Broken Wings von Disqua ================================================================================ Prolog: -------- Es war vorbei. Der Himmel war eingenommen und unzählige Dämonen sperrten unzählige besiegte Engel in provisorische Gefängnisse. Wie konnte es soweit kommen? Wie konnten die Dämonen, allen voran Luzifer, so die Oberhand gewinnen und die so stolzen Engel in die Knie zwingen? Luzifer schritt über das Schlachtfeld und begutachtete sein Werk. Nichts erinnerte an den strahlenden Himmel. Überall lagen Trümmer herum und die gefallenen Engel zierten den Boden des so stolzen Himmelreiches. Sie hätten es einfacher haben können, sich direkt ergeben und sich seiner Macht unterwerfen, aber sie mussten kämpfen und nun eine bittere Niederlage einstecken. Und doch war er nicht zufrieden. Er hatte den Krieg gewonnen, den Himmel eingenommen, aber Gott hatte er nicht besiegt. Genauer gesagt, er hatte keine Ahnung, wo sich dieser befand, hatte dieser sein Volk im Stich, sich selbst überlassen und ein wenig imponierte ihm der Kampfgeist der Zurückgelassenen. Es minderte jedoch nicht seinen Ärger über Gott. Dieser Krieg sollte seine Rache werden, seine Genugtuung und nun? Er hatte gesiegt, doch von der Genugtuung war er weit entfernt. "Luzifer? Was sollen wir mit all den Engeln machen?", wollte einer seiner Generäle wissen und wurde eiskalt von ihrem Regenten ignoriert. Dieser schritt mit grossen Schritten auf den Palast zu, welcher beinahe unversehrt geblieben war und wollte diesen betreten, als ihn einer seiner Generäle erneut zurück hielt. "Wir haben hier ein kleines Platzproblem. Wir haben so viele Gefangene, die Kerker des Palastes reichen nicht aus und unsere improvisierten Gefängnisse laufen über, was sollen wir tun?" Luzifer seufzte ein wenig entnervt auf. Er hatte andere Probleme, er musste Gott finden, um diese Sache zu beenden. "Macht mit ihnen, was ihr wollt. Diejenigen, die zu schwer verletzt sind, tötet sie, wir brauchen keinen Ballast." Er hatte nicht vor, den Samariter zu spielen, die Verletzten zu pflegen und sie wieder aufzupäppeln, nicht einmal seine eigenen Leute kamen in den Genuss dieses Services. "Euch ist bewusst, dass auch einer der Erzengel schwer verletzt wurde?", wollte sein General mit einem fiesen Grinsen auf den Lippen wissen. Einen Erzengel zu töten wäre genau nach seinem Geschmack. Diese überheblichen Engel, die sich über sie alle stellten, gingen jedem Dämonen gegen den Strich. "Es werden keine Erzengel getötet. Ich hoffe, ihr habt euch an meine Anweisungen gehalten und jeden einzeln in einer Zelle untergebracht. Sie sollen keine Chance haben, ihre Kräfte zu vereinen. Sie sind nach wie vor sehr stark und auch wenn Gottes Abwesenheit sie ein wenig schwächt, ihr solltet sie nicht unterschätzen. Nicht eine Sekunde." Der General nickte leicht und wies zwei seiner Männer an den Auftrag ihres Bosses auszuführen. "Was sollen wir mit dem Erzengel machen? Ihn aufpäppeln und den Zorn unserer Leute auf uns ziehen? Luzifer, es sind so viele Dämonen verwundet und dem Tode nahe. Sie würden es nicht verstehen, wenn du einen Engel bevorzugst." Luzifer zuckte lediglich mit den Schultern und betrat den Palast Gottes. Ihm war es eigentlich egal, was seine Dämonen von ihm hielten. Er hatte sie nicht gezwungen ihm zu folgen, es war ihre Entscheidung, dem Teufel in den Rücken zu fallen und diesen Krieg mit zu bestreiten. "Es ist jedem selbst überlassen, ob er hier bleibt und weiter mit mir kämpft oder ob er zurück in die Hölle will. Ich zwinge euch nicht. Ich führe meinen Kampf auch alleine weiter." Der General folgte seinem Boss und überholte ihn, um sich vor ihm aufzubauen. Die Gleichgültigkeit, die Luzifer teilweise an den Tag legte, war ihm ein Dorn im Auge. Sie folgten ihm, weil sie ihm vertrauten und weil sie sich sicher waren, dass dieser wusste, was er tat. In diesen Momenten waren sie sich jedoch nicht mehr wirklich sicher und diese Unsicherheit hatte ihnen Luzifer zu nehmen. "Was ist der weitere Plan? Ich muss euren Männern Anweisungen geben." Luzifer schob den kleineren Dämon zur Seite und musterte ihn ein wenig missgünstig. Konnte er nicht einfach seine Ruhe haben und sich erst einmal sammeln? "Tötet die schwer verwundeten Engel, die Restlichen behaltet ihr gefangen. Die schwer verletzten Dämonen schickt ihr ins Höllenreich zurück, die Übrigen brauche ich hier. Der Kampf ist noch nicht vorbei, nicht solange Gott nicht gestürzt ist, hast du mich verstanden?" Der General nickte leicht und wollte sich auf den Weg machen die Befehle auszuführen, wurde von Luzifer jedoch zurück gehalten. "Bring mich zuerst zu Metatron, ich habe ein Wörtchen mit ihm zu wechseln." Kapitel 1: Tsorn ---------------- "Muss ich wirklich mit?", wollte der niedere General wissen. Luzifer verdrehte die Augen für einen Moment und wandte sich von seinem Diener ab. "Kümmer du dich um die Verletzten, sofern du damit nicht schon überfordert bist. Ich nehme mir wen Kompetenten mit." Luzifer wandte sich ab, noch ehe er eine Rechtfertigung zu hören bekam. Ihn interessierten die Ausreden seiner Gefolgschaft nicht, sie hörten oder sie liessen es bleiben. Die Konsequenzen würden sie irgendwann zu spüren bekommen. Jetzt allerdings hatte er absolut keine Zeit und keine Lust, sich damit zu beschäftigen. Auf dem Weg in den Kerker lief er Tsorn über den Weg. Einer seiner hohen Generäle, eine der Todsünden. "Mitkommen!" Tsorn, liess den kleinen Dämonen, welchen er gerade in der Mangel hatte, einfach fallen und folgte seinem Boss. "Ich hoffe, du hast einen guten Grund, wieso ich mitkommen sollte, ich war gerade beschäftigt." Luzifer grinste lediglich und musterte Tsorn kurz. "Hm, du schreist den ganzen Tag nur kleine Dämonen an und zwingst sie irgendwas zu tun, worauf sie keine Lust haben, das nenne ich jetzt nicht unbedingt beschäftigt sein." Tsorn murrte kaum hörbar und schloss zu Luzifer auf. Sie waren zwar nicht direkt auf Augenhöhe, jedoch wusste er, dass dieser grosse Stücke auf seine Todsünden hielt und wenn er ihn dafür auserwählte, musste es schon wichtig sein. "Wer hat mir denn ausgerechnet diese der sieben Sünden gegeben? Ich hab sie mir nicht ausgesucht! Also, lebe damit, dass ich kleine Dämonen anschreie." Luzifer schüttelte lediglich den Kopf. Jetzt mit Tsorn zu diskutieren, war eindeutig noch weniger in seinem Interesse, als es mit einem anderen zu tun. Es würde eh nur damit enden, dass sie sich beide anschrien und er am Ende die Bosskarte ausspielen würde und die Diskussion im Keim erstickte. Daher konnten sie es sich direkt sparen. "Wohin gehen wir eigentlich?", wollte die Wut nach ein paar weiteren Schritten wissen. "In den Kerker. Wobei ich kaum glaube, dass du mir bei Metatron tatsächlich eine Hilfe sein wirst, aber dann muss wenigstens nicht ich rumschreien." Tsorn knurrte einmal mehr kaum hörbar. Manchmal würde er Luzifer gerne gegen eine Wand klatschen und ihm so richtig die Meinung geigen. Er konnte doch nichts dafür, dass er dauernd wütend war. Er hatte sich diese Sünde nun wirklich nicht ausgesucht und es nervte ihn wirklich, dass Luzifer ihn dauernd damit aufzog. Dabei war er doch schuld. "Ich hör das", stellte Luzifer weiterhin schmunzelnd fest und begab sich gemeinsam mit Tsorn eine Etage tiefer und somit in den Kerkerbereich des Palastes. "Wieso haben Engel eigentlich ein Gefängnis?" Luzifer blieb einen Moment überrascht stehen und schaute sein Gegenüber ebenso an. Die Frage hatte er sich selbst nie gestellt. Er selbst hatte den Kerker nie zu Gesicht bekommen, nicht einmal als er selbst sein Verfahren bekommen hatte. "Vermutlich soll es gar nicht als Gefängnis dienen, sondern ist insgeheim die persönliche Lustkammer Gottes. Sollte es dich interessieren, kannst du Raziel ja fragen, er kennt so ziemlich jedes Geheimnis Gottes." Luzifer zuckte mit den Schultern. Es war ihm eigentlich egal, wieso die Engel einen Kerker hatten oder seit wann sie ihn besassen. Er war nur froh, damals nicht selbst in diesem gewesen zu sein. "Erinnert es dich an früher?", wollte Tsorn nach einem Moment der Stille wissen. "Ich war nie im Kerker, also, nein." Luzifer wollte nicht über die Vergangenheit sprechen. Er hatte schon ein komisches Gefühl, seit er den Himmel wieder betreten hatte, als würden ihn Erinnerungen heim suchen, die er vergessen oder gar verdrängt hatte. Bisher konnte er sie ausblenden und ignorieren und er hoffte sehr, dass er dies auch weiterhin tun konnte. "Ich wäre dir auch sehr verbunden, nicht in meiner Vergangenheit als Erzengel rumzustochern, sie interessiert mich nicht mehr und ich bin lediglich hier, um meine Rache zu üben, nicht um hier wieder heimisch zu werden. Damit wir uns verstanden haben, Tsorn." Der General erwiderte auf die Worte nichts. Er war nicht gerade sehr einfühlsam, aber dumm war er definitiv auch nicht und er spürte sehr wohl, dass es Luzifer nicht komplett egal war. "Dann sollten wir vielleicht endlich zu Metatron, auch wenn ich mich frage, wieso ausgerechnet zu ihm und nicht zu Raziel, wenn er doch jedes Geheimnis Gottes kennt ..." Luzifer schnaubte lautstark auf und ehe es Tsorn voraussehen konnte, hatte er sich eine heftige Ohrfeige eingefangen. "Man muss den Stärksten schwächen, um an den Rest ran zu kommen, habe ich dir denn gar nichts beigebracht? Metatron ist ihr Anführer, zu ihm schauen sie auf und gehorchen ihm, jeder Befehl, jede Aktion geht über ihn, deswegen reden wir zuerst mit ihm. Raziel ist nicht unwichtig, aber er würde eher sterben, als Geheimnisse preis zu geben, die ihm anvertraut wurden." Tsorn rieb sich ein wenig genervt die Wange und liess den Vortrag über sich ergehen. "Es wäre vermutlich einfacher, Raziels Schwachstelle zu finden und alles abzukürzen ..." In Luzifer begann es vor Wut zu brodeln. Mit einem weiteren gezielten Schlag schleuderte er Tsorn gegen eine der Zellentüren und kam ihm bedrohlich nahe. "Wenn du ein so grosses Interesse an Raziel hast, kannst du dich später gerne um ihn kümmern, aber wage es dich nicht, noch einmal meine Pläne oder mein Vorgehen anzuzweifeln, ansonsten findest du dich sehr schnell hier und in bester Gesellschaft wieder, haben wir uns verstanden?" Tsorn blickte direkt in Luzifers Augen, er liess sich von seinem Boss bestimmt nicht einschüchtern, schon gar nicht drohen und somit schob er ihn so gut es ging einfach von sich. "Ist dies ein offizieller Auftrag und somit Befehl? Ich darf mich um Raziel kümmern?", wollte er mit einem verschmitzten Grinsen auf den Lippen wissen. "Von mir aus, dann muss ich mich um einen weniger kümmern ..." Luzifer liess von Tsorn ab. Sein Interesse galt nicht seinem General, sondern Metatron, um diesen musste er sich jetzt kümmern und wenn Tsorn sich später mit Raziel befassen wollte, umso besser. Eigentlich war es gar keine schlechte Idee. Er würde einfach jedem der Erzengel einen seiner Generäle zuweisen und sich somit ziemlich viel Arbeit ersparen. "Ich werde dich nicht enttäuschen, Luzifer:" In Tsorns Augen blitzte es auf und Luzifer kam kurz der Gedanke, dass es vielleicht doch keine so gute Idee war, aber Tsorn würde sich an seine Anweisungen halten, er vertraute ihm. "Nun, du solltest mich jetzt erst einmal bei Metatron unterstützen, sofern du dich noch auf diese Aufgabe konzentrieren kannst ..." Tsorn grinste einmal mehr und ging mit grossen Schritten voran. Wohlwissend, dass er keinerlei Ahnung hatte, wo sich die Zelle des obersten Generals der Engel befand. Luzifer schüttelte nur seinen Kopf und folgte Tsorn gemächlich, zumindest solange, bis er aus einer der Zellen ein leises Ächzen hörte. Für einen Moment blieb er stehen und wollte sich an dem Leiden des Engels erfreuen, allerdings öffnete sich die Zellentür und einer seiner Dämonen kam ihm entgegen. "Luzifer, wir sollten doch schauen, dass die Erzengel alle überleben, ich fürchte nur, dass es bei ihm nicht unbedingt möglich ist." Mit einer kurzen Handbewegung deutete er auf die Zelle, aus welcher er eben kam und wurde sogleich von Luzifer zur Seite geschoben. "Ihr solltet jedes Mittel einsetzen, um sie am Leben zu erhalten, JEDES", donnerte Luzifer und betrat die Zelle. Der Anblick, welcher sich ihm bot, liess ihn kurz schlucken. Eigentlich sollte er sich darüber freuen, einen seiner ehemaligen Weggefährten so zu sehen, angekettet und körperlich geschwächt. Doch aus irgendeinem Grund erfüllte ihn dieser Anblick mit einem leichten Schmerz. "Luzifer? Vielleicht solltest du dich ihm annehmen, deine Kräfte sind bei weitem stärker als unsere ..." Luzifer drehte sich zu dem Dämonen um und wies ihn an, die Zelle zu verlassen. "Sag Tsorn, ich komme gleich, ich muss mich eben um ihn hier kümmern und ich will die nächsten paar Minuten nicht gestört werden, verstanden?" Der Dämon nickte kurz und tat wie ihm aufgetragen. Luzifer hingegen ging auf den Erzengel zu und liess seinen Blick über den geschändeten Körper gleiten. "Wie konntest du es soweit kommen lassen, Raphael? Gerade du? Du hast die stärksten Selbstheilungskräfte von allen und ausgerechnet du bist derjenige, der kurz vor dem Tode steht?" Vorsichtig, schon beinahe bedächtig, strich er ihm über die Wange und stellte für sich fest, dass er sich überhaupt nicht verändert hatte. Raphael war immer noch wunderschön, wenn nicht noch viel schöner als damals, als er ihn das letzte mal gesehen hatte. "Ich werde nicht zulassen, dass du stirbst, wir beide haben noch was zu klären." Abrupt zog er seine Hand zurück, als hätte er sich verbrannt. Er wollte nichts mehr mit der Vergangenheit zu tun haben, es konnte ihm doch eigentlich egal sein, ob Raphael starb, dann müsste er einen weniger beseitigen, und doch? "Hm." Er kam ihm wieder ein wenig näher. "Du solltest anfangen, dich selbst zu heilen, Raphael, die Alternative würde dir nicht gefallen. Auch wenn ich dir liebend gerne mein Blut einflössen würde, um dich zu meinem Sklaven zu machen, aber wo bliebe dann mein Spass?" Erneut liess er seine Hand über Raphaels Wange gleiten, langsam aber sicher auch ein wenig tiefer und somit über den verwundeten Körper. "Ein Tag, Raphael, du hast es selbst in