Sex, Guns & Rock 'n' Roll von UrrSharrador („Herzlich willkommen beim Schicksalslos!“) ================================================================================ Prolog: „Du bist nicht die Sakura, die ich kenne.“ -------------------------------------------------- Ich schaue in die Finsternis hinaus und genieße den Anblick des Schnees, der sich kühl und sanft über die Straßen gelegt hat. Die Schneedecke lässt alles nur halb so dunkel erscheinen, wie es sein sollte, so spät in der Nacht und in einer Gegend, in der es nur wenige Straßenlaternen gibt, wovon noch weniger funktionieren. Ich blase den Zigarettenrauch in die kalte Nachtluft hinaus. Kurz verdeckt er die wenigen Sterne, die sich heute zeigen. Auf der gewundenen Straße fährt ein Auto vorbei, die Scheinwerfer stechen hart und grell in meine Augen. Eine seltsame Schwermut hat mich ergriffen. Wahrscheinlich tut Sasuke mir leid. Und das, obwohl ich mit meinen letzten Chips wirklich Glück gehabt habe. An manches gewöhnt man sich eben nicht so schnell. Nicht, dass es eine Rolle spielt. Meine Augen passen sich mehr und mehr an die Düsternis an. Der Schnee ist noch frisch, erst gestern gefallen. Kaum ein Stiefel hat ihn zertrampelt. Schnee hat immer eine beruhigende Wirkung auf mich. Es fühlt sich an, als könnte er sich über meine Seele legen, und die Kälte täte mir gut. Ich seufze tief – erst jetzt fällt mir auf, dass ich es mindestens zum fünften Mal tue, dann werfe ich die aufgerauchte Zigarette beim Fenster hinaus. Sie landet im Schnee und sterbend brennen sich noch ein paar Funken in das unberührte Weiß. Ich gehe in den anderen Raum zurück. Das grelle Licht ist wie ein Schlag ins Gesicht, auch wenn es nur aus einer einzelnen Schirmlampe kommt. Das Bett darunter ist zerwühlt. Die zerknitterten Laken und zerdrückten Kissen zeugen noch von der wilden Nacht, die ich mit Sasuke hatte. Sasuke selbst ist noch immer nur in Boxershorts gekleidet. Er ist an den Bettpfosten gefesselt und sein Gesicht ist längst zugeschwollen. Offenbar sind sie immer noch nicht mit ihm fertig. Obwohl sie ihm die Augen verbunden haben, dürfte er bemerkt haben, dass ich zurückgekommen bin. Vielleicht riecht er den Zigarettenrauch. Vielleicht auch mein Parfüm, das er, seinem eigenen Aufreißerspruch von gestern zufolge, unter tausend anderen wiedererkennen würde – solange ich nahe genug an ihn herankäme. Vielleicht hat er auch einfach nur meine Schritte gehört. Ich glaube, Ino ist es, die mal gesagt hat, ohne Schuhe würde ich klingen wie eine betrunkene Katze – leise, aber nicht leise genug. Sasuke atmet schwer, als er den Kopf in meine Richtung dreht. „Wo warst du?“ Was für eine Frage. Man könnte meinen, er hätte andere Sorgen. Aber Sasuke ist schon immer für eine Überraschung gut gewesen. Die beiden Muskelpakete, die ihn wie zwei Türme aus Fleisch flankieren, werfen mir einen fragenden Blick zu. Der eine wackelt mit dem Gummiknüppel wie mit einem Spielzeug. Ich sehe, dass die Dielen zu Sasukes Füßen mit seinem Blut besprenkelt sind. Die beiden Jungs sind nicht gerade zimperlich. „Rauchen“, beantworte ich Sasukes Frage salopp. „Das ist einfach himmlisch nach einer heißen Runde Sex. Hast du’s noch nie ausprobiert?“ „Wer bist du?