Zum Zuschauen verdammt von ougonbeatrice ================================================================================ Kapitel 22 - Das erste Tick --------------------------- Nachdem Daphne sich stumm schmollend umgezogen hatte, machten sich die Vier auf den Weg hinauf in den Gemeinschaftsraum. Millicent, die Breiteste unter ihnen, kam während des Aufstiegs ziemlich ins Schwitzen und musste mehrmals anhalten um nach Luft zu schnappen. Doch auch die anderen atmeten schwer, bis sie die letzte Stufe erreicht hatten. Evelyn fühlte sich als einzige noch recht fit und ein weiteres Mal dankte sie ihrer alten Gewohnheit joggen zu gehen – auch wenn sie das seit ein paar Wochen vernachlässigt hatte – und war froh, über ihre gute Ausdauer. Der Gemeinschaftsraum war bereits gut gefüllt mit tratschenden Schülern aller Altersgruppen. Wenn Evelyn es nicht besser gewusst hätte, dann hätte sie fast geglaubt alle Anwesenden seien noch seit gestern Nacht hier gewesen und hätten nie aufgehört zu feiern. Kleiner Grüppchen verließen nun sporadisch den Raum durch die glänzende Tür, sodass es kaum auffiel, wie sich Evelyn mit hinaus schlich. Daphne hatte jemanden in der Menge der noch im Gemeinschaftsraum verbliebenen entdeckt und war wild protestierend auf sie zugestürmt, während Pansy versuchte sie zu beruhigen. Sich über nicht vorhandene Dienerschaft aufzuregen war Evelyn zuviel, weshalb sie froh war endlich zum Frühstück gehen zu können. Also ließ sie ohne schlechtes Gewissen die Mädchen zurück. Der Weg hoch zur Halle kam ihr unendlich lang vor und sie fragte sich, ob es nicht einen schnelleren Weg zwischen Gemeinschaftsraum und Großer Halle gab? Ecke um Ecke, Gang um Gang stiegen sie hinauf, bis sie die vertraute Treppe mit verziertem Geländer erreichten. Von hier aus sah sie, wie aus allen Richtungen Schüler strömten und sich auf einen Eingang konzentrierten. Sie beobachtete, wie manche sich immer wieder auf ihre Zehenspitzen stellten und sich umschauten, nur um von ihren Begleitern ungeduldig am Ärmel gezogen zu werden. Auch Evelyn entdeckte ihre Umgebung noch einmal neu, da sie das Schloss nun zum ersten Mal bei Tageslicht sah. Die Fackeln und Kerzen, die ihr noch den Weg bis hierher durch die dunklen Gänge geleuchtet hatten, waren hier oben bei all den Fensterfronten nicht mehr nötig. Morgendliches Sonnenlicht tanzte durch die leicht gefärbten Fenster über den riesigen Eingangspforten und warf spielerische Schemen auf die Marmorplatten, die Evelyn nun wie eine Leinwand vorkamen. Doch nicht nur auf dem Boden schimmerte das Licht, sondern auch an der Tür zur Großen Halle, deren Flügel weit offen standen und den Blick ins Innere fei gaben. Zusammen mit ihren Hauskameraden suchte sie sich einen Platz an ihrem Tisch, der sich, wie die anderen, langsam zu füllen begann. Die Decke zeigte einen von Nebel behangenen Sommermorgen, der die tausenden schwebenden Kerzen einhüllte und fast vollständig verdeckte. Keine der Kerzen brannte, und doch war es spürbar wärmer, als noch in ihrem Gemeinschaftsraum im Keller des Schlosses. Gemeinsam mit der Schülerzahl nahm auch der Lärmpegel stetig zu, bis ein ständiges Brummen die Halle erfüllte. Um sie herum haben, zu ihrem Unbehagen, sich wie am Abend zuvor die Erstklässler versammelt, die kurze Zeit nach Evelyn eingetroffen waren. Die Schüler schoben sich dazwischen, rückten auf und rutschten zusammen, bis wie von selbst jede Klasse unter sich saß. Vermischungen