deiner Hand, ob du leben willst oder meine Marionette sein magst." Er spürte, dass Raphael präsent war und ihm zuhörte und ihm war genauso klar, dass er sich niemals zu einem Sklaven machen lassen würde. Nicht von ihm. Mit einem zufriedenen Grinsen wandte er sich von Raphael ab und verliess die Zelle. Er wollte endlich mit Metatron sprechen. Um die restlichen Erzengel würde er sich eindeutig später kümmern. Vor der Zelle wartete Tsorn auf ihn, ebenso der kleine Dämon, welcher ihn eben über den Zustand Raphaels informiert hatte. "Wenn er morgen noch immer bewusstlos ist, ruf mich, aber ich bin guter Dinge, dass bald schon wieder Leben in ihn kehrt." Mit den Worten wandte er sich Tsorn zu und deutete diesem an, ihm zu folgen. "Welcher Erzengel ist in dieser Zelle?", wollte er neugierig wissen und erhielt keinerlei Antwort. "Luzifer! Welcher Engel ist in der Zelle, ich kann auch zurückgehen und es selbst herausfinden!" Luzifer sagte noch immer nichts, es ging Tsorn in diesem Moment nichts an. Was dieser allerdings komplett anders sah. "Na dann." Gerade als Tsorn sich umdrehen wollte, um wieder zurück zu gehen, wurde er von Luzifer festgehalten und erneut gegen eine der Wände gedrängt. "Deine Neugierde wird dich irgendwann umbringen, Tsorn. Deine Aufgabe ist es jetzt, mit mir zu Metatron zu kommen und dich dann um Raziel zu kümmern, haben wir uns verstanden? Jeder andere Erzengel geht dich nichts an, ausser ich sage es dir." Tsorn schluckte bei Luzifers Worten und nickte lediglich. Es war nicht gut, diesen wütend zu machen. Luzifer liess einmal mehr von Tsorn ab und machte sich erneut auf den Weg. "Raphael, hm?" Er konnte es einfach nicht lassen. Allerdings ignorierte Luzifer die Frage und öffnete eine Zelle am Ende des Ganges. Metatron sah um einiges besser aus als Raphael zuvor. Kurz schüttelte er den Kopf, er musste dieses Bild jetzt los werden und sich auf Metatron konzentrieren, welcher in einer Ecke sass, an der Wand angekettet und sich augenscheinlich nicht für ihn interessierte. "Du bist zwar erst der Zweite, den ich von euch hier sehe, aber im Gegensatz zu dem Anderen, bist du verdammt alt geworden, Metatron." Luzifer liess sich lässig neben ihn auf die Pritsche fallen und musterte ihn noch einmal eindringlich. "Ich werde auch nicht jünger, Luzifer, irgendwann wirst auch du dein Alter spüren, egal ob du nun Dämonenblut in dir hast oder nicht. Nur weil wir unsterblich sind, in der Mythologie der Menschen, bedeutet dies nicht, dass wir nicht altern und ja, sollte unsere Zeit abgelaufen sein, auch sterben können." Luzifer versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass Metatrons Worte ihn ein wenig zum Nachdenken anregten. "Wie viele sind gefallen?", wollte dieser nach einem Moment der Stille wissen und riss Luzifer aus seinen Gedanken. "Genug, aber ich bin nicht hier, um mit dir zu plaudern, Metatron." Tsorn murrte kurz an der Tür, er verstand Luzifer gerade nicht, sollte das hier nicht ein Verhör werden? Klang gerade eher wie ein Kaffeeklatsch unter Freunden. "Mir ist durchaus bewusst, dass du hier bist, weil du wissen willst, wo Gott sich aufhält, aber selbst wenn ich es wüsste, würde ich es dir nicht sagen." Luzifer war für einen Moment überrascht und liess sich dies viel zu deutlich anmerken. "Richtig gehört, ich weiss nicht, wo Gott ist. Allerdings bin ich mir ziemlich sicher, dass er bald zurück kommt und dich einmal mehr zurecht weist." Luzifer versuchte sich zurückzuhalten. Metatron redete gerade freiwillig mit ihm, da brauchte er keinen Druck ausüben, nur hatte er das Gefühl, dass dieser ihm etwas sehr Entscheidendes verschwieg. "Du weisst nicht, wo Gott ist, richtig? Aber einer der anderen weiss es ...", stellte er dann grinsend fest und beugte sich ein wenig zu diesem hinunter. "Du hast die Wahl, Metatron, du alleine. Sag mir, wer es weiss und ich kümmer mich nur um ihn, ansonsten wirst du leiden und jeder einzelne deiner Generäle und vermutlich fange ich dann mit Raphael an, er ist dem Tode näher als dem Leben, es wäre mir eine Freude~" Metatron schien über die Information nicht überrascht zu sein. "Dieser Idiot ..." Sein Blick glitt zu Luzifer und fing dessen Blick ein. "Ich werde dir nichts sagen, bevor ich einen meiner Jungs verrate, nehme ich die Qualen selbst auf mich." Tsorn schlug bei den Worten einmal gegen die Wand und verschaffte sich somit die Aufmerksamkeit, die er wollte. "Darf ich?", wollte er böse grinsend wissen. "Nein, wir gehen und kümmern uns später um ihn. Ich muss mit euch allen reden, trommel die Restlichen zusammen, wir treffen uns im Thronsaal." Luzifer schob sich an Tsorn vorbei und dieser überlegte es sich, seinem Boss zu folgen. Der Drang Metatron zu quälen war ziemlich gross, aber wollte er Luzifers Zorn nicht auf sich ziehen und tat, wie ihm geheissen wurde. Kapitel 2: Pläne ---------------- Tsorn schlurfte mehr durch die Gänge, als dass er wirklich energisch die restlichen sechs Todsünden zusammensuchen wollte. Irgendwie bekam er das Gefühl, dass Luzifer ihn gern für niedere Arbeiten abkommandierte. Wahrscheinlich weil er einfach der Idiot war, der gerade in seiner Nähe rum stiefelte. Vielleicht sollte er sich in Zukunft ein wenig beschäftigter zeigen und sich nicht mehr ganz so lautstark äussern, was zwar gegen seine Natur ging, aber vermutlich für seine Gesundheit ein wenig besser sein könnte. Lange dauerte es hingegen nicht, ehe er die restliche Bande im Festsaal fand. Die Engel hatten wohl genügend Zeit Partys zu schmeissen, wozu sonst benötigten sie einen solchen Saal? Er kannte nur das Höllenreich und hatte absolut keine Ahnung, wie es im Himmel eigentlich zuging. Lebten Engel wie Menschen? Oder gar wie sie? Tsorn schüttelte kurz den Kopf. Eigentlich war es lächerlich darüber nachzudenken. Aktuell taten die Engel gar nichts, ausser in Gefangenschaft um ihr Leben zu betteln. Eine Tatsache, die ihn weitaus mehr freute, als darüber nachzudenken, wie diese Geschöpfe lebten. "Schön, dass ihr euch einen faulen Lenz macht, während ich den Dummen für Luzifer spielen darf und seine Botengänge erledige. Er will uns umgehend im Thronsaal sehen. Er scheint sich da einnisten und uns eine Aufgabe geben zu wollen." Tsorn wurde erst einmal eiskalt ignoriert, was seine Laune nur noch mehr förderte. So holte er einmal tief Luft. "ICH HABE GESAGT, IHR SOLLT EURE ÄRSCHE IN DEN THRONSAAL BEWEGEN UND ZWAR SOFORT!!!!" Jetzt erst drehten sich ein paar Köpfe zu ihm um, welche nach wie vor ein wenig desinteressiert wirkten. "Nun, ich habe es euch ausgerichtet, wenn ihr bestraft werden wollt und neben den Erzengeln im Kerker vergammeln wollt. Bitte, nicht mehr mein Problem." Er war sich ziemlich sicher, dass man ihn eben durch den gesamten Palast gehört hatte und Luzifer somit auch mitbekommen haben sollte, dass er ihnen wirklich Bescheid gegeben hatte. "Komm mal runter, Kleiner. Wir haben dich schon verstanden, du regst dich einfach immer so schön auf, wenn du keine Beachtung geschenkt bekommst", kam es von Inersha, der Trägheit. Wie er sie alle hasste. "Macht doch, was ihr wollt", schnaubte Tsorn leise und stampfte nun quasi zurück zu Luzifer und in den Thronsaal. Ihr Boss wartete schon ungeduldig und es wurde nicht besser, als Tsorn erst alleine zurückkam. Gerade als er etwas sagen wollte, kamen die anderen hinter ihm her getrottet. "Denkt ihr eigentlich, ich hätte ewig Zeit? Wir wissen immer noch nicht, wo Gott ist und sobald er wieder hier sein wird, haben wir vielleicht ein Problem. Die Engel sind aktuell geschwächt, weil er nicht da ist, gerade die Erzengel. Wir haben also keine Zeit zu verlieren und ihr haltet Kaffeekränzchen? Ich kann bis hierher riechen, dass du, Glatani, den göttlichen Weinkeller geplündert hast ..." Luzifer seufzte einmal entnervt auf. Und mit diesen Generälen hatte er es wirklich geschafft, den Himmel einzunehmen. Er musste sich nun wirklich fragen, WIE er dies hinbekommen hatte. "Aber Luzifer, dir könnte ein klein wenig Entspannung auch gut tun. Lass uns den Sieg doch erst einmal auskosten, es geniessen. Ich helfe dir sehr gerne dabei", schnurrte ihm Bager auf einmal ins Ohr und liess ihre Hände über den gut gebauten Körper ihres Chefes gleiten, was diesen nur einmal mehr entnervt aufseufzen liess. "Kein Interesse. Ich frage mich, wieso du es immer und immer wieder versuchst. Es gibt genügend andere Dämonen, die du verführen kannst. Von mir aus auch Engel, tu, was du nicht lassen kannst, aber lass mich da bitte aussen vor." Während er die Worte sprach, nahm er ihre Hände und schob sie von sich. Langsam erhob er sich dann von seinem, Gottes, Thron und musterte seine sieben Generäle erst einmal eindringlich. "Ich habe eine Aufgabe für euch. Wie ihr sie ausführt, ist mir aktuell ziemlich egal. Es gibt nur eine Bedingung, für einen von euch sogar zwei. Ich teile euch nun einem Erzengel zu. Ich will Informationen, hauptsächlich über den Aufenthalt Gottes. Ihr könnt sie foltern, wie ihr wollt, aber sie müssen überleben und ich will auch noch was davon haben." Sein Blick wanderte kurz zu Bager. "Ich nehme deine Frage vorweg, ich will ungerne, dass ihr ihnen euer Blut zu trinken gebt. Sie sollten bei klarem Verstand bleiben und ich schätze eigentlich die Stärke der Erzengel als hoch genug ein, dass sie euch selbst dann widerstehen könnten, dennoch will ich nicht unbedingt, dass ihr sie versklavt. Nur wenn es absolut keinen anderen Ausweg mehr geben sollte. Und ich finde heraus, solltet ihr mich anlügen über diesen Punkt und dann wollt ihr nicht wissen, was ich mit euch anstelle." Natürlich wäre es am einfachsten alle sieben, respektive acht mit Metatron, einfach zu versklaven, aber dies wollte er seinen ehemaligen Weggefährten doch nicht antun, zumal es eh nicht bei jedem funktionieren würde. "Was ist die zweite Bedingung, nicht töten ist angekommen, aber was ist die Zweite?", wollte dann Gadles in einem für ihn typisch überheblichen Tonfall wissen. "Diese werde ich nur demjenigen von euch sagen, der für den entsprechenden Engel verantwortlich ist", gab Luzifer weiterhin genervt zur Antwort. Er kam sich vor, als wäre er in einem Hühnerhaufen, dabei war nur eine seiner sieben Generäle weiblich. "Wer kriegt wen? Du spannst uns ziemlich auf die Folter, Luzifer", wollte Grid wissen. "Eure Geduld ist auch nicht die Beste, hm? Erst einen faulen Lenz machen und nun nicht abwarten können, mit wem ihr zu tun haben werdet ... Also gut, ich persönlich werde erst einmal Metatron übernehmen, danach werde ich mich nach und nach um eure Schützlinge kümmern, daher habt ihr nur begrenzt Zeit, eure Aufgabe zu erfüllen. Wenigstens EINE Information will ich von jedem von euch, egal wie relevant sie euch erscheint, vieles kann sehr wichtig sein. Verstanden?" Die Sieben nickten kurz. Sie wollten Luzifer nun nicht reinsprechen, sie wollten einfach wissen, wer es mit wem zu tun bekam. "Nun gut, sobald ich euch zugeteilt habe, geht ihr direkt. Wir wollen ja keine Zeit verlieren. Tsorn kümmert sich um Raziel, da er mich so nett gebeten hat, will ich ihm diesen Wunsch erfüllen." Tsorn nickte kurz und verschwand direkt aus dem Thronsaal. "Glatani, du kümmerst dich um Chamuel. Vielleicht hätte ihn eher Tsorn übernehmen sollen, da er gar nicht auf Disharmonie klar kommt, aber ich denke, du bekommst dies auch hin." Glatani, die Völlerei, nickte wie Tsorn zuvor und folgte diesem aus dem Thronsaal. "Du gibst dem Vielfrass den Erzengel der Harmonie? Na das Schauspiel will ich mir ehrlich gesagt direkt ansehen ... Könnte bestimmt sehr witzig werden", mischte sich nun Mekane, der Neid, ein. "Willst du etwa lieber Chamuel? Da muss ich dich leider enttäuschen, deine Aufgabe wird Gabriel sein, ich bin mir aber ziemlich sicher, du wirst sie zu meiner vollen Zufriedenheit erfüllen." Mekane sagte dazu nichts, sondern verschwand direkt. Er wollte sich gerne um jeden kümmern, aber nicht um Gabriel. Es war doch zu einfach, einen Zugeteilten zu bearbeiten, wieso konnte er nicht einen der anderen kriegen? Luzifer kümmerte sich allerdings nicht um die Belangen von Mekane, immerhin kannte er dessen Aussetzer schon und es war klar, dass aus diesem nur der Neid sprechen würde. Es wäre egal gewesen, wen er ihm gegeben hätte. "Bager, du kannst dich sehr gerne um Haniel kümmern. Dir ist es ja egal, ob Frau oder Mann, also zeig mir, was du aus einer Frau rausbekommen kannst~" Bager grinste leicht. "Weil ich die einzige Frau bin, muss ich mich um den einzigen weiblichen Erzengel kümmern? Du bist so durchschaubar, mein Lieber, aber ich bin mir ziemlich sicher, die Aufgabe besser erledigen zu können als alle andere, denn wenn etwas in dem Leben dieser ach so himmlischen Geschöpfe fehlt, dann ist es körperliche Zuwendung und wer wäre dafür besser geeignet als ich?", wollte sie dann fast ein wenig hochmütig wissen. "Ein guter Tipp, kümmer dich NUR um Haniel, sollte ich dich bei einem der anderen Engel erwischen, wirst du Probleme bekommen ..." - "Versohlst du mir dann den Hintern?", schnurrte sie offensichtlich angeregt. "RAUS!" Luzifer rieb sich kurz die Schläfe, diese Dämonen. Manchmal trieben sie ihn wirklich in den Wahnsinn und er war froh, sie irgendwie beschäftigen zu können. "Inersha, deine Aufgabe wird Uriel sein und bitte, keine Diskussion." Inersha, die Trägheit, zuckte mit den Schultern und ging ohne ein weiteres Wort aus dem Saal. Er hatte seine Aufgabe, aber direkt um sie kümmern? Nein, er hatte Zeit. Auch ein Luzifer konnte nicht alles an einem Tag erledigen, daher würde Uriel noch ein klein wenig Schonfrist haben, zumindest was ihn angeht. "Ihr macht mich fertig. Nun zu euch beiden." Sein Blick wanderte über die beiden verbliebenen Generäle und ein weiteres Schmunzeln schlich sich auf seine Lippen. Übrig waren noch Gadles und Grid, Hochmut und Habgier. "Gadles, du kümmerst dich um Michael, sei sein Spiegel, zeige ihm auf, was seine Hochmut aus dem Himmel gemacht hat. Mir ist egal, was du mit ihm anstellst. Tu, was immer dir richtig erscheint. Wenn einer es verdient hat, dann Michael." Auf Gadles Lippen schlich sich ein ziemlich überhebliches