Wer bin ich wirklich? von Francys ================================================================================ Kapitel 3: Mein Leben, eine Lüge? --------------------------------- Kapitel 3: Mein Leben, eine Lüge? Kagomes Sicht: Nun saß ich hier, meiner Mutter gegenüber. Ihre Hände zitterten, die Augen waren rot vom weinen. Ihre Haare zerzaust und die Finger zur Faust geballt. So hatte ich meine Mutter noch nie gesehen. Nicht einmal als unser Vater verschwand. Irgendwie machte mir das eine unheimliche Angst, was war nur so schlimm, dass es sie so fertig machte? Immer wieder versuchte ich eine Erklärung für ihr Verhalten zu finden, doch vergeblich. Mir fiel einfach kein Grund ein, außer …. Vielleicht wollte sie, dass ich nicht mehr durch den Brunnen ging. Nein, das würde sie mir nicht antun, sie weiß, dass ich Inuyasha von ganzem Herzen liebe und sie würde mir meine Liebe nicht nehmen. Meine Mutter ist die liebevollste und ehrlichste Frau, die ich kannte. Wenn sie ein Problem mit dem Mittelalter hätte, hätte sie mich auch vor drei Jahren nicht immer in der Schule entschuldigt. Klar, die Angst, dass mir etwas passierte war da, jedoch ließ sie mir meine Freiheit selbst zu entscheiden und meinen Weg zu finden. „Mama, rede mit mir“, bat ich und griff nach ihrer zitternden Hand. Ich wollte sie nicht so sehen, ihr sollte es gut gehen. Meine Mutter hatte immer ein Lächeln auf den Lippen, dann musste die Sache wirklich schlimm sein, wenn es sie so zerstört. Ein bitteres Lachen ertönte in meinem Kopf. Hatte ich jemals nach ihrem Empfinden gefragt, wenn ich ins Mittelalter ging? Hatte ich ihr jemals richtig zugehört? Mich um ihre Probleme gekümmert, wie sie es immer bei mir tat? Nein. Das schlechte Gewissen überkam mich und erdrückte meine Brust. „Mama“, sagte ich leise und versuchte sie zu beruhigen, indem ich ihr über den Handrücken strich. Wahrscheinlich beruhigte ich mich mehr damit. Denn die Tränen stiegen ihr wieder in die Augen und sie sah mich entschuldigend an. Ihre Augen strahlten solch einen Schmerz aus, dass sich die salzige Flüssigkeit nun auch in meinen sammelte. „Kagome“, sprach sie und ihre Stimme war gebrochen. Meine Mutter drückte fest meine Hand und ich erwiderte den Druck, zeigte ihr damit, dass ich da war. Sie sollte nicht das Gefühl haben, allein zu sein. Ich hob meinen freien arm und wischte ihr die immer wieder kommenden Tränen fort. „Ich bin da“, flüsterte ich und ließ meine Finger auf ihrer kalten Wange ruhen. Ab und zu strich ich mit dem Daumen über ihre Haut. „Ich … du … wirst …“, stotterte sie und ich musste mich wirklich bemühen die Worte zu verstehen. „Du … wirst uns hassen … mich hassen“, sagte sie wieder und ich legte meine Kopf schief. „Aber was redest du denn da?“, fragte ich und lächelte über diese Bemerkung. Mir war es gar nicht möglich, meine Familie zu hassen. Sie waren so tief in meinem Herzen verankert, das würde ich niemals schaffen, selbst wenn ich es wollte. „Doch, glaube mir“, antwortete meine Mutter und schüttelte dabei heftig ihren Kopf. Die kurzen Haare flogen ihr damit ins Gesicht und ich strich die einzelnen Strähnen beiseite. „Mama, ich liebe euch. Du, Sota, Opa, ihr seid meine Familie“, erklärte ich ruhig und hoffte, dass ich sie damit beruhigte. Plötzlich weinte sie wieder los und die Tränen liefen weiter an ihrer Wange herab. Zwischendurch schrie sie auch auf und ich verstand einfach nicht was los war. „Eben nicht“, sagte sie irgendwann und das schockte mich ein wenig. „Wie?