Broken Wings von Disqua ================================================================================ Kapitel 19: Eine verpasste Chance --------------------------------- “Wir sollten Luzifer davon erzählen!” Inersha wirkte aufgedreht und beinahe hibbelig, eine Eigenschaft die ihm bisher eindeutig nicht zuzuschreiben war. “Was genau?”, hakte Glatani nach und gönnte sich einen weiteren Schluck des edlen Weines, wohlwissend, dass Luzifer ihm diesen verboten hatte. “Na, darüber, dass Uriel und Michael offenbar was laufen haben … Wer weiss, vielleicht bekommt Luzifer mehr aus Michael heraus, wenn er seinen kleinen Freund foltert.” Inersha klatschte aufgeregt in seine Hände, während Glatani lediglich mit den Schultern zuckte und sich noch ein Olivenbrot einverleibte. “Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, ich habe eben was anderes gehört und zwar, dass Uriel und Michael ein Geheimnis haben, welches seine Verbannung betrifft.” Inersha schüttelte energisch den Kopf. Es wirkte beinahe so, als hätte er von dem Wein gekostet und nicht Glatani. “Schwachsinn, du solltest besser zuhören, ausserdem, wem glaubt Luzifer eher, dem besoffenen Trottel oder mir?” Glatani verzog sein Gesicht zu einer undefinierbaren Grimasse und Inersha konnte nicht genau sagen ob dies aufgrund seiner Worte geschah oder weil er auf eine saure Olive gebissen hatte. “Uns glaubt er sowieso nichts. Wir sind die Fussabtreter und ganz weit unten in seiner Gunst.” “Woran dies bloss liegen könnte”, erklang auf einmal eine weitere Stimme hinter den beiden und liess sie zusammenzucken. “Hau ab Grid, dies wird unser Moment, verzieh dich.” Grid zuckte mit den Schultern und musterte die zwei Hohlköpfe eingehend. “Ich habe nicht vor euch irgendeinen Moment streitig zu machen. Luzifer ist im Moment ziemlich angespannt, ihr solltet euch gut überlegen, welche Infos ihr ihm überbringt und wieviel Wahrheitsgehalt diese beinhalten. Es wäre ja ein Jammer, wenn sich eure Informationen als falsch herausstellen würden, oder?” Inersha schnaubte genervt auf. Grid hatte recht, doch inwieweit konnten sie diesem vertrauen? Er war die Habgier und Inersha war sich sicher, dass dieser die Informationen selbst weiterleiten und den Dank einsacken wollte. “Dies lass mal unsere Sorge sein”, mischte sich nun auch Glatani ein und schnippte eine wohl weitere saure Olive von seinem Brot. “Ehe ihr mit Luzifer sprecht, solltet ihr vielleicht mit den Engeln reden, euch die Infos aus erster Hand beschaffen. Soweit ich weiss hat Raphael die Schutzschilde runter gefahren, sie sind also wieder zugänglich für Folter und könnten plaudern wie ein Wasserfall. Das würde eure Gunst vielleicht ein wenig steigern.” Grid konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Die beiden Schwachköpfe würden sich vermutlich gleich in die Zelle stürzen und sich irgendwelche Foltermethoden aus den Fingern saugen. Es würde ein Spass sein, ihnen dabei zuzusehen und erst recht, wenn Luzifer davon erfuhr. “Woher weisst du das?”, wollte Inersha wissen und Grid verzog für einen Moment das Gesicht. So einfach waren sie wohl doch nicht reinzulegen. “Wer passt denn hier auf Raphael auf? Ausserdem hatte Tsorn eine Unterhaltung belauscht und kam zu diesem Schluss. Wie genau er zugehört hat, nun, vermutlich so genau wie ihr es getan habt”, beantwortete er die Frage mit einem schulterzucken, ehe er sich verabschiedete und seines Weges ging. “Können wir ihm trauen?”, wollte Glatani ein wenig angestachelt wissen. “Nein, Grid ist eine Tratschtante und ich bin mir beinahe sicher, er führt etwas im Schilde, aber mit einem hat er recht. Wir sollten mit den Engeln direkt sprechen, nur das Foltern, dass sollten wir bleiben lassen.” “Dann macht es doch gar keinen Spass”, murrte Glatani beinahe ein wenig beleidigt, was ihm ein missbilligenden Blick von Inersha einbrachte. “Deine Foltermethoden sind so oder so überholt und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie bei Engeln nicht funktionieren.” Mit diesen Worten betrat er die Zelle. Ihm war es egal, dass die