Gemeinsames Geheimnis von Kai_Tsukishima ================================================================================ Kapitel 2: Geheimnis #2 ----------------------- “Uhm… Was machst du da…?“ Das entgeisterte Gesicht der Brünetten war kaum zu übersehen. Und egal wie oft sie das Geschehene im Kopf durch ging, sie kam auf keine Lösung für all das. Tsukishima, welcher mit geballten Fäusten immer noch auf dem Boden lag und sich eine Ausrede überlegte, war so darin vertieft, das er gar nicht bemerkte, dass sie sich zu ihm runter kniete, um ihn nach Verletzungen zu untersuchen. Oder aber sie wollte nur überprüfen, ob er noch lebte. Denn sie fing an mit einem Stock auf ihm rum zu pieksen, als würde sie eine halbtote Krähe vor sich liegen haben. Überrascht und überfordert zugleich nahm er den Stock aus ihrer Hand und zerbrach ihn vor ihren Augen in kleinste Einzelteile. „Dir geht’s wohl zu gut…“ „Sagt der, der wie ein Sack Reis durch das Gebüsch geflogen kam“, merkte sie unbeeindruckt an, während er sich immer mehr über die Tatsache aufregte, dass er ausgerechnet ihr begegnen musste! Selbst Kageyama wäre ihm lieber gewesen. Oder dieser Zwerg auf Speed. Alles wäre besser gewesen als diese… Raaaaaaaaah! Ihm war im Gesicht abzulesen, dass er sie am liebsten nicht getroffen hätte. Im Fluss versenken oder im Wald vergraben! Vorallem nicht auf diese Art und Weise. Wie uncool war das allgemein, Kopf voran durch ein Gebüsch zu fliegen und dann direkt auf dem Gesicht zu landen? Das war nicht nur uncool sondern auch ziemlich lahm. „Sag mal… Du trainierst heimlich, oder?“, schoss es dann direkt aus Yuzuru heraus. Es war für sie die einzig plausible Erklärung für regnende Volleybälle. Für den Blonden ist damit der Zug abgefahren. Seine Suche nach den Ausreden konnte er stecken lassen. Auch wenn sie nur geraten hatte, so würde sie nicht mehr von dieser Meinung abzubringen sein. Das war zumindest seine Einschätzung gegenüber seiner Managerin. Nachdem eine gewisse Zeit lang betretenes Schweigen herrschte, setzte sich Tsukishima langsam wieder auf und blickte in das Gesicht der Kleineren. Irgendwie war sie ja schon ganz niedlich solange sie ihren Mund nicht aufmachte. Leider öffnete sie diesen aber viel zu oft, seiner Meinung nach. Das Einzige, was er immer wollte, war Ruhe. Nichts anderes auf dieser Welt war angenehmer als die Stille. Dennoch zog es ihn immer wieder unter die Leute. Wenn auch eher gezwungenermaßen. Während sich die beiden stillschweigend ansahen, wurde Yuzuru irgendwann doch sehr unruhig. Sie war kein Mensch mit großer Geduld. Ruhig sein war auch nicht ihre Stärke. Der Blonde war so zu sagen das genaue Gegenteil von ihr. Sie war stets fröhlich, gut gelaunt, hilfsbereit und fand schnell Freunde. Er hingegen war wenig zu beeindrucken, hatte kein Interesse an seinen Mitmenschen und behandelte meist alle von oben herab. Zumindest nach außen hin hab er sich so. „Hab ich irgendwas im Gesicht?“, fragte sie dann kleinlaut nach, weil er immer noch gebannt in ihr Gesicht starrte. Ehe sie noch mehr sagen konnte, stand er bereits kopfschüttelnd auf und seufzte, als er oben ankam. So sah sie noch kleiner aus als ohnehin schon. Bei dem Gedanken musste er innerlich lachen. Wieso er es nicht ausgesprochen hatte, das wusste er nicht. Normalerweise nahm er kein Blatt vor den Mund, schon gar nicht bei ihr. Diesmal schien aber doch etwas anders zu sein. Vielleicht, weil er dabei erwischt wurde, dass er heimlich trainierte und im Club immer den desinteressierten Middleblocker spielte? War sein Interesse an Volleyball doch größer, als man annahm? „Zeigst du mir, wo du trainierst?