Wer bin ich wirklich? von Francys ================================================================================ Kapitel 36: Vorbereitungen für die Verhandlung ---------------------------------------------- Kapitel 36: Vorbereitungen für die Verhandlung Kagomes Sicht: Na wunderbar. Jeder Muskel in meinem Körper schmerzte und meine Knochen schrien förmlich nach Erholung. Vorsichtig streckte ich mein Bein, was sich kurz danach als fataler Fehler herausstellte. Ein stechender Schmerz fuhr durch meinen Körper, ich hatte wohl vergessen, dass Fudo meine Knochen gebrochen hatte. Nun versuchte ich es mit meinen Armen, was mir zum Glück relativ unkompliziert gelang. Vorsichtig öffnete ich nun einen Spalt weit meine Augen und schaute mich um. Ich lag in einem riesigen Bett, die Decke war aus feinster Seide und mein Kopf war umrundet mit schönen kuscheligen Kissen. An sich gefiel mir sofort was ich sah, aber bis mein Kopf realisierte, wo ich mich aktuell befand, vergingen noch einige Minuten. Als es mir wieder einfiel, schreckte ich hoch. Natürlich bereute ich es sofort, denn mein Kopf schmerzte unheimlich doll und der Schwindel war auch wieder da. Die Erinnerung an letzte Nacht kam komplett zurück, ich schluckte unsicher, was eigentlich noch alles passiert war. Ging es Touga gut? Panisch suchte ich nach meinem Sohn, den ich in meiner unmittelbaren Nähe nicht fand. Wo war er nur? Angsterfüllt schaute ich hin und her, bis mir dieses große Gemälde über dem Kamin auffiel. Das war doch das Zimmer von Sesshoumaru, oder irrte ich mich? Ja das musste definitiv das Gemach vom Lord sein, denn nur bei ihm hatte ich diesen weißen Fellteppich vor dem Bett gesehen und dieser Raum war viel größer als andere. Eine lange Kommode aus dunklem Mahagoniholz und dazu passend eine Art Waffenschrank schmückten den Raum. Doch eine Änderung fiel mir sofort auf. Neben der Balkontür stand ein wuchtiger Schreibtisch, so einer wie in Sesshoumarus Arbeitszimmer stand. Der war vorher nicht da, da war ich mir absolut sicher! Aber anstatt den Raum weiter zu bewundern sollte ich schnellstmöglich nach meinem Sohn suchen! Das Aufstehen fiel mir aber schwerer als gedacht. Mein gebrochenes Bein jagte bei der kleinsten Bewegung große Wellen des Schmerzes durch meinen Körper, was es noch komplizierter machte mich aufzurichten. Mithilfe von meinem gesunden Bein robbte ich mich an die Kante des riesigen Bettes und schwang es über das Holzgestell. Danach biss ich mir fest auf die Zähne, als ich mein verletztes Bein nachzog und mit meinen Armen über die Kante hievte. Na toll, ich war jetzt schon total erschöpft, denn diese kleine Bewegung kostete mich viel Kraft. Mehr als ich erwartet hatte. Noch bevor ich den Versuch wagen konnte mich aufzurichten, unterbrach mich eine tiefe, kühle Stimme. „Das solltest du vorerst sein lassen.“ Beim Klang seiner Stimme huschte ein angenehmer Schauer über meinen Rücken. Ich folgte meinem Gehör und schaute in die Ecke. Tatsächlich, da saß er. War Sesshoumaru schon die ganze Zeit anwesend? Er lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand, ein Bein war ausgestreckt, das andere angewinkelt. Locker hing sein linker Arm über seinem Knie und in dem anderen lag… Touga! Ein gemummelt in das Fell seines Vaters. Dank dieser Erleichterung konnte ich meine Muskeln etwas entspannen, was aber genauso wehtat als hätte ich sie bewegt. „Du bist hier“, stellte ich fest und sah lächelnd zum Daiyoukai, der sich daraufhin erhob. Langsam schwebte er zu mir herüber und reichte mir unseren Sohn. Glücklich nahm ich ihn entgegen, ignorierte den Muskelkater, was durch das Gewicht vom Kleinen verstärkt wurde. „Ihm geht es gut, welch ein Glück!