Broken Wings von Disqua ================================================================================ Kapitel 31: Neue Erkenntnisse ----------------------------- Bager und Haniel zuckten augenblicklich zusammen und lösten sich voneinander. Der erste Blick wanderte zur Tür und Bager atmete erleichtert aus, als sie noch verschlossen war. Es wäre nicht auszudenken, wenn man sie nun erwischt hätte. Wobei es vermutlich niemanden wirklich interessierte. Sie hätte es immer noch als eine Taktik abtun können. Trotzdem gab es einen lauten Knall und sie musste rein theoretisch nachschauen gehen. “Was denkst du, was es gewesen sein könnte?”, wollte Haniel unsicher wissen und Bager zuckte leicht mit den Schultern. “Ich habe absolut keine Ahnung. Es klang wie eine Tür die mit grosser Wucht aufgestossen wurde.” Haniel lächelte nach wie vor verunsichert und Bager löste sich von ihr. Die Stimmung an sich war sowieso dahin, nicht dass sie daran geglaubt hatte, dass hier noch mehr passieren konnte, aber selbst wenn, es war vorbei. Für den Moment zumindest. “Ich bringe dich zurück und schaue nach. Ich hoffe, es geht allen gut und es ist nur jemand gegen eine Tür getreten”, versuchte sie, die Sorge ein wenig zu nehmen. “Es klang nicht danach, als hätte einfach nur jemand gegen eine Tür getreten, ausser ihr habt Dämonen hier mit hochgebracht, welche die Grösse eines Felsen haben und auch die Masse eines solchen.” Bager musste nun doch leise lachen, ehe sie aufstand und Haniel ebenfalls half dies zu tun. “Du warst nicht sonderlich aktiv auf dem Schlachtfeld, hm? Wir haben hier allerlei Dämonen hochgeschleppt, aber sehr viele sind auch wieder weg. Ansonsten wäre es hier nicht so ruhig”, erklärte sie beinahe ruhig und ging mit Haniel wieder zurück zu den anderen. Dort angekommen, befestigte sie die Kette am ursprünglichen Ort und verliess die Zelle wieder. Ihr fiel auf das Raziel fehlte, aber Tsorn konnte ebenfalls eine private Unterhaltung geführt haben. Jetzt machte sie sich erst einmal auf die Suche nach dem Ursprung dieses heftigen Knalls. “Willst du nicht nachsehen?”, wollte Raziel aufgeschreckt wissen. “Nein”, war Tsorns Antwort. Dieser lehnte sich noch ein wenig demonstrativer gegen die Steinmauer hinter sich und verschränkte die Arme vor der Brust. “Wieso nicht?”, hakte Raziel ein wenig irritiert nach. “Wer soll uns schon angreifen? Die einzigen Mächte, denen dies möglich ist, sind hier oder glaubt ihr die Mythologien anderer Länder? Dann würdet ihr selbst gegen Gottes Gebote verstossen?”, wollte er ein wenig provozierend wissen und bekam ein leises Schnauben des Erzengels. “Natürlich nicht. Findest du es nicht dennoch komisch?” “Wenn ich jetzt nachschauen gehe und irgendein Dämon Scheisse gebaut hat, werde ich meine innere Ruhe verlieren, ausserdem bin ich offensichtlich in einem Gespräch. Es gibt noch andere Deppen, die hier was tun können.” “Du hast schlichtweg einfach keine Lust”, stellte Raziel dann lediglich fest. “Richtig.” Tsorn schloss einen Moment die Augen und atmete tief ein und aus. Er hatte wirklich keine Lust und es war letzten Endes auch nicht seine Aufgabe, sich hier um alles zu kümmern, was aus den Fugen geraten könnte. “Und was, wenn einer von uns ausgebrochen ist?” Tsorn öffnete die Augen wieder und musterte Raziel einen Moment. Die Frage wurde nicht umsonst gestellt und Raziel war sich ziemlich sicher, dass einer seiner Freunde die Macht dazu hätte. Nur wer? “Wer sollte die Kraft dazu haben? Ihr fünf, die in einer Zelle seid, wurdet mit dämonischen Ketten angekettet. Gadles hat dafür gesorgt, dass ihr eure Kraft nicht oder nur teilweise nutzen könnt. Ich bin mir sicher, dasselbe hat er bei Michael getan. Raphael ist angeschlagen und Metatron schien die Ruhe zu geniessen.” Raziel hörte sich die Erklärung an und nickte leicht, schien allerdings nach wie vor zu überlegen. “Und komm mir jetzt nicht mit Gott, du hättest mir direkt