“ Mittlerweile war sie auch wieder aufgestanden und sah ihn eindringlich an. Wenn es um Volleyball ging war sie Feuer und Flamme. Verdammt..., dachte er sich und tippte sich mit dem Zeigefinger auf der Stirn rum, bis er an eine Schürfwunde tippte, die ein brennendes Ziehen auslöste. Seufzend setzte er zum Gehen an, ohne ihr eine Antwort zu geben. Schnurstracks streckte die Brünette die Hand aus und hielt den Blonden am Shirt-Zipfel fest, so dass er innehalten musste. Was blieb ihm denn anderes übrig? Er winkte mit der Hand, als Zeichen dafür, dass sie ihm folgen sollte – wenn auch eher widerwillig. Augenblicklich ließ sie los, strahlte über beide Ohren hinweg und folgte ihm auf Schritt und Tritt. Das war ihm merklich unangenehm. Denn wenn auch nicht viele Leute da waren, so sah es sehr ulkig aus. Tsukishima fiel mit seinen 1.90 immer schnell auf, doch mit Yuzuru daneben mit ihren 1.59 fiel er noch viel mehr auf, als sonst schon. Vereinzelt fielen auch Bemerkungen einiger Passanten recht harsch aus. „Was ist denn das? Führt er seine kleine Schwester etwa Gassi?“ „Das sieht ja lustig aus.“ „Ein Highschoolschüler und eine Mittelschülerin? Ist das legal?“ Dem Größeren waren die Bemerkungen ja sichtlich egal. Über seine Größe wurden schon immer Bemerkungen gemacht, wenn er mit kleineren Leuten unterwegs war. Dennoch waren die niemals so negativ ausgefallen wie diese mit Yuzuru. Die Kleinere interessierte sich aber auch nicht dafür. Sie summte vor sich hin, als wäre sie froh über die Begegnung mit Tsukishima gewesen. Was ihn noch mehr verdutzte als ihr Verhalten, war die Tatsache, dass sie mit ihm Schritt halten konnte. Für so kleine Beine war sie doch sehr flink. Am Ziel angekommen musste Yuzuru kichern. Hinter all dem Dickicht der Bäume gab es einen kleinen freien Platz. Ein Ast eines Baumes ragte genau auf der Höhe eines Volleyballnetzes heraus und war optimal für Aufschläge gemacht. Während sie sich auf dem Platz weiter umsah, machte sich der Blonde langsam Gedanken darüber, was passieren würde, wenn sie dem Team ausplauderte, was sie gesehen hatte. Yamaguchi wäre garantiert sehr traurig, Kageyama würde sich daran ergötzen und ihn auslachen, Zwerg auf Speed würde darauf beharren mit ihm zu trainieren. Durch seine Gedankengänge hatte er gar nicht mitbekommen, dass die Kleinere ihm schon die ganze Zeit in die Seite stupste um seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Erst, als sie reinkniff und er sein Gesicht verzog schaute er zu ihr herunter. „Was...?“, fragte er pampig nach, während er ihre Hand wegschob. „Ich werd’s niemandem erzählen.“ Er traute seinen Ohren nicht. Das war doch bestimmt nur eine Falle. Welchen Grund hätte sie gehabt, das für sich zu behalten? Das wäre die Gelegenheit gewesen ihm eins auszuwischen. Noch bevor er einen weiteren Gedanken daran verschwenden konnte, flog der Volleyball auf ihn zu. Für ihn als Blocker war das kein großes Problem diesen zu halten. Ehe er etwas sagen konnte, blickte er in ein Gesicht voller Trauer. Zwar lächelte die Kleinere, doch es schien aufgezwungen und falsch. Ihr Blick wanderte am Boden entlang. Von den kleinen Ameisen, die ihre Beute in den Ameisenbau bringen wollten, über kleine Spinnen die durch das Gras huschten, bis hin zu Tsukishimas Schuhen. Sogleich wanderten ihre Augen Stück für Stück seinen langen Körper hinauf, bis sie schlussendlich bei seinem entnervten Gesicht ankam. Ein leises Lachen entfuhr ihr, ehe sie sich bei ihm entschuldigte. Der Angesprochene seufzte einmal aus tiefstem Herzen und setzte sich danach auf den Boden. Yuzurus verwunderter Ausdruck war zwar amüsant mit anzusehen, dennoch hatte er keine Lust sie aufzuziehen. „Irgendwas stimmt nicht mit dir und das ist unheimlich. Was willst du von mir?