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Katherine

Die Geschichte einer Mörderin
von

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Der Fall

Als Mrs. Brightside das laute Geschrei von Katherine gehört hatte, war sie doch ein wenig besorgt gewesen und hatte sie bewusstlos und mit einer blutenden Kopfwunde auf der Straße liegen sehen. Daraufhin hatte sie Katherine ins Krankenhaus gebracht, denn sie war kein Unmensch, dass sie sie einfach hätte liegen lassen. Nachdem Katherine wieder aufgewacht war, musste sie die nächsten drei Tage im Krankenhaus verbringen, da sie unter einem schweren Schock stand und die Naht an ihrer Schläfe wieder aufgerissen war. Sie weinte fast ununterbrochen, aber nicht, weil sie um ihre verstorbene Mutter trauerte. Es waren die Bilder, die tiefe Wunden in ihre Seele gerissen hatten und ihr quälende Alpträume bescherten. Jedes Mal, wenn sie die Augen schloss, sah sie die Welt in Flammen untergehen und ihre Mutter grausam verbrennen. Und selbst wenn sie die Augen wieder aufschlug, konnte sie noch ihre entsetzlichen Schreie hören. Genauso sehr schockierte sie die Tatsache, dass sie jemanden gesehen hatte, der genauso aussah wie sie. Sie hatte es nach ihrem Aufwachen dem Arzt gesagt, aber dieser hatte ihr nur erklärt, dass es bloß der Schock gewesen war und nicht mehr. Dennoch war Katherine der festen Überzeugung, dass sie sich selbst direkt vor sich hatte stehen sehen. Zwar wurden ihr Mittel verabreicht um sie zu beruhigen, doch es linderte nicht ihren seelischen Schmerz und löschte auch nicht die Erinnerungen aus. Ihre Mutter war tot und es war ihre Schuld. Und dann war auch noch jede Hoffnung gestorben, dass sie die Freundschaft mit Molly wieder aufleben lassen konnte. Und dann hatte sie es nicht einmal geschafft, sich von einem Auto überfahren zu lassen.

Als sie das Krankenhaus verließ, fand auch schon die Beerdigung ihrer Mutter statt. Da die Leiche bereits völlig verkohlt gewesen war, als die Feuerwehr endlich angerückt war, blieb der Sarg geschlossen. Katherine war dafür äußerst dankbar gewesen, doch trotzdem hatte sie sich gefürchtet, an der Beerdigung teilzunehmen. Da sie nicht christlich getauft war, wäre sie eigentlich ohne irgendeine religiöse Segnung beigesetzt worden. Da sie sich jedoch der Sekte Iudicium Die oder auch „das göttliche Strafgericht“ angeschlossen hatte, wurde sie von jener Sekte bestattet. Der Anführer der Sekte war noch furchterregender als Gilbert Cohan es je hätte sein können. Mit fürchterlicher Stimme hatte er vom Zorn Gottes und seiner Rache gepredigt und dass allein das Feuer die Seele von ihren Sünden reinigen konnte und Helen für ihre Sünde Buße getan hatte, indem sie bereitwillig durch das Feuer ging. Seine Rede ging so weit, dass Gilbert mitten in der Rede ausrastete und dem Prediger den Mund verbieten wollte. Doch selbst dessen fürchterliches Gebrüll konnte den Prediger nicht aufhalten. Er ließ den Säufer nicht einmal weiterreden, sondern erklärte mit strenger Stimme „Jemand, der aus der Blutschande heraus entstanden ist, sollte in Demut schweigen und sein Haupt vor Gott senken. Sonst wird der Allmächtige eben jenes von den Schultern reißen! Und wenn Sie Ihren Mund nicht auf der Stelle halten, wird unser Zorn auf Sie niederfahren, Mr. Cohan! Dann wird das göttliche Strafgericht über Sie ein Urteil fällen!“

