London Calling von TensDaughter ================================================================================ Kapitel 1: Chemie Chemie Ya --------------------------- „Diggah, bei dir läuft Blut aus der Nase“ – „Hä was?“ – „Aus deiner Visage, direkt auf die Straße!“, lallte sie, und schlug ihm in den Nacken, dass noch ein größerer Tropfen auf dem Asphalt landete. „Oh scheiße man…“ Er betrachtete seine blutige Hand, die er direkt darunter gehalten hatte. „Zu viel geflogen…“ Die Rothaarige schnaubte abwertend aus. „Zu viel gezogen…“, murmelte sie, bevor sie ihn hoch zog. „Nein, nein, du hörst mir nich zu!“ Er drückte sich sofort von ihr weg, und rieb sich die roten Augen. „Du musst das mal probieren, die Probleme sind so klein von hier oben!“ – „Billy es reicht!“, schnauzte sie ihn wütend an. Billy hob abwehrend die Hände. „Woh, ruhig…du bist genau wie dein Vater…“ Sie formte die Hand zur Faust. „Wags ja nicht diesen Namen vor mir auszusprechen! Ich hab genug Probleme am Hals“, zischte sie wütend, während der hellhäutige Mann, mit den dunklen Augen und dem wirren Haar langsam ein paar Schritte zurück machte. „Ganz ruhig…“, versuchte er deeskalierend zu wirken, während seine Hand in seine Hosentasche glitt um Notfalls das Messer zu ziehen. Cathy schloss die Augen, legte den Kopf in den Nacken, bevor sie lange, und laut ausatmete. „MDMA, Amphetamin?“, fragte sie ihn dann, und er entspannte sich sichtlich. „Speed“ – „Und wer solls kriegen?“ Billy holte einen kleinen Zettel aus der Tasche. „So ein Club am Piccadilly…“ Die junge Frau streckte die Hand aus und bewegte die Finger in einer Geste, ihr den Zettel zu geben. „Gebs her, ich werds finden…wie viel?“ – „Preis verhandelbar, aber lass dich nicht unter 50 runterziehen“ – „Krieg ich hin“, erwiderte sie. „Und du, mach was wegen deiner Nase, das is ja widerlich“ Billy knurrte nur, bevor er nickte. Cathy drehte ihm den Rücken zu, und schaute noch einmal auf die Tüte in ihrer Hand, dann lief sie los. Bis zum Piccadilly Circus war es ein Stück und mit der U-Bahn konnte sie nicht fahren, da wäre sie ja schön blöd sich erwischen zu lassen. Es war früher Abend, also tauchte sie einfach in die Menge der Pendler und Käufer ein, welche sie nicht beachteten. Sie hatte gehört, dass die Leute in Berlin es auch so machen und in London war es sogar noch ein bisschen einfacher, weil es hier einfach mehr Leute gab. Ihre Finger umfassten erneut die Tüte, und sie biss sich auf die Unterlippe. Sollte sie wirklich nochmal? Billy wusste nicht, dass sie immer heimlich etwas nahm, wenn sie auslieferte, zumindest hoffte sie das. Aber sie hatte seit Tagen nicht geschlafen, aber Müdigkeit konnte sie sich nicht leisten. Außerdem wurde sie sofort wieder etwas wacher, als sie an Billy denken musste. War sie verliebt? Ein kurzes Lächeln huschte über ihr Gesicht. ‚Vielleicht ein bisschen‘, dachte sie, wenn sie daran dachte, wie sie sich manchmal um ihn kümmerte. Aber das Herzrasen hatte mehr damit zu tun, dass sie Angst hatte von ihm tatsächlich mal erwischt zu werden, wenn sie was nahm. Plötzlich bog sie zur linken in eine Seitenstraße ab. Sie hielt es nicht mehr aus. Kurz checkte sie, ob ihr jemand zusah, aber die Leute waren, zum Glück, mal wieder nur mit sich selbst beschäftigt. Sie schüttete sich etwas von dem Pulver auf ihre Hand, legte diese an die Lippen und warf dann kurz den Kopf in den Nacken. Dann ließ sie die Hand wieder sinken. Den Kopf gegen die Wand gelehnt blieb sich für ein paar Augenblicke stehen. Vielleicht kam das Herzrasen doch vom vielen Speed. Sie musste damit