Hundstage von Hotepneith (Kein Hund wie jeder andere) ================================================================================ Kapitel 29: Testamentseröffnung ------------------------------- Izayoi war verliebt und sie wusste es. Sie genoss jede Minute, die der Inu no Taishou mit ihr verbrachte, gleich, ob sie im Garten spazieren gingen, sich unterhielten oder sie mehr über Youkai oder auch andere, sehr amüsante, Dinge lernte. Und sie hatte das Gefühl, dass sie wieder geliebt wurde. Inzwischen hatte sie gelernt in der oft so regungslosen Miene ihres Ehemanns zu lesen, sie kannte die Stellen, an denen er es liebte berührt zu werden, kannte den Moment, wenn seine Augen rot wurden. Und sie war immer noch angetan, dass er, obwohl er versuchte sie behutsam an neue Liebesspiele heranzuführen, ihr eindeutig die Kontrolle im Bett überließ. Auf ihre doch relativ vorsichtige Nachfrage hatte er nur gemeint, hier dürfe er mal schwach sein. Und sie hatte die Schattenseite seines Lebens als Youkaifürst erkannt. Sie wollte ihm helfen, so gut sie es vermochte, und sie war sich seltsamerweise sicher, dass er das mehr als alles andere zu schätzen wusste. Allerdings war sie heilfroh, dass sie nicht allein zu der Testamentseröffnung musste. Nun ja, sie wäre auch schon vor einer Woche oder zwei erleichtert gewesen, wäre er dabei, sie hätte sich sicherer gefühlt, aber so war das noch einmal etwas anderes.   Als das Ehepaar die Kanzlei der Kobayashis betrat, wurden sie in ein großes Zimmer geleitet, wo sich bereits Naraku aufhielt. Dieser war etwas überrascht, den Taishou zu sehen, grüßte ihn jedoch höflich. „Guten Tag, verehrter Schwager. Schwesterchen, wie geht es dir?“ Den besitzergreifenden Inuyoukai konnte er getrost ignorieren, der musste hier draußen brav auf Frauchen warten. Die Anwälte hatten ihm noch einmal bestätigt, dass nur er und Izayoi – und gegebenenfalls deren Rechtsanwalt – bei der Verlesung dabei sein durften. Und sie war ohne Rechtsberater gekommen. Natürlich sollten die Kobayashis neutral sein, aber er zweifelte nicht, dass sie weiterhin die Anwälte der Gumo-Bank bleiben wollten. „Danke, ganz gut.“ Izayoi war doch etwas aufgeregt, da sie nie zuvor an einer Testamentseröffnung teilgenommen hatte. Ihre Mutter hatte keines hinterlassen, das war alles im Ehevertrag geregelt gewesen. „Hast du noch immer viel zu tun?“ „Ja, sehr. Es ist ein ziemliches Wirrwarr gleich mit drei Firmen. Ich hoffe, ich bekomme ab morgen etwas mehr freie Hand. Setzt euch doch, ich denke, es dauert noch einen Moment.“ „Ja, danke. Sag mal, hieß nicht auch dieser Polizist Kobayashi, der bei dir war?“ Sie dachte mit? Sein dummes Schwesterchen ohne eigene Meinung? Aber Naraku runzelte die Stirn. „Ja, stimmt. Aber das ist ein sehr häufiger Nachname. Das muss nichts besagen.“ Die Tür wurde geöffnet und ein älterer Mann im Geschäftsanzug kam herein. „Oh, die Herrschaften. Ich bin Hiro Kobayashi, gemeinsam mit meinen Brüdern bilde ich die Kanzlei. - Wenn ich Sie, Gumo-san und Sie, Izayoi-sama bitten dürfte?“ Er blickte überrascht zu dem Daiyoukai, der sich ebenfalls erhob. „Äh, Verzeihung … werter Taishou ...