Der Festplan von YukiKano (Weihnachten bei Familie Kaiba) ================================================================================ Kapitel 1: 22. Dezember ----------------------- Es gab kaum eine Sache die Seto Kaiba so sehr hasste wie Weihnachten! Denn den vollen Straßen, dem Gewimmel in den Einkaufshäusern, dem Konsumterror und den andauernd ankommenden Abwesenheitsnotizen seiner Partner und Kunden konnte er nun wirklich nichts abgewinnen. Am liebsten würde er diese drei Feiertage durchgehend in seinem Büro verbringen. Ein Sofa zum Schlafen war ja zu mindestens schon mal vorhanden – obwohl der Brünette eh nie viel schlief. Allerdings würde die Körperpflege in diesem Bürokomplex ein wahrhaftiges Problem darstellen. Und da er keine Lust hatte jeden Tag zwei Stunden durch die Stadt kutschiert zu werden, fiel diese Möglichkeit ins Wasser. Aber vermutlich war das sowieso nur eine optionale Lösung, wenn man keinen kleinen Bruder namens Mokuba hat. Denn Setos Bruder liebt Weihnachten. Und genau aus diesem Grund hat Seto Arbeitsverbot - volle fünf Tage lang! Der Schwarzhaarige Zwerg dehnte die Weihnachtsfeiertage nämlich gerne mal aus. Genau zu sagen dauert Weihnachten bei dem Überbleibsel von Familie Kaiba vom 23. Dezember bis zum 27. Dezember an. Es gab sogar einen sogenannten "Festplan" den Mokuba mal aufgestellt hatte. Und dieser Plan beinhaltete alles, was Weihnachten nur so mit sich brachte. Das Haus schmücken, den perfekten Weihnachtsbaum kaufen, Geschenke besorgen, Lebensmittel holen, Plätzchen backen - man könnte diese Liste unendlich weiterführen! Seufzend lehnte sich Seto zurück und massierte sich die Schläfen. Zum Glück gab es dieses Jahr einen anderen Dummen der mit seinem kleinen Bruder diesen bescheuerten Plan abarbeiten konnte! Seto würde am Ende nur die Früchte ernten! Joseph Jay Wheeler hätte am liebsten laut angefangen zu schreien, als der kleine Kaiba ihn in das nächste überfüllte Geschäft zog. Last-Minute Shopper und ihr Zeitmangel! Wie er das hasste. Wenn man seinen Liebsten eine Freude machen wollte, sollte man sich schon ein bisschen mehr Zeit für das richtige Geschenk nehmen und nicht immer erst auf den letzten Drücker losrennen. Joey für seinen Fall hatte seine Geschenke schon vor zwei Wochen gekauft und in Setos Villa versteckt. Heute war er nur in dieser menschlichen Stampede gefangen, weil Mokuba noch einige Dinge besorgen wollte und weil Joey noch ein paar Lebensmittel brauchte. Beim Durchsehen der Rezepte seiner Mutter war ihm nämlich aufgefallen das Setos Angestellte nicht alles gebracht hatten, was er benötigte. »Oh schau mal!«, rief Mokuba ihm zu, riss sich von seiner Hand los und stürmte zu einer Vitrine in der Schmuckabteilung. Er knallte seine kleinen Fingerchen ans Glas und starrte mit großen Augen auf eine Armbanduhr. Der Blonde Duellant rollte lediglich mit den Augen. War ja klar; normale Geschenke kannte Familie Kaiba ja nicht! Interessiert beugte sich Joey trotzdem ein wenig über die Vitrine. Als ihm allerdings der Preis der Uhr ins Auge sprang, wandte er sich gleich wieder ab. Die konnte er sich höchstens leisten, wenn er bei Seto in der Firma anfing und drei Jahre ununterbrochen arbeitete. Vielleicht nicht mal dann. »Denkst du Seto könnte die gefallen?«, fragte Mokuba skeptisch und drehte seinen Kopf zu Joey. Schön war die Uhr aus Silber ja, und auch das blaue Ziffernblatt passte hervorragend zu dem Brünetten, allerdings entschied sich Joey dazu Mokuba diese Idee schnellstmöglich auszureden. Er hatte keine Lust das Ziel tausender lauernder Taschendiebe zu werden, nur weil Mokuba mit einem Piratenschatz draußen herumrannte. Also redete er dem Kleinen ein, aus diesem Weihnachten ein bescheidenes Fest zu machen. Immerhin gab es noch viele andere Leute die es zu beschenken galt. Yugi, Yami, Tea, Tristan, Duke, Ryou und Bakura wollten schließlich am ersten Weihnachtsfeiertag vorbeikommen. Joey vermutete zwar nicht, dass jeder von Ihnen ein Geschenk für unbedingt nötig hielt, wollte aber trotzdem für jeden eine Kleinigkeit zur Hand haben. Denn trotz unzähliger Abmachungen sich gegenseitig nicht zu beschenken, lagen jedes Mal aufs neue gefühlte 1.000 Päckchen unter dem Baum. Der Blonde betrachtete den kleinen Kaiba lächelnd. Dieser hielt ein Päckchen Duell-Monsters-Karten in der Hand und sah die glitzernde Verpackung an, als wäre es ein Goldschatz. Joey freute sich zwar auf Weihnachten - auch wenn es für ihn noch schrecklich viel zu erledigen gab, allerdings am meisten auf den 24. Dezember. Der war nämlich nur "seiner kleinen Familie" vorbehalten. Gefühlte zehn Jahre später saßen Joey und Mokuba endlich wieder in einem Wagen von Setos Firma. Der Kofferraum war bis zum Anschlag mit Geschenken und Lebensmitteln gefüllt. Da Weihnachten für Joey nämlich ein ganz besonderes Fest war, hatte er heute Morgen alle Angestellten aus der Kaiba Villa in den Weihnachtsurlaub geschickt. Er selbst wollte alle nötigen Vorkehrungen für die bevorstehenden Tage treffen. Das hieß kochen, putzen und Geschenke einpacken. Schon jetzt schallte er sich selbst einen Idioten! ◦ ’°’◦ ★ ☆ ★.◦’°’◦ Gegen 21.00 Uhr zog sich Seto die wichtigsten Unterlagen auf einen USB-Stick und fuhr anschließend seinen Rechner runter. Obwohl Mokuba ihm zwar strikt verboten hatte unter den Feiertagen zu arbeiten, gab es nun einmal Sachen die sich nicht aufschieben ließen. Das musste auch ein kleiner Bruder mit einem unwiderstehlichen Hundeblick verstehen und auch der feste Freund, der unter Umständen den noch viel verführerischen Hundeblick draufhatte. Pünktlich gegen halb Zehn verließ Seto das Gebäude. Die Putzkräfte nickten ihm zu, er gab sich Mühe dies zu erwidern. Früher hatte er das nie getan, aber Joey hatte ihm erklärt, dass man auch durch aus etwas freundlicher zu seinen Angestellten sein konnte. Als daraus dann erst eine hitzige Diskussion und anschließend ein heftiger Streit entstanden ist, hatte sich Seto vorgenommen diese Bitte in die Tat umzusetzen - oder es zu mindestens zu versuchen ... Joey zu liebe! Allerdings erwies sich das als schwerer, wie gedacht. Als er den großen Bürokomplex aus Glas verließ, erwartete ihn zu seiner Verwun-derung kein leerer Wagen in dem er noch in Ruhe ein paar Geschäftsunterlagen hätte durchgehen können, sondern Joey und Mokuba, beide mit einem dicken fetten Grinsen im Gesicht. Innerlich stöhnte Seto genervt auf. Womit hatte er das verdient? Gönnten ihm die beiden denn wirklich keine Sekunde Ruhe? »Seto, Seto ... Wir haben so viele tolle Geschenke gekauft!«, begrüßte ihn Mokuba aufgeregt, umarmte ihn so gut es ging. Der Größenunterschied war immer noch erheblich. Aber der Kleine hatte sich vorgenommen Seto noch zu überholen. Sein großer Bruder war nämlich bereits ausgewachsen und Mokubas Wachstumsschübe fanden gerade erst ihren Anfang. Trotz der unsterblichen Bruderliebe die die beiden verband, sehnte sich Seto im Moment jedoch nach jemand ganz anderem. Und dieser jemand lehnte lächelnd am Auto, wartete auf seine Begrüßung. Joey hatte bereits zu Beginn ihrer Beziehung verstanden und akzeptiert, dass er niemals die erste Geige für Seto sein würde. Aber das war für ihn kein Problem, denn im Moment kamen beide - Mokuba und er - ziemlich kurz! Denn wenn Seto seine Zeit nicht in der Firma verbrachte, verbrachte er sie im Arbeitszimmer. Tür verschlossen und Störung untersagt! Wenige Augenblicke später löste sich der Brünette Kaiba von seinem Bruder, ging direkt auf seinen Freund zu. Des Blonden Lächeln wurde noch eine Spur breiter. Auch wenn er manchmal der Meinung war, seine Beziehung glich mehr einer Rentner-Ehe, als einer Beziehung unter Teenagern, kam er trotzdem nicht von ihm los, auch wenn er es versuchte. Er gab sich große Mühe verständnisvoll zu sein, aber des Öfteren nervte es tierisch, wenn Seto abends einfach Todmüde in sein Bett fiel ohne das sie großartig viele Worte miteinander gewechselt hatten. An manchen Tagen bekam Joey nicht mal eine Begrüßung zu hören. Aber im nächsten Moment bemerkte man auch, dass Seto durch Joey menschlicher geworden war. Und das hatte Joey schon des Öfteren dazu gebracht ihn nicht einfach fallen zu lassen, obwohl er immer wieder kurz davor war. Ein weiterer negativer Aspekt war, dass Seto nicht öffentlich zu Joey stehen wollte, aus Angst Konkurrenten könnten das als eine Schwäche von ihm sehen und diese ausnutzen. Der Blonde hatte sich dazu noch nie laut geäußert, aber wenn er sich wegen Bauchschmerzen zum Arzt trollte um nicht in die Schule gehen zu müssen, hängte es eigentlich immer damit zusammen. Heute schien Seto das allerdings nicht viel zu interessieren. Er machte zwei große Schritte mit seinen langen Beinen, dann stand er vor seinem Freund, stellte seine Tasche ab. Wortlos griff er nach der Hüfte des Blonden, drückte seine Lippen verlangend, aber sanft auf die seines Freundes. Joey musste blinzeln vor Verwunderung. Wann hatten sie sich denn das letzte Mal so geküsst? Dem 16-Jährigen fiel es nicht mehr ein. »Könnt ihr damit nicht warten bis wir zu Hause sind und ich schlafe?«, neckte Mokuba die beiden, stieß Seto an und stieg anschließend in den Wagen. Das Pärchen löste sich voneinander. Seto ließ Joey allerdings nicht gleich los, hielt ihn noch einen kurzen Augenblick fest. Er wusste ganz genau das sein Freund nach solch einem Kuss gerne weiche Knie bekam und was wäre der Brünette denn für ein Freund, wenn er nicht dafür sorgte das Joey in der Senkrechten blieb. »Wir reden nachher«, sagte Seto abschließend, ließ die Hüfte seines Gegenübers los. Dann stieg er in den Wagen, Joey verdattert hinterher. Die Tür flog zu und der Wagen setzte sich in Bewegung. ◦ ’°’◦ ★ ☆ ★.◦’°’◦ Da Seto nicht eingeweiht war, was seine Hausangestellten betraf, war er sichtlich verwundert als er in ein leeres Haus kam, wo ihm niemand den Mantel und die Tasche abnahm, ihn fragte wie sein Tag war und ihn anschließend wieder in Ruhe ließ. Und er konnte sich schon genau denken wer für diese Änderung verantwortlich war! In Mokubas Originalen Fassung des "Festplans" war die kurzfristige Beurlaubung von Angestellten nämlich nicht vermerkt gewesen. Passend dazu kam sein Freund an ihm vorbei, rempelte ihn mit voller Absicht an. »Hilfst du uns dann mal?«, fragte dieser neckisch, zwinkerte ihm mit einem Auge zu und verschwand in der Küche, um dort die Lebensmittel ordentlich zu verstauen. Seto war bereits eine Sekunde später im in Begriff dazu, sich in Bewegung zu setzen, Joey den Marsch zu blasen und anschließend seine Angestellten wieder zurück zu holen, als plötzlich Mokuba - lächelnd wie ein Honigkuchenpferd - an ihm vorbeilief. »Es ist so schön wenn nur die Familie anwesend ist!«, freute er sich. Sein großer Bruder nahm die Geschwindigkeit aus seiner Bewegung, starrte dem kleinen Schwarzhaarigen verwirrt hinterher. Nur die Familie? Aber Joey war doch noch da! Weit nach Mitternacht, war Seto nicht eine Sekunde lang zum Arbeiten gekommen. Mokuba und Joey hatten ihn erfolgreich davon abgehalten. Erst erklärten sie ihm lang und breit die Speisekarte für die nächsten Tage, dann wollten sie von ihm das er beim Schmücken half. Jetzt lag sein kleiner Bruder allerdings im Bett, schlief tief und fest. Das Pärchen hatte es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht. Bei gedimmten Licht sahen sie sich irgendeinen alten Film im Fernsehen an und kuschelten dabei. Seto genehmigte sich ein Glas Wein und Joey hatte sich auf Cola beschränkt. Er verstand nicht wie man diese rote, bittere Brühe trinken und dann auch noch genießen konnte. Oder auch Setos Liebe zu Kaffee konnte er überhaupt nicht nachvollziehen. Während der Abspann auf dem Bildschirm lief, wollte sich Joey bereits auf den Weg ins Bett machen, als Seto ihn jedoch zurückhielt und ihn wieder aufs Sofa zog. »Was ist denn noch?«, fragte der Blonde etwas verwirrt, dabei schwang aber auch ein klein bisschen Angst in seiner Stimme mit. Seto war bereits den ganzen Abend schon so unglaublich ruhig gewesen und Joey wartete geradezu auf seine Predigt. Allerdings seufzte der Brünette nur, zog seinen Freund wieder an sich, strich ihm durch die Haare. Wie er diese zerzausten blonden Fransen liebte! »Was erwartet mich die nächsten Tage?«, fragte der Brünette leise, vergrub anschließend sein Gesicht in den geliebten Haaren. Gott, wann war er seinem Freund das letzte Mal so nahe gewesen? Es kam ihm wie eine halbe Ewigkeit vor! Als Joey diese Frage hörte, konnte er aufatmen. Doch keine Predigt - zum Glück! Er hasste Predigten von Seto. Die ähnelten immer denen von seinem Vater ... Und einer von der Sorte reichte ihm bereits! »Also? Ich höre!«, forderte Seto seinen Freund noch einmal auf, ließ seine Hände anschließend unter Joeys weißes Shirt gleiten. Diesem fiel es nun schwer klare Worte herauszubringen, denn dafür lenkten ihn die großen Hände einfach zu sehr ab. Seufzend drehte er sich in Setos Armen um, blickte ihm fest in die Augen. Dieser Blick genügte und der Brünette schmolz bereits dahin, sah gleichzeitig aber auch, dass er seinen Freund wirklich etwas vernachlässigt hatte in letzter Zeit. Langsam zog er seine Hände zurück, legte sie an die Wangen des Blonden. »Es tut mir Leid ... Hündchen.« Verschmitzt begann der schwerreiche Firmenchef zu grinsen. Und von da an gab es kein Halten mehr. Die Münder der beiden prallten hart und unnachgiebig aufeinander. Beinahe gleichzeitig versuchten sie mit ihrer Zunge die Mundhöhle des jeweils anderen einzunehmen. Dabei lag so viel unterdrücktes Verlangen und Erregung in diesem stürmischen Kuss. Seto wurde tiefer in die beige Ledercouch gedrückt, seine Hände wurden links und rechts neben seinem Kopf festgenagelt. Und bei Joey? Bei dem waren sämtliche Sicherungen durchgebrannt! Über die Feiertage und deren Programm konnten sie auch morgen noch sprechen. Jetzt gerade zählte erst mal nur sein Freund, der nach gefühlten Jahrtausenden endlich wieder Zeit für ein bisschen Zweisamkeit einräumen konnte. Es sich unter der Dusche selbst zu besorgen, war nämlich nicht annähernd so gut, wie Seto ganz tief in sich zu haben! Vor lauter Gier und Angst, der Körper des jeweils anderen könnte sich in Luft auflösen, wenn sie ihn loslassen würden, wussten die beiden gar nicht richtig wo sie anfangen sollten. Joeys Hände landeten unter dem Hemd des Brünetten, dann in dessen Nacken, anschließend wieder unter dessen Oberkörperbekleidung. Seto hingegen schien die ganze Sache etwas pragmatischer anzugehen, denn seine Hände konzentrierten sich vorwiegend auf Joeys Hose. Alles andere konnte erst mal warten! Schließlich landete Setos Hemd auf dem Boden, was dem Größeren plötzlich in Erinnerung rief, dass er noch einen kleinen Bruder hatte der jederzeit im Wohnzimmer auftauchen konnte. Und Mokuba hatte in den letzten Monaten oft genug bewiesen, wie gut er für Überraschungen sorgen konnte. Joey schien genau dasselbe in den Sinn gekommen zu sein, denn der Blick den sich die beiden anschließend zu warfen erklärte alles. »Schlafzimmer?«, keuchte Joey völlig außer Atem. Seto nickte nur, sammelte gleichzeitig sein Hemd auf. Joey kümmerte sich währenddessen um die komische Lampe, deren Helligkeit man einstellen konnte. Kurze Zeit später wurde er allerdings davon weggezogen und Seto machte das Licht so beiläufig aus, als hätte er in seinem Leben nie etwas anderes getan. Zwischenzeitlich griff der Brünette nach der Hand seines Freundes, zog ihn die breite Marmortreppe empor. Bis zum Schlafzimmer war der Weg eigentlich nicht mehr lang, aber Joey lief dem 18-Jährigen dann doch etwas zu langsam. Daher wurde der Blonde kurzer Hand gegen die nächst beste Wand gedrückt und geküsst. Dabei bemerkte der Blonde die vorwitzigen Finger, welche Seto um seine Oberschenkel legte sofort und ließ sich bereitwillig hochheben. Automatisch schlang er die Beine um die Hüften seines Freundes. Dieser trug ihn hinfort. Ganz weit weg von Mokubas Zimmer, an welchem Sie gerade vorbeigelaufen waren. Der kleine war nun wirklich noch zu jung, um zu hören wir Joey vor Lust quasi schrie! Und Seto hatte sich ganz fest vorgenommen Joey heute zum Schreien zu bringen, bis der Blonde heißer wurde! Der Blonde wurde in einer einzigen Bewegung aufs Bett geschmissen. Bevor er sich allerdings an die neue Umgebung und die komplette Dunkelheit gewöhnen konnte, war Seto schon über ihm und drückte ihm erneut die Lippen hart auf den Mund. Während sie sich also im Bett hin und her kugelten, dabei immer wieder Gefahr liefen von der Bettkante zu fallen, küssten sie sich hitzig und erkundeten den Körper des anderen. Beide hatten das Gefühl, die Besonderheiten des anderen gar nicht mehr zu kennen, denn das letzte Mal lag wirklich schon erschreckend lang hinter ihnen. Das musste sogar Seto zugeben, der ansonsten eigentlich nicht so gierig auf Sex war. Er hatte sich da besser unter Kontrolle. Mit Joey gingen - was dieses Thema betraf - nämlich manchmal die Pferde durch. Was auch gut so war, denn ansonsten würden die beiden wohl oder übel niemals voll und ganz auf ihre Kosten kommen. Aber heute war dem Brünetten so etwas von egal, dass sein Freund ab und an zu stürmisch war. Und Joey konnte eh jeder den Buckel hinunterrutschen, der es jetzt wagte sie zu stören. Selbst Mokuba würde er in diesem Moment zum Mond schießen! Sie wollten sich nur noch nah sein, nichts anderes. Im Moment könnte die Welt untergehen und es wäre ihnen am Arsch vorbeigegangen! Während Seto Joeys Hals küsste, ihn an dieser ganz speziellen Stelle unter dem Ohr verwöhnte, kümmerte er sich um das weiße T-Shirt seines Freundes. Das sollte nämlich endlich verschwinden und Seto Platz zum Spielen bieten. Für das entledigen des Kleidungsstücks musste er sich allerdings einmal kurz von dem Blonden lösen, was dieser nur mit einem tiefen knurren quittierte. Einem lustverhangenen, aber auch verärgerten knurren. Der Firmenchef widmete sich wieder dem Hals seines Geliebten, erkundete gleichzeitig dessen straffen Oberkörper mit seinen Händen. Von Joey würde er nie im Leben genug bekommen können! Besagtem dauerte das Vorspiel allerdings bereits zu lang. Kurzerhand drehte er die beiden um, sodass nun er oben lag. Ihre Blicke trafen aufeinander. Schwer atmend hielten sie einen kurzen Augenblick inne. Und dann begann Joey mit dem was er eigentlich vorhatte, dieses Mal allerdings nicht so hitzig. Er nahm seinen Platz direkt auf der Mitte von Kaiba ein, sah von oben auf ihn herab und begann ganz vorsichtig mit den Händen über seinen Oberkörper zu streichen. Manchen Stellen gab er dabei mehr Aufmerksamkeit als anderen, aber das juckte Seto nicht im geringsten, denn sein Freund verwöhnte ausschließlich die richtigen Stellen. Der Blonde genoss den Anblick seines Freundes, der keine Anstalten dazu machte, sich wehren zu wollen. Es gab nur ganz wenige Momente in denen man mit Seto machen konnte was man wollte. Und genau jetzt war so ein Moment gekommen, in dem Seto alles mit sich machen ließ! Vermutlich könnte Joey den Brünetten jetzt auch fragen ob er ihm eine Insel kaufen würde und der CEO würde mit Sicherheit ohne zu zögern "ja" sagen. Grinsend strich der Blonde mit seinen Händen des Blauäugigen strafe Brust hinab und anschließend wieder hinauf. Zufrieden bemerkte er, wie Seto anfing zu zittern und auch dessen Erregung ging nicht spurlos an dem Blonden vorbei. Der Braunäugige biss sich auf die Unterlippe, schob dann sein Becken nur ein kleines Stück vor. Der Ältere hatte das Gefühl explodieren zu müssen als Joey das tat. Normalerweise hatte er sich ja besser im Griff, aber nach einer einmonatigen Durststrecke durfte auch ein Seto Kaiba mal die Kontrolle verlieren. Allerdings gab ein Kaiba nicht auf und ein Kaiba bekam auch immer was er will. Und im Moment wollte Kaiba nur Wheeler - und zwar ganz! All die Erregung unterdrückend, warf Seto Joey von sich runter, kletterte im nächsten Moment auf ihn und nestelte unwirsch an dessen Jeans herum. Nach drei kleinen Bewegungen hatte er diese bereits offen und bekam somit die Chance sie dem Blonden auszuziehen. Ganz langsam zog er also die Hose, samt Boxershorts, hinab, grinste seinen Freund dabei böse an. Als Joey schließlich die Hose ganz samt über die Füße glitt, zog sich Seto seine eigene auch gleich noch aus. Nur einen kurzen Augenblick später war er wieder über seinem Geliebten, rieb sich verlangend an diesem und küsste ihn leidenschaftlich. Joeys Erregung wurde so bis zum Äußersten ausgereizt. Daher dauerte es auch nicht lange bis er zitternd und stöhnend kam, seinen Freund gleich mit über die Klippe riss. Es dauerte nicht lange - vielleicht fünf hektische Atemzüge - und der Blonde wurde rot, weil er dieses Ende so nicht gewollt hatte, aber trotzdem viel zu ausgelaugt für eine zweite Runde war. Beschämt wand er den Kopf ab. Seto brauchte ein, zwei Atemzüge mehr, um wieder zur Ruhe zu kommen, robbte dann Hoch zum Kopf des großen Betts. »Lass uns schlafen«, sagte der Brünette, versuchte es betont liebevoll klingen zu lassen. Gleichzeitig klopfte er auf das weiche Kopfkissen neben seinem eigenen. Joey brauchte einen kleinen Augenblick um die Schamröte aus seinem Gesicht zu verbannen, dann folgte er seinem Freund. Der Profi-Duellant nahm den Blonden begehrend in die Arme, schloss genießerisch die Augen. Einen kurzen Augenblick war es still im Raum, dann begann Joey zu zittern wie Espenlaub. Man hörte ihn schluchzen, dann fielen die ersten Tränen auf Setos Haut. Der Blauäugige hatte keine Ahnung wie er damit umgehen sollte, war er doch noch nie sonderlich gut im Trösten gewesen. Und außerdem: Warum weinte sein Freund denn jetzt? Auch Joey wusste nicht ganz genau weshalb er nun weinte. Klar, es tat ihm schrecklich leid das Seto nicht ganz auf seine Kosten gekommen war und das sich der Brünette vermutlich etwas ganz anderes vorgestellt hatte. Aber zu weinen hatte sich Joey eigentlich schon vor langer Zeit abgewöhnt. Denn egal wie viele Tränen am Ende geflossen sind: Gebracht hatten sie ihm nie etwas! »Es tut mir leid«, nuschelte Joey weinerlich, klammerte sich so sehr an Setos Arme das man hätte meinen können, er würde verschwinden wenn er ihn losließ. Das Schluchzen wurde noch lauter. Der CEO verstand die Welt nicht mehr. Warum entschuldigte er sich denn jetzt? »Hey ... Warum weinst du?