Broken Wings von Disqua ================================================================================ Kapitel 34: Lagebesprechung --------------------------- Grid machte sich nach dem Gespräch direkt auf die Suche nach seinen Mitstreitern. Er musste Tsorn und Bager von seinem Gespräch und seiner Entdeckung berichten, immerhin betraf es Gadles und es wunderte ihn selbst, dass er so aufgeregt war. Es dauerte eine ganze Weile, ehe er die Beiden fand. Tsorn hatte sich zurückgezogen und schien in seiner eigenen Welt zu sein, und Bager schien ebenfalls in eigenen Sphären zu schweben. Letzten Endes bekam er sie doch alle zusammen in einen Raum, wobei Tsorn schon wieder ungeduldig wirkte. “Ich wollte eigentlich meinen restlichen Tag in Ruhe geniessen”, machte er seinem Unmut ein wenig Luft und bemerkte schnell, dass dies Grid nicht sonderlich zu interessieren schien. “Habt ihr den Knall vorhin überhaupt mitbekommen?”, wollte er nach einigen Sekunden des Schweigens wissen. “Ja”, kam es zeitgleich von Bager und Tsorn und Grid blickte zwischen den Beiden hin und her. “Und wieso habt ihr nicht nachgesehen, woher er kam?”, hakte er dann ein wenig provozierender nach. “Ich habe mich auf den Weg gemacht …”, verteidigte sich Bager sogleich und Grids Blick blieb auf Tsorn liegen. “Ich nicht, hatte Besseres zu tun”, knurrte dieser beinahe ein wenig genervt und liess Grid mit den Worten leise seufzen. “Weisst du, woher dieser Knall rührte?”, lenkte Bager seine Aufmerksamkeit wieder auf sie und Grid nickte langsam. “Ja … Und es hätte ziemlich übel ausgehen können. Wir haben die Stärke eines gewissen Engels vielleicht unterschätzt, zumindest einer von uns.” Nun war Tsorn doch ziemlich interessiert und forderte Grid mit seinem Blick auf, weiter zu sprechen. “Wer?”, tat es ihm Bager dann gleich. “Michael?”, äusserte sie eine Vermutung und Grid schüttelte augenblicklich den Kopf. “Nein, wobei ich dies auch erst glaubte. Ich lief zuerst zu dessen Zelle, aber die war fest verschlossen, genauso Metatrons, diesen hatte ich danach im Verdacht. Nein, Raphaels Zelle stand offen.” “Und er selbst?” “Ist an Ort und Stelle. Lediglich die Zelle war offen und die Tür sah ein wenig eingedellt aus. Raphael sass auf seiner Pritsche und wirkte ziemlich gelassen und zufrieden, was natürlich Fragen aufgeworfen hat.” Grid genoss es gerade, wie Tsorn und Bager seinen Worten lauschten und auf die Informationen gierten. “Hast du mit ihm gesprochen?”, fragte Bager interessiert nach. “Nein, also ich wollte, aber einer der Dämonen, welche durch die Gänge patrouillieren, hat mich zur Seite gezogen. Er hat gesehen, was passiert ist und so habe ich die Zelle lediglich wieder zu gemacht. Ich denke es ist an Luzifer, darüber mit Raphael zu sprechen”, beantwortete er die Frage und warf damit direkt neue Fragen auf. “Und was hat er gesehen?”, wollte nun Tsorn ein wenig ungeduldig wissen. “Gadles”, war die kurze und knappe Antwort. “Er hat Gadles gesehen und wurde neugierig. Allerdings hatte er zu viel Angst um zu Lauschen, dennoch ging er ein oder zweimal vor der Zelle durch und versuchte etwas aufzuschnappen, nur leider ohne Erfolg. Was er allerdings mitbekommen hatte, war das auf einmal die Zellentür aufflog und Gadles rausgeflogen bekam. Der Dämon war dann ein wenig im Zwiespalt, wollte sich aber versichern das Raphael in der Zelle blieb und wollte die Tür schliessen ... “ “Moment, du hast doch gesagt, du hast die Tür offen vorgefunden?”, unterbrach ihn Tsorn ein wenig skeptisch. “Richtig, weil unser Scherge ein wenig in Panik verfallen ist. Er wollte die Tür schliessen und hat einen kleinen Blick riskiert, laut seiner Aussage hat Raphael pechschwarze Flügel, da ist er in Panik geraten und abgehauen.” “Sonderlich weit ist er nicht gekommen, wenn er