“, knurrt er mit zusammengebissenen Zähnen. Jeder Zoll von ihm ist ein Rebell. Er bäumt sich gegen seine Fesseln auf, und der Muskelprotz zu seiner Linken vergräbt sein Knie in seinem Magen. Stöhnend sackt er zu dem Häuflein Elend zusammen, das er eigentlich darstellen sollte. „Ich weiß nicht, was du meinst“, sage ich. „Du bist nicht Sakura“, stellt er fest. Ich lache leise. „Wer soll ich denn sonst sein?“ „Du bist nicht die Sakura, die ich kenne“, wiederholt er. „Die Sakura, die in der Schulzeit eine oberflächliche, nervtötende Klammer war. Die Medizin versucht hat und sich immer mit Naruto und den anderen getroffen hat. Du siehst aus wie sie, aber du bist ganz anders.“ Ich hocke mich vor ihn hin. Er kann mich freilich nicht sehen, aber ich weiß, dass er mich bemerkt. „Wir haben uns drei Jahre nicht gesehen“, rufe ich ihm in Erinnerung. „In drei Jahren kann viel passieren. Zum Beispiel kann die alte Sakura, die du kanntest, in drei Jahren spurlos verschwinden.“ „Blödsinn“, schnaubt er. „Die alte Sakura ist tot. Wir verändern uns alle, Sasuke.“ „Und was will die neue Sakura dann von mir?“, knurrt er. Seine widerborstige Art geht mir gehörig auf die Nerven. Er ist stur wie ein Ochse. Unbeugsam wie ein Politiker mit einem Haufen von Lobbyistenfreunden. Überheblich, dass er sich eigentlich tagtäglich die Augen auskugeln müsste bei dem Versuch, auf all seine Mitmenschen herabzublicken. Und genauso unwiderstehlich wie früher. „Was denkst du denn, was ich von dir will, Sasuke?“, frage ich in dem Versuch, ihn aus der Reserve zu locken. Kurz stutzt er, als würde er tatsächlich über diese Frage nachdenken. Aber dann übernimmt sofort wieder sein Ego die Kontrolle. „Ich habe eigentlich geglaubt, dass du nur mit mir schlafen willst. Gestern hat es zumindest danach ausgesehen. Und befürchtet habe ich, dass du hoffst, etwas Ernsthafteres anfangen zu können.“ Er grinst. Das Grinsen steht seinem angeschwollenen Gesicht nicht. Ich verziehe die Lippen. „Du solltest spüren, wie ernst ich es meine“, sage ich säuerlich. „Ich stehe eigentlich nicht auf SM“, keucht er, als ihn der Gummiknüppel auf mein Zeichen hin an der Schläfe trifft – nicht fest, aber schmerzhaft genug. „Du hast dich auch verändert, Sasuke. Du bist lustiger geworden“, stelle ich fest. Ich merke, dass das Eis auf meiner Seele schon wieder zu tauen beginnt. Ich will ihn so nicht sehen. Ich sollte mir bald wieder ein Fenster mit der Aussicht auf Schnee suchen. Der nächste Hieb lässt ihn Blut spucken. „Vielleicht sagst du mir endlich, was das soll, zum Teufel nochmal!“ Endlich klingt er wütend. Damit kann ich besser umgehen als mit seiner unnahbaren Coolness. „Ich hatte einfach Glück“, sage ich. „Ich habe diese Woche die Gottesanbeterin und die Schwarze Witwe gezogen. Das ist eine ziemlich einfache Kombination. Und die Zusatzbedingung wird dir gefallen, Sasuke. Du wirst die Trennung von mir nämlich überleben.“ Ich denke mir, dass es genug ist, und lasse die beiden Kraftprotze noch zwei Minuten weiter auf ihn einprügeln, damit es sicher genug ist. „Okay“, sage ich. „Zeit für den Taser. Machen wir, dass wir hier fortkommen.“ „Was zur Hölle …“, bringt Sasuke noch nuschelnd hervor, ehe die bläulichen Blitze an seinem Hals ihm die Worte rauben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)