“, sagte ich sichtlich erleichtert und erfreut. „Hn“, antwortete Sesshoumaru, spannte seinen Kiefer an und drückte ihn nach vorn. War etwa doch etwas passiert, ohne das ich es bemerkt hatte? „Was ist passiert?“, fragte ich ihn. Der Lord des Westens blieb weiterhin vor mir stehen und musterte mich. Nach einer Weile bekam ich auch meine Antwort: „Ich habe die Barriere beseitigen können, aber Fudo ist geflohen.“ Oh, dachte ich. Danach glitt mein Blick wieder über den Körper meines Sohnes. „Er ist doch nicht verletzt, oder?“, hakte ich nochmals nach. „Nein.“ Gut. Ich hätte es nicht ertragen können, wenn Touga etwas passiert wäre. Zum Glück war er ein Youkai, ein normales Kind hätte den Sturz bestimmt nicht überlebt. Die Erinnerung an dese Situation ließ mich den Kleinen enger an meine Brust pressen. „Im Gegensatz zu dir“, sagte Sesshoumaru plötzlich und zog damit meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich winkte mit einem Arm ab. „Halb so schlimm“, spielte ich es hinunter. Ich hatte wirklich ganz schön viel abbekommen, aber es war in Ordnung. Mir war es wichtig, dass es Touga und Sesshoumaru gut ging. „Halb so schlimm?“, knurrte Sesshoumaru auf einmal. Überrascht schaute ich in die goldenen Augen, die seinen Ärger wiederspiegelten. „Hast du überhaupt eine Ahnung, wie sehr er dich zugerichtet hat?“ Schnell schüttelte ich den Kopf und verneinte somit seine Frage. Ohne einen weiteren Kommentar verließ er den Raum, aber nur um eine Minute mit einem großen Spiegel wieder zu kommen, der in einem Mahagoniholzrahmen eingearbeitet wurde. Wortlos stellte er ihn vor mir auf den Boden und ich besah mich im Spiegel. Na bitte, so schlecht sah ich doch gar nicht aus. Wenn man die bunten Veilchen in meinem Gesicht ignorierte, meine aufgeplatzte Schläfe und die angeschwollenen Wangen. Meine Lippen waren aufgeplatzt und der Schorf bildete sich über die Wunden. Ein Verband wurde um meinen Kopf gelegt und anscheinend auch um meine Brust, was ich im ersten Moment gar nicht verstand. Erst als ich es vorsichtig berührte, bemerkte ich den stechenden Schmerz. Mein Bein war eingepackt in mehreren Lagen von Leinentüchern, was in dieser Zeit wohl als Gips durchging. Eigentlich fand ich, es hätte schlimmer sein können, denn mein restlicher Körper war zum Glück nur mit blauen Flecken übersät. Das plötzliche Knurren Sesshoumarus riss mich aus meinen Gedanken. Gespannt schaute ich zum Daiyoukai, der mich mit einer erhobenen Augenbraue betrachtete. „So schlimm ist es nun auch wieder nicht“, murmelte ich leicht beleidigt. Vielleicht war er auch nur so enttäuscht, dass ich mich nicht besser wehren oder verteidigen konnte. „Bist du blind, Kagome? Schau dich erneut an und sage mir nicht nochmal, dass es halb so schlimm sei“, knurrte er weiter. Ich zuckte mit den Achseln, schaute ihn grinsend an. „Was mich nicht umbringt, macht mich nur stärker“, kicherte ich. Was sollte ich auch anderes tun? Depressiv in der Ecke sitzen und weinen? Nein, das brachte mir rein gar nichts. Ich überlegte noch einen Moment lang, bis Sesshoumaru plötzlich reagierte. Schnell war der Daiyoukai bei mir und hob mit einem eisigen Griff meinen Kopf an, zwang mich damit ihn direkt anzuschauen. „Du wärst fast gestorben!