“ Wie sagte man einem Regierungsmitglied und Dämonenfürsten, dass er nicht mit durfte? Dessen Antwort klang eisig und zugleich sachlich. Youkai, dachten die Menschen im Raum nur. „Da Sie es offenbar vergessen haben, Herr Anwalt: als meine Ehefrau untersteht Izayoi Youkairecht. Und nach eben diesem bin ich ihr Vormund. Sie kann ohne mich keine juristische Handlung vornehmen.“ Hiro Kobayashi verneigte sich eilig. „In der Tat, edler Taishou, das hatte ich vergessen. Bitte verzeihen Sie meiner Wenigkeit.“ Auch das noch, dachte Naraku. Damit war erst einmal auch sein schöner Plan hinfällig, Izayoi zu irgendetwas Nützlichem zu überreden, falls Vater ihn nicht als Alleinerben eingesetzt hatte, wie er eigentlich hoffte. Das einzig Positive, was der heutige Tag schon geboten hatte, war ein Anruf der Unfallversicherung, die ihm mitgeteilt hatte, dass die Polizei die Ermittlungen zum Tode seines Vaters eingestellt hatte. Die schriftliche Bestätigung würde noch folgen, und damit dann auch die zehn Millionen, die er so dringend für diesen Mistkerl von Hund benötigte. Hm. Sekunde. Die Frist lief noch drei Wochen bis zur Auszahlung. Und die Drachen wurden ungeduldig. Womöglich musste er doch gar nichts ausbezahlen? Aber er meinte nur: „Ich hätte auch nicht daran gedacht obwohl mir Youkairecht vertrauter sein sollte, als ein Hanyou. Es gibt ja auch nur wenige Eheschließungen unter diesen Konditionen.“ Der Taishou nickte nur und folgte dem Anwalt. Er war wirklich neugierig auf das Testament. Wenn die Information stimmte, und er bezweifelte das nicht, dass Izayoi nicht Onigumos Tochter war, würde sie schlechter wegkommen als Naraku. Nun, auch aus geschäftlicher Hinsicht wäre das sinnvoll die Firmen nicht aufzuteilen. Aber, da sie hierher eingeladen worden war, musste auch etwas zu ihr im Letzten Willen stehen. Gar die Wahrheit?   Die anderen beiden Anwälte, eindeutig die Brüder Hiro Kobayashis, erhoben sich und verneigten sich förmlich, zumal der wohl jüngste Bruder sagte: „Ich darf bekannt machen, Naraku Gumo, der edle Taishou, als Ehemann auch Vormund Izayoi-samas.“ Damit hatte er elegant umschifft, dass sie keinen Nachnamen mehr trug. „Bitte, nehmen Sie Platz. Ich werde jetzt die letzte Verfügung von Onigumo Gumo öffnen und Ihnen vorlesen. Unser Mandant wollte, dass seine beiden Kinder hier anwesend sind. Dieses Testament wurde in unserer Gegenwart nach der Eheschließung mit Ihnen, edler Taishou, verfasst, als Ersatz für ein vorheriges.“ Als der Anwalt vorzulesen begann, zuckte Izayoi unwillkürlich etwas zusammen. Immerhin waren das die letzten Worte ihres Vaters. Nun ja, dass Naraku Alleinerbe wurde, hatte sie nie bezweifelt. Sie war von den Firmen immer fern gehalten worden. Allerdings freute es sie, dass ihr der Schmuck ihrer Mutter zustehen sollte, der sich noch in der Villa befand, und sie auch das Recht haben sollte, sich persönliche Erinnerungsstücke mitzunehmen. Herr Kobayashi ließ das Testament sinken. „Haben Sie dazu Fragen oder Einwände?“ Der Taishou sah kurz zu seiner Ehefrau, ehe er sagte: „Nein.