«, hauchte der Firmenchef ganz leise. »I-ich h-hab dich en-entäuscht«, krächzte der Blonde, hatte das Gefühl an seiner Stimme zu ersticken. Seto wusste nicht mehr was er sagen sollte, hatte gar keine Ahnung wie er seinen Freund beruhigen sollte. Also zog er den Anderen einfach noch näher an sich, vergrub sein Gesicht in dessen Haaren. Und nur kurze Zeit später drifteten beide ins Land der Träume ab. Der eine vor Erschöpfung, der andere vor reiner Müdigkeit. Kapitel 2: 23. Dezember ----------------------- Mit dem 23. Dezember begann Setos erster offizieller Tag "Urlaub". Sein Wecker klingelte trotzdem bereits um 5.00 Uhr in der Früh. Im letzten Jahr hatte Seto die Zeit von da an bis um 10 Uhr noch dazu genutzt, ein paar Unterlagen durchzugehen. Mokuba wurden nämlich die Gene eines motorischen Langschläfers vererbt und daher beehrte Seto grundsätzlich vor 10 Uhr nicht mit seiner Anwesenheit. Hin und wieder konnte es auch um 11 Uhr werden oder doch erst um 12 Uhr. Auch heute wachte der CEO sofort auf, spielte zu erst mit dem Gedanken das warme weiche Bett zu verlassen, blieb dann aber doch erst mal liegen. Joey wurde von dem lauten, unnachgiebigen Geräusch ebenfalls wach ... oder zu mindestens ansprechbar. Unwohl räkelte sich der Blonde nun hin und her. Erst nach wenigen Minuten öffnete er die Augen, sah direkt in Setos blaue Saphire. Leicht errötete er, wenn er an die Aktion von letzter Nacht dachte. Dieses kindische herum Geflenne würde ihm wohl noch ein paar Tage peinlich sein! »Gute morgen«, begrüßte er seinen Freund leise, traute sich nicht einen Arm um diesen zu schlingen. So eine Nacht hatten die beiden definitiv noch nicht erlebt. Joey hatte noch nie angefangen zu weinen, nur weil etwas nicht so gelaufen war wie sich Seto es vorgestellt hatte. Der Brünette hatte noch immer keine Ahnung was er zu letzter Nacht sagen sollte, also hielt er lieber den Mund! Er drückte seinem blonden Freund, dessen Tränenspuren sich noch deutlich auf den Wangen abzeichneten, einfach einen Kuss auf die Lippen und erhob sich anschließend doch aus dem Bett. Ohne einen Funken Scham schritt er durch das Zimmer auf den Weg zum Kleiderschrank. Verlegen beobachtete Joey ihn, wurde rot, konnte aber den Blick nicht abwenden. Auch an seinem kleinen Freund ging das nicht spurlos vorbei. Der Brünette bemerkte die verlangenden Blicke in seinem Rücken, legte daher das herausgenommene Shirt zurück auf den Regalboden und drehte sich um. Erschrocken riss Joey daraufhin die Augen auf und wandte den Blick schlussendlich doch ab. Seto grinste diabolisch, machte mit einer Hand den Schrank wieder zu. Anschließend schritt er langsam und selbstbewusst zum Bett zurück, kuschelte sich wieder unter die Decke und rückte ganz nah an Joey heran. Dieser hatte ihm den Rücken zu gewandt, um sein errötetes Gesicht zu verbergen. Des Firmenchef Grinsen wurde immer breiter. Langsam, aber mit erheblicher Bestimmtheit drückte er sich an seinen Freund, rieb sich rhythmisch an ihm. Gleichzeitig drückte er seine Lippen an die weiche Haut von Joeys Nacken, küsste und biss ihn liebevoll, saugte an einigen Stellen. Sein blonder Freund stöhnte auf, was Seto dazu brachte noch forscher zu werden. Seine linke Hand wanderte sanft über des Kleineren Hüften bis zu einer ganz bestimmten Stelle. Als der 16-Jährige dies mit einem lauten Keuchen quittierte, packte der Ältere beherzigt zu. Und so liebten sie sich eine Weile, bis beide - des anderen Namen stöhnend - kamen. Eine Weile blieben sie noch so liegen, nutzen die Zeit Ihre Atmung und ihren Puls wieder unter Kontrolle zu bringen. Doch der Blonde zerstörte die geradezu harmonische Stille nach nicht allzu langer Zeit. Denn er hatte etwas auf dem Herzen, was er unbedingt los werden musste. Und wenn Joey Wheeler etwas los werden musste, ließ sich das auch nicht mehr aufschieben! Der Braunäugige biss sich auf die Unterlippe, drehte sich schließlich zu Seto um und nahm seinen ganzen Mut zusammen. »War das in Ordnung für dich?«, fragte er dann ganz leise, hatte Angst vor der Antwort. Vermutlich hatte sich Seto wieder etwas ganz anderes vorgestellt als er gerade eben angefangen hatte Joey zu verwöhnen. Und obwohl Joey das auch gewollt hatte, hatte er es einfach nicht fertig gebracht sich umzudrehen, um aus dem bisschen Kuschelsex etwas anderes zu machen. Doch der Firmenchef lächelte nur milde über die Unsicherheit seines Geliebten, drückte seine Lippen auf die seines Gegenübers. »Ich würde sogar kommen ohne das du mich anfassen müsstest. Und selbst das wäre perfekt!«, sagte er und musste sich im Nachhinein eingestehen das es beinahe wie ein "Ich liebe dich" klang. Dabei hatte er die berühmten drei Worte oder etwas, was so ähnlich klang noch nie zu Joey gesagt ... Auch nach fast einem Jahr, in dem sie jetzt zusammen waren, nicht. Diese Worte wollten ihm einfach nicht über die Lippen kommen. Er kannte die Gründe, wollte aber nicht so recht verstehen, warum seine Vergangenheit ihm immer noch Steine in den Weg legte. Irgendwann musste er doch endlich Gras über die Sache wachsen lassen können. Aber dem Blonden schien diese Antwort zu genügen. Seufzend schloss er die Augen und kuschelte sich an den Größeren. Dieser begann daraufhin seinen Freund zu streicheln. »Ich liebe dich«, seufzte Joey, wohl wissend das er vermutlich niemals eine Erwiderung auf diese Worte bekommen würde. Aber es reichte ihm zu wissen, dass er gerade hier im Bett lag und zwar mit der Person, die sich in den letzten zehn Monaten zum Mittelpunkt seines Lebens entwickelt hatte. ◦ ’°’◦ ★ ☆ ★.◦’°’◦ Als Mokuba gegen 9.00 Uhr an die Schlafzimmertür von Seto geklopft und anschließend verkündet hatte, er habe Hunger, war es mit der trauten Zweisamkeit der beiden vorbei. Seufzend schwangen sie ihre Beine aus dem Bett. Seto ging zum Kleiderschrank, wollte bereits formelle Kleidung heraus holen, als ihm einfiel das die drei ja ganz alleine in der Villa waren. Joey hatte das nicht vergessen, weswegen er sich Setos Hemd von gestern gekrallt hatte. Dazu kombinierte er eine lockere kurze Hose. Als der Brünette dies bemerkte und sich im selben Zuge auch eingestehen musste, dass sein blonder Freund wirklich heiß in seinem Hemd aussah, wäre es bereits beinahe um ihn geschehen. Er wünschte Mokuba und seinen verdammten Hunger im Moment auf den Mond, wäre doch jetzt viel lieber noch eine Weile mit Joey alleine. Der 16-Jährige schien davon allerdings nicht viel zu halten. Mit eiligen Schritten ging er auf seinen Freund zu, drückte ihm einen Kuss auf die Lippen und tänzelte dann aus dem Zimmer. Grinsend beobachtete Seto ihn dabei und musste daran denken, wie er das letzte mal gelaufen war als sie die Nacht zusammen verbracht hatten. Der seltsame Blick seines Bruders und seiner Angestellten war ihm dabei nicht verborgen geblieben. Und somit hatte es auch etwas gutes das er Joey nicht bis auf den Mond gevögelt hatte, denn Mokuba wusste bereits zu viel und war dafür eigentlich noch viel zu jung. Am Frühstückstisch herrschte dann gefräßiges Schweigen. Zu mindestens so lange, bis Seto einfiel das ihn immer noch niemand über die bevorstehenden Tage aufgeklärt hatte. Deshalb warf er diese Frage einfach in die Raum und wartete auf eine Antwort. Mokuba sah Joey an und Joey Mokuba. Anscheinend wussten sie beide nicht wer anfangen sollte die geschmiedeten Pläne vorzutragen. Es dauerte also auch eine ganze Weile, bis sich Joey dazu durchrang mit der Thematik zu beginnen: »Also: Heute schmücken wir das Haus, kaufen einen Tannenbaum und holen die noch fehlenden Lebensmittel. Heiligabend gehört der Familie und übermorgen kommen da-« »Moment!«, unterbrach Seto seinen Freund unwirsch. »Du fährst morgen also zu deinen Eltern?« Joey blieben die Worte in der Kehle stecken. Nicht nur die harsche Unterbrechung seines Freundes führte zu Verwunderung, sondern auch dessen Tonfall und der Inhalt seines Einwandes. Mokuba hingegen verschluckte sich beinahe, kannte den Ton, den sein Bruder da anschlug, ganz genau. Joey für seinen Teil blickte den Blauäugigen immer noch fragend an. Auf eine Antwort wartend zog Seto eine Augenbraue hoch, der Blonde schluckte erneut. »N-Nein ... Ich wollte morgen nicht zu meinen Eltern fahren, die kommen doch a-« »Du hast aber gesagt Heiligabend gehört der Familie oder habe ich dich da falsch verstanden?«, schnitt der Brünette ihm erneut das Wort ab. Der Braunäugige schluckte seine Worte wieder herunter. Er hatte nun verstanden was Seto damit gemeint hatte. »Verstehe«, entgegnete er daraufhin, erhob sich ohne den CEO anzusehen. »Mokuba würdest du deinem Bruder bitte den Rest erzählen, ich muss mal eben auf die Toilette!« Er wartete die Antwort nicht ab, sondern stürmte einfach aus dem Raum. »Du bist so ein Idiot!«, schmiss Mokuba seinem Bruder im nächsten Moment an den Kopf, aß dann einfach seelenruhig weiter. Jetzt hatte er auch keine Lust mehr von den bevorstehenden Festtagen zu erzählen. Denn ohne Joey wären die eh dahin! Weinend packte Joey ein paar Sachen zusammen. Er war zwar noch nicht offiziell bei seinen Eltern ausgezogen, aber in letzter Zeit hatte er immer mehr von seinem Krempel in die Kaiba Villa geschleppt. Und das hieß, er wusste selbst nicht mehr genau was er noch zu Hause hatte. Wenn er also die Festtage dort verbringen musste, musste er auch Klamotten einpacken. Schluchzend wischte er sich die Tränen von den Wangen, was allerdings nicht viel brachte, denn bereits im nächsten Moment waren sie wieder ganz nass. So konnte man ihm auch den Arsch treten! Tief ein- und ausatmend schloss er den Reißverschluss seiner Sporttasche, schulterte diese und machte sich auf den Weg. Dabei schlich er ganz leise zur Eingangstür der Villa und konnte schließlich unbemerkt verschwinden. Hätte ihn auch gewundert wenn Seto und Mokuba in der weit entfernten Küche etwas mitbekommen hätten. Nachdem er auch das Grundstück verlassen hatte, fiel ihm die dunkelblaue Limousine von Setos Firma ins Auge. Der Fahrer - Roland - stand bereits davor und schien nur seinen nächsten Befehl abzuwarten. »Ah ... Guten Morgen Mister Wheeler, darf ich sie irgendwo hinbringen?«, grüßte der etwas ältere Mann ihn auch sofort. Joey wünschte sich, er hätte ihn nicht gesehen. Da er etwas frische Luft schnappen und ganz sicher nicht verhört werden wollte, verneinte er die Frage mit einem lautlosen Kopf schütteln und schlürfte träge weiter. In diesem Tempo würde er noch Stunden bis zu seinen Eltern brauchen. Allerdings hatte er somit auch genug Zeit die Tränen und ihre Beweisspuren beseitigen zu können. Denn er hatte bestimmt keine Lust auf neugierige Blicke und lange Gespräche. Seto hatte das letzte Mal einen Geschirrspüler eingeräumt, da waren Mokuba und er noch im Kinderheim gewesen. Seit dem hatte er immer jemanden, der das für ihn gemacht hatte. Mokuba hatte kurz nach Joeys Verschwinden ebenfalls das Weite gesucht und den Firmenchef mit einem Stapel dreckigen Geschirr in der viel zu großen Küche alleine zurück gelassen. »Die drehen doch alle komplett durch«, fauchte der Brünette vor sich hin, knallte einen dreckigen Teller in den Spüler. »Dieser Kindergarten - benehmen sich ja alle wie 3-Jährige!« Eine Weile machte er so weiter, schmiss das Geschirr gerade zu in den Spüler. Das ging auch gut, allerdings nur so lange, bis das erste Glas zerbrach und sich ein Splitter tief in Setos Hand bohrte. Wie gelähmt starrte er die Wunde an, aus der sofort Blut quoll, konnte gar nichts machen. Schockiert sank er auf den Boden, atmete schwer aus. Er hasste Blut und Glassplitter noch viel mehr. Mehr konnte er sich aber auch nicht erlauben, denn ein Kaiba hatte ja für bekanntlich keine Angst! Zu erst wollte Seto nach einem seiner Angestellten rufen, aber dann fiel ihm ein, dass niemand da war, weil Joey sie ja alle in den Urlaub geschickt hatte. Verdammt! Der Blonde wurde von dem unguten Gefühl, verfolgt zu werden, heimgesucht. Der frische Pulverschnee gab die ganze Zeit ein Echo, welches unweigerlich von Schritten eines Menschen stammte, wieder und seine eigenen waren es ganz sicher nicht. Immer wenn sich der 16-Jährige dann leicht paranoid umdrehte, war aber weit und breit niemand zu sehen. Auch keine Fußspuren konnte er entdecken. Nicht mal seine eigenen. Das hieß er war Schneeblind ... Na ganz große Klasse! Konnte dieser Tag eigentlich noch grauenvoller werden? Haare raufend ging er weiter, lief allerdings an dem Haus seiner Eltern vorbei. Sein Vater musste ohnehin noch arbeiten und seine Mutter samt Serenity waren sicherlich auf einem der vielen Weihnachtsmärkte in der Stadt. Also was brachte es ihm dann alleine zu Hause herum zu sitzen und in Selbstmitleid zu versinken? Da konnte er auch genau so gut zu Yugi, Yami und Yugis Großvater gehen. Denn dort gab es immerhin den besten Kakao in der ganzen Stadt. Mit dem konnte nicht mal Setos komische Luxus-Heißgetränke-Maschine mit halten! Und außerdem war Kakao ja für bekanntlich das beste Mittel gegen angeknackste Herzen. Ein kleines Glöckchen kündigte Joeys Besuch an, was dazu führte das ein völlig abgehetzter Yami in den vorderen Teil des Ladens stürmte. Erst noch völlig in der Entschlossenheit jetzt einen Kunden bedienen zu müssen, dann aber erleichtert, als er sah des es nur Joey war. »Na danke auch ... Hättest du dir beim her fahren lassen keine fünf Minuten länger Zeit lassen können?«, knurrte er, klang dabei nicht gerade erfreut. Die unfreundliche Bemerkung ignorierte Joey einfach gekonnt, schloss stattdessen die Ladentür hinter sich. »Geh unter die Dusche Yugi, Joey ist gerade erschienen!« In der nächsten Sekunde polterte etwas die Treppe hinauf, anschließend knallte eine Tür zu. Der Blonde zog eine Augenbraue nach oben. »Ihr beide wolltet in der Küche fi-« »Sein Großvater ist bis morgen nicht da und ich dachte mir, ich könnte die Zeit sinnvoll nutzen ... Ein Küchentisch bringt gewisse Reize mit sich!«, unterbrach Yami ihn schnell, bevor der Blonde seinen Satz zu ende sprechen konnte. »Warum bist du hier? Und wo ist dein Anhängsel?«, lenkte der Geist des Millenniumspuzzle ab. Der Braunäugige wollte bereits etwas dazu sagen, schloss den Mund dann aber wieder. Er hatte keine Lust über Seto zu reden und auch keinen Nerv dazu, jetzt einen Gedanken an dieses Arschloch zu verschwenden. »Der hat zu tun«, antwortete der Größere daher Schulter zuckend. »Und das anscheinend nicht im Bett oder am Küchentisch«, stichelte Yami, verschränkte die Arme vor der Brust. Der andere Junge im Raum würde auch diese Bemerkung am liebsten einfach an sich vorbei lassen gehen, aber so etwas war Joey Wheeler nicht vergönnt. »Ich habe keine Ahnung was ein Küchentisch so für Reize hat! Wenn wir mal miteinander vögeln, müssen wir entweder darauf aufpassen das sein kleiner Bruder nicht in der Nähe ist oder ich versaue ihm die ganze Tour, weil ich nach drei Monaten Durststrecke von jeder kleinen Berührung komme!«, brauste der Blonde schließlich auf und bemerkte erst zu spät, dass er Sachen raus posaunt hatte, die er eigentlich gar nicht an die Öffentlichkeit tragen wollte - zu mindestens nicht auf diese Art und Weise. »Ach so ist das ... Du brauchst Sextipps!« »Nein, ich brauche keine Sextipps! Ich habe nur keine Lust mehr darauf andauernd nur das nervige Anhängsel zu sein, denn anscheinend gehöre ich nicht mal wirklich zu ihm!« Jetzt wurde Yami hellhörig. Kaiba mag zwar ein kühler und abweisender Mensch sein, aber in Joeys Gegenwart benahm er sich immer ganz anders. So, als würde nur Joey auf diesem Planeten existieren. In solchen Momenten war dann sogar Mokuba unwichtig, der ja sonst immer die erste Geige in Setos Leben spielte. Was also war passiert, dass Joey sein Lieblingsfest nicht bei seinen Liebsten verbrachte? »Was hat er angestellt?«, verlangte der Bunthaarige Junge nun zu wissen. »Mokuba und ich haben einen sogenannten Festplan ausgearbeitet.« »Ach das Ding, was auch beinhaltet, das wir alle am ersten Weihnachtsfeiertag bei euch auflaufen sollen?«, entgegnete Yami, nur um sicher zu gehen das er auch das meinte, wovon Joey sprach. Der Blonde nickte zustimmend, räusperte sich und fuhr dann fort: »Auf jeden Fall involviert dieses Ding den Heiligabend als Abend für die Familie. Und das hat Mokuba so vorgeschlagen und damit Seto, ihn und mich gemeint. Und als wir Seto heute morgen erzählen sollten, was ihn die nächsten Tage erwartet, ist er sofort davon ausgegangen das ich zu meinen Eltern fahre und er mit Mokuba alleine ist. Er hat mich ja nicht mal ausreden lassen!« Der Lilaäugige verstand und konnte sogar halbwegs nachvollziehen warum Joey jetzt hier stand und im Moment nichts mit Kaiba zu tun haben wollte. Diese Aussage wäre auch für ihn - Yami - ein harter Schlag in die Magengrube gewesen! Vor allem wenn sein kleiner, süßer, unschuldiger Yugi so etwas gesagt hätte. Aber Joey war nun mal mit der rationalsten Person auf dem ganzen Planeten zusammen. Und Rationalität beinhaltet meistens auch, dass so etwas wie Empathie nicht vorhanden ist! Bei Seto traf das auch des Öfteren zu, weswegen es in den letzten zehn Monaten bereits öfters dazu gekommen ist, dass Joey weinend im Spielladen von Yugis Großvater aufgetaucht war. Meistens wurde er aber Abends wieder von einem Auto der Kaiba Corp. abgeholt und in seine Hundehütte - So nannte Yami das Haus der Kaibas - zurück gebracht. Aber den eigenen Freund an Weihnachten zu vergraulen, damit war selbst ein Seto Kaiba zu weit gegangen! Auf der Suche nach den richtigen Worten, blickte sich Yami um, schielte an Joey vorbei und entdeckte etwas, oder besser gesagt jemanden, der seine ganze Aufmerksamkeit auf sich zog. »Du hast ja jemanden mitgebracht!«, grinste er Richtung Joey und nickte dann zur Tür. Stirn runzelnd drehte der Blonde sich um und bekam beinahe einen Herzinfarkt. »Mokuba?«, murmelte er leise vor sich hin, warf seinen Sporttasche auf den Boden und ging hinaus. »Was machst du hier?« »Ich wollte das du wieder nach Hause kommst«, antwortete der Kleine Junge, als sei es das normalste der Welt, dass er in Pyjama mindestens eine Stunde lang durch die Gegend gelaufen war und das bei mindestens -15°C und Schneefall. »Komm erst mal rein, sonst wirst du Weihnachten im Bett verbringen müssen!«, erwiderte Joey, griff nach Mokubas Ärmel und schob ihn in den Spielladen. »Fühlt euch ganz wie zu Hause«, sagte Yami nun und präsentierte den ausgefüllten Verkaufsraum mit einer einladenden Handgeste. Genau in diesem Moment stieß auch Yugi zu Ihnen. Seine Haut glitzerte noch immer vom Wasser der Dusche und auch seine Haare hatte er noch nicht zu recht gemacht. Trotzdem machte Yami den Eindruck, als würde er Joey und Mokuba am liebsten wieder raus werfen, den Laden für heute schließen und dann mit Yugi da weitermachen wo er vorhin aufgehört hatte - besser gesagt wo die beiden gestört wurden. Allerdings würde Yugi das auf keinen Fall zu lassen. Das kleine Unschuldslamm konnte das Wort "Sex" und alles was damit zu tun hatte nicht einmal aussprechen! Das hieß allerdings nicht das er im Bett schüchtern ist ... Oder schlecht ... »Kommt mit, ich mach euch Kakao!«, lächelte Yugi, verschwand mit diesen Worten in der Küche. Mokuba huschte hinterher. Als Joey ihm gerade folgen wollte, bemerkte er allerdings Yamis wütenden Blick. Er wusste ganz genau was der ehemalige Pharao jetzt dachte und kam nicht drum herum laut los zu lachen. »Keine Sorge, du wirst Yugi noch eine ganze Weile für dich alleine haben. Wir hauen bald wieder ab, Mokuba muss immerhin nach Hause. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er Seto Bescheid gesagt hat als er abgehauen ist!«, grinste der Blonde und klopfte dem Bunthaarigen auf die Schulter. »Und jetzt komm mit nach hinten. Auch wenn Yugi so verdammt verklemmt ist, lieben tut er dich trotzdem und er möchte dich bestimmt keine Sekunde mehr missen!« Diese Worte schienen den Kleineren zu beruhigen, denn er legte einen Arm um Joeys Schulter - zu mindestens versuchte er es -, nickte ihm zu und ging anschließend mit ihm zusammen in die Küche. Erste Hilfe mäßig hatte sich Seto - nachdem weder Joey noch Mokuba auf seine Rufe reagiert hatten - ein Geschirrtuch um die Hand gebunden und war nun auf den Weg ins Bad. Er musste diese Scherbe aus seiner Hand bekommen und zwar schnell. Denn der Blutverlust - auch wenn er nur gering war - machten ihm doch schwer zu schaffen. Er hatte das Gefühl die Schmerzen raubten ihm die Sinne. Kaum hatte er das Bad erreicht, brach er auch schon auf dem Boden zusammen und riss die Hälfte der Shampoos und Aftershaves mit sich. Ihm wurde ganz schwindelig. Aber vermutlich geschah ihm das Recht, denn er hatte Joey vorhin das Herz gebrochen wie ihm jetzt bewusst wurde. Denn erst jetzt verstand er, dass Mokuba und auch er selbst, Joey eigentlich schon längst als Mitglied der Familie betrachteten. ◦ ’°’◦ ★ ☆ ★.◦’°’◦ In der Küche von Yugi und Yami wurde gelacht und geredet, unzählige Runden Duell-Monsters gespielt, Kakao getrunken und Plätzchen verspeist. Allen Anwesenden machte dies so viel Spaß, dass sie die Zeit aus dem Auge verloren. Erst als die Kuckucks Uhr das nächste mal schlug, horchten alle hin. »Oh Gott!«, rief Joey schockiert aus. »Schon so spät? Mokuba du musst nach Hause, Seto bringt uns beide um!« Der jüngere Kaiba gähnte bestätigend und streckte sich. »Du hast Recht«, murmelte er schläfrig. »Außerdem müssen wir morgen früh aufstehen, weil wir heute nichts von dem geschafft haben, was wir eigentlich machen wollten.« Joey rollte mit den Augen. Stimmt ja, da war ja noch etwas, woran wohl niemand mehr gedacht hatte. Die Verabschiedung von Yugi und Yami verlief kurz und schmerzlos. Joey nahm Mokuba Huckepack und dann traten Sie in die eisige Kälte hinaus, hatten gar keine andere Wahl als zu laufen, weil um diese Uhrzeit keine Busse mehr fuhren und Roland bereits Feierabend gemacht hatte. Seto saß immer noch im Badezimmer und die Scherbe steckte nach wie vor in seiner Hand. Nachdem er beinahe zwei Kreislauf Zusammenbrüche erlitten hatte, versuchte er kein drittes mal sie herauszuziehen. Auch Glückspilze sollten ihr Glück nicht zu oft herausfordern. »Mokuba?«, rief er erneut, auch wenn bereits die ersten hundert Versuche keine Frucht getragen hatten. »Joey?