Freunde mit gewissen Vorzügen von Maginisha ================================================================================ Kapitel 14: ------------ „Hast du schon etwas finden können, Omi?“ Ken stützte sich auf die Lehne des Schreibtischstuhls und starrte auf den Bildschirm. Yoji saß hinter ihm auf der Couch und warf einen Blick auf Aya, der neben den beiden anderen an der Wand lehnte. Als hätte dieser das gemerkt, blickte er auf und ein warnender Ausdruck lag in seinen Augen. Yoji rollte mit den Augen, zwinkerte Aya zu und richtete seine Aufmerksamkeit ebenfalls wieder auf Omi. „Es gibt zwei vielversprechende Adressen“, antwortete der Ken gerade und rief eine Karte auf. „Da ist eine kleine, aktive, christliche Gemeinde hier. Drei der Opfer waren tatsächlich dort Mitglied. Sie könnten aufgrund dieser Verbindung ausgewählt worden sein.“ „Und die andere?“, fragte Aya. „Es gibt noch eine alte, baufällige Ruine am Rande des Bezirks. Der Bereich ist gesperrt, das Gebäude soll irgendwann abgerissen werden, aber ich dachte mir, dass das doch sicherlich ein guter Ansatzpunkt wäre.“ Ken blies die Backen auf und ließ zischend die Luft entweichen. „Also Nachtschichten die nächste Zeit oder wie?“ Omi unterdrückte ein Gähnen. Ganz kurz meldete sich Yojis schlechtes Gewissen. Er okkupierte bereits seit über einer Woche das Zimmer ihres Jüngsten, hatte jedoch längst nicht alle Nächte in dessen Bett verbracht. Die Wunde an seiner Hand heilte gut, wenngleich er sie auch noch nicht allzu sehr belasten konnte. Der Verband war inzwischen einem großen Pflaster gewichen. Es wurde Zeit, dass er sich wieder mehr einbrachte, obwohl er durchaus die Vorteile seiner Auszeit genossen hatte. „Wir könnten uns aufteilen“, schlug er daher vor. „Jeder übernimmt eine Wache und kann die zweite Nacht ausschlafen.“ „Nein.“ Ayas Stimme machte deutlich, dass er darüber nicht diskutieren würde. „Es wird keine Alleingänge mehr geben.“ Yoji verzog das Gesicht. „Ich weiß deine Anteilnahme ja durchaus zu schätzen, aber wie stellst du dir das vor? Wir sind nur zu viert und haben zwei mögliche Tatorte abzudecken. Wir müssen uns aufteilen.“ „Wir gehen in Zweiergruppen. Du überwachst mit Omi die aktive Kirche, ich und Ken werden uns die Ruine vornehmen.“ „Aber wäre es nicht sinnvoller, die erste Kirche tagsüber zu überwachen? Das kann Omi gar nicht. Er muss in die Schule. Und nebenbei bemerkt nachts deswegen auch mal schlafen. Wie lange willst du das denn durchziehen? Es nützt doch nichts, wenn wir völlig auf dem Zahnfleisch gehen. Damit spielen wir unserem Gegner doch nur in die Hände.“ Aya musterte ihn mit einem kalten Blick. „Bist du fertig mit dem Geheul oder brauchst du ein Taschentuch? Es gab bisher keine weiteren Überfälle. Entweder haben wir den Täter verscheucht oder er wird bald wieder zuschlagen. Die Überwachung sollte also nicht allzu lange dauern. Wir sind Weiß und kein Pfadfinderverein. Reiß dich zusammen, Kudo!“ Mit diesen Worten drehte Aya sich um und verließ den Keller. Yoji sah ihm wütend nach und verwünschte einmal mehr den Sturkopf ihres Anführers. Er würde sie alle zugrunde richten, wenn er so weiter machte.   Omi und Ken sahen ihn fragend an. Yoji seufzte. „Ich werde nochmal mit ihm reden. Vielleicht können wir die Operation ja noch ein paar Tage verschieben, um uns vorzubereiten.