Zum Zuschauen verdammt von ougonbeatrice ================================================================================ Kapitel 10 - Entschädigung -------------------------- Sie hatte gerade den einzigen Menschen verärgert, der in der Lage war ihr zu helfen. Wie bescheuert war sie? Ihre Pergamentbögen hingen lose in ihren Händen, als langsam zurück zum Tropfenden Kessel schlurfte. Mit jedem Schritt verschlimmerte sich der Druck in ihren Schläfen, bis sie fürchterliche Kopfschmerzen hatte. Die abendlich schwüle Hitze schien sie zusätzlich zu belasten und so schwenkte sie zur Seite, schob sich an den Passanten vorbei hinein in den Schatten der alten Gebäude und lehnte sich gegen den Stein. Sie konnte sich so nicht von Ollivander trennen, nicht nach allem, was er getan hatte. "Scheiße, scheiße, scheiße", fluchte sie, wobei sie ihren Hinterkopf gegen den Stein klopfte und ihr Gesicht mit den Pergamentbögen bedeckte. Ihr Gewissen wurde nur noch schlechter wenn sie daran dachte, dass Ollivander sie wirklich auf eine heiße Spur gebracht hatte. Sie wusste, sie hatte in einem der Bücher über "Schönheitstränke" gelesen, kleine Tränke mit geringer Wirkung, die zusammen genommen jedoch womöglich genau das sein könnten, was sie benötigte. Wichtiger war im Moment jedoch, wie sie sich bei Ollivander entschuldigen konnte. Kurzerhand nahm sie die Pergamente herunter und schaute zurück auf das weiße Gebäude. Jetzt oder nie, dachte sie und kehrte mit festem Schritt um, Richtung Zaubererbank. Bisher hatte sie noch keinen Fuß dort hinein gesetzt, doch das würde sich nun ändern. Eilig ging sie an Ollivanders Laden vorbei und passierte die schiefen Säulen, die den Eingang hoben. Die Türen bestanden aus gegossenem Eisen und für einen einzelnen Menschen bestimmt zu schwer um sie zu bewegen. Glücklicherweise stand eine Hälfte bereits weit offen, sodass sie hineinschlüpfen konnte. Innen wurde es sowohl spürbar dunkler, als auch kälter. Ihre Augen benötigten einige Zeit um sich vom Sonnenlicht außerhalb auf das dämmrige Licht hier im Inneren umzustellen. Jeder ihrer Schritte klackte auf dem polierten Steinboden und hallte mehrfach in dem weiten Raum. Blinzelnd erkannte sie eine riesige, gläserne Kuppel mehrere Meter über ihrem Kopf, durch das ein wenig Licht hineinschien, was jedoch nicht genug war um den Raum zu erhellen. Dazu waren noch etliche kleine und große Kronleuchter bepackt mit Kerzen von Nöten. Die Wände, ebenfalls aus weißem Stein, waren mit Ornamenten und Mosaiken geschmückt, die zum Teil Szenen und Geschichten zeigten. Ein atemberaubender Anblick. "Wow", hauchte Tess, als sie weiter hinein ging. Diese riesige Vorhalle erinnerte sie an das Hauptschiff einer pompösen katholischen Kirche, was sicherlich nicht ganz verkehrt war. Der Bau sollte eines verkünden: hier wurde nicht umsonst geprotzt, hier lag euer Geld. Es herrschte arbeitssame Stille, die nur von gelegentlichen Schrittgeräuschen und verschiedenen Stempeln auf Papier unterbrochen wurde. Auf erhöhten Podesten, die sich die komplette Länge des Raumes erstreckten, saßen schrumpelige Geschöpfe mit langen Ohren, wilden Haaren und grimmigen Mienen. "Echte Kobolde." Einige dieser seltsamen Wesen berieten gerade Kunden, doch vor den meisten Podesten stand niemand. Tess schritt langsam weiter hinein, vorbei an dicken Stein Säulen, die