Insassen seine letzten Worte an Glatani mitbekamen, sollten sie nur wissen, worüber sie sich unterhielten. Es schien sie nur nicht zu interessieren. “Ich erwarte ja keine wirklichen Begeisterungsstürme wenn ich den Raum betrete, ich bin schliesslich nicht Luzifer, aber zumindest registrieren könntet ihr mich durchaus”, beschwerte er sich sogleich. Die Stille in dem Raum war beinahe mit einem Messer zu schneiden und Glatani war derjenige, welchem dies auffiel. “Du hast sie bei etwas gestört”, stellte er fest und Inershas Blick wanderte einmal durch die Runde. “Nun, wenn ihr jetzt schweigt, ist es auch egal, wir haben euch belauscht. Wir wissen, wer hier was auf dem Kerbholz hat und wir werden Luzifer alles erzählen”, drohte er direkt und versuchte die Reaktionen zu lesen. Er war nur leider nicht sonderlich gut darin. Seine Trägheit machte ihm einen Strich durch die Rechnung, es interessierte ihn nicht und es war ihm zudem viel zu anstrengend. “Wir haben über nichts geredet, was Luzifer nicht direkt schon weiss”, übernahm Chamuel das Wort und zog somit die Aufmerksamkeit Glatanis auf sich. “Ahja? Luzifer weiss also, dass der Sonnenschein und der Abtrünnige was miteinander am laufen haben?” Während er sprach deutete er auf Uriel und auf die Zellentür, was für Inersha nicht wirklich einen Sinn machte. “Und du denkst sie wissen wen du meinst?”, wollte er dann ein wenig gereizt wissen. “Natürlich… Sonnenschein ist doch gleichzusetzen mit einer Offenbarung, dem hellen Licht was einem aufgeht, du bist so unkreativ, Inersha”, beschwerte sich Glatani direkt und erhielt ein Schnauben zur Antwort. “Und du bist ein vollkommener Schwachkopf, dem der Wein zu Kopf gestiegen ist.” Chamuel kam nicht umhin, leise aufzulachen. “Ihr Sünden habt alle ein ziemlich grosses Autoritätsproblem. Wir sind hier Gefangene und doch können wir euch nur bedingt ernst nehmen.” “WIESO??”, kam es beinahe wie aus einem Munde der beiden Sünden. “Weil ihr euch alle vor uns streitet und selbst diffamiert. Wie sollen wir euch da ernst nehmen?”, wollte nur Gabriel wissen und erhielt prompt eine Ohrfeige von Inersha. “So vielleicht”, stellte dieser genervt fest und rieb sich seine Hand. “Wow, dies war seine erste Tätigkeit seit Jahren, ich bin beeindruckt. Du kannst ja doch was ausser schlafen”, stichelte Glatani mit einem leichten Grinsen auf den Lippen und wich Inersha gekonnt aus, taumelte dann allerdings gegen die Zellentür und kippte beinahe aus dieser. “Ihr werdet kaum hier sein, um uns eine Komödie aufführen zu wollen, oder?”, mischte sich nur Haniel in die Szenerie ein und Glatani versuchte so elegant wie es ihm möglich war, wieder in die Zelle zu gelangen. “Natürlich nicht”, erwiderte Inersha auf ihre Worte, er klang wesentlich genervter als noch zuvor, war ihm doch selbst bewusst, wie lächerlich dies gerade ausgesehen haben musste. “Wir wollen Informationen!” Glatani hatte sich ein wenig gefasst und baute sich neben Inersha auf. “Und ihr dachtet, mit einer Slapstick Einlage kommt ihr an welche?”, wollte Chamuel schmunzelnd wissen und fing sich die nächste Ohrfeige ein. “Ihr schafft es gerade wirklich, dass Inersha körperlich aktiv wird, ich weiss nicht, ob ich das gut oder schlecht finden soll”, merkte Glatani dessen Aktion an und seufzte im nächsten Moment auf. Es war Inersha, der sie vorhin gewarnt hatte mit der Folter und nun war er derjenige der die Engel schlug. Ihm war durchaus klar, dass dies noch nicht als Folter galt, aber wie würde Luzifer darauf reagieren? Bestimmt würde er keinen Beifall klatschen und falls doch, sah er bestimmt so aus, wie der von Inersha, darauf konnte er durchaus verzichten. Sie waren zudem selbst Schuld, wenn sie sich wie Volldeppen aufführten und ohne Plan an die Sache rangingen. “Wir haben euch belauscht, ihr wisst mehr, als ihr zugeben wollt und allein diese Tatsache reicht aus, damit Luzifer wieder auf den Plan kommt.” Glatani versuchte es ohne Androhungen oder gar Ausübung von Gewalt. Er wusste von Chamuel bereits, dass dieser ein sehr Harmoniebedürftiger Engel war, was