“, fragte ich und nach einigen Minuten war meine Mutter wieder ruhiger. Fest drückte sie meine Hand und sah mir entschlossen in die Augen. „Vor neunzehn Jahren war ich schwanger“, fing sie an und ich lächelte. „Natürlich, ich kam ja auf die Welt, also neun Monate später“, sprach ich und sie schüttelte den Kopf. „Nein, das meine ich nicht. Wirst du meine Geschichte anhören?“, fragte sie und ich nickte sofort. „Natürlich“, antwortete ich. „Wie ich schon sagte, vor neunzehn Jahren wurde ich schwanger. Mein Mann und ich waren überglücklich, wir hatten uns schon lange ein Kind gewünscht. Wir wussten auch, dass es ein Mädchen werden sollte und wir richteten schon ein Kinderzimmer ein, dachten über verschiedene Namen nach und bereiteten alles vor. Es sollte perfekt werden, das war unser größter Wunsch. Leider aber …“, erzählte sie mir und auf einmal verzog sie schmerzvoll das Gesicht. Ich drückte ihre Hand, um ihr zu zeigen, dass alles gut war. „Leider aber fuhr mich eines Tages ein betrunkener Auto Fahrer um, der bei Rot über die Ampel fuhr. Ich wurde sofort bewusstlos und kam ins Krankenhaus. Als ich endlich wieder erwachte saß mein Mann neben mir und sah mich traurig an. Kurz danach betrat der Arzt den Raum und berichtete mir, dass ich mein Kind verlor“, während sie sprach und mir ihre Geschichte erzählte schüttelte sie sich immer wieder und schluchzte wie verrückt. Dieser Schmerz von ihr übertrug sich sofort auf mich und ich setzte mich neben sie, auf das Sofa. Schlang meine Arme um ihre Schultern und zog sie an meine Brust. Tröstend strich ich ihr über den Rücken, bis sie sich wieder einigermaßen beruhigt hatte. „Ich war am Boden zerstört. Der Verlust meines Mädchens brachte mich um den Verstand. Mein Leben machte keinen Sinn mehr, überall sah ich junge Mütter, und jeder Anblick eines Kinderwagens schmerzte in meiner Brust. Ich hatte immer wieder Albträume, wurde in der Nacht wach und schrie durchs Haus, suchte nach meinem Kind. Als ich es nicht fand, brach ich zusammen und mein Mann musste mich wieder zurück ins Bett tragen, ich schaffte es eine Zeit lang nicht mehr aus dem Haus zu gehen, ich ertrug den Anblick glücklicher Familien nicht. Verstehe mich nicht falsch, ich gönnte ihnen das Glück, doch die Erinnerung an mein ungeborenes, verlorenes Kind kam sofort zurück und das zerriss mein Herz in tausende Stücke“, erklärte sie weiter und mittlerweile fing ich an zu weinen. Diese Geschichte kannte ich nicht, mir war nicht einmal bewusst, dass meine Mutter solch eine schreckliche Erfahrung machte. Automatisch drückte ich sie fester an mich und lehnte meinen Kopf auf ihr Haar. „Das tut mir Leid, Mama“, flüsterte ich weinend und ich spürte, wie mein T-Shirt wieder nass wurde, durch ihre Tränen. Sie löste sich nach einigen Minuten von mir und lächelte mich an. Aber ich erkannte sofort, dass es nicht ehrlich war. Es erreichte ihre Augen nicht, wie sonst. Ihre Hand fuhr zu meiner Wange und streichelte sie sanft. „Es tut mir Leid, das war gerade meine Erinnerung“, sprach sie und ich nahm wieder ihre Hände in meine. Kurz schwiegen wir und saßen einfach nur da, schauten uns in die Augen. „In meiner Trauer bemerkte ich nicht, wie mein Mann litt und mein Vater sich um mich sorgte. Er hatte große Angst das ich …“, erzählte sie und ich senkte meinen Blick, „.. mir vielleicht etwas antun könnte. Als mein Vater eines Tages den Hof fegte, um ihn wieder für neue