in ganz anderem Zusammenhang einmal sagen? Aber er ließ sein Youki aufflammen und stand zwei Sekunden später als der nur scheinbar menschliche Dämonenfürst vor ihr. „Ab hier sollten wir wieder gehen. Der Wald wird dichter.“   Er hatte recht, dachte sie nur, als sie abseits des Flusses dessen Hang emporstiegen. Uralte Bäume befanden sich hier, das Unterholz war so dicht, dass sie seitwärts nichts entdecken konnte. Nun ja, zum einen würde da wohl auch, wie bislang, nichts sein, zum anderen war das eine sicher wunderbare Welt für einen steinalten Baumgeist. Wie der wohl aussehen würde? „Bleiben Sie hinter mir,“ sagte er nur. Ein weiser Rat, dachte sie, als sie erkannte, dass dort, wo er ging, sich für sie ein Pfad öffnete. Wie machte er das nur? Youki? Oder, aber das war kaum zu glauben, wich der Wald vor ihm? Oder, war da gar kein richtiger Wald? Sie hatte einmal von Bannkreisen gehört. Schützte sich dieser sicher uralte Wald mit seinen Baumgeistern vor Unbefugten? Oder alles zusammen?   Auf einer kleinen Lichtung blieb der Taishou stehen. „Bokuseno. Ich möchte dir meine neue Gemahlin Izayoi vorstellen.“ Sie trat neben ihn. Er betrachtete einen Magnolienbaum, riesig und bestimmt uralt. Würde der sich jetzt auch verwandeln? Etwas geschah doch dort? Dann erkannte sie, wie sich mitten im Stamm ein Gesicht bildete, anscheinend faltig, aber ganz sicher aus Holz. Um ein Haar hätte sie ängstlich nach der Klaue des Daiyoukai gegriffen, stoppte sich gerade noch. Sie verneigte sich eilig, wie es einem alten, oh, bestimmt sehr alten, Freund ihres Mannes zukam. Es war eine noch tiefere Stimme als die ihres Gemahls, als sich das, was wohl ein Mund sein sollte, bewegte. „Dann sage ich willkommen, Izayoi, was für ein reizender Besuch. Eine überraschende Heirat, nun, das sagen wohl so einige. Ehen zwischen Arten sind nicht sehr häufig.“ Sie warf hastig einen Blick zu dem Taishou, aber der musterte den Baum nur ungerührt. So meinte sie zögernd. „Ja, aber es werden wohl immer mehr. Die Verträge gibt es ja auch erst seit siebzig Jahren.“ War das richtig gewesen? „Hat Sie unser Hundefreund sehr hierher gejagt?“ „Oh, nein, es ging.“ Von dem Ritt durfte sie sicher nichts erwähnen. Trotzdem schien der Baumgeist erheitert. Und wie er den Daiyoukai ansprach, das hatte auch noch keiner gewagt: unser Hundefreund. „Nun, ich habe wenig Ahnung von Menschen, aber sie benötigen immer mehr als unsereins. - Sehen Sie dort rechts, zwischen meinen Freunden, den anderen Magnolien, den großen Felsen? Dort befindet sich eine Höhlung, wo Sie etwas geschützt vor dem Wind und der Kälte sitzen können, essen, trinken, was auch immer man so tut, als Zweibeiner, bis Sie sich etwas erholt haben. Danach dürfen Sie mich gern etwas fragen.“ Wieder sah sie lieber fragend zu ihrem Ehemann, der sie ebenfalls anblickte. „Tatsächlich eine gute Idee,“ meinte er. „Ich hätte selbst darauf kommen können. Sie sind dort sicher, meine Liebe. Niemand kommt in diesen Teil des Waldes, ohne dass es die Bäume und die Sträucher erfahren. Danach kommen Sie wieder her und erzählen Bokuseno, was für ein grauenhafter Ehemann ich bin.