aufhören. ‚Muss es Billy sagen…irgendwann…‘ Und das irgendwann hatte sicher auch noch etwas Zeit. Cathy drehte sich an der Wand zur Seite, wobei sie das Tütchen wieder verschloss, und zurück in die Beuteltasche ihre Hoodies gleiten ließ. ‚Hehe…wie ein Känguru‘, dachte sie und grinste leicht, bevor sie begann wieder zu laufen. Diesmal ging sie in die andere Richtung der Straße, dass sie auf der anderen Seite wieder herauskam, bevor sie sich wieder in Richtung Piccadilly aufmachte. Ihre rechte Hand glitt in ihre Hosentasche, und sie holte ihr Handy hervor. Wenn sie schon nichts hatte, zumindest hatte sie das. Es war brandneu, von ihrem Taschengeld gekauft. Neue Nummer, neues Konto. Nie in ihrem WLan zuhause eingeloggt, irgendwo im nirgendwo aktiviert. Oh nein, die würden sie nicht finden. Gut, das Geld vom Vertrag wurde vom Konto ihres Vaters abgebucht, aber dem war das doch egal. Der hatte es sicher noch nicht mal bemerkt. Sie zog die Nase hoch. „Wixxer…“, knurrte sie ungehalten, bevor sie die Kopfhörer aus der Tasche zog, und an ihr Smartphone anschloss. Cathy machte sich nicht mal die Mühe um, einen Song auszuwählen, sondern startete einfach die letzte Playlist die gehört hatte, auf Shuffle-Mode. „Die Platte voller Blei, egal, ab in die Bong Ich knall mir alles rein, was mir in die Finger kommt Ich bin 10 Meter gewachsen, die Welt wird zu Lego Die Stadt ist zu klein für mich und mein Ego“ Na bitte, es ging doch. Wenigstens mal was anständiges. Sie ließ die Hände in die Taschen gleiten, und summte den Song leicht mit. „Und keine Nacht für niemand Keine Nacht für mich“ Manchmal war es erschreckend, wenn die Musik Recht hatte. In diesem Fall hatte sie das aber. Was tat sie eigentlich hier? Irgendwie rannte sie weg. Aber vor was? Vor ihrem Vater? Ganz sicher. Vor der Schule? Wahrscheinlich. Verantwortung, einem normalen Leben? Vielleicht. Oder…gabs da nich noch einen Grund? Ja schon, aber daran wollte sie nicht denken. Leider musste sie aber. Sie zog das Handy raus, und sah auf den Sperrbildschirm. Wie frech er sie da angrinste. In besseren Zeiten hätte sie am liebsten das Handy mit dem Display nach unten auf den Pflasterstein gehauen, aber bis der Speed reinschlug konnte es noch eine halbe Stunde dauern. „Denn ich bin immer noch wach und warte nur auf dich…“, murmelte sie, während sie das Bild von Andrew betrachtete. Wie sie diesen Hurensohn doch vermisste. Aber es war besser, dass er jetzt nicht hier war. Oder Tasha. Oder Pyke. Cathy kam nicht klar, nicht mehr klar mit niemand. Bis auf Billy. Billy war ok. Dennoch starre sie weiter auf das Foto auf dem Display. ‚Ich komm nich mehr klar…kommst du mit?‘ Ob er nein gesagt hätte? Bestimmt, obwohl…er hatte auch immer was genommen. Irgendwas. Sie wusste es ganz genau, sie war ja nicht doof. Bei ihm hatte es komischerweise aber nie nachgewiesen werden können. „ Chemie, Chemie ya Chemie ya, Chemise yeah” Cathy nickte leicht, während sie das Smartphone wieder in ihre Tasche gleiten ließ. Recht hatten die Jungs. Ein Hoch auch die Chemie. Sie brachte anderen Freude und ihr Geld. Viertelstunde später stoppte sie. Piccadilly, na endlich. Sie zog den zerknüllten Zettel aus der Hosentasche und sah sich um. Zwei Nebenstraßen weiter. Nach links und…ein Hintereingang. Sehr gut. Ohne eine Spur von Angst nährte sie sich dem großen, dunkelhäutigen Mann, welcher sie sofort im Visier hatte. „Ich will keinen Stress“, sagte sie locker, und blieb ein paar Schritte entfernt stehen. „Was willst du?