Track or Treat. von Usagi_Jigokumimi (Auf deiner Spur?) ================================================================================ Kapitel 12: Freitagsdate ------------------------ ‘And you and me We're gonna be The best they've ever seen Your sweet disaster And when all is said and done (You'll find us singing) La Da Da Da Da Da Da And when all is said and done You'll find us in love‘ ~ World War Me, „Mr. Misery“ (2017) Nathalies Worte hingen mir nach, doch ich konnte nichts mehr dazu sagen, den Mom und Dad stiegen jetzt ins Auto. Wir fuhren zu dem Krankenhaus, in dem Mom arbeitete und Dad meinte die ganze Fahrt über, dass er stolz auf mich wäre und dass das eine geniale Aktion war und dass das genau das Verhalten ist, mit denen man Scouts für die Unis beeindruckte. „Irgendwann ist auch mal gut, Schatz!“, meinte Mom nach einer Weile, weil ich den Kopf gegen die Fensterscheibe presste und versuchte alles, meine Familie vor allem, zu ignorieren. Was nicht nur an Dad lag, oder das mein Knie Scheiße weh tat, oder Nathalie die ganze Zeit so einen bestimmten Blick hatte, na gut, es lag an Nathalie und ihrem bestimmten Blick und ihren Mist, den sie davor gesagt hatte. Mein Kopf raste wegen der Sache mit Vins und dem, was Nathalie gesehen haben wollte oder eben nicht gesehen haben wollte zwischen ihm und Kim. Kurz überlegte ich, ob Nathalie mich damit nur ärgern hatte wollen, vielleicht war ich eins ihrer psychologischen Experimente oder so. Zuzutrauen war es ihr… Tatsächlich war ich mir ziemlich sicher, dass Nathalie wusste, dass ich schwul bin. Ich hatte es ihr nie gesagt, Gott bewahre, und sie hatte es auch nie erwähnt oder gar gefragt, doch sie wusste es. Sie konnte wirklich besser beobachten als jeder andere Mensch, den ich kannte und manchmal war ich einfach zu offensichtlich. In der Phase, in der ich in Miguel verschossen war, hatte sie noch zu Hause gewohnt. Aber warum sollte Vins so sein, wie sie gesagt hatte? Weil er vielleicht doch, auf mich stand, wäre eine Möglichkeit, wenn auch sehr zweifelhaft. Warum sollte sie sich das aber auch Ausdenken? Weil sie manipulativ ist, war die Antwort auf diese Frage, was sehr viel wahrscheinlicher war. Ich versuchte selbst, Vins Verhalten objektiv zu betrachten, was nicht wirklich funktionierte. Wenn man mein Verhalten aufmerksam beobachtete, kam man eindeutig zu dem Schluss, dass ich verliebt war und da alle immer die Heteroversion als erstes annahmen, war ich in deren Augen in Kim verschossen. Natürlich wurde meine Freundschaft mit Vins irgendwie verwirrt beäugt, aber keiner käme dadurch zu dem Schluss, dass ich eigentlich in ihn verschossen war. Hoffte ich zumindest! Aber Vins… Er und Kim stritten sich viel weniger, seitdem wir befreundet waren. Das war ein Fakt! Und wir machten jetzt Sachen in der Gruppe, also nicht nur ich und er und Kim, sondern wir alle zusammen. Wahrscheinlich lag es daran, dass er jetzt so entspannt war. Er war nicht mehr außen vor bei Kims Freunden und ich stellte keine Bedrohung mehr da. Aber hatte er mich wirklich je als Rivalen gesehen? Wahrscheinlich… Doch der Zug war jetzt mehr als abgefahren, nach meinen ganzen peinlich überemotinalen und verweichlichten Aktionen, würde ich mich auch nicht als Konkurrenz sehen. Er hatte mich wie eine Jungfer in Nöten zum Auto getragen, er sah seine Männlichkeit