“ Sie sollte nicht das Gefühl bekommen, dass er sie wegschicke. Sie musste fast lachen. „Ich fürchte, da gibt es wenig zu erzählen ...“ Aber sie ging. Der Baumgeist sah den Taishou an. „Hübsch und klug und diskret. Du musst das Paradies gefunden haben, alter Freund.“ „Leider nicht.“ „Ah, deswegen diese Vorstellung? Du hast ein Problem? Weil sie ein Mensch ist?“ „Sie ist noch Jungfrau.“ Bokuseno sah ihn lange an, ehe er meinte: „Wenn das ein Fürst, noch dazu ein Fürst der Youkai, so zugibt, könnte er, aber er will nicht. Alles andere würde seine Herrschaft gefährden. - Warum willst du nicht?“ Der Taishou vergewisserte sich mit einem tiefen Atemzug, dass sie weit genug weg war, um nicht zuhören zu können. „Sie will nicht.“ „Früher hätte dich das nicht gestört.“ „Früher. - Ihr Vater hat mich zur Heirat mit ihr erpresst, um Sesshoumaru zu retten, aber auch sie gezwungen. Sie hatte am ersten Tag und in der ersten Nacht solche Angst vor einem Youkai, dass sie vollkommen panisch wurde. Ich habe jetzt Wochen gebraucht, dass sie mir auch nur vertraut.“ „Hast du versucht, sie zu küssen?“ Bokuseno bemerkte das Zögern und lächelte. „Also, ja. Und sie ...“ „Sie wandte den Kopf. Immerhin ließ sie zu, dass ich, als ihr Vater starb, den Arm um sie legte und sie weinte an mir. Da dachte ich ...“ „Ach du je.“ Der Magnolienbaum schüttelte amüsiert seine Blätter und ignorierte das jähe, zornige, Aufflirren des Youki vor sich. „Taishou, du kamst her um einen Rat, also höre ihn dir auch an. - Sie sieht zu dir, wenn sie unsicher ist, und als ich erschien, wollte sie nach deiner Hand greifen. Das zeigt niemand, der Angst vor dem Anderen hat. Nun, nicht als Mensch und Youkai. Hat sie dich nie berührt? Sei ehrlich.“ „Du meinst, freiwillig.“ Dass er sie trug, da sie Schmerzen hatte, das konnte er sicher nicht zählen. „Sie hat auf unserem letzten Ausflug auf meinen Fellteilen geschlafen. Gestern im Auto legte sie ihre Hand auf meine und ließ mich unsere Finger verschränken. Sie kommt näher, ja.“ „Heute?“ „Sie fiel und ich fing sie auf. Ich wollte … Es war schwer sich zusammenzunehmen, als sie mich wegschob.“ „Kann es sein, dass du sie so fest an dich gedrückt hast, dass sie schlicht nicht ersticken wollte? Menschliche Körper sind deutlich schwächer.“ Sein alter, manchmal so weiser, Freund klang dermaßen erheitert, dass ihn der Taishou fast misstrauisch anstarrte. Viele Youkai kamen seit Jahrhunderten her um sich Rat zu holen, darum wusste der Baum auch so viel von Dingen jenseits des Waldes. „Hat sie dich noch einmal freiwillig berührt?“ erkundigte sich Bokuseno gelassen. „Vorhin, als ich mich verwandelt hatte. Das verstehe ich noch weniger. Sie stand da, auf meiner Pfote, kraulte mein Ohr ...“ „Was beweist, dass die junge Dame Hundekenntnis hat. - So so, sie kraulte dein Ohr. Meines Wissens befand sie sich da ziemlich nahe an einem glühend roten Auge und gewaltigen Zähnen. Das geht also. Ach, Taishou. Ich sollte Izayoi eine weiße Leine kaufen lassen. Das tragen doch Blindenhunde bei Menschen. Für sie, damit sie dich führen kann!“ „Bokuseno, wenn du nicht willst, dass ich dich samt den Wurzeln rausreisse ...