Zum Zuschauen verdammt von ougonbeatrice ================================================================================ Interlude --------- Ihre Sicht verschwamm vor ihren Augen, Formen und Gestallten waren kaum zu erkennen vor dem dunklen Hintergrund. Lichter flammten in unregelmäßigen Abständen auf, doch kaum eines schaffte es die Dunkelheit zu durchdringen; sie waren zu weit entfernt. Egoistisch. Kalter Schauer fuhr ihr den Rücken entlang, doch sie konnte nicht unterscheiden, ob es der eisige Wind war, oder ihre eigene Anspannung, die ihre Nerven zum Beben brachte. Ihre Atmung war außer Kontrolle, genauso wie die ganze Motorik ihres Körpers. Jeder ihrer Finger zitterte und die Unruhe hatte sich bereits bis hin zu ihren Zehen ausgebreitet. Sie schmeckte Blut und spürte ihre schmerzende Zunge, auf die sie sich gebissen haben musste. Wann war das passiert? Unter dem ansteigenden Gefühl sich übergeben zu müssen schluckte sie die Menge Blut hinunter und zuckte zusammen. Jede Bewegung ihres zitternden Körpers sendete neue Wellen des stechenden Schmerzes durch ihre Muskeln. Schuld. Deine Schuld. In dem Versuch die Schmerzen auszublenden, die sich tief in ihre Nerven gefressen zu haben schienen, presste sie ihre Augen zusammen. Doch die Lichter, die bisher kaum das dunkle Meer vor ihr durchstoßen hatten, drängten sich nun durch ihre Lider und begannen sie zu blenden. Stöhnend hob sie die Hände und presste in einem stummen Schrei ihre Handflächen gegen das Gesicht. Zumindest glaubte sie das. Denn im nächsten Atemzug stand sie unbewegt und wie eine Puppe an Ort und Stelle, die Augen starr nach vorne gerichtet. In der Dunkelheit geschah etwas, sie fühlte es, nein, sie wusste es, doch ... sie war unfähig es mit ihren Gedanken zu begreifen. Da war nur die stumme Ahnung eines weit entfernten Geschehens. Selbstsüchtig. Ihr Atem, wenn es denn ihr Atem war, rasselte. Wieder spürte sie etwas an ihrem Rücken, einen Druck, der sich ihre Wirbelsäule hoch fraß und schließlich kreisend in ihrem Nacken verweilte. "Was dort noch alles verborgen ist, kleines Mäuschen?" Egoistisch. Unterbewusst lehnte sie sich nach vorne, um dem Griff, der sich bereits begann sich um ihren Hals zu winden, auszuweichen, doch der plötzlich aufflammende Schmerz ließ sie zusammenfahren, sogar beinahe umkippen. Sie wäre in die Knie gegangen, wenn der eisige Griff sie nicht halten würde, ihr dadurch jedoch die Luft abschnitt. In dem Versuch etwas zu sagen öffnete sie den Mund, doch außer einem Röcheln brachte sie nichts hervor. Die Stimme, die sich in ihrem Kopf zu befinden schien, verspottete sie, den Druck verstärkend. "Ja, ich weiß. Ich weiß. Du hast das einzig richtige getan, kleines Mäuschen." Der Hohn in der Stimme sickerte in jede ihrer Poren, hinterließ jedoch das schwere Gefühl dieser Stimme bedingungslos vertrauen zu wollen, sich der Stimme hinzugeben. Die Stimme konnte dafür sorgen, dass es aufhörte. Dass der Schmerz aufhörte. So töricht. Die Finger um ihren Nacken verlängerten ihren Griff, bis sie ihre Wange erreichten. Beinahe zärtlich strichen die Finger die Linie ihres Gesichtes entlang, bis sie an ihrer Schläfe verweilten. Ein weiteres Paar Hände legten sich auf ihre Schulter und streiften ihren nackten Unterarm entlang, bis sie glaubte statt Finger würde sie Rasierklingen berühren, so unangenehm war ihr auch nur der geringste Kontakt. "Zeig es mir, zeig mir mehr!" Schuld. Zufriedenes Gelächter verschiedener Stimmen um sie herum füllten ihre Ohren, doch sie fixierte gebrochen die Lichter im dunklen Meer. Regen hatte eingesetzt, der ungewöhnlich verlangsamt auf sie alle niederfiel und sie wie Staub bedeckte. Die Finger dutzender Hände malten Muster in die staubige Schicht des Regens, doch sie glaubte diese so zärtliche Geste würde sie bis hinunter auf die Seele brandmarken. Wahl. "Zeig es mir, kleines Mäuschen." Es war ihre Wahl, ihre Entscheidung, aus freien Stücken hatte sie sich entschieden. Letztendendlich wollte sie hier sein, der Schmerz war nur eine Illusion. Wie konnte etwas schlecht sein, wenn sie sich dafür entschieden hatte? Sie formte Worte mit ihren spröden Lippen, die niemand verstanden, die noch nicht einmal ihre eigenen Ohren erreichte. Hatte sie etwas gesagt, oder war das auch nur eine Illusion gewesen? Ihre leeren Augen fixierten noch immer das dunkle Meer, als sich ihr Gesicht zur Grimasse verzog. Sie lachte. Beinahe im selben Augenblick blendete sie weiß grelles Licht, das innerhalb eines Lidschlages jeden Schatten vertrieb. Das Licht kam zuerst, dann der Lärm. Bisher war da nur die Stimme gewesen, wo war die Stimme? Sie wollte sich umdrehen, doch ihr Körper war wie paralysiert von dem Licht. Du hast keine Wahl! Ein Schlag traf sie gegen die Brust und sie glaubte Knochen brechen zu hören. Ausgerechnet nun war sie völlig taub, alles schien von ihr abzufallen, wie sie ähnlich langsam wie der Regen zu fallen begann. Die Finger an ihrem Rücken, im Gesicht und ihren Armen hatten sich genauso schnell zurück gezogen, wie das Licht aufgetaucht war. Etwas drückte sie nach hinten und sie erwartete gegen etwas zu stoßen, gegen das Etwas, das mit ihr im Verborgenen gesprochen hatte, doch der Aufprall kam nicht. Du hast keine Wahl... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)