gesagt, wenn du seine Präsenz gespürt hättest.” Erneut nickte Raziel und er setzte sich dann auch wieder neben Tsorn, nach wie vor wirkte er sehr nachdenklich. “Du hast mir noch etwas zu erzählen, hm?” Tsorns Blick ruhte auf Raziel und dieser seufzte leise. “Ich weiss nicht, ob es eine Relevanz hat”, antwortete er auf die Frage. “Lass es mich entscheiden, nachdem du es mir gesagt hast”, forderte er ihn unmissverständlich dazu auf, mehr zu erzählen. “Okay, welchem deiner Freunde traust du es zu, obwohl es augenscheinlich nicht möglich ist?” Tsorn bemühte sich um Geduld. Ihm war selbst klar, wie weit Raziel sich hier aus dem Fenster lehnte und sich vermutlich gegen seine eigenen Prinzipien stellte, allein in dem er ihm zuhörte und helfen wollte. “Raphael”, bekam er eine Antwort, mit der er eigentlich nicht gerechnet hatte. Dieser war zwar gross, sogar ein wenig grösser als er selbst und ziemlich muskulös, aber er ging davon aus, dass ein Schutzengel einfach ein gewisses Äusseres haben musste, damit man ihm auch vertraute. “Erklärst du mir auch wieso?” Tsorns Blick ruhte nach wie vor auf Raziel und dieser schien wirklich ein wenig mit sich zu hadern. Offenbar ein Geheimnis, welches ausser ihm niemand zu wissen pflegte. “Interne Info, hm?” Raziel zuckte kurz zusammen und nun lag sein Blick ebenfalls auf Tsorn. Er fühlte sich definitiv ertappt und durchschaut. “Nun gut, alles zu seiner Zeit. Es wäre unmöglich von mir, dich zu einer Antwort zu nötigen, auch wenn mein Interesse geweckt ist.” Raziel atmete erleichtert aus. “Also, ich werde es dir nicht sagen, noch nicht, weil ich nicht weiss, ob es wirklich eine Relevanz hat, aber du hast selbst schon festgestellt, dass hier vieles nicht so ist, wie es sein sollte. Denk einfach daran und vielleicht kommst du selbst auf eine Theorie.” Tsorn nickte und stand nun langsam auf. Raziel hatte an sich nicht Unrecht, er sollte dem Knall nachgehen, auch wenn seither schon ein paar Minuten verstrichen waren, aber vielleicht hatte jemand anderes bereits Informationen, die er abgreifen konnte. “Vielleicht erinnere ich mich auch an mein Leben hier zurück und bekomme von selbst meine Antworten”, scherzte er lachend. “Je nachdem wann du gegangen bist, wäre dies sogar möglich”, stellte Raziel allerdings ein wenig ernster fest. “Hm, richtig, nur darauf sollte ich mich nun wirklich nicht konzentrieren, zumal es ja lediglich eine Theorie ist und nichts Handfestes.” Raziel nickte leicht und wurde von Tsorn auf die Füsse gezogen, was ihn so überraschte, dass er für einen Moment das Gleichgewicht nicht halten konnte und gegen diesen prallte. Tsorns Stand war allerdings so fest, dass dieser sich keinen Millimeter rührte und leise zu lachen anfing. “Interessant”, flüsterte er ihm stattdessen ins Ohr. “Auch wenn ich deine Gesellschaft zu schätzen weiss, aber auch das muss wohl noch ein wenig warten”, neckte er weiter und löste sich dann. Er musste ihn zurückbringen, ehe noch Fragen gestellt wurden, die er nicht beantworten konnte. Sowohl von Raziel, als auch von den anderen. Raziel war allerdings so verwirrt, dass er gar nicht in der Lage war, irgendeine Frage zu stellen. In seinem Kopf rotierten die Worte von Tsorn und er fragte sich, was dieser damit meinen könnte. Dementsprechend folgte er ihm auch einfach und bekam nicht wirklich mit, dass dieser noch mit ihm gesprochen hatte. Erst als er in der Zelle wieder an seinen angedachten Platz kam, bemerkte er selbst, dass er den Weg wie in Trance gegangen war. Es war letzten Endes einmal mehr Tsorns Stimme, die ihn aus seinen Gedanken holte. “Denk nicht zu viel nach und unser Gespräch sollte auch unter uns bleiben, zumindest ein paar Teile davon”, flüsterte er einmal mehr nahe an dessen Ohr und verliess die Zelle dann, um weitere Informationen zu beschaffen. Die Engel musterten Raziel und dessen Verhalten ein wenig skeptisch, allerdings auch neugierig. Ihre Blicke wanderten