“ Das war nur mehr ein Knurren, unterstrichen von dem Aufflackern einer außerordentlichen Energie. Der Baumgeist wusste, wann er zu weit ging. „Schön, dann einmal für liebenswerte Narren von Daiyoukai. Du hast dich in dieses Mädchen verliebt, du begehrst sie, aber respektierst ihr Nein. So weit, so gut. Sie umgedreht, hat sich in dich verliebt, ist sich aber unsicher, was da auf sie wartet. Immerhin bist du nun mal kein Mann ihrer Art, da wäre sie aufgeregt, aber ohne Angst, denke ich. Was also hindert dich daran ihr diese Angst zu nehmen, indem du der Abwechslung halber mal NICHT Befehle erteilst, sondern machen lässt? Sie kann gehen, soweit sie will und sich traut. Fertig.“ Der Daiyoukai starrte ihn an, erst verblüfft, dann verstehend. „Du meinst, damit sie – und ich – sehen können, ob sie den Youkai oder nur den Mann fürchtet? - Du glaubst, sie mag mich?“ Da brauchte wohl jemand drei Blindenhunde. „Kennst du sehr viele Frauen, die sich dir auch nur nähern, wenn du in deiner normalen Gestalt bist? Gemahlin Nummer eins und dein Sohn zählen nicht, die sind nicht viel kleiner, aber schon bei normalen Inuyoukai wage ich das zu bezweifeln. Und wie viele Menschen klettern dann auch noch auf dir rum?“ Der Herr der Hunde ignorierte die Tatsache, dass sein Sohn soeben unter Frauen eingereiht worden war. „Du meinst also, ich solle sie machen lassen, soweit und solange sie will? Kaum, alter Freund. Auch ich bin nur ein Mann und habe gewisse Grenzen der Selbstkontrolle.“ „Warte doch einfach ab was geschieht, wenn du für kurze Zeit einmal die Herrschaft aufgibst.“ „Ich werde darüber nachdenken.“ Der Taishou wandte den Kopf, aber sie schien noch zu essen, wie ihm der Wind zutrug. „Was mich noch interessieren würde – was ist mit ihrem Vater?“ Das hatte er doch erwähnt? Oh. „Er ist tot. Und ehe du fragst: nein, ich war es nicht. Eher ein Unfall. Ich wollte ihn in den Ruin treiben. Mehr nicht. - Sie kommt.“ Zumindest war sie aufgestanden.   Tatsächlich kam Izayoi keine zwei Minuten später wieder zu den beiden. Sie hatte ihre Pause dazu benutzt über ihre Frage nachzudenken. Der alte Baumgeist meinte nur: „Nun, was möchten Sie wissen, Menschenkind?“ „Wie klein, ich meine … Inuyoukai, wenn sie geboren werden – wie groß sind sie als Welpen?“ Bokuseno warf einen Blick zu dem Inu no Taishou, erwiderte jedoch: „Sie wären vermutlich überrascht, wie klein sie sind. Und zunächst sind sie nur in ihrer Hundeform. Erst später, wenn sie ihr Youki unter Kontrolle bekommen, können sie sich nach Belieben verwandeln. Das dauert. Die Größe, nun, Taishou, zeige es ihr. Ich habe keine Hände.“ „Ungefähr ein Meter,“ erwiderte der Daiyoukai prompt. „Einen besonderen Grund für diese Frage, meine Liebe?“ Sie schien sich nicht vor seiner Größe erschreckt zu haben. Immerhin. „Sie sind so groß,“ murmelte sie. „Es hat mich eben interessiert.