Broken Wings von Disqua ================================================================================ Kapitel 39: Selbstüberschätzung ------------------------------- «Ich weiss, ich bin nicht in der Lage eine Forderung zu stellen, aber würdest du diese mit mir teilen? Wir sitzen an sich doch im gleichen Boot.» Gabriels Stimmung hatte sich aus dem Nichts gewandelt. Erst abweisend und ablehnend und nun interessiert und freundlich? Irgendetwas stimmte mit diesem Engel nicht und Grid hatte ein ganz komisches Bauchgefühl und dennoch würde er ihm die Vermutung preisgeben. Vielleicht würde er sich verplappern, oder mit den anderen Engeln eine Diskussion entfachen, die früher oder später wieder bei ihnen ankommen würde. Vermutlich würde es Tsorn dann ausbaden dürfen, aber schliesslich machte er hier gerade die Hauptarbeit, während dieser ein Pläuschchen mit Metatron hielt. «Es wirkt für mich aktuell so, als wenn Gott es tatsächlich geplant hat. Ich kann es mir nicht erklären, aber irgendwie will er seine Fehler gerade rücken, aber er selbst kann es nicht tun und benutzt uns, euch, dafür. Vermutlich sitzt er irgendwo und schaut dem Treiben zu, saugt die Informationen in sich auf und überlegt, wie er alles erklären kann, oder bestrafen, je nachdem, was noch ans Licht kommt. Vielleicht denkt er aber auch wirklich, es regelt sich von selbst und wir oder ihr bestraft die Schuldigen direkt selbst. Ich weiss es nicht, aber es wirkt alles viel zu einfach.» Grid war sich wirklich nicht sicher, aber es wirkte wirklich zu glatt. Sie konnten ohne Probleme in den Himmel eindringen und sollte Gott von diesem Riss gewusst haben, war es definitiv kein Versehen. «Nur, Gott weiss alles, wie kommt er dann nicht hinter die Fassade seines angeblichen Lieblings?» Eine Frage, die sich Grid einfach nicht beantworten konnte und auch Gabriel schien komplett überfordert mit seinen Worten zu sein. «Egal, denkt mal darüber nach. Wieso ich aber eigentlich hier bin, ist ein ganz anderer Grund und ich denke, du kannst mir dabei auch noch helfen, ansonsten war es nur zum Teil eine Zeitverschwendung.» Grid war es leid still zu stehen und wanderte dann doch ein wenig vor Gabriel hin und her. Vielleicht wollte er diesen auch einfach noch ein wenig nervöser machen, als er es sowieso schon war, wobei, gerade wirkte er ruhiger, als noch zuvor, auch wenn er nicht wirklich mit ihm sprechen wollte. «Normalerweise stehe ich nicht so auf Monologe, aber es ist auch mal sehr angenehm, wenn man mir nicht permanent dazwischen quatscht. Ihr Engel seid wirklich höflich und zuvorkommend, aber da ich dich nun wirklich nicht länger aufhalten will, komme ich am besten direkt zum Punkt.» Und wieder machte Grid eine Pause, um Gabriel zu beobachten. Es war spannend und interessant zugleich. Er wurde nervöser. «Ich habe die ein oder andere Frage zu euren Lehrmeistern. Metatron und Raziel», fing er dann auch an zu erzählen, worauf er eigentlich hinaus wollte. «Wir hatten noch mehr als nur die Zwei», unterbrach Gabriel ihn jetzt doch und hatte Grids Aufmerksamkeit auf sich. «Interessant, aber mich interessieren tatsächlich nur die Zwei, schliesslich scheinen sie ja die Oberlehrer gewesen zu sein und euch am meisten beigebracht zu haben, was für euer Erzengel Dasein wichtig war.» Gabriel nickte aufgrund dieser Worte. Grid war gerissen und das machte ihn vermutlich sehr gefährlich und dennoch hatte er das Gefühl, dass er sich wirklich interessierte. Es ärgerte Gabriel tatsächlich, wenn er seinen Freunden recht geben und seine Zweifel ein wenig beiseite schieben musste. «Ab wann waren sie für euch zuständig? Als ihr auserwählt wurdet?», hakte er nach und es folgte ein weiteres Nicken. «Und wer hat wen unterrichtet?» Gabriel schien einen Moment lang nachzudenken, was Grid nun allerdings ein