Track or Treat. von Usagi_Jigokumimi (Auf deiner Spur?) ================================================================================ Kapitel 13: Enttäuscht ---------------------- ‘What was I thinking trying to put words in your mouth? I should just leave it And let you figure it out It's louder in the silence As I try, I try To keep it together, but you're bringing the house down I can feel it burning out And I won't stop trying to fuel that fire in you Feel it burning out And I won't stop trying to keep that fire burning‘ ~ Cloves, „Bringing the House down“ (2018) Gegen halb zehn am Samstagmorgen wurde ich durch das Klingeln des Geburtstagsweckers wach, das ganze Haus roch bereits fantastischerweise nach Blaubeerpfannkuchen. Der Geburtstagswecker war ein ramponierter alter Mickey Mouse- Wecker von Nathalie und war das Zeichen, dass das man sich ab sofort sein Geburtstagsfrühstück abholen durfte. Am Anfang war er nur für uns Kids gewesen, dass Mom und Dad genug Zeit zum Vorbereiten hatten, bevor einer von uns runter stürmte. Als Nathalie und ich älter geworden waren, hatten wir ihn heimlich bei unseren Eltern rein geschleust um sie zu ihren Überraschungsfrühstücken an ihren Geburtstagen zu wecken. Grinsend und gähnend zugleich stand ich auf und zog mir ein Shirt über, bevor ich in die Küche ging. Der Küchentisch war wie jedes Jahr völlig überladen, mit allem, was ich gerne frühstückte. An meinen Stuhl waren bunte Ballons gebunden, die halb über dem Tisch und halb über dem Herd schwebten. „Alles gut zum Geburtstag, mein Baby!“, kam nun Mom angewuselt und drückte mich so fest an sich, dass es fast wehtat. „Danke Mom!“, presste ich hervor und sie küsste mich quer übers Gesicht. „Mein großer Junge ist schon 17!“, seufzte sie zwischen zwei Küssen und drückte mich noch fester. „Mom!“, versuchte ich mich, etwas hilflos zu befreien. Sie tätschelte noch ein Mal mein Gesicht und machte dann Platz für meinen Dad, der mich in eine ruppige und sehr männliche Umarmung zerrte. „Alles Gute und ich liebe dich, Hühnerbein!“ „Danke, ich dich auch…“, nuschelte ich und er lachte. Ich setzte mich nun endlich auf meinen Stuhl und begann sofort hungrig Sirup über meine geliebten Pancakes zu gießen. „Oscar!“, kam Nathalie in die Küche, sie trug ihre Jogging Klamotten, und war wahrscheinlich laufen gewesen. „Ja, Satan?“, tat ich, als käme die Stimme aus unergründlichen Tiefen und sah mich ängstlich um. Dad gluckste in seinen Kaffeebecher und Mom zeigte leicht rügend mit ihrer Gabel auf mich, lächelte aber auch. „Manche Menschen werden ja angeblich Weiser im Alter, es ist schön, zu wissen, dass du dich mal wieder einer Norm widersetzt!“, lächelte nun Satan und ich stand auf, dass wir uns kurz und recht merkwürdig umarmen konnten. „Ich wünsche dir Erfolg und Ehrgeiz zu deinem Ehrentag!“ „Das ist nett!“, war meine Antwort und sie nahm sich einen Kaffee und setzte sich neben Dad, der sich drei Scheiben Bacon gleichzeitig in den Mund stopfte. „Wir haben noch einiges zu tun, bevor deine Gäste kommen!“, meinte nun Mom zwischen zwei Bissen. „Eingekauft haben wir gestern alles schon, aber du und Dad müssen draußen noch einiges in die Reihe bringen. Außerdem hast du dein Zimmer aufgeräumt?“ Diese Frage ignorierte ich, da ich mein Zimmer natürlich nicht aufgeräumt hatte. „Nathalie und ich machen dann die Salate und Beilagen!“, entschieden wand sie sich an ihre Tochter, „Und bitte keine Sprüche darüber, wie klischeehaft es ist, dass wir als Frauen uns ums Essen kümmern! Wenn du deine blöden vegetarischen und veganen Salate mit Pinienkernen willst, dürfen wir deinen Vater nicht in die Nähe der Küche lassen, sonst ist nämlich überall Bacon drin!“ „Mit Bacon ist alles besser!“, sagte der sogenannte Herr des Hauses. Entschieden hielt ich mich aus der Diskussion raus und nahm einen großen Schluck Orangensaft. „Und Schatz, diesmal wäre es schön, wenn du nicht der bist, der am meisten Bier getrunken hat! Ich weiß, du hältst dich für einen tollen Tänzer, aber selbst ohne 20 Bier ist das oft kein schöner Anblick!“ „Ich habe dich damals mit meinen sexy Tanzmoves erst rumgekriegt!“, meinte er entschieden. „Ich dachte mir, wenn ich endlich mit ihm tanze, muss ich das Elend nicht mehr sehen!