“, fragte er barsch. „Ich will zu Jamie. Billy schickt mich“ Der Mann betrachtete sie von oben bis unten. „Ich bin Jamie“ – „Na umso besser, dann muss ich dich nicht erst suchen“ Er ließ die Arme etwas locker. „Bist du nicht etwas zu Jung um als Kurier zu arbeiten“ – „Ja. Ja das bin ich. Willst dus jetzt, oder nicht?“ Jamie schnaubte abweisend aus. „Wie viel?“ – „75“ – „Zeigs mir erst“ – „Kann ich nicht. Du kennst die Regeln. Und du weißt, dass das von Billy das Beste in der Gegend ist, also“ Der Mann starrte sie an, im Versuch sie einzuschüchtern, doch Cathy blieb gelassen und erwiderte seinen Blick furchtlos. Sie hatte mehr als genug Zeit. Jamie anscheinend jedoch nicht. Es dauerte eine kurze Weile, dann seufze er und holte Geld aus seiner Tasche. Er zählte es ab, dann drückte er ihr die Scheine in die Hand. Cathy sah ihn kurz prüfend an, bevor sie die Summe noch einmal durchging. Es stimmte. Im Gegenzug, zog sie die Plastiktüte aus ihrem Beutel und gab sie ihm. „Alles einzeln verpackt, wie gewünscht“ Jamie nickte. „Richte Billy meine Grüße aus.“ – „Werde dich tun“ Auf dem Rückweg war sie sehr viel besser drauf. Langsam begann das Speed zu wirken, und ihre Laune aufzubessern. Sie würde die Nacht heute wieder durch machen. Dann konnte Billy auch mal wieder schlafen, wenn er nicht ständig damit beschäftigt war, die Tür zu bewachen. Das konnte sie auch übernehmen. Die hatte wieder die Kopfhörer drin und natürlich lief wieder derselbe Song wie zuvor. Also, nich das sie damit ein Problem hätte. Sie mochte diesen Song. „Die Eulen kommen raus, wenn die Sonne untergeht 30 Grad im Schatten, aber alles voller Schnee Ich muss mit dir reden, auch wenn du mich nicht verstehst Weißt du vielleicht ob irgendwo noch After Hour geht? Ich häng sabbernd ab wie Jabbah da had“ Ja, von diesen Pappnasen kannte die genug. Zum Glück war sie heute Abend in keinem von denen vor die Füße gelaufen. Die sich für das allergrößte hielten, nur weil die Eltern die Geldscheiße hatten, und denen alles in den Arsch geschoben wurde. Und dann am besten noch so tun, als wären sie tolerant, aber eigentlich warne und blieben sie immer die gleichen, verfickten Snobs. Sie zog erneut die Nase hoch, dann schluckte sie; ein bitterer Geschmack lief den Rachen hinab, und es schüttelte sie. ‚Is ja widerlich…‘, dachte sie angeekelt, während die die Blechtür aufstieß. „Was geht aaaaab?“, rief sie in die Dunkelheit, aus der sie zwei blutunterlaufene Augen ansahen. „Was geht den bei dir falsch?“, fragte Billy etwas verwundert. „Die Pillen machen wach“, erwiderte Cathy. „Die ganze Stadt trägt Sonnenbrille in der Nacht“ Der dünne Mann drückte sich an der Wand hoch. „Hast du was genommen?“ – „Was? Nein! Würde ich nie tun, du kennst mich doch!“ – „Deswegen frag ich ja“ Cathy knurrte leise, während sie ausatmete. „Ach halt doch die Klappe…wenn du mich suchs, ich bin auf Entzug, oder unterm Zug“ Sie grinste und kicherte, über ihren eigenen Witz, während Billy sie einfach ausdruckslos anstarrte. „Jaja, is schon gut…“, murmelte sie etwas resigniert, bevor sie wieder nach draußen verschwand. Der Speed hatte sie wach gemacht, aber jetzt wusste sie nichts mit der überschüssigen Energie. Sie würde am liebsten irgendwo hinrennen, aber sie wusste nicht wohin. Was konnte sie denn machen, was nur? ‚Tanzen? Tanzen!‘ Sie hatte doch Musik! Das rothaarige Mädchen holte wieder ihre Kopfhörer heraus, und stecke sie sich ins Ohr, bevor sie so laut aufdrehte wies ging, und dann begann einfach auf der Stelle zu tanzen, ohne wirklich im Rhythmus zu bleiben. „Ich tanze seit Stunden, ich tanze allein Aber warte man, gleich setzt die Baseline ein Chemie, Chemie ya Chemie ya, Chemie yeah!