gab es praktisch keine. An diesem Morgen war Daphne die Wortführerin, da sie jedem, der es nicht hören wollte erzählte, dass man keine Hauselfen zur Verfügung hatte. Manche reagierten empört, entsetzt und ähnlich wütend wie sie. Andere, und darüber war Evelyn sehr froh, wiederholten das, was Millicent bereits in vertrauter Runde gesagt hatte: man würde auch ohne Hauself gut auskommen. Schließlich hatte sich das Thema zu einer geheizten Diskussion darüber entwickelt, ob ihnen nun ein Hauself per Gesetz zustand und ob es überhaupt möglich war Hauselfen zu verbieten keine Befehle auszuführen. Immer wieder schielte Evelyn zu den älteren Schülern, die diese Diskussion mit Leichtigkeit beenden könnten, schließlich waren sie bereits einige Jahre hier und lebten mit dem schweren Schicksal keinen Diener zu haben. Doch keiner kümmerte sich für die Probleme mancher Erstklässler, genauso wenig, wie sich die Erstklässler für die Meinung der Älteren interessierten. Selbst das Frühstück bestehend aus duftenden Rühreiern, verschiedenen Süßspeisen und Körnerbrötchen, konnte sie nicht zur Ruhe bringen. Schmatzend und mit der Gabel fuchtelnd schleuderten sie sich Argumente – und andere Dinge – entgegen, die sich mittlerweile wiederholten, sodass Evelyn das Gefühl hatte, dass die Streitenden sich im Kreis drehten. Sie selbst konzentrierte sich auf die Platte vor ihr und versuchte den Trubel um sie herum auszublenden, was kaum möglich war. Seufzend griff sie nach ihrer Tasse, die sie in ihren Fingern drehte. Auf der Suche nach etwas Interessantem ließ sie ihren Blick durch die Halle schweifen, wobei ihr bei dem Anblick einer in Schwarz gekleideten Figur, die mit wehendem Umhang auf die streitende Gruppe zu schritt, die Tasse beinahe aus ihrer Hand glitt. Am Abend zuvor hatte sie es tunlichst vermieden allzu genau in das Gesicht von Severus Snape zu schauen, doch nun konnte sie nicht anders als ihn anzustarren, wie er mit barscher Mine auf sie alle zu ging. Seine dunklen Augen waren starr wie Onyxe nach vorne gerichtet, doch das markanteste in seinem ansonsten schmalen Gesicht war die schiefe Nase, die auch von seinen dichten Haaren nicht verborgen werden konnte. Seine Arme verschwanden unter dem sich von der Luft gewölbten Umhang, weshalb sein blasser Kopf das einzig sichtbare war, was nicht komplett mit Textil bedeckt war. Zu Evelyns Horror verlangsamte sich der Schritt des Tränkemeisters, bis er schließlich stehen blieb und mit seiner bloßen Anwesenheit das Gespräch um Hauselfen verstummen ließ und die Aufmerksamkeit aller forderte. "Mir wurde zugetragen, dass Sie sich gestern geweigert haben die Autorität der von mir persönlich eingestellten Vertrauensschüler anzuerkennen." Wie viele andere auch senkte Evelyn beschämt den Blick, die sich einmal mehr über ihren verbalen Ausreißer ärgerte. Die Betonung seiner Worte ließ keinen Zweifel zu, dass sie mit ihrem Handeln genauso gut seine eigene Autorität verweigern hätten können. Wunderbarer Start, zeig Snape die lange Nase. "Ich und die Vertrauensschüler haben durchaus bessere Dinge zu tun, als aufmüpfige Erstklässler bei der Hand zu nehmen und herumzuführen, weshalb ich es begrüße, dass Sie alle keinerlei zusätzlichen Einführungen bedürfen." Eine seiner Hände erschien unter seinem langen Mantel und präsentierte einen kleinen Stapel Pergamente, den er dem ihm nächsten Schüler ohne weitere Worte entgegenstreckte. Blaise war der Unglückliche mit der