« Doch noch immer antwortete ihm niemand. Genrell war es bereits den ganzen Tag über ziemlich still in der Kaiba Villa gewesen. Seto rollte über diese plötzliche Erkenntnis nur mit den Augen. Natürlich: Die beiden Vögelchen waren ausgeflogen. Joey vermutlich weil er verletzt gewesen war und Mokuba, um ihn wieder zurückholen. Denn der Kleine Zwerg hatte sein Herz an den Blonden verschenkt und war jedes mal furchtbar wütend auf Seto, wenn er und Joey sich mal wieder stritten. Dabei war aber nicht immer der Brünette an den Streitereien Schuld. Denn Joey war nicht das Unschuldslamm für das Mokuba ihn hielt. Zu mindestens dachte der CEO es wäre so. »Du musst ihm verzeihen. Manchmal ist Seto einfach nur unglaublich begriffsstutzig«, gähnte Mokuba, während Joey ihn durch die leeren Straßen der Stadt trug. »Das so ein Wort überhaupt in schon in deinem Wortschatz vorkommt«, antwortete der Blonde daraufhin nur. Er hatte keine Lust jetzt über Seto zu sprechen! »Seto sagt das immer, wenn ich nicht verstehen will das er noch arbeiten muss«, erklärt der Schwarzhaarige rasch, klammerte sich gleichzeitig noch etwas mehr an Joeys Hals. Als der Blonde bemerkte das des Kleineren Atemzüge immer ruhiger und flacher wurden, grinste er glücklich vor sich hin. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, dein Bruder und ich raufen uns doch immer wieder zusammen oder etwa nicht?«, lächelte der Ältere. »Mhmm, aber irgendwann ist jedermanns Grenze erreicht«, bekam er noch als Antwort, dann war der Jüngere vollends weg gedämmert. Als die beiden etwa eine Stunde später die Kaiba-Villa erreichten, war Joey verwundert das im ganzen Haus nicht ein einziges Licht brannte. Seto konnte doch nicht schon schlafen oder? Nein ganz bestimmt nicht - Ein Seto Kaiba ließ die Zeit niemals ungenutzt verstreichen. Also hatte er sich bestimmt hinter seinen Schreibtisch geklemmt, als er bemerkt hatte das die Villa leer war. Da weder Mokuba noch er einen Schlüssel mitgenommen hatten, blieb ihm nichts anderes übrig als den Ersatzschlüssel zu suchen. Dafür musste er den Kleineren allerdings von seinem Rücken runter heben und auf die Bank neben der Tür setzen. Dann begab er sich auf die Suche nach dem geformten Stück Metall. Das Seto sich überhaupt traute so etwas zu verstecken, wo er doch sonst immer gerade zu Paranoid war, was seine Privatsphäre anging. Nach kurzer Suche entdeckte er den Schlüssel schließlich in einem leeren Vogelbad. Für dieses Versteck würde Seto auf jeden Fall zwei Daumen nach oben bekommen. Einen für völlige Dummheit und den anderen für absolute Einfallslosigkeit. Wenn man den Schlüssel an einen Ort packte, wo ihn jeder auf Anhieb sehen konnte, brauchte man den Schlüssel auch gar nicht erst zu verstecken. Man konnte genauso gut auch eine Schleife darum binden und ihn direkt an die Eingangstür hängen. Aber genug jetzt mit diesen sinnlosen Gedanken. Joey wollte nämlich unter keinen Umständen riskieren, dass sich Mokuba eine Blasenentzündung zuzog. Gänge es hier um Seto, dann würde sich der Blonde das vielleicht noch einmal überlegen. Als gut getarnte Rache versteht sich! Nachdem er die Tür aufgeschlossen hatte, legte er den Schlüssel wieder an seinen ursprünglichen Platz zurück und trug anschließend Mokuba ins Innere des Hauses. Mit dem linken Fuß wurde die große Tür zu gestoßen, hinterher machte er sich auf den Weg nach oben. Seto hätte ihn bereits jetzt schon wieder voll gemeckert, weil er sich die Schuhe nicht ausgezogen hatte. Allerdings wollte er den 11-Jährigen jetzt erst mal ins Bett bringen. Denn da gehörte das schlafende Etwas hin. Leise zog Joey die Zimmertür von Mokuba hinter sich zu, begab sich dann in den Flur um sich doch noch seiner Schuhe und der Jacke zu entledigen. Wenn er sich gleich auf die Suche nach Seto machte, musste dieser nicht unbedingt mitbekommen das er hier in voller Outdoor-Bekleidung durchs ganze Haus stiefelte. Denn eine Moralpredigt war nun wirklich das letzte was er gebrauchen konnte, nicht nach diesem Tag. Also machte er sich in Socken auf die Suche, klapperte alle Räume ab wo er den Brünetten zu dieser Uhrzeit vermutete. Allerdings saß dieser weder in seinem Arbeitszimmer, noch vor dem Fernseher. Auch in der Küche oder dem Esszimmer war er nicht anzutreffen. Blieb also nur noch das Schlafzimmer, obwohl sich Joey das nicht wirklich vorstellen konnte. Dafür war es noch zu früh. Trotzdem ließ er es sich nicht nehmen auch dort nach zu sehen. Aber auch hier fehlte jede Spur von seinem Freund. Nachdenklich hockte er sich auf die Bettkante, überlegte welche Zimmer er nicht angesteuert hatte. Dann kam er allerdings zu dem Schluss das Seto dort niemals sein könnte. Bevor er sich allerdings erneut auf die Suche nach seinem Freund machen konnte, schrie erst mal seine Blase und zwar nach schnellster Entleerung. Und das sollte schließlich der richtige Hinweis für ihn gewesen sein, denn als er die Badezimmertür aufstieß entdeckte er Seto. Er schlief, den Oberkörper an den Badewannenrand angelehnt. Joey stoppte seine Schritte, sah seinen Freund verträumt an. So friedlich hatte er lange nicht mehr ausgesehen. Als er sich allerdings vor ihn kniete - eigentlich um ihn aufzuwecken und ins Bett zu bringen, bemerkte er die Scherbe in seiner Hand. Erschrocken atmete er aus, musste dann aber grinsen. Sie steckte nicht tief drin und ließ sich mit Sicherheit ganz leicht aus der Haut ziehen. Allerdings schien Seto Angst davor zu haben, denn Scherben waren schon immer etwas gewesen vor dem der Firmenchef wirklich Respekt hatte. Das hatte selbst der Blonde mitbekommen. Trotz Setos Mauer, die sein Innerstes immer vor allen anderen schützen sollte. Joey seufzte. Wenn das Riesenbaby sich die Scherbe nicht selbst entfernen konnte, würde er das eben tun. Dafür brauchte er nur noch ein paar wenige Utensilien. Der gleißende Schmerz in seiner Hand weckte Seto schließlich auf. Das erste was seine Augen erfassten, war Joey der die Scherbe in der Hand hielt und ihn anlächelte. Mit dem Blut sah das Stück Glas gleich noch ein ganzes bisschen bedrohlicher aus und Seto drohte wirklich beinahe in Ohnmacht zu fallen. Dann merkte er allerdings des Blonden zarte Hände. Interessiert schaute er nun doch zu seiner eigenen, verletzten Hand - eigentlich wollte er sich den Anblick der Schnittwunde ersparen - und sah, dass Joey diese Verbunden hatte. Und zwar säuberlich und ordentlich. Zwei Adjektive die man auf Joseph Jay Wheeler sonst eigentlich nicht anwenden konnte! »Danke«, murmelte Seto leise und völlig erschöpft. Sein Rücken und Nacken taten ihm fürchterlich weh, weswegen er sich erst mal aufsetzen musste. »Kein Problem, immer wieder gerne«, antwortete Joey ihm monoton, dann verschwand das liebevolle Lächeln aus seinem Gesicht. Seto war sich klar, dass das was er heute Morgen gesagt hatte noch nicht unter den Teppich gekehrt war. Aber auf ein Gespräch hatte er heute Abend keine Lust mehr. »Ich muss jetzt pinkeln«, kündigte der Blonde dann an und ließ sich davon auch nicht abhalten. Seto, der immer noch am Boden saß, beobachtete seinen Freund dabei, als gäbe es nichts schöneres auf dieser Welt. Aber Joey alleine war bereits der Inbegriff der Schönheit. Der Blonde spülte, ging sich die Hände waschen. Verwundert sah er dann Seto an. »Ich dachte du bist schon abgehauen«, sagte er überrascht. Der Brünette schloss als Antwort lediglich die Augen. »Von alleine mache ich heute keinen Schritt mehr. Wenn mir niemand ins Bett hilft, werde ich die Nacht wohl auf dem Boden verbringen müssen«, antwortete der Brünette leise, nicht ganz ohne den ein oder anderen Hintergedanken. Der Braunäugige rollte nur mit den Augen, kniete sich erneut hin. »Armer, armer Seto ... Hat dir die kleine Scherbe alles abverlangt was du zu bieten hast?«, zog er seinen Freund auf, legte ihm einen Arm um die Hüfte. Mit dem anderen Griff er nach dessen linker Schulter und versuchte so ihn langsam wieder in die Senkrechte zu bringen. Zum Glück klappte das auch gleich beim ersten Versuch, denn Seto war bestimmt kein Fliegengewicht, was aber nicht zuletzt an seiner Größe und seinen Muskeln lag. Die überwogen den Fettanteil nämlich um Längen! Zusammen schoben sich die beiden ins Schlafzimmer, fielen dann gleichzeitig und todmüde in das große Bett. Unbehagen drehte sich Joey zu Seto und Seto zu Joey. Ihre Augen begegneten sich schließlich auf der selben Höhe. Und das brachte Seto zu etwas, was so selten vorkam wie ein 6'er im Lotto - den er ja sowieso nicht benötigte. Geld hatte er genug und mit Joey hatte er bereits den Hauptgewinn gezogen. Aber trotzdem, dieses Beispiel war ein guter Vergleich, für das was Seto als nächstes raus haute. »Es tut mir Leid«, murmelte er, zog den Blonden in seine Arme. Damit war die Unterhaltung für Ihn wieder beendet und er hoffte nur, Joey würde jetzt nichts sinnloses darauf erwidern. Der Blonde lächelte allerdings nur, schloss die Augen und kuschelte sich noch etwas mehr an seinen Freund. »Ich liebe dich, auch wenn du manchmal der aller letzte Arsch bis«, hauchte er noch, dann driftete er ganz langsam ins Reich der schönen Träume ab und nahm Seto gleich mit. Kapitel 3: 24. Dezember ----------------------- »Aufwachen ihr Schlafmützen!«, schrie Mokuba aufgeregt, sprang auf dem großen Bett hin und her. »Es ist Weihnachten!« »Schalt den Wecker aus Seto«, murrte Joey verschlafen, drehte sich in den Armen seines Freundes herum. Weg von der nervenden kleinen Gestalt, rein in die noch viel nervigeren Sonnenstrahlen. Na klasse! Verschlafen blinzelte er sich wach, betrachtete dann seine Umgebung. Mokuba hockte auf Setos King-Size-Bett, hatte es sich zwischen Ihren Beinen bequem gemacht und musterte die beiden nun traurig, weil sich immer noch keiner von Ihnen dazu bequemt hatte aufzustehen. Der Blonde warf einen Blick zu Seto. Dieser blickte noch immer so drein, als hätte sein kleiner Bruder ihn eben gerade bei einem Schäferstündchen erwischt. Und das gehörte für einen Seto Kaiba zur unangenehmsten Sache auf dieser Welt. Joey begann zu lachen, packte sich Mokuba und fing an ihn durch zu kitzeln. »Ich weiß du kleiner Scheißer. Mal sehen wer heute der erste am Adventskalender sein wird«, lachte er. »Ich!«, kam es ebenso lachend von Mokuba. Dann sprangen beide beinahe zeitgleich auf und lieferten sich einen spannenden Wettkampf bis hinunter in die Küche. Wenn die wüssten was sie dort gleich erwartet, dachte Seto bei sich, erhob sich aber auch. Die großen Augen wollte er mal sehen! Die Adventskalender hingen in der Küche, direkt neben der Teerassentür. Allerdings hatte es weder Mokuba, noch Joey bis dahin geschafft. Sie waren mitten im Raum stehen geblieben, hatten große Augen bekommen und kamen aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Die gesamte Küche hatte ein weihnachtliches Flair angenommen. Überall standen kleine Dekorationen, es hingen Lichterketten an den Fenstern und auf der großen Kochinsel standen drei Teller voller Süßigkeiten. »Wow«, hauchten der Schwarzhaarige und der Blonde überrascht, dehnten das Wort in die Länge, bekamen den Mund gar nicht mehr zu. Auch Seto trat nun in die Küche ein, räusperte sich verhalten. Erschrocken drehten sich sein Bruder und sein fester Freund zu ihm um. Der Kleinste im Raum war schließlich der erste der Seine Sprache wieder fand. »Hast du das alles gemacht?«, fragte er den Brünetten mit ganz großen Augen, die drohten aus seinem Kopf zu fallen. Seto nickte nur. Mehr brauchte es als Antwort auch nicht. »Boah!«, freute sich Mokuba, klatschte begeistert in die Hände und raste dann doch zu seinem Adventskalender. Nach der Aufregung brauchte er den kleinen Weihnachtsmann aus Vollmilchschokolade ganz dringend als Beruhigungsmittel. Joey hatte allerdings erst mal ganz andere Prioritäten. Grinsend ging er auf seinen Freund zu, schlang ihm die Arme um den Hals und stellte sich gleichzeitig auf Zehenspitzen. »Ich liebe dich, auch wenn ich keinen Schimmer habe wie du das alles gemacht hast und vor allem wann«, flüsterte er, drückte dann seine Lippen auf die des Größeren. Verwundert blinzelte der Blauäugige, hatte doch gedacht es würde noch eine lange Diskussion auf ihn warten. Allerdings schien Joey wohl entschieden zu haben, dass ihm das hier reichte! »Hah, ich hab gewonnen«, rief Mokuba in dem Moment, stopfte sich seinen kleinen Schokoladenweihnachtsmann in den Mund und drehte sich dann wieder zu Joey und Seto. »Och nee, nicht schon wieder! Könnt ihr das nicht mal sein lassen?!« Grinsend löste sich der Brünette von dem Blonden und der erstarrte beinahe bei dem Anblick der sich ihm da bot. Seto Kaiba grinste? Er grinste wahrhaftig! Jetzt brauche ich auch Schokolade, dachte Joey. ◦ ’°’◦ ★ ☆ ★.◦’°’◦ Trotz Setos Bemühungen das Haus weihnachtlich zu gestalten - dafür war er extra um 3.00 Uhr morgens aus dem Bett geklettert und hatte sich an die Arbeit gemacht - fehlte noch eine ganz bestimmte und wichtige Sache: Der Weihnachtsbaum! Und genau wegen diesem - und natürlich seiner beiden Jungs - musste er jetzt seit geschlagenen zwei Stunden durch die Stadt fahren um den perfekten Tannenbaum zu finden. Mokuba und Joey waren in ihrer Auswahl nämlich ziemlich kritisch, wie er bereits nach dem zweiten Tannen-Paradies feststellen musste. »Warum hast du Roland auch in den Urlaub geschickt?«, fuhr der Brünette seinen Freund genervt an. Weil sein persönlicher Fahrer nicht anwesend war, musste er fahren und das war das schlimmste was es gab. Denn Joey als Beifahrer wollte man nicht haben. Der Blonde hatte nämlich den Orientierungssinn einer Scheibe Weißbrot, was zur Folge hatte, dass die beiden sich andauernd in die Haare bekamen, ob Seto nun links oder rechts abbiegen sollte. Mokuba und das Navigationssystem ignorierend, begann der Größte im Wagen schließlich zu knurren und parkte den Wagen in der nächsten freien Parklücke am Straßenrand. Wütend drehte er sich zu seinem Freund um, seine blauen Augen blitzten dabei gefährlich. Joey ließ sich davon allerdings wenig beeindrucken, verschränkte lediglich die Arme vor der Brust. »So kommen wir nie an Kaiba. Wir verlieren wertvolle Zeit!«, beschwerte sich der Braunäugige auch sofort, rümpfte arrogant die Nase. Des Brünetten Knurren wurde immer lauter, glich beinahe schon einem bellen. Am liebsten würde er seinen Freund hier abladen und ihn dazu zwingen nach Hause zurück zu laufen. »Wenn du nicht sofort die Klappe hältst, dann ... Dann ...«, stammelte Seto vergeblich. Ihm fiel nichts ein, was er Mokuba gegenüber erwähnen konnte. Also ballte er nur die Hände zu Fäusten, betätigte den linken Blinker und fuhr aus der Parklücke. Mokuba seufzte auf dem Rücksitz. Zum Glück war die Situation nicht schon wieder eskaliert. Nochmal würde er nämlich ganz sicher nicht durch halb Domino laufen. Manchmal fragte der Zwerg sich wirklich wie die beiden zusammen kommen konnten und es noch dazu so lange miteinander ausgehalten haben. Als der Schwarzhaarige dann allerdings wieder nach vorne blickte, lagen die Hände der beiden Streithähne verschränkt auf der Mittelkonsole. Joey grinste breit und Seto blickte einfach stur geradeaus. Mit diesem eiskalten Blick, den nur ein Seto Kaiba beherrschte. Jetzt lächelte auch der Kleinste im Wagen, wohl wissend das der Blonde seinen Bruder einfach nur provoziert hatte, weil er das eben gerne machte. Und Seto hatte halt so intensiv darauf reagiert, da er doch ein klein wenig neurotisch veranlagt war - auch wenn er das niemals zu geben würde! Drei ganze Stunden später hatten Sie endlich den perfekten Baum für das große Wohnzimmer der Villa gefunden. Jetzt musste ihn nur noch jemand hinein tragen, ohne das er nadelte - ausdrückliche Anweisung von Seto Kaiba. Joey und Mokuba quittierten das nur mit drei simplen Worten: »Dann viel Spaß!« Anschließend machten sie sich aus dem Staub, angeblich weil sie noch Sachen zu erledigen hatten von denen Seto keine Ahnung habe. Das er selbst aber noch viel wichtigere Dinge zu tun hatte, schien hier niemanden zu interessieren! Also musste er sich wohl oder übel seinem Schicksal beugen und den riesigen Tannenbaum ins Wohnzimmer hieven. Mit einer verletzten Hand. Klasse! Augenrollend hob er sich das eingepackte Teil über die Schulter und stiefelte los. Der Baum schien des Händlers versprechen zu halten. Bisher hatte Seto noch keine Nadel ins Gesicht bekommen und auch keine Harz an den Fingern kleben. Allerdings schien Väterchen Frost noch eine Rechnung begleichen zu müssen. Denn kurz bevor der CEO die Eingangstür erreichte, fegte ihm eine eiskalte Windböe entgegen und blies ihm gefühlte 1.000 Nadeln mitten ins Gesicht. Als er endlich mal das Foyer des Hauses erreicht hatte, stand Joey bereits grinsend auf der letzten Stufe der Treppe. »Kriegst du es hin, ohne das der Baum zu Schaden kommt?«, fragte er seinen Freund belustigt. Und alleine für diesen Tonfall könnte ihm Seto schon eine reinhauen! Wie konnte es sich dieser verlauste Köter dazu herablassen so mit ihm zu sprechen und das auch noch in seinem eigenen Haus? »Pass mal lieber auf das ich nicht zu Schaden komme, sonst hast du die nächsten Tage nämlich keinen Spaß mehr im Bett«, konterte der Brünette daher kalt wie eh und je, ohne jeglichen Humor in der Stimme. Manchmal habe ich das Gefühl er wird sich nie ändern, schallte es Joey durch den Kopf, ehe er sich von der Treppe hinunter schwang und seinem Freund zu Hilfe ging. Dieser grummelte nur vor sich hin, wie nett der Blonde doch sein konnte. Dabei ließ er den Sarkasmus natürlich triefen. Allerdings musste der Firmenchef auch zugeben, dass sich der Baum zu Zweit viel einfacher ins Wohnzimmer tragen ließ. Und so stand das grüne Monster nur wenige Sekunden später an seinem angedachten Platz zwischen dem Kamin aus gefärbten Backsteinen und dem überfüllten Bücherregal. Erschöpft ließ sich das Paar auf das Sofa fallen. Seto legte seufzend den Kopf in den Nacken. Joey betrachtete ihn dabei ausgiebig, biss sich auf die Unterlippe. Hatten sie vielleicht Zeit, sich noch mal ganz kurz ins Schlafzimmer zu verdrücken? Denn am liebsten wäre er jetzt schon genau dort! Aber vermutlich würde Mokuba sowieso gleich wieder hinunter kommen und sie suchen. Und wenn er sie hier nicht fand, würde ihn nichts mehr davon abhalten im Schlafzimmer nachsehen zu gehen. Was Joey nicht unbedingt gebrauchen konnte. Allerdings hatte Seto niemals verboten sich außerhalb des Schlafzimmers zu küssen, also verlor Joey auch keine Zeit. In einer flinken Bewegung schwang er sich auf den Schoß des Größeren, legte seine Hände an dessen Wangen und seine Lippen auf dessen Mund. Verwirrt blinzelte Seto einige Male, schloss dann aber durchgehend die Augen, griff nach der Hüfte des Kleineren und zog ihn so noch ein Stück weiter an sich heran. Währenddessen strich Joey mit der Zunge über Setos Unterlippe und hoffte so Einlass in das gewohnte Territorium zu bekommen. Sein brünetter Freund gewährte ihm diesen natürlich. Und so saßen sie eine ganze Weile da, küssend, um Dominanz ringend. Bis der Blauäugige die Beherrschung verlor und seine Hüfte an die des Blonden drängte. Er wollte ihn spüren lassen, dass sie ins Schlafzimmer mussten und zwar auf dem schnellsten Weg! Allerdings schien Gott es heute auf die beiden abgesehen zu haben, denn ehe Seto Joey überhaupt fragen konnte, polterte es bereits auf der Treppe. Etwas erschrocken löste sich Joey daraufhin von seinem Freund. Ihre Blicke trafen sich. Seto kam nicht drum herum, sich noch einmal vor zu beugen und seinem Hündchen einen Kuss auf die Lippen zu tupfen. Dieser kleine Kuss besiegelte, dass sie einfach zusammen gehörten. Gleichzeitig sagte er aber auch aus, dass Joey heute Abend nicht einen Gedanken an Schlaf zu vergeuden brauchte. Denn Seto würde ihm diesen sicherlich nicht gewähren, wenn der doch schon mal Urlaub hatte und nicht arbeiten durfte! »Ach toll«, vernahmen die beiden auch schon Mokubas Stimme. »Der Baum steht ja schon - Dann können wir ihn ja jetzt schmücken!« In ein paar kleinen Schritten war der Schwarzhaarige am Sofa angelangt, griff nach den Händen des Pärchens und zog sie Richtung Keller, wo der Baumschmuck bereits auf seine Abholung wartete. Zwischen verstaubten alten Kisten, die schon längst nicht mehr weiß waren stand ein roter, großer Karton. Goldstreifen waren in der Pappe verarbeitet und irgendwer hatte mit Edding - der bereits vollkommen verblasst war - "Baumschmuck" draufgeschrieben. Joey hätte niemals gedacht in Setos Haus so etwas vorzufinden, aber Wunder gab es ja für bekanntlich immer wieder. ◦ ’°’◦ ★ ☆ ★.◦’°’◦ Am späten Nachmittag begann Joey sich dem Essen zu widmen, weswegen er Seto und Mokuba strengstens verboten hatte die Küche auch nur anzusehen. Also brauchten die beiden Brüder eine andere Beschäftigung. Seto hätte diese Zeit ja am liebsten genutzt um Arbeiten zu gehen, aber das wäre dem kleinen Schwarzhaarigen gegenüber unfair gewesen. Und so kam es, dass Mokuba und Seto - unter bösen Blicken von Joey - durch die Küche nach draußen in den Schnee stapften um dort einen Schneemann zu bauen, eine Schneeballschlacht zu bestreiten und anschließend Schneeengel zu machen. Seto natürlich nur mit starrer Mine und ausdruckslosem Blick, was seinen kleinen Bruder allerdings nicht viel zu stören schien. Denn einen Seto der keine Schneebälle zurück warf, weil er das für absolut kindisch hielt, konnte man ja nur besiegen! Der Blonde beobachtete das alles lächelnd von der gläsernen Terrassentür aus und wünschte sich, es könnte für immer so sein. Nur Sie drei und niemand anderes. Er sollte Seto wirklich mal fragen, was der davon halten würde seine Angestellten auf ein Minimum zu reduzieren. Aber vermutlich hatte der Brünette 1000 Gründe die dagegen sprachen. Seufzend drehte er sich wieder zum Ofen und widmete sich erneut der Zubereitung des Essens. Als er den Braten gerade in die Röhre geschoben hatte, spürte er plötzlich etwas eiskaltes in seinem Rücken. Erschrocken richtete er sich auf, drehte sich in der selben Bewegung um und entdeckte Mokuba vor sich. Der Schwarzhaarige hatte noch Rückstände vom Schnee an seinen Handschuhen kleben. Seine Mütze war verrutscht, weil auf den dicken Zotteln nichts halt finden konnte und die Nase glänzte ganz rot. Der Blonde schüttelte sich, weil das eiskalte Wasser seinen Rücken hinunter lief, dann entdeckte er seinen Freund. Seto lehnte lässig an der Wand neben der Terrassentür, die Arme vor der Brust verschränkt und dieses dämliche arrogante Grinsen auf dem Gesicht. Genau das selbe Grinsen, was er früher immer drauf hatte, wenn er Joey mal wieder einen blöden Spruch um die Ohren hauen musste. Blitzartig wurde dem Blonden nun bewusst, dass nicht Mokuba auf die Idee gekommen war ihm Schnee in den Nacken zu packen, sondern sein ehrenwerter Freund. Der hatte das nur nicht selbst getan, weil das erstens zu kindisch für ihn war und zweitens, weil er es liebte anderen Befehle zu erteilen. Aalglatt wie ein Kaiba nun einmal war! Und weil Joey keine Lust auf eine blöde Diskussion hatte, ignorierte er die beiden einfach und verschwand aus der Küche. Sein Shirt war beim kochen etwas dreckig geworden, weswegen er sich umziehen wollte. Anschließend konnte er die Zeit nutzen um seine Geschenke einzupacken. Denn so wie er Mokuba kannte würde er die Zeit mit seinem Bruder ausnutzen und zwar bis ins unendliche. Was Joey aber recht sein sollte. Denn er konnte dafür Setos ungeteilte Aufmerksamkeit heute Nacht genießen Also setzte er sich in Jogginghose und Pullover auf die dunkelgraue Langflor Auslegware im Schlafzimmer. Bewaffnet mit Geschenkpapier und -band, Schere, Klebeband und kleinen Schildchen machte er sich an die Arbeit, bemerkte dabei seinen Brünetten Freund nicht. Dieser hatte sich nämlich aus dem gefrorenen Nass zurück gezogen und seinen kleinen Bruder unter die Dusche geschickt. Gleich im Anschluss hatte er sich auf die Suche nach seinem blonden Freund gemacht. Diesen fand er schließlich dort, wo er ihn vermutet hatte. Und das war ein wahnwitziger Anblick. Denn Joey und Geschenkpapier sollte man nicht alleine lassen. Vor allem nicht wenn zerbrechliche Gegenstände in der Nähe sind ... Oder eine Schere. »Und das sollen Mokuba und ich heute Abend auspacken? Da sind wir ja stundenlang beschäftigt!