“ „Egal was es war, es hat funktioniert!“, er wackelte entschieden mit den Brauen und die beiden küssten sich. Nathalie und ich verdrehten synchron die Augen. Schließlich frühstückten wir zu Ende und ein jeder ging seiner zugewiesenen Aufgabe nach. Dad und ich bauten den Grill auf, schmückten die Terrasse und stellten die Getränke kalt und schließlich huschte ich um drei unter die Dusche, nach dem ich alles, was in meinem Zimmer herumlag, in meine eine Kommode gestopft hatte. Die meisten Leute würden zwischen halb vier und um vier kommen, wie jedes Jahr war ich mal wieder viel zu spät dran. Ich fragte mich, wann Vins erscheinen würde. Kim hatte ihm ja gesagt, er soll sie um halb abholen. Irgendwie glaubte ich fast nicht mehr, dass er wirklich kam, schließlich waren Kims Eltern und drei ihrer Brüder ebenfalls da. Erst gestern Nacht, als mich wieder ein Albtraum geweckt hatte, war mir der Gedanke gekommen, dass Vins so auf Kims Familie treffen würde und, was mir fast noch mehr Bauchschmerzen bereitete: Familie Vidal, also Miguels Eltern und Schwestern waren auch eingeladen. Es war fraglich, ob sie kommen würden, aber wenn doch… Wenn sie auf ihn treffen würden, wenn sie was sagen würden… Seufzend wusch ich mir die Haare und ließ das Wasser dann eine Weile zu kalt über meinen Körper laufen. Ließ die Unsicherheiten davon spülen. Vins hatte gesagt, er würde kommen, also kam er auch. Außerdem muss ihm im Gegensatz zu mir schon viel früher bewusst gewesen sein, dass er so Kims ganze Familie kennenlernen würde. Zehn Minuten später hinkte ich schließlich aus der Dusche, föhnte kurz meine Haare und schlüpfte in eine saubere Shorts. Genervt zog ich verschiedene Shirts und Hemden aus meinem Schrank und warf sie wieder zurück. Für gewöhnlich war ich schnell bei solchen Sachen, aber wie immer, wenn die Chance bestand Vins zu beeindrucken, stellte ich mich dumm an. „Nichts anzuziehen?“, kam es plötzlich hinter mir, Nathalie war natürlich bereits umgezogen. Sie trug ein enges dunkelblaues Kleid und flache, dennoch elegante Schuhe. Ihre langen Haare waren ein goldener Wasserfall. Ich hasste sie manchmal mehr als sonst. „Nicht so richtig…“, nuschelte ich und zog erneut ein Hemd heraus und warf es wieder zurück. „Du wirst dich doch bestimmt in einem deiner durch Sklavenarbeit der Drittenwelt entstandene Leibchen wohlfühlen?“ „Kannst du nicht wo anders ekelhaft sein?“, frustriert zog ich ein Shirt raus und überlegte, welche Hose ich da sonst zu anhatte, „Und warum bist du so aufgebitched?“ Ich musterte sie noch einmal eingehend, sie trug sogar Make-up, „Willst du den armen Ian wieder quälen?“ Sie lächelte nur ihr typisches Psychopathenlächeln und kam in mein Zimmer, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. „Ich würde die dunkle Jeans empfehlen.“, sagte sie schließlich nach einem langen kritischen Blick auf meine Klamotten. „Die?“, ich zog besagte Jeans hervor und warf das Shirt wieder in den Schrank, wenn Mom das Chaos da drinnen sehen würde, würde sie mir den Kopf abreisen. „Ein Hemd!“, sagte sie nun und zog mit einer Hand das blaue Hemd hervor, von dem Kim damals meinte, es hätte die gleiche Farbe wie meine neuen Laufschuhe. Sie hatte irgendeinen Karton bei sich, bastelte sie jetzt Bomben in der Freizeit? Ich dachte an Vins, würde es ihm auffallen, dass mein Hemd die Farbe hatte, die er für mich an Schuhen ausgesucht hatte. Sehr unwahrscheinlich und sehr schwul der Gedanke, rügte ich mich selbst. „Zieh ich dazu meine Nikes an, oder…“, unschlüssig sah ich meine Schwester an, sie war immer noch Satan, aber Satan hatte Geschmack. „Du brauchst dazu was Klassischeres!“, meinte sie nur und holte hinter ihrem Rücken jetzt den kleinen Karton hervor. Ich blinzelte verwirrt und sah dann den typischen Schriftzug plus Logo von Converse. „Du hast doch nicht…“, ungläubig nahm ich den Karton, ich schüttelte das Päckchen leicht unsicher, „Spiel nicht mit meinem Herzen!“ Mit immer gleicher Miene sah sie zurück. „Du bist pathetisch!“ Ich öffnete den Karton und fand weiße Converse mit hohen Schafft vor. „Die kosten in der Ausführung über 80 Dollar!“, völlig verdattert sah ich sie an. Ich hatte gehofft Mom und Dad würden mir die vielleicht schenken, auch wenn Mom es fürchterlich fand, weiße Schuhe zu haben. „Du machst die sowieso gleich wieder dreckig!