Still Here von True710 (Misty`s Thoughts) ================================================================================ Kapitel 1: Still Here --------------------- Ich war immer noch hier. Alleine in meiner Arena. Und du warst nicht da. Ash Ketchum. Du warst am Umherreisen. Immer noch. Ohne mich. Es war mal wieder einer dieser Tage, an denen ich mich besonders nach dir sehnte. Grauer, trister Herbst. Die Blätter fielen von den Bäumen und färbten die Straßen und Wege Orange. Eine unangenehme Briese umfuhr die Nasenspitze des Jugongs, das sich auf dem Dach der Arena befand. Trüber, bedeckter Himmel, der mit Hilfe des grauen Wolkenvorhangs, der über der Stadt lag, Millionen von Regentropfen auf die Erde fallen ließ. Ich sah seufzend aus einem Fenster. Wie sehr wünschte ich mir an solchen Tagen deine Gesellschaft. Nein. Noch viel mehr … deine Nähe. Die war es, nach der ich so sehr lechzte. Auch, wenn ich sie in der Intension, in der ich sie mir wünschte, noch nie gespürt hatte, so produzierte mein Gehirn Bilder und Vorstellungen, die mir sagten, dass deine Nähe etwas Tolles sein musste. Dazu mischten sich diverse Erinnerungen von unserer gemeinsamen Reise. Dieser Gedankenshake, der eigentlich nur positive Sachen über dich beinhaltete, ließ mich zu tiefst traurig werden. Denn ich war nicht bei dir. Ich fragte mich, mit welchen Personen du mich als Weggefährte ersetzt hast. Mit wem würdest du wohl gerade eine fremde Region durchforsten, immer auf der Suche nach neuen Abenteuern? War es ein Junge? Waren es mehrere Jungs? Und war womöglich auch ein Mädchen dabei? War dein Mädchen dabei? Hattest du dir möglicherweise ein Mädchen herausgesucht, mit dem du sämtliche Landschaften abgrast, auf der Suche nach neuen Pokémon? Hattest du sie gefragt, anstatt mich? Genauso, wie die Regentropfen, die sich an der Fensterscheibe langsam der Schwerkraft beugen mussten und nach unten glitten, rann auch mir eine stille Träne die Wange hinunter. Es war ein Gedanke, der mich nachts nicht schlafen ließ, der mich ihn hassen ließ, obwohl ich ihn liebte, diesen unbekümmerten Jungen, der es als einzige Person verstand, mir in jeder Situation ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern. Selbst wenn er nicht hier war. Außer ich stellte aufgrund meiner Vorstellungen, Vermutungen auf, die ihn in ein schlechtes Licht rückten, obwohl ich keinerlei Beweise hatte, ob diese überhaupt annähernd der Wahrheit entsprachen. Doch so funktionierten verliebte Frauengehirne. Sie sendeten Störsignale an die verliebten Frauenherzen und versuchten diese damit ‚zu überstimmen‘. Doch sämtliche bösen Störsignale, die mein Hirn produzierte, fanden nur kurz den Weg in mein Herz. Denn dieser Junge hatte mein Herz vollkommen eingenommen. Bei mir war er jedoch nicht. Zumindest körperlich nicht. In welcher Region er momentan unterwegs war wusste ich nicht. Doch sicherlich verschwendete er keinen Gedanken an mich. Er war wahrscheinlich viel zu beschäftigt mit seinen abenteuerlichen Erlebnissen, Arenakämpfen und natürlich seinen Pokémon. Da war kein Platz für Gedanken, die mit seiner ehemaligen Reisegefährtin zu tun hatten. Wenn ich zurückdachte, welche Dinge uns widerfahren waren, dann konnte ich es jedoch verstehen. Man hatte so viel Spaß auf einer solchen Reise. Es blieb gar keine Zeit, um an mich zu denken. Es gab immer einen kleinen Hoffnungsschimmer, dass auch er dachte, dass die Zeit mit mir so unterhaltsam war, dass er sich diese zurückwünschte. Bei diesem Gedanken musste ich kurz schmunzeln. Wäre er dann nicht schon längst hier aufgetaucht? Sogleich nahm die Betrübtheit wieder Überhand. Ein kurzer Lacher verließ meine trockene Kehle. Als wäre die Zeit mit mir dermaßen einprägsam und lustig gewesen. Eine weitere Träne rann mir die Wange hinunter. Ich stellte mir die Orte vor, die er besuchte. Höhlen, Berge, Täler, Schluchten, Buchten, Seen und bestimmt war er auch am Meer. All diese Dinge sah er ohne mich. All das blieb ihm in Erinnerung. Doch in diesen Erinnerungen