Zum Zuschauen verdammt von ougonbeatrice ================================================================================ Kapitel 56 - Ein lustiges Stelldichein --------------------------------------   Die Aussicht aus Ollivanders Fenster hatte sich nicht verändert, wenn man von den wechselnden Schaufenstereinrichtungen der anderen absah. Sie hatte ihn gefragt, ob sie ebenfalls den Eingangsbereich dekorieren sollte, was Ollivander lachend abgelehnt hatte. "Es sind Zauberstäbe", hatte er gesagt. "Soll ich Puppen aufstellen, die meine Stäbe anpreisen? Welch groteske Vorstellung."   Zugegeben, es war nicht der beste Einfall, allerdings ging es Evelyn weniger um die Idee, als darum sich zu beschäftigen. Ihr kleiner Körper und kindliches Erscheinen war in Hogwarts weniger hinderlich, hier jedoch, wo sie versuchte Ollivander wo auch immer er sie benötigte zu helfen, verfluchte sie ihre kurzen Arme und Beine. Einen Monat war sie nun schon zurück in der Winkelgasse und hatte kein einziges Mal ihre normale Gestalt angenommen; auf Ollivanders Rat hin. Man durfte sie nicht anders als in der Form seiner Enkelin sehen, was Evelyn zwar störte, gegen das sie aber nicht protestierte.   Die erste Woche war hart gewesen nicht ständig frustriert zu schreien. Bis zu ihrer Zeugnisübergabe hatte sie geglaubt den kleinen Körper bald hinter sich lassen zu können. Dass dies nun doch anders war, hatte sie etwas aus der Bahn geworfen. Eher widerwillig hatte sie sich daran gesetzt erneut zu brauen, erneut einen Vorrat anzulegen und diesen in ihrem Zimmer zu lagern.   "Evelyn", hörte sie Ollivander sagen, der hinter ihr erschienen war. Heute war er ausnahmsweise nicht über und über mit Sägespäne und Staub bedeckt.   "Mr Ollivander, verzeihen Sie, ich war in Gedanken."   Er lächelte sie an, während er mit einer Hand in seine Werkzeugtasche griff. "Das habe ich gemerkt, Sie waren ja kaum ansprechbar. Bedrückt Sie etwas?"   Einiges, ging es ihr durch den Kopf. "Mir fehlt etwas Beschäftigung", sagte sie. Wie um ihre Worte mehr Wahrheit zu geben, halten sie in dem leeren Laden von Ollivander, der genauso unbenutzt blieb, wie sie sich fühlte. Die meisten hatten bereits die Zauberstäbe für ihre Kinder gekauft, weshalb sowohl Ollivanders als auch Evelyns Tage nun weitaus ruhiger waren.   Er deutete mit seiner Hand nach hinten. "Kommen Sie, ich merke doch, dass Sie etwas belastet. Nonna Laverna hat Gebäck hier gelassen, unterhalten wir uns ein bisschen." Sie blinzelte still und schluckte, was Ollivander mit einem Seitenblick bemerkte. "Oder wir essen einfach nur das Gebäck."   Sanft führte er Evelyn weg vom Fenster, durch das sie eine ganze Weile geschaut hatte, und brachte sie nach hinten zum kleinen Holztisch, auf dem bereits in mehreren Schalen die Kekse und Törtchen standen.   Nonna Laverna war eine alte Dame, die scheinbar Gefallen an Ollivander hatte. Regelmäßig besuchte sie den Laden, ohne etwas zu kaufen. Doch jedes Mal brachte sie etwas mit. Die alte Laverna lächelte dabei zahnlos und ungeniert, wodurch ihre bleiche Haut wirkte wie dünnes Papier. Evelyn hatte Ollivander gefragt, wie alt Nonna Laverna wirklich war, dieser hatte aber keine Antwort darauf gehabt. "Sie ist schon immer da gewesen", war das einzige, was er zu ihr sagen konnte; und dass ihre Kochkünste legendär waren.   Ohne vom Tee zu trinken, nahm sie die Tasse in beide Hände und klammerte sich an ihr fest. So gut Nonnas Kekse waren, Evelyn verspürte nicht den Drang zu essen.   Ollivander biss hingegen herzhaft in eines der Törtchen, sodass ihm Marmelade an den Mundwinkeln klebte. "Mh, da fühlt man sich gleich wieder jung."   Evelyn zwang sich ein Lächeln ab, wobei seine Aussage ihr einen Stich versetzte. Sie wollte sich eben nicht mehr jung fühlen. "Wieso sind Sie nicht in Ihrer Werkstatt?", wechselte sie das Thema. "Sie hier zu dieser Stunde zu sehen ist mehr als ungewöhnlich."   Noch immer kaute er an seinem Gebäck, nickte aber. "Ich habe nicht viele Zauberstäbe verkauft, daher kann ich mir ein bisschen Zeit nehmen." Nachdem er geschluckt hatte, waren seine Wörter zwar gut zu verstehen gewesen, Evelyn hatte hingegen trotzdem das Gefühl sich verhört zu haben.   "Zeit nehmen? Mr Ollivander, das höre ich Sie zum ersten Mal sagen." Tatsächlich musste sie schmunzeln als ausgerechnet der ständig werkelnde Ollivander behauptete, eine Pause machen zu wollen.   Er legte das Törtchen auf den Teller vor sich. "Na sehen, Sie, mit einem Lächeln gefallen Sie mir besser. Die letzten Wochen lassen Sie nur die Schultern hängen."   Evelyns Lippen waren trocken, weshalb sie stumm nun doch an dem Tee nippte, ohne wirklich darauf zu achten, was für ein Tee es war.   "Mir ist bewusst, dass Ihre Angelegenheiten mich nichts angehen, und sicher denken Sie der alte Mann ist naseweis, doch ich versichere Ihnen, ich mache mir nur Sorgen." Seine von jahrelanger Arbeit schwielige Hand griff nach Evelyns. Statt sich der Berührung zu entziehen, nahm sie seine wärmende Berührung gerne an. "Ich möchte, dass Sie wissen, dass Sie mit mir über alles reden können."   "Danke, Mr Ollivander", gab sie zurück, während sie seine Hand etwas drückte.   Seine Worte gab ihr das Gefühl geborgen zu sein. Nach kurzem Einatmen entschloss sie, sich ein wenig zu öffnen. "Es ist eigentlich nichts Schlimmes", begann sie, woraufhin Ollivander seine volle Aufmerksamkeit auf sie richtete. Scheinbar war er erleichtert sie endlich zum Sprechen gebracht zu haben.   "Es sind oft die kleinen Dinge." Er drängte sie nicht zu reden, sondern gab ihr einfach zu verstehen, dass er zuhörte.   "Das Schuljahr war schwierig, auf verschiedene Weisen."   "Wenn es um dieses Zeugnis geht kann ich Ihnen versichern, dass es nichts gibt, wofür Sie sich zu schämen brauchen." Er machte eine Grimasse, die Evelyn abermals zum Schmunzeln brachte. Als er erfahren hatte, wie viel McGonagall ihr in ihrer Prüfung abgezogen hatte, hatte er gedroht sofort nach Hogwarts zu gehen und die Hauslehrerin zur Rede zu stellen. Obwohl Evelyn versicherte, dass jeder einzelne Punkt gerechtfertigt abgezogen worden war und sie froh war überhaupt bestanden zu haben, empfand Ollivander die Bewertung als Beleidigung.   "Es ist nicht das Zeugnis; nicht nur", fuhr sie fort, wobei ihr Ollivander wenig zu glauben schien. "Das Versteckspiel und die ständige Bedrohung entdeckt zu werden, zehrt an meinen Kräften."   Ollivander glaubte natürlich, sie sprach nur von ihrer Scharade um ihr wahres Alter. "Verständlich. Ständig so zu tun, als seien sie jemand anderes, ist selbst für die geistig stärksten Menschen nicht einfach." Er schwieg kurz, ehe er weiter sprach. "Sie sind jedoch niemand anderes. Sie sind Sie, egal in welchem Körper."   "Genau da bin ich mir nicht mehr so sicher. Wie auch, ich gebe vor etwas zu sein, was ich nicht bin." Und nun geht es genauso weiter.    "Evelyn, Veränderungen gehören zum Leben dazu. Sie mögen nicht dieselbe sein, wie noch vor einem Jahr", er schenkte ihr ein warmes Lächeln, "aber das heißt nicht, dass Sie nicht Sie sind. Verstehen Sie, was ich sagen will?"   Sie hielt seinen Blick, wagte es aber weder zu nicken, noch zu verneinen. "An Ihnen ist ein Philosoph verloren gegangen."   "Das nennt man Weisheit im Alter", erwiderte er augenzwinkernd. "Bereuen Sie es nach Hogwarts gegangen zu sein?" Seine Frage überraschte sie. "Was?"   "Denken Sie nicht lange nach. Antworten Sie aus dem Bauch heraus. Bereuen Sie es?"   Fast weiße Augen fixierten die ihre und forderten eine Reaktion. Bereue ich es? "Nein", sagte sie schlicht und merkte, wie sich ein Kloß in ihrem Magen löste. "Nein, ich bereue es nicht." Erneut sprach sie ihre Antwort aus, die sie beinahe zu befreien schien, was auch Ollivander bemerkte.   "Dann würden Sie es wieder machen? Wenn Sie die Wahl hätten?"   Sie dachte daran, wie sie die Lernstunden mit den anderen genossen hatte, wie geborgen sie sich an sonnigen Nachmittagen gefühlt hatte. "Ich würde es wieder tun."   Ollivander lehnte sich zurück und zuckte mit den Schultern. "Also für mich klingen Sie wie das Mädchen, das vor einem Jahr mit großen Augen in meinem Laden stand." Gemächlich griff er nach seinem angebissenen Törtchen. "Niemand hat gesagt, dass es leicht werden wird, aber Sie sollten nicht nur die schlechten Sachen sehen. Ihre Fortschritte sind bemerkenswert."   Seine letzte Aussage ließ sie unkommentiert, und nahm sich stattdessen einen von Nonnas Keksen.   "Sie wissen, dass Sie mir immer schreiben können, aber vielleicht wäre es besser sich jemandem in Hogwarts anzuvertrauen."   "Das halte ich für eine schlechte Idee", sagte Evelyn mit der Hand vor dem Mund um keine Krümel zu spucken.   "Die junge Miss Bulstrode ist ein gutes Kind. Ich denke es würde Ihnen gut tun wenigstens einen Menschen zu haben, bei dem sie nicht etwas vorspielen müssen, sondern Sie selbst sein können; sich nicht verstecken müssen."   Dieselben Gedanken hatte auch Evelyn schon gehabt. "Eben. Millicent ist noch ein Kind. Sie würde es nicht verstehen. Oder schlimmer: sie würde es ausplaudern."   "Mh, womöglich warten Sie doch besser, bis sie ein wenig älter ist."   Zwar nickte sie, jedoch hatte Evelyn nicht die Absicht ihr das jemals zu sagen. Hey Millicent, ich bin eigentlich doppelt so alt, wie du! Überraschung.   "Wie dem auch sei, ich denke es würde Ihnen gut tun, wenigstens ab und zu unter Leute zu kommen. Sie mögen jung erscheinen, doch verstecken müssen Sie sich nicht. Die Aussicht vom Fenster wird morgen auch noch die gleiche sein." Langsam griff er in eine seiner Ledertaschen und holte einen weißen Umschlag heraus. "Vielleicht wird Sie das aufheitern, das kam heute Morgen für Sie."   "Für mich?", stieß sie ungläubig aus. Eilig klopfte sie ihre Finger am Saum ihres Rockes ab, um keine hässlichen Fettflecken auf dem weißen Papier zu hinterlassen. Normales Pergament hatte einen Gelbstich und wirkte etwas grob. Der Umschlag vor ihr war aus reinster Qualität und wirkte für sie wie echtes Papier. Eher irritiert fuhr sie über das schwarze Wachssiegel, dessen Wappen sie häufig im Gemeinschaftsraum gesehen hatte. "Das ist von den Malfoys. Wieso bekomme ich einen Brief von den Malfoys?" Beinahe angewidert hatte sie den Namen ausgesprochen, was Ollivander nur amüsierte.   "Ich kann nur raten, immerhin müssten Sie den Brief öffnen. Ich schätze aber es dürfte eine Einladung sein. Der junge Mr Malfoy hatte kürzlich Geburtstag. Eine Gelegenheit für die Gesellschaft zum Stelldichein."   Zunächst glaubte Evelyn er scherzte, in seinem Blick sah sie jedoch, wie ernst es ihm war. Den Brief zwischen die Finger geklemmt, hob sie ihn vor sich. "Ich kriege eine Einladung zu seinem Kindergeburtstag?"   "Oh, es ist weit mehr als nur eine einfache Feier."   Evelyn lehnte sich seufzend zurück. Sie ahnte, dass auch hier mehr Tradition verborgen war, von der sie keine Ahnung hatte. Eilig riss sie den Brief auf und überflog den elegant verfassten Text. "Es ist eine Einladung zu seinem Kindergeburtstag", sagte sie schließlich resignierend, während sie den Brief an Ollivander weiterreichte. Der benötigte eine Brille, um die Worte lesen zu können.   "Das ist von Narzissa Malfoy, interessant." Er murmelte vor sich hin und las einige Worte laut vor. Soziales Event, auffrischen alter Bekanntschaften und knüpfen neuer Bande waren nur einige Formulierungen, die er betonte.   Kaum, dass er fertig gelesen hatte, fiel Evelyn ihm ins Wort. "Ich kann da nicht hingehen. Wieso sollte ich? So gut kenne ich Draco gar nicht." Außerdem gefiel ihr der Gedanke nicht, freiwillig zu Malfoy Manor zu spazieren. "Was soll ich da?"   "Anwesend sein", beantwortete er ihre Frage mit schlichten Worten. "Man trifft Leute und man wird gesehen. Der junge Mr Draco wird kaum im Fokus sein. Nicht nur Sie oder, und da bin ich mir sicher, Ihre Kameraden aus Slytherin werden da sein, sondern auch deren Eltern, Verwandtschaft."   Evelyn, die erkannte, worauf er hinaus wollte, griff sich mit beiden Händen ins Gesicht. "Ein Treffen der Reichen und Mächtigen: wie feudal." Und gefährlich. Die Feier würde für Evelyn zur persönlichen Schlangengrube werden.   "Ich bin sicher Sie sind für Narzissa Malfoy schon allein deshalb interessant, da sie zu Mr Dracos engerem Kreis in Hogwarts gehören."   "Sie will also wissen, mit wem sich ihr Sohn abgibt." Das war keine Frage, sondern eine Feststellung. "Großartig. Und ich schätze eine solche Einladung abzulehnen gilt als Skandal."   Ollivander verzog den Mund zu einem schiefen Grinsen. "Es wäre auf alle Fälle nicht sehr förderlich für Ihr Ansehen."   "Ansehen, als ob mich das interessieren würde", winkte sie ab, dachte aber seufzend über Ollivanders Worte nach. "Sie halten das für eine gute Idee? Dass ich zu den Malfoy gehe?" Bisher waren weder die Malfoys noch eine andere potentiell gefährliche Familie ein großes Gesprächsthema zwischen ihnen gewesen. Sie hatte jedoch mehr Protest von jemandem erwartet, der ihren Hauslehrer auf Grund seiner Vergangenheit nur durch zusammengepresste Zähne erwähnt.   "Ich fürchte Sie können sich dem nicht ganz entziehen. Als Teil des Hauses Slytherin sind Sie automatisch in den Fokus gerückt; und die Tatsache, dass sie zu meiner Familie gehören." Er stand auf und begann abzuräumen, wobei ihm Evelyn half, die leicht rot bei seinen Worten geworden war. "Sehen Sie es positiv. Die junge Miss Bulstrode wird ebenfalls dort sein, und sie wird sich ebenfalls langweilen." Ein lautes Lachen war zu hören, in das Evelyn nicht einstimmte.   "Muss ich ein Geschenk mitbringen? Er ist ein Malfoy, der hat doch alles was er braucht."   "Oh, darüber müssen Sie sich keine Gedanken machen." Sie entdeckte ein schelmisches Aufblitzen in seinen Augen, das ihr ein mulmiges Gefühl gab.   "Gibt es etwas, das ich wissen sollte?", fragte sie zögerlich.   "Es ist, wie ich gesagt habe. Es ist nicht Ihre Aufgabe ein geeignetes Präsent zu finden, sondern die meine." Seine Erklärung machte noch weniger Sinn.   "Ihre? Da ich sowieso wenig Interesse habe für Draco etwas zu kaufen, kommt mir das ganz gelegen, aber wieso ist das Ihre Aufgabe?"   Er zuckte mit den Schultern. "Es ist Tradition."   Es ist Tradition, wiederholte sie eher spöttisch in Gedanken und entschied es dabei zu belassen.   "Ich hoffe bei der Auswahl des Geschenkes sind Sie kreativer als bei mir." Leicht gekränkt verschränkt er die Arme. "Jedes meiner Kinder hat Adlereier während des ersten Jahres auf Hogwarts bekommen."   "Dann bin ich ja froh nicht nach Gryffindor sortiert worden zu sein", erwiderte sie mit weniger Spott und grinste bei dem Gedanken plötzlich einen jungen Löwen von Ollivander geschenkt zu bekommen.   Dieser griff sich schuldbewusst ans Kinn und fuhr sich über die Stoppeln seines Bartes. "In dem Fall hätte es wohl auch ein Kniesel-Kater getan."   Nach dem Gespräch mit Ollivander fühlte sie sich besser, weshalb sie zurück in ihr Zimmer ging und in ihren Sachen nach dem alten Spiegel suchte, den Millicent ihr zu Weihnachten geschenkt hatte. Bisher hatte sie ihn kaum benutzt, ihr hatte ein Anlass gefehlt, doch nun war sie neugierig darauf ihre Freundin zu sehen. Während sie versuchte den Spiegel zu aktivieren, nahm sie Paimon aus seinem neuen Terrarium, in dem er nun mehr Platz hatte, als in seiner Kugel: nicht dass er viel Platz benötigte.   Er wuchs zwar schnell, schaffte es aber nur sich drei Mal um ihre Hand zu wickeln, deren Wärme er nun genoss. Im Schneidersitz saß sie auf dem Holzboden, den Rücken an das Bettgestell gelehnt, und wartete auf eine Reaktion ihrer Freundin.   Sich mit dem Spiegel zu unterhalten war seltsam, aber er tat seine Pflicht. Lange war ihr Gespräch nicht gewesen, doch sie hatte das Wichtigste erfahren: auch sie hatte eine Einladung bekommen, also würde sie in wenigen Tagen ihre Klassenkameraden bei den Malfoys treffen.   Entgegen Ollivanders Vorahnung freute sich Millicent auf das Treffen, da es scheinbar auch für sie das erste Mal sein würde das Herrenhaus der Malfoys zu sehen. Millicent Euphorie konnte sie nicht so recht teilen, allerdings war ihr der Gedanke ein Trost vermutlich kein Topfschlagen machen zu müssen.     Drei Tage später, in denen Evelyn versucht hatte von Ollivander so viel wie möglich darüber zu erfahren, wie sie sich auf der Feier verhalten sollte, stand sie mit mulmigem Gefühl im Wohnzimmer, die Hände Schweiß gebadet, und wartete auf Ollivander. Die Einladung lag vor ihr auf dem Tisch. Laut Ollivander würde sie das Stück Papier brauchen um durch die natürlichen Barrieren des Anwesens der Familie Malfoy zu kommen. Kurz überlegte sie die Einladung einfach zu zerreißen; ohne Brief, kein Durchgang und ohne Durchgang müsste sie sich nicht an die strenge Etikette erinnern. Doch in dem Moment erschien Ollivander mit einem schmalen länglichen Holzkästchen in der Hand. Dieses wickelte er in feine Leine ein und übergab es Evelyn.   Sie wog das Paket, bei dem es sich um Dracos Geschenk handelte, in ihren Händen und hob die Augenbraue. "Ich gebe das Geschenk an Draco", wiederholte sie, was Ollivander ihr gelehrt hatte. "Mrs Malfoy wird uns in Empfang nehmen, also werde ich sie formal begrüßen. Ich spreche nicht, wenn ich nicht aufgefordert werde", nicht, dass ich das Bedürfnis hätte große Reden zu schwingen. "Keinen Raum betreten, der nicht spezifisch erlaubt für die Öffentlichkeit ist und wichtigste Regel: nicht die Pfauen anfassen."   