“, hatte sie gemeint, als ich meinen Wunsch angedeutet hatte. „Happy Birthday!“, und damit ging sie wieder in den Flur, kurz überlegte ich ihr nach zu gehen und zu drücken, doch dann grinste ich nur breit und meinte ehrlich „Danke, Satan!“. Sie nickte und ging von dannen. Schnell befreite ich die Schuhe von allem unnötigen Papier und Verpackungsmaterial und schlüpfte hinein. Sie passten perfekt. Immer noch breit grinsend stellte ich mir vor meinen Wandschrankspiegel und machte ein Selfie so, dass man meine neuen Schuhe sehen konnte. Entschieden setzte ich es in meinen Status: „Ich bin offiziell bereit für diesen Geburtstag!“ Dieser Geburtstag fing definitiv richtig gut an und bestimmt würde Vins auch kommen, entschieden nickte ich mir im Spiegel zu. Bis jetzt war es jedes Mal, wenn ich dachte, es würde ne Katastrophe mit ihm werden, wundervoll geworden, also… Glücklich lief ich nach unten in die Küche. Mom verdrehte die Augen, als sie meine Schuhe sah. „Das weiß hält keine Woche!“ Ich ignoriere sie und ging raus zu Dad, der den Grill anfeuerte und sein drittes Bier, informell wahrscheinlich das Fünfte, trank. „Siehst gut aus!“, musterte er mein Erscheinungsbild und ich grinste, „Ich musste wegen den Tretern deine stinkenden Sportschuhe raussuchen und nachsehen, dass es auch ja die richtige Größe ist!“, gab er seine Mittäterschaft kund. „Danke!“, lachte ich und goss mir eine Cola ein. Mein Handy vibrierte. „Du siehst gut aus!“, kam es von Alex als Begrüßung, „Für wenn spielst du in dem Outfit Geburtstagsgeschenk!“ Ich gluckste in meine Cola. „Schreib dir meine zukünftige Schwiegertochter, oder warum grinst du so doof?“, kommentierte Dad mein Gesicht und ich verdreht die Augen, wurde aber auch leicht rot, was er lachend zur Kenntnis nahm. Wenn war es ein Schwiegersohn, aber das war vielleicht heute nicht unbedingt der perfekte Anlass, um es ihm zu beichten… „Für mich selbst.“, schriebe ich Alex nun zurück. „Was? Dein Ernst?!“ „Jup“, war meine freche Antwort. „Mensch! Sag doch mal ‘nen Ton! Happy Birthday! Jetzt muss ich mir für Freitag ein Geschenk auch noch überlegen!“ Schuldbewusst zog sich alles in mir zusammen, ich hatte ihm noch nicht abgesagt wegen Freitag- Oder wollte ich ihm absagen? Wollte ich Vins absagen? Nein, also… Es war dumm! Ich war dumm! Alex und ich schrieben noch ein bisschen hin und her, aber es dauerte nicht lang und der erste Teil Gäste trudelte ein, bestehend aus dem sehr irischen Familienteil mütterlicherseits. Ich grinste alle breit an und bedankte mich für alle Glückwünsche. Dad und ich reichten schließlich allen Getränke. Mein Cousin Glen war auch mit dabei, den Leonie als den Niedlichen mit den hübschen Augen betitelt hatte. Ich impfte ihn vorsichtshalber auf Leonie, nach der Pleite mit Alex hatte ich das Gefühl, ihr das zu Schulden. Er konnte sich wage an sie erinnern, und war zufälligerweise, mit seiner langjährigen Freundin auseinander. Ich war ein guter Freund und schrieb das Leonie, von der nur ein Kusssmiley zurückkam. Es dauerte auch nicht lange, und Leonie mit Ruth und Bob im Schlepptau erschien. Alle drei umarmten mich, bei Ruth war ich recht erstaunt darüber. Ich ruckte dann mehr als offensichtlich mit dem Kopf zu Leonie für Glen, die ganz unschuldig tat und Glen kam ganz Kavalier mit einem Glas Eistee zu ihr rüber und stellte sich vor. Vorher hatte ich ihm natürlich gesagt, dass sie den gerne trank. Ich unterhielt mich kurz mit ihnen und ging dann den nächsten Schwall Gäste begrüßen, der aus Arbeitskollegen meiner Eltern und Nachbarn bestand. Familie Vidal war nicht zu sehen. Ich wusste nicht, ob ich das gut oder schlecht fand. Aber wie sollten sie auch meinen Geburtstag feiern, wenn ihr Sohn nie wieder einen haben würde. Gerade als ich über den schlechten Witz von Dads Partner, Officer Lee, lachte trat mich wer in den Arsch. Irritiert drehte ich mich um, erwartete eigentlich fast Vins, jedoch fiel mir stattdessen Kim gut gelaunt um den Hals. „Happy Birthday, mein Bester!“, sagte sie und presste mir einen etwas zu feuchten Kuss auf die Wange. Ich drückte sie fest zurück. Hinter Kim sah ich ihren großen Bruder Ian, sowie Jerome samt Frau und seinen beiden kleinen Kindern und Will. Vins sah ich nicht. Kam er doch separat? „Alles Gute, Großer!