Und tatsächlich war Gilbert Cohan verstummt und hatte den Rest der Predigt mit einer äußerst verstimmten Miene hingenommen. Dann schließlich wurde der Sarg in das Loch hinabgelassen und jedes der Sektenmitglieder warf eine Schaufel Asche auf den Sargdeckel. Den Sinn dahinter verstand Katherine nicht, doch sie wollte auch nicht allzu viel darüber nachdenken. Sie wollte diese ganze schreckliche Prozedur so schnell wie möglich hinter sich bringen und einfach nur nach Hause gehen. Ihr entging nicht, wie ihre kleine Schwester den Prediger fasziniert bei seiner Rede fasziniert angestarrt hatte und großes Interesse an seinen Worten zeigte. Dabei hatte sie wahrscheinlich gar nichts davon verstanden, was er gesagt hatte. Aber es hatte sie wohl beeindruckt, dass er ihren Vater tatsächlich zum Schweigen gebracht hatte. Auf dem Weg nach Hause hatte Katherine wieder leise zu schluchzen begonnen und ihr kamen wieder die Tränen. Sie versuchte möglichst leise zu weinen, doch ein kleiner Schluchzer reichte aus, dass ihr Vater ihr eine schallende Ohrfeige gab und sie anbrüllte, sie solle aufhören so herumzuflennen. Doch Katherine war, als wäre da eine große Leere in ihrem Inneren. Ein Loch, welches immer größer zu werden schien und ihre Wunden noch tiefer riss. Ihre Geschwister hingegen zeigten keine sonderlichen Emotionen dabei. Nigel war sichtlich gelangweilt von der Beerdigung und zeigte keine sonderliche Anteilnahme und Tabitha schien immer noch fasziniert vom Prediger zu sein, vor dem sogar ihr Vater klein bei gab.
 

Kaum, dass sie wieder zuhause waren, wollte sich Katherine in ihr Zimmer begeben und sich ausruhen. Sie fühlte sich emotional erschöpft und wollte einfach nur schlafen und am besten nie wieder aufwachen. Kaum aber, dass sie ihre Jacke abgelegt hatte, wurde sie am Schopf gepackt und festgehalten. Sie schrie schmerzerfüllt auf, als sie an den Haaren gezogen wurde und ein Stoß nach vorne brachte sie sogleich aus dem Gleichgewicht und sie stürzte zu Boden. „Ab jetzt werden die Dinge hier anders laufen“, knurrte Gilbert und trat näher auf sie zu. Seine blutunterlaufenen Augen wirkten dämonischer und gefährlicher denn je und ein schiefes Lächeln entblößte seine gelben Zähne. „Von nun bist du hier die Frau im Haus. Du hast hier lange genug ein Schmarotzerleben geführt und jetzt kannst du mal zeigen, dass du hier zumindest zu etwas nutze bist. Wenn du dich hier schon durchfüttern lässt, dann arbeite auch gefälligst dafür. Du wirst hier das Essen machen und den Haushalt machen!“

„Aber… ich weiß doch nicht wie das geht“, entgegnete Katherine und bereute sofort, dass sie Widerworte eingelegt hatte. Doch was sollte sie denn sonst tun? Sie wusste weder wie man richtig kochte, noch war sie imstande, das ganze Haus sauber zu halten. Sofort kassierte sie eine Ohrfeige als Strafe. „Ich will hier keine Ausreden hören. Du frisst dich hier durch ohne dafür etwas zu tun, genauso wie ein Schwein. Und weißt du was man mit Schweinen macht? Man schneidet ihnen die Kehle durch und schlachtet sie. Deine Mutter ist nicht mehr da und als Älteste von euch Blagen wirst du ab heute hier die neue Frau sein.“

„Aber ich bin keine Frau… ich weiß doch nicht was man machen muss…“

„Dann mache ich dich eben zu einer Frau.“
 

Damit wurde sie am Arm gepackt und hochgezerrt. Der Griff ihres Vaters war so stark, dass sie schon beinahe befürchtete, er würde ihr diesen ebenfalls brechen. Sie bekam Angst und stammelte eine Entschuldigung nach der anderen, während sie den Flur entlanggeschleift wurde. Zuerst befürchtete sie, dass er sie wieder in den Keller bringen würde, doch ihr Vater steuerte gar nicht die Kellertür an. Stattdessen ging er zum Schlafzimmer. „Nigel!“ brüllte ihr Vater mit donnernder Stimme. „Komm sofort her oder ich mach dir Beine!“