wenig ungeduldiger werden liess. «Heute noch?», kam es nach einer Weile und er setzte sich tatsächlich wieder vor Gabriel hin, fixierte ihn ein wenig eindringlicher. «Ich weiss es nicht so genau, wir waren bei beiden, da sie in vielen Bereichen einfach sehr gut ausgebildet waren und sind.» «Gab es Unterschiede?» Es konnte nicht sein, dass jeder Engel die gleiche Ausbildung genossen hatte. Dies kaufte er Gabriel definitiv nicht ab. «Ich weiss es nicht mehr», kam es erneut von dem Erzengel und Grid spürte, dass dieser nicht ehrlich zu ihm war. Engel konnten sich um die Wahrheit drücken, solange sie ausweichend antworteten. Eine Erkenntnis, die ihm ein Lächeln auf die Lippen zauberte und sich anschliessend wieder erhob.»Nun denn, es war wohl doch ein Fehler, sich mit dir zu unterhalten. Luzifer hatte recht, du weisst rein gar nichts. Schade.» Er beförderte Gabriel wieder zu den Anderen und verabschiedete sich höflich, wie er war auch wieder. Vor der Zellentür allerdings fluchte er leise vor sich hin. Er hatte zwar nicht das erfahren, was er wissen wollte, aber Gabriel hatte mit seinem Schweigen mehr ausgesagt, als er eigentlich wollte und es war nun an Bager und Tsorn noch mehr herauszufinden und irgendwie glaubte er zu ahnen, wie Luzifer in Zukunft auf Gabriel reagieren würde. Mit dem Gedanken ging er dann auch aus dem Zellentrakt und in sein eingenommenes Zimmer. Er brauchte ein wenig Ruhe und er musste seine Gedanken ordnen, ehe er Luzifer Bericht erstattete. Bager war sichtlich verwirrt von Gadles Worten, was diesen einmal mehr ein wenig breiter grinsen liess. Sie war interessiert, gut, sie hatte absolut keine Wahl, aber es war besser, wenn sie mitspielen würde. «Gut, du wirst dich in Raphael verwandeln und ich werde ihm zeigen, dass sein geliebter Raphael alles mit sich machen lässt.» «Du wirst mich auch nicht anfassen», stellte Bager direkt klar und bekam ein Kopfschütteln zur Antwort. «Natürlich werde ich das nicht tun, es wird zumindest nicht so weit kommen, aber versprechen tue ich dir in diesem Punkt absolut nichts.» Bager wurde nun doch ein wenig skeptischer. Doch beschloss sie vorerst nichts zu sagen. «Gut, was ist dein Plan?» «Du meine Liebe, verwandelst dich jetzt in Raphael und dann», er machte eine kurze Pause und zauberte aus dem Nichts Fesseln hervor. «Werde ich dich fesseln und mit ihm in die Zelle gehen.» «Wäre es nicht schlauer, ich mache das erst, wenn wir vor seiner Zelle stehen? Wenn du mit mir als Raphael durch den Palast läufst, sind wir tot», warf Bager ein und selbst Gadles musste zugeben, dass dieser Einwand berechtigt war. «Und dann?», hakte sie nach, sie hatten schliesslich nicht ewig Zeit, sie selbst hatte noch eine Aufgabe zu erledigen und nicht wirklich Lust darauf, von Luzifer angemeckert zu werden. «Spiel dann einfach mit, du wirst merken, worauf ich hinaus will.» Dies gefiel Bager überhaupt nicht, aber sie hatte zugesagt und würde es durchziehen, wobei ihr der Gedanke kam, dass Gadles hier kein faires Spiel spielte, aber das konnte sie auch. Sie trat dann aus dem Zimmer und ging in die Richtung der Zelle, es war absehbar, dass Gadles ihr folgte, schliesslich war es sein Plan und ohne ihn konnte sie ihn nicht durchführen, wusste sie noch nicht einmal, was er genau vorhatte. Vor dieser angekommen, wartete sie einen Moment und schaute sich ziemlich gründlich um, jetzt erwischt zu werden, war vermutlich auch ihr Todesurteil, egal wie hilfreich sie bisher war. Kaum hatte sie sich verwandelt, legte ihr Gadles bereits die Ketten an und sie spürte sofort, wie ihre Kraft ein wenig schwand. Sie hatte es geahnt und nun hoffte sie, dass Michael kein absoluter Vollidiot war. Gadles war es offensichtlich. Gemeinsam betraten sie die Zelle, wobei Bager eher in diese geschubst wurde und aufpassen musste, nicht