“, meinte nun Ian. Er und Kim hatten am meisten Ähnlichkeit, Jerome und Will kamen nach ihrem Dad und waren dunkler vom Typ. Ich drückte ihn und meinte, „Danke! Nathalie ist übrigens auch da!“ Seine Augen leuchteten, der arme Trottel, „Denk immer dran, sie sieht nur schön aus, ihre Spezies benutzt das als Lockmittel!“ Ian grinste nur. „Ich weiß, dass sie einfach perfekt ist!“ Schließlich gratulierten mir auch Jerome plus Familie, Will, und Mr. und Mrs. Daniels. „Du bist ein richtig Hübscher geworden!“, Mrs. Daniels sah aus wie Kim nur 30 Jahre älter. Sie warf ihrer Tochter jetzt einen sehr eindeutig Blick zu, die die Augen verdrehte. Ich tat ihr Kompliment ab und Mom begrüßte nun ihrer Kollegin. Ian strafte die Brust und ging zu Nathalie, die sich mit Bob und einer anscheinend verstimmt wirkenden Ruth unterhielt. Das war jedoch schwer zu sagen, denn Ruth sah selten anders als verstimmt aus. „Was willst du trinken?“, fragte ich meine beste Freundin nun und versuchte nicht darüber nachzudenken, wo ihr Freund gerade war. „Vins kommt später!“, meinte sie jedoch sofort, „Er hat mir vorhin geschrieben, dass er es nicht pünktlich schafft und wir uns bei dir sehen…“ Sie sah irgendwie komisch aus und ich seufzte. „Er kommt nicht, oder?“, meinte ich schließlich, meine schlechtes Gefühl von vorhin schien sich zu Bewahrheiten. Unsicherheit kroch meinen Nacken hinauf und hinterließ ein seltsames Brennen die Wirbelsäule lang runter. Sie zuckte unentschlossen mit den Schultern, sehr untypisch Kim. Ich nickte steif und machte die Kühlbox auf. „Cola?“, fragte ich sie erneut, was sie trinken wollte und sie nickte ebenfalls nur. „Mir hat er noch gar nicht geschrieben…“, nuschelte ich nun doch und konnte einen fast beleidigten Ton nicht verbergen, unschlüssig biss Kim sich auf die Unterlippe. Geistesabwesend reichte ich ihr die Cola. Ich wusste selbst nicht, warum ich enttäuscht war. Irgendwie war es klar gewesen, dass er sich nicht mit Kim und ihrer Familie auseinandersetzte würde. Mein Geburtstag hin oder her. Aber er war so euphorisch gewesen, und dann seine Frage, ob er Morgen was mitbringen sollte… Warum fragte er das, wenn er doch nicht kam? Wut kroch in mir hoch, traf sich in meinem Nacken mit der Unsicherheit und verschmolz zu einem harten Klumpen in meiner Brust. In einem Zug trank ich meine Cola aus. Am liebsten hätte ich mir eins von Dads Bieren geschnappt. Kurz überlegte ich, Vins zu schreiben, doch… Was hätte ich sagen sollen? Es war mein verdammter Geburtstag und er hatte versprochen zu kommen! Er müsste mir erst mal schreiben! Ich wusste, das war kindisch. Schließlich ploppte eine Nachricht auf. Alex. Leider. Obwohl, er wäre nicht einfach ohne eine Nachricht nicht erschienen! Kurz schalte ich mich, er hatte schließlich Kim geschrieben. Zählte ich nur gar nicht? Was sollte ich schon zählen? Das war alles Scheiße! Unsicher sah ich auf meinen und Vins Chat, was wenn ihm, was passiert ist? Was wenn was bei ihm zu Hause war? Wenn seinem Vater wieder die Hand ausgerutscht wäre? Ich war schon wie alle anderen, als erstes machte ich ihn schlecht, anstatt daran zu denken, dass auch was mit ihm sein könnte. Verdammt! Ich antwortete schlicht Alex und steckte mein Handy zurück in die Hosentasche. Dieser Bengel machte mich fertig! Er müsste mir ja nicht sagen, was los war, nur dass er es nicht pünktlich schaffte. Schließlich begrüßte ich meine Freunde aus dem Informatikklub, die Leute aus der Staffel, aß mit meinen Freunden Hotdogs und Burger und sah dabei zu wie Ian sich wie immer völlig zum Hampelmann für meine Schwester machte. Niemand erwähnte Vins, oder merkte an, dass er fehlte. Selbst Kim schien betont gut gelaunt ohne ihren Freund. War ich der Einzige, der ihn vermisste? Immer wieder wollte ich ihm schreiben, ihn anrufen, ließ es dann aber bleiben und stopft Nudelsalat mit Pinienkernen in mich rein, den Bob am liebsten alleine aufessen würde. Obwohl alle gute Laune hatten und sehr ausgelassen waren und es anscheinend keinen unnötigen Streit gab, wurde meine Laune immer schlechter. Irgendwann nach um sechs fragte ich Mom, wann denn mein Geburtstagskuchen dran wäre, doch sie kanzelte mich ab. „Gerade reden doch alle so schön, du bist kein Kind mehr, wir machen das schon noch…“ Verwirrt stellte ich mich zu meinen Freunden und fragte Kim leise, ob sie noch mal was von Vins gehört hatte. „Nee, leider nicht.