Zum Zuschauen verdammt von ougonbeatrice ================================================================================ Kapitel 52 - Verrücktheit mit Methode -------------------------------------   Von zu spät kommen, war definitive nicht Rede. Sie beide standen einige Zeit einsam vor der verschlossen Tür zum Tränkekerker, Minuten des Wartens, in denen Blaise mehr und mehr bewusst wurde, dass er gerade das Frühstück hatte sausen lassen. Evelyn hatte sich kurzerhand auf dem Boden niedergelassen, da ihre Beine schnell schwer geworden waren, was sie auf die Nachwirkungen ihrer schlechten Nacht schob. Zabini lief derweil immer ungeduldiger vor ihr auf und ab. "Das Frühstück sollte doch schon längst vorbei sein." Unzufrieden warf er die Arme hoch und deutete in die Richtung, in der er die Große Halle vermutete. "Schlagt euch die Bäuche voll! Esst ihr nur euer Müsli und euer leckeres Ei mit Speck, während wir hier unten verhungern."   Evelyn lehnte lächelnd ihren Kopf gegen die Wand, den Blick auf Zabini gerichtet. "Du hättest ruhig mit den andern essen gehen können. Ich hätte den Weg auch alleine gefunden. Bin öfter in den Kerkern, weißt du?"   "Bild dir nichts drauf ein, ich wollte die Schlange sehen." Stöhnend ließ er sich neben Evelyn auf den Stein fallen. "Außerdem habe ich gar keinen Hunger." Sein grummelnder Bauch verriet ihn und strafte ihn Lügen, sodass er die Beine anzog und in dieser Position wartete, bis sie endlich Schritte hörten. Die aufflammenden Fackeln, die ihnen näher kamen, zeigten eine einzelne Gestalt. Evelyn erkannte die Art wie das Mädchen lief wieder, und winkte Millicent zu, die bald schwer atmend vor ihnen stand.   "Morgen", meinte Evelyn nur, während sie Millicent Zeit gab, sich zu sammeln.   "Ich wollte", sagte sie mit einer Pause um zu atmen, "nicht mehr warten." Sie schaute zu Blaise. "Hat sie etwas gegessen?"   "Den Apfel aus der Schale, ja."   Evelyn hob die Augenbrauen. "Ich kann euch hören, das wisst ihr, oder?"   Sie taten ihren Einwand mit einem Schulterzucken ab. "Übertreib es heute nicht, ja? Geh alles ganz langsam an." Millicents Sorge rührte Evelyn, war aber unbegründet.   "Wir haben einen kurzen Tag, ein bisschen Spaß mit Snape und später ruhigen Unterricht im Gewächshaus. Ich werde es überleben."   Zabini zwickte ihr ohne viel Kraft in die Schulter. "Sag das, nachdem du unerlaubterweise Zutaten aus dem Lager nimmst, die du als Futter zweckentfremden willst."   "Soll das ein Vorwurf sein? Du warst doch so besorgt um Paimon."   "Paimon?"   "Meine Schlange hat jetzt einen Namen", erklärte Evelyn knapp, ehe sie sich wieder an Blaise richtete, der breit grinste. "Das war auch bevor du mir gesagt hast, wo du die Baby Ratten herbekommen willst."   "Von wo hast du denn gedacht? Soll ich sie mir aus dem Hut zaubern?" Eine schlechte Bemerkung, wie ihr im Nachhinein auffiel, doch nun war sie gesagt. Blaise hingegen hob zur Verteidigung die Hand vor die Brust.   "Ich dachte unser Tränke-Ass hätte alle möglichen Zutaten unter ihrem Bett."   Sie ließ Zabini Antwort unkommentiert und wartete stumm, bis die anderen Schüler eintrafen. Nach Millicents Ankunft füllte sich der Gang schnell, wenn auch nur mit Gryffindor Schülern, die seit Slytherin sie im Rennen um den Pokal weit hinter sich gelassen haben, auffällig ruhig geworden waren. Harry ließ sich mittlerweile Zeit um zum Tränke Unterricht zu gehen und traf meistens kurz vor Snape ein. Evelyn ahnte, dass er das für jede Stunde tat, um den anderen aus dem Weg zu gehen. Man sah ihm an, wie schlecht er sich fühlte und obwohl es nun schon drei Wochen her war, hatte er noch immer mit den Folgen der Nacht auf dem Astronomie-Turms zu kämpfen. Hermine und Neville schienen weitaus besser mir der Ächtung und den gelegentlichen Sprüchen zurecht zu kommen, als ein Harry, der nach Jahren der Missachtung endlich Anerkennung erhalten hatte, diese nun aber umgeschlagen war in Wut.   "Hey, Schlongbottom, versuch heute zur Abwechslung keinen Kessel zu schmelzen!", rief Zabini neben Evelyn, die nur beschämt ihr Gesicht verdeckte. Vor beinahe jeder Tränkestunde warfen sich die zwei Häuser Beleidigungen und Bemerkungen zu, nur um peinlich zu verstummen, sobald Snape auftauchte.   Seamus blickte Zabini von der Seite an. Seine Augen verrieten, wie viel er von Zabini und seinem Einwand hielt, blieb ansonsten jedoch still. Auch sonst trat niemand für Neville ein, der nur rot anlief und den Kopf senkte.   