“ Er war schon auf der Treppe, als er sich nochmal umdrehte. „Ach und Omi? Ich denke, ich werde heute Nacht wieder in meine Wohnung fahren. Ich habe dich lange genug aus deinem Zimmer vertrieben.“ Omi setzte ein breites Lächeln auf. „Immer gerne, Yoji-kun. Aber meinst du denn, du schaffst das?“ Yoji griff sich theatralisch ans Herz und seufzte laut. „Ich werde euch schmerzlich vermissen, aber ja, ich komme zurecht. Außerdem brauche ich dringend Ausgang. Ich bin ja schon völlig eingerostet.“ „Du könntest uns wieder im Blumenladen helfen“, schlug Ken vor. „Die Fangirls vermissen dich schon. Ganz ehrlich, die fragen mich bestimmt zehnmal am Tag, wann du wiederkommst.“ Yoji schenkte ihm einen Blick über den Rand seiner Sonnenbrille hinweg. „Und du hast deine Chance sie über meine Abwesenheit hinwegzutrösten nicht genutzt? Also wirklich Ken, ich glaube, wir beide müssen uns mal ernsthaft unterhalten. Über Bienchen und Blümchen und so. Du weißt schon.“ „Hey, was soll das heißen? Ich bin doch nicht... Yoji! Komm sofort zurück!“     Yoji grinste immer noch, als er an Ayas Tür klopfte. Er wartete keine Antwort ab und trat ein. Das Zimmer, das früher eine Art Sperrgebiet gewesen war, schreckte Yoji inzwischen nicht mehr ab. Nicht nachdem was er und Aya hier schon veranstaltet hatten. Der Bewohner des Zimmers stand am Fenster und starrte in die dunkle Nacht hinaus. Yoji trat neben ihn und sah ebenfalls auf die Lichter der Stadt, die sich bunt auf ihren Gesichtern spiegelten. „Was willst du?“ Aya sprach leise, aber die Warnung im Hintergrund war deutlich. Yoji musste vorsichtig sein, seine Worte sorgfältig wählen. Leider war das nicht gerade seine beste Disziplin. „Lass uns noch zwei Tage warten. Zwei Tage werden uns nicht umbringen.“ „Uns nicht, aber vielleicht das nächste Opfer.“ Yoji wollte noch etwas erwidern, aber Aya schnitt ihm das Wort ab. „Ich werde mir von dir nicht vorschreiben lassen, was ich zu tun habe. Bilde dir das niemals ein. Nur weil wir miteinander ins Bett gehen, fälle trotzdem immer noch ich die Entscheidungen.“ Ein kleines Grinsen schlich sich auf Yojis Gesicht. „Eigentlich hatte ich gar nicht vorgehabt, diese Karte auszuspielen, aber wenn du es so ansprichst...“ „Kudo!“ „Ich dachte, wir wären inzwischen bei Yoji angekommen.“ Er drehte Aya zu sich herum und zog ihn an sich. Seine Lippen strichen über die seines Gegenübers. „Zwei Tage. Omi braucht Zeit um sich auszuruhen. Er hat die letzten Tage bis spät in die Nacht gearbeitet, ihr seid tagsüber alleine im Laden gewesen, ich bin noch nicht wieder vollständig fit. Lass uns nicht Hals über Kopf in diese Mission starten. Was, wenn es das nächste Mal Omi oder Ken erwischt? Oder dich?“ Ayas Gesicht zeigte keine Reaktion. „Wir leben immer mit diesem Risiko.“ „Ja, aber es gibt einen Unterschied zwischen Risiko und Selbstmord. Zwei Tage.“   Aya schloss für einen Augenblick die Augen. Yoj betrachtete ihn und das Farbenspiel auf seiner blassen Haut. Sie standen sich so nahe, dass er den Geruch des anderen wahrnehmen konnte. Er lehnt sich unbewusst ein wenig vor und atmete tief ein. Begehren wallte in ihm auf, schoss heiß durch seinen Körper und manifestierte sich an einer verräterischen Stelle. Aya schlug die Augen auf und sah ihn unergründlich an. „Was bekomme ich dafür?