zu stolpern. Michael schien dies erst nicht zu interessieren, vermutlich war er selbst ziemlich erschöpft und hatte auch nicht mit Besuch gerechnet. Ein Fakt, den Gadles zu stören schien. «Hör auf so zu tun, als würdest du nicht bemerken, dass ich hier bin», begrüsste er ihn ein wenig harsch und selbst Bager war ein klein wenig überrascht. Da benötigte wohl wer Aufmerksamkeit. «Hab dir auch was mitgebracht», führte er die Begrüssung fort und schubste Bager in Michaels Richtung. Nun hob dieser auch seinen Kopf und war definitiv überrascht Raphael zu sehen und wollte auch direkt aufstehen, um diesem irgendwie zu helfen. Doch wurde Bager von Gadles zurückgezogen und fiel praktisch in dessen Arme. «Nicht so schnell, lieber Michael.» Gadles Grinsen wurde noch ein wenig breiter, als es sowieso schon war und Bager hatte mittlerweile wirklich das Gefühl, dass es hier nicht um Informationen ging. Dennoch spielte sie mit und versuchte sich von Gadles zu lösen, was aufgrund der Fesseln natürlich nicht wirklich gelang. «Weisst du, wir hatten bald alle Spass mit ihm und ich denke, du willst bestimmt auch nochmals, oder?» Michael stand nun wirklich auf, kam aber aufgrund seiner Fesseln nicht wirklich weit. Dabei fiel ihm eine kleine Tatsache auf, die definitiv nicht stimmen konnte. Dennoch wurde er wütend auf Gadles, allein die Tatsache, dass er so abwertend über Raphael sprach, reichte aus. «Die Ketten sind zu stark, als dass du zu mir kommen und ernsthaft was ausrichten könntest. Doch ich bin so fair und werde auf meinen Spass verzichten, wenn du nur endlich reden würdest. Es ist ganz einfach, du gibst mir die Informationen, die ich will, und er bleibt verschont. Dieses Mal zumindest.» Um seine Worte zu unterstreichen, fing Gadles an, mit seiner freien Hand über Bagers Bauch zu streicheln und wanderte langsam aber sicher ein wenig tiefer, was Michael ein leises Schnauben entlockte. Er war sich zwar nicht vollkommen sicher, aber glaubte er tatsächlich, dass Gadles bluffte und vor ihm definitiv nicht Raphael stand. Nur brauchte er dafür einen sicheren Beweis und den konnte er nur bekommen, wenn Gadles sein Spiel weiter spielte. «Nichts? Nun, mich stört es nicht», stellte Gadles überheblich fest und kettete nun Bager mit dem Gesicht zur Wand, entledigte dabei ihre Klamotten und strich ihr nun über den Rücken, langsam runter zu ihrem Hintern. Eine Tatsache, die sie störte und hoffte, Gadles würde es nicht durchziehen oder Michael vorher einbrechen. Von diesem kam allerdings nur ein überhebliches Lachen und er setzte sich wieder hin, machte es sich praktisch bequem und schaute Gadles einfach nur dabei zu. «Es stört dich nicht, wenn ich ihn gleich ficke?», kam es amüsiert von Gadles, welcher allerdings nur seine Unsicherheit zu verbergen versuchte. Er war sich sicher, dass Michael ausrasten würde. Er hätte sogar ziemlich viel darauf verwettet. «Mach doch was du willst, du hältst mich auch für besonders dämlich. Wen auch immer du gerade befummelst, es ist mit Sicherheit nicht Raphael.» Nun war Gadles definitiv völlig aus dem Konzept und liess von Bager ab, was diese erleichtert ausatmen liess. «Du versuchst gerade zu bluffen, hm? Tust, als würde es dich kalt lassen, aber vermutlich kochst du innerlich, aber das funktioniert nicht. Ich durchschaue dich besser als jeder andere, vergessen?» Michael schnaubte leise bei Gadles Worten und blickte nun direkt in dessen Augen. «Denkst du?», kam es kühl von Michael und war von dem wütenden Funkeln in Gadles Augen ein wenig fasziniert. «Weiss ich, aber da du dir so sicher bist, wieso ist das hier deiner Meinung nach nicht Raphael?» Es interessierte Gadles natürlich, wieso Michael so überzeugt davon war, hier nicht den echten Raphael vor sich zu haben. «Er ist zu klein», stellte Michael lediglich fest