“ Seine Stimme klang nicht mehr so kalt, eher sauer. Aber wieso? Ich starrte in seine Augen und nach einem kurzen Moment verstand ich es. Sesshoumaru hatte sich um mich gesorgt. Er hatte anscheinend … Angst. Leicht öffnete ich meine Lippen vor Unglauben. Passierte das hier gerade wirklich oder träumte ich? Falls ich hier gefangen war in meinem Inneren, dann bat ich die Götter, mich noch ein wenig schlafen zu lassen. Auch hatte ich das Gefühl, dass Sesshoumarus Hand leicht zitterte. Eigentlich passte alles zusammen. Aber das hier war doch noch der unnahbare, gefühllose Daiyoukai. Oder? Behutsam legte ich meine Hand auf seinen Arm und sah ihm liebevoll und dankbar in die Augen. „Ich lebe“, stellte ich fest. Das schien Sesshoumaru irgendwie zu beruhigen und er löste seinen Griff. Wieder einmal drehte er sich halbherzig von mir weg, wahrscheinlich damit ich sein Gesicht nicht sah. „Um ein Haar…“, flüsterte er, „… hätte ich euch verloren!“ Als diese Worte mein Gehirn erreichten, zog sich mein Herz schmerzerfüllt zusammen. Mir war nicht bewusst, dass er so litt beziehungsweise so leiden würde, wenn ich von der Bildfläche verschwand. Behutsam legte ich Touga zwischen die Kissen auf das Bett. Danach zwang ich mich dazu aufzustehen, trat sicherheitshalber nur auf dem gesunden Bein auf. Danach humpelte ich zum Lord, der mich anscheinend nicht bemerkt hatte. War er etwa so tief in Gedanken versunken? So kannte ich ihn gar nicht! Dieser Sesshoumaru war für mich völlig fremd, jedoch würde ich niemals sagen, dass mir diese Seite von ihm nicht gefiel. Endlich kam ich bei ihm an und berührte sanft seinen linken Arm. Geschockt durch meine plötzliche Berührung zuckte er unter meiner Hand zusammen und schaute mich fassungslos an. „Was machst du da?“, fragte er. Ich ignorierte seine Frage und strich ihm über den Stoff seines Kimonos, der den Arm bedeckte. „Dich beruhigen“, erklärte ich leise. Sesshoumaru drehte sich nun komplett zu mir um und schaute in mein Gesicht. Sanft strich er über meine geschwollene Wange, ich zuckte dabei zusammen, weil selbst diese zärtliche Berührung schmerzte. Seine Hand ließ von meinem Gesicht ab, fuhr an meinem Hals entlang und blieb an meinem Schlüsselbein stehen. Danach drückte er meine Haare nach hinten und besah sich meinen Hals. Kurz darauf knurrte er laut los. „W-Was ist?“, fragte ich unsicher. Sesshoumaru trat einen Schritt näher und durch die plötzliche Nähe wollte ich zurück schrecken, fiel aber nach hinten. Seine langen und starken Arme stützten meine Hüften und zogen mich wieder nach vorn. Ohne mir eine gewünschte Antwort zu schenken beugte er seinen Kopf hinab und drückte seine Nase auf meine Haut. Tief sog er die Luft ein, schnaubte daraufhin und fing an, an meinem Hals zu saugen. Etwas unsicher und peinlich berührt wollte ich ihn stoppen, seinen Körper aufhalten weiterhin an meiner Haut zu saugen, doch ich scheiterte. Nicht weil er mir sowieso körperlich überlegen war, sondern weil dieses angenehme Gefühl sich in meiner Brust