sich im dunkeln unter der Decke verloren und vorbei an verschiedenen Gängen, die sowohl zu ihrer Linken als auch zu ihrer Rechten irgendwo im Gebäude verschwanden. Einige Kobolde zählten mit riesigen Gläsern auf ihren krummen Nasen ganze Goldblöcke, andere wogen Steine ab, was Tess für verschiedene Erze hielt. Wieder andere schrieben mit geschwungener Schrift auf Pergament. Die wenigsten hatten Münzen vor sich. Tess fragte sich, was für ein Wert alleine hier in der Eingangshalle lag. Unter ihr, mehrere Stockwerke in der Tiefe, lag geschätzt das komplette Vermögen vom magischen England. Der Gedanke war beeindruckend und beunruhigend zugleich. Sie wusste nicht so recht, an welchen Kobold sie sich wenden musste, als Steuerte sie einen an, der gerade einen Brocken Gold näher in Augenschein nahm. Wie alle anderen auch saß er sehr viel höher, als Tess groß war und so musste sie zu ihm hinauf schauen. "Hallo? Verzeihen Sie bitte, Herr ... ehm ... Kobold?" Das angesprochene Wesen würdigte Tess nur eines Blickes, fuhr jedoch mit der Untersuchung am Goldbrocken fort. Also versuchte es Tess erneut. "Verzeihen Sie die Störung, aber ich würde gerne etwas verkaufen. Kann ich hier etwas verkaufen?" Der Kobold legte mit seinen langen Fingern das Goldstück beiseite und lehnte sich nach vorne. "Handelswaren lassen sich auf der Winkelgasse in verschiedenen Läden veräußern. Das ist nicht die Zuständigkeit der englischen Bank." Seine Stimme war kratzig und viel zu tief, für ein so kleines Wesen. "Eh, ich habe keine Handelsware", eilig fummelte sie an dem Verschluss ihrer Kreolen. Der Kobold beobachtete kritisch mit seinen schwarzen Augen, was sie da trieb. Bevor sie ihm die zwei Schmuckstücke vorlegte, wischte sie noch einmal darüber um die letzten Haare und Staubflusen zu entfernen. Schließlich hob sie ihm ihre Ohrringe entgegen. Der Kobold nahm diese vorsichtig entgegen. "Ah, wenn das so ist. Nun die können Sie hier verkaufen." Er nahm beide Ohrringe zu sich und setzte eine seltsam, blau schimmernde Brille auf. Mit einem dünnen Eisenstück drehte und wendete er die Ohrringe, wobei er auch mehrmals dagegen schlug. Zwischendurch setzte er die Brille ab nur um sie gegen eine andere auszutauschen. Tess verfolgte alles neugierig. Irgendwann legte er die Hände zusammen und wandte sich an Tess. "Muggelarbeit, mindere Qualität. Jedoch ist es gutes Gold und ein paar schöne Diamanten. Eigenwilliger Stil, möchte ich betonen." Er griff unter sein Podest und öffnete eine Schublade. Tess hörte eindeutig klimpernde Münzen. Kurz darauf stand ein kleiner Haufen Geld vor ihr. "Ihr Schmuck ist 29 Galleonen, 12 Sickel und 9 Knut wert." Tess runzelte die Stirn während sie rechnete. Ihr erschien der krumme Wert viel zu wenig. "30 Galleonen? Wie wäre es mit 50?" "29 Galleonen. Madam, wir feilschen nicht. Entweder sie nehmen ihr Geld", er legte ihr die Kreolen auf einem Pergament neben die Münzen, "oder sie nehmen ihren Schmuck." Tess schloss die Augen und verabschiedete sich von ihren geliebten Ohrringen, die über die Jahre zu einem Teil von ihr geworden waren. Sie hob die Hand und griff nach dem Haufen Münzen. "Haben sie vielleicht eine Tasche oder einen Beutel?", fragte sie. "Nein", war die einzige Antwort, ehe der Kobold seinen Preis des Deals griff und irgendwo unter sich verstaute. Tess stopfte das Geld in