und wissendes Grinsen. "Ich will Michael, ich will sie alle Luzifer", mischte sich Grid ein und wurde geflissentlich ignoriert. "Gadles, ich erwarte von dir sehr viel. Sobald ich mich um Michael kümmern will, will ich wirklich Fortschritte sehen." Gadles nickte. "Ist Michael nicht dein Bruder? Hasst du ihn wirklich so sehr'", wollte dieser dann neugierigerweise wissen und erhielt ein abfälliges Schnauben seines Bosses. "Nein, dieser widerliche Schleimer ist sehr vieles, aber Bruder darf er sich nicht nennen. Wir hatten mal ein sehr brüderliches Verhältnis, ehe er mich verraten und hintergangen hat, ehe er mich bei Gott verpetzte, um seinen eigenen Stand zu heben. Mir ist es schon fast egal, was mit ihm passiert, aber sollte ich ihn tot sehen wollen, dann ist es durch meine Hand. Haben wir uns da verstanden?" Gadles nickte erneut. "Nun, dann werde ich Michael mal zeigen, was es bedeutet, dich zu verärgern. Deine Wut brodelt über Jahrtausende, ich kann ihm ja mal ein wenig zeigen, was ihn erwarten wird. Du hast dafür eindeutig den richtigen Mann ausgewählt, Luzifer." Zwar nervte diesen die Überheblichkeit von Gadles, aber genau diese Todsünde stellte er nun einmal dar und er wusste, wenn er sich auf einen verlassen konnte, dann auf ihn. Natürlich konnte er sich auf alle mehr oder weniger verlassen, aber bei einigen wusste er auch, dass sie für bestimmte Aufgaben einfach nicht geeignet waren und Michael war eine ganz besondere Herausforderung. "Nun zu dir, Grid. Ich nehme an, du kannst zählen und dir sollte bewusst sein, dass nur noch einer über ist." - "Raphael", kam es direkt von der Habgier. "Ich darf Raphael quälen? Ja? Darf ich danach auch die anderen quälen? Bitte, ich will alle ..." Luzifer lächelte. "Nein, du wirst auf Raphael aufpassen. Er wird nicht gequält. Du bist derjenige, der die zweite Bedingung hat. Ihm darf nichts passieren, um ihn werde ich mich selbst kümmern. Natürlich kannst du versuchen, Informationen aus ihm heraus zu bekommen, ein wenig foltern, ok, aber nicht so, dass er seine Kräfte einsetzen muss! Er kann sich selbst heilen, es wäre also reine Zeitverschwendung." Grid wirkte enttäuscht, doch machte es Sinn, was Luzifer von sich gab. Leider. "Und wie stellst du dir das vor?", wollte dieser dennoch wissen. Er hatte nun nicht vor, die gesamte Zeit in dessen Zelle zu sitzen und ihn anzustarren. So viel Langeweile hatte er nun wirklich nicht. "Unterhalte dich mit ihm. Raphael ist ein sehr geselliger Mann, aber auch sehr stur. Du wirst es nicht einfach haben. Doch ich denke, du bekommst es hin, da bin ich mir sicher." Grid verstand noch immer nicht wirklich, was Luzifer eigentlich von ihm wollte. Er hatte sich darüber gefreut, auch ein wenig böse sein zu dürfen, seiner Natur zu folgen und nun verlangte Luzifer genau das Gegenteil von ihm. Ein wenig unfair war er ja schon. "Solltest du Hand an ihn legen, werde ich dich töten. Damit du weisst, wo deine Grenzen sind." Luzifer grinste diabolisch. Natürlich wusste er, wie sehr alle seine Generäle darauf aus waren, irgendwen quälen zu dürfen, aber Grid? Nein, dieser musste sich ein wenig zurückhalten. Er hoffte sehr, dass dieser es hinbekommen würde. "Geh nun, du hast Schonfrist, da Raphael in keinem guten Zustand ist, aber du solltest dir einen Plan überlegen, einen sehr guten Plan. Ich baue auf dich." Noch ehe Grid gehen konnte, schob sich allerdings Luzifer an ihm vorbei und legte kurz eine Hand auf dessen Schulter. Luzifer war vorerst zufrieden. Er hatte einen Plan und er hoffte sehr, dass dieser funktionieren würde. Auch wenn er sich nicht so sicher war, ob die Aufteilungen wirklich gut waren, aber er war eigentlich guter Dinge. Wichtig waren eigentlich nur Gadles und Tsorn. Von den Restlichen erwartete er nicht sehr viel. Raziel und Michael waren Gottes Schosshündchen und die beiden sollten was wissen. Die anderen waren eigentlich nur Beschäftigungstherapie und mit Glück sprang noch etwas für sie raus oder im besten Fall Informationen für ihn selbst. Sein Weg führte ihn wieder in den Kerker. Er wollte sich um Metatron kümmern und damit sollte er schnell anfangen. In seinen Augen hatten sie wirklich keine Zeit zu verlieren, da er Gott nicht traute. "Da sehen wir uns wieder, ging schneller als erwartet, hm?", begrüsste er den deutlich älteren Erzengel, welcher noch immer da sass wie zuvor. "Ich habe dich erwartet, Luzifer, vielleicht sollten wir uns in Ruhe unterhalten, über viele Dinge." Die Worte entlockten Luzifer ein Aufschnauben. Er wollte hier nicht mit Metatron plaudern, keine alten Freundschaften wieder aufleben lassen. Er wollte hier ein paar Antworten und die hatte ihm der alte Mann zu geben und wenn er ihn in ihre Folterkammer schleppen musste. Dennoch hoffte er, dass es so weit nicht kommen würde. "Ich rede, du antwortest, klar?" Kapitel 3: Metatron & Chamuel ----------------------------- Metatron schien nicht sonderlich überrascht. Luzifer hatte schon immer einen Drang dazu dominieren zu wollen und endlich sah er sich wohl in der Lage, über ihn bestimmen zu können. Sollte er in dem Glauben bleiben. Gott würde kommen und ihn einmal mehr zurecht weisen, ihm zeigen wo sein Platz war. So lange würde er ausharren und alles über sich ergehen lassen, so wahr er Metatron war. Oberster General der Erzengel. “Du hast schon bemerkt, dass ich mit dir spreche, alter Mann?”, wollte Luzifer nach einem Moment der Stille wissen. Er wirkte nicht aggressiv, im Gegenteil. Luzifer wirkte ruhig, beinahe gelassen, als ob dies für ihn ein Spiel war. “Ich höre keine Worte, die eine Frage bilden”, erwiderte Metatron ruhig und liess seinen Blick zu Luzifer wandern, hatte er diesen bis eben nicht angesehen. “Du hältst dich für ganz clever, oder?” Luzifer tigerte durch die Zelle, langsam schien er ungeduldig und nervös zu werden, dabei hatten sie noch nicht sonderlich viele Worte miteinander gewechselt. Er hatte sich wirklich nicht verändert. “Ich bin clever, Luzifel, allerdings tue ich genau das, was du von mir verlangst. Du redest, ich antworte, allerdings kann ich nicht antworten, wenn mir keine Frage gestellt wurde”, entgegnete Metatron ruhig und ohne einen Unterton in der Stimme. Der Engel meinte dies genauso, wie er es sagte. “Du …”, knurrte Luzifer leise und blieb stehen. Sein Blick ruhte auf Metatron und langsam näherte er sich diesem. “Niemals mehr, du nennst mich niemals mehr Luzifel. Luzifel ist gestorben, als ich aus dem Himmel verbannt wurde, ich bin Luzifer, auch für dich.” Metatron erwiderte Luzifers Blick. Er liess sich nicht einschüchtern, wieso auch? Zwar war er aktuell ein wenig geschwächt, aber war er Luzifer vermutlich nützlicher, als dieser jemals zugeben würde. “Keine Widerworte?” - “Du hattest mir keine Frage gestellt, Luzifer.” Ein Schnauben entkam Luzifers Kehle. Dieser Engel, dieser sture bockige Engel. Jedes Wort so wörtlich zu nehmen, am liebsten hätte er ihm den Hals umgedreht, was seiner Sache allerdings nicht gedient hätte. “Ich hätte dich Tsorn überlassen sollen”, stellte er wieder ein wenig ruhiger fest und setzte sich nun neben den Erzengel. “Wieso hat Gott euch verlassen?” - “Wieso hat er den Riss nicht geschlossen, obwohl er von diesem wusste?”, stellte Metatron die Gegenfrage und verwirrte Luzifer eindeutig. “Wie meinst du das?” Metatron lächelte. “Was hast du an meiner Frage nicht verstanden, Luzifer?” Angesprochener schnaubte leise auf. Eigentlich wollte er hier die Fragen stellen und selbstverständlich merkte er, dass dieser den Spiess umdrehen wollte und nun ihn ausfragte. “Gott, wusste von dem Riss?” - “Ich würde es nun nicht Riss nennen, sondern ein Leck, eine Spalte, die nicht geschlossen wurde, aber natürlich wusste Gott davon. Wieso er sie nicht geschlossen hat, weiss ich allerdings nicht. Vielleicht war es sein Plan, vielleicht wollte er dich hier haben, allerdings bin ich über Gottes aktuelle Pläne nicht sonderlich gut informiert.” Metatron antwortete mit einer Ruhe in der Stimme, die Luzifer innerlich kochen liess. Dieser Engel war sein Gefangener und schaffte es, ihn aus dem Konzept zu bringen. Wie würde es werden, wenn er mit Raphael zusammen war? Nein, daran durfte er nicht denken. “Du denkst nicht darüber nach, richtig?”, riss ihn Metatrons Frage aus seinen Gedanken. “Schluss jetzt. Ich bin hier her gekommen, um Antworten von dir zu bekommen und nicht mich von dir ausfragen zu lassen. Du bist gerade mein Gefangener und nicht mein Freund.” - “Ich war nie dein Freund, Luzifer. Ich war dein Mentor, dein Lehrer und ich bin über deine Entwicklung nicht sonderlich erfreut. Du hattest so grosses Potenzial und du verschwendest es, noch immer.” - “Ruhe, ich will es nicht hören. Ich wurde verbannt, ich habe hier kein Potenzial mehr, Metatron!” Dieser lächelte allerdings zufrieden. Wieso? Was hatte er gesagt, weswegen dieser so Lächeln konnte? “Du spürst es selbst, oder?” Luzifer hielt einen Moment inne. Was sollte er spüren? Was wollte dieser Mann von ihm? “Hör auf damit, Metatron! Deine Verwirrungstaktik funktioniert nicht, nicht mehr. Früher konntest du mich damit zum Nachdenken anregen, aber heute nicht mehr. Spare dir diese Taktik für deine Schüler auf, für diejenigen die an deinen Mist glauben, aber bei mir kannst du es dir wirklich sparen. Ich bin kein Schüler mehr. Ich werde Gott stürzen und dein neuer Herrscher sein oder dein Mörder, es liegt an dir, wie sehr du mit mir kooperierst.” Luzifer wurde immer lauter, während er sprach, was Metatron nur noch zufriedener Lächeln liess. Und Luzifer innerlich immer mehr kochte. “Ich kooperiere doch mit dir, allerdings kann ich dir keine Antworten geben, da ich sie nicht kenne. Ich weiss nicht wo Gott ist und wieso er uns hier uns selbst überlassen hat. Ich bleibe allerdings bei meiner Aussage, selbst wenn ich es wüsste, würde ich es dir nicht sagen. Loyalität steht hier im Himmel an oberster Stelle, wie du selbst schon erfahren durftest.” - “Selbst wenn Gott euch alleine lässt? Selbst dann, steht ihr noch loyal zu ihm?” Luzifer verstand es nicht. Vermutlich würde er dies nie verstehen. Damals, ja, er war loyal, er hatte alles getan, was Gott von ihm verlangt hatte und doch hatte er ihn verbannt. Nein, seine Loyalität war nicht mehr vorhanden und er schuldete niemandem Rechenschaft, er schuldete diesen Verrätern absolut nichts. “Wie du siehst. Gott hat seine Gründe, Gott hat seine Pläne und ich bin der Letzte, welcher diese anzweifelt. Ich bin sein oberster General, seine Stimme, er wird wissen, was er tut, wusste er immer, Luzifer.” Ein Schnauben entrang Luzifers Kehle. Metatron war ein Narr, ein dummer alter Narr. “Es macht keinen Sinn mit dir zu sprechen, Metatron. Du bist verblendet, du folgst ihm blind seit Jahrtausenden, nie hast du seine Gründe hinterfragt, gerade du. Ein alter dämlicher Narr.” Luzifer wandte sich von Metatron ab und wollte die Zelle verlassen, ehe er inne hielt. Eine Sache liess ihn doch nicht ruhen. “Wieso hast du Raphael als Idioten bezeichnet?” Auf Metatrons Lippen zeichnete sich ein Lächeln ab. Irgendwie hatte er geahnt, dass Luzifer ihm diese Frage noch stellen würde. Ganz offensichtlich, war diesem doch nicht alles egal, oder eher, nicht jeder. “Was denkst du, wieso Raphael in dem Zustand ist, in welchem du ihn mir geschildert hast? Einer der stärksten Erzengel Gottes? Derjenige der die besten Selbstheilungskräfte von uns allen besitzt? Denk nach, Luzifer, denk nach. Du bist nicht so dumm, wie du gerade tust.” Luzifer knurrte leise. Er war nicht dumm und er stellte sich auch nicht so an. Er hatte die Frage ernst gemeint. “Er hat die anderen Engel geheilt, was gegen Gottes Regeln verstösst”, beantwortete Metatron ihm dann die Frage, was Luzifer ein wenig aufhorchen liess. Raphael verstiess gegen Gottes Regeln? “Erzähl mir mehr”, forderte er den Erzengel auf, dieser schüttelte allerdings den Kopf. “Nein, wenn du etwas über Raphael oder seinen Werdegang wissen willst, sprich selbst mit ihm. Die Informationen stehen dir nicht zu, Luzifer, es liegt an ihm, dich aufzuklären, allerdings solltest du dir keine allzugrossen Hoffnungen machen. Deine Position im Himmel, sollte dir bekannt sein.” Luzifer hatte gerade das Gefühl irgendetwas zerschmettern zu wollen, ganz oben auf seiner Liste stand Metatrons Kopf, entschied er sich allerdings dagegen. Irgendwann würde er ihn zum reden bekommen, vielleicht brauchte er einfach noch ein wenig länger, um zu begreifen, in welcher Situation er überhaupt war. “Deine, sollte dir aktuell auch bekannt sein. Ich gehe, aber ich komme wieder, Metatron. Vielleicht bist du bis dahin ein wenig redseliger, ansonsten ziehe ich andere Seiten auf.” Luzifer verschwand nun wirklich aus der Zelle und liess Metatron sich selbst überlassen, noch weiter mit diesem zu sprechen, würde ihn vermutlich nur noch mehr verwirren und darauf hatte er nun wirklich keine Lust. Er brauchte erst einmal eine Pause und er wusste genau, wo er diese verbringen würde. Glatani hatte sich auf dem Weg zu Chamuel noch eine Karaffe Wein gegönnt. Die Engel benötigten diesen nicht mehr und ihn verderben zu lassen, war nun wirklich nicht in seinem Sinne. Sein Problem war allerdings, er hatte sich ein klein wenig verlaufen. Immer wieder kam er im göttlichen Weinkeller an und nahm sich eine weitere Karaffe mit. Irgendwann hatte er den Weg dann doch gefunden, zumindest in den Kerker. Die richtige Zelle zu finden, war noch eine komplett andere, schier unlösbare Aufgabe. “Wieso hat es hier so viele Türen? Wer hat sich denn diese Konstruktion ausgedacht”, meckerte er lautstark, während er eine weitere Zellentür öffnete. “Wenn du da, nicht Chamuel bist, kann Luzifer mich kreuzweise.” Er besah sich den Erzengel vor sich und er stellte fest, dass er in dieser Zelle bisher nicht war und die Reaktion liess ihn vermuten, den Richtigen vor sich zu haben. “Chamuel, was ist das für ein Name, könntest du nicht wie etwas Leckeres zu Essen klingen? Dann würde ich viel lieber hier sein und mit dir sprechen. Ich würde dich sogar bei deinem Namen ansprechen, aber so? Ich glaube, ich brauche mehr Wein”, stellte