“, stellte er ihr nun die Frage, worauf sie zuerst verdutzt dreinschaute, danach aber kichern musste. „Bist du dir sicher, dass du dir anhören willst, was ich zu sagen habe?“, entgegnete sie ihm, die Antwort schon wissend. „Eigentlich will ich es nicht, aber wenn ich es nicht tue, nervst du nur noch mehr rum.“ „Ja, da könntest du recht haben…“, merkte sie an und sah bedrückt zu Boden. Dieser Anblick löste im Grösseren ein seltsames Gefühl aus. Er konnte es nicht beschreiben, da er nie solch ein Gefühl verspürte. Ohne darüber nach zu denken klopfte er mit der rechten Hand neben sich auf den Boden, als Zeichen dafür, dass sie sich neben ihn setzen sollte. Kurz nachdem er das tat, verfluchte er sich innerlich dafür. Verwundert über diese Geste, setzte sie sich langsam neben ihn, sein Gesicht beobachtend. Der Blonde schien verwirrt über seine eigenen Handlungen gewesen zu sein, das amüsierte sie für einen kurzen Augenblick. „Wieso zanken wir uns eigentlich immer, Tsukishima?“, wollte sie nun von ihm wissen. Ihre Stimme klang unsicher, schon fast wie bei einem kleinen Kind. Für den Angesprochenen kam die Frage zu unerwartet. Solche Konversationen war er sich nicht gewohnt. Nicht einmal Yamaguchi konfrontierte ihn mit solchen Sachen, geschweige denn mit seinen Problemen. Das interessierte ihn auch nie, schliesslich war jeder für sein eigenes Leben verantwortlich, so eigentlich auch Yuzuru für ihres. Doch es fing an sich etwas in ihm zu verändern. Das war doch bestimmt die Schuld vom König und seinem Hofnarr! Zwerg auf Speed hatte es schliesslich geschafft, dass der grosse Diktator weich wurde. Das würde mit ihm auch passieren, würde er weiter mit ihr reden! „Weil wir grundverschieden sind?“, entgegnete er ihr und kratzte sich am Hinterkopf, da er keine bessere Antwort auf ihre Frage hatte. Er wusste doch selber nicht, warum sie sich immer und überall zofften. Irgendwie und irgendjemand hatte damit angefangen und damit war das Ganze schon passiert. Die Kleinere winkelte ihre Beine etwas an, damit sie diese mit ihren Armen umschliessen konnte. Irgendwie fand sie keine passenden Worte, um mit dem Blonden weiter darüber zu reden. Alle Dinge, die ihr in den Sinn kamen, die sie hätte sagen wollen, wären nur wieder zu einem Problem geworden, da Tsukishima sonst wütend gewesen wäre. Dennoch wollte sie es nicht einfach so stehen lassen. Selbst wenn es Ärger gegeben hätte. „Ich denke eher, dass ich das Problem bin, weil ich nicht nachvollziehen kann, wieso man nicht vollen Einsatz zeigen kann…“ Da schien sich der Grössere beim Atmen verschluckt zu haben, als er realisierte, was sie ihm unterschwellig damit sagen wollte. Hustend versuchte er das aufgenommene richtig in seinem Kopf zu ordnen, bevor er etwas darauf antwortete. Verwirrt darüber, dass er plötzlich hustete, klopfte die Kleinere ihm auf den Rücken, um ihm irgendwie dabei zu helfen. Dass es nur noch schlimmer wurde konnte er ihr nicht mal sagen, daher schob er sie einfach ein Stück zur Seite. Nachdem das Ganze ein Ende fand, er wieder normal atmen konnte, blickte er zur Seite und seufzte einmal kräftig, als er die gedankenverlorene Yuzuru ansah. „Und was genau willst du mir damit nun sagen?“, fragte er, als wäre nichts gewesen. Dass das Sprechen dennoch etwas im Hals kratzte, wollte er sich nicht anmerken lassen. Er zeigte sich schon zu viel von seiner uncoolen Seite. Die Brünette sah zu ihm auf. Ihre Augen trafen mit seinen zusammen, was dem Grösseren wieder ein seltsames Gefühl bescherte. Er schien krank zu werden, anders konnte er sich das nicht erklären. „Was ich damit sagen will… Nun, ich denke, dass ich damit zugebe, dass ich neidisch auf euch alle bin, dass ihr unbeschwert Volleyball spielen könnte – ohne jegliche Einschränkungen. Und… Es