“ Bei Sonnenaufgang saß sie am Rand des Geländers und ließ die Beine baumelt, während ihre Arme auf der unteren Strebe auflagen, den Kopf darauf gestützt, während sie mit müden Augen in das goldene Morgenlicht starrte. Vom Trip wieder unter zu sein, war, wie in ein tiefes Loch zu fallen. Zum Glück war ihr Loch nicht ganz so tief, wie das von anderen Leuten, die sie kannte. Sie drehte nicht mal den Kopf, als sich jemand neben sie setzte. „Wie viel hast du genommen…“, fragte Billy, jedoch konnte man an seiner Stimme erkennen, dass er auch müde war. „Eine Hand…vielleicht 3 Gramm…“ Billy seufzte. „Dein Vater ist oben…“ Cathy knurrte unwillig. „Schon wieder…hat er mich gesehen?“ – „Nein, ich denke nicht…hatte zu sehr mit sich selbst zu tun…“Sie schnaubte aus. „Wenn die Geißel der Menschheit zu deinem Freund wird…“ – „Hmm…“, brummte Billy nur und blinzelte langsam, als er in den orangefarbenen Himmel blickte. Es herrschte für einen Augenblick Schweigen zwischen den Beiden. Dann hob Cathy den Fuß und zeigte Billy ihren Fuß, nur in einer Socke. „Ich hab meinen Schuh verloren…“, sagte sie leise, und es klang fast schon wie ein Jammern, wozu auch der Blick, dem sie dem dünnen Mann zuwarf, perfekt passte. „Finden wir wieder…“, beruhigte sie Billy, wobei er ihr leicht zulächelte. Cathy zog sich am Geländer entlang näher zu Billy heran, und legte ihren Kopf auf seine Schulter. Sie spürte die Knochen unter seiner Haut deutlich, aber das war ok. Seine Schulter war trotzdem warm. Der braunhaarige Junkie schien für einen Moment unschlüssig, was er nun tun sollte, bevor er einen Arm um ihre Taille legte. „Ich glaub, ich sollte dir langsam mal zeigen, wie das mit dem Speed geht…“ – „Warte…C9H13N “ Sie schaute zu ihm hoch und konnte die Anerkennung in Billys Blick sehen. „Du bist gut…“ – „Ja…ja ich weiß…liegt in der Familie“ Sie lächelte ihn an. Vielleicht war Chemie ja doch gar nicht so scheiße. „Hm…“, brummte Billy, während er sie betrachtete. „Liegt alles in der Familie…“ Cathy erwiderte den Blick. „Krieg ich heute Abend wieder was?“, fragte sie schließlich. „Wenn du mich nett danach fragst…aber nich mehr klauen, ok?“ – „Versprochen“ Cathy drehte den Kopf weg und wischte sich müde über die Augen, bevor sie sich auf Billys Schoß zog, und an ihn kuschelte. Er war zwar nicht so schön weich, aber zumindest angenehm warm. „Kannst du Musik anmachen…“ – „Was denn genau…“ Sie atmete einmal tief durch. „Drück einfach auf Play, Billy…“ Er tat wie ihm geheißen, bevor er das Handy neben sich legte und seinen freien Arm ebenfalls um sie legte, während sie sich zufrieden an ihn kuschelte. Ok, vielleicht war sie noch ein bisschen mehr als ein kleines bisschen verliebt. Ein bisschen. Ein bisschen war ok… “ Und keine Nacht für Niemand Keine Nacht für mich Denn ich bin immer noch wach und warte nur auf dich ich komm nicht mehr klar Nicht mehr klar mit niemand ich komm nicht mehr klar, kommst du mit? Chemie, Chemie ya Chemie ya, Chemie yeah Chemie, Chemie Chemie, Chemie Chemie, Chemie ya Chemie ya, Chemie yeah…“ Kapitel 2: Gotham City ---------------------- „ Du fragst mich ob Du bleiben sollst Und ich schüttle den Kopf ganz leicht Es ist besser, wenn Du gehst Auch wenn ich ein bisschen will, dass Du bleibst“ Cathy seufzte und lehnte sich zurück gegen die Wand, während die den Blick über die Reihe der Menschen schweifen ließ, die auf der anderen Seite des Raumes lagen. Die eine Hälfe schlief, die andere war high, oder low, aber auf jeden Fall wach. Billy hatte ihr aufgetragen mal ein Auge auf einen der Typen zu