Glatani ein wenig lallend fest. Vielleicht hatte er doch schon die ein oder andere Karaffe zuviel getrunken und wie er feststellen durfte, wirkte Wein aus dem Himmel, gänzlich anders, als Wein aus dem Menschenreich. Dies würde Luzifer nicht gefallen, ganz und gar nicht. “Kannst du nicht reden? Dann haben wir ein Problem.” Glatani überlegte einen Moment. “Ich habe ein Problem, wenn du nicht sprechen kannst, dann kriege ich ja keine Informationen von dir! Das wird Luzifer gar nicht gefallen …”, stellte Glatani erneut fest. Mit grossen Schritten stand er vor dem angeketteten Engel. “Hm, ich weiss ja nicht …” Glatani stupste den Erzengel mit seiner Karaffe an und verschüttete ein bisschen von dem Wein. “Oh, Nein … Der gute Wein”, Glatani schaute den Tropfen langsam nach und sah sehr genau, wie diese über den Oberkörper des vor ihm hängenden Engel wanderten. “Der war nicht für dich bestimmt”, meckerte er leise und leckte sie einfach ab. Es war ihm an sich egal, was er hier gerade tat, es ging um den Wein, um den köstlichen Wein, der seine Sinne schon benebelte. “Vielleicht solltest du wieder kommen, wenn du nüchtern bist”, erklang auf einmal die Stimme von Chamuel und Glatani erhob sich direkt, um diesen anzusehen. “Du kannst ja doch sprechen! Sehr gut, wirklich gut, dann rede mal!” Glatani musterte Chamuel genau und erwartete wohl wirklich, dass dieser mit ihm anfing zu sprechen. Dabei hatte er ihm weder eine Frage gestellt, noch einen anderen Grund dazu gegeben. “Wir können gerne darüber sprechen, dass du anscheinend mit einer Aufgabe hergekommen bist und dich selbst ausser Gefecht gesetzt hast. Wenn ich mich richtig an Luzifers Gemüt erinnere, dann wirst du wirklich mächtigen Ärger bekommen und da will ich ungern dabei sein.” Er war der Erzengel der Harmonie. Er wollte ungern einem Streit beiwohnen, mit welchem er nichts zu tun hatte. “Hö, wieso? Du redest doch mit mir, er hat mir aufgetragen, mit dir zu sprechen! Das tue ich wohl! Hörst du, aus meinem Mund kommen Worte und du hast mir ebenfalls mit Worten geantwortet, meine Aufgabe, ist vollkommen erfüllt!”, entgegnete er vollkommen überzeugt und ein weiterer Schluck wurde sich gegönnt. “Ich bin mir ziemlich sicher, dass du mit einer bestimmten Aufgabe zu mir kommen solltest, ich beschwere mich natürlich nicht darüber, dass du dich mit dieser Unterhaltung zufrieden gibst.” Glatani ging ein paar Schritte zurück. “Hm, bist du den Chamuel? Wir haben noch nicht einmal festgestellt, ob du derjenige bist, den ich suche.” Chamuel wusste in dem Moment nicht, ob die Todsünde die Worte wirklich ernst meinte. “Du suchst nach Jemandem, ohne zu wissen, wie er aussieht? Interessant. Mit wem habe ich das Vergnügen?” Glatani legte den Kopf ein wenig schief und schien zu überlegen. Er war nicht zum plaudern hier, allerdings war ihm gerade auch nicht mehr wirklich klar, was er hier eigentlich tun sollte. Infos, irgendetwas mit Infos, hallte es in seinem Kopf, doch was für Infos? “Glatani”, gerade als dieser seinen Namen aussprach, fing sein Bauch an zu rumoren. “Oh, ich habe Hunger, wo habt ihr euer Essen? Gott wird euch doch nicht ohne etwas zu Essen zurückgelassen haben? Oh … Deswegen bin ich hier.” Chamuel schien sichtlich verwirrt zu sein. Diese Todsünde hatte eindeutig zu viel des göttlichen Weins getrunken und vielleicht sollte er ihn darum bitten, ihn freizulassen. Nur was dann? Er hatte keinen Plan, keine Idee. Er wusste noch nicht einmal, wo die Anderen waren, in welchem Zustand sie sich befanden. Ausserdem, sollte Luzifer ihn erwischen, hätte er vermutlich ziemlich grosse Probleme und käme nicht mehr so glimpflich davon. Chamuel kam eine Idee, vielleicht sollte er sich mit dieser Todsünde anfreunden, ihm zum Anschein geben was dieser wollte und sich ein wenig Zeit erspielen. Glatani schien nicht sonderlich schlau zu sein oder den Wein mehr zu lieben als seine eigentliche Aufgabe, was in dem Punkt keinen Unterschied machte. “Du hast Hunger? Deswegen kommst du zu mir? Ich muss dich enttäuschen, Glatani, ich bin nicht Gottes Koch.” Glatani schüttelte augenblicklich den Kopf. “Nein, ich kann ein Kerker von einer Küche unterscheiden, wobei es in der Hölle nicht unbedingt grosse Unterschiede gibt! Infos, wegen Infos bin ich hier!” Chamuel schluckte kurz. Die Hölle. Sie schien kein besonders schöner Ort zu sein, sollten die Küchen und Kerker sich wirklich ähnlich sehen. “Nun, du hast jetzt die Info, dass hier nicht die Küche ist”, versuchte es Chamuel mit einem Schmunzeln auf den Lippen. Er hatte nun wirklich keine Angst vor diesem Dämonen. Dieser schien nicht einmal fähig zu sein, ihm etwas anzutun, vermutlich sah er ihn sowieso schon doppelt. “Du findest dich wohl richtig witzig, oder?” Glatanis Tonfall hatte sich ein klein wenig geändert, wirkte allerdings nach wie vor nicht sonderlich bedrohlich auf Chamuel. “Du musst mir schon sagen, was für Informationen du haben magst, ansonsten kann ich dir nicht weiterhelfen. Wie du vielleicht bemerkt hast, stehe ich hier angekettet an der Wand und bekomme nicht sehr viel mit, was um mich herum geschieht.” Chamuel zog augenblicklich wieder den Blick Glatanis auf sich und wieder kam er ein klein wenig näher. “Wieso bist du eigentlich unversehrt? Du hast keinen Kratzer, wirkst nicht erschöpft, hast du dich nicht gewehrt?” Augenblicklich fühlte sich die Todsünde nüchtern. Dieser Umstand kam ihm ein wenig komisch vor. Sie waren im Krieg und Chamuel stand beinahe unversehrt vor ihm. “Wenn ich dir sage wieso, reicht dir dies als Info?” Der Dämon schien einen Moment zu überlegen und nickte anschliessend. Luzifer wollte eine Information haben, jede noch so kleine Info, konnte wichtig sein, hatte er gesagt und wirklich anstrengen wollte er sich nun wirklich nicht. Ob er wohl Inersha ein wenig Konkurrenz machte? Nein, er hatte sich immerhin mit Chamuel beschäftigt. “Raphael.” Glatani blinzelte kurz. “Hö?” - “Du wolltest wissen, wieso ich praktisch unversehrt bin, die Antwort ist, Raphael”, wiederholte Chamuel ein wenig langsamer und Glatani verstand offensichtlich immer noch nicht. “Aber der ist doch auch im Kerker?” - “Dann finde heraus, was Raphaels Aufgabe ist und du wirst meine Worte verstehen. Reicht dir diese Information?” Glatani nickte und versuchte sich zeitgleich daran zu erinnern, was Raphael für eine Funktion hatte. Er kam allerdings nicht drauf. Ihm war bekannt, dass Raphael, neben Michael, Uriel und Gabriel einer der wichtigen Erzengel war, einer derjenigen, der in der Bibel desöfteren genannt wurde und doch kam er nicht auf dessen Funktion. “Ich habe dich etwas gefragt”, durchdrang Chamuels Stimme seine Gedankengänge. “Wo ist Gott?” Glatanis durchdringender Blick liess Chamuel kurz schlucken. “Ich weiss es nicht. Gott ist schon vor einer Weile weg, er hat uns sein Ziel nicht genannt”, beantwortete er die Frage ehrlich. Er wusste wirklich nicht, wo Gott war und Glatani verliess seine Zelle ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Er hatte eine Info, ob sie Luzifer gefallen würde, wusste er nicht, aber irgendwie glaubte er schon, dass sie relevant sein konnte. Sein Weg führte ihn in den Thronsaal, auf einem der Tische lag ein Pergament und ein Feder, sogleich schrieb er seinen Namen darauf und die Information, die er erhalten hatte. Danach ging er wieder in den Weinkeller. Kapitel 4: Uriel & Gabriel -------------------------- Inersha hatte wahrlich keine Lust auf seine Aufgabe. Luzifer hatte immer so immense Anforderungen und die Motivation schwand mit jedem Tag ein wenig mehr. Es war ja nicht einmal so, als hätte er überhaupt jemals welche besessen. Nichts tun war sehr viel entspannter, als sich den Hintern aufzureissen, für meist etwas, was ihn selbst nicht weiter brachte. Glaubte Luzifer wirklich, dass er seinen Körper nun in die Kerker hinunter beförderte, um mit einem der Erzengel zu sprechen? Wer war er denn? Der Weg war viel zu weit und wieso sollte ausgerechnet Uriel etwas zu sagen haben? Inersha schlurfte den Gang entlang zu seinem provisorischen Zimmer. Während die Anderen gekämpft hatten, hatte er sich einen Raum gesichert und geschlafen. Kämpfen, er? Nein, viel zu anstrengend. Auf seinem Weg, dachte er allerdings über Uriel nach, der Name, er sagte ihm etwas. Uriel, Uriel, Uriel. “Oh, Nein …” Ganz langsam und gemächlich drehte sich Inersha wieder um und machte sich doch auf den Weg in den Kerker. Luzifer würde es ihm büssen. Wieso gab er ihm Uriel? Erzengel der Offenbarung und der Inspiration? Er brauchte nicht offenbart oder inspiriert zu werden, er mochte sein Leben, wie es war. Langsam, gemütlich und vor allem im Bett liegend. Er würde Luzifer die Meinung sagen, nicht jetzt, aber sobald er die Muse dazu hatte, bestimmt. Mit dieser Überzeugung erreichte er dann auch die Zellen und schlurfte den Gang entlang. Als ein niederer Dämon seinen Weg kreuzte, hielt er diesen kurz fest. “Wo ist Uriel?”, fragte er träge nach und bekam seine Antwort, indem der Dämon auf eine Zelle deutete. Inersha schlurfte zu der Tür und öffnete sie langsam, so langsam, dass er beinahe dagegen gelehnt wäre und sich ein wenig ausgeruht hätte. Wie anstrengend hier alles war. Konnte Gott nicht Kerkertüren aus Wolken herstellen? Die wären viel leichter aufzubekommen und kosteten bestimmt nicht so viel Energie, wie er gerade eben verbraucht hatte. Vielleicht sollte er Grid rufen? Dieser würde die Aufgabe sicherlich gerne übernehmen, Grid wollte sie doch eh alle. Nur wäre Luzifer sicher nicht so begeistert, aber wieso sollte er dies jemals erfahren? Er selbst wäre sicherlich nicht so blöde und würde es ihm sagen und Grid? Grid vermutlich schon … Ein tiefer Seufzer verliess seine Kehle. Er würde die Tür doch selbst öffnen müssen und mit Uriel dahinter sprechen. Sein Leben war schon unfassbar anstrengend. Die Idee mit den Wolkentüren, würde er Gott allerdings unterbreiten. Er war Gast hier und gerade fühlte er sich nicht sonderlich Willkommen. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte er die Tür offen und linste vorsichtig in die Dunkelheit, nur um zu Erkennen, dass er nichts erkannte. “Wenn der mich jetzt angelogen hat und die Zelle leer ist, dann, dann …” Inersha unterbrach sich selbst, er würde doch eh nichts unternehmen. Einen niederen Dämonen zu bestrafen … Die Energie war dieser nicht wert. “Hallo? Jemand anwesend?” Gerade als Inersha sich wieder umdrehen wollte, hörte er ein leises Ächzen aus einer Ecke, was ihn selbst aufseufzen liess. Fast, fast wäre er um die Aufgabe herum gekommen. So ein Mist aber auch. Langsam schob er sich durch die Tür und öffnete sie dabei noch ein wenig mehr, was endlich Licht in die Zelle scheinen liess und er den Engel auch erkannte. Uriel war schön, was nicht verwunderlich war. Jeder Engel war schön. Sie dagegen waren hässlich. Wie von selbst schaute er an sich runter und zuckte mit den Schultern. Es war ihm an sich egal, wie er aussah. “Ey, Uriel … Wo ist Gott?” Inersha hatte keine Zeit, er wollte schlafen. Er hatte sich nicht umsonst, als Erstes ein Zimmer ausgesucht. “Hey, du, ich rede mit dir!” Seine Worte sollten ein wenig energischer klingen, allerdings hatten sie denselben trägen Ausdruck wie zuvor. “Stört es dich, wenn ich mich hier hinsetze und schlafe?” Uriel schien ihm nicht zu antworten, also tat Inersha einfach was er eben gefragt hatte. Luzifer würde ihn hier sicherlich nicht stören und ein kleines Nickerchen hatte er sich auf jeden Fall verdient. “Du könntest … mich auch los … machen …”, kam es abgehakt von Uriel und Inersha konnte sich nun ein leises Knurren nicht verkneifen. Wieso war der Kerl nicht bewusstlos? Eben hatte er ihm doch auch nicht geantwortet? Wollte er ihn etwa ärgern? “Ich sitze schon, ich steh jetzt nicht mehr auf.” Vielleicht war die Antwort ein wenig trotzig, aber er würde jetzt wirklich nicht mehr aufstehen. Nicht in den nächsten Minuten. “Inersha”, hörte er die Stimme erneut und ein klein wenig überrascht war er durchaus von der Nennung seines Namens. Er hatte sich doch gar nicht vorgestellt. “Uriel, lass das”, murrte er leise und versuchte sich ein wenig von ihm weg zu drehen. Was vermutlich rein gar nichts brachte. “Ich gehe vermutlich richtig … in der Annahme … dass du nicht hier bist … weil du eine Inspiration oder … Offenbarung von mir willst.” Inersha drehte sich dann doch wieder zu Uriel um und begutachtete diesen noch einmal. Er war nach wie vor einfach, schön. “Ich will bestimmt keine Offenbarung von dir, ich kenne mich selbst ganz gut, danke, aber wenn du schon meine Ruhe störst, wieso sagst du mir dann nicht einfach, was ich wissen will?” Uriel öffnete nun das erste Mal die Augen. Inersha war bisher gar nicht aufgefallen, dass er sie geschlossen hatte. “Der Grad … zwischen einer Offenbarung … und einer Verkündung ... ist sehr schmal.” Inersha legte seinen Kopf ein wenig schief und begutachtete Uriel weiterhin. “Nun, ist mir egal, aber du hast Schmerzen, oder?” Uriel schloss noch einmal die Augen, ehe er sie wieder öffnete und Inersha sanft anlächelte. “Sie halten sich … danke Raphael … in Grenzen”, beantwortete er ihm dann die Frage und Inersha beschloss doch wieder aufzustehen. Luzifer wollte Informationen, egal wie klein sie zu sein schien und dies war doch eine Information? “Und wieso redest du so? Machst du dich über mich lustig?” Uriel schüttelte langsam den Kopf und atmete einmal tief ein. “Inersha, du magst es kaum glauben, aber es fällt mir sehr schwer, dir nicht ein Geheimnis deiner Seele zu offenbaren. Niemals, würde es mir in den Sinn kommen, mich über dich lustig zu machen.” Inersha glaubte Uriel, auch wenn dieser ein Erzengel war. So weit war es schon mit ihm gekommen, er war zu träge, um die Worte eines Erzengels anzuzweifeln. “Dann sag mir, was mit Gott ist, kannst du mir sein Geheimnis offenbaren?” Ein Versuch war es wert, wäre da nicht das Kopfschütteln seines Gegenübers. “Wieso nicht?”, hakte er dann nach. “Weil, Gottes Geheimnis nur Raziel kennt.” Die Sünde knurrte einmal mehr auf. Er hätte es wissen müssen, er hätte es einfach wissen müssen, sich mit ihm zu unterhalten