definitiv nicht durch mich bedroht. Und was war jetzt mit seinem anderen Verhalten? Er hatte mich wie eine Jungfer in Nöten getragen, was irgendwie nicht so unter der Kumpelkategorie lag. Hätte Bob mich so getragen oder ich Bob, wenn es notwendig gewesen wäre? Nein, definitiv nicht. Naja, vielleicht. Klar hätte ich ihn nicht alleine stehen lassen, aber das war etwas zu viel des Guten gewesen. Irgendwie. Aber irgendwie auch nicht. Es war schön, irgendwie. Gott, ich war gerade sehr schwul! Entschieden rieb ich mir übers Gesicht. Zurück zum Wesentlichen. Vins war im Allgemeinen schon ziemlich beschützend. Oder war es einfach, weil er sonst keine richtigen Freunde hatte? Kurz schwangen meine Gedanken zu Sam und den anderen mit denen er erst abgehangen hatte. Waren das seine Freunde? Was war mit Freunden von Schulen davor, gab es jemanden? Kim hatte nie was gesagt, oder angedeutet, dass sie sich mal mit seinen Freunden treffen würden. Und Vins hatte erst recht nichts gesagt, aber das hieß wiederum nicht viel, weil der Bengel nur sprach, wenn er Blödsinn verzapfen konnte. Ich seufzte. An dem Tag, als Sam und die anderen den Unfall hatten, war Vins auch den ganzen Vormittag nicht in der Schule gewesen. Mein Innerstes verkrampft unwillkürlich. Hatten sie etwas zusammen gemacht? Hatten sie zusammen rumgehangen? Warum war er dann nicht mit im Auto gewesen? Ein kalter Schauder lief mir den Rücken lang runter, der Gedanke Vins wäre mit bei dem Unfall… Nein! Einfach Nein! Ich konzentrierte mich lieber wieder auf Vins und dessen rätselhaftes Verhalten, das ich einfach nicht deuten konnte. Wir verbrachten viel Zeit zusammen, schrieben oft, häufig legte er den Arm um mich oder zerwühlte meine Haare. Kim machte das bei mir jedoch auch ständig, und sie war eindeutig nicht in mich verliebt, also vielleicht dachte er, so ging man mit mir um… Wie einen Hund, denn man streichelte, wenn er da war. Nathalie legte den Kopf fragend schräg, als ich sie unschlüssig ansah, doch ich sagte nichts und starrte lieber weiter frustriert aus dem Fenster. Im Krankenhaus angekommen, ging alles ein bisschen schneller als für normale Patienten, weil Mom natürlich alle kannten und liebten. Die müssten ja auch nicht mit ihr zusammenwohnen. Viel Ärzte forderten für große OPs Mom an, sie würde Glück bringen, was Dad sofort unterschrieb, der Trottel. Ich musste schließlich erst einmal ins MRT und zum Röntgen und lag dann ohne Hose in einem Untersuchungszimmer. Dad spielte sich an den Rollos eins zurecht, während Nathalie irgendwelche Informationsblätter las und mit einem Kugelschreiber schwach formulierte Sätze markierte und Verbesserungsvorschläge vermerkte. Mom stand die ganze Zeit draußen am Empfangsbereich und lästerte mit den diensthabenden Schwestern. Schließlich wurde mein Bein vom Oberarzt persönlich aus der entsprechenden Abteilung begutachtet und es gab Entwarnung. Das Knie war tatsächlich nur überdehnt und mit viel kühlen, einer Handvoll Schmerztabletten und vor allem Ruhe würde das schon wieder werden. Ich sollte die nächsten beiden Wochen jedoch definitiv aufs Training verzichten, diese Anweisung würde ich, wenn es hochkam eine Woche durchhalten. Das wusste auch Mom, auch wenn es ihr nicht gefiel. Der Arzt verabschiedete sich von Mom und Dad, zwinkerte Nathalie viel zu auffällig zu und nannte mich dann Tiger, bevor