sammelte und sich in unbeschreiblich schnellen Bewegung den Weg durch meinen Körper bahnte. Meine Knie sackten ein, doch durch seine Arme um meine Taille war ich zum Glück davor bewahrt worden, den Boden begrüßen zu müssen. Nach einigen Minuten löste er sich von mir und hob mich auf seine Arme. Danach setzte er mich auf dem Bett ab und wich einige Schritte zurück. Perplex beobachtete ich dabei seine Miene. Sie schien wieder normal zu sein und ließ keinerlei Emotionen nach außen dringen. „Sesshoumaru?“, fragte ich unsicher, wie ich dieses Verhalten deuten sollte. Doch nicht einmal eine Minute später klopfte es an der Tür. „Komm rein“, befahl Sesshoumaru. Die dunkle Holztür wurde auf geschoben und herein kam Susanoo, dicht gefolgt von Jaken und Rin. Der Hauptmann schaute erst zu mir und danach zu seinem Freund. Rin sah erleichtert in meine Augen, ehe sie los rannte und auf das Bett sprang. „Kagome! Du bist wieder wach“, stellte die Kleine fest. Ich erwiderte ihre Umarmung, ignorierte dabei die aufkommenden Schmerzen. „Rin hat sich um dich gesorgt“, erzählte sie mir. Ich strich ihr sanft einige Strähnen aus dem Gesicht und lächelte sie dankbar an. „Danke Rin, das weiß ich sehr zu schätzen“, antwortete ich. Ein Räuspern unterbrach unsere Kuscheleinheit. Gespannt schaute ich zu Susanoo, der etwas sagen wollte. „Es freut mich Euch wohlauf zu sehen, Lady Kagome“, fing er an, „Leider aber habe ich eine gute und eine schlechte Nachricht.“ Nun war das Interesse geweckt und ich antwortete: „Die Schlechte zuerst.“ Susanoo atmete einmal tief ein, ehe er anfing zu berichten. „Euer Gemach und das Arbeitszimmer des Herren wurden bei dem gestrigen Kampf komplett zerstört. Ein Leben darin ist erst einmal nicht möglich“, erklärte er. Ich nickte. Ich wusste noch, wie Sesshoumaru die Barriere zerstörte und konnte mich noch an die herabfallenden Mauersteine erinnern. „Die gute Nachricht?“, fragte ich. Nun schlich sich ein Lächeln auf das schöne Gesicht des Hauptmannes und er sah dabei auch Sesshoumaru kurz an. „Ihr werdet von nun an immer in Begleitung durch das Schloss wandern. Entweder wird meine Person Euch Gesellschaft leisten, oder Sesshoumaru-sama.“ Aha. Okay, was war daran gut? Ich konnte von nun an also nicht mehr allein durch die Gegend laufen? „In der Nacht jedoch werde ich im Gemach von Rin-sama Wache halten“, fügte er noch dazu. Super. Wenigstens hatte ich in den Abendstunden meine Ruhe. „Aber was ist daran eine gute Nachricht?“, murmelte ich mehr zu mir selbst. Ein Lachen seitens Susanoo unterbrach meine Gedanken. „Das werdet Ihr noch erfahren, MyLady“, erläuterte der Hauptmann. Ich nickte und verbeugte mich leicht. Danach sagte er etwas zu Sesshoumaru, was ich leider nicht ganz verstand. Plötzlich kam Jaken zu mir und verbeugte sich. „MyLady, mich freut es zu sehen, dass Ihr wohlauf seid! Wenn ich etwas tun kann, damit Ihr Euch besser fühlt, dann zögert nicht mich zu rufen“, schleimte der Kappa. Ich sah ihn mit offenen Lippen und Falten auf der Stirn an. Was war denn bitteschön mit dem los? Wie aufs Stichwort fing mein Magen an zu knurren. Jeder hier im Raum konnte es hören und mir war es ziemlich unangenehm. Jaken schreckte hoch und rannte sofort aus dem Raum, dabei murmelte er etwas von ‚Essen besorgen‘. Verwundert schaute ich ihm hinterher. Susanoo