war vergebens, er hätte wirklich einfach schlafen gehen können. Andererseits war er auch froh, nicht in Tsorns Haut zu stecken. Raziel war sicherlich eine etwas schwerere Aufgabe. “Dann geh ich nun schlafen, erhol dich gut, Uriel.” Dieser war zwar ein wenig überrascht, wie freundlich Inersha war, aber vermutlich war es einfach der Faulheit geschuldet, sich daneben zu benehmen. Inersha verschwand genauso langsam, wie er gekommen war, im Thronsaal schrieb er unter Glatanis Information beinahe dieselbe, ohne es selbst zu merken. Er wollte nur schlafen und genau deswegen suchte er sich nun einen Schlafplatz. Für heute hatte er seine Arbeit getan, sogar sehr gut, wie er selbst glaubte. Mekane war sauer. Mekane war sogar stinksauer und wirklich Lust auf die Aufgabe, hatte er wie alle anderen nur bedingt. Dabei konnte er gut mit Menschen reden und noch sehr viel besser, in ihre Seele blicken. Anders als die Inersha, wusste er durchaus, was er zu tun hatte. Dieser war unfähig, faul und ein Stück Dreck, welches die Dämonenwelt nicht beherbergen sollte, aber genau diese Faulheit machte ihn aus. Ekelhaft. Manchmal wäre er auch gerne wie er. Faul in der Sonne zu liegen und sich die Sonne auf den Bauch scheinen lassen? Ohja, er war neidisch, sehr sogar. Neidisch auf einen Drecksack. Er konnte ihn nicht ausstehen. Die anderen waren nicht besser. Eigentlich konnte er keinen seiner Mitsünden leiden, alle hatten sie das, was er wollte. ALLE. Tsorn konnte richtig wütend werden, er wollte auch wütend werden und ernst genommen dabei. Bager bekam jeden ins Bett, den sie wollte, es wäre ein Traum diese Fähigkeit auch haben zu können. Und er? Was konnte er? In die tiefsten Seelen der Menschen blicken und sie gegeneinander ausspielen, ihnen aufzeigen, wie viel besser, das Leben eines anderen war. Ja, das konnte er, genauso wie Grid … Er hasste Grid … Grid wollte alles und bekam oft alles, er war derjenige der nur neidisch war, bekommen tat er nie etwas. So unfair. Er bekam ja nicht einmal seinen Wunscherzengel. Wieso bekam Inersha Uriel. Uriel war doch seiner, so ein wunderschöner Engel, ein wenig war er auch neidisch auf dessen Schönheit. Nein, nicht ein wenig, er war sehr neidisch auf dessen Äusseres. Ein Knurren entglitt seiner Kehle. Stattdessen musste er sich mit Gabriel herumschlagen. Er selbst hatte schwarzes Haar, da wollte er sich doch nicht mit einem dunkelhaarigen Engel vergnügen. Einer, der ihm so ähnlich war. Genervt stiess er die Zellentür auf und baute sich vor Gabriel auf. Dieser zuckte beim Erscheinen der Sünde zusammen, was Mekane leicht Grinsen liess. “Hättest du mein Erscheinen nicht vorhersehen können?”, wollte dieser gehässig wissen. “Eine Vision, hat nichts mit hellseherei zu tun. Wie dumm ihr im Dämonenreich seid.” Mekane knurrte einmal mehr leise auf und legte eine Hand an Gabriels Wange, zwang diesen somit ihn anzusehen. “Stimmt, sonst hättet ihr ja unser Angriff vorhergesehen und eine Barrikade aufbauen können oder schafft ihr dies etwa nicht, wenn Gott nicht da ist? Wo ist dieser Dreckskerl eigentlich?” Gabriel versuchte sein Gesicht wegzudrehen, was ihm nicht gelang. Mekanes Griff war fest und sein Blick war stechend. “Wir wussten über euren Angriff Bescheid, sehr subtil und vor allem leise, seid ihr nicht.” - “Wieso?” Mekane war sichtlich überrascht und er spürte direkt den Neid in sich aufkeimen. Gabriel hatte von dem Angriff gewusst und er selbst erfuhr erst am Tag eben dieses davon. Unfair. “Euer Gestank riechen wir schon von weitem, es ist schon schrecklich, wenn einer von euch die Hölle verlässt, denkt ihr wirklich, es fällt nicht auf, wenn eine ganze Horde aus dieser ausbricht? Daran hätte selbst Luzifer denken müssen.” - “Provozierst du mich absichtlich, Gabriel?”, wollte Mekane wissen und verfestigte seinen Griff noch ein wenig, was Gabriel leise auf ächzen liess. “Wie sollte ich dich provozieren? Du stinkst nach Neid, nach einer der ekelhaftesten Todsünden überhaupt. Eine Eigenschaft, die so widerwärtig und abartig ist, dass ich mich schon ekelhaft fühle, überhaupt mit dir zu sprechen.” Mekanes linkes Auge fing an zu zucken. Tsorn wäre längst ausgerastet und er hörte sich diese Beleidigungen einfach an? Nein. Ehe Gabriel überhaupt reagieren konnte, spürte er die flache Hand der Sünde auf seiner Wange. “Unser Gestank ist ekelhaft? Habt ihr euch mal gerochen? Diese Reinheit, diese verlogene Reinheit, jeder von euch hat ein Geheimnis, nur die Tatsache, dass ihr hier oben seid, schützt euch vor der Hölle. Ist es nicht so?” Gabriel hatte die Augen geschlossen und verdaute erst einmal den harten Schlag. Damit hatte er wirklich nicht gerechnet. Er hatte geglaubt die Dämonen würden bluffen, aber dieser hier schien es ernst zu meinen und zudem sehr leicht provozierbar zu sein. “Wir erfüllen unsere Aufgabe und haben den Platz im Himmel verdient, ausserdem bin ich ein Erzengel, selbst wenn ich Geheimnisse hätte, wäre es etwas anderes, als bei einer verstorbenen Seele. Wie konnte Luzifer nur dich, als einen seiner Generäle wählen?” Bisher hatte Gabriel geglaubt, Luzifer hätte seine Wahl ordentlich getroffen, doch bei Mekane war er sich nicht sicher. So dumm konnte doch keine Sünde sein? Luzifers Generäle sollten in seinen Augen zumindest ein gewisses Mass an Intelligenz aufweisen oder brauchte dieser nur sieben Idioten, die alles taten, was er wollte? “Unfair, ich gehöre in den Himmel an deine Stelle! Du hast ein so loses Mundwerk! Doch jetzt bricht eine andere Ära an und ich bin über dich gestellt, na, neidisch?”, wollte Mekane diabolisch grinsend wissen und Gabriel öffnete die Augen. “Neidisch? Auf dich? Würde dir dies nicht deine komplette Existenz abspenstig machen? Neidisch auf den Neid zu sein? Ich bin mir ziemlich sicher, sollte dies jemals passieren, würdest du verpuffen wie ein Wassertropfen über glühender Lava.” Mekane hielt einen Moment inne. “Eine deiner Visionen?”, wollte er dann ein wenig verunsichert wissen und Gabriel hatte wirklich Mühe sich das Lachen zu verkneifen. Noch einmal die Hand seines Gegenübers zu spüren, darauf konnte er wirklich verzichten. “Ich habe dir eben schon gesagt, dass ich kein Hellseher bin. Eine reine Vermutung, mehr nicht.” Mekane atmete sichtbar erleichtert aus und fixierte Gabriel einmal mehr. “Gut, ich will auch gar nicht weiter mit dir diskutieren, ermüdet mich mehr, als ich erwartet hatte. Gib mir einfach die Infos, die ich wissen will und wir sind quitt.” Gabriel lächelte bei seinen Worten. “Ich bin noch immer kein Hellseher, ohne entsprechende Frage, kann ich dir nichts sagen.” - “Ich habe dich bereits gefragt, WO Gott ist!” Mekane knurrte leise. Dieser Kerl, er würde ihn irgendwann foltern und seine Freude dabei haben. Bei dem Gedanken rieb er sich schon die Hände, oh ja, er würde Luzifer fragen und wenn er betteln musste. “Gott ist nicht da, wo er ist, wissen wir nicht. Da kann ich dir leider nicht weiterhelfen, selbst wenn ich wüsste, wäre die Info für dich nicht relevant.” Mekane fing an sich die Schläfe zu reiben, wie anstrengend konnte man eigentlich sein? “Und wieso nicht?” - “Weil er zurückkommen wird und unsere Kräfte wieder gestärkt werden und wir wissen dann alle was passiert.” - “Nicht jeder von euch ist in deiner Verfassung, Gabriel”, stellte Mekane dann klar. Zwar hatte er keine Ahnung, wie die anderen Erzengel gerade aussahen, aber irgendwie glaubte er nicht, dass jeder nur ein paar kleine Wunden hatte. Es wunderte ihn sowieso, dass Gabriel so fit schien, wie hatten sie ihn gefangen nehmen können? “Doch, jeder von uns ist in dieser Verfassung, dank Raphael. Er wird der Einzige sein, dem es nicht gut geht.” - “Und wieso befreit ihr euch nicht?” Gabriel lächelte. “Die körperliche Verfassung, sagt nichts über unsere Kräfte aus, wir sind erschöpft.” Mekane grinste kurz. “Die Ehrlichkeit schätze ich, es ist wohl wahr, dass Engel nicht lügen können”, stellte er amüsiert fest und wollte sich abwenden. “Nun, wir sind komplizierter, als du denkst, wir können nicht lügen, aber die Wahrheit umgehen, derjenige, der sich um Raziel kümmert, wird es merken.” Mekane versuchte die Worte zu ignorieren und verliess die Zelle. Zwar hatte er nicht die Info die Luzifer wollte, aber eine andere, die er durchaus interessant fand. Im Thronsaal angekommen, fand er allerdings niemanden vor, lediglich das Pergament, welches Luzifer ausgelegt hatte und ein leichtes Schmunzeln lag auf seinen Lippen, als er unter Inersha und Glatani eine ziemlich ähnliche Information schrieb. Kapitel 5: Haniel & Michael --------------------------- Bager war ziemlich motiviert. Sie wollte es Luzifer zeigen. Es fuchste sie, dass er sie dauernd abblitzen liess. Sie war die Wollust, sie hatte man nicht abzulehnen. Sie würde aus diesem Erzengel alles herausholen und ihm zeigen, dass sie es wert war, angesehen zu werden. Er würde sie ansehen und ihr verfallen. Ihr war zwar bewusst, dass er ihr die Sünde gab und immer stärker sein würde, aber irgendwann übertraf jeder seinen Meister und sie würde ihr Ziel bestimmt nicht aus den Augen verlieren. Nicht wie andere ihrer Mitgeneräle. Es war ihr so oder so ziemlich schleierhaft, wieso sie die einzige Frau war und sie war sich nicht sicher, ob es Luzifer bewusst war, aber dass sie sich um den einzigen weiblichen Erzengel kümmern durfte, war schon ein wenig komisch. Keine Herausforderung, aber komisch. Vielleicht traute er ihr tatsächlich nicht zu, sich um einen männlichen Engel zu kümmern. Die Frage war nur wieso? Immerhin besass sie alle Mittel, um Männer in den Wahnsinn zu treiben. Bisher konnte keiner, ausser Luzifer selbst, ihr widerstehen. Wieso sollte es ein dämlicher Erzengel schaffen? Die Laune war ein wenig getrübt, als sie bei Haniels Zelle ankam, wobei frustriert es wohl ein wenig besser traf. “Du bist also Haniel, eine der vergessenen Engel. Wie ist das so? Ein Leben im Schatten?”, begrüsste sie die wohl schönste Frau, die sie jemals in ihrem Leben gesehen hatte. Bager wusste, dass Engel wunderschöne und reine Geschöpfe waren, aber Haniel übertraf ihre Erwartungen bei weitem. “Sollte mich dies nicht der Neid fragen? Ich stehe nicht im Schatten der anderen. Meine Werte sind mit die Wichtigsten auf der Erde, ich zeige mich nur nicht, ich bin allgegenwärtig”, antwortete sie auf die Frage. Bager zischte leise. So schön sie war, so überheblich schien sie zu sein. “Nun, ich kenne mich nicht sonderlich gut aus, es ist mir an sich auch egal, aber stört es dich wirklich gar nicht, dass Michael mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht?” Haniel lächelte und deutete Bager an, dass sie sich neben sie setzen sollte, was diese tatsächlich tat. “Nein, Michael gehört zu den Engeln die sich hochgearbeitet haben und sich die Stellung verdient hat. Er ist ein Kämpfer und sein Job ist ebenso wichtig, wie meiner. Solange die Liebe und Freundschaft auf der Erde so ausgewogen ist, brauche ich nicht in Erscheinung zu treten. Keiner von uns, muss in Erscheinung treten, solange die Weltordnung funktioniert”, fing sie an sich zu erklären und Bager hörte ihr tatsächlich zu. “Und wie funktioniert die Weltordnung?”, hakte sie interessiert nach. Die Aufgabe schien für den Moment vergessen, ein wenig geblendet war sie von dem Engel. Dabei sollte es umgekehrt sein. “Die Weltordnung ist ganz einfach. Solange sich gut und böse in der Waagschale halten, ist alles in Ordnung. Sollte anfangen eine Seite zu überwiegen, gerät die Welt ausser Gleichgewicht und ein Chaos bricht aus. Wir sind, auch ihr, Marionetten unserer Schöpfer, um dafür zu sorgen, dass es so bleibt, wie es ist.” Bager zog für einen Moment die Stirn in Falten. “Wir sind keine Marionetten von Luzifer”, knurrte sie beinahe bedrohlich. “Luzifer ist auch nicht dein Schöpfer. Wie könnte er? Luzifer ist ein Gefallener, für euch Dämonen sollte er nichts wert sein und trotzdem folgt ihr ihm? Nein, euer Schöpfer ist der Teufel, Luzifer gab dir nur seine Sünde.” Erneut war Bager ein wenig verwundert. Haniel schien sich gut auszukennen und anscheinend auch sehr viel zu wissen. Vielleicht hatte sie doch den richtigen Erzengel an der Angel und sie musste sich doch nicht einmischen was Michael und den Rest anging. “Und wieso denkst du, dass wir Marionetten sind? Immerhin sind wir jetzt hier oben und werden euch das Leben ziemlich schwer machen.” Haniel lächelte. “Nun, denkst du wirklich, Gott würde ein so grosser Fehler passieren?”, wollte sie wissen. “Anscheinend …”, stellte Bager ein wenig verunsichert fest. “Ich denke, da gibt es einen grösseren Sinn, den wir alle noch nicht verstehen, anders, kann ich mir das Verhalten nicht erklären. Alleine schon, weil der Teufel euch nicht aufgehalten hat. Eine Übernahme des Himmels, würde die Weltordnung komplett zerstören. Ihr denkt vielleicht, es wäre in seinem Sinne, aber dies ist es nicht.” Bager bekam langsam aber sicher Kopfschmerzen von Haniels Erklärungen. Sie brachte sie zum Nachdenken und sie hasste es, über Dinge nachzudenken, für die sie keine Antworten bekam. “Habt ihr hier oben Spass?”, versuchte sie das Thema zu wechseln und schien damit Haniel tatsächlich zu überraschen. “Natürlich, wo denkst du hin?” Bager verzog ihre Lippen zu einem schelmischen Lächeln. “Nein, Haniel, du missverstehst mich. Körperliche Freuden”, präzisierte sie ihre Frage ein wenig. “Wir geniessen hier auch heisse Bäder”, beantwortete Haniel die Frage ihrerseits, was Bager nun leise auflachen liess. “Ihr Engel seid unfassbar. Baden, als körperliche Freude zu bezeichnen? Nein, nein, ich meine was ganz anderes, meine Schöne”, während sie sprach, kam sie Haniel ein wenig näher, hatte eine Hand auf ihren Oberschenkel gelegt und strich hauchzart über die freie Haut. Wie sanft sie war. “Du bist mir ziemlich nahe”, stellte Haniel beinahe flüsternd fest. Sie hatte allerdings nicht wirklich eine Chance, Bager los zu werden, war sie selbst ja angekettet. “Soll ich dir zeigen, was ich meine?” Ohne eine Antwort abzuwarten, stand Bager auf und liess ihr Kleid zu Boden gleiten. Mit einem Schmunzeln nahm sie wahr, dass Haniel versuchte