Als die Schlafzimmertür geöffnet wurde und Katherine das nun verlassene Ehebett sah, überkam sie nun regelrechte Panik. Wieder hatte sie diese Bilder vor Augen, was sie gesehen hatte, als sie ihre Eltern dort diese „Dinge“ hatte tun sehen. Erwachsenendinge, wie es die Kinder in der Schule nannten, weil sie entweder das richtige Wort nicht kannten oder zu viel Hemmungen hatten, es beim Namen zu nennen. Und mit einem Schlag wurde ihr klar, dass ihr dies nun auch blühte. Ihr Vater wollte diese Erwachsenendinge nun mit ihr tun. „Nein, bitte Dad! Ich will das nicht! Bitte lass mich gehen!“

Sie versuchte sich loszureißen, doch es hatte keinen Zweck. Ihr Vater hielt ihren Arm fest wie ein Schraubstock und schleifte sie mit sich. Schließlich wurde sie hochgezerrt und auf das Bett geworfen. Verzweifelt versuchte sie wegzukriechen, wurde aber festgehalten und dann nahm Gilbert auch schon seinen Gürtel ab, holte damit aus und verpasste ihr einen Schlag mit der Gürtelschnalle, die sie direkt über ihrem linken Auge traf und sie betäubte, sodass sie sich nicht wehren konnte, als ihr die Kleider vom Leib gerissen und im Anschluss ihre Handgelenke ans Kopfende des Bettes fixiert wurden. Panik überkam sie und sie begann hektisch an ihren Fesseln zu zerren, um sich irgendwie zu befreien. Doch es brachte nichts. Sie war nicht stark genug und zu ihrem größten Entsetzen begann ihr Vater nun ihre Beine auseinanderzudrücken. „Nein, bitte hör auf! Ich will das nicht! Ich mache alles was du willst aber bitte lass mich gehen!“

Alles Flehen und Betteln half nichts. Und egal wie sehr sie auch versuchte, ihren Vater wegzutreten, sie konnte ihn nicht abwehren. Er war einfach zu groß und zu stark für sie und so wandte sie ihren Blick zu ihrem Bruder, der neben der Tür kauerte und auf sie starrte, um das ganze Geschehen mitverfolgen zu können. „Nigel, bitte hilf mir!“ flehte sie in der verzweifelten Hoffnung, irgendetwas könnte sie vielleicht wenigstens vor diesem Horror bewahren. Irgendein kleines Wunder oder ein Akt der Gnade, nachdem sie schon genug Leid erfahren hatte. Doch ihr Bruder tat nichts dergleichen, um ihr zu helfen. Stattdessen sah er wie gebannt auf das Schauspiel und grinste schadenfroh. In diesem Augenblick erkannte sie, dass es für sie keine Gnade gab… keine Rettung und keinen Gott, der Mitleid mit ihr kannte. Sie war ganz alleine und niemand würde sie retten. Tränen rannen ihre Wangen hinunter und sie bekam entsetzliche Angst. „Bitte nicht… ich hab Angst!“

Doch ihr Flehen blieb erfolglos und ihre Worte gingen in einem Schmerzensschrei unter, als ein entsetzlicher Schmerz durch ihren Körper jagte. Ihr war, als würde ihr Innerstes brutal auseinandergerissen werden. Etwas setzte in ihrem Verstand aus und keine Worte vermochten das Martyrium zu beschreiben, welches sie durchlitt. Selbst die Schläge ins Gesicht reichten nicht einmal ansatzweise an die Qualen heran, die sie durchlitt. Ich werde sterben, dachte sie sich und spürte, wie sich die Hände ihres Vaters um den Hals legten und ihr die Luft abgeschnürte. Ich werde das unmöglich überleben.
 