dich abgefangen hat, als du die Tür schliessen wolltest”, merkte Bager kopfschüttelnd an. “Er stand wohl um die Ecke und hat die Zelle beobachtet. Doch es passierte nichts weiter, Raphael hatte nicht vor auszubrechen, sonst hätte ers getan.” “Mir stellen sich nun zwei Fragen. Wieso war Gadles bei ihm und wieso hat dieser Erzengel schwarze Flügel.” Bager nickte bei Tsorns Aussage. Genau dieselben Fragen hatte sie sich ebenfalls gestellt. “Ich habe Gadles gesucht und gefunden. Dessen Ego ist ein wenig angeschlagen, auch so wirkte er ein wenig geschwächt und er wollte auch wissen, ob ich es nicht auch spüre. Mir geht es allerdings blendend, also habe ich keine Ahnung was er gemeint hat, wobei, vielleicht war Raphaels Schlag ein wenig härter als er geglaubt hatte. Allerdings habe ich ihn aufgrund der Umstände gewarnt.” “Du hast WAS?”, fuhr Tsorn ihn augenblicklich an. “Es wäre unsere Gelegenheit, ihn endlich loszuwerden und du warnst ihn? Bist du vollkommen bescheuert?” Grid schüttelte langsam den Kopf. “Nein, bin ich nicht. Denkst du wirklich, ich will seine Arbeit auch noch machen? Ich habe ihm mitgeteilt, dass er gesehen wurde und Luzifer einen guten Grund mitteilen sollte, wieso er bei Raphael war, ganz offensichtlich ohne Erlaubnis. Er scheint ihn auch sehr provoziert zu haben. Vielleicht zieht er den Kopf noch einmal aus der Schlinge, aber das Vertrauen ist bereits angeknackst. Er wusste nichts von Mekanes und Inershas Tod, wenn er sein Liebling wäre, würde er dann nicht als Erstes informiert?” Tsorn schnaubte einmal mehr leise auf. Grids Überlegungen machten Sinn und er selbst hatte auch keine Lust, dessen Arbeit noch mitmachen zu müssen, aber es war definitiv eine Gelegenheit, die verpasst wurde. “Er wird ihm brühwarm erzählen, dass Raphael schwarze Flügel hat”, warf Bager nachdenklich ein. “Natürlich wird er das, diese Information ist seine Lebensversicherung. Vorerst. Ich glaube nicht, dass Luzifers Geduld noch sehr viel länger anhalten wird und ihm noch eine Verfehlung durchgehen lässt. Vielleicht aber ist dieses Erlebnis auch ein Weckruf für ihn, sich nicht wie ein Gott zu verhalten, auch wenn vieles aufgrund seiner Sünde passiert.” Die zwei Sünden nickten und Tsorn begann langsam im Raum auf und ab zu tigern. “Gut, also wissen wir nun ein oder zwei Dinge mehr. Hast du Gadles gesagt, dass du diese Information auch hast?” Grid schüttelte den Kopf. “Nein, habe ich nicht.” Nun war es an Tsorn zu nicken, welcher noch immer auf und ab lief. “Wieso bist du dem Knall nicht gefolgt?”, hakte Grid nun doch noch nach und verfolgte die Wut mit seinem Blick. “Ich hatte ein Gespräch mit Raziel. Dieser glaubt, dass der ein oder andere von uns ebenfalls Abtrünnige sein könnten. Lämmchen, die Luzifer gefolgt sind.” “Hat er das so gesagt?”, wollte Grid mit einem amüsierten Unterton wissen. “Nein, nein, hat er nicht. Ich denke schon eine Weile darüber nach, wieso wir uns nicht so verhalten, wie wir es tun würden. Ab und an schimmert meine Wut durch, aber ich habe nicht das Bedürfnis, wütend zu sein.” Grid nickte leicht. Ihm ging es genauso. “Ich habe schon länger das Gefühl, dass der Himmel uns wesentlich beeinflusst, aber nicht alle von uns. Glatani frisst nach wie vor alles, was er findet und Gadles Hochmut nimmt ebenfalls nicht ab.” “Sagte er dir gegenüber nicht auch, dass er sich anders, geschwächter fühlt?”, hakte Bager direkt nach. “Tat er, allerdings hatte ich das Gefühl, er meinte etwas anderes”, beantwortete er ihre Frage und Tsorn blieb einen Moment stehen. “Was wenn wir wirklich ehemalige Engel sind? Ich meine, ist es so abwegig? Wir haben oder ich habe aktuell nicht das Bedürfnis in die Hölle zurück zu wollen und mir gefällt es hier.” Bager und Grid nickten zeitgleich und mussten darüber kurz