tut mir leid, dass ich deswegen immer mit dir einen Streit anfange…“ Ihr Blick löste sich von seinem und richtete sich auf ihre angewinkelten Beine. Es fiel ihr schwer darüber zu reden. Jedoch war ihr bewusst, dass sich der Blonde nicht grossartig dafür interessieren und es einfach ignorieren würde. Zu ihrem Erstaunen jedoch lag sie mit dieser Annahme daneben. Seine Augen weiteten sich ein kleines Stück. Nach den richtigen Worten suchend fing er an mit einem Zeigefinger wieder gegen seine Stirn zu tippen und kam wieder an seine Schürfwunde an, welche erneut ein brennendes Ziehen auslöste. Er verzog sein Gesicht kurz, ehe das Ziehen wieder in Vergessenheit geriet. Weiter in seinen Gedanken versunken bemerkte er nicht, dass die Kleinere neben ihm etwas aus ihrer Jackentasche kramte und etwas Kleines heraus zog. Während er grübelte, klebte sie ihm ein Pflaster auf die Schürfwunde. Überrascht von der Geste sah er ihr wieder ins Gesicht – Diesmal lächelte sie ihm ehrlich entgegen. Dafür, dass sie sonst eine lausige Managerin war, hatte sie schon immer ziemlich viele Pflaster und Verbandszeug bei sich, dabei war es nur Hinata, welcher sich permanent Verletzungen zuzog. Das wunderte ihn schon zu Beginn, als sie neu auf die Karasuno High kamen. Schon da hatte sie so viele Pflaster dabei. Auch erst in diesem Moment ist ihm aufgefallen, dass sie selbst einige Pflaster an der Hand trug. Bestimmt waren an anderen Körperstellen noch mehr zu finden, jedoch waren diese mit Jacke und langen Jogginghosen verdeckt. Während er gebannt auf ihre Hände starrte und sich fragte, woher sie sich diese zuzog, stand diese auf und nahm den Volleyball im selben Zug auch hoch. Da fiel ihm auch auf, dass er Yuzuru bisher noch nie ohne ihre Karasuno Jacke oder der Winter Schuluniform gesehen hatte. Deswegen hatte er sich aber nun wirklich noch nie unnötige Gedanken darüber gemacht. „Für mich war Volleyball immer alles…“, sagte sie, mit dem Blick von Tsukishima abgewendet. „‘War‘?“, fragte er nach, da es schien, als wäre dies Vergangenheit. Mit einem Ruck drehte sie sich wieder zum Blondschopf, schickte ihm den Ball zu und öffnete ihre Jacke. Ihr Gegenüber verstand die Welt für einen kurzen Moment nicht. Wieso zum Geier zog sie sich vor ihm aus?! Dieser Gedanke war nur von kurzer Dauer. Als Yuzuru die Jacke von ihren Armen streifte war sein Kopf wie leer gefegt. „Durch einen Unfall ist es mir nicht mehr möglich Volleyball zu spielen…“ Ihre Oberarme waren vernarbt, insbesondere der rechte Arm schien gelitten zu haben. „Wir haben alle möglichen Operationen durchgeführt, damit ich wenigstens reguläres Training mitmachen könnte, doch leider waren alle Behandlungen umsonst… Ich sollte laut den Ärzten froh sein, dass ich diese überhaupt noch bewegen und sie spüren kann.“ Sie verkrampfte sich, ballte ihre Hände zu Fäusten und versuchte nicht wütend zu werden. „Wieso erzählst du mir das alles? Wir sind weder Freunde noch sonst irgendwas. Du hast also keinen Grund mir das zu erzählen“, bemerkte der Grössere an. Es schien, dass seine Aussage sie irgendwie beruhigte. Ihre Haltung löste sich schlagartig und sie schien erleichtert. „Weil wir dasselbe Geheimnis teilen. Wir sind also sowas wie Partner“ antwortete sie ihm lächelnd und zeigte dabei auf den Volleyball. Der Grössere verstand nicht, worauf sie hinauswollte und warf ihr diesen wieder zu. Kurz innehaltend sah sie den Ball in ihren Händen an, holte tief Luft, drehte sich zum Ast mit dem Tsukishima trainierte und setzte zum Aufschlag an. Auch wenn dieser nicht viel Kraft hatte, so flog er gezielt auf die andere Seite. „Ich trainiere heimlich. Wüsste Daichi davon, würde er mir die Hölle heiss machen. Verstehst du jetzt, wieso ich den anderen nichts sagen werde?