er ging. Als ich wieder ins Auto gehinkt war, schrieb ich meinen Freunden, dass es mir gut ging und nichts durch- oder angerissen war. Und schließlich zog ich den kleinen Zettel hervor und schrieb auch Alex, oder wie er auch immer heiße mochte, vom gegnerischen Team. Es vibrierte ein paar Mal und alle schienen erleichtert und, es wurde mir angeraten, dem nächst auf so was zu verzichten, langsam übertrieb ich. Ich stimmte ihnen dazu. Schließlich antwortete mir auch Alex. „Das freut mich zuhören! Dein Sturz sah echt böse aus!“ Gerade als ich eine Antwort zu tippen begonnen hatte, ob sie noch auf dem Heimweg oder schon wieder bei sich wären, kam noch ein Text von ihm: „Ich hoffe, du hast wegen mir auch keinen Streit mit deinem Freund, ich wollte nur behilflich sein!“ „Freund?“, war das Einzige, das ich zurückschrieb. Meinte er etwa Vins? „Ja, der Schwarzhaarige mit der Sonnbrille, ihr seid doch zusammen oder?“ Völlig perplex sah ich auf die Nachricht, Panik, Scham und ein kleiner Funken Wunschdenken explodierten in mir und sprang in jede Ecke meines Seins. Das konnte doch jetzt nicht sein ernst sein?! „Wie gesagt, ich wollte ihn nicht eifersüchtig machen oder so, ich wollte dir nur helfen!“ „Wie kommst du darauf, dass wir ein Paar sind?“ „Seid ihr das etwa nicht? Und ist voll okay, musst dir da jetzt keine Platte machen. Der Bruder meiner Mutter ist auch schwul. Ich habe zwei echt coole Onkel dadurch.“ „Wir sind kein Paar! Echt nicht! Er ist der Freund meiner besten Freundin, die mit den Shorts!“ Eine Weile kam nichts zurück. Wie konnte er denken, dass ich und Vins, na ja, dass da was war? Hatte ich ihn so offensichtlich angehimmelt, oder… Und was meinte er damit, dass er Vins nicht eifersüchtig machen wollte? Es vibrierte in meiner Hand, ich erwartete die nächste Nachricht von Alex, doch sie kam von Vins: „Heißt das, ich muss dich durch die Schule tragen oder nicht?“ Ich wusste selber, dass ich dümmlich grinste, als ich eine Antwort tippte, was Nathalie mit einem entschiedenen Blick kommentierte, den ich jedoch versucht erhaben ignorierte. Gerade als ich die Antwort fertig hatte, dass er gerne zehn Schritte hinter mir herlaufen dürfte und meine Tasche tragen könnte, kam die Antwort von Alex. „Oh, sorry und komisch. Ich und das Team hätten schwören können, dass ihr zusammen seid.“ „Ich kann verstehen, dass dieser Alex das denkt!“, kam es von Nathalie plötzlich, die auf mein Handy schielte. „Liest du meine Nachrichten mit!“ „Wenn du dein Handy so hältst, das ich mitlesen kann, bist du selber schuld!“ „Ich fass es nicht! Bist du den nicht immer die erste, die wegen Datenschutz und Privatsphäre rum heult!?“ „Ich bin nicht die NSA, sondern eine besorgte Schwester! Selbst ich sehe in Gefahrensituation die Notwendigkeit einer kontrollierten Überwachung!“ „Schwachsinn! Welche Gefahrensituation ist den bitte hier im Auto!“ „Du bist ein Teenager, das alleine reicht und du bist recht begrenzt in deinen mentalen Stärken, das kommt noch hinzu!“ „Oh mein Gott! Du bist so ein Scheiß Psycho-Freak und nur zwei Jahre älter, was soll also der Mist!“ „Oscar, kein Gefluche!“, tadelte mich nun Mom, „Und Nathalie, respektiere die Privatsphäre deines Bruders und beleidige ihn nicht mit schlaueren Wörtern, ich krieg das trotzdem mit!“ „Es ist so wunderschön, wenn beide Kinder wieder zu Hause sind!