Wie viel Zeit Katherine gefesselt im Schlafzimmer verbrachte. Sie hatte jegliches Gefühl für Zeit verloren, doch es kam ihr vor wie eine Ewigkeit. Ihre Hoffnung, wenigstens das Bewusstsein zu verlieren und somit aus diesem Martyrium erlöst zu werden, wurde zerschlagen und sie durchlebte jede einzelne Sekunde bei vollem Bewusstsein. Als ihr Vater endlich von ihr abließ und die Fesseln löste, hatte Katherine keine Kraft mehr. Jede einzelne Bewegung bereitete ihr entsetzliche Schmerzen und obwohl es endlich vorbei war, fühlte sie es immer noch und es verstörte sie zutiefst. Warum nur hatte ihr Vater so etwas angetan? Was hatte sie denn getan, dass er solche Dinge mit ihr tun würde? Sie verstand es nicht und sie konnte nicht einmal sagen, was da mit ihr überhaupt passiert war. Aber egal was es auch gewesen war, es fühlte sich falsch an. Es war das bis dato Schlimmste, was ihr Vater ihr jemals angetan hatte und sie fühlte sich entsetzlich. Der Raum war erfüllt vom Schweißgeruch ihres Vaters und sie konnte immer noch seinen widerlichen Alkoholikeratem riechen. Ihr Magen begann zu rebellieren und löste dabei eine Welle von heftigen Schmerzen aus. Sie versuchte sich zusammenzureißen und durch bloße Willenskraft ihren Magen wieder unter Kontrolle zu bekommen, doch sie schaffte es nicht und musste sich übergeben. Als ihr ganzer Körper sich dabei verkrampfte, jagte erneut eine Welle des Schmerzes durch ihren Körper und sie stöhnte gequält auf. Es tat so entsetzlich weh…

Am liebsten wäre sie liegen geblieben um sich irgendwie von diesem Martyrium zu erholen, doch sie wollte nicht eine Sekunde länger in diesem Bett liegen bleiben. Nicht wenn sie immer noch den Geruch von Blut, Erbrochenem und Schweiß riechen konnte. Vor allem den Geruch ihres Vaters, der schreckliche Bilder in ihr wachrief und ihr wieder aufs Neue einen Brechreiz bescherte. Katherine biss die Zähne zusammen und setzte sich auf. Ihre gesamte untere Hälfte fühlte sich an, als hätte man brennende Dolche hineingestoßen. Sie musste all ihre Willenskraft aufwenden, um vom Bett zu steigen und nicht dabei vor Schmerz aufzuschreien. Schwer atmend und taumelnd stützte sie sich an der Wand ab, denn ihre Beine fühlten sich wie Gummi an. Blut lief an ihren Beinen hinunter und immer noch war ihr speiübel. Ihr Kopf dröhnte und sie bezweifelte für einen Moment, dass sie es überhaupt in ihr Zimmer schaffen würde. Doch sie riss sich zusammen und zwang sich, weiterzugehen. Langsam und Schritt für Schritt schleppte sie sich aus dem Schlafzimmer heraus und wankte den Flur entlang. Auf dem Weg kam sie am Zimmer ihrer kleinen Schwester vorbei und hörte dort laute Geräusche. Sie vernahm Tabithas Stimme, die laut schrie und kurz darauf ertönte auch schon Nigels Stimme. Doch Katherine schenkte dem keine sonderliche Beachtung. Sie nahm ohnehin kaum noch etwas bewusst wahr, da ihr ganzes Wahrnehmen ausschließlich durch Schmerz und Übelkeit geprägt war. Als sie aber das Zimmer ihrer Schwester erreichte und vor der offenen Tür stand, schaute sie hinein und sah ihre Schwester am Boden liegen, die sich verzweifelt zappelnd zur Wehr zu setzen versuchte. Nigel hielt sie fest auf den Boden gedrückt und zog ihr die Unterhose herunter, wobei er seine Schwester anschrie und ihr sagte, sie solle gefälligst das Maul halten und aufhören zu heulen wie ein Baby. Doch Tabitha schrie und versuchte ihren großen Bruder irgendwie von sich wegzudrücken doch es gelang ihr nicht. Katherine blieb stehen und starrte mit unbewegter Miene auf das Geschehen.
 