allerdings zwischen Haniel und Raziel hin und her. Sie beide kamen eben erst wieder und schienen intensivere Gespräche mit den Sünden geführt zu haben. Die Neugierde war definitiv geweckt. “Wollt ihr uns auch mitteilen, worum es in den Gesprächen ging”, hakte nun Chamuel nach einer schier endlosen Stille nach. Sein Blick ruhte dabei auf Raziel, welcher ruhiger und besonnener wirkte, aber nicht weniger durcheinander als Haniel. “Würde mich auch interessieren”, brachte sich Gabriel in das Gespräch ein und die Blicke wurden immer intensiver. “Also, Bager hat mich eigentlich nur um Mithilfe gebeten. Sie wollen hier augenscheinlich so schnell wie es möglich ist wieder weg und dies können sie nicht, solange Luzifer nicht seine Antworten bekommt.” “Und wieso fragt sie ausgerechnet dich? Du warst damals nicht involviert.” Gabriel wirkte ein wenig skeptisch und dies machte er ziemlich deutlich. “Woher sollen die Dämonen dies wissen? Sie müssen nachfragen, um Antworten zu bekommen, keiner von ihnen kann hellsehen, genauso wenig wie du es kannst, Gabriel, sonst könntest du uns längst sagen, wann das hier ein Ende haben wird”, warf Chamuel ein wenig genervt ein. Die harsche Art seines Freundes passte ihm in diesem Moment überhaupt nicht, immerhin wollten sie genauso Informationen ihrer Freunde und ein wenig Feingefühl war da schon angebracht. Zumindest in seinen Augen. Gabriel schnaubte leise auf. Er wusste, dass Chamuel recht hatte, aber er hasste es, wenn man es ihm so verdeutlichte. “Und? Wirst du ihr helfen?”, wollte Chamuel dann von Haniel wissen und ein Nicken folgte. “Ich sehe keinen Grund, es nicht zu tun, wieso auch? Sie behandeln uns jetzt nicht gerade wie Könige, aber auch nicht schlecht. Ich will Ihnen helfen, zumindest soweit es unsere Möglichkeiten zulassen und ich es auch vertreten kann.” Chamuel nickte und sein Blick wanderte zu Raziel. “Sicher, dass du nicht von ihrer Sünde gekostet hast und dabei manipuliert wurdest?”, kam es leise von Uriel, der bisher noch nichts dazu gesagt hatte. “Du kannst mich gerne untersuchen”, bot Haniel ihrem Gegenüber an, was jedoch Gabriel in ein leises Lachen ausbrechen liess. “Dir ist nicht bewusst, wie sie ihr Blut übertragen, oder?” “Aber dir? Wir vertrauen uns gefälligst, es ist schon so eine schwierige Situation und wir wollen sie alle wieder loswerden, zumal Haniel recht hat, sie behandeln uns bisher ziemlich gut, also können wir auch die Antworten liefern, die wir haben. Sie sollten uns auch interessieren”, intervenierte Chamuel einmal mehr. Langsam fragte er sich, was Gabriel davon hatte, solche Fragen zu stellen. “Vielleicht bin ich einfach nicht erfreut darüber, dass permanent Haniel und Raziel befragt werden. Sie wissen doch nichts. Michael ist isoliert, aber er scheint ihnen keine Fragen zu beantworten, was mich nicht wundert, Raphael, was ist mit ihm? Er kann nichts wissen und Metatron wird sich vorher die Zunge abbeissen, ehe er ein Wort über die Vorgänge hier verliert. Sie sollten Uriel befragen, ihn und mich, wir wissen was hier abgeht, aber doch nicht Haniel und Raziel.” Chamuel begutachtete den Erzengel mit einem genauen Blick und die Worte waren nicht unbedingt die eines Engels. “Raziel war bei der Gerichtsverhandlung dabei, ebenso wie ich es war. Du warst nicht vor Ort, Gabriel, was solltest du also für Antworten diesbezüglich liefern können?”, provozierte er ihn ein klein wenig und ein weiteres Schnauben folgte. “Bestimmt genug. Was wollte dieser Tsorn von dir und was hat er dir eben noch zugeflüstert?”, fragte er Raziel leise knurrend. Seine Laune war nicht gerade die beste und er wusste selbst nicht woran dies lag. “Ziemlich dasselbe wie Bager offenbar von Haniel wollte. Er hat mich auf Michael angesprochen und dass er es ziemlich komisch findet, dass dieser offensichtlich lügen kann. Die Dämonen haben dieselbe Theorie wie wir sie haben und ich denke, sie wollen Luzifer wirklich