haben. Der kam ihm suspekt vor, und die Cops konnte er sich hier nicht leisten. Das Mädchen hatte es nicht hinterfragt, sondern war seiner Bitte einfach nachgekommen. Billy hatte ein Auge auf so was, das wusste sie. Nur weil er ein Junkie war, hieß das noch lange nicht, dass er keine besondere Auffassungsgabe haben konnte, wie ihr Vater oder Andrew sie hatten. ‚Andrew…‘ Wie lange hatte sie von diesem Spasten eigentlich nichts mehr gehört? Zwei, drei Monate? Der hatte jetzt bestimmt ein leichtes Leben, wo sie ihn nicht mehr mit ihrer Präsenz auf den Kegel ging. Cathy schnaubte aus. Ja, so ein leben würde sie gern haben. Ob er überhaupt wusste, dass sie weg war? Wahrscheinlich nicht. Er glaubte wahrscheinlich eher, sie sei zu Vernunft gekommen und würde ihn nun endlich in Ruhe lassen. Ob es eine gute Idee gewesen war, ihm und auch allen anderen den Rücken zu kehren? ‚Vielleicht ist das ‘n Anfang…eher wohl ein Ende um ehrlich zu sein…‘ Sie seufze und sah zu Boden. Denn in ihr Löwenherz, passte nichts mehr rein. Sie hatte für ihn ihre Zeit verschwendet, sogar ihr Leben riskiert, und was war sein Dank? Er ließ sie einfach sitzen, und verpfiff sie sogar noch wegen ihres Aggressionsproblems. Warum konnte sie ihn dann nicht ganz einfach gehen lassen? Die junge Frau legte den Kopf in den Nacken, dass sie die kalte Steinwand an der Haut spüre. ‚Wieso…‘ „Irgendwer kommt und Irgendwer geht Wir haben uns doch eh nie ganz gehabt Du bist nicht Batman Und ich bin nicht Gotham City Ich glaub ich komm gut ohne Dich klar“ Cathy nickte leicht. Sie war nicht an Andrew gebunden. Sie war frei ihn, und das gesamte Pack hinter sich zu lassen. Ihre Finger tippten leicht den Takt der Musik mit, während sie erneut die Augen schloss. War es richtig alle als Pack zu bezeichnen? Etwas schuldig fühlte sie sich schon, nicht Andrew, sondern Tasha gegenüber, von der sie sich nicht verabschiedet hatte. Oder von Pyke, den sie ebenfalls hatte sitzen lassen, obwohl er ihr bester Kumpel war. Wem sie was beweisen wollte, das wusste sie selber nicht genau. Aber das, was sie verband, reichte einfach nicht aus. Ihr Kontingent an Nähe, hatte sie anscheinend verbraucht. Sie war mit den anderen zusammen reingefallen, jetzt fiel sie einfach leise wieder raus. Cathy öffnete die Augen und setzte sich auf. Es war doch immer so, dass irgendwer kommt und irgendwer geht. Am Ende hat man sich eh nie ganz gehabt. Sicher hatten sie schon einen ganz passablen Ersatz für sie gefunden. Richard war sicher an ihrer Stelle vorgerückt. Sie mochte den kleinen Kerl, auch wenn Moriarty sein Vater war. Oder gerade weil Moriarty sein Vater war? Das konnte sie nicht ganz genau sagen, denn ihre frühere Leidenschaft bezüglich des kriminellen Psychopathen war über die Zeit, die sie jetzt schon mit Billy und den anderen Junkies verbrachte, sehr stark abgeklungen. In dieser Position bekam man die wirklich kriminellen Taten erst gezeigt, die, erschreckender Weise, oft in der menschlichen Natur lagen, als im krankhaften Verstand, einer bösen Genies. Manchmal war es einfach, jemandem nicht zu helfen, und ihn in der Ecke liegen zu lassen, was ihr die Haare zu Berge stehen ließ, als das großausgeklügelte, organisierte Verbrechen, welches quasi über ihren Köpfen operierte, und unter dessen Radar sie schon verschwanden. Ob das etwas Gutes war? Im Moment noch. Zumindest hatte sie jetzt tatsächlich das Ausmaß nach Nichtigkeit erreicht, dass sie immer bei Andrew gefühlt hatte. Wie ein Nichts. Ein Schatten. Ihre Hand glitt in ihre Tasche, und sie zog das Handy hervor. Mit einem Klick auf