Virtuell und doch Real? von Feuerlilie86 (Alice sends her regards) ================================================================================ Prolog: -------- Die Luft war kühl aber mit Feuchtigkeit durchsetzt. Der Wetterbericht, der für diesen Dienstag kräftige Schauer im Laufe des Tages vorher sagte, schien sich zu bewahrheiten. Das jedenfalls dachte eine blondhaarige Frau in den Dreißigern, als sie ein paar Tulpen für den Frühstückstisch zurechtschnitt. Den Lärm von oben ignorierend. Ein typischer Tag im beginnenden englischen Sommer im Hause Thompson. Könnte man meinen, doch man musste zu einem anderem Schluss kommen, als besagte Frau und Hausherrin sich umwandte um die Blumen auf den Tisch stellen. Tränen liefen ihr über das Gesicht. Sie Blickte zu einem Bild auf dem Cupboard. „Zwei Jahre“, murmelte sie. Als Irene Schritte auf der Treppe hörte drehte sie sich schnell zur Spüle und fuhr sich mit den Händen über ihr Gesicht. „Mum! Sie hat es schon wieder getan!“, beschwerte sich ihre Jüngste, als sie in die Küche kam. Das war reine Folter, nicht zum ersten Mal, fragte sich ein 15 jähriges Mädchen warum sie ausgerechnet in der bevölkerungsreichsten Stadt von Großbritannien wohnen mussten, sodass ihre Mutter sie öfters zum Babysitter ihrer vier Jahre jüngeren Schwester abkommandierte. Dann hieß es für Elizabeth nicht nur Hannah zur Schule zu begleiten sondern auch Jenny , Hannahs Schwester von der anderen Mutter oder besser nicht genetischen Zwilling, auf dem Weg zur Schule einzusammeln. Diese Aufgabe war seit ungefähr einen Monat nicht das sicherste Mittel Elizabeth Laune am Morgen zu vermiesen. Nicht seitdem es eine kleine kostenlose App gab mit der man kleine bunte Monster mithilfe von Bällen fangen konnte. Nun war es das Nonplus-Ultra. Eine Serie die einfach kein Ende fand, der Peter Pan Verschnitt als Held der mit jeder neuen Staffel oder Region seine Gehirnzellen verliert als wäre er eine jüngere und leichtere Version von Homer Simpson, dann die immer unrealistischen Pokéviecher. Als hätte es nicht schon gereicht die Fans dieses Wahnsinns mit immer neuen Spielen oder Sammelkarten zu füttern, nein jetzt kann man am Picadilly Circus eine lila Ratte fangen oder einen übergroßen Chinchilla, der zu viel Milka gefressen hat. Je nach Ansichtssache war es entweder Rattfratz oder das lila Riesenchinchilla-Vieh. Elizabeth gehörte eindeutig zur Gruppe, die sich vehement gegen das Pokémon Fieber wehrte, was mit einer von der App begeisterten Schwester und deren Anhang nur schwer zu bewerkstelligen war. Das Interesse nach dieser App war erschreckend. Wo waren nur die Baumkiller hin oder anders gefragt wo blieben die Sammelkarten aus Pappe von denen man unzählige Versionen kaufen oder tauschen konnte? Mit Glitzer, ohne Glitzer, mit Schimmer mit Pokeviech und ohne – jap man bezahlte auch für Pappe mit nur einem Blatt. Etwas Bewunderung konnte man den Werbeleuten, die den Merchandise-Wahnsinn immer weiter perfektionierten schon entgegen bringen. Den Eifelturm verscherbeln, dass konnte Victor Lustig zu seiner Zeit aber heutzutage ein Blatt auf Pappe verkaufen-... „HANNAH! STOP!!!“, rief Elizabeth entsetzt als sie jäh aus ihren Gedanken gerissen wurde, weil ihre Schwester vollkommen auf ihr Smartphone fixiert über eine rote Ampel gehen wollte. Aufgeschreckt hielt ihre Schwester an, kaum eine Sekunde später fuhr mit lauten Hupen ein City Cab an ihr vorbei. „Alles in Ordnung?