Besucher zu säubern, hörte er ein Schreien. Es war das eines Kindes. Er rief nach mir und meinem Mann. Gemeinsam suchten wir nach der Geräuschquelle und bemerkten schnell, dass es aus dem kleinen Schrein kam. Wir schoben die Tür beiseite und konnten hören, dass das Kind im Brunnen sein musste. Mein Mann kletterte schnell hinunter und mit einem Seil zogen wir das Kind und ihn wieder nach oben, das Kind war gerade einmal ein paar Tage alt“, gespannt lauschte ich ihren Erzählungen und war verwundert. Wie konnte ein Baby durch den Brunnen kommen? Das war bis jetzt nur mir und Inuyasha möglich. „Wie kam das Kind durch den Brunnen?“, fragte ich verwirrt und meine Mutter lächelte nun wieder etwas trauriger. „Ich begann mich schnell darum zu kümmern, mein Mann wollte die Polizei verständigen. Mein Vater jedoch war dagegen und fragte mich, ob ich mich nicht kümmern könnte. Ich wusste aber nicht, ob es vielleicht vermisst wurde, also gingen wir zur Polizei. Die konnten uns aber auch nicht sagen, wer das Kind war. Ich redete mit den Ämtern und beschloss kurzerhand das Kind zu adoptieren. Das eingerichtete Zimmer hatte nun einen neuen Bewohner und mein Schmerz wurde etwas gelindert. Natürlich vermisste ich mein ungeborenes Mädchen, jedoch half mir das fremde Kind meine Wunden zu heilen. Schnell fing ich an, es zu lieben wie ein eigenes und mein Mann ebenfalls“, sprach sie weiter und ich fing langsam an, zu überlegen. Wenn sie vor mir schwanger war und das Kind verlor … wer war dann das fremde Kind aus dem Brunnen? Ich schaute ihr in die Augen und plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Es gab nur eine Person, die ins Mittelalter reisen konnte, den Brunnen durchqueren … Niemand sonst war in der Lage dazu. Langsam schüttelte ich den Kopf, Tränen sammelten sich in meinen Augen und brannten. „Wer war das Kind?“, fragte ich, eigentlich war mir klar, wer das Kind war. Ich musste es aber aus ihrem Mund hören. „Im Brunnen lag ein Stück Pergament mit einer fremden Schrift“, erklärte sie mir und zog das Stück Papier aus ihrer Hosentasche, was sie vorhin noch vor mir versteckte. Ich nahm es an und las mir das durch. ¸.•´¸.•*´¨) ¸.•*¨) (¸.•´ (¸.•` ♥ Das hier ist mein Mädchen, egal wer sie finden mag, bitte nehmt sie auf. Ich bitte Euch, über sie zu wachen und sie zu beschützen. Sie bedeutet mir mehr als mein Leben. Leider aber muss ich sie weg geben, irgendwohin, wo sie sicher sein wird. Ihr Name lautet Kagome. Ich danke Euch, egal wer das hier in der Hand halten wird, ich stehe für ewig in Eurer Schuld. Susannoo ¸.•´¸.•*´¨) ¸.•*¨) (¸.•´ (¸.•` ♥ ~Ihr Name lautet Kagome.~ dieser Satz machte mir klar, dass ich dieses unbekannte Kind war. Ein wahnsinnig, dicker Kloß bildete sich in meinem Hals und ich versuchte ihn verzweifelt hinunter zu schlucken. Die Tränen fielen auf das Papier und meine Augen fixierten die geschriebenen Buchstaben. In meinem Kopf fuhr gerade alles Achterbahn, ich konnte nicht beschreiben, was in mir vor ging. Eine innige Zerrissenheit und Trauer brachte mich um den Verstand. Ich wurde gerade aus meinem Leben geworfen. Wenn ich genauer darüber nachdachte, war mein bisheriges Leben eine Lüge. Ich war nicht das Kind meiner Eltern, nicht die Enkelin meines verrückten Großvaters und auch nicht die Schwester meines kleinen Bruders. Schluchzend verkrampfte ich mich, spannte jeden Muskel in meinem Körper an. Ich versuchte es zu verstehen, zu begreifen was hier gerade