“ Mit einem breiten Lächeln drehte sie sich wieder zum Grösseren und streckte ihm eine Hand entgegen. Der Blonde war sichtlich verwirrt von all ihren Stimmungswechseln, doch konnte er es ihr nun nicht ausschlagen die Hand anzunehmen. Also nahm er ihre Hand, wobei er merkte, dass sie ihn hochziehen wollte. Er gab nach und stand dann wieder vom Boden auf. Sie konnte noch so nervig sein, diesen Zug musste er ihr hoch anrechnen. Es schien nicht einfach gewesen zu sein damit umzugehen. Damit klar zu kommen, dass sie nie wieder diesen Sport ausüben konnte, welcher Tsukishima nach aussenhin immer nur halbpatzig anging. Ein kleines Lächeln entwich ihm, während er ihr den Kopf tätschelte. Das schien ihr zwar keineswegs zu gefallen, da sie Daichi schon immer wie ein kleines Kind behandelte, doch bei ihm wollte sie es nun zulassen – Wann würde er denn als nächstes so nett zu ihr sein? Als sie sein Lächeln sah, verschlug es ihr ohnehin die Sprache. Sie hätte ihm gar nichts entgegnen können. Wer hätte das bei diesem seltenen, ehrlichen Lächeln Tsukishimas noch gekonnt? Ihr selbst entwich ein leises Kichern, als sie sich diese Gedanken machte. Irgendwie war es nun anders zwischen den Beiden, aber es war ihr keinesfalls zuwider. Im Gegenteil, sie fand dieses neue Gefühl des Vertrauens sehr angenehm. „Da wir nun Komplizen sind… Könnten wir doch ab sofort zusammen trainieren!“, schoss es plötzlich aus ihr heraus. Als hätte sie die brillanteste Idee des Jahrhunderts gehabt, strahlte sie den Grösseren an. Ob er das wirklich hätte verantworten können? Er schien jedenfalls nicht sonderlich begeistert von dieser Sache. Zumal das heissen würde, er hätte sie 4 Mal am Tag an der Backe. Da sie so viel und gerne redete, wurde ihm schon beim Gedanken ganz schwindelig. „Gut, dann ist es abgemacht!“ „WAS?!“ Über seine Reaktion wenig verwundert musste sie loslachen. Im nächsten Moment hörte man ein ‚Klick‘-Geräusch und vernahm ein noch entsetzteres Gesicht als zuvor. „Das lass ich als Poster drucken und häng das im Umkleideraum auf“, kicherte sie neckisch und zeigte mit ihrem Handy das Foto, welches sie von Tsukishima geschossen hatte. Dieser nahm sämtlich gut gemeinten Worte im selben Moment wieder zurück und wollte nach ihrem Handy greifen. Jedoch war sie ihm zuvorgekommen und steckte es wieder in ihre Hosentasche zurück. Mit seinem Schicksal abfindet seufzte er einmal kräftig aus sich heraus. Das war der schrecklichste Tag seines Lebens. Die Beiden bemerkten erst einige Zeit später – sie zankten sich noch ein paar Mal – dass es schon ziemlich spät geworden und es zum Trainieren effektiv zu dunkel geworden war. Mittlerweile hatten sich die beiden darauf geeinigt, dass sie zusammen jeden Tag trainieren würden, jedoch nur unter der Bedingung, dass es unter ihnen blieb und Yuzuru jeden Abend etwas zum Knabbern mitbrachte. Der Blonde packte seine Sachen zusammen und verabschiedete sich danach von der Kleineren. Auch wenn diese schien, als würde sie nicht nach Hause wollen, so musste er dennoch nach Hause. Seine Mutter würde sich bestimmt schon Sorgen machen. Etwas niedergeschlagen von der ‚Trennung‘ machte sich auch diese langsam auf den Heimweg, wenn auch ohne ein gutes Gefühl dabei. Ihre Mutter machte sich ganz bestimmt Sorgen. Einerseits wegen ihrem Vater, andererseits weil sie so spät nach Hause kam. Zuhause angekommen kam ihr am Eingang auch schon ihre Mutter entgegen. Und wie sie es sich dachte, sie machte sich wahnsinnige Sorgen. Mit etwas gespieltem Lächeln erklärte sie ihr, dass sie die Zeit beim Spazieren völlig vergessen hatte, es ihr aber sehr gut getan hat und dies nun jeden Abend tun würde, damit sie von ihren Gedanken etwas wegkommen