Let me be your favourite hello and hardest goodbye von Nuessjen ================================================================================ Kapitel 9: Drei Wochen ---------------------- Verblüfft und fassungslos starre ich Sasuke an, meine Augen weit aufgerissen, habe Angst, mich verhört zu haben. Er würde es nicht verkraften, wenn ich sterben würde? Niemals hätte ich gedacht, dass es irgendjemanden wirklich interessieren würde, wenn ich wirklich den Kampf gegen diese Krankheit verliere, all die Scheiße, durch die ich schon durch musste, hinter mir lassen würde… Doch jetzt gab es jemanden, der es sogar zugab, dass es ihm etwas ausmachen würde. Ändert sich jetzt etwas an meinem Willen, diese Scheiße zu besiegen? Definitiv ja. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich tatsächlich etwas wie einen Freund gefunden, jemand, der mich mag, weil ich bin wie ich bin und mich nicht aufgrund meiner Armut gleich ablehnt. Und es tut verdammt noch einmal gut, gut zu wissen, dass er für mich da ist und tatsächlich auch gut zu wissen, dass er es nicht verkraften würde…denn mittlerweile kann auch ich mir kein Leben ohne ihn mehr vorstellen. Sasuke hat es doch tatsächlich geschafft, in so kurzer Zeit einen Platz in meinem Leben zu ergattern, ihn vehement zu besetzen und auch den Weg in mein Herz hat er gefunden und für andere blockiert. Immer noch sitzen wir eng aneinander geschmiegt auf dem Felsvorsprung, sein Kopf lehnt mittlerweile auf meiner Schulter, als würde er den dringend benötigten Halt suchen und bei mir finden. Die Stimmung zwischen uns ist einerseits entspannt und befreiend locker, auf der anderen Seite allerdings zum zerreißen gespannt und aufgewühlt. Ich will das Gesagte nicht so zwischen uns stehen lassen, ich weiß aber auch keine Antwort darauf, würde ich das antworten, was mir die ganze Zeit durch den Kopf geht, würde ich in Tränen ausbrechen und mich ziemlich lächerlich machen. Ich würde ihm sagen, dass er momentan der wichtigste Mensch in meinem Leben ist, obwohl ich ihn noch nicht richtig kenne, dass er mir eine Sicherheit gibt, die ich noch nie hatte und mir so viel Mut zum Weiterkämpfen gibt, den ich so dringend benötige. Ich würde ihm auch sagen, dass ich jede einzelne Sekunde mit ihm so schätze und genieße, dass allein seine Anwesenheit eine Ruhe in mir hervorruft, die ich das letzte Mal bei Haru empfunden habe. Ich würde ihm sagen, dass ich mir ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen kann, weil es dann für mich nicht mehr lebenswert wäre, ohne seinen trockenen Humor und seine passiv-aggressive Art, die er manchmal an den Tag legt. Ich würde ihm sagen, dass ich mich hoffnungslos in ihn verliebt habe. All das kann ich ihm nicht einfach so sagen, also genieße ich seinen Kopf auf meiner Schulter, sein etwas längeres Haar, das mir strähnenweise ins Gesicht fällt, so samtig weich und luftig. Wie kleine Wölkchen. Was er wohl sagen würde, wenn ich ihn so nenne? Wölkchen. Ich kann mir ein kleines Lachen nicht verkneifen, gerade so laut, dass es sich dabei auch um ein kleines Hüsteln handeln könnte. Langsam und ständig darauf bedacht, Sasuke nicht von mir zu stoßen und den wunderschönen Körperkontakt bloß nicht zu unterbrechen, ziehe ich mein Handy aus meiner Wollweste hervor und stöpsle die Kopfhörer ein, suche ein bestimmte Lied aus, welches ich zur gewünschten Stelle vor spule und drücke auf Play, nachdem ich Sasuke einen Hörer ins Ohr gepuhlt habe. „Don´t stop believing, hold on to the feeling*“, schallt es aus den Kopfhörern und Sasukes Kopf ruckt erschreckend schnell hoch. Verdutzt schaut er mich an, bevor er in schallendem Gelächter ausbricht und mich mit seinem Lachen ansteckt. Das schönste Lachen, das ich je gehört habe und je hören werde. Dessen bin ich mir sicher. „Nicht dein Ernst!!!“ , immer noch lachend schlägt er mir gespielt fest mit der Faust gegen den Oberarm, bevor er seine Arme um mich legt und mich näher an sich heranzieht. Er ist sich bewusst, dass ich versuche jede unangenehme Situation mit Humor und Ironie zu begegnen, was ich mit dieser kleinen Musikaktion deutlich gemacht habe. Und er ist der Einzige, der das versteht. Seufzend lehne ich mich stärker an ihn, merke die Müdigkeit, die langsam in mir hochkriecht und mich einzulullen versucht, sein Geruch, der mich umhüllt und mir ein überwältigendes Gefühl von Geborgenheit und Fürsorge vermittelt. Stunden könnte ich noch hier mit ihm sitzen und hätte noch nicht genug davon. „Da seid ihr ja, ihr Turteltäubchen!“, höre ich Suigetsu von Weitem rufen, die Arme ausladend in der Luft schwingend und lachend. Turteltäubchen? Hab ich schon wieder etwas verpasst? „Schließ doch nicht gleich von euch auf uns, mein Lieber!“, kontere ich. Ich weiß nicht, ob es Sasuke unangenehm ist, wenn sie uns so betiteln, deswegen musste ich dagegenrudern. Obwohl mir der Ausdruck ja schon gefiele. „Ach Sakura, Liebes, lass dir nicht zu viel Zeit, das Offensichtliche zu sehen! Und jetzt lasst uns was fettes essen gehen, Mama hat Hunger!