“ Onigumo hatte das Testament also nach der Hochzeit noch einmal geändert – vermutlich hatte der Izayoi zuvor doch etwas Geld zugestanden, hielt es nun aber nicht mehr für notwendig, da er sie versorgt hatte. Hm. Ganz so übel schien er doch nicht gewesen zu sein. Es war wohl nur gut, dass er selbst Izayoi noch nichts davon gesagt hatte, dass der Mann, der jahrelang ihren Vater gespielt hatte, es gar nicht war. Blieb nur das Rätsel, wer dann. Und noch etwas sprach zu Onigumos Gunsten: dass der Schmuck der Mutter unangetastet geblieben war, obwohl der Bankier doch wahrlich in der finanziellen Klemme gesteckt hatte. Schmuck der Fürstentochter Miharu Toko war bestimmt einiges wert. Oder, das war die andere Möglichkeit – er hatte ihn gar nicht verkaufen können, da es sich um Familienschmuck handelte, und Fürst Toko ihn wiedererkannt hätte, wenn ihn jemand anderer getragen hätte. Das hätte einen Skandal gegeben und alle hätten gewusst, dass die Gumos so gut wie pleite waren. Jedenfalls sollte Naraku jetzt alles über die Firmen wissen können. Würde der die zehn Millionen Schulden der neuen Kette zahlen können oder ihm selbst die alte Kette zur Hälfte des Wertes verkaufen müssen? „Nein,“ erwiderte auch Naraku, froh, dass der Herr der Hunde nicht gegen das doch ungleiche Testament protestierte. Andererseits besaß der Kerl ebenso viele Moneten wie Flöhe und es war ihm vermutlich ziemlich egal, wie viel Geld Izayoi so mit in die Ehe gebracht hatte. „Izayoi, ich habe für dich ja sowieso schon die Fotos und so etwas von deiner Mutter rausgesucht, wie du es wolltest, das liegt griffbereit. Ich weiß nur nicht, wo der Schmuck sein soll.“ Der Älteste der Kobayashi-Brüder erlaubte sich ein Lächeln. „Gumo-san, falls Sie es vergessen haben – Sie besitzen eine Bank und damit auch Schließfächer.“ „Oh, natürlich. Ich dachte zugegeben nur an unser Haus, wie es im Testament heißt.“ So, damit sollten doch alle von seiner Harmlosigkeit überzeugt sein. Nein, nicht alle. Der Blick, den der Taishou kurz auf ihn geworfen hatte, war eine Musterung gewesen. Der alte Hund war ein erfahrener Heerführer, sicher mit allerlei Listen vertraut, wie Shishinki bestimmt bezeugen könnte. Und er war von Vater erpresst worden, hatte also allen Grund zu gewissen Animositäten gegenüber der Familie Gumo. Umso vorsichtiger sollte er selbst agieren, noch behutsamer mit Kontaktaufnahmen sein. „Wir könnten jedoch, Schwesterchen, verehrter Schwager, gleich nachher bei der Villa vorbeifahren. Der Karton mit den Sachen von Miharu … ich meine, deiner Mutter, steht dort im Arbeitszimmer. Es sind Fotoalben und so etwas aus deiner Kindheit, ich dachte, so etwas möchtest du auch haben.“ Und er hatte beim besten Willen keinen Nutzen davon. „Ja, das wäre gut, danke,“ erwiderte Izayoi prompt, sah aber zu den Anwälten. „Muss ich das dann bestätigen, dass ich das erhalten habe?“ Alle Männer im Raum sahen sie kurz irritiert an, dann lächelte der Taishou flüchtig, in gewissem Besitzerstolz. Sie war eine wahrlich praktische, logische, Frau, dazu sanft und anmutig. Seine Stiftungen waren bei ihr gut aufgehoben. Und er selbst auch, aber das gehörte hier nicht hin. „Ich denke, bei den persönlichen Gegenständen können wir darauf verzichten, meine Liebe. Aber bei dem Schmuck macht es deutlich mehr Sinn. Wissen Sie, welchen Schmuck Ihre Mutter besaß?