schmunzeln. “Ich will eigentlich nur wissen, wie alles zusammen spielt. Antworten auf alle Fragen finden, die sich aufgetan haben und Luzifer seinen Seelenfrieden geben. Ein Vorhaben, was jetzt nicht unbedingt für eine dämonische Aura spricht, oder?” Bager lächelte bei Grids Worten noch ein wenig sanfter und legte eine Hand auf dessen Schulter. “Eure Aura ist sowieso anders als die der anderen Dämonen, vielleicht ist an Raziels Theorie wirklich etwas dran, auch ich fühle mich hier ziemlich wohl, vermisse meine Heimat allerdings, daher denke ich, dass ich nicht von hier bin, aber irgendwie doch. Ich kann es nicht genau beschreiben, aber der Drang, euch zu helfen, ist auf jeden Fall da.” “Du hast uns schon ziemlich geholfen, allerdings denke ich, dass du dich ein wenig zurückhalten solltest. Wenn Gadles nun wirklich seinen Kopf aus der Schlinge ziehen will, wird er bei Michael nun andere Geschütze auffahren und jegliche Informationen, die er hat, verdrehen, um Antworten zu bekommen. Wir wissen, wie falsch dieser Engel ist und ich würde mich nicht auf sein Wort verlassen, nichts zu sagen. Du wirst in den Fokus von Gadles kommen, sobald Michael auspackt.”, merkte Grid ein wenig besorgt an. “Gadles wird mir nichts tun, wenn du ihm gesagt hast, was mit den anderen passiert ist. Natürlich wird er wütend werden, aber ich habe keine Angst.” Grid nickte und hielt Tsorn am Arm fest. “Lass das endlich, du machst mich nervös”, murrte er leise und brachte Tsorn leise zum Lachen. “Gut, was wollen wir als Nächstes tun, abwarten?” Grid liess die Wut auch wieder los und schien zu überlegen. Er hatte absolut keine Idee, zumindest aktuell nicht. “Haben wir sonst eine Option? Eine Quelle, die wir noch nicht angezapft haben?”, fragte Bager nach und Tsorn schien ebenfalls zu überlegen. “Ich glaube nicht. Allerdings habe ich auch keine Lust nur rumzusitzen und nichts zu tun, vielleicht sollten wir Luzifer fragen, was noch zu tun ist. Sollte Gadles ihm wirklich bereits gebeichtet haben, was er getan hat, dann will ich keine eigenmächtige Aktion starten und unsere gesamte Arbeit abwerten lassen, nur weil er wütend wird.” Tsorn bekam die volle Zustimmung, darauf hatten sie ebenfalls keine Lust, zumal sie schon mit ihrem Leben gespielt hatten. “Ich würde ihm vielleicht den Vorschlag machen, Raphael und Metatron aus ihrer Isolation zu holen?” Tsorns und Grids Blick wanderten zeitgleich auf Bager. “Du magst vielleicht nicht das Gefühl haben, von hier zu kommen, aber du handelst auch nicht mehr wie eine reine Bewohnerin der Unterwelt. Die Frage allerdings ist, wieso sollte Luzifer seine Trümpfe zu den anderen stecken?” Bager lächelte bei Tsorns Worten kurz. “Nun, Metatron war doch der Lehrer von ihnen allen, wenn er auf Luzifers Seite sein sollte, kann er vielleicht durch den alleinigen Respekt der anderen, mehr erfahren und bei Raphael sollte es klar sein. Uriel wird sich bei ihm entschuldigen …” “Das denkst du, ich glaube nicht, dass er so viel Mut aufbringt, sich ihm zu stellen, aber an sich ist der Gedanke nicht einmal so schlecht”, merkte Tsorn an. “Hm, da fällt mir ein, ich müsste noch mit Luzifer eine Theorie ansprechen, ich war vorhin auch bei den Engeln. Gabriel und Uriel haben sich merkwürdig verhalten.” “Und das sagst du uns jetzt?”, hakte Tsorn überrascht nach. “Ja, ich fand die Information mit Gadles wichtiger. Doch jetzt nach Bagers Einwurf, wäre es vielleicht interessant herauszufinden, ob die Theorie stimmt. Gabriel wirkte neidisch darauf, dass er noch nie befragt wurde und Uriel schien komplett desinteressiert an allem zu sein. Fast als hätten sie die Sünden von Mekane und Inersha übernommen.” “Das ist unmöglich”, stellte Tsorn fest. “Ist es das wirklich? Die zwei waren für diese Engel zuständig und bei Michael und Gadles