passierte. „Kagome“, sprach meine Mutter mich an und ich zuckte zusammen. Mit tränenverschleierten Augen sah ich immer noch auf das Pergament und las mir die Sätze immer wieder durch. Mein Herz pochte ununterbrochen gegen meine Brust, meine Lungen schmerzten bei jedem Atemzug. Mir fiel das atmen schwer. Ein leichter Druck auf meinen Schultern ließ mich erneut zusammen fahren. „Kagome“, sagte meine Mutter wieder und ich sah endlich in ihr Gesicht. Sie hatte wieder angefangen zu weinen und ich tat es ihr gleich. „Es tut mir so leid, dass ich dir nicht früher erzählt habe…“, versuchte sie sich zu rechtfertigen, ich fuhr aber dazwischen. „Hör auf. Ich will es nicht hören“, stotterte ich und meine Stimme war dünn. Ich faltete das Papier zusammen und steckte es in meine Hosentasche, danach stand ich ohne ein weiteres Wort auf und verließ das Wohnzimmer. Ich hörte nur noch die verzweifelten Rufe meiner Mutter, die ich aber ignorierte. Ich brauchte Ruhe, Zeit zum nachdenken. Ohne mir eine Jacke zu schnappen oder mir richtige Schuhe an zu ziehen rannte ich den Flur entlang, direkt zur Haustür. Ich schmiss diese hinter mir zu und die kühle Abendluft hieß mich Willkommen, mein Atem gefror sofort und meine Schritte wurden immer schneller. Ich rannte die vielen Treppen hinunter, verließ damit unser Grundstück. Ich wollte nur noch weg, vor der Realität flüchten, die mir gerade den Boden unter den Füßen weg riss. Meine Füße trugen mich in den naheliegenden Stadtpark, der nur noch wenige Besucher begrüßen durfte. Die komischen Blicke der anderen Menschen kümmerten mich nicht, sollten sie doch denken was sie wollten. Ich lief noch eine ganze Zeit lang, bis ich den Schmerz in meinen Füßen spürte. Natürlich, ich war ja Barfuß aus dem Haus gerannt. Die spitzigen Steine drückten sich auf die bloße Haut und hinterließen feine Kratzer auf meiner Fußsohle. Doch der Schmerz war zweitrangig. Zu sehr beschäftige mich die Geschichte, die mir meine Mutter erzählte. War sie denn noch meine Mutter? Wollte sie mich los werden, nachdem sie mir erzählte, wer ich eigentlich war? Ich war nun an einem kleinen See angekommen und setzte mich an den Rand des Wassers. Das feuchte Gras interessierte mich nicht. Ich zog meine Beine an meine Brust und schlang meine Arme herum. Meine Stirn lehnte ich gegen meine Knie, vergrub damit mein Gesicht in meinem Schoß. Und wieder spuckte dieselbe Frage in meinem Kopf herum. Wer war ich? Woher kam ich? Wer waren meine Eltern? Wurde ich nun hier geboren oder in der anderen Zeit? Welche Zeit konnte ich nun meine Heimat nennen? Verdammt, diese Antworten musste mir doch jemand geben können, oder nicht? Ich schluchzte ununterbrochen in die kommende Nacht hinein und versuchte meine Gedanken zu ordnen. Die Kälte lähmten meine Glieder, doch es fühlte sich nicht unangenehm an. Diese Kälte fühlte ich im Moment auch in meinem Inneren. Mein Herz war gerade am erfrieren und ich wusste keinen Ausweg. Mit dem Gedanken, dass mein bisheriges Leben nichts weiter als eine Lüge war, schlief ich ein und bemerkte nicht, wie mich jemand aufsammelte. Als ich meine Augen wieder öffnete, lag ich in meinem gewohnten Bett. Mein Wecker zeigte zwei Uhr an und durch die Dunkelheit und dem Mondschein war mir klar, dass noch Nach war. Immer noch etwas gelähmt schlug ich die Decke beiseite und stand langsam auf. Sofort wurde mir etwas schwindelig und ich stützte mich an meiner Kommode ab. Im nächsten Moment wurde meine Zimmertür aufgerissen und herein kamen meine Mutter und mein Bruder. Halt, sofort kam die Erinnerung an diesen Brief wieder und sofort nahm ich die Bezeichnungen für meine falsche Familie zurück. „Du bist wach, was bin ich froh“, sprach die schwarzhaarige Frau und wollte gerade ihre Arme um meine Taille legen, ich zuckte zurück und sah sie wütend an. Das Gesicht meiner Mu.. der Frau vor mir verzog sich und wurde plötzlich traurig. „Wie bin ich hier her gekommen?