“. Oh Gott. Ich merke, wie sich Sasuke neben mir anspannt, seinen Kopf langsam, zu mir dreht und mich amüsiert mit seinen Onyxen fesselt. Mama. Das hat er jetzt nicht wirklich gesagt. Gleichzeitig brechen wir in Gelächter aus, Sasuke lehnt sich dabei so stark gegen mich, dass ich dem Druck nicht mehr standhalten kann und er an mir abrutscht, direkt mit dem Kopf auf meinen Schoß, sich immer noch den Bauch haltend. Ja, manchmal ist er wirklich wie ein kleines Kind. Immer wieder kommt diese Seite an ihm heraus und ich befürchte, dass sie sogar die Überhand nimmt, wenn Itachi in der Nähe ist. In unmittelbarere Nähe. „Wo willst du denn was essen gehen, Mama?“, frage ich gekonnt freundlich und mit strahlenden grünen Augen. Mein Magen knurrt schon, und jetzt wird mir auch mein Hunger bewusst, den ich schon lange nicht mehr als so stark empfunden habe. „Am Pier ist ein kleines Fischrestaurant, da könnten wir doch was essen gehen, oder? Wie wärs mit Calamari oder paniertem Fisch oder..“ „Sui, halblang. Du bekommst, was du möchtest, aber mach dir jetzt nicht noch mehr Hunger, sonst mutierst du richtig zur Diva, nur weil du zu großen Appetit hast!“, ermahnt ihn Itachi halbstreng. Zu süß. Die beiden sind einfach zu süß so zusammen…und unweigerlich sehne ich mich nach jemanden, der mich halbstreng zurechtweist, wenn ich etwas zu verrückt werde. Mein Blick wandert nach unten, wo Sasuke seinen Kopf immer noch auf meinem Schoß gebettet hat und sich richtig einkuschtl, meine lange Weste sogar etwas über sich gezogen hat. „Hey, Mister. Ich bin doch kein Bett…steh auf, ich hab auch Hunger! Führ Frauchen bitte aus..“, gespielt beleidigt verziehe ich meine Schnute, warte darauf, dass er den Scherz versteht und darauf eingeht. „Sorry…hab die Leine vergessen“, murmelt er nur gelassen, richtet sich dann allerdings auf, nur, um mich wieder auf seinen Rücken zu verfrachten. Er bleibt ja immer doch mein Arzt, der weiß, wann ich total fertig bin, und wann nicht. Und der Spaziergang von vorhin hat mich doch mehr geschafft, als ich zugeben möchte…und es fühlt sich wunderbar an, so von ihm getragen zu werden. Sachte lehne ich meinen Kopf auf seinen, während wir den Weg zum Restaurant einschlagen und genieße die Wärme, die sein Körper ausstrahlt. Ich bin müde…viel zu müde. Und ich fühle mich so schwach, viel zu schwach. So schwach, dass ich nicht einmal mehr die Arme um Sasuke schlingen kann, um mich festzuhalten. Das Atmen fällt mir zunehmend schwerer und ein Röcheln entflieht meiner Kehle, die Enge kehrt in meine Brust ein und ich habe das Gefühl, mir würde jeglicher Sauerstoff entzogen werden. Meine Augen kann ich kaum aufhalten, obwohl ich das Bedürfnis habe, sie vor Schreck und Panik aufzureißen, zu weiten, nonverbal um Hilfe zu rufen. Doch die Hilfe bekomme ich schon lange, denn anscheinend ist mein Zusammenbruch nicht unbemerkt geblieben. Alles rauscht an mir vorbei. Sasuke, der verzweifelt versucht, mich wachzuhalten, Sui, der anscheinend den Notruf wählt, Itachi, der immer wieder versucht, Sasuke zu beruhigen, der mittlerweile ein schmerzverzerrtes Gesicht hat. Ob ich ihn verletzt habe? Oder warum weint er denn bloß? Die Sanitäter rauschen an mir vorbei, der Tubus, der mir gelegt wird und mir unangenehm im Rachen drückt, das Sedativum, das langsam anfängt zu wirken und mich in ein traumloses schwarzes Loch reißt. Weg von ihm. ______________ Langsam öffne ich blinzelnd meine Augen, merke den unangenehmen Druck in meinem Hals, erinnere mich an den Tubus, der mir gelegt wurde. Stumm schaue ich mich um, versuche rauszufinden, wo ich mich befinde, doch das Krankenzimmer sieht anders aus, als die in meinem Krankenhaus. Also bin ich in ein andere gebracht worden. Ein Blick neben mich, mehr schlecht als recht, da ich mich aufgrund des Tubus nicht wirklich bewegen kann, weckt ein Dejavú in mir. Sasuke sitzt auf dem Stuhl neben meinem Bett, den Kopf auf meine Matratze gebettet, die Haare schal und tiefe Augenringe, die sein Gesicht zeichnen. Wie lange er wohl schon hier sitzt? Mittlerweile wird der Brechreiz zu stark, sodass ich kurzerhand gegen Sasukes Kopf tippe und ihn so wecke. Schnell schaltet er, drückt den Schwesternknopf, bevor er sich Handschuhe anzieht und mir den Tubus selbst entfernt. Seine Augen sind gerötet, mattschwarz und glitzern, als würden sich wieder Tränen in ihnen sammeln. Wortlos reicht er mir ein Glas Wasser, sodass ich meine Stimmbänder ölen kann, doch es kommt nur Krächzen heraus. „Wie lange bin ich schon hier?“, frage ich ihn unter größter Mühe. Resigniert und traurig schaut er mich an, rückt näher an mich heran mit seinem Stuhl, legt seine Hände auf meine, bevor er mir antwortet: „ Drei Wochen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)