ihre Schürze zu ihrem Zauberstab wobei sie darauf achten musste, dass nichts auf der anderen Seite wieder heraus fiel. Mit weitaus weniger, als sie sich erhofft hatte, verließ sie die Zaubererbank und deren seltsamen Angestellte. Zusammen mit ihrem Trinkgeld hoffte sie zumindest genug Geld für ihr erstes Jahr in Hogwarts zu haben. Zusätzlich würde sie jedoch trotzdem an allen Ecken und Enden sparen müssen. Nun wusste sie, wie sich die Weasleys gefühlt haben mussten. Sie hatte eine ungefähre Ahnung wie viel 30 Galleonen wert waren, wenn man dem Wechselkurs, den man in ihrer Zeit zum Thema Galleonen fand, Vertrauen schenken konnte. Der Preis war vermutlich gerechtfertigt. Alles in allem war es sehr schnell gegangen, was ihr nur recht gewesen war. Nun, im Nachhinein, bereute sie es ihre Ohrringe verramscht zu haben, doch ihr Kopf sagte ihr, dass es die richtige Entscheidung war. Sie benötigte unbedingt das Geld. Trotzdem spürte sie, wie sich Tränen in ihren Augen formten. Sie beeilte sich die Bank hinter sich zu lassen doch mit jedem Schritt wünschte sie sich, sie hätte es nicht getan. Egal, ob sie Geld benötigte oder nicht. Die Ohrringe hatte sie von ihrer Großmutter und waren auf emotionaler Ebene weitaus mehr wert als was, 160€? Sie wischte sich stur die Tränen aus dem Gesicht und lief weiter. Nun war keine Zeit sentimental zu sein. Sie musste sich bei Ollivander entschuldigen. Stellte sich nur die Frage wie sie das anstellen wollte. Mit einem Strauß Blumen zu erscheinen kam ihr mehr als bizarr vor. Sein arg kläglich eingerichteter Laden machte deutlich, dass er weder auf kitschige Dekoration noch auf Blumen jeder Art stand. Der kleine vertrocknete Busch wurde gerade mal so geduldet. Nur wie machte man einem älteren, erfolgreichem Zauberstabmacher eine Freude? Neue Werkzeuge, schoss es ihr durch den Kopf, doch nun müsste sie wissen, welche Werkzeuge überhaupt von ihm benutzt wurden und selbst wenn, die verschiedenen Feilen würde sie wohl kaum in Qualität für Quidditch finden. Nein, sie brauchte etwas anderes, etwas Einfacheres etwas– Sie stockte. Ihr Blick war auf hängende Kräuter gefallen, die den Bereich rund um den Laden über dessen Eingang in einen wohligen Duft tauchten. "Tee." Trotz einiger unterschiede war Ollivander noch immer Brite und was wäre besser als guter Tee? Absolut klischeehaft, das war sich Tess bewusst, aber Tee war erschwinglich und war nicht an nur eine Generation gebunden. Gespannt betrat Tess den Shop mit dem Namen Die kleine Kräuterhexe. Im Innern überschlugen sich die verschiedensten Aromen und betörten ihre Sinne. "Hoffentlich gibt es hier auch wirklich nur Tee und keine anderen fragwürdigeren Substanzen", murmelte sie vor sich hin, während sie die einzelnen offenen Schubladen und deren Inhalt inspizierte. Der Laden war sehr klein und nur ein paar Schritt breit. Eine einzelne alte Kasse dominierte den hölzernen Tisch, hinter dem keine Hexe, sondern ein Zauberer mit kurz geschorenem grauen Bart gerade einen Kunden bediente. Tess konnte sein alter schwer schätzen, da sein Bart ein Großteil seines Gesichts bedeckte. Er könnte in Ollivanders Alter sein, wenn seine Stimme, die bis zu Tess drang, nicht so jugendlich geklungen hätte. Das Geld zog immer schwerer an ihrer Schürze, weshalb sie nun mit meiden Händen ihre Kleidung von unten unterstützte und