zweifelhaften Ehre den Stapel entgegenzunehmen, auf dem sicherlich nicht noch einmal die Schulregeln verzeichnet waren. "Unterrichtsbeginn ist in einer halben Stunde. Niemand von Ihnen sollte zu spät in ihrer ersten Stunde erscheinen. Wohin Sie sich begeben müssen wissen Sie, nehme ich an ... Seien sie versichert, dass ich es erfahren werde, sollte auch nur einer von Ihnen nicht rechtzeitig an dem von Ihnen verlangten Ort sein." Kurz ließ er seine Worte mit einem stummen Blick wirken, ehe er von dannen zog. Die Gruppe, darunter auch Evelyn, war in vorübergehender Schockstarre gefangen, unfähig auch nur ein Wort zu sagen. In jedem der Gesichter konnte man dieselbe Verblüffung erkennen: Snape würde sein eigenes Haus bevorzugen, hieß es, doch bevorzugt fühlte sich niemand. Selbst Draco konnte seine Gesichtszüge nur schwer beherrschen und überspielte seine Unsicherheit mit aufgetragener Neugier. Blaise hielt noch immer mit verkrampften Fingern die Pergamente, so als befürchtete er, dass sie detonieren würden, sollte er sie loslassen. Pansy, die neben ihm saß, musste sie ihm förmlich aus der Hand reißen, wobei einige der Pergamente leichten Schaden nahmen. "Was ist das?", fragte sie verwirrt, während sie die Papiere vor sich drehte. Blaise hatte seine Fassung wiedergefunden und schielte nun von der Seite hinein, während Daphne forderte ebenfalls einen Blick darauf werfen zu dürfen. Sie erkannten, dass überall dasselbe stand, weshalb jedem ein Pergament gereicht wurde, bis sie alle, die Köpfe nach links und rechts neigend, auf das Blatt starrten. Mehrere in sich drehende Spiralen bestehend aus geschriebenen Worten bedeckten das komplette Pergament. Immer wieder leuchteten Buchstaben auf und wechselten die Stelle, sodass sich fortwährend neue Spiralen bildeten. Zu erkennen, was nun oben und was unten war, war beinahe unmöglich. "Ich glaube da steht Verwandlung." "Und das könnte Dunkle Künste heißen. Also Verteidigung, nehme ich an?" Na ich hoffe doch, dachte Evelyn mit hochgezogenen Augenbrauen. Von allen Seiten wurden Worte gerufen die sie glaubten entziffern zu können, bis Evelyns Augen vor Erkenntnis immer größer wurden. Auch Draco hatte erkannt, was sie hier in Häden hielten. "Das ist unser Stundenplan." Zustimmendes Gemurmel wurde laut bei dem man kaum glauben konnte, dass sie alle vor noch wenigen Minuten bereit gewesen waren eine Essenschlacht wegen Hauselfen zu beginnen. "Aber wenn das ein Plan ist, wieso können wir den dann nicht lesen?", fragte Goyle, der die leere Rückseite begutachtete. Draco riss ihm den Zettel aus der Hand und knallte ihn mit der Vorderseite nach oben vor Goyle auf den Tisch. "Das ist der Plan, du Idiot." Einige lachten über Goyles verwirrten Ausdruck, doch seine Frage, worauf auch immer sie sich bezogen hatte, war noch immer berechtigt. Der Plan war alles andere als leicht zu lesen. Evelyn hatte noch immer nicht erkannt, wo der Anfang war, wenn es einen gab, oder wo die einzelnen Wochentage endeten. Unterrichtsbeginn ist in einer halben Stunde, hatte der Professor gesagt und plötzlich verstand Evelyn, deren Miene sich versteinerte, seine versteckte Drohung. Sie konnten den Plan nicht lesen, nicht ohne Hilfe, die sie nun nichtmehr bekommen würden. Und selbst wenn sie wüssten, welches Fach sie als erstes hatten; das Schloss war riesig! Sie bezweifelte, dass es einfach sein würde den Unterrichtsraum auf sich alleine gestellt zu finden. Ihr Herz sank als sie