lachte, verabschiedete sich, schnappte sich meine Hand und drückte einen Kuss auf deren Rücken. Das brachte Sesshoumaru zum Knurren und als sich der Hauptmann von meinen Fingern löste, zwinkerte er mir schnell zu, danach war auch er verschwunden und rief nach Rin, die ihm daraufhin fröhlich folgte, Tama begleitete sie. Als alle verschwunden waren war die gähnende Stille wieder anwesend. Jedoch blieb sie nicht lange bestehen, da Touga wach wurde und anfing zu weinen. Ich ahnte schon, dass der Kleine hunger hatte und nahm ihn auf den Arm. Danach schnappte ich mir die Decke und legte sie mir über die Schulter, um meine Blöße zu bedecken. Schnell war mein Kimono beiseite und ich legte Touga behutsam gegen meine Brust, der schnelle und gierige Schlucke nahm. Es schmerzte etwas, aber ich hielt es aus. Sesshoumaru beobachtete uns die ganze Zeit, was mich nicht weiter störte. Ich hatte mich langsam daran gewöhnt und strich meinem Sohn behutsam über den Rücken. Kurz nachdem er satt war, ich mich wieder anziehen konnte, kam Jaken mit einem Tablett voller Essen herein und stellte es auf meinem Bett ab. Danach verbeugte er sich, verließ den Raum und hinterließ wieder Verwunderung in meinem Gesicht. „Was hat der nur auf einmal?“, fragte ich mich selbst. Sesshoumaru antwortete darauf: „Er ist anscheinend von dir beeindruckt, seit seiner Rettung.“ Überrascht schaute ich zum Daiyoukai, der mich anstarrte. „Hab ich was im Gesicht?“, fragte ich nach einigen Minuten, in denen er mir starr in die Augen sah. Sesshoumaru drehte sich weg, ging zur Tür und hob gerade den Arm um die Tür zu öffnen, da hielt er plötzlich inne. Schnell stand er wieder vor mir. Verdammt, wann gewöhnte ich mich endlich an diese Geschwindigkeit, dachte ich leicht verärgert. Er streckte seinen Arm entgegen und ich sah sie einfach nur an. Mit einem Seufzer nahm er mir Touga aus dem Arm und platzierte ihn auf seinen rechten, deckte ihn mit Mokomoko-sama zu. „Schlaf“, befahl er mir und drückte mich dabei sanft zurück auf die Strohmatratze. Ich ließ mich in den Kissenberg fallen und schaute ihn weiterhin an. „Wenn du wach bist, werden wir weiter sprechen“, erklärte er, wendete wieder der Tür zu und öffnete sie. Im Türrahmen schaute er zu mir zurück, während er sagte: „Morgen früh finden die Verhandlungen statt.“ Ich dachte noch einen Augenblick über seine Worte nach, bis die Erschöpfung mich Willkommen hieß und die Müdigkeit meinen Verstand zur Ruhe zwang. Traumlos holte ich den versäumten Schlaf nach und versank in der Tiefe der Dunkelheit. Sesshoumaru’s Sicht: Schnell suchte ich Susanoo und Jaken auf, die in einem der Beratungszimmer warteten. Als ich den Raum betrat, sah mich mein Freund skeptisch an. „Du kannst ihn schlecht mit deinem Sohn begrüßen“, stellte Susanoo fest. Ich nickte und schaute zu Jaken. „Bringe ihn zu Hana“, befahl ich und der Kappa sprang sofort auf, nahm Touga und verschwand aus dem Raum. „Also gut. Was ist der Plan?“, fragte mein Hauptmann. Ich schwieg. Er schaute mich entsetzt an. „Sag mir nicht, du hast dir keinen überlegt“, sagte er. Ich nickte. Kurz darauf zog er scharf die Luft ein und schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. „Das ist nicht dein Ernst, oder?“ Ich nickte wieder. Susanoo schüttelte den Kopf, bis er anfing zu sprechen: „Zum Glück hast du ja mich. Ich habe mir überlegt, dass Lady Kagome definitiv dabei sein sollte.