und meinte ein leichtes Aufblitzen in Gadles Augen zu sehen. «Ausserdem fehlt eine Narbe auf seinem Rücken.» Gadles Blick wanderte augenblicklich zu Bager und er versuchte sich daran zu erinnern, ob er selbst eine Narbe festgestellt hatte. Doch ging bei ihm alles viel zu schnell, als dass er darauf wirklich geachtet hätte. «Ahja», kam es stattdessen eher nachdenklich von Gadles, ehe er sich wieder Michael zuwandte. «Und woher weisst du so genau, wo er Narben hat?», hakte er nach und fixierte den Engel mit seinem Blick. «Weil er sie von mir hat», beantwortete Michael die Frage seelenruhig, was sogar Gadles kurz stocken liess. Er ging dann auch wieder zu Bager und löste ihre Ketten und gab ihr die Klamotten zurück. Der Plan war offensichtlich gescheitert und daher musste sie ihr Schauspiel auch nicht länger durchziehen. «Verzieh dich, ich kümmer mich anderweitig um ihn», knurrte er leise. Dabei war er nicht sauer auf sie, sondern auf sich selbst. Er hatte den Plan nicht durchdacht und Michael war viel zu fit, um darauf reinzufallen. Er hätte ihn davor schon ein wenig in Mitleidenschaft ziehen sollen. Kaum war Bager verschwunden, widmete sich Gadles auch wieder Michael. Er war sich nur leider überhaupt nicht sicher, was er jetzt tun sollte. Michael war nun eine Gefahr für ihn. Eine ziemlich grosse Gefahr. Sollte dieser bei einer der anderen Sünden oder gar Luzifer reden, war er so gut wie tot. Dazu kam, Bager war nun auch ein Risikofaktor und er musste ihr vertrauen. Sie schien einen besonderen Schutz zu geniessen und er wollte definitiv nicht noch mehr Ärger, als er sich eh schon aufgehalst hatte. Demnach musste er sich erst einmal um Michael kümmern. Die Frage war nur, wie. «Ich bin beeindruckt», lobte er ihn erst einmal. Michael hatte seine Wesenszüge. Lob würde er aufsaugen wie ein Schwamm Wasser. «Ich so gar nicht. Bisher dachte ich, du hättest was drauf, aber mir eine Illusion vorzusetzen?» Gadles grinste lediglich, kam Michael noch ein wenig näher und suchte seinen Blick und hielt diesen aufrecht. «Dann bin ich doch cleverer als du. Der Plan ging schief, aber du bist schon auf diese Illusion reingefallen und hast dich von ihr verarschen lassen. Schade, dass du jetzt bei zu klarem Verstand warst, aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt.» Gadles konnte beobachten, wie Michaels Blick immer finsterer wurde und er ihm am liebsten an die Gurgel gegangen wäre. Doch hielt er genug Abstand und er glaubte, noch etwas anderes in Michaels Blick erkennen zu können. «Interessant», stellte er lediglich fest und setzte sich dann provokant neben ihn. «Ich werde dich umbringen», knurrte Michael leise, tat allerdings nichts dergleichen, obwohl er an ihn rangekommen wäre. «Dann stell dich hinten an», entgegnete Gadles überheblich und erntete ein erneutes Knurren. Wie ein wildes Tier. Vermutlich war Michael genau das, ein wildes, ungezähmtes Tier. «Ich werde mir meine Hände nicht an dir schmutzig machen, aber ich werde der nächsten Person, die hier reinkommt, alles erzählen, was dich angeht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass dein Vorgehen nicht dem von Luzifer entspricht.» Michael spuckte den Namen seines Bruders beinahe aus, aber für Gadles war dies eine ziemlich wichtige Information. Für ihn stand fest, dass die nächste Person selbstverständlich Bager sein würde. Nach wie vor, in der Hoffnung, sie würde ihn auch nicht verraten. «Tu, was du nicht lassen kannst, aber seien wir ehrlich, bisher war ich immer nett zu dir, wenn ich dürfte wie ich wollte, wärst du in einem ganz anderen Zustand.» Gadles stand wieder auf und verliess die Zelle. Er musste Bager finden und mit ihr sprechen und gleichzeitig hoffte er, dass vorher niemand Michael besuchen wollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)