passt es ebenfalls wie die Faust aufs Auge, was wenn es bei den anderen ebenfalls passt?” Bager schüttelte nun entschieden den Kopf. “Nein, Haniel hat absolut nichts von Wollust in sich, im Gegenteil, so ein reines Geschöpf habe ich noch nie getroffen.” “Und doch passt es, gehen wir mal weg von unseren Regeln oder denen der Engel und wenden uns denen der Menschen zu. Liebe und Lust, sie geht bei denen meistens einher, wird oft sogar miteinander verwechselt oder als Ausrede abgetan.” Bager schien tatsächlich über die Worte nachzudenken und musterte Grid dabei ein wenig genauer. “Okay, vielleicht gibt es da eine kleine Parallele, aber es scheitert bei mir schon bei Mekane und Inersha. Wieso sollten Gabriel und Uriel deren Gegenstücke sein?” Grid überlegte nun selbst und hatte auf die schnelle auch keine Idee. “Die Verkündung, welche Gabriel darstellt, könnte schon mit Neid in Verbindung gebracht werden. Er könnte Dinge verkünden, die er gerne für sich hätte und nicht anderen zugestehen will. Die Offenbarung kann auch mit Trägheit verbunden werden. Dinge zu sehen und anderen zu zeigen, macht dich faul, es selbst zu erforschen und herauszufinden. Es ist vielleicht ein wenig weit hergeholt, aber es macht Sinn”, warf Tsorn seine Theorien ein. “Dann hätten wir vier von sieben”, stellte Bager fest. “Chamuel ist genauso einfach zu erklären. Er stellt die Harmonie dar und Glatani ist sein Aufpasser, nun, er wäre für ihn zuständig. Wenn wir wieder in die Menschenwelt gehen, dann kann Völlerei auf alles zutreffen, aber wenn alles harmonisch ist, grosse Feste, dann wird richtig zugeschlagen, was Essen und Trinken angeht.” “Das ist aber sehr weit hergeholt Grid. Ich kann den Gedankengang verstehen, aber wenn die zwei letzten auch so weit hergeholt sind, dann ist die Theorie aktuell noch ein wenig schwammig”, warf Tsorn mit einem Grinsen ein. “Nun, ich befürchte, das wird sie sein. Raziel und du, ich sehe die Wut nicht bei ihm. Ich hätte ihm eher Mekane zugeteilt, neidisch zu sein, nichts sagen zu dürfen, alles für sich behalten zu müssen. Da finde ich Wut weit hergeholt.” Tsorn schüttelte jedoch den Kopf. “Tatsächlich nicht. Geheimnisse zu wahren ist eine unglaubliche Bürde, egal in welchem Ausmass. Ich kann mir gut vorstellen, dass er ab und an wütend auf Gott ist oder allgemein die Wut in ihm hochkocht, weil er vielleicht kleinste Probleme lösen könnte, wenn er denn nur etwas sagen dürfte. So abwegig ist diese Theorie in dem Falle nicht.” Grid nickte und seufzte augenblicklich. “Dann passt nur Raphael nicht. Habgier? Ich habe nur kurz mit ihm gesprochen und er wirkte alles andere als habgierig, auch dass er all die anderen schützt …” Er konnte sich darauf wirklich keinen Reim bilden und auch Tsorn schien einen Moment lang ratlos zu sein. “Okay, ich werfe eine komplett neue Theorie in den Raum. Wenn wir alles berücksichtigen, was wir bisher wissen, was wäre, wenn Raphael gar kein Schutzengel sein sollte? Ich weiss ihr habt kein Auge für so etwas, aber habt ihr euch seinen Körperbau mal angesehen? Im Vergleich zu den anderen Engeln ist er ziemlich gross und muskulös. Er hat den Körper eines Kriegers.” Die beiden Männer seufzten und Bager schüttelte den Kopf. “Nein, ich denke nicht mit meiner Libido, unterstellt mir das nun bloss nicht. Er ist grösser und seine Schultern sind breiter als die von Michael, er ist ein Krieger, was wenn er auf dem falschen Platz ist?” Tsorn und Grid schauten sich einen Moment lang an. “Und das erklärt die Habgier nun weil?”, kam es wie aus einem Mund. “Vielleicht ist die Habgier nicht in diesem grossen Ausmass zu suchen. Ich denke, es ist etwas Kleines, was sich jeder wünscht. Frieden, in seinem Fall vermutlich ein innerer Frieden.” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)