gegen den Batzen Münzen presste. Ungeduldig wechselte sie ständig das Bein, denn ihre Entschuldigung bei Ollivander wollte sie nicht allzu lange hinauszögern. Wenn sich der Kunde vor ihr doch mehr beeilen würde. Dieser schien jede einzelne Sorte präsentiert bekommen zu wollen. In jede Probe, die der Verkäufer oder Inhaber, noch konnte sie das nicht sagen, ihm darbot musste er genau prüfen. Immer nahm er eine Hand voll aus der Probe, rieb sie zwischen den Fingern und roch daran. So sah es für Tess aus, docg neua sah sie es nicht, da sie nur den Rücken des Trödlers vor sich hatte. Sie schüttelte nur verständnislos den Kopf angesichts dieser überzogenen Darbietung. Nun merkte sie, wie der Zauberer mit Bart immer wieder zu ihr schaute und ihr einen entschuldigenden Blick zu warf. In Momenten wie diesen war sie überzeugt, dass Ollivanders ein Kunde Strategie tatsächlich der Richtige Umgang war. Dadurch vermied man, dass man als Kunde wie ein Idiot Däumchen drehte und darauf wartete, dass sich ein anspruchsvoller Vorgänger nicht entscheiden konnte. Während sie wartete griff sie zum ersten Mal nach ihrem Geld und beäugte es genauer. Auf den ersten Blick wirkten sie wie antike Münzen, grob behauen an den Rändern und abgegriffen von tausenden von Händen. Die Abbilder mancher Münzen waren kaum noch zu erkennen, während andere neuer aussahen. Vermutlich hatte sich die Währung in hunderten von Jahren nicht geändert. Tess fragte sie, wie alt manche ihrer Münzen wohl sein mochten. Überall war ein lateinischer Satz eingraviert, was Tess als absolutum dominiumentzifferte, ein hoffentlich ironischer Verweis auf die Macht des Geldes. Erstaunlich war, dass die Bilder eingerahmt von runden Linien nicht kontinuierlich waren. Es gab mehrere Motive für die Rückseiten, die jedoch alle Pflanzen oder Blüten darstellten. Keine Menschen oder Gebäude, sondern filigran gearbeitete Pflanzen. Die Galleonen kamen ihr in ihrer Hand riesig vor, während die bronzenen Knut geradezu lächerlich winzig wirkten. Trotzdem hatten auch die Knut ihr eigenes spürbares Gewicht. Sie fühlte sich an japanische ein Yen Münzen erinnert, die vermutlich aus gepresstem Aluminium bestanden und so gut wie nichts wogen. Sie spielte ein wenig mit einem Sickel um ihre Langeweile zu bekämpfen, doch irgendwann war  ihr das Gehabe des Kunden zu viel. Sie räusperte sich. "Ich würde gerne auch noch bedient werden, heute noch, wenn möglich." Ihre Beschwerde war eher an den unentschlossenen Zauberer im schwarzen Umhang und kurzem Pferdeschwanz gerichtet als an den Verkäufer, der sich bereits mehrfach stumm für die Wartezeit entschuldigt hatte. "Qualität braucht seine Zeit. Wenn sie sich diese nicht leisten können empfehle ich Ihnen die Massenware bei Floras Fauna." Der Zauberer wendete sich zu ihr und betrachtete sie von oben bis unten. "Wobei, wie es aussieht haben Sie bereits erfolglos selbst im Dreck gewühlt." Brüskiert schaute sie an ihrem Kleid herab, wo zugegeben große Staubränder zu sehen waren, was nicht verwunderlich bedachte man, dass sie den halben Tag auf dem Boden ihres Zimmers herum gerutscht war. Trotzdem wollte sie diese Demütigung nicht unkommentiert lassen. "Entschuldigen Sie mal, wie ko-" "Entschuldigung angenommen", sagte er schlicht und kehrte mit seiner Aufmerksamkeit zurück zum Verkäufer, der hilflos die Schultern