“, sagte sie und verzog schon wieder sehr merkwürdig das Gesicht. „Machst du dir keine Sorgen?“, ich konnte einen ungehaltenen Ton kaum noch unterdrücken. „Ach du kennst ihn doch, wer weiß, welche Laus im Mal wieder über die Leber gelaufen ist…“, und dann wand sie sich Glen und Leonie zu, die sich gegenseitig mit Hotdog Stückchen fütterten. Vor mir her schimpfend lief ich in die Küche, man konnte sich aber auch wirklich auf niemanden verlassen. Seufzend wählte ich nun doch Vins Nummer. Es klingelte zwei Mal, dann wurde ich anscheinend weggedrückt. Knackend und rauschend ertönte die Mailbox, nach dem Piep könnte ich eine Nachricht hinterlassen. Kurz überlegte ich, ihm zu sagen, dass er ein Wichser sei, legte dann aber einfach auf. Wütend riss ich den Kühlschrank auf, fand nichts, was mich glücklich machte und schmiss die Tür klirrend wieder zu. Schließlich drückte ich Wahlwiederholung, diesmal ging sofort die Mailbox ran. Wollte er mich nicht sprechen? Ich war so sauer und doch kroch ein ungutes Gefühl in mir hoch und am liebsten hätte ich mein Handy an die Wand geworfen. Warum regte mich das so auf? Warum wunderte ich mich, dass es mich so aufregte? Mein Handy vibrierte, wieder war es Alex. „Und vollgefressen?“ Warum konnte Vins nicht so sein, wie Alex? Warum musste Alex so aufmerksam sein? Und warum war Alex schwul oder bi und Vins nicht? Warum musste ich mich fühlen, als hätte mich mein Freund versetzt, wenn ich noch nicht mal einen hatte? Ich sah genervt aus dem Küchenfenster, Kim redete mit meiner Mutter. Sie reichte ihr ihr Handy weiter, anscheinend brauchte irgendwer ihren Rat. Wahrscheinlich wieder eine von Kims Tanten, die ein unerklärliches Furunkel am Hintern hatte. Der Rest meiner Freunde stand zusammen mit Nathalie und Ian um die Feuerschale, sie grillten Marshmallows. Es hatte keinen gekümmert, das Vins nicht dabei gewesen war und jetzt kümmerte es anscheinend niemanden, dass ich auch nicht da war. Ich drehte meiner Party den Rücken zu und sah auf Alex und meinen Chat. Mir war selbst klar, dass ich gerade überdramatisierte, aber ich hatte doch einfach einen schönen Tag mit Vins und meinen Freunden gewollt. Verdammt! Am liebsten wäre ich nach oben gegangen, hätte mich in meinem Zimmer vergraben und wäre nie wieder rausgekommen. Schließlich ging polternd die Küchentür auf, schnell steckte ich mein Handy weg. „Mensch!“, Kim schnalzte missbilligend die Zunge, „Hier bist du, ich habe dich schon gesucht!“ „Du solltest lieber deinen Freund suchen!“, meinte ich und verschränkte die Arme vor der Brust, ich benahm mich albern, aber ich war so wütend. „Bist du pissig?“, verwirrt blieb sie in der Tür stehen. „Nein!“, sagte ich eindeutig pissig und rauschte an ihr vorbei raus aus der Küche, „Warum sollte ich?“ „Hey!“, sie hielt mich an der Schulter fest und lachte belustigt auf, „Ich bin mir sicher, das wird einer deiner besten Geburtstage ever!“ „Aber natürlich!“, verdrehte ich die Augen, ich kochte regelrecht. „Vins kommt bestimmt noch irgendwann. Und wenn nicht, wir haben auch ohne ihn Spa…“ „Ich will aber ohne ihn keinen Spaß haben!“, ich schrie sie fast an, meine Hände ballten sich zu Fäusten, völlig verdattert sah sie mich an. „Was?“ „Weißt du, wo er ist? Was er macht?“ „Nein, also…“ „Sieben Leute, die alleine an unsere Schule gehen sind entweder schwer verletzt oder tot, und von den meisten wusste davor auch niemand, wo sie genau waren…“, meine Brust hob und senkte sich vor unterdrücktem Zorn, „Also… Verdammt!“ Ich war widerlich, ich ließ meinen Zorn und meine Enttäuschung über Vins an Kim aus und tat so, als wäre ich der besorgte Über- Freund schlechthin. Erbärmlich… Ohne ein Wort zusagen, umarmte sie mich. Ich erwiderte die Umarmung nicht. „Ich verspreche dir, das wird noch dein bester Geburtstag überhaupt! Ich schwöre es bei allem, was mir heilig ist!“ „Wenn du das sagst!“ Sie löste sich von mir und nahm mein Gesicht in ihre Hände. „Ich kann dir nicht sagen, wo Vins ist, aber ich weiß, dass es ihm gut geht!