“ „Ein Teil. Sie trug nicht alles. Ich weiß von einigen Stücken, die sie von ihrem Vater erhielt, aber nie trug.“ Er sah zu den Anwälten. „Existiert eine Liste?“ Herr Kobayashi warf einen Blick in den Umschlag, in dem das Testament gesteckt hatte. „Äh, nein. Nicht nach dem hier. Womöglich findet sich im Schließfach eine.“ Trotz allem instinktivem Unbehagen mit einem Daiyoukai in einem Raum zu sitzen, war er professionell genug, zu wissen, dass diese Frage berechtigt war. „Was ich persönlich annehme.“ Naraku überlegte. Hatte Vater womöglich etwas von dem Schmuck verkauft? Nun ja, wenn, dann konnte das kaum auf ihn zurückfallen. Abgesehen davon wäre es dann selten dämlich gewesen, diesen Schmuck auch noch Izayoi zu vermachen. Aber sein Vater hatte in den letzten Monaten seines Lebens doch einigen Blödsinn angestellt. „Ich werde die Schließfächer in der Bank, die Vater zur Verfügung standen, durchsuchen. Wohin soll ich den Schmuck dann bringen lassen?“ „In das Schloss,“ antwortete der Taishou. „Izayoi soll es überprüfen können.“ „Gut.“ Naraku war froh, dass zumindest aus der Ecke einstweilen kein Ärger kam. Die zehn Millionen waren eine andere Sache. Aber womöglich war Ryuukossusei so freundlich dieses kleine Problem für ihn schon früher als geplant aus dem Weg zu schaffen. Dann könnte er in Ruhe zusehen, wie der Taishou fiel, könnte ordnungsgemäß die neue Kette abwickeln, die alte verkaufen und wäre ein angesehener Bankier. Hanyou hin oder her, vielleicht würde sich doch eine der alten Adelsfamilien bereit erklären, ihm ihre Tochter zu geben. Wieder eine Stufe auf der gesellschaftlichen Leiter, wenngleich gestiegen über Tote. Man konnte eben kein Omelett machen, ohne Eier zu zerbrechen.   Als Izayoi hinter ihrem Bruder und Ehemann die Villa der Gumos betrat, fühlte sie einen unwirklichen Schauder. Hier hatte sie so lange gelebt – und in den wenigen Wochen war es ihr irgendwie fremd geworden. Fast, als ob man in ein Ferienhaus zurückkäme, in dem man letztes Jahr in Urlaub war. Andererseits, seit dem Tod ihrer Mutter hatte sie sich hier kaum mehr wohl gefühlt. Die Wärme war aus dem Haus verschwunden. „Möchtest du in dein Zimmer gehen?“ erkundigte sich Naraku, ganz der große Bruder. „Nein, danke.“ Sie wollte wieder in ihren Pavillon, da fühlte sie sich angenehmer. „Gut. Dann hier, das Arbeitszimmer. - Dort, die Umzugskiste. Sieh es dir mal durch, Schwesterchen, ob du alles mitnehmen willst.“ „Ach, erst einmal, ja. Ausräumen kann ich ja immer noch. Und die Fotoalben werde ich sicher behalten. Ich habe ja sonst keine Bilder aus unserer Kindheit.“ „Wenn ich noch welche finde, schicke ich sie dir. Ich habe da wirklich kein Interesse daran.“ Naraku wartete einen Moment, ehe er begriff, dass der Daiyoukai höchstens in einem Alptraum daran dachte die Kiste zu tragen. Na schön. Bald war er diesen arroganten Hund los. So bückte er sich und nahm sie selbst, trug sie hinaus zu dem Auto, das der Taishou wieder selbst fuhr. Da der Umzugskarton nicht in den Kofferraum passen würde, stellte er ihn ab und sah sich fragend um. „Öffnen Sie nur,“ sagte der Taishou und drückte die Fernbedienung, ehe er die Fahrertür aufklappte. Schickes Auto, dachte der Hanyou, als sich offenbar auf Knopfdruck die hintere Lehne umlegte und der Kofferraum deutlich vergrößert wurde. Geschmack besaß der Kerl ja. „Oh, darf ich fragen, wie es Ihrem Sohn geht? Er sollte ja inzwischen von seiner Reise zurück sein.