«, kommentierte der Blauäugige trocken, verschränkte wieder so abwehrend die Arme vor der Brust. Erschrocken fuhr der Blonde hoch, blickte Seto böse an. »Wer sagt, dass da was für dich dabei ist?«, entgegnete er missmutig und wandte sich wieder dem einpacken zu. Kopf schüttelnd stieß sich der CEO vom Türrahmen ab und ließ sich wenige Sekunden später hinter seinem Liebling fallen. Dabei spreizte er die Beine, schlang seine Arme um den Rumpf seines Hündchens und zog ihn ein Stück zu sich, liebkoste die Haut an dessen Hals. Er liebte die Nähe und Wärme von ihm, konnte sich gar nicht mehr vorstellen ohne ihn zu leben. Gruselig, wenn man bedenkt wie gut er davor ohne jemanden an seiner Seite zu recht gekommen war. Joey fielen die Schere und das Klebeband von ganz alleine aus der Hand. Seufzend lehnte er sich zurück, sog den Duft seines Freundes ein. Er genoss es, ein paar Minuten einfach so da zu sitzen und nichts anderes zu tun, als einfach nur die Nähe des anderen zu genießen. »Ich liebe dich«, flüsterte der Blonde in die Stille. Er erwartete keine Erwiderung, hatte Seto ihm doch noch nie die drei magischen Worte gesagt. Aber es reichte Joey, das der Brünette ihn an seinem Leben teilhaben ließ. Das war für ihn Beweis genug, dass Seto ihn auch liebte. Das der Größere allerdings mit sich haderte, davon wusste er nichts. Der Blauäugige würde diese drei kleinen Worte am liebsten jedes Mal erwidern, wollte Joey sagen was er für ihn empfand. Jedoch machte ihm immer wieder sein wahnsinniger Stiefvater einen Strich durch die Rechnung. Denn Gozaburos Fratze tauchte jedes mal vor seinem inneren Auge auf, wenn Seto auch nur an das Wort "Liebe" dachte. Das er Joey noch nicht vergrault hatte erschien ihm jeden Tag wie ein Wunder! Eine Weile später machte Joey sich auf den Weg in die Küche um das Essen fertig zu zubereiten. Da Mokuba sich nicht noch einmal blicken ließ, nutzte Seto die Chance um doch noch ein paar Unterlagen durchgehen zu können - zu mindestens behauptete er das. Dabei hatte er das Arbeitszimmer abgedunkelt und die Tür geschlossen, was eigentlich zu bedeuten hatte, dass ihn niemand stören sollte. Er wollte ja nicht, dass Joey plötzlich herein platzte, dann wäre nämlich seine ganze Überraschung, die Heimlichtuerei und alles was damit verbunden war, dahin. Das galt es unter allen Umständen zu vermeiden! Der leuchtende Display seines Laptops war die einzige Lichtquelle in dem großen Raum, dessen Fenster normalerweise die schöne Pracht des Gartens Preis gab. Bewaffnet mit einer schönen schwarzen Schachtel und einer roten Schleife aus Seide, kramte er etwas aus seiner Arbeitstasche hervor. Vorsichtig nahm er den Deckel der silbernen kleinen Kiste ab, begann gleichzeitig zu lächeln. Er stellte das Schächtelchen auf der Tischplatte seines Schreibtisches ab, nahm den Inhalt mit beiden Händen heraus. Der Anhänger aus Metall - geformt und bemalt wie eine Duell Monsters Karte - lag schwer in seiner Hand. Das Lederband hing leicht an seinen Händen herab. Der Brünette hatte lange überlegt, was er seinem Freund zu Weihnachten schenken konnte. Auf die Idee hatte ihn schließlich der gestrige Tag gebracht. Also hatte er Roland - sein Mädchen für alles - heute in aller früh beauftragt so eine Amulett anfertigen zu lassen. Natürlich musste er eine erhebliche Summe mehr zahlen, damit der Juwelier es bis heute Nachmittag anfertigte. Aber das war es ihm wert; Joey ist ihm alles wert! Der Chauffeur hatte es gegen Mittag im Arbeitszimmer deponiert und anschließend seinen wohlverdienten Urlaub angetreten. Vorsichtig, als könnte das Stück Metall zerbrechen, öffnete er das Amulett. Ein Bild von Seto und Mokuba befand sich in der linken Hälfte, eins von des Blonden Freunden - Yugi, Yami, Tristan, Thea, Duke, Ryou und Bakura - in der rechten. Der CEO hoffte einfach, es würde ihm gefallen. Andernfalls stand er nämlich ziemlich blöd da. Gerade als Seto das kleine Päckchen fertig verpackt und in der untersten Schublade verstaut hatte, platzte sein Freund - natürlich ohne vorher anzuklopfen - in sein Arbeitszimmer, rannte quasi mitten in den Raum und blieb dann einfach stehen. Zu erst hatte Seto Angst, seine Küche wäre in Flammen aufgegangen. Dann entdeckte er allerdings das milde Lächeln des Blondens und wusste, dass nichts schlimmes passiert war - oder hoffte es zu mindestens. »Das essen ist fertig. Mokuba sitzt schon am Tisch und nörgelt«, grinste der Blonde, wohl wissend das der Blauäugige seine Aufforderung verstanden hatte. Joey war klar, dass Seto niemals ohne Arbeit nach Hause kam. Und selbst wenn der Brünette mal wirklich nichts zu tun hatte, fand er etwas, dass er tun konnte. Entweder sah er sich Akten noch ein zweites Mal an, erstellte Bilanzen oder verglich erneut die selben Angebote miteinander. Nur damit er nicht tatenlos herum saß. Seto war eben nicht der Typ, der sich darüber freute mal nichts zu tun zu haben. Der CEO musste immer voll ausgelastet sein, sich jeden Tag aufs neue bis an die Grenze treiben und sich immer wieder höhere Ziele setzen. Ziele, die für Joey unerreichbar wären und für Seto ein Klacks sind. Manchmal wunderte sich der Blonde schon, wie er sich in diese arbeitswillige Person verlieben konnte, wo er selbst doch die Faulheit in Person war! »Meine Küche ist also nicht in Flammen aufgegangen?«, fragte der Ältere seinen Freund, stützte sich an seinem Schreibtisch ab und zog sich vom Stuhl hoch. Er wollte seinen Bruder nicht noch länger warten lassen, obwohl er gerne noch ein paar Sekunden Ruhe vor dem ganzen Weihnachtstrubel gehabt hätte. Denn wie jedes Jahr kam Heiligabend ihm dann doch ein bisschen zu schnell. Joeys Lächeln verlor währenddessen an Stärke und seine Gesichtszüge entglitten ihm entsetzt. »Du tust gerade so, als wäre ich nicht fähig dazu, eine Weihnachtsgans zuzubereiten!«, fauchte er spielerisch. Ein wenig Verärgerung schwang trotzdem in seiner Stimme mit. Niemand, aber auch wirklich niemand - nicht einmal Seto Kaiba höchstpersönlich - durfte es sich wagen, seine Kochkünste in Frage zu stellen! Auf diesem Gebiet war er nämlich weitaus mehr bewandert, als viele andere seines Alters. Und außerdem; Wollen Sie doch mal sehen, ob Seto das auch so gut kann wie er. Nächstes Weihnachten könnten Sie das ja mal ausprobieren! Ertappt hielt Joey die Luft an, als er seinen Gedanken nachhing. Normalerweise verbot er es sich weiter als einen Monat voraus zudenken. Denn bei Seto Kaiba konnte man nie wissen, was als nächstes passierte. Er hatte ihm - gerade in den ersten beiden Monaten ihrer Beziehung - schon oft vor den Kopf gestoßen. Und nicht weniger oft hatte Joey sich gefragt ob sich das alles hier lohnte; ob Seto Kaiba den ganzen Stress, Streit und Ärger wirklich wert war. Am Ende war die Antwort immer wieder dieselbe: Ein dickes, fettes Ja! Denn er hatte noch nie solche Gefühle für jemanden gehabt. Zuvor hatte es noch keinen gegeben, der ihm solch eine Geborgenheit vermitteln konnte. Und auch wenn sie manchmal streiten, am Ende finden sie doch immer wieder zu einander. Verloren in seinen Gedanken hatte der Jüngere gar nicht bemerkt, dass Seto jetzt direkt vor ihm stand, seine Arme um des Blonden Hüften gelegt und ihn näher zu sich herangezogen hatte. Erst, als der Brünette ihn küsste - und zwar voller Leidenschaft und unterdrücktem Verlangen - kam er wieder im hier und jetzt an. Verdutzt blinzelte er einige Male, schloss dann aber gänzlich die Augen. Diesen einen Moment der trauten Zweisamkeit wollte er noch genießen, denn in weniger als einer Stunde würde das erst mal für eine ganze Weile vorbei sein. Obwohl Mokuba nämlich zu einer der reichsten Familien Japans gehörte, freute er sich doch wahnsinnig über jedes Geschenk was unter dem Weihnachtsbaum auf ihn wartete und wollte sich am liebsten mit allem gleichzeitig beschäftigen. Daher würde der kleine Zwerg sicherlich nicht so schnell im Bett liegen, wie Joey sich erhofft hatte. Denn er hatte heute noch etwas mit seinem Freund vor und das war sicherlich nicht für die Augen Mokubas bestimmt - und auch nicht für dessen Ohren! Da die regelmäßige Sauerstoff Zufuhr allerdings zu einer lebenswichtigen Eigenschaft gehörte, mussten sich die Beiden doch irgendwann von einander lösen. Bevor sie ein Wort miteinander wechseln konnten, hörten Sie auch schon Mokuba vom Fuß der Treppe aus. Er habe Hunger, er wolle endlich essen, kalt schmecke es nicht mehr und so weiter und sofort. Nicht gerade ideal für Romantik. Trotzdem kam Joey nicht drum herum, noch einen Kuss auf Setos Lippen zu drücken, ehe er nach der Hand seines Freundes griff und ihn aus dem Raum zog. Denn langsam knurrte auch ihm der Magen. ◦ ’°’◦ ★ ☆ ★.◦’°’◦ Joey hatte noch nie so viele Geschenke auf einem Haufen gesehen. In seiner Familie war Weihnachten immer ein kleines, beschauliches und bescheidenes Fest gewesen, da sich seine Eltern nie viel leisten konnten. Trotz wochenlanger harter Arbeit lagen meistens nur ein oder zwei Geschenke für Serenity und ihn unter dem Baum. Was ihn nie viel gestört hatte. Aber das hier sprengte seine gesamte Vorstellungskraft! Und wenn er daran dachte, dass hier von nur zwei Geschenke von ihm waren, fühlte er sich gleich wieder ganz schlecht. Er sollte sich dringend mal einen Job suchen, denn er wollte Kaiba ja auch nicht ewig auf der Tasche liegen. Und der Brünette gab nicht gerade wenig Geld für seinen blonden Freund aus! Mokuba hockte bereits gespannt auf dem Boden, während der Braunäugige auf dem Sofa saß. Seto wollte nur noch schnell ein wichtiges Gespräch erledigen, hatte er zu mindestens behauptet. Unter dem Wort schnell verstand der 16-Jährige allerdings etwas anderes und auch Mokuba schien langsam zu kochen vor Ungeduld. Dann seufzte der kleine Zwerg. »Wundern tut mich das eigentlich kein bisschen«, murmelte er leicht verärgert vor sich hin. »Obwohl im Festplan steht das er nicht arbeiten soll, hält er sich nicht daran. Und ich bin mir sicher, dass dieses Gespräch nicht so wichtig sein kann! Wer kümmert sich schon an Heiligabend um Geschäftliches außer meinem Bruder?« Den Blonden brachte diese Aussage lediglich zum schmunzeln. »Naja, irgendein anderer Idiot anscheinend schon - Ich gehe nämlich nicht davon aus, das dein Bruder mit sich selbst telefoniert«, verkündete der 16-Jährige spitz. Der Schwarzhaarige begann zu grinsen und auch Joey konnte sich ein kurzes Kichern nicht verkneifen. Gefühlte einhundert Stunden später, kam Seto schließlich doch noch ins Wohnzimmer. Wortlos ließ er sich neben Joey aufs Sofa fallen, legte ebendiesem einen Arm um die Schulter und starrte dann seinen kleinen Bruder abwartend an. Dieser starrte ebenso abwartend zurück und Joey brach beinahe gleich wieder in Gelächter aus. Sonst waren die Kaiba-Brüder eigentlich immer auf einer Wellenlänge, aber gerade schien der eine nicht zu verstehen, was der andere von ihm möchte. Als Außenstehender war das ganz nett anzusehen! Es dauerte nicht lange und dem Blonden rutschte doch ein Kichern heraus. Im Gegenzug dazu bekam er von seinen beiden Lieblingen böse Blicke zugeworfen. »Warum lachst du so blöd?«, fragte Mokuba ihn auch gleich, klang dabei etwas gereizt. Das konnte der Blonde gut verstehen. Denn bei einem Kind die Bescherung herauszuzögern konnte unter Umständen böse Folgen für alle Beteiligten haben. »Dein Bruder ist doch jetzt da, also fang endlich an deine Geschenke auszupacken!«, antwortete Joey ausweichend. Der Schwarzhaarige Zwerg schien sich an des Blonden fehlender Antwort nicht zu stören, sondern machte sich lieber über den Berg Geschenke her. Das war nämlich viel besser, als jetzt noch eine Diskussion zu beginnen! Gierig griff er nach dem ersten Paket, klappte das kleine Kärtchen - welches am Geschenkband befestigt war - auf und las den Namen laut vor. »Für Joey!«, rief er erfreut, stieß sich vom Boden hoch und tapste auf den Freund seines Bruders zu. Verwirrt nahm der Braunäugige das Geschenk entgegen und öffnete es vorsichtig. Zum Vorschein kamen ein Set Ölkreide, von einer Marke die Joey sich hätte nie leisten können. Verdutzt starrte er Seto an. Dieser lächelte nur und zuckte mit den Schultern. »Du malst sonst immer mit deinen Aquarellbuntstiften und ich dachte mir, du möchtest vielleicht mal etwas neues ausprobieren«, erklärte dieser seinem Freund. Joey kamen beinahe die Tränen. Er wusste, dass Seto sich nicht viel um Joeys Hobby scherte, weil der Brünette damit nichts anfangen konnte. Für Ihn waren nur Sachen relevant, die seine Geschäfte vorantrieben. Aber trotzdem freute sich Joey sehr über dieses Geschenk, denn es kam von Herzen! Mokuba hatte sich bereits wieder zu den Geschenken gesetzt und griff nachdem nächsten Paket. Enden tat es damit, dass Mokuba eine neue Spielkonsole und eine neue Autorennbahn für seine Sammlung besaß. Außerdem noch viele kleine Geschenke, deren Aufzählung Stunden in Anspruch nehmen würde. Seto hatte einen neuen Anzug und eine Buch "Wirtschaft für Anfänger" bekommen. Und Joey hatte nach dem Set Ölkreide noch ein ganzen Haufen anderer Malutensilien erhalten, sodass er jetzt beinahe einen ganzen Raum für seine Sachen benötigte, was Seto auf eine Idee brachte. Am liebsten würde er diese sofort in die Tat umsetzen, allerdings hatte Joey ja auch bald Geburtstag und überstürzen musste man die Dinge ja auch nicht! Jetzt lag nur noch ein Geschenk unter dem Baum. Ein kleines mattschwarzes Kästchen mit einem roten Band aus Seide. Erstaunt nahm Mokuba es in die Hand, klappte auch hier wieder das kleine Kärtchen auf. »Für mein Hündchen«, las er vor und musste dann selbst grinsen, als er es Joey überreichte. Dieser blickte seinen Freund nur böse an, öffnete das Kästchen dann aber und wäre beinahe in Ohnmacht gefallen, als Ihn das exakte Abbild der Ketten, die Mokuba und Seto - als Zeichen, dass Sie eine Familie sind - um den Hals trugen, entgegen leuchtete. Er brauchte das Amulett nicht zu öffnen, um zu wissen was sich darin befand. Mit Tränen in den Augen wollte er seinem Freund um den Hals fallen, drehte sich zu ihm und stoppte dann in der Bewegung. Seto und Mokuba hielten ihm deren Anhänger unter die Nase. Beide hatten nun - zusätzlich zu den Bildern des jeweils anderen - auch ein Bild von Joey hinzu gefügt. Dessen Herz hüpfte vor Freude beinahe aus seiner Brust und er konnte nicht anders als seine Arme um die beiden zu schlingen und nun doch anfangen zu weinen. Als er sich von Ihnen löste, lächelten ihn beide selig an. »Du gehörst jetzt auch zur Familie«, sagte Mokuba glücklich. »Und das nicht nur, weil wir eine Beziehung miteinander führen, sondern vor allem weil«, Seto unterbrach sich selbst, holte noch einmal tief Luft, »weil ich dich liebe!« Der Blonde riss die Augen auf, griff nach dem Hemdkragen seines Freundes, zog ihn zu sich - Mokuba gerade noch genug Platz und Zeit lassend, aus dem Weg zu springen - und küsste ihn. Er küsste ihn mit allem was er besaß. Seto hatte es gesagt. Nach beinahe zehn Monate hatte er endlich gesagt, was Joey schon so lange hören wollte! Und das war mit Abstand das beste Geschenk des heutigen Abends! Währenddessen riss der Brünette erschrocken über sich selbst die Augen auf. Er hatte es also tatsächlich geschafft? Er hatte also tatsächlich von Liebe gesprochen, ohne das Guzaborus hässliches Gesicht vor seinem Inneren Auge aufgetaucht war? Herr Gott im Himmel, Joey machte aus ihm wirklich einen anderen Menschen! Mokuba bekam auch weit nach 23.00 Uhr nicht ins Bett. Er weigerte sich schlichtweg auch nur mit dem Gedanken zu spielen, sich jetzt unter die Bettdecke zu legen und schlafen zu gehen. Da brachte auch keine Drohung etwas, weswegen sich Seto zurückzog und Joey den Vortritt ließ. Aber auch dieser kam nicht weiter und so entschied sich das Liebespärchen dazu, den Zwerg einfach in Frieden zu lassen, jedoch nicht ohne vorher nochmal ausgesprochen zu haben, dass er Plätzchen-Verbot bekäme, wenn er nicht morgen pünktlich um 8.00 Uhr am Frühstückstisch säße. Grinsend quittierte Mokuba das nur mit einem Nicken und wandte sich anschließend wieder seinem Spielzeug zu. »Und du denkst, wir schaffen es morgen pünktlich um 8.00 Uhr am Tisch zu sitzen? Wir müssen ja noch früher aufstehen, immerhin muss das ganze ja auch irgendwer vorbereiten!«, erinnerte Joey seinen Freund auf dem Weg zum Schlafzimmer. »Tja«, erwiderte Seto unberührt. »Da es deine schlaue Idee war meine Angestellten in den Urlaub zu schicken, würde ich jetzt einfach mal sagen, dass du dir diesen Schuh anziehen darfst!« Joey schluckte seine Erwiderung hinunter, änderte deswegen aber trotzdem nicht seine Meinung. Er hatte gewiss noch nicht vor, sich jetzt schon ins Land der Träume zu verabschieden. Im Schlafzimmer angekommen, sparte man sich das Licht. Den Weg zum Bett - war man ihn doch schon an die tausend Mal gegangen - fanden Sie auch im dunkeln. Allerdings blieb es dann nicht so unschuldig, wie es war oder wie Seto es gerne gehabt hätte. Denn kaum als beide vor dem Bett standen - jeder auf seiner Seite - kniete sich der Blonde plötzlich auf die Matratze, kletterte zu seinem Freund hinüber und griff nach dessen Hemdkragen. Grinsend ließ der Brünette seinen Freund machen, ging sogar noch den allerletzten kleinen Schritt auf ihn zu und legte seine Arme um die Hüfte des Blonden. Dieser war gerade dabei die Knöpfe des Hemdes seines Geliebten zu öffnen. »So ein sinnloses Kleidungsstück. Wer braucht denn so was?«, murmelte er währenddessen vor sich hin. Seine Stimme klang dabei so benebelt, als hätte er zu tief ins Glas geschaut. Seto hegte nun allerdings auch den Wunsch nach Sex, weswegen er seine Finger sanft und langsam unter Joeys Shirt schob, dort die warme Haut streichelte. Ebendieser war mittlerweile beim letzten Knopf des Hemdes angekommen, strich noch einmal erwartend über den Schritt des Größeren, ehe er ihm das Hemd von den Schultern schob. Früher hätte er sich so etwas nicht getraut, wäre nicht so in die Offensive gegangen. Seto musste zwar nicht die ganze Arbeit alleine machen, aber zurückhaltender war Joey schon gewesen. Aber wer mit einem Kaiba zusammen war, der musste sich dringend ein dickes Fell zulegen. Aussagen die verletzend sind oder einem vor den Kopf stoßen werden hier tagtäglich getroffen! Und auch mit einem scheuen, schüchternen Menschen kann der CEO nichts anfangen. Vor allem nicht im Bett! Als Seto merkte, dass sein Hemd Bekanntschaft mit dem Boden gemacht hatte, reichte ihm das als Vorspiel. Schnell noch zog er Joey dessen Shirt über den Kopf und entledigte sich seiner Hose, dann drückte er sein Hündchen auch schon gnadenlos in die Matratze und kletterte über ihn. Joey - überrascht von diesem Stimmungsumbruch - verstand die Welt nicht. War er es nicht gewesen, der seinen Freund verführen wollte. Aber anscheinend hatte dieser den Spieß umgedreht. Und der Blonde ließ es sich gefallen, war es doch schon so lang her. War nun nur zu hoffen, dass er dieses Mal nicht wieder alles vermasselte! Kapitel 4: 25. Dezember ----------------------- Als Seto am nächsten Morgen die Augen aufschlug, war sein erster Instinkt den Arm nach Joey auszustrecken und sich dessen Anwesenheit zu vergewissern. Denn der gestrige Tag hatte definitiv alle Grenzen gesprengt und alle Vorsätze - die Seto sich jemals gemacht hatte - in den Wind geschossen. Zu aller erst hatte er jemandem seine Liebe gestanden und dann hatte er auch noch ... Gott, er wollte gar nicht darüber nachdenken. Aber es war schön gewesen - wunderschön. Und genau aus diesem Grund wunderte er sich gerade zunehmend darüber, dass sein Freund nicht neben ihm im Bett lag, sich an ihn kuschelte und schlief. Weil Joey Wheeler vor 10.00 Uhr eigentlich nie das Bett verließ - zu mindestens nicht freiwillig oder bei vollem Bewusstsein. Immer noch völlig ausgelaugt und überhaupt nicht wach, richtete sich der Brünette aber doch auf, scannte mit seinen Augen den ganzen Raum. Allerdings war sein blonder Freund nirgendwo zu sehen. Angestrengt lauschte der Brünette ein, zwei Sekunden, aber auch aus dem Badezimmer kamen keine Geräusche. Seufzend ließ sich der Blauäugige wieder in die zerwühlte Leinenlaken fallen. Erschrocken musste er dann feststellen, dass das heute wohl der erste Tag in seinem Leben war, an dem er keine Lust zum aufstehen hatte. Nicht, weil ihn die Energie verlassen hatte, sondern einfach nur aus reiner Bequemlichkeit. Und vielleicht auch ein ganz kleines bisschen weil er keine Lust hatte beim laufen auszusehen, als hätte er einen Stock im Arsch. Immerhin spürte er das Ziehen immer noch sehr deutlich. Stöhnend vergrub er das Gesicht in seinem Kopfkissen. Der Firmenchef musste wohl noch einmal eingenickt sein - was sonst nie, wirklich nie vorkam - denn das nächste was er mitbekam, waren zwei kalte Hände, die sich unter seine Decke geschoben hatten. Und es dauerte auch nicht lange da war er hellwach und schoss wie von der Tarantel gestochen aus seinen Kissen hoch. Joey war - erschrocken von der plötzlich Bewegung seines Freundes - etwas zurück geschreckt. »Woah, ganz ruhig! Ich bin es bloß!