Als Tabitha erkannte, dass ihre große Schwester im Türrahmen stand, schaute sie flehend und mit Tränen in den Augen zu ihr und rief „Kathy, hilf mir! Bitte! Mach, dass er aufhört!“

Doch Katherine rührte sich nicht. Zwar wollte sie Tabitha helfen und sie vor Nigel beschützen, doch etwas hinderte sie daran. Und eine Frage kam ihr, die ihr zu denken gab. Warum sollte sie ihrer kleinen Schwester helfen? Es war doch auch niemand gekommen, um ihr zu helfen. Die ganze Zeit hatte sie Tabitha stets beschützt und was war die Konsequenz gewesen? Sie hatte Schläge kassiert, man hatte ihr den Arm gebrochen und dann waren diese unsagbaren Dinge im Schlafzimmer geschehen, die ihr nicht nur körperliche sondern auch seelische Wunden gerissen hatten. Wer hatte denn jemals auf ihre Hilfeschreie geantwortet und hatte sie beschützt? Niemand hatte es jemals interessiert, wie es ihr ging. Niemand hatte je auch nur einen einzigen Gedanken daran verschwendet, sie zu retten. Und wie sollte sie ihrer kleinen Schwester helfen, wenn sie nicht einmal in der Lage war, sich selbst zu retten?

Immer noch ruhten die verweinten Augen ihrer kleinen Schwester auf ihr, doch Katherine fühlte rein gar nichts dabei. Ihr war, als wäre da bloß eine große Leere, die dieses traumatische Ereignis im Schlafzimmer bei ihr hinterlassen hatte. Wie konnte sie denn überhaupt Mitleid für die Notlage eines anderen Menschen empfinden, wenn sie nicht einmal über ihr eigenes Leid hinweggekommen war? Und selbst wenn sie nach all den erlittenen Qualen die Kraft besessen hätte, den Willen aufzubringen um ihrer Schwester zu helfen, wäre sie nicht in der Lage dazu gewesen. Sie konnte sich ja selbst kaum bewegen und war schwer verletzt. Wenn sie versuchen würde, Tabitha zu helfen, würde sie am Ende nur noch mehr Schmerz erleiden. Und sie hatte bereits ihr Limit erreicht. Während ihre kleine Schwester immer noch hilfesuchend zu ihr schaute und hoffte, sie würde wieder gerettet werden, erwiderte Katherine apathisch den Blick und antwortete tonlos „Tut mir leid, Tabby. Du musst dir jetzt selber helfen.“ Dann wandte sie sich von ihr ab und schleppte sich in ihr Zimmer.
 

Der Gang zu ihrem Zimmer war ihr wie eine endlos lange Wanderung vorgekommen und als sie am Kleiderschrank mit dem Spiegel stehen blieb, sah sie das ganze Ausmaß der körperlichen Schäden. Ihr ganzer Körper war von blauen Flecken verunstaltet und auch ihr eigentlich sehr hübsches Gesicht wirkte hässlich entstellt. Ihre rechte Wange war geschwollen, an ihrer Nase klebte eingetrocknetes Blut, ihr linkes Auge war geschwollen und ein blauer Fleck hatte sich dort ebenfalls gebildet. Ihre Lippen waren spröde, aufgeplatzt und blutig. Ihr Haar, welches sonst immer so sorgfältig gekämmt und zu einem Zopf geflochten war, hing ihr ins Gesicht und war zerzaust. An ihren Beinen und insbesondere an den Innenschenkeln klebten Rinnsale von Blut und für einen Moment war ihr, als würde sie nicht ihr eigenes Spiegelbild sondern das ihrer Mutter sehen. Ihre goldgelben Augen schienen keinen Glanz mehr zu besitzen, sondern wirkten matt und leer wie die einer Puppe. Am liebsten wollte sie einfach nur weinen, um irgendwie ihren Gefühlen ein Ventil zu schaffen und wenigstens den seelischen Schmerz dadurch ein wenig erträglicher zu machen. Doch so sehr sie auch wollte, sie konnte sich nicht dazu bringen, zu weinen. Ihr fehlte selbst die Kraft zum Weinen. Und was sollten denn schon Tränen ändern? Weinen würde nichts an ihrer Situation ändern. Und es würde auch sonst niemand für sie Tränen vergießen. Weder ihr Vater noch ihr Bruder, nicht einmal ihre kleine Schwester hatte jemals um sie geweint. Selbst Gott würde keine einzige Träne für sie vergießen, wenn es ihn denn überhaupt gab. Die ganze Welt wollte, dass sie litt und weinte. Warum sollte sie ihr dann die Genugtuung geben, wenn sie von der Welt rein gar nichts erwarten konnte? Sie war ein Unheilkind… etwas, das niemals hätte geboren werden dürfen. Und das war schon seit dem Tag ihrer Geburt so.