“ Als ob er das nicht wüsste. Aber von den Saimyosho sollte er lieber nichts erzählen. Und er sollte einstweilen auf Familie machen. „Danke, ausgezeichnet. - Steigen Sie ein, meine Liebe.“ Ehe Izayoi gehorchte, sah sie zu ihrem Halbbruder. „Danke, Naraku. Auf Wiedersehen.“ Sie sah wirklich hübsch aus. Nun ja, das würde sicher auch dem Drachenprinzen gefallen. „Ja, auf Wiedersehen. Ich sehe zu, dass ich diesen Schmuck in den nächsten Tagen auftreiben kann. Aber, du bist ja hauptsächlich im Schloss, da wirst du ihn immer bekommen.“ „Ja, danke.“ Sie schloss die Tür. Der Herr der Hunde warf Naraku noch einen Blick zu, ehe er doch sagte: „Auf Wiedersehen.“ „Danke, verehrter Schwager.“ Der Hanyou lächelte, als er verbindlich den Kopf neigte. Er sollte unbedingt schleunigst ein kleines Rendezvous mit Ryuukossusei herbeiführen. Dann konnte dieser hochmütige Köter sein Testament machen. Und Izayoi sowieso.   Auf der Rückfahrt blickte der Taishou nach einer Weile seitwärts. Seine Ehefrau sagte nichts. War sie doch unzufrieden, dass sie nur so wenig bekommen hatte, im Verhältnis zu ihrem angeblichen Halbbruder? „Sind Sie traurig?“ War es wegen Onigumo, trauerte sie wieder? Dann sollte er ihr doch einmal die Wahrheit sagen, oder sollte er doch schweigen? Izayoi zuckte förmlich zusammen und sah ihn an. „Nein, verzeihen Sie. Ich dachte nur an meine Mutter.“ „Sie ist schon länger tot?“ „Ja, drei Jahre.“ Länger war ein dehnbarer Begriff, dachte der Daiyoikau, dessen Leben nach Jahrhunderten zählte. Aber Izayoi hatte erst zweiundzwanzig Sommer gesehen. „An was starb sie denn?“ Sie zögerte etwas. „An einer Blutvergiftung. Wir waren im Garten und schnitten Rosen für ein Gesteck. Sie machte gern Ikebana, wissen Sie? Dabei ritzte sie sich. Natürlich nahm sie das nicht für ernst, aber nach zwei Tagen hatte sie hohes Fieber und musste in das Krankenhaus, aber es war schon zu spät. Sie hätte den Kratzer auswaschen und desinfizieren sollen, sagte der Arzt, als ich ihn fragte. Aber, wer denkt schon bei solch einem kleinen Kratzer an etwas Schlimmes.“ Er begriff, dass sie sich entschuldigen wollte. „Nun, Ihre Mutter wohl nicht. Und ich gebe zu, ich auch nicht. - Sie haben Ihre Mutter wohl recht gern gehabt?“ „Ja. Lieber als Vater, aber das ist wohl normal für ein Mädchen. Naraku kam mit Vater immer besser aus.“ Sesshoumaru wohnte ja auch bei seinem Vater. Er erriet, was sie dachte. „Das ist bei Youkai ein wenig ähnlich. Hätte ich eine Tochter, würde diese bei ihrer Mutter aufwachsen. Die Erziehung eines Sohnes, noch dazu des Erben, wird ein Vater aber immer lieber selbst in die Hände nehmen. Natürlich nach der ersten Welpenzeit.“ Sie lächelte. „Das erinnert mich daran, dass Sie mir einmal solch einen Welpen zeigen wollten.“ „Stimmt. Wenn Sie auch mit einem Mädchen vorlieb nehmen, vielleicht übernächstes Wochenende? Solch ein kleiner Welpe, wie Ihnen wohl vorschwebt, gibt es nur einen in Japan. Ihr Name ist Nyoko und sie ist erst sechs Jahre alt. Sehr klein noch für eine Inuyoukai.