“ Bokuseno suchte für zwei Sekunden Deckung hinter seiner Rinde um sein Lachen zu verbergen. Ach ja. Seiner Meinung nach hatte sie das wissen wollen, weil sie an die Möglichkeit eines Hanyou dachte und an ihren eigenen Körper. Aber davon sollte der Taishou nichts wissen. Das konnte noch amüsant werden mit diesen Beiden. Für ihn. Er tauchte wieder auf. „Soweit ich weiß, passen sich Kinder und die mütterlichen Körper immer aneinander an. Deswegen sind zum Beispiel Hanyou ja auch nie halb Vater halb Mutter, sondern stets ähnlicher der Mutter. - Ich kann mir vorstellen, dass Sie recht erschrocken sind, als Sie bemerkten, wie unser werter Taishou in seiner Hundegestalt aussieht.“ „Etwas,“ gab sie zu. „Mein Gemahl sagte ja, er sei recht groß, aber ich konnte mir nicht vorstellen wie groß. Aber er hat so nette ...“ Sie brach lieber ab. „Ohren,“ ergänzte der Herr der Hunde halb fragend, halb amüsiert. „Das hat zu mir immerhin noch niemand gesagt.“ Bokuseno unterdrückte seine Frage, ob er da jemals jemandem zugehört hätte. Ein Jahrtausend Kampf und Krieg hatten das Dominanzverhalten des Inu no Taishou geprägt. Er hatte nie schwach sein dürfen – Schwäche hätte umgehend seinen Untergang bedeutet. Vielleicht würde sein alter Freund ausgerechnet bei einer Menschenfrau Geduld und Ergebenheit lernen. Izayoi war rot geworden, aber die beiden Youkai schienen es vollkommen normal zu finden, dass sie über beide Gestalten redeten. Manchmal waren womöglich auch die menschlichen Ansichten viel zu kompliziert. Aber Menschen konnten sich eben nicht verwandeln. Sie schielte seitwärts. Nun ja, in dieser menschlichen Form sahen seine Ohren nicht so weich und flauschig aus. Ob er sie auch so vorklappen konnte, wie in der Hundeform, wenn sie ihn da kraulte? Du liebe Güte, wohin verirrten sich ihre Gedanken? Das würde er doch sicher nicht wollen. Sie war nur ein schwacher Mensch und er ein Fürst der Youkai. Obwohl, wenn sie daran dachte, wie er die Augen geschlossen hatte, als sie ihn in seiner Hundegestalt gekrault hatte … Das war doch ER auch gewesen.   Bokuseno hatte ihren Seitenblick gesehen, wenngleich nicht deuten können. So lenkte er lieber ab. „Als ich den Taishou kennenlernte, war er auch noch nicht so groß. Und ich nicht so runzelig. Es ist schon lange her. Ziemlich lange.“ „Ich war ungefähr so alt wie Sesshoumaru jetzt,“ ergänzte der Daiyoukai. „Und ich war auf der Suche. Das machte man damals so. Magie, Kraft, das lernt man durch Erfahrung. Heute sind die Zeiten friedlicher geworden und ich kann meinen Sohn selbst anlernen, aber damals musste sich jeder seinen eigenen Weg suchen.“ Izayoi lächelte etwas. „Ich bin froh, dass es friedlichere Zeiten sind. Nicht zuletzt dank Ihnen und den Verträgen.“ Nein, sie sollte besser nicht nachfragen, wie lange das schon her war. Sie sollte ihn einfach so alt sehen, wie er aussah. Und zufrieden sein mit dem, was sie bekam. „Ja, das sicher,“ meinte Bokuseno. „Ich werde Ihnen, falls Sie das interessiert, natürlich, ein wenig von den Arten der Youkai erzählen.“ „Ja, gern. Ich weiß, es gibt Kitsune, die Füchse, der Chauffeur und die Heilerin sind Katzenartige ...“ „Baumgeister, Flohgeister, Kappa ...“   Als das Paar den Magnolienbaum verließ, meinte der Taishou: „Brummt Ihnen der Kopf? Wenn Bokuseno erst einmal ins Reden kommt, ist er schwer zu stoppen. Aber er ist ein guter Lehrer.“ „Es war sehr interessant.