“ Yoji zwinkerte überrascht. So eine Frage war sehr...un-ayahaft. Er korrigierte sich in Gedanken. Sie passte nicht zu Abyssinian und auch nicht zu dem Aya, den alle Welt kannte. Sie passte sehr wohl zu der Seite, die Yoji inzwischen von ihm kennengelernt hatte. Eine zügellose, triebhafte, gierige Seite, die er nur zeigte, wenn sie allein waren. Er überlegte. War das eine Falle? Wollte Aya testen, inwieweit er ihre Beziehung, die Yoji in gedankliche Anführungsstriche setzte, auf die Arbeit übertrug? Oder wollte er tatsächlich eine Entschädigung dafür, dass er Yojis Bitte nachkam? „Also?“ Aya trat ein Stück näher und schob seinen Oberschenkel in Yojis Schritt. Er drückte leicht zu und endlich sah Yoji das Glitzern in seinen Augen, das er vermisst hatte. Anscheinend sollte das hier tatsächlich ein Deal werden und der andere wusste schon genau, was er wollte. Yoji ebenfalls. Er tat, als müsse er überlegen. „Ich weiß nicht. Du willst also, dass ich meinen wunderschönen, wohlgeformten Hintern dafür hinhalte, dass wir alle überleben?“ „Ist das ein Problem?“, fragte Aya lauernd. „Mhm“, machte Yoji, obwohl er sich schon längst entschieden hatte. Aber allzu leicht wollte er es Aya dann doch nicht machen. „Überzeuge mich.“   Binnen Sekunden fand er sich neben dem Fenster an die Wand gepresst. Eine Hand wanderte unter sein Shirt, während Aya seine Zähne in Yojis Hals schlug und gerade so stark zu saugen begann, dass es keine verräterischen Spuren gab. Die Hand strich über seine Brust und Fingernägel kratzten über die empfindlichen Brustwarzen. Der Druck zwischen seinen Beinen erhöhte sich und Aya begann, seine Hüfte an seiner zu reiben. „Ok, ok.“, keuche Yoji. „Du hast mich rumgekriegt. Morgen Abend. Aber vorher gehen wir aus.“ Aya trat einen Schritt zurück und musterte ihn finster. „Nein.“ „Oh doch“, widersprach Yoji. „Wenn du mich schon flachlegen willst, will ich vorher ein Date. Außerdem brauche ich dafür was zu trinken. Oder auch ein bisschen mehr.“ „Angst?“ War das gerade das kurze Aufflackern eines spöttischen Lächelns auf Ayas Mund gewesen oder hatte er Halluzinationen? „Neeeinn“, antwortete Yoji gedehnt. „Nur ein bisschen Respekt. Aber ich weiß, dass du vorsichtig sein wirst.“ „Woher?“ Yoji grinste breit. „Weil du weißt, wie wehleidig ich sein werde, wenn du es nicht bist.“       Als Yoji wieder in den Keller kam, war Omi allein. Er tippte irgendetwas auf der Tastatur herum und warf fluchend die Hände in die Luft, als es offensichtlich nicht funktionierte. „Hey, Omi, was ist los?“ „Ach keine Ahnung. Ich habe versucht, mich in die Verkehrsüberwachung dieser Gegend zu hacken, aber die ist gesichert wie Fort Knox. Das macht überhaupt keinen Sinn. Die Daten sind normalerweise total einfach zu bekommen. Irgendwer hat sich daran zu schaffen gemacht.“ „Wer sollte das tun? Etwa unser geheimnisvoller Messerstecher?“ „Ich weiß es nicht. Die Verschlüsselung ist auf jeden Fall der Wahnsinn. Da brauche ich Tage, bis ich da drin bin.“ Omi versetzte dem Computertisch einen Tritt. Ein weiterer Hinweis, dass er dringend mal wieder ausschlafen musste. Yoji wuschelte dem Jüngsten durch die Haare. „Dann lass es liegen und ruh dich aus. Wir starten in zwei Tagen mit der Überwachung.“ Omi drehte sich zu ihm herum und sah ihn aus großen Augen an. „Du hast Aya-kun umgestimmt bekommen? Ihr zwei versteht euch wirklich gut in letzter Zeit, oder?