die Taste an der rechten Seite schaltete sich der Bildschirm an, und das Sperrbild zeigte ihr diesmal nicht Andrew sondern einfach einen Wald, den sie in der Vorschlagsbilder-Galerie ihres Handys gefunden hatte. Sie hatte seine Bilder gelöscht, vor Tagen schon. Sie wollte nicht mehr an ihn denken. Er war nicht Batman und sie war nicht Gotham City. Sie kam auch gut ohne ihn klar. Zumindest nahm sie das vor. „Ich bin der Held meiner eigenen Geschichte Ich rette mich selbst und kämpfe gegen Bösewichte Nein du Kannst hier wirklich nichts tun“ Cathy kaute sich auf der Unterlippe, dann schlug sie mit der flachen Hand laut auf den Boden, dass einige der Junkies, die noch halbwegs bei Verstand waren, zusammenzuckten, einer knurrte sogar unwillig. „Sorry…“, meinte sie etwas genervt, bevor sie sich hochdrückte, und die Kopfhörer aus den Ohren nahm. Sie steckte diese in die Kängurutasche, bevor sie ihre Hand durch ihren Ausschnitt zu ihrem BH gleiten ließ, und dort ein zerknülltes, weißes Papier hervorholte. Ihr entging dabei nicht, dass einer der Penner sie beobachtete. „Fick dich, Spanner“, knurrte sie und ihr stechender Bick schien den jungen Mann förmlich zu durchbohren, er sofort den Kopf abwandte. Cathy drehte ihm den Rücken zu, und verschwand durch das Türloch, die Treppe nach unten. Dabei faltete sie das Blatt auf, wobei darauf eine etwas verwischte Zeichnung zum Vorschein kam, auf der man jedoch noch gut erkennen konnte, um wen es sich handelte. Es war ein Bild von Andrew, in einer Seitenansicht, wie sie es mal auf dem Handy gehabt und dann abgezeichnet hatte. Sie war immer sehr stolz auf dieses Bild gewesen, weil es eines der wenigen war, dass sie je gemalt hatte und das der Person, die es die Absicht hatte abzubilden, so ähnlich sah. Sie hatte es immer behalten, um sich an ihn zu erinnern, nicht selten hatte sich auch einfach nur dagesessen und es angesehen. Aber diese Zeiten waren jetzt vorbei. Er hatte sie fallen gelassen. Nun würde sie mit ihm dasselbe tun. Sie war nun die Heldin ihrer eigenen Geschichten, rettete sich selbst und kämpfte gegen Bösewichte. Nein, für Andrew gab es hier nichts mehr zu tun. Ihre Schritte hallten im Flur mit den kahlen Steinwänden, während sie mit einem Schritt immer gleich zwei Stufen nahm, wobei sie sich hin und wieder an dem morschen Geländer festhielt, während sie vom eher gelblichen, und verschmutzten Licht des grauen Tages nach unten in den Keller ging, wo helle Neonröhren ein kleines Labor beleuchteten, in dem Billy gerade dabei war, wieder einmal irgendwas zu extrahieren. Ohne zu fragen ging sie zu ihm hinüber und zog den Bunsenbrenner zu sich. „Hey“, beschwere sich der Junkie, und sah sie überrascht an, bevor sein Blick auf die Zeichnung in ihrer Hand fiel. „Oh, das ist cool…wer ist das?“ – „Jemand den du nicht kennst, und den ich nicht mehr kennen will“, erwiderte die Rothaarige, und betrachtete kurz die rauschende Flamme des Brenners, bevor sie das Blatt in dessen Nähe hielt, was sofort an der Seite, welche dem Feuer am nächsten war, zu schwelen und zu brennen anfing. „Denn, irgendwer kommt, und irgendwer geht, wir haben uns doch eh nie ganz gehabt…“ Sie betrachtete das Blatt wie der glühende Rand sich weiter in die Mitte fraß, bis er die Zeichnung an sich erreicht hatte, und die Linien samt des Untergrundes zu Asche verfallen ließ. „Du bist nicht Batman. Und ich bin nicht Gotham City. Ich glaub ich komm gut ohne Dich klar…“ ‚Ohohoh…dap dap, da da da da, dap, da da da… Dap dap, da da da da, dap, da da da… ‘ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)