in ihre Richtung hob. Die Situation war mehr als grotesk und es dauerte einige Herzschläge bis Tess ihre Stimme wiedergefunden hatte. Sie holte gerade Luft um ihm eine Beleidigung entgegen zu schmettern, als sie den erlösenden Satz hörte und ihren Mund schnell schloss. "Schicken Sie die Bestellung bis zum Ende dieser Woche", verlangte der Zauberer herrisch. Tess stand nur mit verschränkten Armen da und beäugte ihn, während er ohne ein weiteres Abschiedswort an den Verkäufer, geschweige denn einen letzten Blick auf Tess, aus dem Laden verschwand. "Natürlich, Professor", Tess Kopf schoss zu dem Mann mit Bart. Professor? Das Wort hallte in ihrem Kopf. Erneut drehte sie ihren Kopf, derart schnell, dass es in irgend einem Wirbel knackte, doch der Mann war bereits verschwunden. "Entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten, Madam", hörte sie den Verkäufer hinter sich. "Was kann ich für sie tun?" Tess starrte den Mann an, allerdings kreisten ihre Gedanken noch immer um das Wort Professor. Das war doch nicht, das konnte doch nicht, das würde doch nicht? Nein. Sicher gab es mehrere Posten die den Titel Professor mit sich brachten. Purer Zufall, tat sie es leicht kopfschüttelnd ab. Sie wurde sich bewusst, dass sie noch immer erwartungsvoll angestarrt wurde, weshalb sie schließlich ins hier und jetzt zurück kehrte. "Das war nicht Ihre Schuld. Eh, ich bin auf der Suche nach ...", nun war es ihr schon fast peinlich danach zu fragen, "... Tee?" Der Mann verbeugte sich leicht. "Aber natürlich, wir führen hier ausgezeichnete Kräuter- und Früchte-Mischungen aller Art, die sich hervorragend als Tee zubereiten lassen. Haben Sie an eine bestimmte Wirkung gedacht?" "Nein, eigentlich soll er nur gut schmecken." Bisher hatte sie nie Tee mit besonderer Wirkung gekauft, speziell da sie nicht an soetwas geglaubt hatte. Sie musste jedoch gestehen, dass hier einiges anders war. "Obwohl", sagte sie, "haben sie vielleicht etwas gegen Knie- oder Gelenkschmerzen?" Sofort steuerte der Verkäufer eine Schublade am Fenster an. "Natürlich." Nach einiger Zeit konnte Tess zumindest ein wenig nachvollziehen, weshalb sich der Zauberer vor ihr, der Professor, so viel Zeit gelassen hatte. Die Fülle an Ware, die sich auf Wunsch auch beliebig mischen ließ, war überwältigend. Zum Schluss war sich Tess noch nicht einmal mehr sicher, ob sie Kräuter oder doch lieber einen punschartigen Tee für Ollivander wollte. Allerdings hatte sie auch die Gelegenheit genutzt und unverfänglich gefragt, ob man eines oder mehrere seiner Produkte in gestaltverändernde Tränke nutzen konnte. Der Verkäufer hatte mehr als ausführlich einige kleine Gebräue aufgezählt und auf Zutaten verwiesen, die verwendet werden konnten. Tess machte innerlich Notizen und schloss nicht aus in den nächsten Tagen erneut hier einzukaufen. Schließlich verließ sie die kleine Kräuterhexe mit einem bodenständigen Früchtetee zur Linderung von Rheuma im Fingerbereich und war um 13 Sickel ärmer. Der Tee war in einem kleinen Jutebeutel abgepackt mit glänzender Schleife verziert, die sie auf Wunsch hinzubekommen hatte. Mit klopfendem Herzen kehrte sie zurück zu Ollivander. Der Himmel über ihr hatte sich während ihres Einkaufes erneut zugezogen und erste Anzeichen eines nahenden Sommerschauers waren bereits zu spüren: es roch nach Regen. Sie beeilte sich