“ Yoji ahnte, dass er sich in gefährlichem Gewässer befand. Eine von Ayas Bedingungen war gewesen, dass niemand von ihnen erfuhr, und er hatte nicht vor, sich das durch einen dummen Fehler zu verderben. Er setzte ein gewinnendes Lächeln auf. „Ich bin eben ein umgänglicher Typ. Außerdem habe ich an einem ersten Abend hier Nacktfotos von Aya gemacht und ihm gedroht, sie an die Fangirls zu verkaufen, wenn er nicht nett zu mir ist. Hat funktioniert, oder?“ Omi wurde rot bis unter die Haarspitzen. „Yoji-kun! Warum muss bei dir immer alles mit...damit zu tun haben.“ Yoji tippte ihm gegen die Nase. „Das wirst du schon noch rausfinden.“ Omi seufzte und wandte sich wieder dem Computer zu. Er starrte noch kurz auf den Bildschirm, dann schaltete er den Rechner mit einem entschiedenen Knopfdruck aus. „Ich geb´s auf. Gute Nacht, Yoji-kun.“ „Gute Nacht, Omi.“           Die Bar war gut besucht, aber nicht übervoll. Das Ambiente war gehoben, aber nicht das edelste und teuerste, was man finden konnte. Die schwarzgelackten Tische wurden von indirekter Beleuchtung und Kerzen erhellt, im Hintergrund spielte leise Musik, die dazu diente, die Gespräche der Besucher zu zerstreuen, ohne sie zu stören. Alles in allem ein recht angenehmer Ort. Trotzdem fühlte sich Aya nicht wohl in seiner Haut. Er spielte nervös mit der Serviette, die die Bedienung unter sein Glas gelegt hatte, um das Tauwasser aufzufangen. Sie zerfaserte unter seinen Bewegungen zu kleinen, nassen Papierfetzen. „So schlimm?“, fragte Yoji leise und musterte ihn über den kleinen runden Tisch hinweg. „Die Leute gehen ständig hinter mir entlang. Das macht mich nervös“, gab Aya zu. Sein Gegenüber drehte nachdenklich die Trinkschale in seinen Händen. „Sollen wir den Platz tauschen?“ Aya schüttelte den Kopf. „Ich...es geht schon.“ Er sah auf Yojis Hände. „Ich wusste nicht, dass du Sake trinkst.“ „Manchmal. Dieser hier ist gut. Du solltest ihn versuchen.“ Bevor er protestieren konnte, hatte Yoji den Kellner um eine zweite Schale gebeten und ihm eingeschenkt. Er schob die Schale über den Tisch. „Komm schon. Du hast das Essen überstanden, du wirst auch das hier schaffen.“ „Das Essen war ok“, gab er ausweichend zur Antwort. „Du hast die Bedienung zu Tode erschreckt“, lachte Yoji. „Ehrlich! Ich kann mich da nie wieder blicken lassen. Du ruinierst meinen guten Ruf.“ „Dann geh nicht mit mir aus“, knurrte Aya gereizt. „Ich gehe aber gerne mit dir aus.“   Yojis grüne Augen funkelten im Kerzenlicht. Möglicherweise lag das auch nur am Alkohol. Aya fand, dass es langsam an der Zeit war, dieses Unterfangen zu beenden. Er nahm die Schale, die vor ihm stand und leerte den Inhalt in seinen Mund. Der Geschmack war tatsächlich nicht übel, relativ leicht und weniger scharf als er erwartet hatte. Er blickte in die Schale und leckte sich über die Lippen. „Ich nehme das als ein Einverständnis“, grinste Yoji und goss ihm noch einmal ein. Aya blickte ihn finster an, trank aber erneut, wenn auch langsamer als beim ersten Mal. Er stellte die Schale entschieden auf den Tisch, neben eine...volle Karaffe? Wann war die denn aufgetaucht? Er zog die Augenbrauen zusammen und fasste Yoji scharf ins Auge. Der zwinkerte ihm zu. „Du wirst mir wohl helfen müssen, die zu leeren. Sonst wird das heute Abend nichts mehr.“ „Ich hatte nicht vor, mich zu betrinken“, sagte er kühl. Yoji grinste nur. „Jeder Affe fällt mal vom Baum. Und selbst wenn du dich betrinken würdest, wärst du vermutlich noch der beherrschteste Betrunkene, den ich kenne. Das bisschen wird kaum reichen, um uns beide zu singenden Idioten zu machen. Wobei ich das, wie gesagt, bei dir ohnehin kategorisch ausschließen würde. Mit Ken hingegen hat das gut geklappt.