Am I not human? von Jestrum_Cosplay ================================================================================ Kapitel 4: Nachts, wenn alles still ist --------------------------------------- Im Büro hatte Obito Deidara die wichtigsten Papiere ausgehändigt, unter anderem ein Lageplan des Konzentrationslagers und der Tagesablaufplan der Häftlinge. Deidara sah auf die Papiere, überflog das Geschriebene des Planes und steckte diese dann feinsäuberlich gefaltet in seine Uniformjackentasche. Er sah zu Obito, welcher ihn freundlich ansah: „Wollen wir dann?“ Deidara nickte nur und wurde dann sanft von dem Älteren aus dem Büro geschoben, er schloss die Tür hinter sich ab und ging mit ihm durch die dunklen Gänge des Lagers. Es musste wohl mittlerweile schon ziemlich spät gewesen sein, denn das Lager wirkte mit einem Mal noch gespenstischer als heute Nachmittag. Die beiden Männer traten nach draußen auf das Gelände und liefen zu dem SS-Gelände rüber, die kühle Nachtluft empfing sie und ein leichter Wind wehte ihnen entgegen. Deidara schlang seine Arme enger um sich, war ihm doch ziemlich kalt geworden. Oder lag es an der eisigen angespannten Atmosphäre, die sich hier erneut aufgebaut hatte? Deidara konnte sich keinen wirklichen Reim darauf machen und lief einfach weiter dem Lagerkommandanten nach, der scheinbar überhaupt nicht zu frieren schien. Mit geraden Schultern lief dieser vor ihm her, nahm die Schirmmütze vom Kopf und fuhr sich mit der Hand durch die schwarzen kurzen Haare, ehe er sich die schwarze Mütze erneut auf den Kopf setzte. „Gleich sind wir in der Wohnung“, sagte er mit einem Mal und drehte sich nicht zu Deidara um, welcher ihn nur aus großen Augen ansah und nichts darauf erwiderte. Bei der Wohnung angekommen blieb Obito vor der Tür stehen, holte die silberne Gliederkette aus der hinteren Hosentasche hervor und suchte dann den Haustürschlüssel, ehe er die Tür aufschloss und sie Deidara aufhielt. Der blonde Adjutant schob sich an Obito vorbei in den großen Flur und fühlte sich mit einem Mal verloren. Er war es nicht gewohnt so viel Gastfreundlichkeit auf einmal zu kriegen. Vor allem nicht nach seiner Zeit bei den Sowjeten. Damals. In Stalingrad. Deidara schüttelte kaum merklich den Kopf und hoffte das diese kleine Geste unbemerkt blieb und er sollte Glück haben, Obito schien nichts davon zu merken. Der Schwarzhaarige ging an Deidara vorbei, setzte sich auf einen Stuhl und begann dann seine Stiefel aufzuschnüren, ehe er diese auszog. Er richtete sich auf und sah zu dem Blonden rüber: „Möchtest du was trinken? Einen Tee? Kaffee?“ „Tee wäre sehr nett.“ „Gut, ich setz dir gleich mal einen auf.“ Deidara sah dem Lagerkommandanten nach und tat es ihm dann gleich, er setzte sich und zog dann ebenfalls die Stiefel von den Beinen. Ein befreiendes Gefühl überkam ihm, als er die schweren Stiefel los wurde. Er legte den Kopf in den Nacken und starrte an die Decke, er nahm seine Mütze vom Kopf und strich sich mit dem Unterarm über die Stirn. Er musste zugeben, der Tag heute war schon anstrengend. Nicht etwa im Körperlichen Sinne, war er doch schließlich Soldat an der Front gewesen und dementsprechend sportlich aber Psychisch hatte der Tag einiges von ihm abverlangt. Diese ganzen Eindrücke die auf ihm lasteten und sich wie Blei anfühlten, welches drohte ihn immer weiter runter zu ziehen. „Du kannst dich gern zu mir in die Küche setzen wenn du willst“, sagte Obito, welcher aus dem Nebenraum raus sah und Deidara freundlich und warm anlächelte. Deidara erwiderte das Lächeln und stand dann auf. Er tapste ebenfalls in die Küche und ließ sich dann auf dem hölzernen Stuhl an dem kleinen Esstisch nieder. Der Raum war sehr hell eingerichtet. Die Küchenzeile war schwarz grau granuliert und über dieser hingen zwei weiße Schränke. Ein kleines Fenster befand sich zwischen diesen, durch welches das weiße Licht des Mondes hineinfiel. Deidara umfasste die Tasse vor sich und er spürte die Wärme an seinen Händen. So langsam taute er endlich wieder auf. Obito saß ihm gegenüber und nippte ab und an, an seiner Tasse. Dem Geruch nach zu urteilen dürfte es sich hierbei um Kaffee handeln. „Ich weiß ich wiederhole mich aber es gibt nichts wofür du dich schämen musst. Der erste Tag in einem Konzentrationslager ist immer hart, ich weiß das selber nur zu gut“, setzte Obito schließlich ein Gespräch an und Deidara sah auf. „Würde es Ihnen was ausmachen, mir davon zu erzählen?