“, fragte ich und beim Sprechen bemerkte ich, dass mein Hals staubtrocken war. „Die Polizei hat geklingelt und dich in dein Zimmer getragen. Angeblich wurdest du am See im Park von ihnen gefunden“, erklärte Sota und ich nickte. Danach lief ich an beiden vorbei, die Treppen hinunter in die Küche. Ich schnappte mir mein Glas und trank etwas Wasser. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie mich beide verfolgten. Die junge Frau kam zu mir an und nahm meine Hände, sofort wollte ich sie ihr entziehen, doch ihr Druck wurde fester sodass es mir nicht mehr möglich war. „Kagome, wir müssen darüber reden“, sagte sie ruhig und ich schüttelte den Kopf. „Worüber? Das du und Opa gelogen habt? Die ganze Zeit“, sagte ich schroff und bereute es im nächsten Moment. Ich war eigentlich nicht der zickige Typ, zwar temperamentvoll aber nicht bockig. „Nein, wir wollten es dir erst sagen wenn du volljährig bist. Denn auch wenn du vielleicht nichts mehr mit uns zu tun haben willst, wir lieben dich. Wir haben dich immer als unsere Tochter beziehungsweise Enkelin angesehen“, erklärte sie mir und ein Teil von mir war wirklich froh darüber. Das hieß doch, dass sie mich nicht los werden wollten, oder? „Ihr wollt also nicht, dass ich euch verlasse?“, fragte ich sicherheitshalber nochmal nach und die Frau vor mir lächelte das gewohnte, liebevolle Lächeln. „Nein, um Gottes Willen“, antwortete sie und Sota stürmte plötzlich zu uns. „Du wirst immer meine große Schwester bleiben“, sagte er, während er seine kleinen Arme um meine Mitte schlang. „Mama hat mir vorhin alles erzählt, als du geschlafen hast“, sagte er und fing danach an zu weinen. Mit einer Hand strich ich durch seine Haare und ein Stein fiel mir vom Herzen. „Ich …“, fing ich langsam an, „Ich … darf … bei euch … bleiben?“, fragte ich und beide sahen mich grinsend an. „Natürlich“, antworteten sie im gleichen Atemzug. Meine größte Angst, dass sie mich nun heraus werfen wollten fiel dadurch ins nichts und irgendwie kam ich mir nun albern vor. Ich kannte diese Menschen mein Leben lang und hätte wissen müssen, dass diese Frau hier mich liebte. So sehr sie sich immer um mich sorgte, genau wie mein Großvater. „Es tut mir Leid, dass ich weg gerannt bin“, sagte ich nach langer Zeit und die Frau vor mir schüttelte ihren Kopf hin und her. Danach schlang sie ihre Arme um mich und drückte mich fest an sich. „Ich liebe dich Kagome, du wirst immer meine Tochter bleiben. Auch wenn wir nicht dasselbe Blut teilen, wirst du meine kleine Prinzessin sein. Für immer“, flüsterte sie mir ins Ohr und die Tränen kamen sofort. Genau diese Worte wollte ich hören, diese Sätze brauchte ich gerade um nicht unter zu gehen. Glücklich lächelte ich und meine Tränen durchtränkten ihren Pullover. Ich hätte es wissen müssen, dass es ihr leid tat, mich belogen zu haben. So wie sie vor dem Gespräch gelitten hatte. Sie war immer da, wenn ich sie brauchte. Bei Krankheit, bei Liebeskummer, bei Problemen in der Schule, bei Problemen mit