«, versuchte er seinen Freund mit leiser Stimme zu besänftigen. Dieser benötigte auch nur ein paar Sekunden um wieder die Ruhe in Person zu werden, denn ein Seto Kaiba behielt ja für bekanntlich immer einen kühlen Kopf. Auch in solchen Situationen, wo der eigene Freund einem beinahe eine Herzattacke verpasste. »Spinnst du mich so zu erschrecken!«, fuhr der Brünette seinen Freund auch gleich an, dann runzelte er die Stirn. »Und wo warst du überhaupt?« Erst jetzt fiel dem Blauäugigen auf, dass des Blonden Nasenspitze stark gerötet war und er noch eine Mütze auf dem Kopf trug. Verwirrt und jetzt auch wieder völlig bei Verstand, konnte er sich die Frage aber eigentlich selbst beantworten. »Wie spät ist es?«, wollte er als nächstes wissen. »Viertel nach neun« antwortete Joey grinsend. »Aber keine Sorge, Mokuba ist auch noch nicht wach. Er wird also niemals erfahren, dass sein großer Bruder mal nicht um 5.00 Uhr aufgestanden ist.« »Mach dich nicht auch noch lustig über mich du elender Affe. Hilf mir lieber aus dem Bett!« Aber auch das brachte den Braunäugigen nur zum lachen und dazu, dass er sich fragte, wann Seto und er in den letzten zehn Monaten mal so unbeschwert miteinander umgegangen waren. Es kam ihm vor, als hätte der gestrige Tag Ihre gesamte Beziehung verändert. Vielleicht nicht für immer. Vielleicht nur für ein paar Sekunden. Aber Joey war sich einig, dass diese paar Sekunden besser waren als nichts! »Sind wir über Nacht dreißig geworden oder was?«, lächelte der Blonde. »Nun komm schon alter Mann, das Frühstück macht sich immerhin nicht von alleine!« »Mhmm«, machte Seto als Antwort nur, griff währenddessen nach den Händen seines Freundes. Die Lust zum Aufstehen hatte er noch immer keine, dafür machte sich aber jetzt ein anderes Verlangen in seinem Körper breit. Er verstand selbst nicht was er gerade tat, verlor er doch ansonsten nie die Kontrolle in diesem Ausmaß; War er doch nie so versessen auf Sex. »Was machst du da? Wir müssen in die Küche«, grinste Joey, ließ sich dann aber doch widerstandslos von Seto in Beschlag nehmen. Das sein Freund so eine ergebene Seite hatte, hätte er niemals gedacht. »Vorher will ich noch eine Wiederholung von gestern Nacht!«, murmelte der Blauäugige an den Lippen seines Freundes, drückte seine eigenen schlussendlich auf dessen und zog in ins Bett. Kichernd ließ der Blonde es mit sich machen und genoss es regelrecht. Wer weiß wann diese Unbeschwertheit wieder verflog. Bei Seto konnte das in jeder Sekunde der Fall sein. Dem musste man sich Bewusstsein, wenn man eine Beziehung mit ihm einging. Aber diesen Fakt verbannte der Blonde für die nächsten Minuten aus seinem Kopf. Er wollte jetzt nicht an Setos negative Fassetten denken. ◦ ’°’◦ ★ ☆ ★.◦’°’◦ Mokuba musste wohl den Schock seines Lebens bekommen haben, als er gegen 10.00 Uhr die Küche betrat. Joey und Seto saßen an der Inseltheke, trugen beide nur eine Boxershorts und ein T-Shirt. Sie turtelnden herum wie ein frischverliebtes Pärchen, schienen den Sinn für Raum und Zeit vollkommen verloren zu haben. Normalerweise würde der Schwarzhaarige jetzt laut aufschreien und den beiden sagen, sie sollen das machen wenn er nicht anwesend ist. Allerdings konnte er sich nicht daran erinnern, seinen Bruder je so ausgelassen gesehen zu haben. Nicht mal, als Sie noch Kinder waren und Gozaburo noch nicht gekannt hatten. Netterweise wollte er sich gerade zurück ziehen, als sein Magen knurrte. Das verriet seine Anwesenheit gegenüber des Pärchens, welches sofort aufgeschreckt auseinander fuhr. Joey begann bei dem Anblick Mokubas nur zu grinsen. Seto allerdings wurde rot ... Seto Kaiba, der reichste Mann Japans, der CEO der Kaiba Corp. wurde tatsächlich rot. Sein kleiner Bruder schwor sich, diesen Tag bunt im Kalender zu markieren. Denn das war noch nie passiert, obwohl Seto vor Joey unzählig One-Night-Stands und Affären mit nach Hause gebracht hatte. Und jedes Mal wenn Mokuba rein geplatzt war, hatte Seto irgendwie reagiert - allerdings niemals so. Meistens hatte er seine Affäre vor die Tür gesetzt oder seinen Bruder gebeten wieder rauszugehen. Aber das es ihm nun die Schamesröte ins Gesicht trieb, war selbst für seinen kleinen Bruder ein völlig neuer Anblick. Mokuba wollte etwas tun, etwas anderes als Lächeln. Jedoch konnte er nicht, denn es freute ihn so sehr, dass sein Bruder endlich mal wieder menschliche Regungen zeigte, außer Wut und Hass. Obwohl Seto früher immer beteuert hatte, es ginge ihm gut und er bräuchte so etwas wie Liebe nicht, war dem Zwerg immer klar gewesen, dass auch sein großer Bruder irgendwann nicht mehr ohne Sie konnte. Denn das Gefühl von völliger Geborgen- und Sicherheit brauchte jeder Mensch. Sich zu fühlen, als könnte man alles schaffen, auf der Oberfläche des Wassers laufen und hoch in die Wolken fliegen ... Niemand konnte ohne dieses Gefühl lange überleben und dabei noch völlig glücklich sein! Und den Schwarzhaarigen freute umso mehr, dass es Joey war, der seinen Bruder wieder auf die richtige Bahn gelenkt hat. Das ist das beste, was dem Brünetten passieren konnte! »Hast du Hunger?«, riss des Blonden Stimme ihn schließlich aus seinen Gedanken. Des Schwarzhaarigen Lächeln wurde noch eine Spur breiter, ehe er einfach nickte und sich neben seinen Bruder hockte. Joey machte sich währenddessen daran Mokuba ein paar Kleinigkeiten auf den Teller zu tun. Die beiden Brüder tauschten einen kurzen Blick aus, dann räusperte sich der Älteste im Raum. »Ich habe noch ein paar Sachen zu erledigen, aber danach gehöre ich wieder ganz euch«, sagte er, erhob sich und marschierte aus dem Raum. Mokuba sah ihm hinterher, bemühte sich nicht in schallendes Gelächter auszubrechen. Setos Gangart ließ nämlich ganz genau darauf schließen, was er und Joey letzte Nacht getrieben hatten. Auch der Blonde kam bei diesem Anblick nicht um ein breites Grinsen drumherum, freute er sich doch bereits auf die heutige Nacht und deren Ereignisse. ◦ ’°’◦ ★ ☆ ★.◦’°’◦ Als der CEO gegen 13.00 Uhr sein Arbeitszimmer wieder verließ, wunderte er sich über die Stille in der Villa. Aus keinem Zimmer kam ein Laut, was ihn zunehmend beunruhigte. Nicht das er wieder etwas falsches getan oder gesagt hatte und Joey erneut abgehauen war. Verwirrt über diese Tatsache machte er sich zu einem Rundgang auf, durchsuchte alle Räume. Die Küche - welche er sich bis zu Letzt aufhob - sollte schließlich sein Ziel werden, denn Joey tüftelte vor dem Herd vor sich hin und Mokuba stellte am langen weißen Küchentisch ein Duell-Monsters-Deck zusammen. Seto konnte sich denken wieso, also beschloss er, seinen Bruder nicht zu stören. Dieser ließ sich in Sachen Duell-Monsters so oder so nicht reinreden und erst recht nicht von ihm! Die Hilfe von Yami und Yugi hingegen, war ihm immer recht. Aber - für das früherer Verhalten des jungen Firmenchef undenkbar - dass sollte ihm recht sein, denn er hatte nun wichtigeres im Kopf. Und dieses Etwas huschte gerade zwischen Herd und Theke hin und her, schnippelte Gemüse klein und bereitete die Sauce für heute Abend zu. Hin und wieder warf er auch einen Blick in den Ofen. Vermutlich um zu beobachten wie sich seine Ente entwickelte. Der ehemalige Profi-Duellant kam sich ziemlich fehl am Platz vor, also verließ er grinsend wieder den Raum. Wenn seine Anwesenheit nicht unbedingt erforderlich war, konnte er sich auch nochmal in sein Arbeitszimmer verdrücken. Dort warteten nämlich noch ein paar Statistiken und Bilanzen auf ihn, die nach Weihnachten dringend benötigt wurden. Zufrieden mit seinem neuen Deck kehrte Mokuba die Karten zusammen, welche er über die gesamte Tischplatte verstreut hatte. Anschließend hüpfte er vom Tisch zum Kühlschrank, nahm sich eine Falsche Cola hinaus und schwang sich dann auf die Küchentheke. Während er das zuckrige Getränke seine Kehle hinunterkippte und gleichzeitig mit den Beinen baumelte, überlegte er, wie er Joey fragen sollte, ob sie sich gleich duellieren konnten. Ihm war klar, dass dieser nach dem kochen mit Sicherheit gleich zu Seto wollte, allerdings wollte er des Blonden Duell-Fähigkeiten auch einmal auf die Probe stellen. Bisher hatte sich diese Gelegenheit nämlich noch nicht ergeben. Und da sein großer Bruder gerade beschäftigt war und er selbst nichts weiteres zu tun hatte, wollte er die Chance natürlich nicht ungenutzt verstreichen lassen! Er wartete einen günstigen Moment ab, in dem Joey scheinbar nichts weiteres zu tun hatte. Das Gemüse war fertig geschnippelt und vorgekocht, die Sauce stand zum aufwärmen bereit im Kühlschrank und die Ente brutzelte seelenruhig vor sich hin. Perfekt, dachte der Schwarzhaarige für sich, hüpfte von der Theke und machte zwei winzig kleine Schritte zu dem Freund seines Bruders. Dieser sah den kleinen Kaiba bereits aus dem Augenwinkel kommen. »Mhmm?«, brummte er daher, ehe der Zottelkopf auch nur zu Wort kommen konnte. Ein wenig erschrocken hielt dieser daher inne, räusperte sich kurz. »Hast du gerade Zeit? Wenn ja, hatte ich gedacht das wir uns vielleicht duellieren könnten?!«, trug er seine Anliegen auch sogleich vor, ohne groß um den heißen Brei zu reden. Die Kaibas sind direkt, anders als Joey. Der druckste nämlich gerne herum, wenn ihm etwas unangenehm ist. Verwirrt blinzelte der Braunäugige, wandte seinen Kopf in die Richtung des Zwergs. Bevor er antwortete, dachte er darüber nach wie lange sein letztes Duell bereits her war. Gegen Seto spielte er nämlich nicht, genauso wenig wie gegen Yami oder Yugi. Viele Alternativen gab es daher auch nicht mehr, weswegen der Duellant die Gedanken wieder verdrängte. Das letzte Duell war dann eben doch schon eine Weile her. »Sicher. Gib mir nur eine Minute, ich hole schnell mein Deck«, grinste das Größte im Raum, machte bereits kehrt und verließ eben diesen, bevor der jüngste Kaiba eine Antwort geben konnte. Grinsend schnappte sich Mokuba sein Deck und machte sich auf zur Garderobe. Er und Joey mussten ihr Duell wohl oder übel im Garten austragen, da er sich lieber nichts ausmalen wollte, was Seto wohl dazu sagen würde, wenn - zum Teil deckenhohe - Hologramme durch seine Küche tanzten. ◦ ’°’◦ ★ ☆ ★.◦’°’◦ Alle ausstehenden Bilanzen waren erstellt, alle Statistiken erhoben. Ein Telefonat hatte er auch noch geführt und drei E-Mails wurden ebenfalls versendet. Dann reichte es dem CEO aber auch. Der Kopf dröhnte ihm so oder so schon. Er schaltete das Licht aus und zog anschließend die schmale Tür aus Kirschholz hinter sich zu. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass bereits in weniger als zwei Stunden Joeys Freunde auf seiner Türschwelle auftauchen würden. Daher entschied er sich dazu, langsam mal den Weg ins Bad einzuschlagen, sich eine warme Dusche zu gönnen und anschließend formelle Kleidung anzuziehen. Er glaubte zwar nicht wirklich, dass der Kindergarten auch nur annähernd salonfähig aussehen würde, aber das hieß ja nicht gleich, dass er sich auch in ein schlechtes Licht stellen musste. Bereit dazu den Abend hinter sich zu bringen, stieg der Brünette etwa eine Stunde später die Treppen hinunter ins Erdgeschoss. Auf dem Weg in die Küche vernahm er das leise auf- und zugehen der Terrassentür, was ihm verriet das seine beiden Liebsten im Garten gewesen sein mussten. Stellte sich ihm nur die Frage, was sie dort getrieben hatten. Als er die Küche durch den deckenhohen Marmorbogen betrat, entdeckte er seine wertvollen Duelldisks, deren Ablageort nun der Küchentisch war. Im nächsten Moment fingen seine Augen auch seinen kleinen Bruder ein, der schmollend an der Stirnseite saß, seine Karten sortierte und die ein oder andere auch aus seinem Deck entfernte. Die Augenbrauen hochziehend, wandte der CEO den Kopf, suchte die Küche nach seinem Freund ab. Dieser stand wieder vor dem Herd, war gerade dabei die Ente heraus zu holen. Er übergoss sie noch einmal mit Wasser und schob sie anschließend zurück in die Röhre. Des Blonden breites Grinsen entging dem Ältesten im Raum dabei nicht. Er konnte sich nur zu gut vorstellen wie sein Freund seinen kleinen Bruder besiegt hatte. Sicherlich würde man nun annehmen, dass die Freude und die Übermut des 11-Jährigen nun getilgt war und Duell-Monsters nicht länger zu seinen Interessen gehört. Aber Mokuba war nun mal ein Kaiba und Kaibas ließen sich von Niederlagen nicht unterkriegen. Sie spornten eher dazu an, noch viel besser zu werden und mehr, als alles zu geben. Wenn nötig auch mit einer gewissen Portion Hinterlist, Autorität und der ein oder anderen erst zu nehmenden Drohung. Setos Anwesenheit wurde nicht weiter zur Kenntnis genommen, weshalb er geradewegs auf die Kaffeemaschine zu ging und sich sein ach so geliebtes Heißgetränk zu bereitete. Wenn sein Freund kochte, dann kochte er. In solchen Momenten um seine Aufmerksamkeit zu hoffen, war völlig zwecklos - das hatte der Brünette in den letzten Monaten mehrmals erleben müssen. Aber sein Bruder schien gerade etwas Ablenkung gebrauchen zu können, weswegen sich der Blauäugige kurzer Hand - natürlich nicht ohne seine Tasse frisch aufgebrühten Kaffee - auf den Stuhl neben ebendiesem fallen ließ. »Wie schlimm war es?«, fragte der Brünette seinen Bruder direkt, was nicht gerade die besten Worte waren. Mokuba wurde gleich noch viel trübseliger und Joey verdrückte sich mit den Worten "Ich muss mich noch fertigmachen" aus der Gefahrenzone. Der Blonde wusste, wie schnell ein Streit unter den Kaiba-Brüdern eskalieren konnte und er wusste auch, wie böse so ein Streit werden konnte. Immer wieder führte Seto ihm vor Augen, wie viel er doch von Gozaburos Art in sich trug. Ob er das hören wollte oder nicht, aber die Erziehung seines Adoptivvaters hatte Spuren hinterlassen und zog immer wieder Folgen mit sich. Wie zum Beispiel, dass Seto das ein oder andere mal harsch und streng mit seinem kleinen Bruder umging. Der Grauäugige machte sich ganz klein auf dem Stuhl und jagte der surrealen Hoffnung nach, so um eine Antwort zu kommen. Allerdings würde sein großer Bruder wohl nicht so schnell locker lassen. Als er den fordernden Blick des CEO bemerkte, stieg ihm sofort ein Klos in den Hals. »I-ich muss mal auf die Toilette«, nuschelte er in sein Halstuch. Bereit dazu den Raum zu verlassen erhob er sich, als sein Bruder blitzschnell den Arm ausstreckte, nach seinem Unterarm griff und ihn zurück auf den Stuhl drückte. »Ich werde dich nicht ohne eine Antwort entlassen!«, hörte er da auch schon die erdrückenden Worte des Firmen-Erben. Das führte dazu, dass ihm ein eiskalter Schauer den Rücken hinunter lief und er sich fragte, wie sehr dieser Tonfall doch dem Ihres verhassten Adoptivvaters glich. Wo war bloß Joey, wenn man einmal seine Hilfe brauchte? »Es war doch bloß ein Duell ... Nur ein Spiel«, versuchte sich Mokuba zu rechtfertigen, wohl wissend das ihm das nicht viel bringen würde. »Nur ein Duell? Bloß ein Spiel?«, echote Seto auch sogleich, klang dabei so herablassend wie sonst nie. In seiner aufbrausenden Art bemerkte er gar nicht, wie sein Bruder immer mehr in sich zusammensackte. Ach Loch im Boden tue dich auf und verschlinge mich, schien er wohl zu denken. Aber der CEO bekam davon, wie bereits gesagt, nichts mit. »Ein Kaiba verliert nicht - niemals!«, waren des Brünetten nächsten Worte. Der Zottelkopf hatte schon die passenden Widerworte parat. Sein Bruder hatte doch auch oft genug verloren, warum machte er dann jetzt so einen Wind um die Sache? Aber der 11-Jährige traute sich dann doch nicht, seine Gegenargumente auszusprechen, schluckte sie stattdessen herunter und blieb still. So verging die Zeit. Sein großer Bruder starrte ihn abwartend und böse an und er schwieg beharrlich, hoffte auf das Klingeln an der Tür oder Joeys trippelnde Schritte auf der breiten Marmortreppe. Mokuba verinnerlichte das Ticken der Küchenuhr, die an der Wand hing. Lauschte auf die schwachen Geräusche im Garten. Tick, Tack, Tick, Tack. Er zählte die Sekunden mit. Dann endlich, seine Erlösung. Wie ein Keil trieb sich das Schrillen der Klingel zwischen die beiden Brüder. Der jüngere war sofort aufgesprungen und hatte die Küche verlassen, ehe der ältere auch nur ein Wort verlauten lassen konnte. Erst als er die vertrauten Stimmen von Yami und Yugi, Tristan und Duke vernahm, schämte er sich plötzlich für sein Verhalten. Es war, als hätte es die letzten Minuten gar nicht wirklich gegeben, als wären sie nur eine Illusion gewesen, ein Traum, in dem er seinen kleinen zarten Bruder genauso behandelte, wie Gozaburo ihn immer behandelt hatte. Und was er selbst immer verabscheut hatte, dass mutete er jetzt diesem zerbrechlichen Wesen zu. Er schloss die Augen, rief sich selbst zu innerer Ruhe. Mokuba würde ihm das schon verzeihen ... Bald ... Irgendwann. ◦ ’°’◦ ★ ☆ ★.◦’°’◦ Als Joey geschniegelt und gestriegelt die Küche betrat, fand er dort nur Seto vor. Eigentlich hatte er nur vorgehabt schnell die Ente aus dem Ofen zu holen und sich anschließend zu seinen Freunden zu gesellen. War er doch davon ausgegangen, dass sein Freund sich längst auch bei diesen befand. Allerdings schien der Brünette gerade nicht sehr viel von Gesellschaft zu halten, da er am Esstisch saß, starr die Wand anstarrte und nachdachte. Man konnte bereits an seinem abwesenden Dasein erkennen, dass er im Moment nicht in dieser Welt verweilte. Der Blonde Duellant konnte nur erahnen was seinen Blauäugigen Freund so beschäftigte, wusste er doch von dessen Angst irgendwann genauso zu werden wie Gozaburo. Dieser kleine Teil den der Alte in Setos Gemüt hinterlassen hatte, würde sich wohl möglich nie ganz auslöschen lassen. Man musste ihn eben nur ständig unterdrücken und dafür sorgen, dass diese Seite nicht zum Vorschein kam. Kurzerhand nahm sich der Braunäugige ein Herz, setzte sich zu seinem Freund und schmiegte sich an dessen Schulter. Die Tatsache, dass sie heute noch nicht allzu viel Zeit für Zweisamkeit hatten, schob er dabei bewusst in das hinterste Stübchen seines Gehirns. Der schwerreiche Firmenchef nahm erst einige Augenblicke später Notiz von der Anwesenheit seines Freundes, war er doch viel zu beschäftigt damit gewesen seinen Gedanken nach zu hängen. »Du bist nicht er, also hör auf darüber nachzudenken«, murmelte der Blonde an die Schulter seines Geliebten, döste beinahe weg, so gemütlich fand er diese. »Ich wollte ihn nicht so anfahren«, entgegnete Seto, klang dabei noch immer ein wenig abwesend, »Aber ich tue es trotzdem immer wieder« Auf diese Worte hin, richtete sich der Braunäugige nun doch wieder auf, nahm das Gesicht seines Freundes in die Hände und drehte dessen Kopf zu sich. »Jetzt hör mir mal zu!«, befahl er diesem ein wenig schroff, fuhr aber ohne Umschweife fort. »Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen und es wird auch niemals jemand behaupten, dass die Erziehung eines 11-Jährigen leicht ist! Auch wenn du nicht immer ganz richtig handelst, liebt Moki dich trotzdem. Und ich glaube, dass er dich gegen niemanden auf dieser Welt eintauschen würde. Nicht mal Yugi oder Yami hätten gegen dich eine Chance.« Er pausierte kurz und ließ den Brünetten die Worte verarbeiten. »Und jetzt hör auf hier Trübsal zu blasen und komm mit ins Wohnzimmer. Weihnachten ist nicht der richtige Zeitpunkt um sich selbst zu bemitleiden oder um sich zu streiten. Dafür habt ihr beide 364 andere Tage im Jahr!