wohl seiner Bestimmung zu verdanken war. “Wir haben Luzifer schon alles gesagt, was wir wissen und genau darüber haben wir uns eben unterhalten. Er war diese Nacht bei uns, wir arbeiten dies nur auf.” Der Blick welcher Inersha Glatani zuwarf, war eindeutig. Er glaubte Chamuel kein Wort und doch hielt er sich zurück. “Sie können nicht lügen”, warf Grid hinter ihnen ein und betrat nun die Zelle. “Ich hätte mir ja ehrlich gesagt ein wenig mehr Action erhofft, allerdings nicht eine so lächerliche Vorstellung wie ihr sie gerade abgeliefert habt.” Alle Blicke im Raum lagen auf Grid, welcher seinen Auftritt sichtlich genoss und Chamuel ein wenig genauer unter die Lupe nahm. “Du bist mutig, vielleicht ein wenig zu mutig, aber die Eigenschaft mag Luzifer ja an gewissen Engeln, nicht wahr?” Chamuel wandte seinen Kopf ab und brachte Grid damit zum lachen. “Ihr könnt nicht lügen, aber eure Reaktionen, sie sind so eindeutig. Ihr beide, geht und berichtet was ihr erfahren habt, ich kümmer mich hier um den Feinschliff.” Inersha und Glatani waren so überrumpelt von dem Befehl, dass sie lediglich nickten und aus der Zelle verschwanden. Grid wartete noch ein paar Momente, ehe er sich hinsetzte, sich gegen die Wand lehnte und die Augen schloss. “Und?”, hakte Raziel nach einer schier endlosen Zeit der Stille nach. “Nichts und freut euch die Schwachköpfe los zu sein, war ja nicht mit anzusehen.” Grid hatte nicht vor mit den Engeln zu reden. Sein Plan war es, Inersha und Glatani ins offene Messer laufen zu lassen, zumal er selbst schon genug Informationen hatte, die gegen diese der Beiden sprach. “Du bleibst jetzt hier sitzen und sagst nichts?”, wollte nun Gabriel wissen, was Grid doch zu einem weiteren Grinsen verleiten liess. “Macht dich nervös, hm? Aber wenn du unbedingt mit mir plaudern willst, dann stelle ich euch eine Frage, eine einzige und dann überlege ich mir, was ich Luzifer zu berichten habe.” Langsam öffnete er seine Augen und blickte in fünf neugierige Augenpaare. “Wie weit war euch bekannt, dass Michael stärkere Gefühle für euren Schutzengel hegt?” Grid setzte sich ein wenig aufrechter hin und beobachtete die Reaktion ziemlich genau. Zwei davon waren sehr interessant, wobei eigentlich nur eine. Haniel hätte eindeutig den falschen Zuständigkeitsbereich, wenn sie nichts davon gewusst hatte. “Du hast nie irgendwem was gesagt?”, wollte er dann von ihr wissen und sie schüttelte sogleich den Kopf. “Es geht mich nichts an. Solange er sich an die Regeln hielt, war es vollkommen in Ordnung und ich wollte meine Position nicht missbrauchen, wir sollen unsere Kräfte nicht auf unseresgleichen anwenden.” Grid nickte leicht und ihm kam eine weitere Idee. “Und wieso wusste Michael dann über Luzifers Gefühle Bescheid? Mit was hatte er dich in der Hand?” Haniel wirkte sichtlich überrascht, lag er etwa falsch? “Ich habe nie irgendwem irgendetwas über die Verstrickungen erzählt. Die Beziehung zwischen Michael und Luzifer war immer sehr schlecht. Ich hätte niemals dafür gesorgt, dass sie noch schlechter wird. Zumal Raphael auch noch ein Wörtchen mitzureden hatte, aber ich habe nie gefragt, mich nicht eingemischt. Es gehörte sich nicht.” Grid glaubte ihr. “Und was ist mit dir Uriel?”, wollte er dann ein wenig skeptischer wissen. Uriel war die Offenbarung, woher wusste er, was in Michael vor sich ging. “Ich weiss nichts darüber, wirklich nicht”, haspelte er schnell und wich Grid’s Blick aus. “Ihr könnt nicht lügen und du kannst mir dabei nicht in die Augen sehen. Ich frage dich noch einmal, was wusstest du, was weisst du!” Es klang nach vielem, aber nicht nach einer Frage. “Es war eigentlich ein offenes Geheimnis, dass Michael Luzifer nicht mag, weil dieser ihm zu sehr an Raphael hing. Ihn immer beschützte, obwohl die körperlichen Attribute eher für das Gegenteil sprechen sollten. Es war ihm immer ein Dorn im Auge, überall wo Raphael war, war auch Luzifer, jeder normal denkende Engel hätte früher oder später diesen Schluss daraus gezogen.” Ganz langsam erhob sich Grid und ging auf Uriel zu. Bei diesem