“ Izayoi folgte ihm hinunter zu dem Flusstal. „Wie lange brauchen wir zurück in das Schloss?“ Hierher war sie ja geritten. „Ich würde Ihnen einen Vorschlag machen. - Ich trage Sie bis zum See. Von dort aus sind es noch gut zwei Stunden.“ Da er bemerkte, dass sie zurückweichen wollte: „Oh, nein, nicht in meiner Hundeform. So.“ Sie schien von seiner wahren Gestalt wirklich nicht abgeschreckt, zögerte jedoch sich ihm so anzuvertrauen. Erstaunlich. „Ja, natürlich, wie Sie wollen.“ Es wäre wohl reichlich undankbar ihm auch noch vorzuschreiben, wie er sie zu tragen habe. Überdies hatte er das ja schon getan, als sie so erschöpft gewesen war, bei ihrem ersten Ausflug, Und, erkannte er dann an ihrer Antwort, er hatte ihr schon wieder befohlen. Das war eben seine zweite Natur. Womöglich hatte Bokuseno Recht und er sollte ihr zeigen, dass sie sich sicher fühlen konnte. „Wollen Sie lieber laufen?“ Sie sah ihn erstaunt an, meinte dann jedoch ehrlich: „Ich glaube, dass wir dann erst in der Nacht zum Schloss zurückkommen. Ich weiß nicht, wie lange ich auf Ihnen reiten durfte, aber es ist gewiss eine Stunde Wegs so für mich.“ Sie trat zu ihm. „Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich nur gern den Arm um Ihren Hals legen. So ist es für mich bequemer.“ Ihre langen Haare besaßen doch ein ziemliches Gewicht und zogen sie sonst nach hinten und unten. „Wenn es nach mir gehen würde, dürften Sie beide Arme um meinen Hals legen.“ Er sah, dass sie rot wurde. Ehrlichkeit schien auch nicht immer gut anzukommen. Besser nicht reden, sondern machen, dachte er und hob sie hoch. Sofort spürte er, wie sie den linken Arm um seinen Nacken schlang, und suchte ihren Blick. „Geht es so?“ „Sie haben die Last.“ „Ob Sie es glauben oder nicht, Izayoi: Sie sind keine Last für mich.“ „Ja, natürlich, Sie sind ein Daiyoukai.“ Das hatte er allerdings nicht gemeint. Aber er ging lieber, wurde rasch schneller.   Erst am Ufer des Sees setzte er sie ab. „Ich vermute, Sie möchten jetzt lieber selbst gehen.“ Nun ja, dachte sie. Es war so weich, so warm, so sicher in seinen Armen. Aber er dachte anscheinend es würde sie belästigen. Er nahm immer Rücksicht auf sie. Wie hatte er zuvor gemeint, sie könne auch gern beide Arme um seinen Hals legen? Er hatte es sichtlich genossen, als sie sein Ohr gekrault hatte – nun ja, in der Hundeform. Aber, war das unter Umständen wirklich das Gleiche für ihn? Er wechselte ja auch zwischen Geschäftsmann und Youkaifürst, vermutlich war das zwischen Hund und Mann genauso. Äußere Erscheinungsbilder, aber innen die gleiche Person. Nur sie stellte sich so aberwitzig an. Sie sah etwas zögernd zu ihm auf. „Danke für den Transport. Ich muss in Ihren Augen wirklich schwach und langsam sein. - Darf ich mich dennoch bei Ihnen bedanken?“ Sie meinte das nicht wörtlich, erkannte er, als er ihre Unsicherheit bemerkte. „Tun Sie, was Sie wollen,“ sagte er jedoch. Bokusenos Rat hatte ihm schon öfter geholfen. Im nächsten Moment wäre er um ein Haar zusammengezuckt, dämonische Selbstbeherrschung hin und her. Sie schloss die Augen, während sie gleichzeitig beide Arme um seinen Hals legte, zwischen Haori und Zopf durchschlüpfte, und dann begann ihn hinter den Ohren zu streicheln. Hölle! Wusste sie überhaupt, was sie ihm da antat? Er kämpfte gegen sein Bedürfnis an sie in die Arme zu reißen, zu küssen, zu … „Wenn Sie möchten, Taishou, küssen Sie mich.