“, meinte Dad glücklich hinter dem Lenkrad, während Nathalie und ich uns weiter stritten. Die nächste Woche verging wie im Flug. Nur ich konnte einfach nicht Nathalies und Alex Worte vergessen. Erst später wurde mir klar, dass ich gegenüber Alex nur verneint hatte mit Vins zusammen zu sein, aber nicht, dass ich nicht schwul sein könnte. Doch das schien ihn nicht weiter zu interessieren, oder war es das, was ihn an mir interessierte? Wir schreiben ab und an die Woche, besser gesagt, er schrieb mich an. Er war ein ulkiger Typ, wirklich witzig. Ich verlor sogar etwas scheu und einmal schrieben wir über eine Liste von Promis, die man flachlegen würde, wenn man könnte und er konnte meine Wahl von Orlando Bloom nachvollziehen. Die ganze Zeit fragte ich mich, ob er vielleicht auch schwul wäre… Ich wusste auch nicht wirklich, was ich mit der Info anfangen sollte, wenn er es wäre. Besonders, da ich eigentlich auf Vins stand. Alex, ja er heiß wirklich so, war heiß keine Frage und Vins war schließlich mit meiner besten Freundin zusammen und definitiv schwierig, aber Alex, war nun mal nicht Vins. Nathalies permanent wissender Blick, wenn mein Handy bimmelte und Vins oder Alex mir geschrieben hatte, nervte mich extrem, aber es gefiel mir verflucht, mal das Gefühl zu haben, irgendwie mit Menschen privat zu interagieren, die man heiß fand. Auch wenn ich zu dumm fürs wirklich flirten war und auch zu viel Schiss hatte, das einer von beiden checken würde, dass ich tatsächlich flirten würde. Eigentlich war diese ganze Überlegung aber auch völlig überflüssig. Vins war definitiv nicht schwul und bei Alex hatte ich nur Vermutungen, schließlich war man nicht gleich selbst schwul, nur weil es der Onkel war. Wahrscheinlich setzte mein Teenie- Hirn nur irgendwelche Endorphine frei, wegen zu viel Körperkontakt mit dem Menschen, in den ich verliebt war und weil ein eindeutig sehr männlicher und hübscher Typ von einer anderen Schule nicht „Igitt!“, gerufen hatte, als er erfahren hatte, dass ich Penisse mag. „Mit wem schreibst du eigentlich die ganze Zeit?“, fragte mich am Freitag Kim gerade, als Alex mir ein Bild seiner neuen Laufschuhe geschickt hatte, sie versuchte auf mein Handy zu gucken, doch ich zog es von ihr Weg. „Sei nicht so neugierig… Ey!“ Bevor ich mich wehren konnte, hatte mir Vins grinsend das Telefon abgenommen und sah auf den Bildschirm. Sein Grinsen verfolg so schnell, wie es gekommen war. „Alex?“, er sprach den Namen so aus, wie ich Arschloch sagen würde, wahrscheinlich war das für ihn gerade ein Synonym. „Alex? Wer ist Alex, kenn ich sie… oder?“, Kim sah verwirrt von mir zu Vins. „Warte!“, Leonie spitze die Ohren, „Hieß so nicht der süße Typ vom Wochenende?“ „Ja, genau der!“, und ich nahm Vins mein Telefon wieder weg, „Und wir schreiben ein bisschen seit Samstag…“ „Warum?“, fragte Vins, bildete ich mir das nur ein oder wirkte er pissig? „Du hast seine Nummer? Warum sagst du nichts?“ „Er hat nach dem Lauf mir seine Nummer gegeben, damit ich ihm wegen meinem Knie Bescheid geben kann… Und warum sollte ich das erzählen? Es ist ja jetzt nichts Besonderes!“ „Was schreibt ihr so? Hat er wegen mir gefragt? Uh, kommt er zu deinem Geburtstag? Hast du ihn nach mir gefragt? Frag ihn nach mir, aber beschreib mich neutral, dass er dann sagen kann, dass ich süß bin!