“ „Oh. Sie lebt dann wohl nicht im Schloss.“ „Nein. Sie lebt bei ihrer Mutter im Norden in der Präfektur Iwate, in einem Naturschutzgebiet. Der Name ihrer Mutter lautet Haruko.“ Er dachte mit flüchtigem Vergnügen an die silbergraue Hundedame, die ihm vor wenigen Jahrzehnten die Vorzüge ihres Körpers eingeräumt hatte. Ihre Tochter hatte freilich einen anderen Vater. „Sehr schöne Namen,“ antwortete Izayoi, schon um zu verhindern, dass sie sich so weit vergaß ihn nach seinem zu fragen. Das wollte er sicher nicht, wenn, hätte er ihn ihr schon mitgeteilt. „Oh, ich vergaß Ihnen mitzuteilen, dass ich übermorgen Nachmittag Besuch bekomme.“ „Ihre Freundinnen? Das freut mich, zumal ich am Mittwoch Abend auch erst sehr spät zurückkomme. Ich habe eine Sitzung mit der Regierung.“ „Ich dachte, wir trinken Tee und dann könnten wir zusammen Abend essen ...“ Er sah wieder zu ihr. „Izayoi, Sie sind die Herrin des Hauses. Ich bin sicher, Sie wissen, was Sie nicht tun sollten, um mich nicht bloß zu stellen. Alles andere können Sie gern tun.“ Er war etwas verwundert als plötzliche Heiterkeit in ihre Augen trat und erkannte zu spät den Doppelsinn seiner Aussage. Nun ja. Wenn sie so dreinsah, hatte sie eine Idee, die zumeist … prickelnd war. Bokusenos Rat sie machen zu lassen, war Gold wert gewesen. Er sollte dem alten Baumgeist wenigstens mal Danke sagen. Aber woher hätte er auch wissen sollen, dass ein unerfahrenes Menschenkind so neugierig war. Er hatte es noch nie mit einer menschlichen Jungfrau zu tun gehabt, konnte sich jetzt aber immerhin die Eigenheiten seiner menschlichen Geliebten erklären. Nun ja, von eben diesen wusste er auch, dass Izayoi, wie jede Menschenfrau, die einen Youkai auf dem Lager hatte, für Menschenmänner verloren war. Keiner von denen konnte ihnen das geben, was ein Youkai vermochte. Und mit seiner eigenen Stärke und Selbstbeherrschung konnte niemand mithalten. „Ich werde darauf zurückkommen, edler Taishou.“ Izayoi lächelte etwas, ehe sie ernster werdend wieder meinte: „Möchten Sie dabei sein, wenn ich den Schmuck ansehe? Oder die Kiste?“ „In der Kiste sind Ihre Erinnerungen. Sie entscheiden, ob Sie sie mit mir teilen wollen. Wenn ja, würde ich später gern beim Auspacken zusehen. Ich müsste mich nur, wenn wir im Schloss sind, erst einmal um die Geschäfte kümmern.“ „Und der Schmuck?“ Sie hatte seine Anfrage nicht beantwortet. „Bei dem müsste ich dabei sein, schon wegen der Bestätigung, dass das vollständig ist.“ „Dann erledigen Sie Ihre Geschäfte und ich packe derweil aus. Falls Sie nach dem Abendessen allerdings zu mir kommen würden, würde ich Ihnen gerne Erinnerungen an meine Mutter zeigen.“ Sie befürchtete, dass sie wieder weinen könnte, und das würde ihn vermutlich belästigen. Wenn sie in seiner Gegenwart weinte, versuchte er zwar sie zu trösten, aber ihm waren solche Emotionen offenbar fremd. „Oder, falls Sie sehen wollen, wie ich als Baby aussah,“ versuchte sie zu scherzen. „Ich fürchte, bei weitem nicht so knuffig wie ein Welpe.“ Er erkannte ihren Versuch an. „Das möchte ich sehen.“   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)