bemerkte, dass sie ihre Tasche mit Schulsachen im Gemeinschaftsraum gelassen hatte, so wie jeder andere auch... Plötzlich hatte sie den Drang aufzuspringen. Nervös schaute sie zu den anderen auf der Suche nach ähnlichen Anzeichen der Unruhe, nach Anzeichen dafür, dass wenigstens Draco erkannt hatte, in welcher Lage sie sich befanden. Doch auch er studierte energisch das Pergament, ohne Anstalten zu machen bald aufzustehen. Evelyn drehte sich zum Lehrertisch und fand Professor Snape neben seinen Kollegen sitzen. Doch er war weder in ein Gespräch verwickelt, noch nahm er etwas zu sich. E saß in sich gekehrt und vornübergebeugt, die Arme auf den Ellenbögen gestützt, und beobachtete mit zur Schau getragener Genugtuung, was sie alle taten – bzw. was sie nicht taten, nämlich die Halle so schnell wie möglich zu verlassen. Evelyn wendete sich ab und klammerte sich an der Kante der Bank fest um sich selbst daran zu hindern hinauszustürmen. Doch sie durfte nicht vor allen anderen verschwinden und ihnen damit womöglich zu früh einen Anstoß geben. Erste Schüler verließen die Halle, doch die meisten, darunter ihr gesamter Tisch, genossen noch ihr Frühstück. Evelyn, die nun andere Sorgen hatte, als ihr Rührei fertig zu essen, starte auf das Pergament in der Hoffnung wenigstens heraus zu finden, was ihr erster Unterricht sein würde, falls sie ihn jemals erreichen sollte. Die fliegenden Buchstaben machten es beinahe unmöglich einen sinnvollen Text aus dem Wirrwarr zu entschlüsseln, obwohl sie sich zunächst nur auf die Bezeichnung der Wochentage konzentrierte in der Hoffnung damit den ersten Schritt zu machen. Sie glaubte eine Regelmäßigkeit zu erkennen, wie die Buchstaben sich bewegten und neue Worte formten, doch das Arbeiten unter Druck konnte sie auch Dinge halluzinieren lassen. Die Gewissheit immer mehr wertvolle Minuten zu vergeuden machte es ihr beinahe unmöglich klar zu denken. Sie wollte nicht wissen was passierte, wenn sie zu spät zum Unterricht kamen, wovon sie mittlerweile überzeugt war, dass es unausweichlich war. Sie alle hatten es geschafft sich Nachsitzen einzuhandeln, noch bevor das Schuljahr richtig begonnen hatte. "Die Spiralen sind regelmäßig", sagte Blaise. "Seht ihr das? Die Worte verdrehen sich ineinander und in regelmäßigen Zyklen bilden sie neue Spiralformationen. Eine Formation muss ein Tag sein." "Fragt sich nur, welcher Tag welche Spirale ist?" Evelyn drehte in sich gekehrt das Pergament. Blaise glaubte ebenfalls eine Regelmäßigkeit zu sehen, was sie mehr als erleichterte. "Sie sind unterschiedlich groß", flüsterte Evelyn, die nun mit den Fingern die Formen der Spiralen entlang fuhr. Zuerst hatte sie geglaubt die unterschiedlichen Größen seien willkürlich, doch immer, wenn sich die Buchstaben neu formierten, waren die Formationen ein wenig enger gefasst, bis sie schließlich plötzlich expandierte und das ganze Blatt einnahmen. Mittwoch, der dritte Tag, sinnierte sie und zählte die Größenwechsel bis zum nächsten Expandieren. "Fünf, es sind fünf Wechsel", rief Millicent, wobei sie nicht laut sprechen musste, da es in der Halle deutlich ruhiger wurde nun, da sie sich leerte. Evelyn erwischte sich dabei, wie sie den Lehrertisch prüfte. Snape saß noch immer, nun als einer der letzten, an seinem Platz und beobachtete die Gruppe. Beeilt euch, betete sie innerlich. "Die Halle ist fast leer", bemerkte Crabbe und endlich realisierten die Erstklässler, dass sie nicht trödeln sollten. Pansy