“, Leonie krabbelte halb über den Tisch und in mein Handy so aufgeregt war sie. „Nein, ich hab dich nicht erwähnt und er kommt auch nicht zu meinem Geburtstag! Warum sollte er auch? Er hat mir gerade ein Bild zu seinen neuen Laufschuhen geschickt, mehr ist das nicht… Und was, wenn er denkt, ich beschreibe dann Ruth? Oder weiß nicht, wer von euch beiden wer ist, wegen Zwillinge?“ „Du bist ein grausamer, grausamer Mensch! Wie deine Schwester!“, tragisch sackte Leonie wieder auf ihren Platz, ich schnaubte entschieden. Kim gluckste in ihren Salat. Sie hielt seit Samstag unnötigerweise Diät. „Warum schickt er dir ein Bild von seinen Schuhen?“, fragte Vins, er ließ Kims Hand los und verschränkte die Arme. Er wirkte damit so trotzig, wie ein kleines Kind. „Weil er meine Meinung wissen wollte…“, die Antwort war doch sehr offensichtlich. „Neue Laufschuhe helfen ihm auch nicht mehr!“, knurrte Vins darauf und ich verdrehte die Augen. „Er ist ein ziemlich guter Läufer, nur sein Vorläufer hat den Stab unsauber übergeben!“ „Ich weiß irgendwie gerade gar nicht, wenn ihr meint…“, kam es nun von Ruth und Leonie sah ihre Schwester an, als würde sie Schweine Pupsen. „Wie kannst du so ‘nen heißen Typen übersehen?“ Ruth zuckte mit den Schultern, doch ich glaubte, dass sie kurz rüber zu Bob sah. Hatte ich was verpasst? Vins lachte neben mir gehässig. „Also kannst du ihm jetzt wegen mir schreiben?“, wand sie Leonie wieder an mich und ich verdrehte die Augen. „Ja, von mir aus…“ „Danke, danke, danke, danke, danke! Damit hast du dir sein Geburtstagsgeschenk auch verdient morgen!“ „Ja, ja…“, unschlüssig was ich schreiben sollte, tippte ich eine Nachricht an Alex. „Hey, mal was anderes, erinnerst du dich vielleicht an meine eine Freundin, die bei mir stand am Samstag? Geflochtene Haare und rote Bluse?“ Alex Antwort kam schneller als gedacht. „Du meinst die niedlich Schwarze?“ „Ja genau!“, meinte ich und versuchte, nicht ein enttäuschtes Gefühl in mir aufschwappen zu lassen. Er mochte also doch Frauen. „Sie findet dich heiß, ums mal direkt zusagen. Wärst du interessiert?“, ich war noch nie sonderlich taktvoll bei solchen Sachen. „Sehr subtil!“, kam es belustigt zurück. „Sie sieht gut aus, ja, aber momentan bin ich aus eindeutigen Gründen nicht an neuen Kontakten interessiert!“ Ich war aber auch ein Trottel, natürlich hatte ein Typ wie Alex eine Freundin! „Er ist vergeben!“, sagte ich zu Leonie, die enttäuscht die Schultern hängen ließ, „Aber er findet dich auf jeden Fall süß!“, versuchte ich die Enttäuschung, zu dämpfen. „Hätte ich mir ja denken können, dass du schon vergeben bist!“, schrieb ich nun zurück. „Das hab ich nicht gesagt, nur ich versuche gerade mit wem anders an zu bandeln, und zweigleisig bin ich nicht der Typ für.“ „Achso, löbliche Einstellung!“, meinte ich mit einem zwinkernden Smiley. „Ja, auch wenn ich nicht sonderlich weiß, ob meine Versuche fruchten…“ Ich runzelte die Stirn, ich konnte mir nur schwerlich vorstellen, dass er Probleme dabei haben könnte zu flirten, geschweige den seinen Schwarm zu überzeugen. Kim und Nathalie hatten sich ja fast nass gemacht, nun gut… Ruth nicht. War er in eine Art Ruth verschossen? „Du bist ein Hauptgewinn! Heiß und intelligent! Spiel deinen Charme aus, und dann wird das!