Ollivander gluckste kurz nach ihrer letzten Bemerkung, sein Blick wurde jedoch schnell ernst. "Sind Sie sicher, dass Sie alleine gehen möchten. Ich kann mir frei nehmen und-"   "Nicht nötig", unterbrach sie ihn. "Danke, aber es reicht, wenn sich einer von uns quälen muss."   Während ihrer Gespräche war Evelyn klar geworden, wie wenig auch Ollivander von einem solchen Treffen der selbsternannten oberen Gesellschaft hielt. Als Zauberstabmacher und Mitglied eines alten Hauses war er überall hoch angesehen, und er hatte in seiner Jugend die Erziehung genossen, die ihn für ein solches Event vorbereitet hatte. Seit Jahren schon, so hatte er erzählt, mied er jedoch jegliche öffentliche Auftritte und beschränkte sich darauf seine Arbeit neutral und professionell zu erledigen.   Evelyn konnte ihn verstehen. Nach außen hin mochte der Tag heute nur eine harmlose Geburtstagsfeier sein, doch zwischen den Zeilen ging es hoch politisch zu. Aus dieser Welt hatte sich Ollivander zurück gezogen und Evelyn würde ihn nicht zwingen dort wieder zu erscheinen. Es war genug, dass sie davon heute Luft schnuppern würde.   Sie sah ihn nun kritisch von der Seite an. "Was ist denn in dem Kästchen drin?"   Während der letzten Tage war Ollivander ihr stets ausgewichen diese Frage zu beantworten, was genau sie Draco Malfoy schenken würde. "Es ist der Familie Malfoy würdig", war seine einzige Bemerkung gewesen, doch nun, da sie das Paket für Draco in Händen hielt, wollte sie es wissen.   "Ich bin sicher Sie werden es erkennen, sobald Sie es sehen", erklärte er sehr zu Evelyns Frustration, während er nach der Einladung griff. Ehe sie seine Worte begreifen konnte, hob er ihr schon die Hand entgegen.   "Bereit?"   Nicht wirklich, dachte sie, nahm dennoch Ollivanders Hand und schloss die Augen.   Zu apparieren war noch weitaus unangenehmer als mit Flohpulver zu reisen, war dafür aber auch schneller vorbei. Nichtsdestotrotz blieb die Übelkeit, und so suchte sie an Ollivanders Arm Halt, den sie auf dem weichen Boden nicht fand. "Durch die Nase atmen, das hilft", sagte er, während er ihr kurz den Kopf strich. Es half nicht und Evelyn war erleichtert das Frühstück ausfallen gelassen zu haben. Alles, was sie sah, war weißer Kieselstein, der unter ihrer Bewegung knirschte. Was sie sofort bemerkte war hingegen der fehlende Großstadtgeruch, der auch noch in der Winkelgasse trotz der dutzenden fremder Düfte noch zu vernehmen gewesen war. Die Luft hier war deutlich frischer und es roch nach frisch gemähtem Gras; und Hafer.   "Oh, Lucius Malfoy hat die Hecken größer wachsen lassen, welch ein Jammer", sagte Ollivander und veranlasste dadurch Evelyn nach oben zu sehen. Der Kiesweg, an dessen Ende sie standen, war umzäunt von einem angelegten Heckenzaun, der sie völlig überragte.   Ollivander seufzte schwer. "Ich hatte gehofft den wunderschönen Garten sehen zu können."   Da das Schwindelgefühl und damit die Übelkeit langsam nachließen, richtete sich Evelyn auf und begutachtete, wo genau sie stand. Sie musste aber feststellen, dass Ollivander nicht übertrieb: mehr als Hecke sahen sie nicht, wenn man von dem gusseisernen Tor in einigen Metern Entfernung absah.   "Hoffentlich sind wir nicht die ersten." Evelyn hatte laut gedacht, während sie sich auf das Tor zubewegten, das ihnen kaum einen Durchblick gestattete, was sich dahinter verbarg, obwohl das Tor nicht massiv war. Egal wie sehr sich Evelyn anstrengte, hinter dem Tor wollte ihre Sicht nicht scharf werden, so als ob der Fokus einer Kamera nicht richtig eingestellt war. In einem Moment glaubte sie etwas erkennen zu können, doch sobald sie sich konzentrierte, war da nur ein grober dunkler Fleck. Sogar als sie direkt davor standen und eigentlich hindurch hätten sehen müssen, lichtete sich der Nebel nicht. Aus Reflex suchte sie nach einer Klinke oder einem Schloss um das Tor zu öffnen, doch auch das fand sie nicht. Hilfesuchend schaute sie Ollivander an, der nur langsam nickte.   "Hier trennen sich unsere Wege", meinte er, die Arme vor sich gefaltet. "Vergessen Sie nicht, was ich Ihnen gesagt habe. In wenigen Stunden, haben Sie es überstanden. Ich bin gespannt, was Sie dann zu erzählen haben."   Sein Grinsen bedachte Evelyn nur mit einem spöttischen Seitenblick. "Ich dachte, es interessiert Sie nicht, was die Gesellschaft so treibt?" Ihre Worte zeigten Wirkung. Scheinbar ertappt räusperte er sich und nickte ihr eilig zu. "Wie dem auch sei. Die Rückreise werden Sie sicherlich mit Flohpulver antreten dürfen. Halten Sie sich dafür an Mrs Malfoy."   Er reichte ihr den Brief, den sie nun zusammen mit dem eingepackten Geschenk vor sich hielt und sich leicht verloren vorkam. Bevor sie noch etwas erwidern konnte, war Ollivander mit einem Plopp verschwunden und Evelyn damit völlig auf sich gestellt.   "Immer Lächeln und winken", sagte sie zu sich selbst, während sie erneut das Tor in Augenschein nahm. Nervös schaute sie nun auch über die Schulter; sie erwartete, dass Scharen an anderen Gästen hinter ihr auftauchen würden, nichts dergleichen geschah jedoch. Selbst als sie weitere Minuten vor dem Tor stand, an dem es auch nichts gab, was an eine Klingel erinnert hätte, erschienen andere Menschen.   Irgendwann realisierte sie ihren Denkfehler und fasste sich mit dem Handrücken gegen die Stirn, enttäuscht über sich selbst. "Gott, wie peinlich", flüsterte sie, wobei sie ihre Unfähigkeit das Rätsel des Eingangs zu lösen auf die Nervosität schob.   Ohne zu zögern und mit der Gewissheit, dass es funktionieren würde, lief sie auf das Gitter zu, das keinerlei Widerstand bot. Ein leichtes Kribbeln fuhr ihren Nacken entlang, als das Tor zu Nebel wurde und sie hindurch ließ. "Wirklich peinlich", sagte sie erneut, als sie endlich hinter dem Tor stand und das Bild nicht mehr verzerrt von Nebel wurde.   