«, endete der 16-Jährige schließlich seinen Monolog, zog seinen Freund hoch und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. Anschließend grinste er ihn an und zog ins Wohnzimmer, wo ihre Freunde auf Gesellschaft warteten. Der Brünette viel beinahe vom Glauben ab, als er den Raum betrat und ihm sieben ordentlich gekleidete Jugendliche gegenüber saßen. Er hätte niemals für möglich gehalten, dass der Kindergarten solche Klamotten im Schrank zu hängen hatte. Das allerbeste Beispiel dafür war Tea, dass einzige Mädchen im Raum. Sie hatte ihre pinke Jacke und die ebenso pinke Shorts gegen ein cremefarbenes Kleid eingetauscht. Der Rock ging ihr bis zu den Knien und war vermutlich mit einem Unterrock aus Tüll versehen, da der Stoff bei jeder Bewegung knisterte. Das Mieder wurde durch ein gehäkeltes Band in beige getrennt und war bis hoch zu den Schultern - und vermutlich auch am Rücken - mit einem atemberaubenden Muster aus Spitze versehen. Das Outfit wurde durch einen kurzärmeligen Bolero abgerundet und verniedlicht. Aus dem Augenwinkel entdeckte Seto Ihre Pumps aus Wildleder. Der Absatz von den Schuhen war so dünn, das er nicht drum herum kam sich zu fragen, wie man auf solchen Dingern bloß laufen konnte. Neben Tea hatte - wie sollte es auch anders sein - Yugi Platz genommen. Auch er hatte ein ungewöhnlich formelles Outfit an. Der Marineblaue Anzug war verschwunden, stattdessen trug er nun eine Anzughose - natürlich von der Stange und nicht maßgeschneidert, vermutete Seto - und dazu ein royal-blaues Hemd, dessen Kragen er hinunter geklappt hatte. Bekannt kamen Seto nur die halbhohen Lederstiefel und das Lederhalsband vor. Davon konnte sich der Punk natürlich nicht trennen. Der Blick des CEO's wanderte zu Yugis Sitznachbarn Yami, der zwar keine Anzughose trug, dafür aber trotzdem ziemlich kokett aussah. Die schwarze Jeans schmiegte sich eng an seine dünnen Beine und der einfache schwarze Pullover wurde durch die Bauchmuskeln, welche sich darunter verbargen, zu einem echten Highlight. Dazu kombinierte er ebenfalls halbhohe Lederstiefel, allerdings welche, die nicht im nächstbesten Gothikladen gekauft wurden. Beeindruckt zog Seto eine Augenbraue hoch und ließ seinen Blick dann weiter wandern. Der letzte Platz des Sofas - vermutlich auch nur mit Ach und Krach ergattert - wurde von Ryou besetzt. Da der Weißhaarige sowieso nie ein Faible für dunkel Farben gehabt hatte, fiel er auch nicht weiter aus der Reihe. Er trug ein hellbraunes, kariertes Hemd, dessen Enden in eine beige, maßgeschneiderte Anzughose gestopft wurden. Die Knöchelhohen Wildlederschuhe waren zwar nicht unbedingt der Hingucker, sahen aber besser aus als die Schuhe seines Freundes, wie Seto als nächstes feststellte. Bakura hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, sich in irgendeiner Art herauszuputzen. Er trug eine blaue, lockere Jeans, in deren Bund sporadisch die zerknitterten Zipfel eines weißen Hemdes gesteckt wurden waren. Seine Schuhe waren einfache High-Tops, von denen Seto nicht wusste, ob man diese im Winter überhaupt tragen konnte ohne dass sie durchweichten, weil sie nicht wasserfest waren. Auf dem breiten Fernsehsessel neben dem Sofa hatten es sich Tristan und Duke bequem gemacht. Der Schwarzhaarige saß auf dem Schoß seines Freundes, band sich gerade seinen Zopf und zupfte anschließend an seinem olivgrünen Hemd herum. Dann strich er seine rote, enge Jeans zusammen und winkelte die Beine an, um zu sehen ob an seinen schwarzen Lederschuhen auch kein Dreck zu sehen war. Von Tristan bekam der Blauäugige Firmenerbe nicht viel zu sehen, außer dessen graue Anzughose und dessen, ebenfalls, grauen Hemds. Als nächstes scannte er den Raum nach seinem Bruder ab, in der Hoffnung das dieser nach ihrer kleinen Auseinandersetzung hochgegangen war und sich umgezogen hatte. Doch seine Hoffnung wurde zerschlagen, als er sah wie sein Bruder in der grauen, abgetragenen Jogginghose durch den Raum lief. Das dunkelblaue, ausgewaschene und zerknitterte Shirt klebte an ihm wie ein Kartoffelsack. Na ja, dachte Seto dann, wenigstens trägt er halbwegs vernünftige Schuhe. Nachdem er nun alles Anwesenden so ausgiebig wie möglich begutachtet hatte, sah er nun prüfend an sich selbst hinab. Er trug, eigentlich so wie immer, einen schwarzen Rollkragen Pullover, über den er sich zu erst unsicher war. Allerdings hatte er dann Joeys Liebesmale an seinem Hals entdeckt, weswegen es für ihn unmöglich war in einem Hemd hier unten aufzutauchen. Dafür passte der Pullover wenigstens hervorragend zu seiner maßgeschneiderten schwarzen Anzughose, die sich eng um seine Beine schmiegte, sie dafür aber lang und sinnlich wirken ließen. Er musste zugeben, das die schwarzen Lackschuhe vielleicht nicht die beste Idee waren, aber auch er durfte sich in Sachen Mode mal vertun, sah er doch sonst immer zum dahinschmelzen gut aus. Bei den Worten "gut aussehen", kam ihm plötzlich in den Sinn, dass er Joeys Outfit für den heutigen Abend noch nicht näher betrachtet hatte. Daher drehte er seinen Kopf auch so gleich zu seiner rechten Seite, wo sein Freund immer noch stand und seine Hand hielt. Auch der Blonde schien heute Wert auf gutes Aussehen zu legen. Er hatte seine beste - und wohl auch einzige - Anzughose an, passend dazu ein rotes Hemd, mit schwarzer Knopfleiste und ebenso schwarzen Nähten. Dessen Enden hatte er ordentlich und ohne Falten in dem Bund seiner Hose verschwinden lassen, sodass er beinahe aussah wie ein richtiger Geschäftsmann. Der einzige Makel waren wohl seine Schuhe. Denn der Braunäugige hatte sich, ganz wie immer, für Sneakers entschieden, die seinem Outfit zwar einen lässigen Touch gaben, allerdings auch jede Form von Autorität verschwinden ließen. Tea war schließlich die erste, welche die Anwesenheit von Seto und Joey zur Kenntnis nahm. Grinsend erhob sie sich vom Sofa, strich ihr Kleid glatt und machte sich dann auf den Weg zu dem Pärchen, was irgendwie ein wenig verloren in dem großen Raum wirkte. »Da seit ihr ja endlich!«, begrüßte sie die beiden überschwänglich. »Wir dachten schon, wir bekämen euch heute gar nicht mehr zu Gesicht!« Sie umarmte Joey freundschaftlich, reichte Seto aber nur die Hand. Das er nicht viel von ihnen hielt, war ihr schon längst klar. Allerdings wertete sie die Tatsache, dass sie alle den ersten Weihnachtsfeiertag in seiner Villa verbringen durften, als gutes Zeichen. Ebenso wie Yugi, Ryou und Tristan, die sich nun auch aufgemacht hatten um den Villenbesitzer und sein Hündchen zu begrüßen. Von allen bekam der Blonde Duellant eine Umarmung und Seto einen festen Händedruck. Einzig und allein Bakura nickte beiden bloß aus der Entfernung zu und nutzte die Gelegenheit um sich einen Platz auf dem Sofa zu sichern. »Ich würde sagen, dann gehe ich jetzt mal den Tisch decken und ihr macht es euch hier noch ein wenig gemütlich. Seto bietet euch mit Sicherheit etwas zu trinken an!«, verkündete der 16-Jährige, nachdem die Begrüßung erledigt war. Anschließend gab er seinem Freund einen kleinen Stoß nach vorne, da dieser anscheinend schon wieder dabei war in eine andere Welt abzudriften. Vermutlich eine, in der nicht so viel durcheinander gesprochen wurde. Jeder hatte nämlich etwas zu erzählen, von gestern oder vorgestern. Und so gerne Joey sich auch jede Geschichte anhören wollte, war er doch froh darüber der Euphorie der ersten Minuten nach dem Wiedersehen entschwinden zu können. Für Seto war das außerdem die perfekte Gelegenheit soziale Kontakte zu knüpfen, die nicht nur auf geschäftlicher Ebene stattfanden. Dabei interessierte es den Blonden auch nicht die Bohne, was sein Freund nun von seinen Freunden hielt. Er sollte sich endlich mit ihnen arrangieren, denn dem CEO wollte keiner etwas böses. Vermutlich würde der allerdings noch einige Zeit brauchen um das zu verstehen. Seufzend bog Joey in das Esszimmer ein und öffnete den Geschirrschrank. Hoffentlich würde dieser Abend nicht im Streit enden. ◦ ’°’◦ ★ ☆ ★.◦’°’◦ Als sie gegen 8.00 Uhr das Abendessen beendet hatten und Joey eine gefühlte halbe Stunde lang nur gelobt wurde, nahmen ein paar der Anwesenden auch noch den ein oder anderen Verdauungs-Drink zu sich. Das natürlich nur unter den anhaltenden skeptischen Blicken der Nicht-Trinker. Aber das war Seto, Duke, Bakura, Tristan und Yami herzlichst egal. Tea rümpfte nur die Nase und Yugi schüttelte den Kopf. Ryou fragte sich, ob der Obstbrand einen Nachgeschmack beim küssen haben würde und Joey drohte gleich mit Kuss-Verbot, wenn Seto es sich wagen sollte auch noch einen Schluck zu nehmen. Dann begann endlich der spaßige Teil des Abends: Die zweite Bescherung. Joey staunte erneut bei der Masse an Geschenken die unter dem Baum lagen, allerdings waren heute ja auch ein paar mehr Leute anwesend, als gestern Abend. Die Meute fand sich nach und nach wieder im Wohnzimmer ein. Tea, Yami, Yugi und Ryou nahmen wieder das Sofa für sich ein, wobei Ryou dieses Mal auf dem Schoß seines Freundes Platz nahm. Duke und Tristan ernannten den Fernsehsessel zu Ihrem Thron, Seto blieb einfach stehen und Joey hockte sich mit zu Mokuba neben den Baum. Er würde zwar dem Kleineren das Geschenke verteilen überlassen, aber so kam er um das nervige stehen drum herum. Für faule Personen war das teilweise nämlich mehr als nur anstrengend. Abwartend starrten nun alle Mokuba an, der innerlich noch einmal durchzuzählen schien, ob denn nun alle hier waren, ehe er anfing und sich das erste Geschenk krallte. Es war eine kleine türkise Schachtel, mit einem hellblauen Geschenkband aus Stoff. Der Schwarzhaarige angelte sich das Namensschildchen. »Für Tea«, lass er vor, kämpfte sich dann vom Boden hoch um der Brünetten ihr Päckchen zu überreichen. Freudig nahm sie es entgegen, zog an dem seidigen Band und öffnete schließlich die Schachtel. Mehr als ein »Wow« brachte sie nicht heraus, zu überwältigt war sie von dem Anblick der sich ihr bot. Ganz vorsichtig nahm sie das goldene Battlearmband aus seiner schützenden Verpackung, drehte und begutachtete es in ihren Händen. »Ich hoffe es gefällt dir«, sagte Yugi vorsichtig, »Yami und ich haben ganz schön lange nach so etwas gesucht!" »Es ist wunderschön«, bekam er nur wenige Augenblicke später die Antwort. Die leidenschaftliche Tänzerin stupste vorsichtig erst den einen Anhänger, dann den anderen an. Eine Ballerina und Ballettschuhe. Sofort bekam sie ein schlechtes Gewissen. Die Geschenke, welche sie besorgt hatte, waren nicht annähernd so toll. Nachdem sich die Allgemeine Freude um das erste Geschenk des Abends allmählich gelegt hatte, krabbelte der junge Kaiba zurück zum Weihnachtsbaum, um das nächste Päckchen auszuwählen. »Für Joey und Seto«, las der Zottelkopf vor, wandte dann den Blick erst an seinen Bruder und anschließend an dessen Freund. »Wer von euch will es aufmachen?« Nun waren es Seto und Joey, welche sich fragend ansahen nach kurzer Zeit beide mit den Schultern zuckten. Für den Blonden war diese - eigentlich nichts eindeutig aussagende - Geste die Entscheidung. Langsam streckte er den Arm aus, nahm das kleine Pakte entgegen und öffnete erst die Schleife und dann das Geschenkband. Zum Vorschein kam ein ziemlich robuster Briefumschlag aus Pergament, der sofort darauf schließen ließ, dass das Geschenk von Yami und Yugi stammte. Der Braunäugige schielte aus dem Augenwinkel zu seinen Freunden, anschließend ließ er seinen vorsichtigen Blick zu Seto wandern. Den schien das Geschenk allerdings nicht die Bohne zu interessieren. Mit zwei sanften Bewegungen - Joeys Angst das Pergament zu beschädigen war ziemlich groß - hatte er den Briefumschlag schließlich geöffnet und eine kleine Karte zu Tage befördert auf deren Rückseite in verschnörkelten Buchstaben das Wort »Gutschein« geschrieben stand. Etwas skeptisch wendete er die Karte. »Ein Gutschein über einmal Babysitten", las der Duellant laut vor. Dann sah er die beiden Punks verständnislos an, weil er mit dem Inhalt der Karte überhaupt nichts anfangen konnte. »Was sollen wir damit anfangen?«, hakte er nun nach. »Na ja«, begann Yugi schließlich ein wenig zögerlich, »Yami und ich dachten uns, dass ihr beide ja vielleicht mal ein Wochenende wegfahren wollt und da braucht ihr dann doch sicherlich auch einen Babysitter für Mokuba oder etwa nicht?!« Der Blonde öffnete den Mund und schloss ihn gleich darauf wieder ohne auch nur einen Ton gesagt zu haben. Eigentlich wollte er Yugi erklären, dass - im Falle von Setos Abwesenheit - zwei Babysitter und ein Hausmädchen für Mokuba zur Verfügung standen. Allerdings verwarf er die Idee dann auch gleich wieder, denn Seto würde niemals für längere Zeit die Stadt verlassen. Seine Firma war nur in Domino ansässig, verfügte über keine Zweigstellen oder Auslagerungen. Und an Urlaub dachte dieser Workaholic ganz sicher nicht! Daher bedankte er sich einfach nur, reichte den Brief dann an Seto weiter, damit dieser ihn ordnungsgemäß verstauen konnte. Vielleicht kam ja irgendwann doch einmal die Gelegenheit, diesen Gutschein einzulösen. Mokuba, der von Yami und Yugi als Babysitter mehr als nur begeistert war, griff sogleich nach dem nächsten Päckchen und so ging das eine ganze Weile weiter. So endete die Bescherung damit, dass Tea noch drei weitere Anhänger für ihr Bettelarmband bekommen hatte. Ein Notenschlüssel, der Ihre Liebe zur Musik symbolisieren sollte. Dann noch ein Kleid, was für Ihr Modebewusst sein stand. Eine kleine Freiheitsstatue, die ihren Traum, als Tänzerin nach New York zu gehen, verkörpern sollte. Und zu Letzt noch einen Smiley, der für das Band der Freundschaft stand, dass sie Yugi, Joey, Tristan und sich damals auf die Hand gemalt hatte. Für Yugi und Yami sprangen neue - natürlich zu einander passende - Leder Halsbänder, Nieten Gürtel und Lederarmbänder raus. Damit waren die Punks voll auf zu Frieden. Seto und Joey bekamen neben Ihrem Babysitting Gutschein noch ein Buch mit der Aufschrift "100 Dinge die jedes Pärchen gemacht haben sollte" und eins mit dem Titel "100 Orte an dem jedes Pärchen einmal gewesen sein sollte", was Joey verständlicher weise mehr erfreute als Seto. Die anderen Anwesenden erhielten kleine Präsente, wo an sich nichts nennenswertes dabei war. ◦ ’°’◦ ★ ☆ ★.◦’°’◦ Endlich war Ruhe in die Kaiba-Villa eingekehrt. Nach der Bescherung hatten die Anwesenden noch ein wenig geredet, über Silvester philosophiert und ein bisschen getrunken wurde auch. Langsam aber sicher wurden dann doch die ersten - vor allem Ryou und Yugi - müde und so entschieden sich die Jugendlichen dazu Ihre Runde aufzulösen. Erschöpft aber zu Frieden drückte Joey die Tür ins Schloss und machte sich dann auf den Weg ins Schlafzimmer, in das Seto sich schon vor gut zehn Minuten zurück gezogen hatte. Auch Mokuba hatte bereits sein Zimmer aufgesucht und war heute mich Sicherheit bereits eingeschlafen. Nach diesen zwei anstrengenden Tagen konnte ihm das allerdings niemand verübeln! Leise und vorsichtig öffnete Joey die Schlafzimmertür. Seto lag bereits im Bett. Die Nachttischlampe auf seiner Seite brannte, vermutlich damit Joey nicht durch die Dunkelheit irren musste. Grinsend schob der Blonde die schwere Tür aus Kirschholz hinter sich ins Schloss, tapste dann beinahe lautlos auf das große Bett zu. Er entkleidete sich bis auf die Boxershorts, kroch anschließend unter die Decke. Normalerweise trugen die beiden ein Shirt zum schlafen, falls Mokuba unangekündigt rein platzen sollte. Aber heute fehlte Joey die Energie dazu. Als er aus dem Augenwinkel zu seinem Freund schielte, blitzte auch unter dessen Bettdecke nackte Haut hervor. Seto döste ein wenig vor sich hin. Eigentlich hatte er sich von der heutigen Nacht mehr erhofft. Guter Sex war dabei nur eine Sache von vielen. Aber zu mehr als ein wenig knutschen und kuscheln war er nun wirklich nicht mehr in der Lage. Woher sollte er auch wissen, dass Weihnachten so anstrengend ist, hatte er es doch nie so ausgiebig gefeiert. »Nur noch morgen« murmelte Joey, während er sich an den Rumpf seines Freundes schmiegte. »Nur noch morgen, dann hast du es geschafft!« Der Blauäugige legte einen Arm um die Schultern seines Freundes, wurde aber das flaue Gefühl, welches sich in seiner Magengrube ausbreitete, einfach nicht los. Jeder Gedanke den er dem morgigen Tag widmete, machte in nervös. Und eigentlich wurde ein Kaiba nicht nervös - Seto schon von Grund auf nicht. Aber wen machte das erste Aufeinandertreffen mit den Eltern des festen Freundes nicht nervös? Vor dieser Emotion konnte sich nicht mal ein Seto Kaiba retten! Und diese Tatsache verstärkte sich nur dadurch noch zusätzlich, dass er so gut wie gar nichts von Joeys Eltern wusste. Denn der Braunäugige erzählte auch kaum von Ihnen. Die einzige Person, die er aus Joeys Familie bereits kannte, war dessen kleine Schwester Serenity. Fest kniff er die Augen zusammen. Morgen ist morgen, rief er sich in sein Gedächtnis. »Worüber denkst du nach?«, murmelte Joey mit geschlossenen Augen. Erschrocken zuckte der Ältere zusammen, fragte sich einmal mehr ob sein Freund Gedanken lesen konnte. Es war ihm immer wieder suspekt, wenn der Blonde genau wusste was in des Brünetten Innersten vor sich ging. War er etwa doch so berechenbar? »Ach nichts wichtiges. Mir ist nur gerade eingefallen das ich ein wichtiges Dokument in der Firma liegen gelassen habe«, redete der Profiduellant sich heraus. Doch das er damit Joeys Aufmerksamkeit erst recht auf sich gelenkt hatte, wurde ihm er viel zu spät bewusst. Ruppig wand sich der 16-Jährige aus der liegenden Position in eine sitzende, um seinen Freund teils ängstlich, teils ein wenig schockiert anzusehen. »Du suchst jetzt aber nicht nach einer Ausrede, um morgen nicht auf meine Eltern treffen zu müssen oder?«, entgegnete der Jüngere pikiert. Sein Freund wäre am liebsten zusammen gezuckt, aber das hätte ihn schlussendlich gänzlich verraten. Also verbot er sich jegliche körperliche Reaktion auf diese Frage. Stattdessen stützte er sich auf seine Ellbogen, blickte seinem Freund tief in die Augen. »Ich brauche keine Ausrede, weil ich niemals vor hatte morgen in die Firma zu fahren. Du hast mich etwas gefragt und ich habe dir eine ehrliche Antwort gegeben«, hisste der Brünette sein Hündchen zu recht, legte sich anschließend wieder hin und schloss die Augen. So ganz überzeugt war der Blonde zwar immer noch nicht, allerdings wollte er jetzt auch keinen Streit vom Zaun brechen. Er entschied, seinen Drachen morgen noch einmal darauf anzusprechen, wenn dieser ausgeschlafen, ausgeruht und vollkommen nüchtern war. Also kuschelte er sich schnell wieder in die langen Arme seines Freundes. »Gute Nacht, schlaf gut«, murmelte er noch vor sich hin, dann war er auch schon ins Land der Träume abgedriftet. »Du auch - Liebling«, antwortete der Blauäugige etwas unsicher, war allerdings im Nachhinein froh darüber, dass seine Aussage von dem Angesprochenen schon gar nicht mehr wahr genommen wurde. Kapitel 5: 26. Dezember ----------------------- Für Joey kam der nächste Morgen viel zu schnell. Kaum hatte er die Augen geöffnet, blendeten ihn schon die zarten Strahlen der Wintersonne. Mit nur halbgeöffneten Augen zog er die Bettdecke hoch bis zum Kinn, drehte sich auf die andere Seite und streckte die Hand nach seinem Freund aus. Allerdings bekamen seine Finger nur die weichen Fasern des Bettlakens zu fassen, was den Blonden ein wenig enttäuschte. Hatte er doch gehofft noch etwas kuscheln zu können, bevor er endgültig aufstehen musste. »Na gut«, murmelte er, drehte sich wieder auf die andere Seite, »Dann schlaf' ich eben noch eine Runde.« Etwas unruhig lief Seto in seinem Büro auf und ab, sah hin und wieder aus der großen Fensterfront am Ende des Raums und fragte sich, ob Joey im das verzeihen würde. Denn der Brünette hatte heute morgen wahrhaftig Angst bekommen und war daher geflüchtet. In das Gebäude der Kaiba Corp. um genau zu sein! Erneut glitt sein Blick zu seinem Handy, dass auf der Tischplatte lag. Er erwartete den Anruf seines Freundes, allerdings trudelte dieser nicht ein. Dabei war es schon um 11.00 Uhr und selbst Joey müsste für seine Verhältnisse das Bett bereits verlassen haben. Der Blauäugige massierte sich die Schläfen. »Um Gottes Willen, dass ist doch absurd!«, murmelte er vor sich hin. Nervosität kannte er nicht, hatte er doch noch nie einen Anlass dazu gehabt, nervös zu sein. Abermals checkte er sein Handy. Doch immer noch hatte sich nichts getan. Kein verpasster Anruf, keine ungelesene SMS. Der Brünette schleuderte das Mobiltelefon zurück auf die Tischplatte, ging um den Schreibtisch herum und nahm auf seinem Stuhl platz. Geschmeidig drehte er sich zum Panoramafenster um und betrachtete Domino. Die Stadt lag ruhig da und bildete den genauen Gegensatz zu seinem Gemüt. ◦ ’°’◦ ★ ☆ ★.◦’°’◦ Bewaffnet mit seiner Holzkiste voller Duell Monster Karten stürmte Mokuba Kaiba gegen 11.15 Uhr die Küche und fand einen trübsalblasenden Joey vor. Der Blonde saß an der langen Bartheke vor einer Tasse Kaffee und starrte missmutig die Uhr an. Wartete er auf etwas? Lautlos stellte der Schwarzhaarige seine Kiste auf dem Küchentisch ab, ging zum Kühlschrank und nahm sich eine Dose Cola heraus. Anschließend lehnte er sich an den Herd. »Wartest du auf etwas?«, fragte der jüngere Kaiba, konzentrierte sich dabei auf den Verschluss seines Getränks. »Nicht wirklich«, war Joeys monotone Antwort und ehe Mokuba noch etwas sagen konnte, hatte der Blonde den Raum bereits verlassen. Verwirrt blickte der Kleine zu Joeys Tasse. Die hatte der 16-Jährige nämlich aufsichtslos zurückgelassen. Der Grauäugige erkannte selbst außer dieser Entfernung, dass der Kaffee nicht mehr dampfte. Wie lange hatte Joey also schon dort gesessen? Wütend lief der Braunäugige im Schlafzimmer auf und ab. Das Haustelefon am Ohr. Es wählte und wählte. Als endlich jemand abnahm, konnte er sich ein entnervtes Stöhnen nicht verkneifen. »Na endlich!«, seufzte er angespannt. »Wie wärs mal mit einem "Guten Morgen"?«, empörte sich seine Mutter auch so gleich. Manchmal schrie das Benehmen ihres Sohne wirklich zum Himmel. »Können wir das "Gut" streichen?«, erwiderte der Blonde, klang dabei nicht eine Oktave freundlicher. Seine Mutter grummelte ungehalten, wollte aber nichts weiter dazu sagen. »Was gibt es denn?«, fragte sie daher, legte dabei ihr Buch zur Seite. Sie wunderte sich über den Anruf ihres Sohns, denn wenn Joey anrief kamen nur selten erfreuliche Nachrichten dabei heraus! »Ach«, sagte Joey, ließe sich auf das große Bett plumpsen, »Ich wollte euch eigentlich nur darüber informieren, dass ihr euch nicht allzu große Hoffnungen machen sollt, Seto heute Abend kennen zu lernen.« Nun fuhr seine Mutter aus ihrem alten Ohrensessel auf. »Wie jetzt? Hat er noch zu arbeiten oder was?« »Entweder das oder etwas anderes. Er hat mir leider nicht Bescheid gesagt als er abgehauen ist!« Nun lächelte des Blonden Erzeugerin. »Also ich glaube, dass er rechtzeitig wieder auftauchen wird!«, entgegnete die Frau bestimmt und lehnte sich wieder zurück. Die Antwort ihres Sohns fiel nicht überraschend ziemlich sarkastisch aus. »Ihm würde ich sogar zu trauen, dass er fluchtartig das Land verlässt und in Russland oder sonst wo untertaucht!«, brummte der Blonde in seinen nicht vorhandenen Bart. »Du solltest dir nicht immer solche Sorgen machen. Von manchen Menschen denkst du einfach viel zu schlecht!«, sagte seine Mutter dann aufmunternd, nahm ihr Buch wieder zur Hand. »Und jetzt lass dich nicht so hängen! Fang lieber an zu kochen.« Bevor ihr Sohn ihr noch eine ironische Antwort geben konnte, legte sie auf. Gerade in dem Moment kam ihr Mann um die Ecke. »Mit wem hast du telefoniert?«, fragte er neugierig, während er eine Tasse abtrocknete. Seine Frau grinse allerdings nur. »Das musst du nicht unbedingt wissen«, erwiderte sie ausweichend, klappte ihre Lektüre auf und senkte den Blick. Ein wenig beleidigt verzog sich Joeys Vater wieder in die Küche. Immer noch mutlos warf Joey das schnurlose Telefon auf die schwarze Tagesdecke und setzte sich auf. Irgendwie hatte er sich von dem Gespräch mit seiner Mutter mehr erhofft. Er wollte aufgemuntert und ermutigt werden, aber stattdessen hatte er sich selbst noch mehr demotiviert. Schlürfend dirigierte er seinen Körper also wieder in die Küche und begann mit den Vorbereitungen für das Abendessen. Mokuba gewissenhaft ignorierend. ◦ ’°’◦ ★ ☆ ★.