an die Tür zu kommen, die sie beherzt umgriff. Tonk. Sie zog und rüttelte, doch die Tür bewegte sich nicht. Kunden, dachte Tess resigniert und stellte sich neben den Eingang darauf wartend, dass der Jemand, wer auch immer es war, möglichst bald fertig war. Erste Tropfen fielen ihr auf die Wange. Konnte der Tag noch schlimmer werden? "Wenn das Schicksal dich hasst, dann hasst es dich richtig", murmelte sie Richtung Himmel, der jeden Moment loszubrechen drohte. In Erwartung dessen, was gleich folgen würde, schob sie den Jutesack voll Tee weiter unter ihren Arm, damit er nicht nass wurde. Immerhin hatte sie vor ihn zu verschenken, möglichst in trinkbarem Zustand. Der Kunde ließ sich Zeit. Minuten vergingen und der Sturm brach los. Die Leute beeilten sich in Läden unterzukommen oder anderweitig Schutz zu suchen. Viele nutzten das überdachte Eingangstor von Gringotts, wo auch Tess hingelaufen war. Trocken war sie nicht geblieben, aber wenigstens auch nicht komplett durchnässt. Ihr Blick war dabei ständig auf die Tür zu Ollivanders gerichtet, obwohl sie nicht erwartete, dass in diesem Sturm jemand freiwillig einen trockenen Laden verlassen würde. Die Zeit verging und die Kälte kroch in ihre Glieder. Der Regen hatte die schwüle Hitze derart schnell fortgespült, wie es nur in England möglich war. Irgendwann, als sie bereits zitternd hinter den Säulen stand, kam eine Gestalt heraus und gab den Eingang frei. Tess kniff die Augen zusammen um durch den Strömenden Regen etwas zu erkennen, sah aber nur wie die Gestalt sich den Umhang eng um den Körper schlang um kurz darauf mit einem Mal zu verschwinden. Alles geschah innerhalb eines Blinzelns. Tess rannte los durch den Regen hin zur Tür, die Münzen klirrten in ihrer Schürze, und überlegte, ob sie gerade jemanden beobachtet hatte, wie er appariert war. Über den Gedanken hätte sie sich sogar gefreut, wenn sie in diesem Moment nicht derart nass werden würde. Sie riss die Tür auf und stolperte schwer atmend hinein. Das Regenwasser tropfte an ihr herunter und bildete sich in einer Pfütze zu ihren Füßen. Besorgt betrachtete sie das Jutesäckchen, dass eingedellt war und ein paar Spritzer abbekommen hatte, ansonsten aber weitestgehend trocken unter ihren Armen geblieben war. Sie atmete erleichtert aus. "Miss Harris?" Ollivander war beim Klang der Glocke erschienen und beobachtete sie mit verstörtem Blick. "Hallo", winkte sie unbeholfen darauf bedacht sich nicht allzu viel zu bewegen um nichts Wichtiges vollzuspritzen. Ollivander zog seinen schlanken Zauberstab aus seiner Werkzeugtasche und zeigte auf Tess. "Exaresco." Ein warmer Hauch umfing Tess wie ein Föhn und zog an ihr. Das Wasser wurde aus ihren Haaren und Kleidern gepresst und verpuffte in einem feinen Nebel. Nachdem Tess ihm dankend zugenickt hatte fasste sie Mut und hob ihm den Jutesack entgegen. "Mr Ollivander, es tut mir leid, ich hätte nicht so reagieren dürfen." Sie hatte ihren Blick gesenkt aus Scham und Angst sein verärgertes Gesicht zu sehen. Doch dann spürte sie erleichtert, wie der Jutesack aus ihren Fingern gehoben wurde. "Ich denke wir können beide einen guten Tee gebrauchen", sagte Ollivander gütig, hob die Hand und legte sie Tess auf den Kopf. Tess lächelte und nahm die väterliche Geste gerne an. Hosted by Animexx e.V. 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