angekommen, ging er langsam in die Hocke und musterte ihn genauer. “Und wieso hast du ihn gedeckt und niemanden gewarnt? Ich bin mir ziemlich sicher, dass Michael, mehr mit Luzifers Verbannung zu tun hat, als bisher bekannt ist und ich werde hinter dieses Geheimnis kommen.” Uriel schluckte leicht. “Ich, ich weiss es nicht. Es ging mich nichts an und ich hatte gehofft, es würde nichts passieren. Was er mit seiner Verbannung zu tun hat, ich weiss es nicht, wirklich.” Uriel hatte angefangen viel zu schnell zu sprechen und Grid war klar, dass er log, beliess es aber dabei. Ein Blick in die Runde verriet ihm, dass es nicht nur ihm bewusst war und vielleicht würde er mehr Informationen erhalten, wenn er nun ging, als ihn weiterhin unter Druck zu setzen. “Na dann, ich hoffe du sagst die Wahrheit, aber ihr könnt ja nicht lügen, hm? Ich hoffe dem ist wirklich so, ansonsten komme ich wieder und dann könnte es dir vielleicht ein wenig schlechter ergehen.” Grid erhob sich wieder und machte Anstalten zu gehen, ehe er sich noch einmal umdrehte. “War schön mit euch zu plaudern und vielleicht entführe ich den ein oder anderen von euch noch in ein privates Gespräch.” Sein Blick blieb dabei auf Haniel hängen, welcher er zuzwinkerte, ehe er dann wirklich ging. Sein Weg führte ihn allerdings nicht zu Luzifer wie angedroht, auch blieb er nicht vor der Zelle sitzen, im Gegenteil, Tsorn sollte über diese Informationen Bescheid wissen, so schnell als möglich. Inersha und Glatani hingegen waren auf dem schnellsten Weg zu Luzifer gerannt und klopften aufgeregt an seine Tür. Da es ihnen zu lange dauerte, betraten sie dessen Gemach einfach und es war ihnen vollkommen egal, dass dieser gerade schlief. “Luzifer! Wir müssen dir was sagen!” Die Genervtheit war ihrem Boss anzusehen und dennoch bewegten sie sich kein Stück von dessen Bett weg. “Ich hoffe, es ist wichtig”, knurrte dieser leise und erhob sich aus seinem Bett, nackt wie Gott ihn schuf. Er hatte absolut keine Scham und ging entblösst wie er war zur Tür, um sich dort seinen Bademantel überzuziehen. “Wir wissen welcher Engel mehr über dieses Konstrukt weiss und wieso er da mitgemacht hat”, fing Inersha direkt an und erhielt einen skeptischen Blick von Glatani. “Wie? Wir waren uns einig, dass wir dies eben nicht sicher wissen”, zischte er ihm leise zu, was Inersha jedoch nicht davon abhielt weiter zu sprechen. “Uriel. Uriel ist es, Luzifer. Er hat Michael bei allem geholfen, weil er tiefere Gefühle für diesen hat. Michael hat auch Uriel missbraucht, ihn zu seinem Spielball gemacht und das nur weil er dich nicht leiden kann.” Luzifer wurde tatsächlich hellhörig und sein Blick ruhte auf der Trägheit. “Und wie sicher bist du dir dabei?” Inersha schluckte kurz. “Zu 90 % Luzifer.” Dessen Blick wanderte nun zu Glatani, welcher sich nicht so sicher zu sein schien. “Und du? Wie sicher bist du dir?”, wollte er nun auch von der Völlerei wissen. “Überhaupt nicht. Ich habe nicht alles mitbekommen, über was die Engel sich unterhalten hatten, aber es ging nicht darum. Wir haben sie gefragt und Chamuel meinte, du hättest sie in der Nacht besucht und sie hätten darüber geredet. Es war kein Wort davon gefallen, dass einer in den anderen verliebt war.” Inersha schnaubte nur leise. “Du gönnst mir einfach kein Erfolgserlebnis”, murrte er kaum hörbar. “Doch, aber auch Grid meinte zu uns, dass Halbwahrheiten nur Probleme bereiten würden, daher Luzifer, ich kann es dir nicht sagen.” Luzifer nickte lediglich und sein Blick ruhte wieder auf Inersha. “Solltest du recht behalten, gibt es eine Belohnung, solltest du allerdings absoluten Schwachsinn erzählen, nur um in meiner Gunst zu steigen, nun, dann tobe ich mich vielleicht ein wenig an dir aus. Ich habe schon lange niemanden mehr gefoltert.” Erneut schluckte Inersha hart. “Geht, ich muss mir eine Strategie überlegen.” Zu gerne nahmen die beiden Sünden dieses Angebot an und verschwanden wieder aus Luzifers Zimmer. Sie versäumten es jedoch wieder auf ihren Posten zu gehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)