“ Nun schaute ich nicht schlecht aus der Wäsche. Kagome sollte was? Susanoo kicherte, als er meinen Gesichtsausdruck beobachtete. „Wenn es um sie geht, kann ich in dir lesen wie in einem Buch“, erzählte er. Mich kümmerte dieser Kommentar nicht. Er war nun einmal einer der Wenigen auf dieser Welt, dem ich meine Emotionen zeigen konnte, ohne das es mir zum Verhängnis werden könnte. „Was soll sie machen?“, fragte ich. Mein Hauptmann hatte mit der Frage gerechnet und er holte einmal tief Luft. „Also, ich denke, dass der Lord des Südens sie mögen wird. Noch dazu sieht sie sehr … schlimm aus … dank der letzten Nacht und das könnten wir zu unserem Vorteil nutzen“, berichtete er. Ich knurrte. Kagome als Druckmittel benutzen? Das kam überhaupt nicht in Frage. Er hob schützend seine Hände. „Verstehe mich nicht falsch, natürlich werden wir das nicht ohne die Erlaubnis von ihr machen. Ich muss dich aber hoffentlich nicht daran erinnern, dass es hierbei um viel mehr geht als um deinen Stolz und ihren“, sagte er. Ich musste ihm Recht geben. „Hn“, antwortete ich nur. Susanoo nickte, stand auf und ging zur Tür. „Bitte frage sie heute Abend. Kurz bevor die Sonne verschwindet, wird der Lord ankommen“, erzählte er. Ich nickte. „Noch etwas“, fing er an zu reden, „Wir werden die Wachen verdreifachen und du solltest ihr von deinem Vorhaben unterrichten, denn wer weiß wie die Lady reagieren wird.“ Ein warnendes Knurren meinerseits brachte Susanoo zum Schweigen und er verließ schnell das Zimmer. Es dauerte auch nicht mehr lange, da begrüßte uns die Nacht und der Tag verabschiedete sich in einem bemerkenswerten Farbspiel im Himmel. Das war für mich das Signal, den Lord des Südens endlich zu begrüßen. Also gesellte ich mich zu den anderen und stellte mich in der Eingangshalle ganz nach vorn. Rin war auch dabei, weil er sie schon kannte. Susanoo stand hinter mir, gefolgt von Jaken. Wir warteten noch einen Augenblick, bis der Lord endlich eintrat. Er war, genau wie seine Tochter, ein Schlangen-Youkai. Seine Haut hatte einen olivfarbenden Ton und die Augen waren nicht so giftig wie die seines Mädchens. Eigentlich erinnerten sie mich an ein warmes Moosgrün. Seine Haare waren braun und kurz, verliefen stachelig über den Kopf. Seine Rüstung war pechschwarz und er benutzte für beide Arme einen Schutzkranz. Darunter trug er einen Waldgrünen Hakama mit einem gelben Obi. Sein Kimonooberteil war in derselben Farbe wie sein Hakama gehalten. An den Ärmeln fand man das Symbol des Südens – ein gelber Kranich. Der Lord blieb drei Meter vor mir stehen und schaute finster in mein Gesicht. „Sesshoumaru-sama, ich würde gern sagen, dass es mich freut, Euch heute besuchen zu dürfen“, sagte er und verbeugte sich leicht. Ich nickte. „Herzlich Willkommen Daiki-sama“, begrüßte ich ihn. Der Lord hob seinen Kopf an und schien im nächsten Moment nach jemanden zu suchen. „Wo ist sie?