wegzuschauen. “Schau mich an, du siehst nichts, was du nicht selbst auch besitzt”, schnurrte sie dieser ins Ohr, während sie sich ein wenig herunterbeugen musste. Haniel versuchte den Kopf ein wenig wegzuziehen. Die Nähe war befremdlich und ungewohnt. Sie kamen sich hier nicht so Nahe und schon gar nicht in diesem Sinne. “Nicht so schüchtern, meine Schöne”, flüsterte Bager nun leise und streifte damit Haniels Ohr, was diese leicht erschaudern liess. “Wir werden noch viel Spass haben, so unschuldig, so rein, so verlockend”, stellte sie dann erfreut fest und trat einen Schritt zurück. Mit einem Lächeln auf den Lippen zog sie ihr Kleid wieder an und setzte sich erneut neben den Erzengel, kam ihr wieder bedrohlich nahe. “Hattest du nie den Wunsch, deinen Körper genauer zu erforschen? Es macht unfassbar viel Spass, man muss sich nur darauf einlassen und du kannst nicht genug davon bekommen.” Haniel schaute die Sünde mit grossen Augen an. Diese Stimmlage, diese Nähe, alles schrie nach Wollust, nach Verführung, nach einer Sünde. “Bitte halte Abstand”, flüsterte sie leise. Doch anstatt sich zu entfernen, kam Bager noch ein wenig näher und verschloss ihre Lippen miteinander. Ihre Hand kam erneut auf Haniels Oberschenkel zu liegen und ganz leicht, streichelte sie über diesen, während sie die Lippen des Erzengels liebkoste. Lange hielt sie den Kuss jedoch nicht aufrecht, sie wollte spielen und Haniel schien dafür perfekt zu sein. Sie zu ködern und zu benutzen würde ihr Freude bereiten, einen Erzengel zu verderben, was könnte Luzifer besser gefallen? “Sag mir, wo Gott ist”, flüsterte sie verführerisch gegen die weichen Lippen und verschloss sie erneut für einen hauchzarten Kuss. “Ich weiss es nicht.” Bager lächelte und löste sich ein wenig mehr von Haniel. Ihr Blick war allerdings weiterhin auf sie gerichtet und ihre Hand, welche bis eben auf dem Oberschenkel lag, streichelte nun über ihre Wange. “Und wieso, bist du unverletzt? Wir haben euch zugesetzt, ich habe es gesehen, selbst gekämpft. Wie kann es sein, dass deine Haut so unversehrt ist, so sanft und glatt und ohne einen Kratzer?” Ganz langsam strich sie mit ihrem Daumen über die vollen Lippen Haniels, welche für einen Moment die Augen schloss. “Raphael, er hat gegen Gottes Kodex verstossen und uns geheilt. Er kann es nicht sehen, wenn wir leiden und wenn wir schon gefangen sind, dann ohne Schmerzen.” - “Interessant.” Bager entfernte sich nun komplett von Haniel und stand wieder auf. Vielleicht sollte sie Raphael einen Besuch abstatten, aber erst nachdem, sie Luzifer Bescheid gegeben hatte. “Du solltest dich ein wenig ausruhen, ich werde wieder kommen und dir zeigen, wieso ich die Sünde bin, die ich verkörpere”, raunte sie ihr noch zu, ehe Bager dann die Zelle verliess. Gadles freute sich auf die Aufgabe, welche ihm gestellt wurde. Natürlich würde er sie zu Luzifers Zufriedenheit ausführen, wer sonst, wenn nicht er? Zumal ihm das Vertrauen unfassbar gut tat. Luzifer vertraute ihm Michael an. Den Engel, den er am meisten verachtete. Zwar sollte er es nicht übertreiben, aber die Weisung war lediglich, dass dieser überleben sollte. Mit einem selbstzufriedenen Grinsen betrat er die Zelle Gottes Wache und musterte diesen. Ihm fiel auf, dass er viel zu fit wirkte. Wie konnte dies sein? Er hatte selbst gesehen, wie Luzifer mit ihm kämpfte und dieser machte keine halben Sachen. Wieso war Michael so gut wie unversehrt? “Ich kenne nur eine Person, welcher dieser Anblick noch mehr gefällt, als mir”, stellte er breit grinsend fest und trat ein wenig näher an Michael heran. “An der Wand festgekettet, bewegungsunfähig, wie ein wildes Tier, welches zur Züchtigung bestraft wird. Passend, für einen Hund wie dich, findest du nicht auch?” Michael zog an den Fesseln, welche jedoch keinen Millimeter nachgaben. “Versuch es gar nicht erst. Es sind zwar eure Materialien, aber versehen mit Dämonenenergie, irgendwie müssen wir euch, nein, dich im Zaum halten. Eigentlich müsste es dir eine Ehre sein, als Einziger diese Behandlung geniessen zu dürfen.” Gadles hatte sich direkt vor Michael gestellt und begutachtete diesen noch ein wenig genauer. Der Zorn in dessen Augen war beinahe inspirierend. Tsorn würde sich daran laben. “Ihr habt nur meine Fesseln mit eurer Energie versehen? Dummköpfe.” Michael spie die Worte beinahe. An sich wollte er gar nicht mit diesem Geschöpf der Unterwelt sprechen. “Aber Hochmut, kommt ja bekanntlich vor dem Fall”, fügte er noch an und spuckte Gadles vor die Füsse. “Na, wenn einer es wissen muss, dann ja wohl du.” Galdes liess sich nicht von Michael provozieren. Nicht von einem Mann, der keine Ehre hatte. “Luzifer wird wissen, was er tut, freu dich doch, er hält dich für am gefährlichsten, auch wenn du gerade ziemlich harmlos wirkst. Ohne Gott, bist du offenbar wirklich nur ein kleines Schosshündchen, welches total verloren umher rennt, oh Verzeihung, herumhängt, und auf sein Herrchen wartet. Ein Anblick für die Götter. Uups, man sollte ja keine anderen Götter verehren, ausser den einen, mir passieren heute aber auch viele Fehler.” Gadles wollte den Sarkasmus in seiner Stimme gar nicht erst verbergen, er wollte Michael verhöhnen und ihm aufzeigen, dass er gerade nichts weiteres war, als ein lästiges Insekt. “Du bist so still, Michael. Irgendwie gefällt mir das nicht. Eigentlich hatte ich gehofft, zu dir in die Zelle zu kommen und ein wimmerndes Etwas vorzufinden, einen stolzen Krieger, der danach bettelt, dass seine Wunden versorgt werden.” Er trat noch ein wenig näher an Michael heran und legte seine Hand auf dessen nackte Brust. “Allerdings sehe ich hier keine, wieso nicht?” Die Frage war nicht wirklich ernst gemeint, während er sprach, kratzte er ihm fest über die Brust und zog blutige Risse über den Oberkörper. “Keine Antwort?”, fragte er hämisch grinsend nach und eine weitere blutige Kratzspur folgte. “Ich habe den ganzen Tag Zeit, stell dir vor, sogar mein gesamter Aufenthalt hier, kann ich dir widmen. Ist das nicht toll?” Michael ächzte leise auf. Er hatte Schmerzen, Raphaels Heilung war nur oberflächlich und notdürftig, vermutlich hatte dieser einfach keine Kraft mehr gehabt. “Oh, da zeigt einer Schwäche”, stellte Gadles ein wenig breiter grinsend fest und trat nun direkt vor Michael, suchte seinen Blick, zwang diesen mit seiner freien Hand ihn anzusehen. “Wieso?”, wiederholte er seine Frage und kratzte nun über die bereits offenen Stellen, was Michael erneut leise aufkeuchen liess. “Von mir kriegst du keine Antwort, eher sterbe ich.” Gadles entwich ein Lachen. “Narr, wenn Luzifer dich hätte töten wollen, hätte er das auf dem Schlachtfeld erledigt. Stimmt es eigentlich? Das wenn ein Engel, einen Engel tötet, es keine Chance zur Rückkehr gibt?” - “Luzifer ist ein Gefallener, er ist keiner mehr von uns, war er nie.” Gadles konnte gut beobachten wie immer mehr Wut und Hass in Michael aufstieg und es schien beinahe so, als würden die Beiden sich wirklich nicht sonderlich mögen. “Beantwortet zwar nicht ganz meine Frage, aber ich kann es mir denken. Bei uns Dämonen ist es auch so. An sich unsterblich, aber die eigene Rasse kann uns töten. Grausam, oder? Dieses blinde Vertrauen haben zu müssen in das eigene Volk? Gut, ein niederer Engel würde dich bestimmt nicht töten können, aber Luzifer? Ich bin mir nicht sicher, aber ich denke, der Tod wäre die lieber, sobald Luzifer hier bei dir auftaucht.” Gadles zuckte amüsiert mit den Schultern. Er hatte unterdessen Michaels Gesicht wieder freigegeben und begutachtete sein Werk. Die Kratzer blieben, sie verschwanden nicht, also hatte Michael keine Selbstheilungskräfte. “Keinerlei Narben”, stellte er dann ein wenig überrascht fest. Michael war Gottes Wache, der Entscheidungsträger über gut und böse, wie konnte dieser keinerlei Kampfspuren aufweisen? Nicht einmal vergangene? Erneut strich er über einen der Kratzer, leckte dann das Blut genüsslich ab und dann kam ihm eine Idee. “Raphael. Der Schutzengel, beschützt auch euch!” Michael zuckte bei dem Ausruf zusammen, was Gadles nur bestätigte. “Luzifer muss das wissen”, stellte er sofort fest, blickte dann allerdings wieder zu Michael und sein Grinsen wurde wieder überheblich und herablassend. “Du lebst noch und hast mir meine Frage beantwortet, dafür sollte ich dich belohnen.” Er trat wieder einen Schritt näher an den Erzengel und leckte ihm nun über die Brust, zeitgleich versetzte er ihm neue Kratzspuren auf der Seite und liess Michael einmal mehr vor Schmerzen auf ächzen. “Hm, ich glaube, den Spass treibe ich auf die Spitze. Was weisst du über Dämonenblut?”, wollte er von Michael wissen. Dieser drehte den Kopf augenblicklich zu ihm. “Vergiss es, dein Blut, wird nicht stark genug sein, um mich zu versklaven.” Gadles lachte amüsiert. “Okay, du kennst einen Aspekt unseres Blutes, allerdings muss ich dir sagen, Michael, dass mein Blut, ausreichen würde, um dich zu versklaven. Der Grund ist ganz einfach. Du bist hochmütig, du denkst du stehst über Allem und genau diese Tatsache, macht dich anfällig für mein Blut. Bei den anderen Sünden gehe ich mit dir konform. Die hätten es sehr schwer, dich zu versklaven, aber ich bin dein Spiegel, du hättest keine Chance. Es wäre auch sehr verlockend, den grossen Michael als meinen Sklaven zu halten, allerdings würde ich damit gegen Luzifers Befehle handeln und ich respektiere meinen Boss. Also keine Sorge, ich gebe dir nicht mein Blut zu trinken, ich habe eine viel bessere Idee.” Gadles strich Michael noch einmal über die Brust und leckte sich anschliessend die Blutstropfen von den Fingern. “So köstlich”, schnurrte er dann beinahe und konzentrierte sich wieder auf den Engel vor sich. “Ich könnte dich foltern, dich quälen und leiden lassen mit irgendwelchen Instrumenten, allerdings wollte Luzifer auch noch seinen Spass mit dir, was ich verstehen kann. Daher werde ich lediglich dafür sorgen, dass du keine ruhige Sekunde hast, bist Luzifer oder ich dich wieder besuchen kommen.” Er trat wieder nahe an Michael heran und zog ein kleines Messer aus seinem Gewand. Er hätte Michael auch damit verletzen können, aber dann würde sein jetziger Plan nicht wirklich funktionieren. “Kennst du die Kombination, zwischen Dämonenwunden und Dämonenblut?”, wollte er dann wissen und schnitt sich selbst mit dem Messer in den Arm. Kurz darauf presste er seine blutende Wunde, gegen die von Michael und liess sein Blut in den Körper des Engels gleiten, was diesen kurz schmerzerfüllt Aufkeuchen liess. “Du wirst das Gefühl haben, innerlich zu verbrennen, dir wird warm und kalt zugleich sein, ein innerer Druck, wird dich nicht ruhen lassen und dies solange ich will. Du kannst jetzt natürlich darauf hoffen, dass mein Blut keine Wirkung auf dich hat, aber vergiss nicht, Michael, ich bin dein Spiegel, deine Hochmut, bringt dich jetzt zu Fall und wenn ich wiederkomme, werden wir sehen, ob du lieber stirbst, oder mit mir redest”, raunte er ihm die Worte ins Ohr, ehe er sich löste und die Zelle ohne ein weiteres Wort verliess. Dies würde definitiv ein Spass werden und er hoffte, dass Luzifer ihm diesen auch gönnen würde. Kapitel 6: Raziel & Raphael --------------------------- Tsorn ging pfeifend seiner Aufgabe nach. Er freute sich. Luzifer hatte ihm eine der wichtigsten Aufgaben gegeben. Er durfte sich mit Raziel beschäftigen, dem Erzengel der alles wusste. Der noch so jedes kleine Geheimnis Gottes kannte. Wenn das keine Ehre war, dann wusste er auch nicht. Unten angekommen, war er dann allerdings ein klein wenig nervös. Ihm wurde jetzt bewusst, dass er die wichtigste Aufgabe erhalten hatte … Zumindest nach Metatron, vielleicht war er doch der Falsche dafür? Sollte Raziel ihm nicht antworten wie gewünscht, dann würde er bestimmt wütend und ihn einschüchtern und dann noch weniger zu hören bekommen? Hatte Luzifer ihn verarscht? Nein, das würde er nicht tun, oder? Tsorn steigerte sich immer ein bisschen mehr in diesen Gedanken und spürte gut, wie langsam aber sicher die Wut in ihm aufzusteigen begann. Mit dieser Wut im Bauch, trat er die Gefängniszelle beinahe auf und sah eine Gestalt zusammenzucken. Eine Geste, die ihn durchaus leicht Grinsen liess. “Wir beide, haben was zu klären und wehe du verarscht mich, dann werde ich ungemütlich.” Tsorn wollte gar nicht mehr behutsam vorgehen, er war jetzt schon sauer, auf was wusste er zwar nicht so genau, aber bisher hatte er auch keinen Grund gebraucht. “Ich rede auch nicht lange um den heissen Brei herum, dazu habe ich die Laune gerade nicht. Wo ist euer grossartige Gott?” Er blieb direkt vor Raziel stehen und schaute ihn durchdringend an. Dieser schluckte, sagte allerdings kein Wort. “Heute noch oder muss ich andere Saiten aufziehen?” Tsorn hob seine Hand und sah wie Raziel zusammenzuckte. Der Engel hatte Angst. Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen und er liess die Hand sinken. Interessant. Niemals hätte er gedacht, dass einer dieser stolzen Erzengel Angst vor ihm haben könnte. “Hast du nicht die Kraft mich in Staub zu verwandeln?”, wollte er dann hämisch wissen und erlangte somit die Aufmerksamkeit des Engels. “Zu Staub?”, fragte dieser leise und sichtlich verwirrt nach. “Ja, zu Staub”, wiederholte Tsorn seine Worte und bekam tatsächlich ein Lächeln geschenkt. Kein überhebliches oder abwertendes Lächeln, es schien ehrlich gemeint zu sein und ihn nicht auslachen zu wollen. Ein sehr seltenes Gefühl. “Wie … wie kommst du darauf, dass wir euch zu Staub zerfallen lassen können?”, wollte er dann erneut verwirrt wissen. “Du kennst doch alle Geheimnisse Gottes, er wird das bestimmt können.” Tsorn kam sich schon ein wenig dämlich vor. Er hatte sich tatsächlich nie mit dem Himmelreich beschäftigt und dies bemerkte er nun einmal mehr. Raziel lächelte einmal mehr. “Du bist amüsant”, stellte er dann fest und setzte sich ein wenig aufrechter hin. Er war ihm zwar noch immer nicht ganz geheuer, aber weitaus weniger bedrohlicher, als zuvor. “Verarscht du mich grad?” Tsorn war keinesfalls ruhiger, seine Wut brodelte nach wie vor in ihm und Raziel machte es gerade nicht besser. “Ich wüsste nicht wieso ich dies tun sollte. Ich kann dir versichern, ich weiss nicht, wie man Jemanden zu Staub zerfallen lässt. Ich kenne zwar alle Geheimnisse, was jedoch nicht bedeutet, dass ich sie auch ausführen kann. Immerhin bin ich nicht so allmächtig, wie Gott es ist. Im Gegenteil.” Raziel war körperlich vermutlich der Schwächste aller Erzengel, was ihn selbst nicht störte. Normalerweise war er an der Seite Gottes und hatte keine Aufgabe, ausser dessen Geheimnisse zu beschützen. Er war kein Krieger, er musste nicht auf die Erde, um seine Aufgabe zu erledigen. Normalerweise war er die gesamte Zeit in Gottes Palast. Jetzt hingegen, wäre es vermutlich nicht so schlecht gewesen, ab und an Michaels Training beizuwohnen und ein paar Muskeln aufzubauen, doch dafür war es nun eindeutig zu spät. “Ist das nicht unfassbar frustrierend? Alles zu wissen und doch nichts zu können? Mich würde es wütend machen, sehr sogar!” Tsorn tigerte in der Zelle auf und ab. “Macht dich nicht alles wütend?”, wollte Raziel dann leise wissen. Tsorn war sich nicht einmal sicher, ob er ihn wirklich gehört hatte. “Detail.” Raziel lachte nun tatsächlich leise auf und versuchte sich ein wenig anders hinzusetzen, was nicht so einfach war. Tsorn drehte sich beim rascheln der Ketten wieder zu Raziel um und musterte ihn einmal mehr ausgiebig. “Wer hat dich hier runter gebracht?” Raziel blinzelte überrascht. “Ich kenne eure Dämonen nicht beim Namen”, stellte dieser dann fest. “Hm, wenn du ihn siehst, wüsstest du, wer es war?” Raziel wusste nicht was Tsorn mit diesen Fragen bezwecken wollte, nickte jedoch auf die Frage. “Gut, ich werde ihn umbringen.” Raziel weitete überrascht die Augen. “Nein, wieso?” Niemand sollte hier umgebracht werden. Natürlich, er wollte hier im Himmel keine Dämonen haben, aber, sie sollten auch nicht hier oben ermordet werden. “Du kannst dich kaum bewegen. Natürlich sollt ihr gefangen genommen werden, natürlich sollt ihr angekettet werden, aber deine Haltung, sie macht mich sauer und ist die eines Engels nicht würdig.” Tsorn setzte sich neben Raziel und lockerte die Ketten ein wenig. Sie waren eindeutig zu eng gezogen und selbst er sah, dass sie sich ins Fleisch des Engels schnitten. “Wieso interessiert dich das? Ihr fallt in unser Reich ein, schleppt uns hier her und dann willst du, dass ich es bequem habe?” Raziel verstand den Sinn dahinter nicht. Er wollte sich nicht beschweren, keinesfalls, es verwirrte ihn und er musste dies irgendwie zum Ausdruck bringen. “Wir wollen ja auch gar nichts von euch, wir wollen Gott. Daher wäre es für dich auch sehr ergiebig, wenn du mir einfach sagen würdest, wo er ist.” Tsorn grinste, er konnte doch nett fragen und sogar nett sein. Ein wenig wunderte es ihn selbst, doch wollte er wirklich nicht, das Raziel sich quälte, ihn schien vieles zu quälen. “Niemand weiss wo Gott ist, nicht einmal ich. Er war einfach weg, Ich mache mir Sorgen, er war noch nie einfach weg. Bisher hat er immer mir oder Metatron Bescheid gegeben, doch nichts, wie vom Erdboden verschwunden.” Tsorn beobachtete Raziel bei seinen Worten und er glaubte ihm. Der Ausdruck, in dessen Augen war nicht gespielt, er machte sich wirklich Sorgen. “Wenn Gott nicht da ist, wieso bist du unversehrt? Er ist doch derjenige der euch immer und immer wieder heilt, euch unsterblich macht. Du hast gekämpft, nicht gut, aber du warst auf dem Schlachtfeld, wieso hast du keinen Kratzer?” Raziels Lächeln wurde ein wenig schwächer. “Ich habe Wunden, du siehst sie nur nicht. Raphael hat sein Bestes gegeben, oberflächlich sind wir unversehrt, richtig, aber wir sind schwach, einige von uns haben Schmerzen, sie würden es jedoch niemals zugeben. Nur Gott, könnte die Verletzungen sofort heilen, Raphael, er braucht viel Kraft, um dies zu tun, die hat er nicht und doch spüre ich noch immer Energie von ihm ausgehen.” Tsorn war überrascht. Raziel war sehr ehrlich. Er wusste ja, dass Engel nicht lügen konnten, aber Raziel versuchte nicht einmal die Wahrheit zu verdrehen. “Ist das nicht gefährlich?” Tsorn wusste, dass Raphael Luzifers Achillesferse war und diesem durfte nichts passieren, wieso wusste er noch nicht, aber das was Raziel hier erklärte, klang nicht gut. “Sehr … Er muss damit aufhören. Ich will nicht, dass er sich für uns opfert, es ist die Sache nicht wert. Ich weiss, ich kann von dir nichts verlangen, aber lasst mich mit ihm sprechen, er muss damit aufhören.” Tsorn war nun noch überraschter. Niemals hätte er damit gerechnet, dass ein Erzengel ihn anbetteln würde, allerdings würde er nichts tun können, solange Luzifer nicht zustimmte. “Ich werde es Luzifer ausrichten, ich entscheide nichts über seinen Kopf hinweg.” Raziel sackte ein wenig in sich zusammen. “Das ist nicht gut, Luzifer wird seinen Zustand ausnutzen, wie er es schon einmal getan hat.” - “Ausnutzen? Wie sollte er ihn ausnutzen, wenn er kurz vor seinem Ende steht?” Raziel hob seinen Kopf erneut und schaute Tsorn direkt in die Augen. “Ich weiss es nicht, damals hat er es getan und er wird es bestimmt wieder tun. Nur Luzifer weiss, was damals passiert ist. Raphael war wohl zu traumatisiert, er erinnert sich nicht, keiner von uns konnte an ihn heran dringen, es dauerte tausende von Jahren, bis er zu dem wurde, der er nun ist. Luzifer sollte von ihm weg bleiben.” Tsorn vernahm die Verzweiflung in Raziels Stimme und er wurde immer neugieriger, was Luzifers Verbannung anging. “Ich muss trotzdem mit ihm sprechen”, er würde nicht einmal dieses Gespräch vor ihm verheimlichen können und dies machte ihn bereits wieder wütend. Raziel vertraute ihm, wieso auch immer, eines der ersten Geschöpfe die ihm vertrauten und es fühlte sich gut an. “Ich komme wieder”, kündigte er an, ehe er aufstand und die Zelle verliess, auf der Suche nach Luzifer. Raziel hingegen versuchte Raphael mental zu erreichen. Was ihm nur halbherzig gelang, da dieser schon ziemlich schwach war. Grid sass angenervt in der Zelle von Raphael und begutachtete diesen. Seit er hier war, hatte sich dieser noch nicht wirklich bewegt. Immer wieder zuckte er zusammen und Grid dachte, er würde aufwachen, aber es tat sich einfach nichts. “Wieso nochmals bin ich der Babysitter für den da?”, fragte er sich selbst. Er wollte zu den anderen, er wollte mit denen reden, diese quälen und einfach seinen Spass haben. Jetzt langweilte er sich beinahe zu Tode und langsam fragte er sich, ob Luzifer ihn nicht hasste. Babysitter für einen halbtoten Engel zu spielen. Wozu? “Hey du”, sprach er Raphael an, welcher sich nach wie vor nicht rührte. Genervt stand Grid auf und lief einmal mehr um diesen herum. Er hatte ja Zeit und so nahm er jeden Zentimeter Haut genauestens unter die Lupe. Dabei machte er eine kleine Entdeckung. “Scheisse … Will Luzifer deswegen, dass ich auf dich aufpasse?” Er trat noch einen Schritt näher an Raphael heran und begutachtete seine Brust ein wenig genauer. Da erschienen Kratzer. Er konnte es selbst kaum glauben und beinahe bedächtig, strich er über die frischen Wunden. “Wie?” Sie bluteten nicht, aber er konnte die Risse in der Haut deutlich spüren. Schnell suchte er den restlichen Körper ab und fand noch frische Wunden auf dessen Seiten. Irgendetwas stimmte nicht und Luzifer sollte dies wissen. Mit schnellen Schritten war er bei der Zellentür und rief einen niederen Dämonen zu sich. “Sucht Luzifer, sofort!”, befahl er diesem und schon war der Dämon verschwunden. Grid selbst ging wieder in die Zelle und versuchte weitere Veränderungen zu finden, allerdings schien keine neue dazu gekommen zu sein. “Ich bin Babysitter für einen Märtyrer” stellte er langsam aber sicher für sich selbst fest. Seufzend liess er sich wieder auf die Pritsche fallen und schloss für einen Moment die Augen. Wie sollte er auf so einen aufpassen? Es gab eigentlich nur eine Möglichkeit und die hatte Luzifer ihnen verboten, daran würde er sich halten. Doch wenn es so weiterging, würde es Raphael immer schlechter gehen. Grid wurde langsam aber sicher ein wenig nervös, was sich lediglich darin äusserte, dass er wirklich alle paar Sekunden nachschaute, ob weitere Wunden dazu kamen und kurz darauf an der Tür lauschte, ob Luzifer im Anmarsch war. Wo war der Kerl? Er sollte auf Raphael aufpassen und ihm Bescheid geben, wie? Er war ja nicht anwesend. Irgendwann setzte er sich dann wieder hin und seufzte, irgendwie hatte er immer die Arschkarte gezogen und irgendwann würde Luzifer dafür die Quittung bekommen. Vor Allem, wieso war dieser Engel so wichtig? Er war ganz offensichtlich kaputt. “Ich schwöre dir, wenn du hier krepierst, dann hoffe ich, dass du wieder auferstehst und in die Hölle kommst, damit ich dich so quälen kann, wie mich Luzifer quälen wird.” Sein Augenmerk blieb die gesamte Zeit auf Raphael, keine Sekunde liess er ihn aus den Augen und glücklicherweise, kamen auch keine neuen Wunden dazu. Während er ihn so betrachtete, stellte er sich allerdings auch die Frage, wieso man ihn so angekettet hatte. Dieser Engel sollte liegen, sich ausruhen, nicht wie ein Schweinchen von der Decke hängen. Dachte Luzifer eigentlich gar nicht nach? Nur ihn hier auf die Pritsche verlagern wollte er nicht, vielleicht spielte Raphael ihm lediglich was vor und wartete auf so eine Gelegenheit. Nein, er würde keine Risiken eingehen. Grid verlor nach einer Weile das Zeitgefühl. Er hatte keine Ahnung, wie lange er eigentlich hier sass und nichts tat. Wobei, mittlerweile war er tatsächlich dazu übergegangen die zahlreichen Schnitte an Raphaels Körper zu zählen und sich auszumalen, wer dafür verantwortlich war. Er hatte wahrlich schon interessantere Beschäftigungen als diese gehabt. “Wo bleibt der Kerl nur? So wichtig kannst du Luzifer offenbar doch nicht sein, wenn er dich hier so warten lässt. Was ist das eigentlich? Hm? Er macht sich um Niemanden Sorgen und dich dürfen wir nicht anfassen?” Grid stand wieder auf und vertrat sich erst einmal ein wenig die Beine. “Töte mich doch einfach.” Grid erschrak, als er plötzlich angesprochen wurde. Es dauerte einen Moment, ehe er begriffen hatte, dass Raphael mit ihm sprach. “Oh, Dornröschen ist zum leben erwacht und das ganz ohne Kuss.” Raphael hatte die Augen noch immer geschlossen und schien nicht wirklich bei Kräften zu sein. “Nicht dein Verdienst.” Grid knurrte leise, wobei Raphael nicht feindselig klang, eher erschöpft. “Woher sind deine Wunden?” - “Ihr habt uns angegriffen.” Grid schüttelte den Kopf, so hatte er dies natürlich nicht gemeint, allerdings wurde deutlicher und deutlicher, dass Raphael nicht wusste, was er meinte, er konnte sich ja nicht sehen. “Nicht diese Wunden, die sind weg, du hast neue, während du bewusstlos warst.” Grid konnte es beinahe selbst nicht glauben, dass er wem anderen die Verletzungen aufzeigen musste, an denen er nicht einmal Schuld war. “Einer eurer Schergen, wird einen meiner Freunde foltern”, stellte Raphael dann nüchtern fest und Grid kapierte gar nichts mehr. “Und wieso bekommst du die Wunden ab?” Auf Raphaels Lippen schlich sich ein leichtes Lächeln. “Weil ich sie beschütze, das ist mein Job.” Nun wurde Grid klar, was Raphael getan hatte. “Scheisse, das muss Luzifer erfahren …” Erneut rannte er zur Tür und befahl einem weiteren Dämonen nach Luzifer zu suchen, es war dringend, wenn er Raphael lebend wollte. Kapitel 7: Erinnerungen und andere Probleme ------------------------------------------- Luzifer hatte aus dem Palast gemusst. Die Wände hatten ihn nach dem Gespräch mit Metatron beinahe erdrückt und er fühlte sich gefangener als jemals zuvor. Dabei war dies nun sein Palast, zumindest vorübergehend. Es war irgendwie komisch, er genoss den Flug durch den Himmel. Ein Gefühl, welches er lange nicht mehr verspürt hatte. Zuerst war diese bedrückende Enge und nun? Er fühlte sich frei. Frei tun und lassen zu können was er wollte, selbst wenn Gott nun auftauchen sollte, diesen Moment, konnte selbst dieser ihm nicht mehr nehmen. Nach einer Weile hielt Luzifer inne. Er war so lange nicht mehr hier gewesen, dass er für einen Moment die Orientierung verloren hatte. Nach genauerem umsehen, brach er beinahe in schallendes Gelächter aus. “Dies ist ein schlechter Scherz”, sprach er zu sich selbst und landete auf den Treppenstufen des Windpalastes. Die Winde heulten um das Gebäude und umspielten sie wie eh und je. Es hatte sich nichts geändert, ausser das der Besitzer gerade in einem Kerker hing. “Wieso?” Luzifer getraute sich beinahe nicht, die Stufen empor zu gehen und sich in den Palast zu wagen. Nach einigen Momenten, gab er sich dennoch den Ruck und durchschritt die Tore. Nun stand er in der Eingangshalle. Ein beinahe eisiger Wind umhüllte ihn und Luzifer hätte schwören können, dass dies verlorene Erinnerungen waren. Nur an was? An was sollte er sich erinnern? Langsam, beinahe bedächtig, schritt er durch die Halle. Es hatte sich nichts verändert. Wie war es möglich, dass er sich an die Einrichtung erinnerte, obwohl es tausende Jahre her war, als er sich zuletzt hier aufgehalten hatte? War Raphael wirklich so konstant? Sein Weg führte ihn in die obere Etage, wie von alleine trugen ihn seine Füsse in die Gemächer Raphaels. Erneut umspielte ihn ein eisiger Wind. Es wirkte beinahe so, als sollte er nicht hier sein, als wäre er nicht willkommen. Bei dem Gedanken lachte Luzifer auf. Natürlich war er hier nicht willkommen. Kurz schüttelte er den Kopf und ging auf dessen Bett zu, als er sich auf dieses setzte, durchfuhr ihn einen eiskalten Schauer. “Jetzt reicht es aber”, knurrte Luzifer bedrohlich in den leeren Raum, wohl wissend, dass er alleine hier war. Zumindest hatte er keinen anderen Engel ausmachen können und ein Dämon hätte sich nicht hier her verirrt. Raphaels Palast lag viel zu westlich und er hatte ihnen ausdrücklich verboten, den Himmel zu erkunden. Luzifers Blick haftete auf dem Bett und ihn überkam das Bedürfnis sich hineinzulegen. “Nein, nein, deswegen bin ich nicht hier”, ermahnte er sich selbst und sprang beinahe von der Schlafstätte auf. Dieses Gefühl, er konnte es nicht einordnen. Diese Vertrautheit. Sie machte ihn beinahe wahnsinnig, dabei gab es