“, fragte der Blonde interessiert nach. Obito lachte leise auf und meinte: „Ich hoffe es reicht, wenn ich sage, dass ich vor Dachau in Auschwitz war." Deidara schluckte schwer. Auschwitz. Er hatte viele Geschichten davon gehört. Ein schreckliches Konzentrationslager. Klar, alle waren irgendwo schrecklich aber die Geschichten um Auschwitz, waren wahre Horrorgeschichten. „Ich schätze mal, dass reicht eindeutig. Tut mir leid für diese unangenehme Frage“, sagte Deidara kleinlaut und sah beschämt in seine Teetasse. „Halb so wild, das liegt jetzt auch schon an die zwei Jahre zurück“, erklärte Obito ihm und nahm erneut einen Schluck von seinem Kaffe: „Wie du siehst, bin ich nicht viel anders wie du. Ich verstehe dich sogar sehr gut. Man wird von der Front heimgeschickt und landet plötzlich in einem Konzentrationslager.“ Deidara nickte schwach und murmelte: „Ja, das ist allerdings wahr. Ich weiß noch immer nicht, was besser ist. Die Front oder das hier.“ „Ostfront hattest du gesagt, richtig? Das ist eine schwierige Frage und im Grunde ist eigentlich weder noch besser“, gab Obito nachdenklich zurück. Und es stimmte. Es war eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera. Im Grunde war keine Option besser. Weder das Konzentrationslager, noch die Ostfront. Deidara nahm einen Schluck von seinem Tee. Er spürte wie die Wärme seinen Hals hinab lief und was für einen Durst er eigentlich hatte. Der Blonde setzte die Tasse gar nicht richtig ab, sondern trank den Inhalt in einem Zug leer. Er stellte die leere Tasse auf den Tisch zurück und fühlte wie sich die Wärme des Getränks in ihm ausbreitete und er sich etwas mehr beruhigte. Er hatte seit seiner Ankunft hier nur unter Strom gestanden und verspürte jetzt zum ersten Mal an diesem Tag, so etwas wie Entspannung. „Du musst müde sein, ich zeige dir dein Schlafzimmer und dann können wir schlafen gehen“, schlug Obito vor und erhob sich ohne auf eine Antwort zu warten von seinem Platz und Deidara empfand diesen Vorschlag als gut, er merkte wie schwer seine Glieder mit einem Mal wurden und wie schwer es ihm fiel die Augen offen zu halten. Er erhob sich wackelig von seinem Platz und schlurfte hinter Obito her, welcher ihm sein Schlafzimmer zeigte. Statt sich jedoch darauf zu konzentrieren was der Ältere ihm so sagte, wo was war und so weiter, musterte er diesen Mann einfach nur. Er empfand ihn als angenehm sympathisch. Er war fast schon fürsorglich im Umgang mit ihm und irgendwie fühlte sich Deidara geborgen. Nach langer Zeit an der Ostfront hatte er wieder das Gefühl willkommen zu sein. Sasori erhob sich und knöpfte die schwarze Uniformhose zu, er betrachtete den Jüngeren welcher noch schweratmend auf dem Stuhl saß und leckte sich dabei über seine Lippen. Er wusste genau welches Risiko er damit eingehen würde aber wenn er den Uchiha so vor sich sah, fragte er sich selbst, wie man dem denn sonst wiederstehen konnte. Itachi hatte sich schließlich wieder gefangen, zog den Gürtel seiner Hose zu und erhob sich dann ebenfalls vom Sessel. Er nahm die kleine Holzschatulle von der Tischfläche und nickte Sasori zu, der Arzt zwinkerte vertraut mit den Augen, doch seine Mimik gab nichts über seinen derzeitigen Gefühlsstand frei. Er beobachtete wie Itachi seine Räumlichkeiten verließ und die Tür hinter sich zu zog. Ein kleines Schmunzeln huschte über die dünnen Lippen des Rothaarigen und er beugte sich über seine Papiere, die er heute