helfen, hinter das Geheimnis zu kommen. Zumindest einige von ihnen.” “War das alles? Es ging nur um Michael?”, hakte Gabriel ein wenig intensiver nach. “Nein, es ging auch noch um eine Theorie, die ich habe, die allerdings sehr weit hergeholt ist und ich nicht bestätigen kann. Dies kann auch nur Michael und ich bezweifle ehrlich gesagt, dass er dies tun wird.” “Und um was genau für eine Theorie handelt es sich?” “Mir ist aufgefallen, dass sich die Sünden nicht alle ihrer Sünde entsprechend verhalten, was mich ein wenig zum Nachdenken gebracht hat und letzten Endes kam ich auf eine etwas abstruse Theorie. Luzifer verhält sich ebenfalls anders, anders als die Dämonen es sich gewohnt sind, was daran liegen könnte, dass er Erinnerungen an den Himmel hat, die ihn positiv beeinflussen, was wenn es einigen Sünden genauso geht? Was wäre, wenn sie abtrünnige Engel sind und sich zwar nicht an das Leben hier erinnern, aber an das Gefühl, schon einmal hier gewesen zu sein?” Die vier hörten ihm tatsächlich sehr interessiert zu und Chamuel nickte nach einer Weile. “Könnte sein, hast du ihm diese Theorie auch erzählt?” “Ja habe ich und in Anbetracht dessen, dass er mich nicht ausgelacht hat, könnte tatsächlich was dran sein. Tsorn zumindest ist schon aufgefallen, dass er sich besser unter Kontrolle hat und gar nicht das Bedürfnis hegt, auszurasten, wie er es so schön sagte. Ich glaube allerdings nicht jede Sünde ist ein Abtrünniger, aber wenn wir diejenigen finden, die es sind, dann haben wir vielleicht ganz gute Chancen, wirklich auf ihre Hilfe hoffen zu können.” Gabriel schüttelte ein wenig amüsiert den Kopf. “Und was für eine Hilfe soll das sein? Wir sind hier den ganzen Tag eingesperrt, ab und an kommt einer vorbei mit ein wenig was zu Essen und wir dürfen den ganzen Rest erledigen, was es zu erledigen gibt. Denkst du etwa, wir kommen dank denen in eine angenehmere Zelle?” Raziel schüttelte den Kopf und nun war es an ihm, Gabriel ein wenig genauer zu mustern, sein Blick fiel dann auch auf Uriel, welcher sich hingelegt hatte und beinahe einzuschlafen schien. Es stimmte hier etwas nicht und langsam glaubte er, dass nicht Haniel von Dämonenblut gekostet hat, sondern die beiden Engel hier. “Also, was nun? Woran denkst du, inwiefern können sie uns helfen?” “Wir wollen doch ebenfalls Antworten haben, oder? Wie Chamuel bereits sagte, er und ich waren bei der Verhandlung dabei und haben keinerlei Ahnung, was passiert ist. Uriel hat uns schon ein paar Dinge erzählt und weiter? Interessiert es dich nicht, woher dieser laute Knall kam? Muss ich dich daran erinnern, dass wir die gute Seite repräsentieren und die Dämonen die böse Seite, aber dass wir ohne einander nicht existieren?” “In den Köpfen der Menschen, richtig”, unterbrach ihn Gabriel genervt. “Falsch, hört das Gute auf zu existieren, dann ebenso das Böse, genauso umgekehrt. Du lebst in einer sehr schwarzen und weissen Welt und ich kann es dir nicht einmal verübeln, genauso soll unser Blickwinkel sein, aber die Vorkommnisse damals und heute, sind nicht schwarz und weiss und wir müssen, soweit es geht zusammenarbeiten, damit die Ordnung wieder hergestellt werden kann.” Raziel seufzte nach seiner Ansprache, an Gabriels Blick konnte er gut erkennen, dass dieser nicht unbedingt seiner Meinung war. “Du glaubst wirklich, die ziehen uns nicht über den Tisch? Du warst schon immer sehr naiv, aber ich werde mich der Sache nicht in den Weg stellen.” Haniel welche nur noch beobachtet hatte, seufzte leise und blickte dann geradeheraus zu Gabriel. “Beschuldigst du mich, Dämonenblut in mir zu haben, weil du selbst welches bekommen hast? Dein Verhalten, es ist so anders.” Gabriel wollte gerade auf diese Anschuldigung reagieren, als ein Räuspern ihre Aufmerksamkeit erregte. “Oh, ich wollte nicht stören, aber vielleicht sollte ich euch auch ein wenig aufklären.” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)