“, entschieden machte ich ihm Mut. Er antwortete nicht gleich, sodass wir aufaßen und Vins meinte, er würde noch Eine rauchen gehen. Spontan, na ja, ziemlich berechnend, entschied ich, mit zu gehen. Wir blödelten im Gang rum, Vins schubbte mich leicht, was mich fast zum Hinfallen brachte, weil mein Knie, das etwas unerwartet traf. Schnell hielt er mich fest und wir mussten beide lachen. Mit seinem Arm um meine Schultern liefen wir ein Stück über den Schulhof und in einer geschützten Ecke, zog er jetzt seine Kippen hervor. Mein Handy vibrierte: „Ich glaube, das zieht einfach nicht, ich hab wirklich alles versucht!“ „Dann sei direkt! Geh auf Angriff, und wenn es dann nicht ist, weißt du wenigstens, woran du bist!“ Eigentlich tragisch was für Ratschläge ich anderen gab, obwohl ich mich selber nie dranhalten würde. Vins lächelte sein schmales Lächeln und ich zog den Rauch seiner Zigarette etwas zu genießerisch ein. Erneut vibrierte es in meiner Hand. „Ich denke, ich werde es versuchen!“, hieß es jetzt von Alex. Bevor ich meine Nachricht zu Ende tippen konnte, in der ich ihm erneut Mut machen wollte, kam von ihm: „Ich steh auf dich, Oscar!“ „Oh!“, sagte ich laut und sah völlig entsetzt auf mein Handy. „Alles okay?“, Vins grünen Augen brannten sich mal wieder in meine. Leer sah ich zurück, sah wieder auf mein Handy und sah dann wieder auf den Scheiß Bengel vor mir, in den ich eigentlich verliebt war. Warum waren da plötzlich Schmetterlinge in meinem Bauch? „Oscar?“, Vins kam einen Schritt auf mich zu, einen leicht besorgten Ausdruck auf dem Gesicht, „Alles gut?“ „Ja!“, meine Stimme brach weg also räusperte ich mich schnell, „Ja, nur Nathalie! Sie will ‘nen Protestmarsch starten!“, log ich und Vins gluckste. „Das Weib hat wirklich keine Schraube mehr fest!“, er drehte seine Kippe leicht zwischen den Fingern, das Handy in meiner Hand schien zu glühen, „Gegen was will sie den protestieren?“ „Ähm… Gegen Nichts!“ Verwirrt zog Vins nur eine Augenbraue hoch, Gott war das heiß! Entschieden schüttelte ich den Kopf. „Also, sie will einfach sich mit ‘nem DAGEGEN- Schild irgendwo hinstellen und gucken, wie viele Menschen dazu kommen und gegen was sie sind!“ „Das…“, setzte Vins an, „Das ist irgendwie absurd und clever zu gleich!“ Er aschte auf den Boden. „Verdammt, ich glaube, ich würde mich da glatt mit hinstellen!“ Ich lachte und sah noch mal auf mein Handy, mehr hatte Alex nichts weiter geschrieben. Wie zum Henker konnte er mir einfach so was schreiben? Das… Das ging doch nicht… Wenn ich gewusst hätte, das er mich meint, hätte ich nicht… Ich spürte, wie ich rot wurde, ich hatte wirklich nicht gecheckt, dass er mit mir flirtete! Es klingelte und Vins warf seine Zigarette auf den Boden. Gemeinsam gingen wir wieder ins Gebäude. „Sollen wir morgen noch irgendwas mitbringen?“, fragte mich Vins in meine wirren Gedanken. „Wohin?“, fragte ich verwirrt und überhaupt nicht bei der Sache. „Zu deinem Geburtstag!“, Vins verdrehte die Augen, „Du bist heute ganzschön konfus Spinnenbein!“ Er lachte und richtete dann den Kragen meine Jacke. Gerade so bekam ich ein entzücktes Schaudern unterdrückt. „Nee. Eigentlich nicht, also…“, ich konnte mich überhaupt nicht konzentrieren. Was sollte ich Alex bloß zurückschreiben? „Ich könnte vielleicht was Hochprozentiges mitbringen, wenn das in ‘nem Cop Haus funktioniert…“, schlug er nun vor. „Dad wird sowieso irgendwo ein paar Sixer Bier rumstehen lassen, die ruhig alle werden können!