“ „Also weißt du, wo er ist, hat er sich bei dir gemeldet?“ „Hab einfach noch ein bisschen Geduld, und Spaß an deinem Geburtstag!“ Ich seufzte und fuhr mir durch die Haare. Er hatte sich also doch noch mal bei ihr gemeldet, wusste sie auch, wie es bei ihm zu Hause abging? Natürlich schrieb er ihr. Kim wäre niemals so entspannt, wenn sie nicht wüsste, wo er war… Sie liebte ihn schließlich. Mein Herz krampfte schmerzhaft. „Ich hab doch immer Spaß…“ Sie schnaufte nicht überzeugt. „Lass uns einfach Marshmallows essen gehen!“ Wir gingen schließlich raus zu den anderen. Bob saß ziemlich gechillt zwischen Ruth und Nathalie, er war auch der einzige Typ, der mit den beiden so entspannt sein könnte. Ian stand hinter Nathalie und versuchte irgendwie mit Teil ihrer Unterhaltung zu werden, der Arme. Henry reichte mir Marshmallows und aus den Augenwinkeln sah ich wie Kim ziemlich hektisch eine Nachricht verfasst, ihre Stirn lag in tiefen Falten. Wahrscheinlich schrieb sie Vins jetzt mein peinliches Verhalten. Oder war es überhaupt erwähnenswert, wer weiß, mit was sich Vins gerade rumschlug. Kurz vor um Acht gab es endlich meinen Geburtstagskuchen, obwohl ich längst keine Lust mehr hatte. Es war mir egal, dass die Torte meinen Lieblingsgeschmack, Schokolade- Erdbeere, hatte. Fast gelangweilt blies ich die 17 Kerzen aus. Dann waren die Geschenke dran. Ich bekam von meiner Verwandtschaft wie so oft Socken, Shirts und vieles mehr, dass ich mir nicht wünschen würde, aber trotzdem jedes Jahr bekam. Etwas verwundert stellte ich fest, dass es diesmal keine Umschläge mit dem einen oder anderen Schein gab. Ich sagte jedoch nichts, ich war nun 17 und nicht mehr 12… Obwohl, müsste ich es dann nicht eher bekommen? Schließlich würde ich mein Geld jetzt nicht mehr für Lego auf den Kopfhauen. Von den Jungs von der Staffel bekam ich ein Gruppenbild geschenkt, auf dem alle unterschrieben hatten, was mich freute, aber auch verwunderte. Sonst legten immer alle für einen Gutschein zusammen. War ich einfach ein verwöhntes, undankbares Kind, oder…? Ich bin kein materialistischer Typ, aber irgendwie… Also… Ich konnte das einfach nicht formulieren, ohne irgendwie verwöhnt zu klingen. Verdammt noch mal! Der Informatikklub schenkte mir eine ziemlich coole Computeranimation, in der ich wie in einem Cartoon als Staffelläufer drin war, nur das der Staffelstab eine Bombe war und sie versuchte, den Leuten aus dem Klub zu übergeben, bevor ich zum Schluss wie Kojote Carl aus Roadrunner explodierte. Das Ding hatte eindeutig Lisa programmiert. Meine Freunde hatten natürlich wieder eine riesige Collage mit Fotos von uns allen gemacht. Es zog erneut irgendwo in der Nähe meines Herzens, als ich darauf Vins sah, und von meinem letzten Geburtstag ein Bild auf dem Miguel noch drauf war. „So…“, meinte Kim und sah auf ihr Handy, „Sie sind endlich da!“, bedeutungsschwanger sah sie meine Eltern an. Ich zog überrascht die Brauen hoch. „Wer ist da?“, ich bekam keine Antwort. Bob, ausgerechnet er, indes zog nun einen kleinen Karton aus seinem Rucksack und ich überlegte den lahmen Bombenwitz zu bringen, der mir schon bei Nathalie auf der Zunge gelegen hatte. Ich nahm den kleinen Karton entgegen, er war sehr leicht, und schüttelte ihn. Es klapperte kaum merklich. „Was ist das?“ Plötzlich merkte ich, wie mich alle anlächelten, sehr verdächtig anlächelten. Mom und Dad traten vor. „Du hast wirklich sehr gute Freunde!“ „Ich bin mir gerade nicht sicher…“, ich schüttelte den Karton noch einmal, und meine Gäste lachten verhalten. „Ehrlich gesagt war es Vins Idee!“, meinte nun Kim. „Was?“, verwirrt sah ich sie an, Vins war überhaupt nicht hier. „Mach den Karton einfach auf! Und wie gesagt, bester Geburtstag überhaupt!“ Irritiert sah ich durch die Menge, alle nickten sehr verschwörerisch. Vorsichtig und nun doch neugierig öffnete ich den Karton und sah erst nichts und fand dann in einer Ecke einen kleinen Autoschlüssel, er war schwarz und wirkte älter. „Was…“ Es hupte vor dem Haus. Kurz fragte ich mich, ob der Ford Fiesta schon hier war, und ich stand langsam auf. Vielleicht könnte mich irgendwer mit diesem blöden Auto überfahren, dann hatte mein Elend endlich ein Ende, genau wie dieser dumme Geburtstag. Alle stürmten vors Haus und ich folgte ihnen verhalten, immer noch nicht verstehend was abging. Als ich schließlich vors Haus kam, traute ich meinen Augen nicht. Der kleine Karton fiel mir aus der Hand und mein Unterkiefer landete irgendwo bei meinen neunen weißen Schuhen. Grinsend und eindeutig mehr als zufrieden mit sich und der Welt stieg Vins aus meinem Impala, aber- Wie konnte das sein? War das… Mein Hirn hatte eindeutig einen Kurzschluss. Jeff schraubte sich ungelenk vom Beifahrersitz. „Endlich fährt die Zicke!