noch geschrieben hatte und überflog diese. Bericht über die heutigen Polygal-Tests. Ein Blutstillendes Mittel. Er faltete die Papiere zusammen, steckte sie in einen Umschlag und öffnete eine Schublade unter seinem Schreibtisch, wo er den Umschlag samt Inhalt reinlegte. Sasori schloss die Schublade wieder und streichelte fast schon sanft und vorsichtig über das braune Holz. Dort drin waren die Aufzeichnungen seiner Experimente. Experimente, die so nicht angeordnet waren. Ob er sich schlecht fühlen sollte? Andere taten es gewiss. Er jedoch nicht. Für ihn waren die Häftlinge nicht mehr wert wie für irgendeinen anderen SS-Mann. Diese „Menschen“ waren einfach nur Objekte. Objekte für seine medizinischen Wissenschaften. Nicht mehr und nicht weniger. Seine Augen richteten sich auf das Glas, hinter welchem sich sein Experimentierlabor befand. Von hier aus konnte er gut sehen, wie Häftlinge um ihr Leben kämpften, während er sie seinen Tests unterzog. Das Bild des Polygal-Tests von heute Nachmittag schob sich vor sein inneres Auge und er sah den blutenden Jungen vor sich, er hatte ihm eine Tablette – Polygal – gegeben und beobachtet, ob diese Blutstillend wirkte. Leider verstarb das Versuchsobjekt dabei. Sasori müsse da wohl doch noch ein wenig mehr nachhelfen, bis das Medikament Fronttauglich war. Er wandte sich von der Glasscheibe ab und verließ dann ebenfalls den Raum, er schloss die schwere Metalltür hinter sich und trat dann hinaus in die kühle Nachtluft. Er ging von dem Sanitätswesen über zu dem SS-Gelände, wo sich seine Wohnung befand. Auf dem Weg dorthin kam ihm einer der Rapportführer mit einem Häftling entgegen. Der Mann zog den Häftling brutal hinter sich her, schlug mit dem Schlagstock zu als der Häftling nach ihm getreten hatte und verfestigte dann den Griff um den Kragen der Häftlingskleidung. Gleichgültig betrachtete Sasori das Szenario vor sich, als der Mann mit dem Häftling in den Strafbaracken verschwand, setzte Sasori seinen Weg schließlich fort. Er wollte unnötige Begegnungen dieser Art vermeiden. Zu male er genau wusste, dass er spätestens morgen einen Totenschein für eben diesen Häftling ausstellen dürfe. Denn dieser würde den morgigen Tag gewiss nicht mehr erleben, vor allem wenn man den Blick des Rapportführers dabei beobachtet hatte. Wie verbissen und hasserfüllt er diesen Menschen hinter sich hergezogen hatte, fast als hätte dieser ihm irgendwas angetan. Sasori jedoch wusste genau, dass die meisten SS-Männer hier keinen wirklichen Grund brauchten um Häftlingen sowas anzutun, einige hatten sich hier gemeldet um ihre Machtexzesse auszuleben. Er würde fast schon behaupten einige würden sich zu wahren Psychopathen entwickeln. Aber er selber war doch auch nicht wirklich besser, oder? Doch, war er. Er handelte im Deckmantel der Wissenschaft, was ihn nicht zu einem komplett schlechten Menschen machte. Besser, die Leute bewunderten die Ärzte sogar. Bewunderten das was die Ärzte rausfanden und was diese für Möglichkeiten schufen um es den Soldaten an der Front besser zu machen. Er dachte dabei nur an die Tests für die Luftwaffen vor ein zwei Jahren. Unterdruck- und Unterkühlungsversuche. Wenn diese naiven Menschen doch nur wüssten, was die Ärzte dafür tun mussten. Vielleicht wussten sie es aber auch und verschlossen einfach die Augen davor. Sahen weg. Wollten nicht damit konfrontiert werden. Ein überhebliches kühles Lächeln schmückte Sasoris Lippen. Er konnte stundenlang weiter über das törichte Verhalten der Menschen philosophieren, doch dafür war er nun eindeutig zu Müde. Endlich war er bei seiner Wohnung angekommen, schloss diese auf und trat ein. Hier konnte er endlich für sich sein und alles sacken lassen, ohne auch nur einen Gedanken an seine Arbeit verschwenden zu müssen. Morgen würde ohnehin einer dieser Tage kommen, der viel von ihnen abverlangte. Physisch und vor allem Psychisch. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)