stand ich nicht neben ihm und sah auf majestätisch glitzernde Meere, in dunkle angsteinflößende Höhlen oder auf alles überragende Gipfel. Er stand dort mit neuen Freunden, während ich einsam in meiner Arena auf die Rückkehr meines geliebten Wuschelkopfes wartete. Nicht nur, dass er mit neuen Freunden durch die Welt streifte, nein, welche einprägsamen Personen traf er wohl? Sogleich verengten sich meine Augen. Welche Mädchen würde er wohl treffen? Wenn ihn sein Mädchen nicht begleitete, womöglich traf er es auf seiner Reise erst noch. Durch eine schicksalhafte Begegnung, so, wie es meine mit Ash ebenfalls war. Nur vielleicht ging dieses Mädchen zielstrebiger vor und wartete nicht, bis es zu spät war, so wie ich. Verzweiflung machte sich in mir breit. Ich musste weg von diesen Gedanken. Kurzzeitig wollte ich mir einreden, er würde außer den unzähligen Joys nur Männer treffen. Dass das quatsch war, bemerkte ich Sekunden später. Meinen Schmerz linderte es jedoch nicht, während ich immer noch den Regentropfen an der Fensterscheibe hinterher sah. Welche Abenteuer durchlebtest du wohl ohne mich? Musstest du immer noch vor Team Rocket und ihren aberwitzigen Wahn Pikachu zu fangen flüchten? Waren sie deine stetigen Begleiter, die du schon längst hattest loswerden wollen? Wie oft hattest du bisher wohl mal wieder die Welt gerettet? Hättest dich für die Menschheit geopfert und warst bereit, dein Leben zu geben, deiner Bestimmung nachzugehen, ohne auch nur einmal an dich selbst zu denken. Wieso konnte ich dir dabei nicht zur Seite stehen? Während du dein Leben für diesen Planeten gegeben hättest, hätte ich mein Leben für dich gegeben. Deine altruistischen Ansichten wird man dir wohl niemals nehmen können. Doch das macht dich einzigartig. Und genau diese selbstlose Art lässt mich dich lieben. Über alles. Sogleich versuchte mein bizarres Frauengehirn wieder Störsignale auszusenden. Wieso ist er in Bezug auf mich, meiner ausweglosen Lage nicht so selbstlos? Mein Herz hatte sofort die passende Antwort parat. Was wäre ich für ein Mensch, ein derart großes Opfer zu verlangen? Ich konnte nicht von ihm verlangen alles aufzugeben, nur weil ich in diesem Käfig namens Arena gefangen war. Ich liebte diesen Menschen für das, was er war. Und er war nun mal ein umherreisender Pokémon-Trainer, der seinen Traum verfolgte. Wenn ich von ihm erwartete, das für mich aufzugeben, dann hätte ich seine Liebe wohl nicht verdient. Also musste ich weiter warten. Warten auf seine Rückkehr. Warten auf ihn. Die Regenwolken, die über Azuria City hingen und eine schier unendliche Masse an Regentropfen bereithielten, stimmten mich immer trauriger. Verzweifelt wischte ich mir die unangenehm anfühlende Tränenspur von der Wange und wandte mich vom großen Fenster, aus dem ich immerzu starrte, ab. Ich nahm ein Glas Wasser und nippte alle paar Sekunden davon, während ich gedankenversunken in den Poolbereich der Arena sah. Meiner Bestimmung. Arenaleiterin. Wieso ausgerechnet ich? Gefiel mir doch das Reisen so viel besser. Oder lag das nur an meiner Reisebegleitung? Ich musste es doch schaffen, auch an andere Dinge zu denken. Doch mein Herz war eben stärker als mein Gehirn. Also bestimmte mein Herz meine Gedanken, aus denen ich gerissen wurde, als es stürmisch an der Tür klopfte. Es hallte im ganzen Eingangsbereich. In der melancholischen Phase, in der ich mich befand, war eine sofortige Reaktion nicht möglich. Ich nahm noch einen Schluck, bevor ich mein Glas abstellte und mich zur Tür aufmachte. Mittlerweile hatte sich der leichte Klopfer in ein unbarmherziges Dauerklopfen verwandelt, was wohl dem grausamen Wetter geschuldet war. Ich öffnete die Tür. Der Postbote überreichte mir ein Paket und ein paar Briefe. Während der Postbote schnellen Schrittes von Dannen zog, war ich bereits wieder dabei die Türe zu schließen, doch bevor diese ins Schloss fallen konnte, verhinderte dies eine Hand. „Misty, hast du mich nicht gesehen?“ „Daisy? Wo kommst du denn her?“ „Besorgungen machen. Ist das mein Paket?