“ Aya verschluckte sich fast an seinem Sake. „Du hast dich mit Ken betrunken?“ Yoji wedelte mit der Hand. „Einmal. Er hatte einen fürchterlichen Tag und ich wollte ihn ein bisschen aufheitern. Meistens essen wir nur zusammen. Obwohl essen gehen mit Omi lustiger ist. Es macht Spaß, die Kids zu beobachten. Und man kann ihn so furchtbar gut aufziehen, auch wenn der Kleine wirklich was auf dem Kasten hat. Ich glaube, ich hätte das in seinem Alter alles nicht so gut auf die Reihe bekommen.“ Aya schwieg und sah hinab in seine Schale, die Yoji erneut füllte. Er hielt die Hand darüber. „Für mich dann nichts mehr.“ Er nippte am Sake und sagte: „Ich wusste nicht, dass ihr so viel Zeit zusammen verbringt.“ Yoji sah ihn über den Rand seiner Sonnenbrille hinweg an. „Wir würden die Zeit auch mit dir verbringen, aber du machst es meist sehr deutlich, dass du das nicht willst. Oder du merkst es gar nicht? Ich weiß es nicht. Vielleicht solltest du bei Gelegenheit mal die Augen aufmachen und sehen, was um dich herum passiert.“   Aya atmete tief ein, leerte den Rest seines Getränks mit einem entschiedenen Zug, drehte sich um und verließ die Bar. Er hörte Yoji hinter sich rufen, achtete aber nicht darauf. Die kalte Nachtluft brachte ihm leider nicht die gewünschte Aufklärung, sondern schien stattdessen die Schleier in seinem Kopf noch tiefer zusammenzuziehen. Er merkte den Alkohol und schüttelte den Kopf, um das leichte Gefühl zu vertreiben, das sich seiner Gedanken bemächtigte. Eigentlich hatte er nach Hause gehen wollen. Stattdessen blieb er wie angewurzelt stehen und starrte in den Nachthimmel hinauf. Irgendwo da oben musste es Sterne geben.   Schnelle Schritte hinter ihm kündigten an, dass Yoji ihn gefunden hatte. Verdammt. Hatte er nicht weg sein wollen, bevor er kam? Warum war er stehen geblieben? „Hey!“ Yoji war etwas außer Atem, sein Gesicht leicht gerötet. „Du kannst einen alten Mann doch nicht so erschrecken.“ „Alten Mann?“ Aya fand die Bemerkung komisch. „Du bist doch nicht viel älter als ich.“ „Ah naja, aber ein bisschen. Älter, weiser und betrunkener.“ Aya fühlte ein Kichern in seiner Kehle aufsteigen. Er versuchte erfolglos, es runterzuschlucken. Es bahnte sich erbarmungslos seinen Weg nach draußen. Yoji bedachte ihn daraufhin mit einem interessierten Blick. „Oder vielleicht auch nicht. Man, du verträgst aber auch gar nichts. Komm, wir gehen zu mir.“       Als Yoji die Wohnung aufschloss, bemerkte er zum ersten Mal seit langem wieder den bekannten Geruch seiner eigenen vier Wände. Als er heute Morgen hierher gekommen war, um aufzuräumen und einiges vorzubereiten, hatte die Wohnung ein wenig muffig und abgestanden gerochen. Doch jetzt umfing in die vertraute Mischung wie eine warme Umarmung. Er ließ Aya durch die Tür und schloss diese hinter ihnen. „Fühl dich ganz wie zu Hause. Das Bad ist die Tür da hinten, daneben die Küche und das ist das Schlafzimmer.“ Während sein Gast im Bad verschwand, kümmerte sich Yoji um Beleuchtung und ähnliche Dinge. Als Aya den Raum wieder betrat, sah er Yoji zweifelnd an. „Kerzen?“ Der zuckte mit den Schultern. „Ich mag sie, aber wenn du lieber das Licht anmachen möchtest?