war die erste, die aufstand und hinauseilte. Kaum war sie von der Bank geklettert, war Evelyn ihr gefolgt, die nur auf diesen Impuls gewartet hatte. Der Aufbruch der Mädchen war wie ein Startschuss, der die anderen nach ihren Pergamenten greifen und hinterher rennen ließ, zurück Richtung Gemeinschaftsraum. Nie wieder würde sie ihre Sachen dort lassen, schwor sich Evelyn und auch die anderen schienen etwas Ähnliches zu denken. Aus schnellem Gehen wurde bald panisches Laufen und sie stürzten beinahe in ihren Gemeinschaftsraum, nur um kurz darauf noch schneller den gesamten Weg wieder zurück zu rennen. Evelyn hoffte inständig, dass das Schicksal nicht so ironisch war ihre erste Stunde Zaubertränke sein zu lassen, doch eine nagende Erinnerung in ihrem Hinterkopf sagte ihr, dass ihre erste Tränkestunde erst am Freitag sein würde. Trotzdem mussten sie wissen, wohin sie eigentlich rennen mussten, sicherlich waren kaum mehr zehn Minuten übrig. Und das zusätzliche Gewicht aller Schulbücher auf ihrem Rücken ließ sie nicht schneller werden. "Geschichte", hechelte Pansy neben ihr, die wild mit dem Pergament herumfuchtelte. "Die erste Stunde ist Geschichte der Magie!" "Bist du dir sicher?", wollte Blaise wissen. "Nein", war die wenig aufmunternde Antwort. Evelyn zählte die Zyklen bis sie glaubte die Spiralenformen für Mittwoch gefunden zu haben und konzentrierte sich auf die äußeren Worte. Pansy hatte recht, vorausgesetzt die äußeren Worte waren die frühen Stunden. Es war ein Risiko, das sie eingehen mussten, da waren sich alle stumm einig. Während sie ziellos ihren Weg weiter nach oben suchten versuchte Evelyn sich daran zu erinnern, wo Geschichte unterrichtet wurde, doch so sehr sie sich auch anstrengte, die Klassenräume gehörten nicht zu dem, was sie sich gemerkt hatte. Geschichte konnte überall unterrichtet werden, ausgenommen natürlich die Gewächshäuser, und es sah nicht so aus, als wüsste einer der anderen, wo sie hin mussten. Evelyn wusste, dass sie Hilfe brauchten, stellte sich nur die Frage ob die anderen zum selben Schluss gekommen waren? Einige Zeit streiften sie umher, bis sie schwer atmend den vierten Stock erreicht hatten. Evelyn stand schweigend nach Luft ringend in der Gruppe und versuchte die schwebenden Sterne vor ihren Augen weg zu blinzeln. Mittlerweile musste der Unterricht bereits begonnen haben, die Gänge waren bis auf die kleine Gruppe völlig verwaist. Millicent war die erste, die ihre Stimme fand. "So hat das keinen Sinn." Mit schmerzverzerrtem Gesicht hob sie sich die Seite. "Wir müssen jemanden fragen." "Und wen?" Daphne riss die Arme hoch und deutete verärgert auf die leeren Gänge. Zu Evelyns eigener Überraschung begann just in dem Moment Blaise zu lachen, was Daphne nur noch wütender machte. "Was ist bitte lustig?" Sie suchte Evelyns Blick. "Wieso lacht heute jeder, wenn ich etwas sage?" "Wir haben doch eine große Auswahl an Leuten, die wir fragen können", gab Blaise zurück, ohne weiter auf Daphne einzugehen. Evelyn wünschte sich, er würde sich beeilen, anstatt hier großspurige Reden zu schwingen. Doch er genoss es sichtlich den anderen einen Schritt voraus zu sein, was Evelyn nur mit einem Augenrollen abtun konnte. "Schaut euch doch um." Acht Köpfe gingen in die Höhe und durchsuchten ihre Umgebung. Sie waren umgeben von Portraits, Gemälden und Bildnissen, die alles andere als Stillleben waren. Aus jedem der letzten zehn Jahrhunderten starrten sie Gesichter