“, ich machte in paar Gänsefüße in der Luft und Vins lachte. „Okay, ich schau mal was geht! Irgendwelche Vorlieben?“ „Di… Das mir egal!“, ich hätte in meinem völlig durchgeknackten Zustand fast „dich“ geantwortet. Mein Hirn war zu nichts zu gebrauchen. „Okay…“, er zerwühlte mir die Haare und hob dann die Hand, „Bis nachher“ Mit diesen Worten ging er zu Französisch und ich ließ mich neben Bob in Bio nieder. Gott sei Dank, war ich in Bio mit Bob alleine. Eine überneugierige Kim oder gar Vins neben mir, wäre jetzt der absolute Horror. Mein bester Freund wusste, wann ich meine Ruhe wollte, und wollte meist seine. Die Stunde kroch dahin und ich wusste einfach nicht, was ich Alex antworten sollte. Es war Scheiße, dass ich ihn so langen hängen ließ, aber… Verflucht, was sollte ich nur machen? Irgendein Teil in mir hatte panische Angst, dass er mich nur veraschte und dass das alles nur ein Scherz war, aber so war er nicht gewesen, so… Ich seufzte und schrieb irgendwas über das Sterben des Regenwaldes von der Tafel ab. Bob begann dazu weitere Infos zu streuen und ich nutze die Zeit um unsicher auf meinem Handy rum zu tippen. „Sorry, ich wollte dich jetzt nicht so in der Luft hängen lassen.“, schrieb ich ehrlich, „Du hast mich nur ganzschön kalt erwischt damit.“ Es dauerte nicht lange und ich hatte eine Antwort. „Dachte ich mir.“ „Meinst du das ernst?“, konnte ich nicht anders als zu fragen. „Jap!“, kam es sehr entschieden und kurz. „Ich dachte, du stehst auf Weiber, du fandst Leonie doch süß?!“ „Ich steh auf beides!“, kam es wieder zügig als Antwort, „Ich leg mich da nicht sonderlich fest, und du bist definitiv süßer als besagte Leonie!“ Ein dümmliches Lächeln schoss mir ins Gesicht, dass ich als Bob zu mir rüber sah in ein kritisches Stirnrunzeln verwandelte, beim Regenwald verstand er keinen Spaß! Im Allgemeinen verstand er Spaß nicht so, wie alle anderen. Schnell antwortete ich Alex. „Ich kann damit gerade nicht richtig umgehen.“, und fügte dann noch hinzu, „Das ist ehrlich gesagt, dass erste Mal, dass ein Typ was von mir wirklich will!“ „Du hattest noch keinen Freund?“ „Ich hatte ehrlich gesagt auch noch nie ‘ne Freundin!“, gab ich zu, „Alle denken ich wäre in meine beste Freundin verknallt, aber sonst…“ „Dabei stehst du auf ihren Freund!“, hatte Alex mich durchschaut, ich schluckte schwer. „Ja.“, unsicher rieb ich mir die Augen, „Sorry. Also du bist echt toll, aber ich weiß nicht wie das…“, unsicher schwebte mein Daumen über dem Sendebutton, „Ich steh wirklich auf Vins. Leider.“ „Ich dachte am Anfang nicht umsonst, dass ihr was miteinander habt!“, schrieb Alex zurück. „Wir sind nur befreundet, er ist etwas anstrengend und eigenwillig, mehr ist da nicht. Er und Kim sind glücklich zusammen.“, es tat weh, das zu schreiben. „Also hängst du wem nach, den du nicht kriegen kannst?“, Alex streute gekonnt Salz in die Wunde. „Gut zusammengefasst, Captain Offensichtlich!“ „Sorry!“, kam es mit ziemlich vielen Smileys zurück, „Aber wenn du dir sowieso sicher bist, dass das nichts mir Vins wird, dann könnte ich ja trotzdem mein Glück versuchen?“ „Wie meinst du das?“, unsicher bis ich mir auf die Unterlippe. „Wir schreiben seit ‘ner Woche. Ich finde dich verflucht süß und faszinierend. Du mich, warte ich zitiere: Heiß und intelligent! Also, warum schreiben wir nicht einfach noch ein bisschen und wenn du Lust hast, treffen wir uns mal. Ich lad dich ein!