Evelyn konnte von Glück sagen, dass Draco noch nicht hier war, sonst wären die Gespräche gewohnt heftiger. Blaise beließ es bei dem einen Seitenhieb, schon allein deshalb, da niemand etwas erwidert hatte, sodass sie getrennt voneinander die Zeit überbrückten. Dabei schielte Evelyn hin und wieder auf das kleine Terrarium in ihrer Tasche, hauptsächlich um sicher zu stellen, dass Paimon noch da war.   Blaise Bemerkung zum Thema Essen hatte sie nun doch stutzig gemacht. Unter Snapes Nase die Zutaten zu entwenden, war zwar ihre erste Idee gewesen, wandelte sich aber mehr und mehr zu seiner dummen. Sie wäre ein Narr wenn sie annehmen würde, dass man unbemerkt eine Zutat aus dem Lager holen konnte, die offensichtlich nicht in der Zutatenliste vorkam. Zudem wusste Snape nun genau, was sich in dem Ei befand und sie war sich sicher, er konnte eins und eins zusammenzählen.   Sie hatte in Gedanken an ihren Nägeln geknabbert und nicht gemerkt, wie Bewegung in die wartende Menge kam, als die Tür vor ihnen aufschwang. Ihr Professor war noch nicht da doch es würde sich nun nur noch um Minuten handeln. Dementsprechend eifrig nahmen sie alle ihre mittlerweile angestammten Plätze ein. Sie hatten kaum ihre Kessel aufgebaut und Werkzeuge ausgelegt, wie Snape es von ihnen forderte, als er mit einem leisen Klick der Tür die Stunde begann. Auch während seines Unterrichts spürte man, dass es dem Schuljahresende zuging. Laut Snape hatten sie, zumindest auf dem Papier, jeden Trank nun behandelt, und wer sie bis zu diesem Zeitpunkt nicht beherrschte, der würde sie nie brauen können. Wiederholungsstunden gab es nur sehr wenige, im Grunde gar keine, dafür aber ab und zu die ein oder andere rein theoretische Einheit.   Obwohl sie solch trockene Materie in anderen Fächern eher begrüßte, empfand selbst sie die Theorie in Tränke als zähe Kost. Speziell heute, da sie eigentlich vorgehabt hatte sich wenigstens ein oder zwei Ratten zu holen, um Paimon endlich etwas zu essen geben zu können. Der Schrank blieb jedoch die komplette Doppelstunde über geschlossen und unbenutzt, was es Evelyn unmöglich machte auch nur im Geringsten unauffällig einige Zutaten zu entwenden. Das Wochenende stand vor der Tür und damit zwei, eher drei, weitere Tage, in denen Paimon Hungern müsste.   Die Minuten zogen sich dahin und wurden zu Stunden, ohne dass sie zu einem Ergebnis gekommen war. Unruhig und unschlüssig was sie tun sollte, spielte sie mit der Schreibfeder in ihren Fingern, doch sie spürte, dass der Unterricht bald beendet sein würde. Den Blick auf das Lager statt auf ihren Lehrer gerichtet, der ihnen seit geraumer Zeit in einem Monolog den Unterschied zwischen Sekret und Ausfluss erklärte, einem Thema, bei dem kaum einer gerne zuhörte, schweiften ihre Gedanken ab. Blaise, der sich den Platz neben Evelyn zumindest während Zaubertränke auf lange Zeit gesichert hatte, sehr zu Millicents Missfallen, folgte ihrem Blick und schüttelte langsam den Kopf.   "Vergiss es", flüsterte er ihr zu, "da kommst du heute nicht ran. Wir überlegen uns etwas anderes." Eilig richtete er seine Aufmerksamkeit auf sein eigenes Pergament zurück, wo er einige Wörter aufschrieb, als Snape an ihrer Reihe vorbeischritt, ohne jedoch den Monolog zu unterbrechen. Kaum war er einige Schritte entfernt, lehnte sich Blaise erneut zu Evelyn. "Wir finden in der Küche sicher ein paar Mäuse." Oder hinter der Großen Halle, dachte Evelyn angewidert als sie sich an den schmalen Zwischenraum erinnerte, wo sie die Freude gehabt hatte Kaminrillen zu schrubben.   Sie hatte nicht die Absicht jemals wieder dort hinter die Kulissen von Hogwarts zu krabbeln, und schon gar nicht selbst auf Mäusejagd zu gehen; und irgendwie wollte sie sich auch nicht wirklich vorstellen, wie ihre Hauskameraden sich die Hände schmutzig machten, auch wenn Blaise dieser Gedanke tatsächlich zu gefallen schien.   Plötzliche Hektik um sie herum verriet ihr, dass Snape seinen Monolog und damit die Stunde wohl für beendet erklärt hatte; nicht, dass sie etwas mitbekommen hätte. Die Schüler waren immer schnell darin das Klassenzimmer zu verlassen, doch im Falle ihres Tränkeunterrichts, verschwendete niemand Zeit. Umso irritierter war Millicent zu sehen, dass Evelyn sich kaum gerührt hatte, während sie selbst bereits zum Gehen bereit war.   Evelyn ersparte es ihr zu fragen und schickte sie mit einer Handbewegung zum zweiten Mal an diesem Tag voraus. "Ich will noch kurz mit unserem Hauslehrer reden."   