“ Bevor ich antworten konnte, stellte sie ihre Taschen ab und entriss mir das Paket. Sie rannte in die Küche. Ich trottete ihr hinterher. Wenigstens hatte ich nun etwas Gesellschaft und konnte mich anderen Gedanken widmen, als meinen selbstzerfressenden Zweifeln. „Hey, Misty! Da ist eine Karte von Ash dabei. Apropos, du solltest mal den Fernseher anschalten. Er wurde in einer fernen Region interviewt. Lilly und Violett kommen übrigens auch gleich zurück, falls es an der Tür klopft. Ich bin im Bad.“ Toll. Es wird wohl nichts werden mit meiner Ablenkung. Doch ich war erstaunt über eine Karte von ihm und freute mich natürlich. Ich schnappte sie mir und schaltete den Fernseher ein. Es lief eine Reportage, doch Ash war noch nicht zu sehen. Also las ich mir seine Karte durch. Auf den ersten Blick sah ich, dass es kein wirklich langer Text war, den er geschrieben hatte. Er war noch nie der Mann der großen Worte. Hallo Misty Ich war in einer fernen Region. Allerdings musste ich vorzeitig abreisen. Ich werde zur … Wildes Geklopfe unterbrach mich beim Lesen. Meine reizenden Schwestern. „Ja, ich komm ja schon! … Nervensägen.“ Das letzte Wort sagte ich nur noch zu mir selbst. Ich schlurfte mit der Postkarte von Ash zur Tür. Mit einem genervten Blick öffnete ich die Tür und wollte sogleich lospoltern. Doch ich kam nicht dazu. Er ließ mir nur den Bruchteil einer Sekunde um ihn ins Gesicht sehen zu können, danach fiel er mir sofort in die Arme. Ich war starr. Konnte ihn nicht auch nur annährend so herzlich umarmen, wie er mich. „Ich bin endlich zurück … ich wollte dich sehen.“ Meine Augen wurden größer und größer. Meine Arme schafften es immer noch nicht ihn anständig zu begrüßen. Und das lag nicht an seiner durchtränkten Jacke, die ich vielleicht hätte nicht berühren wollen. Instinktiv blickte ich auf seine Karte, die ich noch in der Hand hielt. … Ich werde zurückkehren und dir sobald wie möglich einen Besuch abstatten. Ich hoffe du freust dich. Ash Er umschlang mich immer noch innig. Nachdem ich die Karte gelesen hatte, fiel ein innerlicher Ballast von mir ab. Ich schloss meine Augen und drückte dabei eine weitere stille Träne heraus. Nun konnte auch ich meinen unerwarteten Besucher innig umschließen und drückte ihn so fest an mich, wie ich nur konnte. „Darauf habe ich solange gewartet.“ Nach seinem Satz konnte ich meine Tränen nicht zurückhalten und fing das Weinen an. Wie gut tat dieser Satz meiner geschundenen Seele. „Ich bin so froh, dich zu sehen, Ash. Mein Warten hat sich gelohnt.“ Ich stotterte befreit heraus. Er ließ langsam von mir ab und sah in mein weinerliches Gesicht. Er schenkte mir sein wärmstes Lächeln. Ich musste daraufhin kurz auflachen, schmiss mich erneut in seine Arme und weinte weiter. Es fühlte sich so an, als würde dauerhaft Ballast von mir abfallen. Ich fühlte mich immer freier, umso länger ich ihn in den Armen hielt. Er gab mir einen Kuss auf die Schläfe und flüsterte mir zu. „Alles ist gut, Misty. Ich bin jetzt bei dir.“ Er schloss die Narben meiner Seele, die seit unserer Trennung immer größer wurden innerhalb von Sekunden. Er tat es, indem er mich fest umschlang und ein paar Worte sprach. Das zeigte mir, welche unglaubliche Wirkung dieser Mensch auf mich hatte. Wir standen einfach nur da, eng beisammen und genossen die Nähe des Anderen. Nur der Fernseher lief im Hintergrund, auf dem gerade jetzt sein Interview lief. „Herr Ketchum. Ihr Gesicht ist bekannt. Sie haben nun schon in vielen nationalen Ligen ihr Glück probiert. Wie sieht ihre Taktik in dieser Region aus, um endlich den Thron zu besteigen?“ „Ich muss sie enttäuschen, ich werde dieses Jahr an keiner Liga teilnehmen. Ich werde meine Reise abbrechen und zurück nach Kanto gehen, um einer wichtigen Person etwas Wichtiges zu sagen. Ich kann das nicht länger aufschieben und es ist schon lange überfällig diesen Schritt zu gehen. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen, danke.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)