Der Garten, den sie nun eilig durchschritt, erstreckte sich zu jeder Seite mehrere Kilometer weit und war gesäumt mit Alleen und verschiedenen Beeten, die Evelyn kaum zu wertschätzen wusste. Die Hecken, die gerade noch jeden Blick verdeckt hatten, waren beinahe komplett verschwunden oder auf normale Größe gestutzt, jedoch fehlten bunte Elemente wie Blumen jeglicher Art. Grüne Grasflächen und verschiedene Baumformationen beherrschten das Bild. Direkt vor ihr gabelte der Kiesweg sich um einen großen mehrstöckigen Brunnen, der unablässig klares Wasser sprudelte. Im Zentrum des Geländes erhob sich ein riesiger mit spitzen Zinnen, den Evelyn schon kaum noch als "Haus" bezeichnen würde, sondern eher als Sommerresidenz eines ehemaligen Königs.   Die oberen Stockwerke waren deutlich abgetrennt mit hohen Fenstern, im Gegensatz zum Erdgeschoss, das statt großen Fenster dutzende eng anliegende kleine hatte. Fast hatte Evelyn erwartet das Gebäude unter Efeu überwachsen vorzufinden, doch der rot-weiße Backstein war vollkommen frei von jeglicher Vegetation oder Schmutz. Völlig symmetrisch erstreckte sich das Haus in jede Richtung und Evelyn zählte mindestens zwei anliegende Flügel, die in einem Achteck angebaut waren.   Hier konnten dutzende Leute leben, dachte Evelyn. Für nur drei Personen ist dieses Anwesen lächerlich groß. Mit der Hand am silber glänzenden Ring, den sie gegen die Tür schlug, überlegte sie, ob Abraxas Malfoy wohl noch lebte. Ehe sie zu genau darüber nachdenken konnte, schwang die Tür ohne ein Geräusch zu machen auf.   Strahlend blaue Augen schauten zunächst etwas verwirrt auf Evelyn herab, was jedoch nur einen Herzschlag dauerte. Narzissa Malfoy faltete die Hände vor sich und lächelte ihren Gast an. Ihre leichte Seidentunika wehte um ihre Arme, als der sanfte Zugwind ihr entgegen blies. Zwar hatte Evelyn sie bereits flüchtig am Gleis mit Draco gesehen, nun jedoch die ungeteilte Aufmerksamkeit von Narzissa Malfoy zu haben, die mit ihren streng geflochtenen Haaren und sicherem Auftreten mehr als einschüchtern wirkte, ließ Evelyns Herz höher schlagen. "Evelyn Harris, ich freue mich dich hier begrüßen zu dürfen." Ihr Blick schweifte ungeniert über Evelyns Schulter. "Alleine, wie ich sehe. Schade, ich hätte deinen Großvater zu gerne empfangen."   "Er lässt sich entschuldigen", sagte sie mit tiefem Kopfnicken, ohne aber eine weitere Begründung anzubieten. Stattdessen reichte sie Narzissa den Brief und neigte erneut den Kopf. "Vielen Dank für die Einladung, Mrs Malfoy. Darf ich um Einlass bitten mit dem Versprechen ohne böse Absichten an Ihrem Tisch zu sitzen?" Dies waren die Worte, die Ollivander ihr beigebracht hatte. Kein Händeschütteln, wie Evelyn es von ihrer eigenen Erziehung gewohnt war, sondern stattdessen alte Floskeln, die sich schwer auf ihrer Zunge anfühlten; wortwörtlich.   Mrs Malfoy lächelte und beendete den Pakt, der Evelyn nun schwer auf den Schultern lastete: "Natürlich, betritt mein Haus in Frieden mit dem Versprechen keine schlechte Behandlung zu erfahren."   Mit einem Schritt überquerte sie die Türschwelle, die ihr wie eine unsichtbare Barriere vorkam, hinein ins Herrenhaus, wo sie sofort inne hielt. Der Druck, den sie nur Sekunden gespürt hatte, war verschwunden. Down the rabbit hole.   Narzissa ging an ihr vorbei, sodass Evelyn ihr wortlos folgte. "Der Salon ist am Ende der Flur." Während ihrer Worte starrte Evelyn mit großen Augen den hohen Eingangsbereich an, der durch die schmalen Fenster kaum beleuchtet wurde. Als Flur würde sie das nicht bezeichnen.   Von überall starrten Portraits blasser Menschen auf sie herab, was Narzissa nicht zu bemerken schien. "Kanapees und Erfrischungen findest du in der Kaffestube. Zögere nicht einen unserer Hauselfen zu rufen; sie stehen dir zur Verfügung." In Gedanken wiederholte sie die Orte, die Narzissa ihr genannt hatte und damit frei zugänglich waren. Eine große Steintreppe am Ende des Flurs, die nach oben führte, lenkte sie jedoch kurz ab.   "Die Gesellschaft befindet sich im Garten. Heute ist so ein schöner Tag, den sollte man draußen verbringen." Evelyn konnte sich Narzissa in ihrer mit cremefarbenen Blumen bestickte Tunika perfekt im Garten in Mitten der Zauberer vorstellen.   "Danke, Mrs Malfoy." Zu gerne hätte sie gefragt, ob Blaise oder Millicent bereits hier waren, was sie schwer hoffte, entschied sich aber ihr weiter zu folgen. Vor ihr öffnete sich der Salon, in dem es sofort lauter wurde.   Möbel gab es keine, nur erneut eine hohe Decke, an der zwei Kronleuchter hingen und den Raum erhellten. Es roch nach süßem Wachs gemischt mit verschiedenen Speisen, die sie noch nichts sah. Was sie sah beunruhigte sie: fürstlich gekleidete Herrschaften, von denen nicht wenige sich zu ihr drehten, als sie hinter Narzissa im Salon erschien. Trotz Narzissas Ankündigung die Feier draußen abzuhalten, war der Salon gut gefüllt. Nun fühlte sie sich tatsächlich klein und unbedeutend.   "Misch dich gerne unter die Leute", meinte Narzissa fröhlich, so als ob es völlig normal wäre mit Fremden, noch dazu zweifellos einflussreichen Personen, ein Schwätzchen zu halten. "Wenn du mich suchst, ich bin draußen im Garten. Schau dich um. Draco wird sicher gleich hier sein."   Evelyn nickte stumm und sah zu, wie Narzissa sich zu den Leuten gesellte, deren schiere Anzahl Evelyn überforderte. Ein Kindergeburtstag war das wirklich nicht.   Sie hielt sich eher am Rand unter einem der hohen Gemälde und wartete darauf ein bekanntes Gesicht zu sehen. Ab und zu glaubte sie die Züge eins ihrer Schulkameraden zu erkennen. Hier waren nicht nur die Familien der Kinder aus Dracos Altersgruppe, sondern auch ältere vertreten. Nicht weit von ihr unterhielt sich eine Frau mit groben Gesichtszügen, deren breite Stirn verdächtig eine Verwandtschaft mit Marcus Flint andeutete. Die andere Dame, mit der sie in ein Gespräch verwickelt war, konnte sie nicht zu ordnen, sie hatte aber das Gefühl sie schon einmal gesehen zu haben: oder besser die Mutter eines Kindes zu erkennen, mit dem sie zur Schule ging.   "Evelyn!", hörte sie ihren Namen und stellte erleichtert fest, dass sie die Stimme kannte. Blaise lief fröhlich winkend auf sie zu, was sie sichtlich entspannen ließ.   "Ich bin so froh, dich zu sehen", sagte sie ehrlich, als er vor ihr stand, schaute dann aber irritiert zu, wie Blaise eine Verbeugung andeutete. "Was wird das, wenn es fertig ist?" Aus Angst er würde gleich nach ihrer Hand greifen, nahm sie ihre Arme hinter den Rücken.    "Pscht", meinte er nur, während er sich wieder aufrichtete und den Anzug glatt strich, in den man ihn wohl gezwängt hatte.   "Meine Mutter schaut zu." Mit dem Kopf zeigte er in die Menge, wo tatsächlich eine elegante Frau stand und Blaise beobachtete. Evelyn hatte Madam Zabini schon einmal getroffen, aber kaum mit ihr geredet.   "Ah", sagte sie nur und grinste. "Du musst den braven Sohn spielen."   Blaise rollte die Augen und stellte sich mit verschränkten Armen neben Evelyn, sodass sie gemeinsam in die Menge an Leuten schauen konnten. "Jeder spielt hier dem anderen etwas vor. Immerhein weißt du, dass ich es ehrlich meine."   "Wo ist Draco?", fragte sie ohne Umschweife. Sie wollte endlich das Geschenk loswerden. Doch Blaise zuckte nur mit den Schultern.   "Der begrüßt irgendwo irgendwen. Wie ich die Malfoys kenne vermutlich den Minister für Magie."   Evelyns Augen wurden groß. "Fudge ist hier?"   "Bestimmt", erwiderte Blaise und Evelyn schüttelte nur den Kopf.   "Sind die anderen schon da?"   "Mh, Daphne hab ich vorhin gesehen, aber die führt Astoria ein wenig herum. Vinc hängt am Rockzipfel seiner Mutter; oder wird dort gehalten von selbiger." Ein schiefes Grinsen breitete sich aus und steckte auch Evelyn an, die sich vorstellte, wie Mrs Crabbe ihren Sohn nicht aus den Augen ließ.   "Millicent? Pansy?"   "Nein, noch keinen gesehen, kommen aber bestimmt gleich." Er wandte sich an Evelyn. "Willst du etwas trinken? Ich hol dir etwas."   Evelyn nickte und sah zu, wie Blaise erneut verschwand und hoffte, dass er nicht zu lange fort sein würde. Allein seine Präsenz beruhigte sie und gab ihr etwas Halt in dieser unbekannten und – ein Gedanke den sie einfach nicht los ließ – gefährlichen Umgebung.   Sie hielten sich am Durchgang des Salon auf, sodass sie sehen würden, wenn jemand Neues zu ihnen stoßen würde. Ab und zu sahen sie Narzissa Malfoy an ihnen vorbei eilen, wobei sie ihnen jedesmal zulächelte, nur um kurze Zeit später mit neuen Gästen zu erscheinen. Narzissa wird heute Abend den Tag auch in ihren Füßen spüren.   Nicht lang nach Evelyn erschien Pansy mit ihrer Familie und gesellte sich zu ihnen. Sie wirkte nervös, wollte aber nicht darüber sprechen und suchte die Menge nach Draco ab, der sich noch immer nicht zeigte.   "Wir sind nicht wichtig genug. Nicht wenn die Hälfte des Ministeriums vertreten ist. Wer sind wir dann schon: nur seine Freunde."   "Es ist ein wichtiger Tag. Für uns alle", verteidigte Pansy, der Blaise' spöttischer Ton wohl nicht gefiel.   "Für uns alle? Ich bin wegen des Essens hier", meinte er nur und schob sie ein Lachshäppchen ganz in den Mund. "Wpfo bpfst du soscht hier?"   "Blaise, kau deinen Fisch bitte nicht in meinem Gesicht."   Tatsächlich beeilte sich Blaise mit dem Schlucken, wobei er immer wieder in die Menge schaute, vermutlich um sicher zu gehen, dass seine Mutter ihn nicht sah.   Als Daphne mit ihrer Schwester zu ihnen stieß, wuchs ihre Runde und sie begannen den vielen Grüppchen im Raum zu ähneln. Millicent erschien als letztes und stürzte sich sofort aufs Essen, welches sie nun gemeinsam mit Blaise verschlang, so elegant es mit Finger Food möglich war.   Evelyn vermutete, dass sie sicherlich über eine Stunde an Ort und Stelle standen, bis Draco, gekleidet in einem dunklen Anzug mit leicht glänzenden Fäden verwoben in den Stoff, auf sie zu kam.   "Na endlich!", begrüßte ihn Blaise mit einem groben Klopfen auf den Rücken. "Wir dachten schon, du hast uns vergessen."   "Hab ich auch", gab er ungeniert zu und trank sein Glas, welches er in Händen hielt, in einem Zug leer. "Ich bin froh, wenn der Tag vorbei ist."   "Es ist dein Tag! Genieß ihn, Geburtstagskind."   Draco starrte Blaise für seine Bemerkung nur von der Seite an. "Mein Geburtstag ist Wochen her. Das hier", mit dem leeren Glas deutete er in die Menge, "hat nichts mit mir zu tun."   "Wir sind wegen dir hier", meinte Pansy, die schüchtern den Kopf neigte, was Draco tatsächlich schmunzeln ließ.   "Ich nicht, ich will nur Essen." Blaise hatte den Satz im Scherz gesagt, doch er bekam von Evelyn trotzdem einen leichten Schlag in die Rippen mit dem Ellbogen. Sie hatte noch immer das in Leinen gepackte Kästchen in der Hand und wollte das nun endlich los werden.   "Hier", sagte sie, das Kästchen von sich streckend. "Ein Geschenk der Familie Ollivander." Auch dies waren gelernte Worte, auch wenn sie Evelyn ein wenig aufstießen. Draco nahm es glücklicherweise dankend entgegen und begann das Leinen zu öffnen. Ollivander hatte ihr gesagt, er würde die Geschenke öffentlich vor allen anderen auspacken und war daher leicht überrascht. Auch Pansy machte große Augen.   "Draco, es ist zu früh!" Scheinbar wollte sie ihn an das Protokoll erinnern. Seufzend hielt er inne und rieb sich die Augen. "Danke, Harris", sagte er schließlich und drehte sich zu der Gesellschaft. "Ich muss gehen. Vater meinte, er erwartet mich auf der Veranda. Irgendein Geschäftspartner ist wohl gerade angekommen. Ich durfte mir nur etwas zu trinken holen."   