Nicht nur Millicents Miene wandelte sich von Erstaunen zu Entsetzen. "Ich glaube, das Thuja bekommt ihr immer noch nicht richtig."   Über diese Bemerkung konnte Evelyn nur die Augen rollen. Mehr noch, sie drängte sie erneut mit mehr Nachdruck zum Gehen, da Professor Snape hinter seinem Schreibtisch ihre Gruppe bereits argwöhnisch beäugte. Es war diese Geste, die die anderen wenn auch mit fragenden Gesichtern als letzte hinausjagte, sodass Evelyn nun alleine zurückgeblieben war. Sie hatte kaum Zeit um aufzustehen und sich an Snape zu richten, als dieser sie bereits ausrief.   "Machen Sie schnell, Miss Harris, ich habe zu tun."   Sie haben immer etwas zu tun. Sie lief ihm entgegen, wobei sie seine Haltung begutachtete in der Hoffnung, dass sie etwas über seine heutige Laune verriet. Ihr gestriges Gespräch war beinahe zu gut verlaufen, was sie auf den plötzlichen Einbruch Gryffindors im Häuservergleich schob und der daraus resultierenden Feierstimmung bei Snape.   "Professor, ich hätte eine Frage. Oder eher eine Bitte", begann sie als sie sah, wie sich seine Augenbrauen zusammenschoben. Er lehnte sich ein wenig zurück und überkreuzte die Arme vor der Brust. Sie empfand es als ein gutes Zeichen, dass er sie nicht sofort aus dem Raum geworfen hatte, weshalb sie weitersprach.   "Wie Sie wissen, bin ich mehr oder weniger unfreiwillig im Besitz eines Eis ...", sie hielt es für besser zu verschweigen, dass der Inhalt mittlerweile in ihrem Rucksack schlief, da sie sonst womöglich doch noch mit dem Regelwerk in Konflikt geraten konnte. Allerdings war Snape mit erhobener Hand dazwischen gegangen.   "Sie sind hoffentlich nicht so naiv zu glauben ich könnte Ihnen eine Erlaubnis für die Haltung eines unerlaubten Tieres geben." Das war eigentlich nicht, weshalb sie mit ihm sprechen wollte, dennoch bemerkte sie den intensiven Blick, den er ihr zuwarf, weshalb sie verstehend nickte.   "Natürlich nicht, Professor, das wäre gegen die Schulregeln."   "Was wollen Sie dann?"   "Nun", begann sie seinen Blick haltend, "angenommen ich wäre im Besitz eines unerlaubten Tieres-"   "Müsste ich das melden", warf er ein, was Evelyn jedoch nicht aus dem Konzept brachte.   "Angenommen ich wäre es, dann müssten Sie es melden. Mein Glück, dass das nicht der Fall ist."   "Kommen Sie zum Punkt, Harris. Was wollen Sie?"   Sie spürte, dass sich seine Geduld dem Ende neigte. "Sir, meine Mittel das Tier, existent oder nicht, zu versorgen sind begrenzt und ich fürchte, es könnte sich an anderen Haustieren ergreifen, da ich schließlich laut Schulordnung nicht befugt bin mich um ein Tier, existent oder nicht, zu kümmern."   Er lehnte sie wieder nach vorne und faltete seine Hände vor dem Gesicht. "Sie wollen mich also darum bitten Nahrung für ein unerlaubtes Tier bereit zu stellen."   "In etwa das war in meinem Sinn, ja."   Er spitzte die Lippen und sah sie von unten an und obwohl Evelyn stand hatte sie das Gefühl, dennoch von oben herab angesehen zu werden. "Nein."   Eine Antwort, mit der sich gerechnet hatte, sie hatte jedoch nicht vor bereits aufzugeben. Sie hatte eine Doppelstunde Zeit gehabt, dieses Gespräch mehr oder weniger zu planen. "Mir ist bewusst, wie dreist eine solche Bitte klingt, dafür möchte ich mich entschuldigen, Professor."   "Dreist und ziemlich töricht", fügte er hinzu. "Was veranlasst Sie zu glauben, ich würde Ihnen innerhalb welchen Szenarios auch immer meine wertvollen Zutaten geben, um sie einem niederen Tier zum Fraß vorzuwerfen?"   Sie nickte um ihm das Gefühl zu geben, eine berechtigte Frage gestellt zu haben, was er im Grunde auch getan hatte. "Nun, ich schätze ich hatte gehofft, ehrlich zu sein würde sich mehr auszahlen, als hinter ihrem Rücken unerlaubt etwas aus dem Lager zu entwenden; was nur Idioten machen würden", schob sie schnell hinterher als sie sah, wie sehr sich seine Miene verfinsterte allein bei der Erwähnung etwas von seinem Lager abzuschöpfen.   "Das wäre nicht nur töricht, sondern schlichtweg einfältig. Beinahe genauso einfältig ist es zu glauben mich erpressen zu können. Das ist nicht Ihre Absicht, oder Miss Harris?"   Schnell schüttelte sie den Kopf und hob die Hand. "Nein, Sir. Ich würde nie etwas entwenden", kurz überlegte sie ob sie den Satz beenden sollte, wie er ihr auf ihrer Zunge lag, und entschied sich dafür, "vor allem da mir bewusst ist, dass Sie es merken würden."   