“, fragte Elizabeth besorgt als Hannah erreichte. Sich innerlich dafür scheltend sich so weit zurückfallen zu lassen. Für Elizabeth stand fest, was die Sicherheit im Straßenverkehr anging waren die Karten wohl das kleinere Übel. „Ja geht schon.“, bekam sie etwas zittrig von ihrer Schwester zu hören. Hannahs Herz schlug aufgeregt und spürbar in ihrer Brust. Sie begriff, ohne die Warnung ihrer Schwester und ihre automatische Reaktion hätte sie das Taxi erfasst. „Handy her.“, forderte ihre Schwester und hielt ihr die Hand hin. Die Bedeutung des Satzes zu erfassen, gelang Hannah so kurz nach dem Beinahe-Unfall noch nicht: „Was?“ „Handy her- ich gebe es dir bei der Schule wieder aber bis dahin bleibt es bei mir.“ Der Schock saß Hannah immer noch in den Gliedern, ohne Widerworte gab sie ihrer Schwester ihr Handy. „Danke. So nun bekommen weder Mum noch ich einen Herzinfarkt weil du wegen einer Raupe von einem Auto überrollt wirst oder was immer das für ein grünes Poke ist... Raupi oh nö das heisst wirklich so?!“ „Ich hab`s gefangen?“ Plötzlich war Hannah wie ausgewechselt freudig strahlte sie ihre Schwester an. „ Das ist super. Endlich habe ich auch ein weibliches Raupi. Bisher sind immer nur männliche aufgetaucht und das hier hat sogar schon Level 5!“, rief Hannah begeistert. -Dies änderte sich jedoch als sie das Gesicht von Elizabeth sah. Elizabeth sah aus, als würde sie jede Sekunde anfangen zu explodieren. Hannah kannte das Temperament ihrer Schwester. Doch statt zu schreien klappte diese das Handy zu und verstaute es ohne weitere Worte in ihrer Umhängetasche, dann setzte sie ihren Weg fort. Das ihre Schwester nicht schrie machte Hannah Angst. Sie bemühte sich mit ihr Schritt zu halten. Zwei Querstraßen weiter bleib sie stehen und wandte sich um. „ Dieses Spiel hätte dir beinahe das Leben gekostet. Du musst aufpassen wohin du gehst, ich kann nicht immer da sein oder ich bin wie eben abgelenkt, was dann?“ Traurig blickte ihre große Schwester sie an und in diesem Moment fiel ihr die Ähnlichkeit zur ihr Mutter auf. Viel hatte Elizabeth nicht mit ihrer Mutter im Aussehen gemein. Ihre Haare waren von einem warmen braun und ihre Augen mehr grün als braun. Doch gerade in ebendiesen Moment sah Hannah den gleichen traurigen Ausdruck in den Augen wie bei ihrer Mutter Irene, als sie in die Küche kam. Stumm umarmte sie ihre Schwester. Diese erwiderte die Umarmung fest. „Du hast mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt.“, erklärte Elizabeth. Und hörte ein gemurmeltes „Tut mir leid.“ „Gerade heute.“ „Ich weiß.“ Die Umarmung wurde noch fester. „Dads Todestag und du lässt dich von einem Auto überfahren. Mum hätte uns beide die Köpfe abgerissen.“ Elizabeth merkte, wie Hannah nickte. „Und außerdem, wer kümmert sich dann um deine Pokeraupen?“ Empört wich Hannah zurück. Während ihr Schwester sie angrinste. „Pokémon und Raupi.“, korrigierte Hannah. „Ein und das selbe für mich.“ Mit diesen Worten setzte sich Elizabeth wieder in Bewegung. „Ah schau mal wer da Sehnsucht hat oder auf die Toilette muss?“ Hannahs Schwester deutete nach vorne, wo Jenny stand und ihrer Schwester im Geiste zuwinkte. Das Lächeln verschwand von Elizabeth Gesicht, als sie sah mit was ihre „adoptierte“ Schwester versuchte auf sich aufmerksam zu machen. Die Baumkiller erlebten ein Revival. Konnte der Tag noch besser werden? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)