Er wirkte erschöpft und Evelyn bekam Mitleid mit dem Malfoy Erben, der wohl kaum etwas von seinem Ehrentag hatte.   "Macht nichts, wir sind hier und warten. Goyle ist noch gar nicht da und Crabbe ... nun ich denke seine Mutter wird ihn irgendwann gehen lassen."   Draco nickte, wandte sich dann aber erneut, diesmal mit neutraler Miene, an sie. "Schön , dass ihr heute da seid. Ich freue mich sehr." Er hielt kurz inne. "Das ist das erste Mal, dass ich diesen Satz auch meine." Mit diesen Worten drehte er sich auf dem Absatz und verschwand.   "Sollen wir uns ein wenig die Füße vertreten?", meinte Millicent, nachdem Draco verschwunden war. Auch Evelyn hatte den Drang sich zu bewegen.   "Gehen wir in den Garten", schlug sie vor und die Gruppe setzte sich in Bewegung. Sie redeten nicht viel, nur das nötigste. Astoria hielt sich an Daphnes Hand fest und folgte ihr stumm nach draußen, wo sie ein großer Garten mit Sitzgelegenheiten und Erfrischungen begrüßte; und eine weitere Menge an Leuten.   Sie entfernten sich ein wenig vom Getümmel und dem draußen vorherrschenden Rauchgeruch, der Evelyn in die Nase kroch und ihre Fingerspitzen kribbeln ließ. Die Mehrheit rauchte hier Pfeifen und Zigarren unter riesigen schwebenden Schirmen, die sie von der gnadenlosen Sonne schützten. Auch als sie einige Meter entfernt waren, trieb der Wind den süßen Geruch brennender Zigarren zu den Kindern und zu Evelyn, deren Mund nun ganz wässrig wurde.   Sie suchten sich ein weites Plätzchen umringt von der niedrigen Hecke und eines einsamen zurechtgestutzten Baumes, wo sie sich im Gras niederließen. Evelyn kümmerte sich nicht um mögliche Flecken, genauso wie Blaise und Millicent. Doch Daphne, und erstaunlicherweise Pansy, zogen es vor zu stehen.   "Was ist los? Soll euer hübsches Kleidchen nicht schmutzig werden? Ihr werdet da noch eine Weile stehen", sagte Blaise, der sich bereits längs in Gras gelegt hatte und sich die Sonne ins Gesicht scheinen ließ.   "Sei still", stieß Pansy aus und zupfte erneut an ihrem hellen Kleid, was ihre dunklen Haare nur umso stärker hervorhob. Evelyn fiel auf, dass Pansy sich wirklich zurecht gemacht hatte.   "Du siehst hübsch aus", bemerkte sie, was Pansy leicht rosa anlaufen ließ.   Sie verbrachten die meiste Zeit draußen, wobei auch Daphne und Pansy sich irgendwann ins Gras setzten, wobei Goyle, nachdem auch er zu ihnen gestoßen war, losgeschickt worden war um ein Polster zu organisieren, das er nicht fand. Frustriert hatte Daphne nach einem Hauself gerufen, der sofort vor ihnen allen erschien.   Evelyn schaute in die großen Augen der schmalen Kreatur und lehnte sich ein wenig zurück, sich hinter Blaise versteckend. "Was kann Dobby für die jungen Herrschaften tun? Dobby ist heute für Sie alle Ihr Diener."   "Eine Decke", meinte Daphne grob und schickte ihn ohne ein weiteres Wort der Erklärung fort. Trotz der spärlichen Befehle, brachte Dobby nach nur wenigen Sekunden genau das, was sie benötigten.   Niemand sagte Danke, also blieb auch Evelyn stumm und half stattdessen die Decke auszubreiten, während Dobby mit einer tiefen Verbeugung in einem Plop verschwand.   Evelyn hatte kein Zeitgefühl und beobachtete nur, wie die Sonne sich zäh über ihnen bewegte. Ab und zu kam einer der Erwachsenen vorbei und stellte die üblichen Fragen. "Wie geht es euch?" "Wisst ihr, wo eure Eltern sind?" "Wie gefällt es euch auf Hogwarts." Sie alle kannten sich und die wenigsten beachteten Evelyn, die im Gegensatz zu ihren Klassenkameraden völlig neu auf solchen Veranstaltungen war. Auch Narzissa schaute das ein oder andere Mal vorbei und fragte nach ihrem Befinden. Jedes Mal verschwand sie, jedoch nicht ohne eine Platte mit Getränken und verschiedenen Speisen bei ihnen zu lassen. Verhungern würde im Hause Malfoy niemand.   Als Narzissa erneut auf sie zu ging, hatte sie jedoch ein Pärchen dabei, welches selbst von weitem für die Gruppe deutlich hörbar lachte.   "Das ist sie", meinte Narzissa schließlich und deutete zu Evelyns Schock direkt auf sie. Ihre Gliedmaßen versteiften sich und erst Blaise Räuspern weckte in ihr den Gedanken, sich zu erheben.   Das Paar neben Narzissa betrachtete Evelyn nun neugierig. "Wie war dein Name, Kind?"   "Harris, Evelyn", antwortete sie und war überrascht nicht zu stottern.   "Harris", die Frau wiederholte den Namen langsam und tauschte einen stummen Blick mit dem Mann neben ihr aus. "Enkelin von Ollivander. Ist das richtig?"   Ihr gefielen die Fragen nicht. "Ja, Ma'am. A-adoptiert. Sein Sohn hat mich adoptiert."   "Gordon, ja, davon habe ich gehört. Wie alt bist du, Kind?"   Sowohl Blaise als auch Millicent sahen sich irritiert an, ehe sie dem Gespräch weiter stumm zuhörten. "Zwölf, Ma'am", antwortete sie knapp, was die Frau nicken ließ. Eine peinliche Stille entstand, die Narzissa schließlich durchbrach.   "Evelyn, das sind Ford und Haley Fawley." Evelyn glaubte jede Farbe zu verlieren. Sie nickte langsam, brachte aber keinen Ton zustande, weshalb Narzissa fortfuhr. "Haley hier ist Hector Fawleys Tochter. Die dritte Tochter, oder Liebes?"   "Offiziell ja", beantwortete Haley Narzissas Frage mit einem Winken ihrer Finger. "Wer weiß das schon." Sie hielt Evelyn ihre schmale Hand entgegen, die sie zögerlich nahm. "Schön dich zu treffen, Evelyn. Narzissa hat mir erzählt, dass wir wohl verwandt sind."   "Ja", sagte Evelyn mit hoher Stimme und zog rasch ihre Hand zurück, damit Haley ihr klopfendes Herz nicht durch die Berührung spürte.   "Nun, Draco berichtete mir von ihr", erklärte Narzissa nun an Haley gewandt. "Gordon und seine Frau haben sie adoptiert, nachdem ihre Eltern gestorben sind." Beide sahen Evelyn nun mitleidig an, fuhren aber bald mit ihrem Gespräch fort. "Ihr Vater, es war doch dein Vater, oder Kind?"   Sie nickte, wobei sie sich selbst in diesem Moment nicht mehr sicher war, wer ihrer vermeintlichen Eltern zur Familie Fawley gehörte.   "Ihr Vater war wohl das Ergebnis einer Affäre deines Vaters." Narzissa sagte den Satz, ohne brüskiert oder überrascht zu sein.   "Ein Bruder, also. Nun, Halbbruder. Schade ich hätte ihn gerne kennen gelernt." Haley schaute Evelyn nun freundlich an. "Ich habe das Gefühl, als wüchse meine Familie mit jedem Jahr. Ich habe schon lange den Überblick verloren. Mein Sohn, Richard, ist nur ein wenig älter als du. Ich bin sicher, er würde dich ebenfalls gerne kennen lernen." Großartig, dachte Evelyn ironisch, noch immer still lächelnd.   Ford, der bisher auffällig still war, trat nach vorne. "Und du wohnst jetzt bei Garrick Ollivander. Beeindruckend." Ihr gefiel nicht, wie er Ollivanders Namen betonte.   "Ich hatte ihn eingeladen, doch leider konnte er nicht kommen."   "Bedauerlich. Wenn auch nicht überraschend. Normalerweise bleibt er gerne unter sich. Umso erstaunlicher, dass er die junge Evelyn hier bei sich aufgenommen hat. Kurios, wirklich kurios." Seine grauen Augen betrachteten Evelyn noch einige Sekunden, bis er sich an Haley wandte. "Glückwunsch zur Nichte." Evelyn schluckte. Ford, vermutlich Haleys Ehemann, schien die Geschichte nicht völlig zu glauben. Haley hingegen wirkte munter und fröhlich darüber ein weiteres Familienmitglied zu haben.   "Besuch uns doch in Zukunft, Evelyn. Dann kannst du mit auch gerne mehr über meinen Bruder erzählen." Evelyn nickte. Ganz sicher nicht. Mit einem letzten Gruß an die wartenden Kinder, verschwanden sie zurück zur Gesellschaft.   "Nett, deine Tante."   Evelyn drehte sich seufzend zu Blaise. "Sie ist nicht meine Tante. Ich meine, ja ist sie, aber ich kenne sie nicht und werde sie nicht Tante nennen."   Millicent grinste und schüttelte den Kopf. "Willkommen in der Gesellschaft." Auch die anderen grinsten und Evelyn verstand, dass sie alle wohl mit beinahe jedem hier irgendwie verwandt waren.   "Sei froh, dass du nicht offiziell Fawley heißt", sagte Daphne als sie sah, wie nahe Evelyn dieses Treffen gegangen war. "Sie würden dich nicht mehr aus den Augen lassen. So bist du eher Ollivanders Problem, als ihres."   Müde und erschöpft ließ sich Evelyn wieder auf der Decke nieder und fragte sich, wie die Kinder der Reinblüter dieses Leben in der Öffentlichkeit nur aushielten. Auch sie haben ihr eigenes Packet zu tragen.   Irgendwann kam Bewegung in die schwatzende Menge an Leuten, was auch die Neugier der Kinder weckte. "Geschenkübergabe", sagte Pansy beinahe ehrfürchtig und zupfte erneut an ihrem Kleid, bevor sie sich zurück zu den Erwachsenen begaben.   Ein langer Tisch war auf der Veranda aufgebaut, auf denen gar nicht so viele Geschenke lagen, wie Evelyn vermutet hatte. Sie entdeckte auch das Holzkästchen, wobei ihre Augen von einem hochgewachsenen Mann angezogen wurde, der neben Narzissa stand, den Gehstock locker neben sich auf dem Boden. Lucius Malfoy hatte seine langen Haare mit einer feinen Kette zurück gebunden und hatte seine zweite Hand auf Dracos Schulter gelegt.   "Meine Freunde", sprach er, als alle versammelt waren. "Ich freue mich, euch hier alle zu sehen und bin geehrt über die Freundlichkeit, die ihr meiner Familie zuteilwerden lässt. Draco", er machte eine kurze Pause, in der Draco einen kleinen Schritt nach vorne machte, "wird nun eure Geschenke entgegen nehmen."   Evelyn hätte Klatschen erwartet, doch stattdessen blieben alle still und schauten zu, wie Draco das erste Geschenk vom Tisch nahm. Lucius blieb an Ort und Stelle stehen, während Narzissa sich neben Draco stellte und leise flüsterte. "Familie Travers, ich danke Ihnen", meinte er und öffnete vorsichtig die Box. Er präsentierte einige polierte Knochen, auf denen Evelyn Zeichen erkannte.   "Natürlich, ein Runenset", sagte Millicent leise, als ob sie damit gerechnet hätte.   "Familie Rowle, ich danke Ihnen." Dieses Mal zeigte er eine verzierte Büchse, zu der niemand etwas erklärte. Ein Geschenk nach dem anderen wurde präsentiert, ab und zu gab es bewundernswerte Worte. Es dauerte einige Zeit bis Evelyn begriff, was die Natur der Geschenke war. Ein wertvoller Hinweis war die Sammlung alter Zaubersprüche von der Familie Zabini.   "Wissen", sagte sie leise. "Die Familien schenken ihm Wissen." Millicent, die sie gehört hatte, nickte. "Altes Wissen. Natürlich nicht die Familiengeheimnisse", sagte sie Augenzwinkernd und wandte sich wieder interessiert den Geschenken zu.   "Familie Ollivander, ich danke Ihnen", meinte Draco plötzlich und Evelyn fing seinen Blick auf; als einzige, die von der Familie Ollivander anwesend war. Er präsentierte einen groben Stock, den Evelyn als eher nutzlos ansah. Doch einige neben ihr staunten.   "Englische Eiche, sehr wertvoll."   Draco nickte ihr zu, ehe er fortfuhr.   "Schönes Geschenk", sagte Blaise anerkennend, wobei Evelyn zugeben musste, dass sie nicht viel verstand.   "Jetzt bin ich dran", flüsterte Pansy und in der Tat griff Draco nun nach einem hohen Gefäß.   "Familie Parkinson, ich danke Ihnen." Innerhalb weniger Sekunden präsentierte er ein hohes Kristallgefäß, das bis oben hin mit schwarzer Erde gefüllt war. Narzissa atmete hörbar ein und auch viele der Anwesenden drehten sich nun zu Pansy oder ihren Eltern um, die alle den Blicken der Anwesenden stand hielten.   "Pansy", sagte Daphne schockiert. "War das deine Idee?"   Erneut fühlte sich Evelyn verloren und war überfordert mit dem plötzlichen Stimmungswandel. Doch obwohl sie nichts verstand spürte sie, dass Pansys Geschenk entweder eine Beleidigung oder aber eine Herausforderung irgendwelcher Art war.   "Blaise?", fragte sie ihn und sah, dass sogar ihm nicht zum Lachen zumute war. "Was bedeutet das?"   "Die Parkinsons", begann er langsam, "bieten Draco Pansys Hand an." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)