Erschöpft von all den Schmerzen legte sich Katherine in ihr Bett und versuchte eine möglichst angenehme Position zu finden. Ausdruckslos starrte sie an die Zimmerdecke und konnte immer noch das Geschrei ihrer Geschwister hören. Doch an ihrem Entschluss änderte es nichts. „Warum lässt du das alles über dich ergehen? Wehre dich doch endlich mal. Töte ihn einfach. Wenn du dir ein Messer aus der Küche nehmen und diesem versoffenen Penner endlich die Kehle aufschlitzen und ihn ausbluten lassen würdest wie ein Schwein, wärst du all deine Probleme längst los. Oder noch besser: schneide ihm sein Ding ab, stopf es ihm in den Mund und lass ihn daran ersticken!“

Katherine gefror das Blut in den Adern, als sie diese Stimme in ihrem Kopf hörte. Was um Himmels Willen dachte sie da nur? Wie konnte sie nur so etwas denken? Nach allem, was passiert war, konnte sie doch nicht daran denken, so etwas Schreckliches zu tun. Sie hatte doch geschworen, niemals jemandem wehzutun. Selbst wenn ihr Vater diese schrecklichen Dinge mit ihr machte, würde sie niemals Gewalt anwenden. Sie würde niemals so werden wie er! Sie konnte kaum glauben, dass ihr für einen Moment tatsächlich der Gedanke gekommen war, ihn umzubringen. Was zum Teufel war denn plötzlich nur los mit ihr, dass ihr solch ein schrecklicher Gedanke kam? Wahrscheinlich waren es bloß die Nerven. Sie war womöglich so sehr durch den Wind nach all diesen furchtbaren Dingen, die passiert waren, dass sie nicht einmal mehr ihre eigenen Gedanken unter Kontrolle hatte. Vielleicht war es das Beste, wenn sie schlief und sich erholte. Bei den schlimmen Schmerzen konnte sie ohnehin nicht viel tun. Also schloss Katherine und versuchte ein wenig zu schlafen. Doch kaum, dass sie die Augen geschlossen hatte, wurde sie von schrecklichen Alpträumen geplagt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: Futuhiro
2018-02-24T17:19:50+00:00 24.02.2018 18:19
Puuuuh~ ... ich musste jetzt erstmal lange überlegen, was ich dazu schreiben soll. Das Kapitel ist inhaltlich wirklich krass und erschreckend authentisch. Man hat den Eindruck, daß das alles echt so passiert / passiert ist / passieren kann. (Ich hoffe, das wird von den Freischaltern nicht nachträglich noch auf adult gesetzt.) Und der Schreibstil ist wahnsinnig klasse. Man ist als Leser bis zur letzten Zeile mittendrin. Man kann jede emotionale Regung nachvollziehen und jede körperliche Totur förmlich mitfühlen.

Aber mir irgendwie immer noch Tabby total leid. Keine Ahnung, warum ich um die mehr Angst hab als um alle anderen Charaktere in dieser Story. ^^°
Von:  Arya-Gendry
2018-02-20T16:29:03+00:00 20.02.2018 17:29
Hi^^
Echt heftiges Kapitel. Das ihr Vater, obwohl Vater kann man sowas nicht nennen sie gleich schon Vergewaltigt und das von nun an bestimmt täglich machen wird macht einen echt wütend und sprachlos Ich hoffe sie wird nicht auch noch Schwanger von ihm, ber wer weiß?

Das sie die Kraft nun nicht mehr hat um ihrer Schwester zu helfen kann ich gut verstehen. Auch wenn die Kleine mir leid tut, aber es stimmt ja Katherine hat selber genug Probleme.

Ich bin schon auf das nächste Kapitel gespannt.
LG.


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