“ Sie hielt die Augen geschlossen, wartete etwas angespannt. Sie kannte das nur aus Filmen im Fernsehen, aber da hatte ihr es nie gefallen, wenn die Schauspieler den Mund so aufrissen. Bokuseno hatte Recht! Und er durfte das jetzt nicht zerstören. Er musste behutsam bleiben. Aber wie sollte er da widerstehen? So neigte er den Kopf. Nur einen Zentimeter von ihren Lippen entfernt murmelte er: „Wie Sie wünschen. Die Fürstengemahlin bekommt diesbezüglich von ihrem Fürsten was immer sie will.“   Naraku hatte Ryuukossusei im Billionaire gesucht. „Ich denke, wir sollten uns ein wenig unterhalten, werter Herr aller Drachen.“ Der Drache musterte ihn. Selbst in Menschengestalt besaß er ein zweites Gesicht auf der Stirn, das eindeutig seine Abstammung verriet – und den Hanyou ebenfalls musterte. „Brauchen Sie Geld? Ich hörte, der Taishou verlangt Darlehen zurück?“ „Ihr Spionagesystem ist sicher ebenso gut wie das des Herrn der Hunde, wenn nicht besser.“ Naraku blieb freundlich. „Aber ich habe Informationen für Sie, die Sie womöglich interessieren würden, was unseren gemeinsamen Freund betrifft.“ Ryuukossusei zögerte kurz, ehe er etwas lauter meinte: „Wir gehen in den Salon dort. Solche Spiele spielt man nur zu zweit, Naraku.“ „Wie Sie wollen.“ Ja, der Drache hatte recht. Diese Separees dienten für vertrauliche Unterhaltungen, aber auch zum Spiel um hohe Summen – illegal, natürlich. Als sich die Beiden an einem kleinen Tisch gegenübersaßen, nachdem sie sorgfältig alle Türen geschlossen haben, fragte Ryuukossusei: „Soll ich Ihnen das Geld leihen?“ „Nein, danke. Ich werde meinen wahrlich teuren Schwager auszahlen, sobald das Testament eröffnet ist. Ich bin durchaus liquide.“ Sofern die Unfallversicherung zahlte. „Ich hatte nur eine … vage Idee. Sie sähen den Taishou doch gern gedemütigt?“ „Ich sähe ihn gern tot.“ „Möglich. Aber ihn am Boden zu sehen wäre auch nett?“ „Ich höre.“ Ryuukossusei richtete sich etwas auf. „Da Sie mit mir darüber reden wollen, denke ich, dass Sie es nicht ohne meine Hilfe tun können.“ „Plan A, sehr wohl. Aber ich gehe davon aus, dass es nicht ganz ohne Grund war, dass der Kerl so weit gekommen ist. Einen Plan B zu haben, schadet nie.“ „Verstehe ich recht. Wenn Ihr erster Plan funktioniert ...“ „Ist der Taishou blamiert und verliert das Gesicht vor allen Youkai. Kurz darauf kommt es zu Aufständen, nun, Sie wissen es. Geht dieser Plan schief, was durchaus möglich ist, der Hund ist kein Narr, kämen Sie ins Spiel. Genauer, Ihr Bruder.“ „Sie überraschen mich. Wir sind zerstritten.“ „Werter Ryuukossusei. Sie haben Ihren Bruder auf Vulkaninseln verbannt. Er könnte doch, rein theoretisch, begeistert sein da wieder weg zu kommen und sich Ihre Gunst wieder zu erwerben?“ „Sie haben noch ein Wort um mich zu überzeugen.“ „Izayoi.“ Der Drache setzte sich aufrecht hin.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)