würde. Die Antwort schien ihre Mutter zwar weniger zu befriedigen, doch sie konnte ihr nichts mehr entgegnen. „Daichi hat vorhin noch angerufen und nach dir gefragt. Du warst auf dem Handy nicht erreichbar“, richtete sie ihrer Tochter noch aus, bevor sie wieder im Wohnzimmer verschwand, während Yuzuru die Treppen zu ihren Zimmer hochstieg. Selbst wenn er bei Suga-chan ist denkt er immer daran sich jeden Abend zu melden… Wenn er so weiter macht hat auch er keine Geduld mehr mit Dai-chan… Ich will das nicht… Ihre positiven Gefühle während sie mit Tsukishima zusammen war, waren plötzlich wie weggeblasen. Als wären diese niemals dagewesen. Sie öffnete die Tür zu ihrem Zimmer, machte das Licht an und schloss hinter sich wieder ab. An diesem Tag wollte und konnte sie sich Zuhause nicht wohlfühlen. Am liebsten wäre sie wieder nach draussen gegangen, doch es war recht kühl geworden und bei diesem geringen Lichtverhältnis hätte sie nichts unternehmen können. So war sie gezwungen im Zimmer zu verweilen. Sie griff nach ihrem Handy in der Hosentasche und schaltete den Flugmodus wieder ab, damit sie wieder Nachrichten entgegennehmen konnte. 7 verpasste Anrufe 11 neue Nachrichten Davon waren sieben Anrufe und neun Nachrichten alleine von Daichi. Seufzend las sie sich die Nachrichten durch. - Wieso hast du dein Handy ausgemacht? - Bist du sauer auf mich? - Es tut mir leid… - Morgen komm ich zu dir! Und noch fünf weitere, seltsame Nachrichten. Anstatt darauf zu antworten rief sie ihn direkt an. Auch wenn es ihr nicht wirklich danach war, aber lieber sofort die Diskussion als am nächsten Morgen. Sie wählte seine Nummer, hörte einmal das Anrufgeräusch bevor er abhob und antwortete. „Ja?“ „Tu nicht so, als wüsstest du nicht, wieso ich anrufe. Du und deine Überfürsorge.“ „Es hätte wieder etwas sein können…“ „Ist es aber nicht. Mal nicht immer gleich den Teufel an die Wand.“ „Ich mache mir doch nur Sorgen.“ „Das ist mir auch klar, und ich bin auch sehr froh um deine Sorge. Aber so schnell passiert mir nicht irgendwas.“ „…“ „Bist du noch bei Suga-chan?“ „Ja, wollte eigentlich gerade los um bei dir vorbeizuschauen.“ „Bleib bitte über Nacht bei ihm…“ „Was?“ „Ich möchte heute allein sein. Er würde sich bestimmt freuen, wenn du bei ihm bleiben würdest…“ „Nimmst du etwa Rücksicht auf uns? Das musst du doch nicht, ich meine…“ „Bitte, Daichi.“ „… So nennst du mich nur, wenn du es ernst meinst.“ „Dann verstehst du ja, was das heisst...“ „Hah… Na schön. Aber morgen reden wir nochmal.“ „Bitte nicht.“ „Haha, oh doch, das werden wir.“ „Ich geh dann mal ins Bett. Wünsche euch eine gute Nacht und bis morgen, Dai-chan…“ „Dir auch. Bis morgen.“ Yuzuru warf das Handy neben sich auf das Kopfkissen, liess sich selber darauf fallen und seufzte tief, während sie das Foto auf dem Schreibtisch ansah. „… Könnte ich doch nur die Zeit zurück drehen und das ungeschehen machen, was letztes Jahr vor den Inter-High passiert ist…“ Auf dem Foto war das Mädchenvolleyballteam der Karasuno High. Yuzuru war auf dem Foto im ersten Jahr der Highschool und schien glücklicher denn je darauf zu sein. Bei dem Gedanken an die Zeit vor dem Unfall, drehte sie sich auf die andere Seite zu ihrem Handy und blickte auf dieses. Es blinkte immer noch nervös, weil sie noch ungelesene Nachrichten hatte. Diese las sie sogleich und öffnete verwundert die Augen ein Stück weiter. Hey., war die erste Nachricht von einer unbekannten Nummer. Wenn du die Snacks vergisst, bist du richtig lahm., die zweite. Sie musste lachen – Es schien so typisch Tsukishima zu sein, dennoch tat es ihr in diesem Moment so unglaublich gut. Die nächsten Tage schienen interessant zu werden… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)