meinen Freundinnen … immer. Sie stand da und fing mich auf, wenn ich fiel. Sie stützte mich, wenn ich seitlich weg kippte. Wenn ich nicht weiter wusste, konnte ich immer um Rat fragen. Sie bekochte mich, half mir bei den Hausaufgaben, brachte mir die natürlichsten Sachen bei. Kaufte für mich und meine Freunde aus dem Mittelalter ein, obwohl diese Dinge auch nicht billig waren. Sie fragte aber nie nach, sie tat es ohne groß darüber nach zu denken. Sie war und ist meine … Mutter. Meine Mutter – für immer. Mit diesem Gedanken erwiderte ich die Umarmung und krallte mich an ihr fest, wie eine ertrinkende. „Mama“, flüsterte ich immer wieder und sie strich mir behutsam über den Rücken. „Mama, verzeih mir“, flüsterte ich weiter und sie wiegte mich hin und her. „Mir tut es leid, dass ich nicht früher mit dir gesprochen habe“, antwortete sie ruhig und ich schüttelte den Kopf. „Nein, wann solltest du das machen? Sobald ich achtzehn wurde bin ich ins Mittelalter gegangen“, sprach ich und meine Mutter verstärkte die Umarmung. „Ich liebe dich“, sagte ich nur noch und sie erwiderte meine Worte. So standen wir noch lange Zeit da und weinten um die Wette. „Wer ist eigentlich dieser Susanoo?“, fragte ich meine Mutter, die gerade dabei war uns frischen Tee in die Tassen zu kippen. Als sie fertig war, stellte sie die Kanne weg und setzte sich zu mir, an den Küchentisch. Mittlerweile war es schon vier Uhr morgens und wir gaben auf, zu schlafen. „Nun ich vermute, dass er dein Vater ist“, erklärte sie und ich starrte erneut auf den Zettel. „Meinst du?“, fragte ich gedankenverloren nach und sie nickte. „Ja, er schrieb, dass du ihm mehr als sein Leben bedeutest. Deshalb kann es nur ein Elternteil sein“, sprach sie und irgendwie gab ich ihr Recht. Alles andere würde keinen Sinn ergeben. „Und ihr habt mich im Brunnen gefunden?“, fragte ich nach und nahm einen kräftigen Schluck von meinem schwarzen Tee. „Ja“, antwortete sie kurz und ich überlegte. „Ich müsste ja dann im Mittelalter geboren sein“, dachte ich laut und meine Mutter sah mich überrascht an. „Wie kommst du darauf?“, fragte sie und ich erklärte schnell: „Wer schmeißt sein eigenes Kind in einen Brunnen, noch dazu in einer Tempelanlage, Mama? Das könnte auch ein Grund dafür sein, warum nur ich durch den Brunnen komme und ihr nicht“, erzählte ich ihr schnell und meine Mutter fing an zu überlegen. „Du hast Recht“, sagte sie, „Das Tuch, indem du gewickelt warst, sah auch sehr altmodisch aus“, erklärte sie und ich nickte. „Siehst du“, sagte ich schluckend. „Kennst du denn einen Mann mit diesem Namen?“, fragte sie und ich schüttelte mit dem Kopf. „Nein“, sprach ich und dachte scharf nach. „Vielleicht kennen die anderen jemanden“, sagte ich und damit beschloss ich, meine Freunde zu fragen. „Du solltest sie fragen, vielleicht können sie dir helfen. Möchtest du ihn den kennenlernen?“ „Ja“, antwortete ich kurz und danach fing meine Mutter an zu gähnen. „Ich werde mich noch etwas hinlegen. Du wirst bestimmt schon weg sein, wenn ich erwache stimmt‘s?