“ Ein Kopfschütteln antwortete ihm und Yoji entschuldigte sich ebenfalls für einen Augenblick ins Bad. Als er wiederkam, stand Aya vor seinem Bücherregal. „Du hast viele Bücher“, stellte er fest. Yoji setzte ein breites Grinsen auf. „Beeindruckt die Ladys. Außerdem schätzt die eine oder andere auch eine interessante Konversation. Wahrscheinlich habe ich einige Qualitäten, von denen du noch nichts weißt.“ „Mich interessiert vor allem gerade eine davon“, antwortete Aya leise. „Aber die hat nichts mit Reden zu tun.“   Er zog Yoji an sich und küsste ihn. Ihre Lippen berührten sich lange, bevor Yoji seinen Mund öffnete und Ayas Zunge zu sich einlud. Sie folgte ihm vorsichtig und strich fast sanft über seine eigene. Eine Hand glitt über seinen Rücken und vertiefte die Umarmung, während sich ihre Zungen streichelten, die Lippen umeinander flossen. Als Yoji den Kuss schließlich brach, war er für einen Augenblick wie berauscht. So hatten sie sich vorher noch nie geküsst. Wild und leidenschaftlich ja, aber zärtlich? Er sah den Glanz in Ayas Blick, die geröteten Wangen. Vermutlich war er wirklich ziemlich betrunken. Die amethystfarbenen Augen richteten sich jetzt auf seine Brust, schlanke Finger begannen sein Hemd aufzuknöpfen, stahlen sich unter den Stoff und glitten über seine Haut. Er hörte Ayas Atem, der sich mit seinem vermischte, als sie sich erneut zu einem Kuss fanden. Das Hemd glitt zu Boden und bildete den Anfang einer Spur, die von der Tür bis zum Bett führte. Nur noch mit jeweils einem Kleidungsstück am Leib standen sie vor der einladenden Landschaft aus Kissen und Decken und hatten sich bisher nur geküsst. Yoji fühlte den Drang in sich, irgendetwas zu sagen, diese Änderung im Rhythmus zu kommentieren, aber ihm fiel nichts ein, was die Stimmung nicht zerstört hätte. So beschloss er, die Gedanken einfach auszuschalten, und sich der aufsteigenden Wärme zu ergeben, die sich langsam aber sicher zu einem heißen Feuer ausweitete. Er ließ sich auf das Bett sinken und nahm Aya mit sich. Dessen Lippen wanderten seinen Hals hinab, küssten die Halsbeuge und glitten über sein Schlüsselbein tiefer. Yojis Herz begann schneller zu klopfen. Er wusste, wo diese Reise hinführte. Plötzlich erschienen ihm die Zwischenstationen, die sie nehmen würde auf seiner Brust, seinen Rippen, seinem Bauch unerträglich. Er würde das nicht aushalten. „Aya?“, flüsterte er leise. Er merkte, dass seine Stimme zitterte. „Mhm?“, machte der und ließ seine Zunge über eine Brustwarze wandern. Als er keine weitere Antwort bekam, richtete er sich auf und sah ihn an. Yoji erkannte, dass auch er sich nur mühsam zurückhalten konnte. Mit zitternden Fingern nahm er die kleine Tube, die er auf dem Nachttisch platziert hatte, und drückte sie Aya in die Hand. In seinen Augen lag ein bittender Ausdruck.   Sein unausgesprochenes Flehen wurde erhört. Kurz darauf lag er vollkommen nackt auf der Decke am Rand des Bettes, während Ayas Mund über sein heißes Fleisch glitt, ihn in sich aufnahm. Gleichzeitig tasteten sich mit kühlen Gel beschmierte Finger langsam vor, von denen schließlich einer in ihn eindrang. Yoji atmete tief ein unter der Berührung, die ungewohnt aber nicht unangenehm war. Nie hätte er gedacht, dass es sich so anfühlen würde. Der Druck wurde stärker, als der Finger tiefer glitt. Er kam der Bewegung unwillkürlich etwas entgegen und keuchte auf, als der Finger gegen die empfindliche Stelle traf. Die Bewegung wiederholte sich, berührte ihn erneut und er stöhnte etwas Unzusammenhängendes. Zumindest hoffte er, dass es das war, denn seine Gehirnzellen hatte sich gerade verabschiedet, um eine Party in weiter unten liegenden Regionen zu feiern. Ein weiterer Finger gesellte sich zu dem ersten und ergänzte die Berührung durch eine Anspannung, die kaum aushaltbar war. Er wollte, er musste es haben. Mehr. Jetzt!   