Snape war niemand, der auf Lobpreisungen oder Schmeicheleien ansprang, und Evelyn war sich durchaus im Klaren, dass er bei seiner Ablehnung bleiben könnte und sie gezwungen wäre doch noch selbst auf Jagd in den Ecken Hogwarts zu gehen. Trotzdem hatte sie das Gefühl nichts zu verlieren, wenn sie ihn einfach geradeheraus fragte. Mehr wie von der Schule werfen, was er eh schon vorhatte, konnte er nicht tun.   "Das Schuljahr liegt beinahe hinter uns", wechselte er abrupt das Thema, was Evelyn nun doch die Stirn runzeln ließ, ehe sie knapp nickte. Was genau sie von dem Umschwung halten sollte, wusste sie nicht, also wartete sie ab und sah zu, wie er sich langsam erhob und sie nun tatsächlich überragte. "Sie haben dieses Schuljahr im Vergleich zu anderen Schwachköpfen weit weniger Zutaten verschwendet, überraschenderweise." Der Sinn seiner Worte sickerte nicht sofort in ihr Bewusstsein, weshalb eine Reaktion ihrerseits zu warten ließ; Zeit, die er sich nicht nahm, sondern stattdessen um seinen Schreibtisch ging, an ihr vorbei Richtung Tür. "Ich kann Ihnen keine Verpflegung für Ihr nicht vorhandenes Tier geben", sagte er im Gehen und deutete auf den Schrank, in dem sich das Schülerlager verbarg. Mit einem Klick schwangen die Flügeltüren auf und gaben den Inhalt preis. "Bitten Sie mich nie wieder um so etwas, haben Sie verstanden", waren seine letzten Worte, ehe er die Tür hinter sich schloss und Evelyn alleine im Tränkekerker ließ.   Einige Herzschläge stand sie wie angewurzelt vor seinem Schreibtisch, den Snape verwaist zurückgelassen hatte, und starrte abwechselnd zwischen der Tür und dem Lager hin und her. Sie erwartete, dass er gleich wieder auftauchen würde und nur darauf gewartet hatte sie dabei zu erwischen, wie sie sich am Lager verging. Kurz: sie erwartete eine Falle, doch die Minuten verstrichen, und sie blieb die einzige Person im Raum.   "Weniger Zutaten verschwendet?", flüsterte sie seine Worte, die ihr nun, da sie darüber nachdachte, beinahe wie ein Lob vorkamen. "Pff, ne!" Schulterzuckend und gut gelaunt ging sie zum Lager und suchte nach dem Einmachglas, in dem die Ratten aufbewahrt wurden.   Ihr wurde bewusst, wie wenig Zeit ihr nun zum Unterricht von Sprout zu gehen blieb, also beeilte sie sich darauf bedacht nicht zu viel zu nehmen, immerhin wollte sie nicht zu gierig sein. Dass sie überhaupt mehr oder weniger die Erlaubnis bekommen hatte sich zu bedienen, war großzügig genug.   Bevor sie ging kehrte sie an seinen Schreibtisch zurück, nahm sich ein Pergament und faltete es zusammen, ehe sie mit seiner Feder in Großbuchstaben das Wort DANKE aufschrieb, und es ihm an den Platz legte.   Wirklich vorstellen, dass Snape sie so einfach an das Lager hatte gehen lassen, hatte niemand gekonnt. Sie beschuldigten Evelyn abwechselnd größenwahnsinnig, verrückt oder geistesabwesend zu sein, manchmal auch alles zusammen. Besonders Blaise war entsetzt gewesen. "Ausgerechnet Snape um etwas zu bitten, hast du völlig den Verstand verloren?"   "Stehlen war auch keine gute Idee, deine Worte", konterte sie, ehe Sprout den Unterricht begonnen hatte. "Außerdem habe ich die Ratten, oder?"   "Erstaunlicherweise, ja."   Darauf hatte niemand etwas erwidern können. In der Tat hatte sie nun eine Handvoll Ratten, oder besser gesagt, sie hatte sie gehabt. Noch während sie den Weg hinaus zu den Gewächshäusern hinausgeeilt war, was ihr an diesem Tag äußerst schwer fiel, hatte sie kurzerhand all ihre Beute Paimon vor die Nase gelegt. Sie hatte gehofft, dass er – in Gedanken sagte sie nun er – so viel wie möglich verschlang und er dadurch für Wochen gesättigt war, denn sie bezweifelte, dass Snape sie noch ein zweites Mal an den Schrank ließ. Ohne, dass er etwas hatte sagen müssen war ihr klar gewesen, dass dies eine einmalige Sache bleiben würden.   Für Evelyn gab es nun kaum noch etwas zu tun, als endlich die Prüfungen hinter sich zu bringen. Mit jedem Tag der verging, wurden die Gesichter blasser und der Gemeinschaftsraum ruhiger, wodurch überall eine angespannte Atmosphäre herrschte. Dass Draco nun endlich seine Strafarbeit ablegen würde trug nur dazu bei, dass sich alle unwohl fühlten.   Der Nachteil, dass sein Nachsitzen auf sich hatte warten lassen war vor allem, dass Draco sich die wildesten Strafen hatte ausdenken können, die womöglich auf ihn warteten, und damit alle um ihn herum aufscheuchte.   