“, fragte sie und ich stand mit ihr auf. „Auf jeden Fall. Wahrscheinlich mache ich mich gleich auf den Weg“. Mit diesen Worten verabschiedete ich mich von meiner Mutter und musste versprechen, in einem Monat wieder zu kommen. Ich schrieb Sota eine kleine Nachricht und packte alles nötige zusammen. Mit meinen Rucksack bewaffnet sprang ich in die Tiefe des Bunnen‘s und das blaue Licht erwartete mich sofort. Auf der anderen Seite angekommen hörte ich sofort die Vögel singen. Es wurde langsam hell und ich freute mich auf die anderen. Mithilfe der Ranken kletterte ich nach oben und setzte mich erst einmal auf das morsche Holz des Brunnenrandes. Endlich wieder angekommen, dachte ich und genoss dabei die frische und klare Luft. Was für ein Unterschied es doch war, in der Zukunft würde es diese herrliche Natur nicht mehr geben, dachte ich bedrückt und stand langsam auf. Schlurfend machte ich mich auf den Weg ins Dorf, kam am heiligen Baum vorbei. Dort blieb ich kurz stehen und betrachtete ihn. Die Blätter verfärbten sich langsam, der Herbst würde nicht mehr lange auf sich warten. Schnell warf ich meinen Rucksack auf den Boden und kletterte auf die große Wurzel. Vor der Stelle, an der Inuyasha gebannt wurde, blieb ich stehen und berührte die raue Rinde. Dieser Baum war zusammen mit dem Brunnen die einzige Verbindung zwischen meinen Familien. Gerade war ich so tief in Gedanken versunken, als ich ein bekanntes Youki spürte. Er blieb direkt hinter mir stehen und ich drehte mich langsam zum Daiyoukai des Westens um. „Was kann ich für dich tun?“, fragte ich und verbeugte mich leicht. Ich hatte gerade wirklich keine Lust auf einen Streit. Sesshoumaru aber schwieg oder hielt es nicht für nötig mir zu antworten. Seufzend ging ich an ihm vorbei, wurde aber sofort aufgehalten und herumgewirbelt. „Was fällt dir ein, vor mir zu seufzen?“, fragte er kalt und er war mir dabei so nah, dass ich seinen Atem spüren konnte. „Du hast mir nicht geantwortet“, erklärte ich schnell und schlug mir wie am Tag zuvor gegen die Stirn. Sesshoumaru’s Augen weiteten sich einen Augenblick lang und danach schmiss er mich von der Wurzel herunter. Ich landete unsanft auf dem Boden und mein Knie bekam davon eine Schürfwunde ab. „Was soll das? Was habe ich dir getan, verdammt“, fluchte ich leise vor mich hin und wusste aber, dass er es hören konnte. „Wo warst du?“, fragte er nach und ich zog erschrocken die Luft ein, als er meinen Hals mit seinen Händen umgriff und mich damit hoch hob. „Warum?“, antwortete ich mit einer Gegenfrage, was ihm gar nicht gefiel. „Warum bist du plötzlich verschwunden?“, fragte er nach und seine Stimme fing langsam an, mir Angst zu machen. „Zu Hause“, antwortete ich schnell und damit war mein Sauerstoff verbraucht. Der Daiyoukai schien das bemerkt zu haben und ließ mich wieder runter. Nun stand ich endlich auf eigenen Beinen. Wo blieb nur Inuyasha, wenn man ihn mal brauchte? „Du wohnst beim Halbblut. Lüg mich nicht an“, sprach er immer noch kalt und ich rieb mir über den Hals. „Ich komme aus der Zukunft“, erklärte ich und plötzlich wurde meine Wange heiß. Der Schmerz durchzuckte mich und ich fasste auf die gerötete Stelle. „Ich wiederhole mich ungern, Miko“, sagte er schneidend und ich sah ihn fassungslos an. Das war doch die Höhe. „Sag mal, was willst du eigentlich von mir Sesshoumaru? Ich komme nun mal aus der Zukunft. Ob es dir passt oder nicht. Genauer gesagt fünfhundert Jahre liegen zwischen dieser Welt und der anderen Seite vom Brunnen“, schrie ich ihn nun an und seine Aura wurde immer wütender. Schwer schluckend überlegte ich kurz, was ich hier gerade tat und sah in seine zornigen Augen. Sie funkelten zum einen pure Belustigung und große Wut aus. Das Knurren bestätigte meine Verdacht und ich zog die Luft ein. Nun blickte ich direkt in die Augen des Todes. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)