◦’°’◦ Eigentlich lenkte Arbeit einen Kaiba ab. Sie befreite einen von ergebnislosen Gedankengängen und sinnlosen Wunschträumen. Aber auch das Wort "eigentlich" hat nur eine kleine Bedeutung im großen und ganzen. Denn keine Gewohnheit blieb für ewig. Irgendwann änderte sich immer etwas. Und heute war eben das Tag an dem ein Kaiba nicht vor seinen Gedanken und seinen Tagträumen fliehen konnte. Denn keine Bilanz, keine Statistik und auch kein Angebot konnten ihn davon ablenken, dass er scheiße gebaut hatte. Ganz große Scheiße um genau zu sein! In den vergangen Stunden hatte er seine Handy schon unzählige Male in der Hand gehabt. Immer wieder um zu checken, ob ihn jemand angerufen hatte. Er hatte wenigstens auf eine wütende SMS von Joey gehofft, aber ihn erreichte nichts. Und das zeigte ihm, dass Joey wirklich, wirklich sauer war und er immer nervöser wurde umso weiter der kleine Zeige Richtung 6 Uhr kroch. Denn für 18.00 Uhr hatten sich die Eltern seines festen Freundes angekündigt. Die Augen des CEO's wanderten erneut zu seiner Armbanduhr. Auf die Sekunde genau 16.55 Uhr. Er sollte sich auf die Socken machen, ehe sein Freund ihn vor Wut nicht mal in sein eigenes Haus herein ließ. Bei diesem Gedanken hielt der 18-Jährige inne. Er würde es sogar zu lassen - jede Strafe, außer Joey strafte ihn mit einer Trennung. Zu zu trauen war es ihm und bei den Sachen die Seto andauernd abzog auch nicht wirklich zu verdenken. Gott, er musste schleunigst nach Hause. Gerade als der Blonde seinen Braten aus dem Ofen flog, hörte er, wie die schwere Eingangstür der Villa ins Schloss geworfen wurde. »Ach«, murmelte er vor sich hin, stellte das Blech währenddessen auf der Theke ab, »Kommt der werte Herr also auch mal wieder nach Hause?« Nach der Aktion heute hatte sich Joeys Hoffnung, Seto würde irgendwann mal ein vollständig normaler Mensch werden, vollkommen aufgelöst. Und das sich der Brünette jetzt nicht mal in der Küche blicken ließ, sondern gleich nach oben gesaust war, hielt er für die absolute Krönung. Wütend krallte er die Hände in die Kante der Arbeitsfläche und spannte die Schultern an. Am liebsten würde er diesem arroganten, blöden Arschloch hinterher rennen und ihm die Fr- »Am besten du gehst mal eine Runde frische Luft schnappen, bevor du vor Wut noch die gesamte Küche zerstörst!« Erschrocken fuhr der Blonde herum, erblickte Mokuba. Der kleine saß immer noch am Küchentisch, sortierte seine Karten und stellte sich ein neues Deck zusammen. Joey wurde rot, hatte er die Anwesenheit des Kleinen völlig vergessen. »Du hast recht, ich sollte ... Also ich ... Am besten ...« Joeys Stimme überschlug sich und er brachte nicht ein klares Wort heraus. Zum Teil vor unterdrückter Wut, zum anderen wegen der Scham. »Im Gartenschuppen steht noch ein leuchtender Schneemann ... Am besten du holst den!«, schlug der Schwarzhaarige vor, senkte anschließend wieder den Blick. Er wusste ganz genau das der Blonde seiner Anweisung wortlos folgen würde. Und nur kurze Zeit später fiel die Terrassentür leise knarrend ins Schloss. Sofort war Mokuba auf den Füßen. Das er dabei fast die Hälfte seiner Karten vom Tisch gefegt und damit seine gesamte Arbeit der letzten Stunden zunichte gemacht hatte, war dabei aber eher nebensächlich. In erster Linie galt nämlich das sein eigener Bruder schon wieder den Wald vor lauter Bäumen nicht sah und erneut dabei war, sich alles selbst zu zerstören. »Seto, Seto«, murmelte dessen kleiner Bruder vor sich hin. »Irgendwann musst du auch begreifen das das Leben nicht nur aus Geld und Arbeit besteht!« Mokuba hatte nicht mal die Hälfte der Treppe erklommen, da kam ihm bereits sein Bruder entgegen. Allerdings nicht so elegant und ruhig wie eh und je. Der Ältere wirkte abgehetzt und völlig fertig mit den Nerven. Emotionen die der Jüngere so noch nie bei Seto erlebt hatte. »Hast du Joey gesehen?«, richtete der Brünette auch sofort das Wort an seinen kleinen Bruder. Mokuba zog daraufhin nur eine Augenbraue hoch. Seit wann überschlug sich Setos Stimme beim reden? »Ich habe ihn nach draußen geschickt, damit er frische Luft schnappen kann!«, antwortete der Schwarzhaarige ehrlich. »Du weißt gar nicht wie wütend er auf dich ist! Und wenn ich du wäre, dann würde ich ihm jetzt nicht hinterher rennen, sondern ihn von alleine wiederkommen lassen!« Seto, der bereits dazu angesetzt hatte seinen Weg nach unten fortzusetzen, bleib nun abrupt stehen. »Wie meinst du das?« Der Grauäugige glaubte, sich verhört zu haben. Er hatte noch nie erlebt, dass sein Bruder etwas näher erläutert haben wollte, weil er augenscheinlich nur Bahnhof verstand. Ein wenig überrumpelt räusperte sich der jüngere Kaiba daher. »Ich glaube du tust euch nichts gutes, wenn du jetzt sofort zu ihm gehst. Lass ihn sich erst mal beruhigen!«, erläuterte Mokuba seinen Gedankengang dann erneut. Dieses Mal so verständlich, dass auch ein Seto Kaiba, welcher anscheinend völlig durch den Wind war, es verstehen musste. Dieser straffte nur die Schultern, richtete sich noch ein Stück weiter auf und setzte wieder seinen undurchdringlichen, steinharten, eiskalten Blick auf. "Er wird sich nie ändern", schoss es seinem kleinen Bruder durch den Kopf. Seto blickte ihn eine Weile stumm an, dann räusperte er sich künstlich. »Wenn das so ist, sag ihm ich warte im Arbeitszimmer auf ihn ... Wenn er denn überhaupt mit mir sprechen möchte!«, bat ihn sein Bruder monoton wie jeher. Mokuba hätte sich am liebsten irgendetwas vor den Kopf geknallt. Warum musste sein großer Bruder eigentlich immer alles in den falschen Hals kriegen? »Meinst du nicht«, setzte der 11-Jährige erneut an, »Du solltest unten in der Küche auf ihn warten?« Er hoffte, er könnte die Situation noch retten. Aber eigentlich sollte ihm klar sein, wie stur der CEO ist und das er so oder so nicht mehr zu ihm durchdringen konnte. Wie erwartet drehte sich Seto wortlos um und verschwand in den langen, kahlen Fluren des Obergeschosses. Mokuba seufzte nur geräuschvoll. »Wollen wie Erwachsene behandelt werden und benehmen sich wie Kinder!«, stöhnte er in seinen Rollkragen. Er kehrte auf der Treppe um und ging zurück in die Küche, wovon Joey noch nichts zu sehen war. Der jüngste Kaiba blickte zur Uhr, nur um festzustellen das der Blonde Freund seines Bruders ziemlich lange zum abreagieren brauchte. Der Braunäugige drehte währenddessen bereits die zweite Runde durch den großen Garten. Lediglich bekleidet in einer dünnen Jogginghose, einem noch dünneren Pullover und ein paar Hausschuhen war das bei -5 Grad Celsius vielleicht nicht gerade die beste Idee gewesen, aber andernfalls hätte er die moderne Küche vermutlich in Schutt und Asche gelegt. Seto konnte einen eben unglaublich wütend machen! Bevor er die dritte Runde antrat, überlegte er kurz und entschied sich dann doch dazu wieder ins Haus zu gehen. Er wollte immerhin nicht als Eiszapfen enden, bevor er seinem Freund nicht mal so richtig die Meinung gegeigt hatte. Denn wenn der nicht langsam mal über seine Aussagen und Taten wenigstens ein kleines bisschen nach dachte, dann sah Joey auch keinen Grund mehr dazu, bei ihm zu bleiben! Kaum hatte der Blonde die Küche betreten, fiel ihm auf, dass Seto sich nicht hier aufhielt. »Wo ist denn dein Bruder?«, fragte Joey beiläufig, während er sich eine Dose Limonade aus dem Kühlschrank holte. Mokuba gegenüber wollte er seine Wut nicht so deutlich zum Ausdruck bringen. Sich zu beherrschen fiel ihm dennoch schwer, denn dieses lodernde Gefühl brannte in seinen Adern, wie Feuer auf der Haut. Der Schwarzhaarige blickte den Braunäugigen stumm an, ehe er nach reiflicher Überlegung eine Antwort abgab. »Er ist in seinem Arbeitszimmer.« Joeys Hände verkrampften sich um die Getränkedose. Er musste sich unter Kontrolle bekommen, ganz dringend, ansonsten würde dieses Fest doch noch zu einer Katastrophe werden - wenn es das nicht schon längst war! Der kleine Bruder des CEO's bemerkte des Blonden verkrampfte und angespannte Körperhaltung und entschied sich dazu, nichts mehr zu sagen. Er wollte Joey nämlich nicht noch mehr leiden sehen. Das hatte der 16-Jährige nicht verdient! Lautlos stellte der Blonde die Dose auf der Küchentheke ab. »Dann werde ich mich mal in die Höhle des Löwen begeben! Wünsch mir Glück«, sagte Joey monoton und verschwand aus der Küche, ehe Mokuba etwas erwidern konnte. Daher drückte der Zwerg einfach seine beiden Daumen tief in die Handflächen und hoffte das doch noch alles gut werden würde. Joey lief betont langsam durch die langen Flure. Er überlegte, was er zu Seto sagen konnte, ohne einen Streit vom Zaun zu brechen. Allerdings kam er schon nach wenigen Metern und Sekunden zu dem Entschluss, dass sich dieser Streit nicht vermeiden ließ. Denn egal was man zu dem Firmenchef sagte, er fasste es immer negativ auf und bekam es in den falschen Hals. Also musste Joey das Gewitter wohl oder übel über sich ergehen lassen und hoffen, dass es keinen riesigen Eklat geben würde. Denn er wollte das Essen mit seinen Eltern gerne ordentlich und gesittet über die Bühne bringen. Trennen konnten er und Seto sich auch noch danach ... Sollte es überhaupt soweit kommen. Eine gefühlte Ewigkeit später stand Joey schließlich vor der hohen Tür des Arbeitszimmers. Durch das dicke Kirschholz konnte er das klappern einer Tastatur vernehmen. Der Blonde rollte entnervt mit den Augen. Wie konnte ein einzelner Mensch nur so aufs arbeiten fixiert sein? Himmel, es war Weihnachten! Warum konnte dieses abgehobene, affektierte und dickköpfige Arschloch nicht einmal seinen Job links liegen lassen und sich um die Menschen kümmern, die wirklich seine Hilfe brauchten?! Wie Joey zum Beispiel, der sich vor Nervosität am liebsten alle zehn Finger abgekaut hätte, statt nur der Fingernägel. Der Braunäugige klopfte zaghaft an das polierte Holz, holte noch einmal tief Luft und trat ein. Der Raum war dunkel, nur das fahle Lich des Laptops spendete ein wenig Helligkeit. Gerade genug, dass Joey die Umrisse seines Freundes erkennen konnte. Das der keine Schwierigkeiten mit den Augen bekam, grenzte seiner Meinung nach wirklich an ein Wunder. »Du solltest das Licht anmachen, du verdirbst dir noch die Augen«, murmelte Joey leise in die Stille hinein. In einer einer starren Bewegung hob Seto den Blick, sah den Blonden mit seinen blauen Augen an. Joey konnte selbst aus der Entfernung und bei dem schwachen Licht erkennen, wie eisig dieser Blick war. Und das brachte das Fass schließlich zum überlaufen. »Ich versteh gar nicht, wie du dir einbilden kannst jetzt sauer zu sein! Immerhin hast du mich angelogen, warst den ganzen Tag nicht hier und hast dich dann einfach in dein Arbeitszimmer verzogen, ohne wenigstens "Hallo" zu sagen!«, brauste der Blonde auf, ballte die Hände zu Fäusten. »Mir ist eigentlich herzlich egal wie du mit mir umgehst, aber gerade Moki hat das nicht verdient! Verdammt nochmal! Es ist Weihnachten und du hast nichts besseres zu tun als hier oben oder in deiner Firma zu versauern!« Unberührt von des Blonden Worten, schob Seto einen Stapel Papiere zusammen. Joey knurrte. »Und jetzt? Hast du dazu gar nichts zu sagen?« Entgegen aller Vermutungen schwieg der Brünette jedoch. »Na schön«, bellte Joey daraufhin und drehte sich um. Gerade als er das Zimmer erhobenen Hauptes verlassen wollte, ließ er die Schultern dann aber doch fallen. »Weißt du ich dachte wirklich du würdest dich ändern und ein normaler Mensch werden«, begann er, allerdings ohne sich umzudrehen, »Aber mittlerweile bin ich mir nicht mehr sicher ob du dazu überhaupt in der Lage bist!« Es waren vielleicht zehn Sekunden die der Blonde noch auf seiner Position verharrte, dann verließ er ohne ein weiteres Wort und ohne Einwand von Seto den Raum. ◦ ’°’◦ ★ ☆ ★.◦’°’◦ Zufrieden mit seinem Outfit stand der Blonde vor dem Spiegel, zupfte nochmal an seinem Hemdkragen. Dann blickte er sich selbst tief in die Augen und ließ die Schultern gleich wieder hängen. Er sah gerädert und erschöpft aus, feuchte Tränen glänzten noch immer auf seinen Wangen. Nachdem er zehn Minuten geweint und darauf gehofft hatte Seto würde ihm nachlaufen, hatte er es doch aufgegeben. Als ob der Sturkopf jemals öffentlich zu seinen Fehlern stehen würde! Wütend auf sich selbst wischte er sich übers Gesicht und machte sich dann auf den Weg nach unten. Dort wurde er bereits von seinen staunenden Eltern und Mokuba, welcher gerade deren Jacken aufhängte, erwartet. Der Anblick seiner strahlender Mutter fegte schließlich die letzte Spur Missmut aus Joeys Gesicht und er konnte sich tatsächlich noch auf etwas freuen. »Mum, Dad, Serenity!«, rief er schließlich aus, stürmte die letzten fehlenden Stufen nach unten und schloss beherzigt seine ganze Familie auf einmal in die Arme. Erst jetzt fiel ihm auf, wie lange es her war, dass sie sich gesehen hatten. Während Mokuba Joeys Eltern im Wohnzimmer betreute, Getränke verteilte und mit ihnen lachte, gab der Blonde dem Essen den letzten Schliff. Er hatte gerade alles zum servieren fertig gemacht, als sich hinter ihm jemand räusperte. Erschrocken ließ der 16-Jährige das Besteck fallen und drehte sich um. In der Tür stand Seto, angezogen, als hätte er sich den ganzen Tag auf dieses Abendessen gefreut und vorbereitet. »Ach schön«, murrte Joey, während er sich nach dem Besteck bückte, »Hast du es also doch runter geschafft. Mokuba und meine Familie sitzen im Esszimmer, du kannst dich also zu ihnen gesellen!« Seto biss sich auf die Zunge. Am liebsten hätte er etwas erwidert, aber er wollte das ganze nicht noch schlimmer machen, als es eh schon war. Joey war jetzt beleidigt und wenn Joey beleidigt ist, braucht man gar nicht zu versuchen vernünftig mit ihm zu reden! Also machte der Brünette kehrt, verließ die Küche wortlos und suchte das Esszimmer auf. In der Hoffnung Joeys Eltern würden ihn nicht jetzt schon hassen. Der Blonde klammerte sich währenddessen verzweifelt an die schwarze Arbeitsfläche. Er hatte keinen blassen Schimmer wie das mit ihm und Seto weitergehen sollte. Bemüht sich zur inneren Ruhe zu rufen schnappte er sich daher die Schüssel mit den Kartoffelklößen und begab sich auch ins Esszimmer. Um sich und Seto konnte er sich auch später noch Gedanken machen! Der große Fensterlose Raum wurde durch den überdimensionalen Kronleuchter an der Decke mit Licht betankt und schien aus ihm auch seinen ganzen Charme zu ziehen. Direkt unter der Lampe stand der lange Esstisch aus Mahagoniholz. Darum, ordentlich dran geschoben und aufgereiht, acht Stühle. Allesamt ebenfalls aus Mahagoniholz, überzogen mit einem weinroten Polster. An der linken Wand standen drei große Vitrinen, in denen das schönste Porzellangeschirr ausgestellt war. Auf der rechten Seite fanden sich eine große Leinwand und exotische Palmen wieder. Dazwischen hatte man zwei kleine Weinregale untergebracht. Joey schluckte, als er seine Familie am Tisch sitzen sah. Seine Eltern saßen sich gegenüber, neben seiner Mutter hatte Seto Platz genommen. Ihm gegenüber saß Mokuba und links daneben Serenity. Den Brünetten schienen sich alle Anwesenden gerade zu teilen, waren sie doch neugierig auf das was er zu erzählen hatte, was ihn ausmachte. Was ihm wichtig war, was er mochte und was er hasste. Joey hätte bei diesem Anblick am liebsten gelächelt, wäre er nicht so schrecklich verwirrt, unentschlossen und sauer. Schnell rief er sich in Gedanken, dass Mokuba einen Streit nicht verdient hatte und stellte anschließend die Schüssel mit den Kartoffelklößen auf den Tisch. Seine Mutter bemerkte dies, legte Seto eine Hand auf die Schulter und erhob sich. »Sag doch das du Hilfe brauchst«, meckerte sie, lächelte dann ab wieder und wollte sich gerade in Bewegung setzen, als sich der CEO ebenfalls erhob. »Setzen sie sich ruhig wieder Mrs. Wheeler. Ich helfe ihrem Sohn. Was wäre ich denn für ein Freund, wenn ich es nicht tun würde, mhmm?« »Sehr zuvorkommend Mister Kaiba«, grinste seine Mutter und glitt lautlos auf den Stuhl zurück. Das der Blonde vor Entsetzen die Luft angehalten hatte, hatte niemand der Anwesenden bemerkt. Ebenso wenig, wie seinen dramatischen Abgang. Kaum war auch der Brünette in der Küche angekommen, wurde ihm schon der böse Blick seines Freundes zu teil. »Okay«, sagte dieser nur, machte einen Schritt auf den Villenbesitzer zu, »Ich weiß nicht was das hier werden soll wenn's fertig ist, aber du kannst ruhig deine echte Seite raus hägen lassen. Meine Mutter durchschaut Lügner so oder so immer, also brauchst du niemanden etwas vorzumachen. Mokuba kennt dich, ich kenne dich und auch Serenity hat dich schon mal live erlebt, also lass die Spielchen!« Nun verzog auch Seto sein Gesicht. »Ich wollte mich vorhin nur bei dir entschuldigen. Du hast mir allerdings keine Gelegenheit dazu gegeben, also heul mir jetzt nicht die Ohren voll! Du benimmst dich wie ein kleines Kind, dem man den Lutscher weggenommen hat!«, knurrte dieser tadelnd. Nun hatte es dem Blonden die Sprache verschlagen, weswegen er sich einfach die nächste Schüssel schnappte und wieder im Esszimmer verschwand. Den fragenden Blick seines Freundes im Rücken. ◦ ’°’◦ ★ ☆ ★.◦’°’◦ Etwa vier Stunden später standen Familie Wheeler und das Überbleibsel der Kaibas im Foyer der Villa. Mokuba reichte gerade Joeys Vater dessen Jacke, Serenity schlüpfte in ihre Schuhe und Joeys Mutter hielt ihren Sohn in den Armen. Als sie ihn wieder los ließ, wandte sie ihren prüfenden Blick zu Seto, lächelte dann aber auch diesen an. »Ich bedanke mich für den netten Abend Mister Kaiba. Meine Familie und ich haben uns wirklich sehr amüsiert!« »Ich habe für ihren Besuch zu bedanken Misster und Miss Wheeler. Es war sehr schön sie kennenzulernen«, erwiderte Seto so freundlich, wie ein Seto Kaiba eben sein konnte. Joey hingegen hatte mit seinem Lachen zu ringen. So viel Falschheit hatte er nicht mal einem Seto Kaiba zugetraut! »Sie sind ja so charmant«, grinste des Blonden Mutter. Und dieser war sich einer Sache nun absolut sicher: Seine Mutter war beschwipst, aber so was von. Das schien auch sein Vater zu bemerken, denn dieser packte sie einige Sekunden später sanft an den Schultern und schob sie zur breiten Tür, die bereits von Mokuba aufgehalten wurde. »Tschüssilie«, rief Miss Wheeler noch, dann fiel die Tür ins Schloss und alle Anwesenden seufzten erfreut. Joey fing sich schließlich als erster wieder, blickte Seto wütend an. »Gratulation, sie hat nicht gemerkt wie du wirklich drauf bist Arschloch!«, warf er ihm an den Kopf und verschwand dann in der Küche. Dort wartete nämlich noch ein Berg Abwasch auf ihn, was er nicht alles dem Geschirrspüler zu muten wollte. Zum einen, weil er keine Lust dazu hatte sich morgen noch mit dem Geschirr von heute zu beschäftigen und zum anderen, um einfach etwas zu tun zu haben, um Seto noch eine Weile aus dem Weg gehen zu können. Er hatte nämlich keine Lust darauf sich weiter zu streiten. Dafür hatten ihn die vergangenen Tage einfach zu sehr ausgelaugt! Als er schließlich fertig mit allem war, löschte er noch das Licht und machte sich auf den Weg nach oben. Schweigend betrat er das Schlafzimmer. Seto lag bereits im Bett, hatte einen Ringbuchordner im Schoß liegen und einen Stift in der Hand. Das brachte Joey beinahe schon wieder zum ausrasten, weswegen er sich schnell seiner Kleider entledigte und das Zimmer eigentlich wieder verlassen wollte, als ihn ein lautes Räuspern zurück hielt. »Wo willst du hin?«, fragte Seto, kühl und schneidend wie eh und je. »In eins der Gästezimmer«, knurrte der Blonde ohne sich umzudrehen. Er wollte dieses vertraute Gesicht jetzt nicht sehen, denn das würde ihn wieder dazu bringen seinen Stolz aufzugeben. Und das bisschen Stolz das er noch besaß würde er wahren. Er hatte sich in den letzten Tagen schon genug zum Trottel gemacht. »Und warum?« »Um dir zu zeigen, wie wütend ich auf dich bin!«, entgegnete Joey gelassen. Wieder wartete eine Weile, doch als von Seto keine Antwort kam, verließ er den Raum und knallte die Tür laut zu. Auf dem Flur begegnete er Mokuba, der ihn beinahe zu Tode erschreckte. Der kleine Zottelkopf stand im Pyjama in seiner Zimmertür, rieb sich verschlafen über die Augen. In der rechten Hand hielt er ein zerfranstes Kuscheltier. »Warum schläfst du nicht bei meinem Bruder?«, fragte der Schwarzhaarige träge, gähnte im Anschluss daran. »Weil dein Bruder ein Arschloch ist!«, entgegnete der Blonde mürrisch. »Hast du es also auch endlich geschnallt?«, erwiderte der Grauäugige unberührt. Erschrocken sog Joey einen Schwall Luft ein, fing sich aber relativ schnell wieder. »Ich finde nach zehn Monaten wird das auch langsam mal Zeit!«, antwortete der Braunäugige pikiert. Mokuba grinste ein wenig. »Das hält dich trotzdem nicht davon ab noch weitere zehn Monate bei ihm zu bleiben!«, murmelte der Zwerg. »Wenn du schon nicht bei Seto schlafen willst, dann schlaf halt bei mir. Besser als alleine in einem der Gästezimmer!«, schlug der Kaiba-Sprössling vor und verschwand dann - ohne die Antwort von Joey abzuwarten - in seinem Zimmer. Es dauerte nicht lange, da hatten es sich die beiden in dem schmalen Bett gemütlich gemacht und die Lichter gelöscht. Eine Weile war es still, bis sich Mokuba noch einmal regte. »Vertragt euch bitte wieder«, murmelte der Zwerg, driftete dann aber endgültig ab. Joey, der ihn im Arm hielt, musste schon wieder mit den Tränen kämpfen. Das würde wohl oder übel eine schlaflose Nacht für ihn werden! Kapitel 6: 27. Dezember ----------------------- Joey wurde von einem lauten Piepsen, dass definitiv nicht zu einem Wecker gehörte, geweckt. Noch im Halbschlaf drehte er sich auf die andere Seite, öffnete dann erst die Augen. Mokuba neben ihm schien sich vom dem unnachgiebigen Geräusch nicht stören zu lassen. Der Zwerg schnarchte seelenruhig weiter, seinen alten Kuschelhasen in den Armen haltend. Der Blonde begann zu lächeln, wollte noch einmal die Augen schließen. Allerdings ließ das dieses nervige Piepsen nicht zu. Es war so laut, dröhnend, nervtötend. Fast wie eine Alarmanlage oder ein Rauchmelder ... EIN RAUCHMELDER! Wie vom Blitz getroffen schoss der Braunäugige hoch, stupste Mokuba schnell, aber trotzdem sachte an und hechtete dann aus dem Bett. Anschließend sah er zu, dass er ins Erdgeschoss kam um die Ursache ausmachen zu können. Und was er schließlich zu Gesicht bekam, brachte ihn lauthals zum Lachen. Seto stand vor dem Herd, schien gleichzeitig etwas aus dem Kühlschrank holen zu wollen und auf der Theke etwas zuzubereiten wollen. Sofort kam dem Blonden der Gedanke, dass der Brünette wohl noch nie etwas gekocht hatte - außer Kaffee natürlich. »Was wird das wenns fertig ist?«, fragte Joey einfach in den Raum hinein, versuchte dabei schroff und verärgert zu klingen. Allerdings verhinderte dies das Lachen, was ihm noch immer in der Kehle hing. Erschrocken und ertappt drehte sich der Blauäugige vom Herd weg und sah seinem Freund direkt in die Augen. Nun schien auch ihm das laute Piepen aufzufallen, denn im nächsten Moment kletterte er bereits auf die Küchentheke und fummelte am Rauchmelder herum. Der 16-Jährige öffnete währenddessen das Fenster und die Terrassentür. Nachdem der ganze Qualm abgezogen war und Seto seine schwarzen Klumpen in den Mülleimer entsorgt hatte, wurde es wieder unerträglich still im Raum. »Es tut mir Leid!