“ Ich sah auf den Schlüssel in meiner Hand, aufs Auto, zu Vins und brachte kein Wort hervor. „Nach dem du anscheinend so über den Fiesta gejammert hast, haben deine Freunde Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, damit wir dir anstatt vernünftige Geschenke, dir dein dummes Schätzchen irgendwie finanziert bekommen…“, sagte Mom. Dad legte mir eine Hand auf die Schulter, ich sah zu meinen Freunden und dann zu ihm, und wieder zu Vins, der noch immer neben meinem Auto stand. Irgendwie wollte nicht in meinen Kopf, dass das wirklich mein Schätzchen sein sollte. „Deine Großeltern haben den Ford verkauft und keiner hat dir was Separates geschenkt, alles Geld ist da für einen neuen originalen Motor drin!“ „Jedes Teil ist Original!“, warf Jeff ein, erschien nun doch stolz auf seine Arbeit, „Heiden Arbeit, aber es hat sich gelohnt!“ „Vins war sehr entschieden!“, kicherte Kim, die mein Gesicht anscheinend sehr toll fand, Leonie filmte mich. „Er meinte, du würdest ausflippen!“ „Dein Kumpel hat gestern mit mir angefangen, den Motor einzubauen, und den Rest haben wir seit heute Morgen fertig zusammen geschraubt.“, Jeff ging rüber zu meinem Vater, sie schlugen sich gegenseitig kumpelhaft auf die Schulter zur Begrüßung. „Ich glaube, er ist stumm vor Schreck!“, lachten einige hinter mir. Doch das traf es ganz gut. Ich war völlig überfordert, die Freude und das schlechte Gewissen, weil ich so eine fürchterliche Mimose war und gedacht hatte, dass ich Vins wirklich egal wäre, oder meinen Freunden kämpften um die Vorherrschaft. „Wie viel schluckt der eigentlich auf die Meile?“, fragte Bob nun halblaut und holte mich in die Gegenwart zurück. „Mach es bitte nicht kaputt, Bob!“, krächzte ich eher, als dass ich sprach. Alle lachten. Vins kam nun ein Stück auf mich, hob leicht die Arme. Entschieden ging ich auf ihn zu. „Happy…“, setze er an, doch ich lies ihn nicht zu Ende reden, ich schlang die Arme um ihn und zog ihn eine feste und viel zu überfällige Umarmung. Kurz schien er völlig überrumpelt, wieder hörte ich Leute lachen hinter uns, doch dann legte Vins die Arme ebenfalls um mich. Drückte mich noch fester an sich, als ich ihn zuvor an mich. Einen kurzen Augenblick hoffte ich, dass wir verschmelzen könnten. „Sorry, dass ich zu spät bin!“, nuschelte er leise, sein Atem kitzelte über meine empfindliche Haut am Hals. Seufzend zog ich seinen Duft ein und löste mich von ihm. „Schon okay!“, entschieden und mit etwas zu feuchten Augen und Blut an Körperstellen, wo ich es gerade nicht gebrauchen konnte, boxte ich ihm nun gegen die Schulter. Hier sahen uns gerade viel zu viele Menschen. Vins zuckt unter meinem leichten Schlag zusammen, eindeutig schmerzerfüllt. Verwirrt runzelte ich die Stirn, doch das schmerzverzogene Gesicht wurde schnell zu seinem schmalen Lächeln und er scheuchte mich regelrecht zu Fahrertür, als wäre nichts gewesen. Ehrfürchtig strich ich über die elegante und kantige Karosserie. „Wer hat gesagt, dass der beste Geburtstag aller Zeiten wird?“, meinte nun Kim und legte die Arme von hinten um mich und Vins. „Mistass!“, grinste ich sie jedoch breit an. „Oscar war schon ganz panisch, wo du bist…“, sie seufzte theatralisch. „Ha, ha!“, nuschelte ich, mein Ausbruch von vorhin war mir sowieso schon megapeinlich. Sie küsste Vins nun, der immer noch sehr zufrieden aussah, „Ich hab ihm deswegen geschrieben, dass er hinne machen soll!“ Schließlich stieg ich ein und fuhr seufzend über Lenkrad. „Ich fass es einfach nicht…“ „Fahr ruhig um den Block!“, meinte nun Dad, der an der Beifahrerseite erschien und eindeutig angetrunken, sowie stolz war. „Fahrt ihr mit?“, aufgeregt sah ich Vins und Kim an und auch den Rest meiner Freunde hinter den beiden. „Ich denke, die erste Fahrt gebührt dir uns Vins, dem verdankst du dein Auto ja!