“, fragte er. Ich hob eine Augenbraue. Meinte er diese Frage ernst? Natürlich war seine Tochter im Keller, in dem passenden Kerker. „Ihr wisst bestimmt, dass ich die Hime des Südens unter diesen Umständen nicht frei herumlaufen lassen konnte…“, sagte ich und wollte gerade weitersprechen, als mich Daiki unterbrach. „Ich meine nicht dieses törichte Kind. Ich suche die Miko“, erklärte er schnell. Nun war ich geschockt. Was wollte er von Kagome, oder besser, woher wusste er davon? Susanoo trat einen Schritt nach vorn und verbeugte sich tief. „Sie schläft, Daiki-sama“, berichtete er ihm. Der Lord des Südens nickte schwach, sah mich an und grinste daraufhin. „Nun gut, ich denke, es wird Zeit für ein Gespräch. Susanoo, Sesshoumaru-sama? Werdet ihr mich begleiten?“, fragte er streng. Sofort spannten sich jegliche Muskeln in meinem Körper an. Aber in meiner Position als Verhandlungsführer musste ich in meine Rolle schlüpfen und stimmte daraufhin zu. Gemeinsam zogen wir uns zurück. In einem der Beratungszimmer setzten wir uns an einen Tisch. Ich beobachtete meinen Gegenüber genauestens und versuchte seine Laune zu deuten. Aber nach mir war der Lord des Südens der Beste darin, seine wahren Gefühle hinter einer Maske zu verstecken, was es mir erschwerte, etwas herauszufinden. „So. Jetzt erzählt mal“, fing Daiki an zu sprechen. „Was wollt ihr wissen, Daiki-sama?“, fragte Susanoo. Daiki lachte daraufhin nur und hob seine Hand. „Lass die Formalitäten gut sein, Susanoo. Wir sind jetzt unter uns. Ich möchte alles über diese Menschenfrau erfahren, von der meine Tochter mir erzählte“, erklärte er. Ich war etwas erleichtert. Wenn er so anfing, dann war die Gefahr eines Krieges vielleicht nicht so groß, wie ich vermutete. „Was hat sie denn erzählt?“, fragte mein Hauptmann und das war ein weiterer Grund, warum ich ihn so mochte. Er wusste immer, welche Frage mich interessierte und stellte sie im richtigen Moment. „Nun ja, sie berichtete mir, dass diese Miko eine Hexe wäre, die Sesshoumaru unter ihrem Bann hielt. Sie wäre wahnsinnig hässlich und nur auf Macht und Reichtum aus“, sagte Daiki. Ich erhob eine Augenbraue, beschrieb sich die Schlange selbst oder was? Ich knurrte leise, bereute es sofort. Ich musste mich wirklich zusammen reißen. „Ich vermute anhand deiner Reaktion, dass sie nicht die Wahrheit sprach?“, hakte Daiki nach. Ich nickte. „Miko Kagome ist wahrlich ein besonderer Mensch. Sie kommt aus einer anderen Zeit, hat besondere Fähigkeiten, die selbst den höchsten Priester verwehrt bleiben und noch dazu scheint sie einen besonderen Vater zu haben“, plauderte Susanoo. Mir war es nicht Recht, Kagome so zu übergehen, über ihre Herkunft und ihre Vergangenheit zu erzählen, aber anscheinend hatten wir hier keine Wahl. Wir mussten Daiki davon überzeugen, dass seine Tochter im Unrecht war. „Aha, das klingt sehr spannend. Welchen Vater meinst du?“, bohrte der Lord weiter. Susanoo schaute mich kurz an und ich nickte zustimmen. Danach ergriff ich das Wort: „Ihr Vater scheint Susanoo zu sein.“ Dem Lord des Südens entglitten daraufhin jegliche Gesichtszüge. „Der Gott Susanoo?“, fragte er. Ich nickte. „Da gibt es keine Zweifel?“, nervte er weiter. Wieder bewegte ich meinen Kopf. „Nein“, antwortete ich schlicht. „Nun will ich sie definitiv kennenlernen!“, jubelte er, klatschte dabei erfreut auf den Tisch. „Warum schläft sie denn schon?“ Ich hätte am liebsten die Augen verdreht, beherrschte mich aber. „Wir wurden letzte Nacht angegriffen, von dem Feind der Lady. Auch vermuten wir, dass er eine göttliche Kraft besitzt, wodurch ihm möglich war, sich in den Palast zu schleichen“, berichtete mein Hauptmann und Freund. Schon wieder hätte ich gerne geseufzt. Zuzugeben, dass wir ein Sicherheitsproblem hatten, kratzte an meinem Stolz als Herrscher dieses Palastes. „Das klingt problematisch. Ich schätze, die Miko hat Einiges abbekommen, weshalb sie jetzt ihre Kräfte sammelt?