Yoji schob Ayas Kopf weg und setzte sich auf. Aya kniete jetzt vor dem Bett und sah ihn mit dunklen Augen an. Yoji legte die Hand in seinen Nacken und zog ihn in einen tiefen Kuss. Die fliegenden Finger seiner anderen Hand suchten auf der Decke nach der kleine Tube, drückten den Inhalt heraus und verteilten ihn großzügig auf Ayas Erektion. Der stöhnte auf unter der unerwarteten Berührung und der Kuss wurde mit einem Mal wilder und leidenschaftlicher. Sie kämpften um Luft, beide nicht bereit sich zu trennen. Schließlich riss Yoji den Kopf zurück. „Wenn du mich nicht gleich fickst, muss ich durchdrehen.“ Ayas Erwiderung war ein Knurren und ein Griff, der ihn auf den Bauch warf. Yoji fühlte die glitschige Härte zwischen ihnen und öffnete sich dem Kommenden. Es war einen kurzen Augenblick unangenehm, doch das spürte er kaum in der gleitenden Bewegung, die folgte und den Punkt in ihm traf wie ein Pfeil eine Zielscheibe. Er sog scharf die Luft ein, nur um vom nächsten Treffer um so heftiger getroffen zu werden. Seine eigene Erektion wurde schmerzhaft gegen das Bett gepresst. Er konnte Aya über sich hören, fühlte dessen Gewicht auf sich. Das war gut, aber nicht gut genug. Er wollte ihn sehen, anfassen, schmecken. „Warte mal kurz.“ Die Bewegung über ihm stoppte abrupt. „Ist etwas nicht in Ordnung?“ „Ich...“ Yoji kam sich plötzlich albern vor. 'Ich möchte dich ansehen.' So was sagte ein gestandener Mann wie er einfach nicht. Immerhin war es verdammt erregend, den anderen in sich zu spüren. Und doch...   Aya zog sich aus ihn zurück und setzte sich auf das Bett. Sein Gesicht war undeutbar, verschlossen. Yoji hätte sich ohrfeigen können. „Du willst es so nicht, oder?“, fragte Aya plötzlich. „Du willst mich nicht über dir haben.“ „W-was?“, stotterte Yoji. „Nein ich...tut mir leid, wenn du das denkst. Ich wollte nur... Ich meine... Mir hat es gefallen, wie es am Anfang war.“ Verdammt, das lief in eine völlig falsche Richtung. Er musste es einfach sagen. „Ich habe dich gerne über mir. Ich würde nur gerne die Stellung wechseln. Ich...ich möchte dich gerne dabei ansehen können. Nur heute.“ So, das war´s. Jetzt würde Aya gleich seine Sachen packen und gehen. Rumms, bumms, aus die Maus.   Aber es passierte nicht. Stattdessen zog Aya ihn an sich und sie kamen nebeneinander auf dem Bett zu liegen. Küssten sich, streichelten sich, jetzt wieder fast schüchtern, als säße der Schreck über den überhasteten Anfang ihnen beiden noch in den Knochen. Schließlich rollte sich Yoji auf den Rücken und brachte Aya über sich. Er hob sein Becken an und ermöglichte dem anderen den Zugang, den er brauchte. Als er ihn in sich hatte, legte er die Beine um ihn und zog ihn noch näher. Yoji schlang seine Arme um Ayas Hals und zog ihn in einen Kuss, während sich ihre Becken gegeneinander bewegten. Sie wurden eins in Bewegung und Atmung, reizten und spornten sich an, ritten in einem Rhythmus, zogen einander in die Höhe und beflügelten sich auf dem Weg in den kleinen Tod am Ende ihrer Reise.   