Egal welche Aufgabe ihm bevor stünde, für Draco hatte festgestanden, dass er sie nicht verdient hatte und über allem erhaben war. Niemand konnte sich ihn vorstellen, wie er Klassenräume schrubbte, Pokale polierte, Akten sortierte oder andere hässliche Arbeiten verrichtete. Evelyn hütete sich auch nur anzudeuten, wohin man ihn schicken würde, doch auch die Lehrer hatten nicht durchblicken lassen, dass sich etwas Ungewöhnliches im Verbotenen Wald aufhielt. Selbst Quirrell, wenn auch weißer im Gesicht und mit weniger Gewicht als noch am Anfang des Schuljahres, wirkte eher unbeteiligt.   "Wer hat sich diese Uhrzeit ausgedacht", beschwerte sich Pansy zum wiederholten Mal, als sie gemeinsam mit den anderen im Gemeinschaftsraum auf Draco wartete, der vor einiger Zeit zu seinem Nachsitzen aufgebrochen war.   "Entspann dich, Pansy", bemühte sich Zabini für alle zu sprechen, die dem Ende dieser Strafarbeit beinahe mehr entgegensahen, als Draco selbst. "Je später sie beginnt, desto kürzer sollte es sein. Er kommt bestimmt gleich."   Millicent lehnte sich zu Evelyn und legte ihren Kopf auf ihr Knie, die im Schneidersitz versuchte ein Buch zu lesen. "Hoffentlich musste er Schuhe putzen", flüsterte sie mit schelmischem Grinsen, was ihr einen leichten Klaps gegen die Stirn von Evelyn einbrachte.   Daphne streckte sich und sprang auf. "Ich geh ins Bett, macht ihr, was ihr wollt. Ich bin das Warten leid."   "Blaise meint, er kommt gleich!", kam es empört von Pansy, doch Daphne ignorierte sie und winkte über die Schulter. Auch Goyle gähnte nun schon seit einiger Zeit, allerdings hielt er tapfer die Stellung an Zabinis linker Schulter.   Evelyn sah Millicent an, dass sie vermutlich so, wie sie da lag, ebenfalls bald einschlafen würde. "Geh in den Schlafsaal, wenn du es nicht mehr aushältst." Als Antwort bekam sie nur mürrisches Gegrummel, sie hielt ihre Augen aber geschlossen. Dickköpfges Kind, dachte Evelyn schmunzelnd und las weiter in ihrem Buch; trockene Lektüre über die Relevanz von Riesenaufständen. Eigentlich schlechter Lesestoff für diese Uhrzeit, aber irgendwann musste sie sich auch auf das Geschichtsexamen vorbereiten, ob es ihr gefiel oder nicht.   Die Gruppe verfiel in Schweigen, bis Evelyn glaubte Millicent in vertrautem Rhythmus leise auf ihrem Knie atmen zu hören. Ebenfalls vertraut war das schleifende Geräusch von Stein auf Stein, als der Eingang aufschwang, und ein bleicher Draco regelrecht hineingestürmt kam.   Pansy sprang auf, doch noch ehe sie etwas sagen konnte, wetterte Draco hysterisch los. "Diese Schule ist verrückt", schrie er, während er seinen Umhang, den er getragen hatte, einfach auf den Boden warf. "Alle hier sind verrückt!"   Bis auf die Erstklässler, waren nur noch wenige ältere Schüler anwesend, die jetzt jedoch alle ihre ungeteilte Aufmerksamkeit auf Malfoy legten, der miserabel aussah. Besorgt liefen Crabbe und Goyle ihm entgegen, Draco schob sie aber einfach beiseite.   "Fasst mich nicht an, ihr Gorillas!"   Millicent war durch den Lärm aufgeschreckt worden und setzte sich auf, sodass Evelyn sich nun wieder bewegen konnte. Sie legte das Buch beiseite und sah sich Draco genauer an, in dessen Haaren sie einige kleine Zweige erkannte, die sich stark gegen seine blonden Haare kontrastierten.   "Was ist passiert?", fragte Millicent den auf und ab gehenden Draco. Er war völlig außer sich.   "Was passiert ist? Ich sag euch was passiert ist. Die hätten mich beinahe umgebracht!"   "Übertreib nicht", meinte Zabini, der anscheinend Dracos Ausbruch nicht sehr ernst nahm. "Eine Strafarbeit ist nicht gefährlich."   Das Weiß in Dracos Augen stach hervor, als er auf Zabini zu rannte und ihn vor die Brust stieß. "Sei still, Zabini, du hast ja keine Ahnung, was diese Irren mit mir gemacht haben!"   Blaise wich zurück und richtete sich seine Krawatte, die von Draco in Mitleidenschaft gezogen worden war. "Ich habe einen Dementor gesehen!", schrie er, was jemand im Raum kichern ließ. Evelyn hob irritiert die Augenbrauen.   "Ein Dementor?", fragte sie langsam.   "Ja. Ein Dementor. Er war riesig und seine ekligen Hände waren an meinem Hals", er nahm seine eigenen Hände hoch und umschloss sich seine Kehle. "Er wollte mich töten! Potter war starr vor Angst!"   "Moment, Potter?", warf Pansy nun ein. "War der dabei!"   "Das habe ich doch gerade gesagt!" Evelyn schüttelte den Kopf. Momentan war Draco viel zu aufgelöst, was sie sogar nachvollziehen konnte, doch es half nunmal nicht, ihn und seine Geschichte zu verstehen.   "Setz dich", meinte sie ruhig und deutete auf den Platz, auf dem Daphne bis vor kurzem noch gesessen hatte. "Atme ruhig ein und aus, du-"   "Ich soll mich beruhigen? Ich hätte tot sein können!"   Da hatte er natürlich nicht ganz unrecht. Ob als Parasit oder nicht, Voldemort war gefährlich, doch das konnte die Schule ja nicht wissen. Wobei man sich durchaus fragen könnte wer gedacht hatte eine Untersuchung gefährlicher Wesen in einem gefährlichen und verbotenen Wald dachte, wäre eine gute Idee.   Evelyn schaute nach oben, ohne die Decke wirklich zu fokussieren, ehe sie sich wieder an Draco wendete, der jetzt sogar von einigen älteren Schülern umringt war. "Stimmt, jeder hier ist wahnsinnig!", rief sie etwas lauter, um sich über den aufkommenden Lärm Gehör und verschaffen; es klappte.   "Filch erzählt jedem, der es hören will, wie gerne er die Schüler auspeitschen will. Peeves hat letzte Woche den kleinen Hufflepuff am Knöchel über die Treppe gehangen. Man schickt Schüler für die Strafarbeit raus in den Wald", zählte sie auf, was an manchen Stellen zu Gelächter führte.   Millicent hob den Finger, als ob sie etwas sagen wollte. "Nicht zu vergessen die Androhung wir würden zerfleischt werden, falls wie in den dritten Stock gehen."   "Oder die gefährlichen Blumen von Sprout, die Gift spritzen!"   Crabbe schaute Zabini daraufhin irritiert an. "Es gab keine Gift spritzenden Blumen dieses Jahr."   "Hätte aber sein können."   "Der Punkt ist", holte sich Evelyn das Wort wieder zurück, "hier ist nichts normal. Wäre ja auch langweilig. Jetzt setz dich hin, trink etwas und erzähl von vorne."   Ihre Logik war nicht ganz fair ihm gegenüber. Natürlich hatte er jedes Recht besorgt und wütend zu sein, doch solange Evelyn nicht offiziell seine Geschichte kannte, konnte sie sich das erlauben.   Man sah Draco an, dass er wenig von ihren Vergleichen hielt, unter dem Druck mehrerer Augenpaare setzte er sich jedoch endlich hin.   Sie gaben ihm einige Minuten, in denen er etwas trank und sich am Feuer des Kamins wärmen konnte. Zwar war es bei weitem nicht mehr so kalt, wie noch nur wenige Wochen zuvor, doch Draco zitterte am ganzen Leib wie Espenlaub, was Evelyn als blanke Panik deutete.   Pansy versuchte ihm beruhigend den Arm zu streichen, doch er zuckte beinahe spuckend zurück.   "Nicht anfassen!", wiederholte er, was er bereits zu Crabbe und Goyle gesagt hatte, wenn auch ein wenig freundlicher.   "Jetzt langsam und von vorne, Draco", bat Zabini. Um sie herum hatten sich nun alle aus dem Gemeinschaftsraum versammelt um Dracos Geschichte zu hören; und eine Geschichte hatte er wahrlich zu erzählen.   Seine Schilderungen wichen an manchen Stellen davon ab, was Evelyn wusste und erwartet hatte, wobei sie einiges davon für schlichtweg übertrieben hielt. So konnte sie sich kaum vorstellen, dass Hagrid ihn die Gruppe einteilen lassen und er Harry praktisch durch den Wald hatte schleifen müssen, da Harrys Knie vor Angst geschlottert hatten. Die Aufgabe nach toten Einhörner zu suchen schnitt er nur an und er verkaufte es so, als sollten sie eine Wanderung durch den Wald machen und darauf warten, dass sie etwas angriff, was natürlich früher oder später auch passierte.   "Dann schwebte das Ding plötzlich vor mir", sagte er die Augen weit aufgerissen, so als habe er das Bild vor sich. "Seine Kutte wehte im Wind, obwohl wir im Wald umringt von Bäumen waren!"   Beinahe alle Anwesenden klebten an seinen Lippen, was seinem Selbstbewusstsein einen Schub gab und ihm Farbe ins Gesicht trieb. "Ich spürte wie es mich ansah. Dann, plötzlich, schoss es nach vorne, die Krallen ausgefahren an denen das Blut seiner Opfer floss."   Pansy atmete erschrocken ein und auch Millicent, die plötzlich hellwach war, wurde von Dracos Worten gefesselt. Evelyn runzelte nur die Stirn angesichts seiner überzogenen Schilderung.   "Ein grässliches Jaulen aus der Tiefe seiner Brust war zu hören als es sich auf mich stürzte."   "Ein echter Dementor hat dich angegriffen?", fragte eine ältere Schülerin zweifelnd, die einen ähnlichen Gesichtsausdruck hatte, wie Evelyn.   "Natürlich, was soll es sonst gewesen sein?"   Och du, dachte Evelyn die Lippen gespitzt, denk lieber nicht darüber nach. Dementor klingt gut.   "Wie bist du entkommen?", fragte ein Junge, der direkt neben dem skeptischen Mädchen stand. Diese Frage brachte Draco ernsthaft ins Straucheln.   "Ich habe meinen Zauberstab auf das Ding gerichtet und ihm gedroht, natürlich." Seine Erklärung war mehr ein Stottern. Der Junge ließ nicht locker.   "Das reicht aber nicht, um sich einen Dementor vom Leib zu halten, Kleiner."   "Kleiner?", Draco sprang auf und baute sich zu vollen Größe auf, was immer noch gut einen Kopf kleiner war, als der Junge, der ihn nun hämisch angrinste. "Wenn du mir nicht glaubst kannst du gehen. Ich muss mich nicht von dir in Frage stellen lassen."   Eine Aufforderung, der die meisten der Umstehenden Schulter zuckend nachkamen, sehr zu Dracos Missmut. Bald waren nur noch die Erstklässler übrig, und mit der Masse war auch Dracos Wille verschwunden seine Geschichte auszuschmücken. Vielleicht war er auch einfach nur müde, nachdem das Adrenalin in seinem Körper mittlerweile verschwunden sein dürfte. Mit den Fingern fuhr er sich durch sein Haar, und entdeckte perplex die einzelnen Aststücke, die er nun herauszog und achtlos in den Kamin warf, wo sie zischend sofort verglühten.   "Für heute hast du genug, denke ich." Blaise machte einen weiteren Versuch Draco in den Schlafsaal zu bugsieren, doch dieser schüttelte vehement den Kopf.   "Nein, bitte. Lasst uns noch ein wenig hier sitzen."   "Draco, wir können nicht-"   "Bitte", unterbrach ihn Draco hektisch, was viele sprachlos machte. Draco bat sie beinahe nie um etwas. Wenn, dann forderte er, sie hatten ihn noch nie so erlebt. Vielleicht war dies der Grund, weshalb sie seiner Bitte nachkamen und Zabini langsam nickte.   "In Ordnung. Wir bleiben noch etwas hier."   Millicent hatte derweil wieder ihre liegende Position eingenommen und hatte ihren Kopf auf Evelyns Schenkel gelegt. "Er hat wohl Angst der Dementor kommt ihn holen." Evelyn war froh, dass sie leise genug gesprochen hatte.   "Ich glaube das hat er, ja", sagte sie ernst, was Millicent peinlich berührt den Blick senken ließ. Draco war am Ende seiner Kräfte, dennoch weigerte er sich in den Schlafsaal zu gehen, vermutlich, weil er ihre Gesellschaft gerade brauchte. Auch wenn die Gesellschaft in Schweigen verfiel.   Evelyn hatte nach ihrem Buch gegriffen und ihr Kapitel wieder aufgenommen, während ihr gegenüber Goyle bereits den Kopf nach hinten auf die Lehne der Couch gelegt hatte, den Mund weit aufgerissen, und selig schlief. Auch Evelyn rieb sich die Augen, die es kaum noch schaffte die Worte vor ihr klar zu erkennen. Pansy hatte sich ähnlich wie Millicent eingekugelt und ihre schuhlosen Füße unter die Kissen geschoben. Evelyn ahnte, dass sie die Nacht hier im Gemeinschaftsraum verbringen würde, statt in ihrem gemütlichen Bett. Ihre Knochen würden es ihr morgen nicht danken. Seufzend legte sie das Buch ab und griff nach ihrem Umhang, den sie hinter sich über die Couch geworfen hatte, und bedeckte Millicent damit, die die Augen geschlossen hatte und sich nicht mehr rührte. Wenigstens eine hat es bequem.   Sie selbst schaute sehnsüchtig nach den Decken, die außerhalb ihrer Reichweite in den unteren Regalen der Schränke am Fenster verstaut waren.   "Ihr glaubt mir nicht, oder?", hörte sie Dracos schwache Stimme. Ihr Blick wanderte über die schlafende Pansy hin zu einem Blaise, der den Kopf in der Armbeuge verborgen hatte und definitiv ebenfalls schlummert. Niemand war mehr wach, außer Draco und ihr.   Sie neigte den Kopf und widerstand dem Drang die Augen kurz zu schließen. "Es wird dich überraschen, aber ich glaube dir. Wenn auch nicht jedes Detail." Er stieß den Atem aus, so als ob er nichts anderes erwartet hätte. "Man muss dir nur in die Augen sehen um zu wissen, dass du wirklich etwas im Wald getroffen hast." Sie bemühte sich leise zu sprechen, was ihr zunehmend schwer fiel.   "Dieser behaarte Wildhüter hat ständig dasselbe Zeug gebrabbelt: dass es nichts Gefährliches war, dass wir uns keine Sorgen machen müssen. Völliger Schwachsinn. Wenn ich nicht ge-", er stockte und rieb sich die Augen. "Ich weiß was ich gesehen habe, und es war eine Bestie." Zum ersten Mal hatte Evelyn das Gefühl, dass er völlig ehrlich an diesem Abend war. Sie nickte ihm zu und versuchte ihn mit einem Lächeln aufzumuntern. "Ich glaube dir", bekräftigte sie erneut, verlor aber schließlich den Kampf gegen das Gähnen. Sie drehte den Kopf zu den Decken und suchte vorsichtig, um Millicent nicht zu wecken, nach ihrem Zauberstab, den sie in die in einer Innentasche ihres Mantels gesteckt hatte.   "Accio Decke", sagte sie und war zufrieden zu sehen wie eine Decke auf sie zugeschwebt kam. Auf ihre Accio-Künste war sie stolz, wenn auch auf sonst kaum etwas anderes.   "Warte, ich helfe dir", kam es von Draco. Sofort sprang er auf und nahm die Decke entgegen, die er gleich an Evelyn weiter reichte. Ohne Magie, zu Fuß, bediente er sich beim Rest des Bestandes und trug einen Berg Decken herbei, die er auf den schlafenden Schülern verteilte. Eine Geste, mit der er Evelyn überraschte.   "Hast du dich verletzt?", fragte sie als er an ihr vorbei ging und sie bemerkte, wie er den einen Fuß leicht nachzog. "Anscheinend. Muss mir den Fuß verstaucht haben. Hab ich bisher gar nicht gemerkt."   Sie nickte und versuchte es sich so bequem wie möglich auf dem bisschen Couch zu machen, das Pansy und Millicent ihr gelassen hatten. "Beim Weglaufen passiert?" Eine beiläufige Bemerkung, die nicht ganz beiläufig geklungen hatte und Draco kalt erwischte. "Wieder mal ganz schlau, Harris."   Nach einigen Sekunden Stille, in denen er sich selbst neben Blaise zum Schlafen legte, antwortete er schließlich mit etwas weniger Gift in der Stimme."Manchmal ist es besser zu fliehen. Für Heldentaten wurden die Gryffindor geboren." Oder nur ein Gryffindor im Speziellen, was er aber ungesagt ließ.   "Ich mach dir keinen Vorwurf." Nein, keine Vorwürfe, sie gab ihm aber auch nicht recht, was er nicht zu bemerken schien. "Du hast getan, was du für richtig hieltst. Niemand würde schlecht von dir denken, wenn du sagst du bist vor der Bestie geflohen. Wir alle hätten das gemacht."   "Pah, willst du mir sagen sie würden mich nicht als Feigling beschimpfen? Jetzt bist du naiv."   Evelyn hob die Augenbrauen, verblüfft von einem Elfjährigen naiv genannt zu werden. "Ein Feigling, weil du dein Leben retten wolltest?"   "Nein, ein Feigling weil ich nicht das Richtige getan habe. Potter hat das Richtige getan. Er hat sich gestellt, unser großer Held. Dieser Hagrid hat sich beinahe das Maul zerrissen vor Lobeshymnen. Mir kommt die Galle hoch, wenn ich nur daran denke, wie großartig Harry Potter die Situation gemeistert hat."   Evelyn hätte einiges gerne erwidert: dass das Richtige im Auge des Betrachters lag, dass er nicht Harry Potter sein musste, sondern einfach Draco. Alles stand ihr jedoch nicht zu zu sagen und ging an dieser Stelle vermutlich auch über ihren gesetzten Einflussbereich hinaus.   Sie drehte den Kopf hin zum Fenster, wo der See dunkel vor ihnen lag in der Hoffnung, einfach so tun zu können als wäre sie zu müde und erschöpft als darüber zu reden. Tatsächlich fühlte sie sich nun hellwach. Dracos Einwand gab ihr zu denken und wenn sie ehrlich war, verstand sie seine Sorgen nicht.   Es war Millicent, die ihr in ihren ersten Tagen hier erzählt und versprochen hatte, dass wenn schon niemand für Slytherin da war, sie gemeinsam füreinander sorgen würden. Jeder hier war sich ähnlicher, als es nach außen den Anschein hatte, das hatte sie selbst während der Zeit hier gelernt.   Daphne, zum Beispiel, verlor jede Hemmung sobald es um Quidditch ging und auch wenn Crabbe stiller mit seinem Hobby war, war er genauso leidenschaftlich. Jeder war ein Kind, der für eine Sache zu begeistern war und sie auch lebte, und doch sah sie von Zeit zu Zeit denselben Blick bei ihnen allen. Wenn auf dem Hof ein jüngerer Hufflepuff seine Sachen zusammenpacken und regelrecht flüchtet, sobald sie sich in seine Nähe saßen. Wenn alle Schüler jubelten, wenn das gegnerische Team, egal welches, ein Tor im Quidditch-Spiel gegen Slytherin erzielte. Wenn es keinen interessierte, dass Slytherin den ersten Platz im Hauspokal Rennen machte.   Millicent hatte es prophezeit, und sie hatte es in ihrer Zeit hier selbst erlebt, dass es manchmal niemanden für einen gab, als Slytherins Schüler selbst. Umso unverständlicher war es für Evelyn, wie schlecht Draco von ihnen dachte und nicht ehrlich mit ihnen sein wollte.   Kurz wagte sie es nochmal zu Draco zu schauen, der die Augen geöffnet hatte und in seinen Gedanken versunken war. Verstand er nicht, dass nur auf seine Bitte hin gerade beinahe jeder Erstklässler seine Nacht mit ihm hier auf der Couch verbrachte, statt gemütlich im Bett zu schlafen? Und du machst dir Sorgen, was sie von dir denken werden.   Ein bisschen beneidete sie Daphne, die morgen anders als sie völlig ausgeruht sein würde. Immerhin war sie nicht alleine, sie hatte Paimon, der ihr Gesellschaft leistete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)