“, meine beste Freundin trat einen Schritt zurück, „Du wirst mich aber jeden Morgen abholen dürfen zur Schule!“ „Nichts lieber als das!“, gerade könnte ich sie niederknutschen. „Also Fahrgemeinschaften sind gut für die Umwelt…“, warf nun Bob ein. „Ich hole dich auch ab!“, gluckste ich und mein bester Freund hob die Arme. „Digger!“ „Bro!“, sagte ich und zeigte entschieden auf ihn. Vins stieg auf der Beifahrerseite an. Als ich den Schlüssel in der Zündung drehte knurrte der Motor auf wie ein Panther. „Oh Gott!“, ich packte den Kopf aufs Lenkrad, spürte das Vibrieren unter mir, das Lachen meiner Geburtstagsgäste drang dumpf an mein Ohr. Leicht trat ich auf Gas und der Motor heulte auf. „Du hast Gänsehaut!“, strich Vins mir über den bloßen Unterarm. „Sie ist perfekt!“, hauchte ich und sah ihn an, als wäre ich auf Droge. Er lachte und lehnte sich entspannt zurück. Schließlich fuhr ich los. Mein Schätzchen lag gut auf der Straße und beschleunigte ohne Probleme. Genauso, wie ich es mir erhofft hatte! „Ich fasse nicht, dass du ernsthaft zu meinen Eltern bist und… Dass du sie mit zusammengebaut hast! Ich meine… Was?!“ „Ich konnte einfach nicht zulassen, dass man dich mit einem Ford Fiesta misshandelte!“, sagte er nun, sein Blick ruhte die ganze Zeit auf mir. Entschieden konzentrierte ich mich auf den Straßenverkehr, auch wenn sein Blick die Gänsehaut auf meinen Armen nicht verschwinden ließ. „Ich fass es einfach nicht!“, ich hibbelte wie verrückt auf und ab, bog um den nächsten Block und Vins lachte vor sich her. „Sorry das ich vorhin nicht ans Telefon gegangen bin!“, meinte er plötzlich. Stumm schickte ich Dankgebete, dass ich ihm doch keine wütende oder wehleidige Mailboxnachricht hinterlassen hatte. „Ach!“, tat ich ab, „Du hattest eindeutig besseres zu tun!“ „Es sollte halt einfach ‘ne Überraschung werden!“ Ich hielte kurz an einer roten Ampel und sah den anderen jetzt an. „Kim meint, du hast dir ganz schön Sorgen um mich gemacht!“, meinte er weiter. „Naja…“, nuschelte ich, „Ich wollte Kim nicht anpöbeln, ich war einfach nur…“, ich seufzte, seine grünen Augen brannten sich wieder in meine, „Man, ich hab mich einfach dumm angestellt! Ich reagier momentan irgendwie schnell über!“ „Nein! Ich find‘s nicht dumm! Es ist voll… du!“, sagte er, seine Stimme war leiser. Ich schluckte. „Spinnenbein vom Dienst!“, versuchte ich einen Witz zu machen, um diese komische Anspannung zu lockern, doch Vins lächelte nur dieses schmale Lächeln, nur viel melancholischer irgendwie. „Du enttäuschst einen einfach nie!“, seine Worte schnitten tief und Schuldgefühle quollen aus der offenen Stelle hervor, „Anstatt pissig zu sein, weil ich dich ohne Nachricht auf deinem Geburtstag sitzen lasse, machst du dir sorgen ob ich tot im Graben liege und pöbelst dann auch noch meine Freundin, die deine beste Freundin ist, an, weil sie sich nicht genug sorgt… Das ist…“ „Ich war schon sauer!“, flüsterte ich, ich hatte dieses Kompliment nicht verdient. Ich hatte gedacht, dass er nicht anders kann als mich zu enttäuschen. „Kannst du das überhaupt wirklich?“, er lächelte, schien die Frage aber ernst zu meinen. „Bei dir nicht!“, antwortete ich viel zu leise und viel zu ehrlich. Alles war gerade zu viel und irgendwie nicht genug. „Vins, ich…“ Es hupte sehr energisch hinter uns, die Ampel war längst auf grün umgesprungen. Räuspernd und mich wieder auf die Straße fokussierend fuhr ich weiter. Schließlich bog ich wieder in meine Straße ein und sah meine Freunde schon auf uns warten. Kim riss die Hintertür auf und tatsächlich quetschten sie sich zu fünft hinten rein, Leonie schien es ohne Glen nicht auszuhalten. „Wenn mich die Bullen anhalten! Jeder zahlt für sich alleine!“, sagte ich entschieden, musste aber lachen, so zusammengedrückt, wie sie aussahen. „Ich bitte dich, jeder Bulle, der durch dieses Viertel mal fährt ist gerade bei euch im Garten und diskutiert angesoffen über Football!“, meinte nun mein Cousin, ich nickte überlegend. „Also, auf geht’s!“, sagte Kim, legte die Arme von hinten um Vins, der sie anlächelte. „Dein Wunsch ist mir Befehl!“, versuchte ich beschwingt und fuhr die nächste Runde um den Block. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)