Als Aya in ihm kam, drückte Yoji ihn fest an sich. Das Gefühl war mit nichts zu vergleichen. Er spürte den Schweiß auf dem erhitzten Körper, fühlte den wummernden Takt des klopfenden Herzens über sich, hörte das raue, dunkle Keuchen, in dem er seinen Namen zu erkennen glaubte. Seine eigene Härte pulsierte immer noch schmerzhaft, das pochende Fleisch zwischen ihnen gefangen, gereizt durch die heißen Impulse, die Ayas Stöße durch seine Lenden hatten schießen lassen. Er suchte Ayas Mund mit seinen Lippen, sein eigener Atem immer noch keuchend und stoßweise. „Bleib, wo du bist“, flüsterte er. Er wollte seine Hand zwischen sie schieben, aber Aya war schneller. Seine Finger schlossen sich um Yojis Glied und massierten den Schaft mit gleitenden Bewegungen immer schneller und schneller, bis er sich über sie ergoss. Befriedigt schloss Yoji für einen Augenblick die Augen. Die Wellen, des Orgasmus, der eben noch durch seinen Körper geflutet war, versickerten langsam im Sand. Aya ließ sich neben ihn fallen. Träge blickte Yoji ihn an. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass dies vielleicht nicht nur sein erstes Mal gewesen war. Er wusste es natürlich nicht genau und würde sich eher die Zunge abbeißen, statt zu fragen, aber dass sie beide sich ein bisschen wie Schuljungen verhalten hatten, sprach irgendwie dafür. Er rollte sich auf den Bauch und grinste Aya an. „Und? Wann starten wir in die zweite Runde?“ „Zweite Runde?“ Aya, der die Augen ebenfalls kurz geschlossen hatte, blinzelte überrascht. „Warum nicht? Immerhin sind wir allein in der Wohnung, morgen ist frei...wir haben die ganze Nacht.“ „Die ganze Nacht?“, echote Aya. „Ja sicher“, gab Yoji mit einem noch breiteren Grinsen zurück. „Wir müssen auch nicht hier im Bett bleiben. Wir hätten den Fußboden, die Couch, die Dusche, den Küchentisch...“ Bei letzterem leuchteten Ayas Augen kurz auf. Yoji machte einen gedanklichen Haken an den Tisch. Dort würden sie also als Nächstes landen. Ein Bild von Aya auf dem Tisch huschte kurz durch seinen Kopf und er beschloss, dass er den Tisch auch noch auf eine weitere Liste setzen würde. „Ich geh mal kurz ins Bad“, verkündete er und verließ das Zimmer.   Als er wiederkam, war Aya eingeschlafen. Lang ausgestreckt lag er immer noch so auf dem Bett, wie Yoji ihn verlassen hatte. Sein Körper schmiegte sich an das weiße Laken, zu dem die blutroten Haare einen scharfen Kontrast bildeten. Er hatte die Beine leicht angewinkelt und lag halb auf dem Bauch. Kerzenlicht tanzte über seine nackte Haut. Der eine Arm war lang ausgestreckt, der andere ein wenig beschützend um den Körper gelegt. Yoji konnte nichts anderes tun, als ihn anzustarren und das Bild in sich aufzunehmen, das sich ihm bot. Minutenlang stand er so da, bis er irgendwann den Kopf schüttelte und sich aus dem Bann befreite. Er löschte die Lichter und glitt neben Aya auf das Bett. Vorsichtig, um den anderen nicht zu wecken, legte er sich neben ihn und rutschte langsam so nahe heran, bis er das leisen Atmen hören konnte. Endlich schloss auch er die Augen und lauschte seinem ganz eigenen Wiegenlied, bis ihn schließlich der Schlaf übermannte. Der Küchentisch konnte auch noch bis Morgen warten.                       Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)