“ „Überredest du mich gerade zu ‘nem Date?“, schriebe ich zurück und hoffte, dass Bob neben mir nicht mein absolut dummes, rotes Gesicht bemerkte. „Gute zusammengefasst, Captain Offensichtlich!“, bekam ich die Retourkutsche. Mein dummes Gesicht bekam jetzt ein sehr dummes Grinsen. „Okay“, ich zitterte fast beim Zurückschreiben. Unweigerlich dachte ich an Vins, aber er war mit Kim zusammen und ich konnte nicht ewig auf den Freund meiner besten Freundin stehen. Vielleicht könnten wir so wirklich nur Freunde sein. „Schon klar!“, war meine Antwort, „Werd nicht frech, nur weil ich dich heiß finde, für Orlando Bloom würde ich dich allemal eintauschen!“ „So was hab ich geahnt! Und nächste Woche Freitag? Ich hab da nur ‘nen kurzen Tag in der Schule, wir könnten uns dann nachmittags treffen. Bis ich mit dem Auto bei dir bin, hast du auch Schulschluss.“ „Klingt gut, die Einzelheiten können wir dann ja so noch besprechen!“, ich konnte es kaum glauben, dass ich gerade mein erstes Date klar machte. Und vor allem, dass er extra die zwei Stunden mit dem Auto von sich hierherfuhr, damit wir uns treffen können. „Ich bin für alle Vorschläge offen!“ Wir schrieben noch so ein bisschen hin und her, schließlich war Bio endlich zu Ende. Mit viel zu guter Laune und irgendwie einem komischen Gefühl im Magen gingen Bob und ich zu unseren Schließfächern. Ich summte unbestimmt vor mir her und plötzlich trat mir irgendwer in den Hintern. „Ey“, drehte ich mich um und sah Vins, wenn auch sonst, der irgendwie genauso gut gelaunt schien, wie ich. „Was machst du nächsten Freitag?“, fragte er und lehnte sich viel zu gutaussehend neben mein Schließfach. Wahrscheinlich bildete ich mir das nur ein, doch er roch heute noch besser als sonst, mehr nach sich als nach Rauch. „Ähm…“, kurz herrschte Panik in meinem Kopf, hatte er es rausgekriegt mit meinem Date, „Nichts! Nichts Besonderes!“ „Sehr gut!“, meinte Vins und grinste, als hätte er den Friedensnobelpreis gewonnen, „Dann haben wir beiden ein Date!“ „Was?“, meine Stimme Schoss drei Oktaven höher, „Ich meine, was?“ „Besser gesagt ein Geburtstagsdate, du kriegst von mir da dein Geburtstagsgeschenk! Also nichts anderes vornehmen!“ „Echt?“, mein Magen flatterte und eine prickelnde Hitze schoss in mir hoch, „Warum sagst du mir das heute schon, ich hab doch erst morgen Geburtstag!“ „Ich sag dir ja nur, dass du es da kriegst, nicht was wir da machen!“, er kam ein Stück näher und ich schluckte merklich, „Ich will nicht das jemand meine Pläne durchkreuzt und dir mich wegschnappt!“ Bildete ich mir das ein, oder war das verflucht doppeldeutig? „Oh!“, mein Handy in der Hosentasche vibrierte fast prophetisch, „Okay, dann bin ich gespannt, was das wird! Verkaufst du mich an Menschenhändler?“ „Fast! Das war die Idee deiner Schwester!“, meinte nun Vins und zusammen mit Bob liefen wir zu Sozi. „Du hast doch nicht wirklich mit Nathalie beratschlagt, was ich geschenkt bekommen soll?“ „Wer weiß!“, tat er geheimnisvoll und Bob lachte angesichts meiner panischen Miene. Wir scherzten noch ein bisschen langhin, in Sozi zog ich mein Handy hervor und lass Alex letzte Nachricht. „Hab jetzt Training. Ich freue mich wirklich auf nächsten Freitag!“ Was zum Henker, sollte ich jetzt nur machen? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)