an, die untereinander tuschelten und ihnen zuwinkten. "Die Bilder", schloss Daphne und bewegte sich auf das ihnen am nächsten zu, das eine üppige, junge Frau in noch breiterem Kleid zeigte, die sich ohne Unterlass im Spiegel betrachtete. "Hey, wo ist das Klassenzimmer für Geschichte der Magie?", fragte sie das Gemälde der unbekannten Frau mit barschem Ton, doch die Angesprochene wendete ihr froschartiges Gesicht keine Sekunde von ihrem Spiegel ab. Draco trat seufzend vor und schob Daphne beiseite. "Lass mich das machen." Er baute sich vor dem Gemälde auf und hob das Kinn, ehe er ansetzte zu sprechen. "Verzeihen Sie, gnädige Frau, wären Sie so freundlich uns ihr schönes Gesicht zu zeigen?" Evelyn glaubte kaum, wie leicht Draco diese süßen Worte über die Lippen kam. Erschrockener war sie, als sie beobachtete, wie er zu allem Überfluss eine Art Knicks machte. Er hatte seine rechte Hand über seine Brust gelegt und berührte nun seine linke Schulter während er sich mit dem Oberkörper leicht nach vorne neigte. Auch Pansy beobachtete ihn, doch ihr Ausdruck war eher bewundernswert und weniger schockiert. Erstaunlicherweise funktionierte es. Die Dame legte ihren Spiegel aus der Hand und neigte ihren Kopf Richtung Draco, um seine Geste zu erwidern. "Oh, welch hübscher Anblick", begann Draco, "Eure Augen erstrahlen in ungeahntem Glanz." Crabbe, der im Sichtfeld der Dame im Gemälde stand, musste sich abwenden um sein Lachen zu verbergen. Auch Daphne schien unbeeindruckt, wagte es jedoch nicht etwas gegen Malfoy zu sagen. Evelyn wünschte nur, Draco würde sich mit seiner Scharade beeilen. Die Dame kicherte und zeigte hässliche gelbe Zähne, die bisher nicht zu sehen gewesen waren. "Welch charmanter junger Mann." Erneut verneigte sich Draco, der erstaunlich gut seine Abscheu dem hässlichen Lächeln der Dame gegenüber versteckte. "Hübschester aller Dame, wärt Ihr so freundlich meine Frage zu beantworten und einem euch Anbetenden in Not zu helfen?" Euch Anbetenden? Evelyn glaubte, dass er nun zu weit ging, doch die Dame schluckte jedes seiner Worte als wären es Löffel von süßestem Honig. "Ich suche den Ort, an dem die Geschichte der Magie unterrichtet wird, um mein Wissen zu erweitern und die Historie unserer Kultur zu lernen. Wärt ihr, hübscheste aller Damen, bereit mir zu sagen, wo ich jenen Ort finde?" Draco hatte sich nun völliger in seiner Rolle gefunden und die Worte sprudelten nur so aus ihm heraus. Sogar Blaise nickte vor Bewunderung. "Ihr habt Euer Ziel beinahe erreicht, junger Mann." Sie hob die Hand und deutete den Gang hinunter, auf dem sie standen. "Folgt dem Weg und zählt die Vier. Eure Reise wird dort ein Ende finden." Ein schnelles Danke wurde gemurmelt und alle, bis auf Evelyn rannten los. Irritiert rückte sie ihre Tasche zurecht, die ihr mittlerweile schmerzhaft in die Schulter schnitt. "Zählt die Vier? Was?!" "Es ist die vierte Tür hinten links", hörte sie eine Männerstimme ruhig sagen. Eine Gruppe Herren mit bunten Gewändern und spitzen Hüten, die in einem Observatorium standen, winkten ihr zu. Resigniert spitzte sie ihre Lippen leicht und widerstand der Versuchung sich gegen den Kopf zu hauen. Die Herren waren im Bild über der hässlichen hübschen Dame, die sich bereits wieder ihrem Spiegelbild zugewendet hatte. "Ah ... danke." Kopfschüttelnd folgte sie der Gruppe Slytherin, die vor ihren Augen bereits hinter einer Tür verschwanden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)