“ Ich nickte. Die Erinnerung an letzte Nacht ließ mich aufknurren. Dieser Wicht musste sehr bald sterben, dachte ich weiter. „Gut. Das ist erst einmal alles, was ich wissen wollte. Ich werde mich nun zurück ziehen“, sagte Daiki. Ich stand ebenfalls auf und rief nach Jaken, der den Lord des Südens daraufhin in den Gästetrakt für die anderen Fürsten brachte. Als er endlich aus dem Raum war, atmeten Susanoo und ich gemeinsam auf. „Das war besser als erwartete“, sprach mein Freund die Worte aus, die ich dachte. „Hn“, machte ich nur und ging aus dem Zimmer. Ich wollte nur noch nach Kagome sehen. Kagomes Sicht: Ich wurde gerade wach, als sich die Tür öffnete und Sesshoumaru hereintrat. „Du bist wach, gut“, sagte er. Ich setzte mich noch etwas schlaftrunken auf und beobachtete den Daiyoukai. „Warum?“, fragte ich. Sesshoumaru kam zu mir und setzte sich auf die Kante des Bettes. „Willst du morgen bei den Verhandlungen dabei sein?“, hakte er nach. „Ja“, antwortete ich schnell. „Wir werden das Mitleid des Lords erwecken, indem wir ihm zeigen, wie du aussiehst und was du durchmachen musstest“, sagte der Inu. Ich schaute ihn nun verdattert an. Wir sollten was? „Was?“ Der Daiyoukai schaute mich mit ausdruckslosen Augen an. „Das ist eine Chance ohne eine Kriegserklärung aus der Verhandlung zu kommen“, erklärte er. Mein Verstand wusste, worauf er hinaus wollte. Aber mich als Druckmittel zu benutzen war nicht gerade die feine Art. Sesshoumaru schien meinen Zweifel bemerkt zu haben, denn im nächsten Moment redete er mir ein: „Wenn du dagegen bist, werden wir das lassen.“ Automatisch schüttelte ich den Kopf. „Nein, ich möchte auch keinen Krieg“, erläuterte ich. Der Daiyoukai schien erleichtert und schloss kurz seine Augen. „Wir haben ihm einiges über dich erzählt“, berichtete er mir. Nun hob ich skeptisch meine Augenbrauen. „Das du aus einer anderen Zeit kommst, dein Vater ein Gott ist und du große Kräfte als Miko besitzt.“ Als ich seiner Stimme lauschte, war ich verwundert, so dachte er über mich? Nickend zeigte ich ihm, dass ich verstand was er mir gerade erzählte. „Gut. Dann schlaf weiter, ich werde dich morgen früh wecken lassen“, befahl mir der Lord des Westens. „Wo ist Touga?“, fragte ich und Sesshoumaru rief nach Jaken, der schon mit meinem Sohn auf den Arm angerannt kam. Ohne ein weiteres Wort zu sagen nahm ich ihn auf den Arm und er schien schon wieder Hunger zu bekommen. „Jaken, verschwinde!“ Nach diesen Worten von Sesshoumaru verließ der Kappa das Zimmer und ich fütterte ungestört meinen Kleinen. Sesshoumaru setzte sich wieder in die Ecke, wo er bei meinem ersten Erwachen saß und schaute mich an. „Ihr werdet ab jetzt hier wohnen“, erklärte er. Ich war verwundert, mein Herz machte einen Sprung vor Freude und ich stimmte zu. „Okay“, antwortete ich, woraufhin sich die Augen des Lords schlossen und ich mich ebenfalls wieder zur Ruhe legte. Doch dieses Mal verfolgte mich Sesshoumaru im Traum und ich konnte eine heiße, innige Nacht erleben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)