« Nun war es an Joey sich erschrocken umzudrehen. Er glaubte sich verhört zu haben. Wann hatte sich Seto Kaiba denn schon mal entschuldigt? Der Blonde straffte die Schultern. Nun war es an der Zeit eine Entscheidung zu treffen, wie es mit Seto und ihm weitergehen sollte. Entschlossen dies jetzt zu tun drehte er sich schließlich wieder um, blickte direkt in des CEO's blaue Augen. Jetzt gab es kein Zurück mehr! »Du bist ein Mistkerl und ich hoffe das weißt du auch! Und eine Entschuldigung macht nicht immer alles wieder Gut, nur weil du denkst es aus deinem Mund zu hören ändert das!«, fauchte der Blonde und ballte die Hände zu Fäusten. »Und eins noch: Wenn du mir Silvester auch versaust, wird es kein Fest mehr geben, dass du durch deine Art und Weise zerstören kannst, denn dann bin ich wirklich nicht mehr da!« Seto nickte und in seinen eiskalten Augen zeichnete sich tatsächlich mal eine Emotion ab. Panik. Angst. Panik, Joey könnte seine Drohung ernst machen und einfach von heute auf morgen verschwinden. Und Angst, dass er den blonden Köter nicht glücklich machen konnte. Verdient hatte der es für seine Gutmütigkeit und dieses große Herz, dass er für jeden öffnete, nämlich. Und Seto wollte dort nicht rausgeworfen werden, denn dann würde die Kälte ihn wieder einnehmen. »Wir sollten etwas zu essen machen, Moki wird bestimmt gleich runterkommen!«, sagte der Blonde, bevor der CEO etwas erwidern konnte. Widerwillig schluckte er seine Worte hinunter und nickte erneut. Joey beließ es ebenfalls dabei, drehte sich zum Kühlschrank um und holte ein paar Eier heraus, damit er seinen Jungs ein kleines Frühstück zubereiten konnte. Der CEO fühlte sich überflüssig und unnütze. Er würde gerne helfen, wusste aber nicht so richtig wie. Immerhin hatte er das letzte Mal in der Küche geholfen, als er noch ganz klein war und seine Eltern noch gelebt hatten. Da hatte seine Mum jeden Abend für die ganze Familie gekocht und Seto und Mokuba mussten ihr helfen. Ihr erfreutes Lächeln, wenn ihre Söhne die Kartoffeln geschält hatten oder Gemüse geschnippelt hatten würde er niemals vergessen. Auch dann nicht, wenn jede seiner positiven Erinnerungen von Gozaburos alter Fratze überschattet wurde. Die kastanienbraunen Augen, die schmalen Lippen und die kleinen Grübchen seiner Mutter würde er niemals vergessen. Auch nicht ihre starke Umarmung oder ihre sanfte Stimme, wenn sie Mokuba und ihm Gute-Nacht Geschichten vorgelesen hatte. Setos Herz fühlte sich mit einem Mal total schwer an und er ging rückwärts aus der Küche heraus. Er wollte sich nicht wieder zurückziehen und sein Herz verschließen. Aber im Moment konnte er nicht anders. Die Luft in der Küche wurde mit einem Mal so dünn und stickig und Seto bekam das Gefühl als könne er nicht mehr atmen. Raus - er musste sofort hier raus! Der Brünette verließ die Küche ohne ein Wort zu sagen und stürmte die Treppe hinauf in sein Arbeitszimmer. Er musste in das einzige Zimmer in diesem Haus, in dem er alleine sein konnte, in dem er nur für sich selbst sein konnte. Dort konnte er die Tür abschließen und so tun als würde er das Klopfen und rufen nicht hören. Mokuba stand im Flur und blickte seinen großen Bruder verwirrt an. Seto stürmte an ihm vorbei als wäre der Teufel selbst hinter ihm her und dann hörte der Schwarzhaarige nur noch eine Tür zuknallen. Unten hörte er jemanden fluchen und dem schwarzhaarigen blieb einen Moment das Herz stehen. Irgendetwas knallte im Erdgeschoss und Mokuba befürchtete das es die Haustür gewesen war. Wie ein Blitz flitzte er im Schlafanzug ins Erdgeschoss und suchte alle Räume nach Joey ab. Die Angst, der Blonde könnte sie beide alleine lassen, wuchs von Sekunde zu Sekunde. Zwar hatte sein Bruder es verdient wieder alleine zu sein, vor allem, weil er Joey behandelte wie ein Stück Dreck, aber Mokuba hatte auch Angst das dann niemals wieder jemand an Setos Seite sein würde. Wenn sein Bruder sich wieder verschloss, hatte vielleicht niemand mehr die Geduld ihn dazu zu bringen sich zu öffnen. Joey konnte man schon als absolute Ausnahme bezeichnen. Der Schwarzhaarige Knirps konnte bis heute nicht verstehen wie man bei so einem Eisklotz wie Seto einer ist, solange die Geduld behalten konnte. Der Schwarzhaarige war erleichtert den Blonden Freund seines Bruders in der Küche vorzufinden, wo er Rührei machte und warmen Kakao für Mokuba zauberte. »Oh«, sagte Joey, als er den Schwarzhaarigen entdeckte, »guten Morgen Kleiner! Das Essen ist gleich fertig - weißt du wo dein großer Bruder hingegangen ist?« Der ruhige, liebevolle Ton in Joeys Stimme verwirrte Mokuba. Wenn er nicht der Grund dafür war, dass Seto durch die Villa rannte wie ein Berserker, was dann? »Er ist in sein Arbeitszimmer verschwunden, gerade eben - ist alles okay zwischen euch?« Mokuba sah wie Joey die Hände um die Teller verkrampfte und den Kopf senkte, damit der kleine Kaiba Spross seinen gekränkten Blick nicht sehen konnte. »Ich hätte es wissen müssen«, hörte der Schwarzhaarige den Blonden beinahe verzweifelt flüstern. Dann drehte er den Kopf, blickte Mokuba direkt in die Augen und grinste breit übers ganze Gesicht. Nur leider kannte der kleine Zottelkopf ihn gut genug, um zu wissen das es nicht dieses ansteckende, echte Joey-Lächeln war, was er ihm gerade schenkte. Es war bloß eine Kopie, ein billiges Imitat. Ein unwissender würde denken, dass er wirklich lächelte, aber alle die ihn besser kannten, wussten wie dieses Lächeln eigentlich aussehen sollte. Mokuba wollte etwas sagen, aber wusste nicht genau was. Sie würden ihn eh nicht für voll nehmen, weil sie der Meinung sind er wäre noch zu jung um das zu verstehen. Dabei verstand Mokuba schon mehr, als man ihm zutraute. »Nimm dir schon mal etwas Kakao«, sagte Joey im nächsten Augenblick und riss den kleinen Schwarzhaarigen somit aus seinen Gedanken. »Ich komme gleich wieder« Mokuba nickte und sah Joey dabei zu, wie dieser den Herd ausmachte und anschließend die Küche verließ. Der Blonde kochte nicht vor Wut wie sonst immer, wenn Seto ihm mal wieder mit irgendetwas vor den Kopf stieß, er war eher enttäuscht. Sie hatten gerade noch darüber gesprochen und jetzt machte Seto wieder dieselben Dinge wie sonst immer. Joey ging langsam zum Arbeitszimmer, überlegte sich auf dem Weg dorthin genau was er sagen wollte. Aber eigentlich war es egal was er sagte, denn bei einer Diskussion mit Seto konnte man nur die falschen Worte wählen. Egal was Joey sagen würde, es würde Seto auf 180 bringen. Die hohe, breite Tür aus Kirschholz fand Joey schon einschüchternd, als er die Villa zum ersten Mal betreten hatte. Aber mit jedem Mal wo er verschlossener Tür stand, wurde es nur noch schlimmer. Seto hatte solche schlimmen Kopfschmerzen, dass er seinen Vorrat an Tabletten um eine erhebliche Menge verringerte, während er auf seinem Stuhl saß und nicht versuchte seine Mutter vor seinem inneren Auge zu sehen. Am schlimmsten war es aber, wenn sich die unschuldigen Bilder seiner Mutter mit denen von seinem Adoptivvater vermischten und am Ende nur noch seine hässliche Fratze übrigblieb. Der Brünette begann wieder am ganzen Leib zu zittern und konnte sich kaum noch auf dem Stuhl halten, so wenig Kontrolle hatte er über seinen Körper. Er hörte das Joey vor der Tür stand. Er hörte das klopfen und die leisen Worte, aber er konnte sich nicht bewegen. Das letzte Mal das er einen solchen Anfall hatte war schon lange her. Seit Joey in die Villa eingezogen war, war heute das erste Mal. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, starrte die Decke an und versuchte seinen Atem unter Kontrolle zu kriegen. Er musste sich beruhigen, wenn er heute noch nach unten gehen wollte. Und wenn er sich nicht bald regte, dann würde Joey ein für alle Mal verschwinden und nie wieder mit ihm reden. Dann wäre er wieder alleine und könnte sich hier verkriechen. Mokuba würde wieder von einem Kindermädchen behütet werden und er könnte sich wie früher in die Arbeit hineinknien. Joey würde jemand besseren als ihn finden. Seto verlor den Sinn. Gozaburo hatte ihn auch nach seinem Tod noch so im Griff, dass er Setos Leben von morgens bis abends beeinflusste und kontrollierte. Joeys Gesicht mischte sich in seine Gedanken unter und Seto begann stumm nach Hilfe zu schreien. So schlimm waren diese Anfälle eindeutig noch nie gewesen. Joey klopfte ein zweites und ein drittes Mal, danach legte er die Hand flach auf das dunkle Holz und ließ die Stirn dagegen sinken. »Warum vertraue ich dir nur immer wieder?«, flüsterte Joey gekränkt. »Warum mache ich mir nur immer wieder Hoffnung?« Joey konnte dieses Mal die Tränen nicht unterdrücken und ließ ihnen kurz freien Lauf. Er wollte nicht mehr stark sein und alles hinnehmen. Am liebsten würde er die Tür eintreten und ihn anschreien, aber er wusste, dass das nicht funktionieren würde. »Wir frühstücken unten - jetzt ... Ähm«, Joey unterbrach sich selbst durch ein Schniefen. »Wenn du fertig bist, komm auch runter ... Okay?« Der Blonde wartete die Antwort, die eh nicht kommen würde, gar nicht ab und ging einfach wieder runter in die Küche. Der Anblick Mokubas, der so unschuldig am Tisch saß und ihn aus großen Augen anblickte brach Joey endgültig das Herz. »Es tut mir leid«, sagte der Blonde leise, holte das Rührei vom Herd und tat ihnen dann beiden auf. Den Rest ließ er in der Pfanne zurück, für den Fall das Seto später doch noch etwas essen wollte. ◦ ’°’◦ ★ ☆ ★.◦’°’◦ Der CEO brauchte beinahe zwei Stunden und noch drei weitere Tabletten, damit er sich wieder unter Leute traute. Er hatte den Rest seines Anfalls damit verbracht sich gegen Gozaburo zur Wehr zu setzen und sich zu fragen, warum er Joey nicht genug vertraute um ihm davon zu erzählen! Er hätte seinem Freund schon viel früher reinen Wein einschenken sollen, dann wäre ihnen beiden einiges erspart geblieben! Seine angestaute Wut ließ er an seiner Schreibtischplatte aus, die von ihm zwei heftige Hiebe bekam. Das Stück Gozaburo was er wohl ewig mit sich herum tagen würde lachte ihn innerlich aus. Schau, sagte die hässliche Fratze vor Setos innerem Auge, du warst schon damals schwach und du wirst es immer sein! Schwach, grinsten die dicken Lippen, du hast dir immer solche Sorgen um deinen Bruder gemacht, dass es dir egal war was mit dir selbst passiert! Einfach zu brechen, kreischte die hämische Stimme in seinem Kopf, es war so einfach die zu kontrollieren und so zu formen wie ich es wollte! Der CEO schüttelte den Kopf, schloss die Augen und raufte sich die Haare. Doch die Stimme ging nicht weg und so schüttelte er den Kopf noch heftiger. Er wollte einfach nicht wahrhaben, dass das alles hier gerade nur passierte, weil Joey ihn wegen gestern verlassen wollte. Seto hatte es verdient, aber Joey war wieder einmal gnädig und gewährte ihm noch eine Chance und was machte er - er vermasselte es ... Mal wieder! Er musste ihn aufhalten, Joey durfte nicht gehen! Joey musste bei ihm bleiben! Etwas zu schnell für seine aktuelle gesundheitliche Verfassung erhob sich Seto von seinem Stuhl und nahm den ihn augenblicklich befallenden Schwindel mit Genugtuung an. Er stolperte mehr, als das er ging und fühlte sich dabei als hätte er eine Flasche von Gozaburos teurem Whiskey getrunken, ohne dazwischen zu pausieren oder gar Luft zu holen. Wenn er seinen Körper unter Kontrolle hätte, würde er sich vermutlich selbst auslachen, aber seine Gliedmaßen gehorchten ihm nicht. Taten sie nie, wenn er einen seiner Anfälle hatte. Seine Beine trugen ihn zu allererst ins Schlafzimmer, aber da war niemand. Es sah auch nicht so aus, als hätte es Joey heute schon einmal betreten! Wäre er kein Kaiba hätte er vermutlich erleichtert aufgeseufzt, aber ein Kaiba ließ ja für bekanntlich keine menschlichen Emotionen zu - Gozaburos Prinzip, das Seto schon so oft gebrochen hatte, seitdem er Joey kannte. Ob es nun positive oder negative Emotionen waren ist ja erst Mal unrelevant. Fakt war nur: Joey ließ ihn auch etwas anderes spüren als alles verzehrenden Hass und tiefe Trauer! Seto hatte ganz schön lange dafür gebraucht, um sich das einzugestehen. Zehn Monate, ein ehrlich gemeintes "Ich liebe dich" und eine Kette hatten dafür nicht gereicht. Er musste dem Blonden und Mokuba erst Weihnachten versauen, um das zu kapieren. Ein Schub Kopfschmerzen überfiel Seto und zwang ihn in die Knie. Im Moment wünschte er sich, er würde Medikamente produzieren und erforschen, statt Videospiele zu erfinden. In dieser Sekunde hätte er davon wohl am mehr profitiert. Du zerstörst ihn, sagte wieder diese hämische Stimme in seinem Kopf, zu zerstörst ihn so sehr, dass er selbst nicht mehr weiß ob er mit dir noch glücklich werden kann! Hör auf, schrie Seto innerlich, du hast keine Ahnung! Er sah es bildlich vor sich: Der große, dicke, fette Gozaburo hinter seinem Schreibtisch mit den fettigen Haaren und dem monsterartigen, selbstgefälligen Grinsen. Und Seto stand ihm gegenüber, aber es war nicht sein 18-Jähriges starkes Ich, was diesen Kampf ausfocht. Es war der kleine, verunsicherte, verwirrte, gebrochene 12-jährige Seto, der eigentlich für seinen Bruder und sich immer nur das Beste gewollt hatte, nachdem ihre Eltern gestorben waren. Der CEO rutschte an die Wand und schlug sich beide Hände vors Gesicht. Die Stimme in seinem Kopf flüsterte immer weiter böse Dinge und er nahm die Hände vom Gesicht und drückte sie sich auf die Ohren. Und umso lauter die Stimme wurde, umso fester presste er seine Hände auf die Ohren. »Ich hasse dich!«, schrie Seto aus Leibeskräften und in diesem Moment war ihm sehr egal wer zuhörte. Früher hatte er seine Anfälle immer hinter seiner verschlossenen Tür mit sich selbst ausgefochten, damit Mokuba davon ja nichts mitbekam. Der einzige der davon wusste, war Roland und Seto hatte es ihm auch nur erzählt, damit er die passenden Medikamente holen konnte. Seto merkte wie ihm feuchte Tränen über die Wangen liefen und er fragte sich augenblicklich wann er das letzte Mal so wirklich richtig aus purer Angst geweint hatte. Einen passenden Termin konnte er nicht nennen, dafür war das letzte Mal schon entschieden zu lange her. Joey und Mokuba hörten das dumpfe Geschrei von oben, ohne zu verstehen was Seto da von sich gab. »Bestimmt telefoniert er wieder mit einem von seinen Geschäftspartnern«, sagte Mokuba beiläufig und schob sich anschließend eine volle Gabel Rührei in den Mund. Joey nickte skeptisch, war aber trotzdem verwundert. Seit wann telefonierte Seto denn im Flur und dann auch noch in dieser Lautstärke? Der Blonde hatte das Gefühl das irgendetwas nicht stimmte. Und obwohl er sauer auf seinen Freund war, wollte er nachschauen ob etwas passiert war. Daher legte er seine Gabel nieder, entschuldigte sich beim kleinen Kaiba und ging langsam hoch in den 1. Stock. Während er die breite Treppe empor stieg überlegte er wieder, was er hier eigentlich noch zu suchen hatte. Seto erzählte ihm eh immer nur das Blaue vom Himmel. Joey hatte nicht mehr das Gefühl, dass sein Freund irgendetwas ernst meinte. Es kam ihm eher vor, als wären es Worte die er nur sagte, weil er sie sagen musste. Dem Blonden wurde klar, dass er schon längst weg gewesen wäre, wenn Seto einige Dinge nicht gesagt hätte und diese erkannte Tatsache brachte ihn dazu anzuhalten und sich zu fragen, ob er weitergehen sollte um Seto aufzusuchen oder um seine Sachen zu packen und Seto Kaiba ein für alle Mal Lebewohl zu sagen. Auf die Schnelle wollte der 16-jährige das allerdings nicht entscheiden, weswegen er doch wieder umdrehte und zu Mokuba zurückging. Vielleicht, fragte er sich selbst nachdenklich, vielleicht sollte ich den Knirps fragen, was ich tun sollte. Denn manchmal schien Mokuba den besseren Durchblick zu besitzen, als er selbst! Seto fixierte die Wand sich gegen über, setzte sich aufrecht hin und versuchte tiefe, gleichmäßige Atemzüge zu tätigen, in der Hoffnung Gozaburo durch den frischen, neuen Wind vertreiben zu können. Es half tatsächlich, ein wenig. Die hässliche Fratze vor seinem inneren Auge verschwand, aber die Kopfschmerzen blieben. Und als der CEO aufstand, merkte er auch, dass der Schwindel noch da war. Allerdings würde ihn das nicht daran hindern jetzt nach unten zu gehen und Joey aufzuhalten. Sein Hündchen durfte ihn unter keinen Umständen verlassen, damit könnte er nicht leben! Doch als er in der Küche ankam, war weder von seinem Bruder, noch von Joey etwas zu sehen. Das einzige, was darauf hindeutete, dass sie sich mal hier aufgehalten hatten, waren zwei benutzte Teller, die in der Spüle standen und zwei leere Kaffeetassen, in denen mal Kakao drinnen war. Setos Kehle schnürte sich zu und das Luft holen fiel ihm plötzlich so schwer, dass er sich an der Küchentheke festhalten musste. Weg ist er, sagte die Stimme in seinem Kopf, vergrault hast du ihn! »Nein, nein, nein«, flüsterte der gebrochene Teenager und ließ den Kopf sinken. Wenn die Stimme wirklich recht haben und Joey wirklich verschwunden sein sollte, dann würde er sich nicht mehr gegen Gozaburo wehren. Wenn der Blonde ihn verlassen hatte, musste er wohl oder übel einsehen, dass er genau so enden wird wie sein Adoptivvater! Kaltherzig, egoistisch und alleine. Seto wünschte sich, seine Eltern würden noch leben. Dann wäre er nie hier gelandet und nie so geworden. Dann würde er noch immer in dem kleinen Reihenhaus am Stadtrand leben, seiner Mutter beim Kochen helfen und seinem Bruder bei den Hausausgaben. Er würde nach der Schule vielleicht studieren gehen und in derselben Firma anfangen wie sein Vater. Er hätte ein einfaches Leben geführt und wäre bestimmt verdammt glücklich damit gewesen. Doch dann fragte er sich, ob er Joey kennengelernt hätte, wenn es so gelaufen wäre? Wären sich der Brünette und der Blonde überhaupt über den Weg gelaufen? Seto kam zu dem Schluss das es vermutlich dazu gekommen wäre, aber vermutlich hätten sie nicht viel füreinander übriggehabt. Denn zusammengekommen waren sie nur, weil sie beide dieser sexuellen Anziehungskraft nachgegeben hatten und im Bett gelandet waren. Und Joey war dann einfach geblieben. Was Seto am Anfang gar nicht gepasst hatte, wollte er jetzt nie wieder missen müssen! »Ist alles in Ordnung mit dir?« Erschrocken drehte sich der Brünette um und starrte Joey durch seine verschleierten Augen verwirrt an. Er gab keinen Laut von sich, starrte seinen Freund nur an, als wäre dieser das achte Weltwunder. »Hey? Geht’s dir gut? Hast du geweint?«, fragte Joey und legte seinen Zeichenblock auf dem Boden ab. Das untypische Verhalten seines Freundes gefiel ihm überhaupt nicht. Es machte ihm regelrecht Angst! »Du bist nicht gegangen?« Aus dem 18-jährigen kaltherzigen Seto war mit einem Mal wieder der 12-jährige Seto geworden, für den die Welt noch bunt und schön war. Auch aus seiner Stimme konnte er das im Moment nicht verbannen und aus seinen glasigen Augen erst recht nicht. »Wie du siehst nicht oder sollte ich etwas gehen? Dann bin ich nämlich ganz schnell weg!« Seto sagte nichts. Er würde sein Hündchen nicht aufhalten, wenn es gehen wollen würde. Denn der Brünette wusste, dass es ihm hier nicht gut ging und dass er hier nicht glücklich war und er würde ihn nicht daran hindern sein Glück woanders zu suchen. Der CEO wollte gerne um seinen Freund kämpfen, aber war sich nicht ganz sicher ob er die Kraft dazu hatte! »Sag mal, hat’s dir in deinem Kabuff da oben die Sprache verschlagen? Hast du deine Zunge verschluckt?« Der Blonde wusste wie eklig das gerade klang. Seinem Freund ging es offensichtlich schlecht und er rannte als Elefant verkleidet durch den Porzellanladen. Aber er hatte keine Lust mehr auf Nettigkeiten und zu verdenken war es ihm nicht! Er gab dem Brünetten noch ein paar Minuten zum Antworten, doch als dann immer noch nichts kam, seufzte er nur und hob seinen Zeichenblock vom Küchenboden auf. »Wir hatten das Thema vor ein paar Stunden!«, erinnerte das Hündchen sein Herrchen energisch. »Und ich kann so nicht weitermachen Seto – ich will so nicht weitermachen! Ich will mit dir glücklich sein und du machst es ständig kaputt!« Joey atmete tief ein und aus. »Ich will nur dich! Ich brauch keine Villa, kein Geld und keine schicken Autos! Ich möchte nur mit dir und Mokuba irgendwo – von mir aus auch in einer kleinen Holzblockhütte – glücklich und zu Frieden sein! Aber jedes Mal, wenn ich auch nur kleinste Fünkchen Glück fühle, machst du alles kaputt!«, sagte er wütend und hätte seinem Freund am liebsten den Zeichenblock an den Kopf geworfen, in der Hoffnung das er danach mal klarkommen würde. Aber der Blonde riss sich zusammen, weil er ganz genau wusste, dass Mokuba oben auf der Treppe hockte und lauschte. Joey konnte sich bildlich vorstellen wie der kleine Kaiba dort oben gegen die Tränen kämpfte und Pläne ausheckte, um Joey hier gewaltsam festzuhalten. Es tat ihm leid, aber für ihn war es einfach an der Zeit zu gehen! Seto sagte zu Joeys Ansprache noch immer nichts und damit war die Sache für Joey erledigt. Es war wie bei der Oper, wo der Sänger langsam aber stetig zum finalen Ton ansetzte um dann ganz plötzlich zu verstummen. Der Blonde straffte die Schultern, sah seinem Freund noch einmal in die starren Augen und drehte sich dann einfach um. Er begann bereits zu weinen, als er noch im Flur stand und schaffte es nach drei Schritten nicht einen Millimeter weiter voran. Denn er drehte sich wieder um, sah seinen Freund fragend und kopfschüttelnd an. »Sag mir wenigstens warum? Warum musste das … Warum mussten wir so enden? Wenigstens darauf habe ich eine Antwort verdient oder etwa nicht?« Als Seto dieses Mal wieder nichts sagte, schleuderte der Blonde ihm tatsächlich seinen Zeichenblock entgegen. »Sag was du Arschloch! Los, sag was!« Joey ging bei jeder Beleidigung, bei jeder Aufforderung einen Schritt weiter auf den Mann zu, den er so sehr liebte. Als er direkt vor dem Brünetten stand, blickte er ihm tief in die eisblauen Augen. »Hast du mich eigentlich überhaupt geliebt? Oder war das auch alles nur Show?« Seto fiel der Anhänger um Joeys Hals auf. Er hatte ihm diesen geschenkt, um ihm zu zeigen, dass er ihn liebte und das tat auch. Egal was Gozaburo dazu sagte. Und deswegen griff er nach der Kette und zog sie Joey über den Kopf. Denn was man liebt, dass soll man loslassen. Erst wenn es zu dir zurückkommt, gehört es dir – für immer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)