hier nichts mehr Vertrautes. Raphael hatte sicherlich keinen Gedanken mehr an ihn verschwendet, seit er weg war und doch fühlte es sich an, als wäre seine eigene Präsenz nie aus diesem Raum verschwunden. “Wie? Raphael, wie?” Luzifer war sichtlich verwirrt und ziemlich froh drüber, alleine hier zu sein. Er hatte ja nicht einmal hier her gewollt und nun war es beinahe so, als wäre er zu Hause. Nein, er war hier nach wie vor nicht willkommen und dennoch fühlte es sich richtig an. Irgendwas stimmte hier nicht, irgendetwas war in ihrer Vergangenheit schief gelaufen, da war er sich langsam ziemlich sicher. Abrupt setzte er sich in Bewegung und verliess den Palast, zwar hatte er nicht dieses einengende Gefühl wie in Gottes Palast und doch überkamen ihn immer mehr Schauer. Es konnten unmöglich die Winde sein, welche den Palast umspielten und er konnte und wollte nicht daran glauben, dass sich Erinnerungen manifestieren konnten und ihm seine Vergangenheit aufzeigten. Nicht hier, nicht in Raphaels Palast. Es dauerte nicht lange, bis er einen gewissen Abstand gewonnen hatte und langsam das Gefühl bekam, die Winde würden ihn in Ruhe lassen. Es konnte nicht sein. Raphael war der Herrscher über seine Winde, dieser war angekettet in einem Kerker, es konnte einfach nicht sein. Luzifer beschloss in den Palast Gottes zurückzukehren. Raphael schuldete ihm Antworten und sollte dieser ihm keine geben können, würde ein anderer Erzengel ihm welche liefern, wer war ihm dabei vollkommen egal. Dort angekommen wurde er bereits von einer kleinen Gruppe Dämonen erwartet. Sofort wuselten sie um ihn herum und einer wagte es sogar ihn am Handgelenk zu packen und ihn in den Palast ziehen zu wollen. “Stopp, was soll das werden?”, fauchte er den Dämonen beinahe an und dieser hielt sofort inne. “Grid sucht dich, er hat jedem von uns mit dem Tode gedroht, sollten wir dich nicht schnellst möglich zu ihm führen. Es scheint wichtig zu sein, Luzifer.” Luzifer schüttelte die Hand erst einmal ab. Er wollte nicht angefasst werden, nicht ohne seine Erlaubnis, zumal er selbst gehen konnte. “Gut, wo ist er?”, wollte Luzifer direkt wissen und einer der Dämonen beschloss vorzugehen, was lediglich ein Augenrollen hervorbrachte. “Ich habe was gefragt”, stellte dieser nun deutlich genervter fest. Nicht nur, dass er von Erinnerungen beinahe überfallen wurde, nein, seine Dämonen schienen zu dumm zum sprechen zu sein. “Er ist bei Raphael, er ist nicht von dessen Seite gewichen, wie du es ihm aufgetragen hast.” Luzifer nickte. Dies war eine Antwort, mit welcher er etwas anzufangen wusste. “Holt ihn und schickt ihn mir in den Thronsaal, am besten schon vor fünf Minuten.” Luzifer schob sich nun an seinen Dämonen vorbei und machte sich auf den Weg in den Thronsaal. Für einen kurzen Moment, überlegte er sich, vielleicht einen anderen Raum als sein Hauptaudienzsaal zu verwenden, verwarf den Gedanken allerdings wieder. Jetzt war er der Herrscher und er würde es bleiben, bis Gott sich dazu bequemte wieder aufzutauchen. Mit einem entnervten Seufzen setzte er sich auf den Thron und wartete. Es dauerte nicht lange, bis Grid auftauchte und dessen Mimik passte ihm überhaupt nicht. “Wo zur Hölle warst du? Du kannst uns nicht als Babysitter beauftragen und dann nicht erreichbar sein, sobald es einen Notfall gibt, gerade wenn es um deinen persönlichen Lieblingsengel geht.” Luzifer hob eine Augenbraue und deutete Grid an weiter zu sprechen, um die Ausdrucksweise würde er sich später kümmern. “Wie soll ich es dir erklären? Einer deiner Generäle baut Scheisse.” Die Antwort war so nichtssagend, dass Luzifer darauf gar nicht erst reagierte, im Gegenteil. Sein Blick wurde noch durchdringender und Grid fing an zu Schmunzeln. “Hast du das Pergament angesehen?”, wollte dieser wissen und deutete auf das Schriftstück, welches noch immer auf einem Tisch in mitte des Raumes stand. “Wieso?” - “Tu es”, forderte Grid seinen Boss heraus und dieser ging mit den Augen rollend zu dem Stück Papier. “Wieso stehen hier keine relevanten Infos?”, zischte Luzifer gefährlich und hielt Grid das Schriftstück unter die Augen. “Findest du nicht relevant, dass alles was hier ausgesagt wird, mit Raphael zu tun hat?”, fragte Grid interessiert nach. “Ich stelle mir die Frage, welcher der Erzengel, hier am ehesten gegen die Regeln verstossen würde und wenn ich nach diesen Aussagen gehe, würde ich sagen, der Heiler ist es.” Luzifer legte die Schriftrolle wieder auf ihren Platz und sein Blick durchbohrte Grid beinahe. Er konnte seinen Impuls gerade noch unterdrücken, diesen zu packen und ernsthaft zu verletzen. Er wusste immerhin immer noch nicht, was dieser ihm sagen wollte und langsam ging seine Geduld auch dem Ende entgegen. “Du solltest langsam aber sicher mit der Sprache rausrücken, ehe ich dich zerquetsche und einen Nachfolger suche”, drohte er seiner Sünde dennoch. “Schade, ich dachte du hättest mehr Geduld, nun gut, ich verlange allerdings eine kleine Belohnung, dafür, dass ich deinen Liebling rette … “ - “GRID!” - “Ist ja gut.” Die Habgier hob beschwichtigend die Hände. “Raphael scheint eine Art Schutzzauber ausgesprochen zu haben, er hat jegliche Schmerzen der anderen Erzengel auf seine Schultern geladen, deswegen geht es ihm so miserabel und wenn du den anderen weiter erlaubst, ihre zugewiesenen Engel zu foltern, wird er sterben.” Luzifer schien sehr genau über die Worte nachzudenken, ehe er anfing zu fluchen. “Dieser Idiot. Wieso kann er sich nicht einfach einmal an die Regeln des Himmels halten?” Nun war es an Grid ein wenig verwirrt zu sein. “Wie?” - “Es ist ihm verboten einzugreifen, er darf seine Kräfte nicht auf andere Engel anwenden, da er sie ebenfalls einer Gefahr aussetzt, zumindest bei Niederrangigen Engeln, bei seinesgleichen ist die Gefahr kleiner, aber nicht für ihn.” Grid verstand nach wie vor nicht, was Luzifer meinte, vielleicht weil es ihm auch egal war, er hatte seine Arbeit vollbracht und diesem mitgeteilt, dass es ein Problem gab. “Hol die Anderen her, sofort”, befahl Luzifer seiner Sünde und dieser nickte lediglich, ehe er aus dem Thronsaal verschwand und seine Mitgeneräle holte. Es dauerte nicht sonderlich lange, tauchte Grid mit allen im Schlepptau auf. Wirklich erfreut war kaum einer von ihnen, hatten sie sich doch auch eine kleine Pause gegönnt und Grid wollte einfach nicht sagen, um was es ging. “Sollen wir Tag und Nacht bei den Drecksengeln bleiben?”, wollte Mekane ohne Umschweife wissen und flog direkt gegen die nächste Wand. “Noch jemand, der seine Meinung kund tun möchte? Ich erinnere euch nur ungern daran, aber ich bin auch einer, dieser Drecksengel, nur weil ich euer Boss bin, bedeutet dies nicht, dass ich nicht weiss, woher ich ursprünglich komme und dies solltet ihr auch nicht vergessen. Es ist mir ein leichtes ein jeder von euch zu töten und einen Nachfolger auszuwählen. Verstanden?” Keiner der Anwesenden traute sich auch nur ein Wort zu sagen und Mekane rappelte sich langsam aber sicher wieder auf. Sein Fluchen unterdrückte er, wollte er nicht noch einmal mit Luzifers Kraft in Berührung kommen. “Wer von euch hat seinen ‘Schützling’ gefoltert?”, forderte er harsch und es war Luzifer beinahe ein Vergnügen mit anzusehen, wie nervös sie alle wurden. “Soll ich selbst nachschauen?”, hakte er dann ein wenig bestimmter nach und nach einmal tief durchatmen, trat Gadles vor. “Du hast es mir erlaubt, Michael ein wenig zu foltern, also wozu die Aufregung?”, entgegnete dieser in seiner hochmütigen Art. “Nun, die Lage hat sich ein klein wenig geändert, weil nicht alle Engel nach Gottes Regeln spielen. Eine Tatsache, die mich eigentlich erfreuen sollte, gerade aber sehr kontraproduktiv ist. Ehe ich nicht mit Raphael gesprochen habe, wird keiner der Engel mehr gefoltert, klar?” Die Sünden nickten und auf Luzifers Andeutung hin verschwanden sie aus dem Saal. Keiner wagte es sich nachzufragen, keiner ausser Gadles. “Und wieso?” - “Weil er einen Schutzzauber gesprochen hat und jeglichen Schmerz auf sich nimmt. Du kannst Michael foltern, solange du willst, er wird nichts spüren und falls doch, nur kurzzeitig. Es ist also komplett sinnlos und arbeitet gegen uns”, beantwortete Luzifer ihm die Frage, während er sich auf den Weg zu Raphael machte. “Nicht unbedingt, wenn er weiss, dass Raphael für ihn leidet, vielleicht redet er dann?” Luzifer brach in schallendes Gelächter aus. “Michael? Der würde seine Seele verkaufen, wenn es ihm einen Vorteil erbringen würde, seine und all derer die er liebt.” Gadles war kurzzeitig irritiert über Luzifers Reaktion, bei dessen Worten hingegen nickte er. “Also, dann muss ich dir ein Geständnis machen, ich wusste, dass Raphael die Erzengel beschützt. Michael hatte keinerlei Narben, was für seine Position ein wenig komisch ist.” - “Und trotzdem hast du ihn gefoltert?” - “Ich wusste nicht, wie es sich auswirkt, nun, du solltest dich vermutlich um Raphael kümmern, ich habe mein Blut mit Michaels Wunden verbunden, die Auswirkungen kenne ich nicht.” Luzifer knurrte bedrohlich. Er konnte nicht einmal sauer auf Gadles sein, hatte er diesem Narrenfreiheit bei Michael gegeben, was er in diesem Moment bereute. “Sieh nach Michael, ich kümmer mich um Raphael”, herrschte er Galdes an und verschwand in der besagten Zelle. “Ich dachte, ich bin derjenige, der sich einen Dreck um die Regeln hier im Himmel schert, aber offensichtlich, hast du meinen Platz eingenommen”, begrüsste er Raphael amüsierter als eigentlich gedacht. “Ich muss dir ja wohl kaum sagen, wie dämlich es von dir ist, was du hier veranstaltest und hast du wirklich gedacht, ich bekomme es nicht mit? Nicht nur, dass du dich bei Grid offenbart hast, dein bester Freund, hat dich eiskalt ans Messer geliefert.” Luzifer spuckte die Worte beinahe vor Raphaels Füsse. Bester Freund, dass er nicht lachte. Michael würde niemanden als seinen besten Freund bezeichnen, dieser voreingenommene Engel war sich selbst am nächsten und dies würde sich nie ändern. “Was willst du?”, wollte Raphael kühl wissen, seine Augen nach wie vor geschlossen. “Nun, in erster Linie, würde ich es begrüssen, wenn du nicht den Märtyrer für deine Kollegen spielst. Ich sehe nämlich keinerlei Vorteile für dich, eher im Gegenteil. Du hängst hier wie ein nasser Sack, Raphael und es macht dich leider wenig attraktiv.” Raphael schnaubte bei Luzifers Worten unmerklich. “Ich habe meine Gründe”, erwiderte dieser lediglich und spürte Luzifers Präsenz hinter sich. “Interessant, stehst du in deren Schuld? Einen anderen Grund könnte ich mir nicht vorstellen, allerdings glaube ich dies eher weniger. Was ist es? Wieso nimmst du die Qualen auf dich?” Luzifer hatte sich so Nahe an Raphael gestellt, dass dieser dessen Atem an seinem Ohr spüren konnte. “Denkst du wirklich, ich verrate dir meine Gründe?”, wollte Raphael nach wie vor kühl wissen. “Du langweilst mich …” - “Dann geh einfach wieder?” Luzifer lachte leise und brachte Raphael zum erschaudern. “So einfach ist es nicht, Raphael. So einfach ist es nicht. Ich hätte meine Mittel und Wege, um dich mir gefügig zu machen, dies wissen wir beide, aber ich hoffe ja wirklich darauf, dass du vernünftig bist und wenigstens damit aufhörst, dich für Bande zu opfern. Sie haben es nicht verdient, keiner von ihnen.” Raphael schüttelte lediglich den Kopf. “In deinen Augen vielleicht.” Er schloss seine wieder und spürte die Sorge Raziels, wenn einer seinen Schutz verdient hatte, dann dieser. “Dann muss ich dich wohl dazu zwingen, ich werde nicht dabei zu sehen, wie du dich quälst.” Mit einem Ruck spürte Raphael den Boden unter seinen Füssen und wie er fest an Luzifer gepresst wurde. Dieser hatte ihn los gemacht und er selbst hatte keinerlei Kraft um sich gegen ihn zu wehren. Geschickt wurde er von seinem ehemaligen Weggefährten auf die Unterlage in der Zelle gesetzt und wieder angekettet, dieses Mal mit deutlich mehr Freiheiten als zuvor. “Wieso?” - “Wieso nicht?” Luzifer nahm neben ihm Platz und begutachtete die Wunden auf Raphaels Körper. Sie waren nicht tief, was vermutlich daran lag, dass Gadles nicht Ernst gemacht hatte. Dennoch dürften sie schmerzhaft sein. “Du vertraust mir nicht, ist dein gutes Recht, aber beantworte mir eine Frage, wie fühlst du dich?” Raphael war sichtlich verwirrt. Luzifer sah doch, wie es ihm ging, wozu wollte er das noch von ihm hören? Ehe es ihm dann wie Schuppen von den Augen fiel. “Nein, ich spüre nichts dergleichen, egal welche deiner Sünden etwas angestellt hat, ich habe es nicht übernommen.” Kapitel 8: Ein Gespräch ----------------------- Luzifer lehnte sich gegen die kühle Wand des Kerkers. Einmal mehr stellte er sich die Frage, wozu Gott eigentlich einen benötigte. Er selbst hatte ihn zumindest nie von innen gesehen. “Seit wann gibt es dieses Kellergewölbe?” Luzifer blickte beinahe starr gegen die Decke und bekam Raphaels irritierten Blick nicht mit. “Leidest du unter Gedächtnisschwund? Dein Aufenthalt hier, mag schon ein paar Jahrtausende her sein, aber so einen Ort vergisst man doch nicht einfach.” Luzifer lächelte. “Ich war nie hier, ich bekam nicht mal einen richtigen Prozess.” Raphael schnaubte belustigt auf. “Deswegen dieses Theater?” Luzifer lachte leise. “Du nennst es Theater, ich will lediglich meine Antworten. Da ich bezweifle, dass du sie mir geben kannst, werde ich meine Art und Weise nicht ändern, Raphael.” “Ich kenne die Fragen nicht”, stellte dieser leise lachend fest. “Selbst wenn, du spielst den Märtyrer für die Drecksbande, ich erwarte nicht, dass du mir die Antworten geben würdest.” Luzifer stand wieder auf und begutachtete Raphael einen Moment lang. Dieser lehnte sich, wie er selbst zuvor, gegen die Wand und hatte die Augen geschlossen. “Müssen wir weiter darüber diskutieren oder hörst damit von selbst auf?” Raphael verzog seine Lippen zu einem kaum merkbaren Lächeln. “Wieso ist es dir so wichtig? Sollte nicht deine Rache an Gott an erster Stelle stehen? Die Suche nach diesem? Stattdessen scheint es dich mehr zu kümmern, was ich hier tue, hast du Angst?” - “Angst vor was? An sich würdest du mir einen Gefallen tun, wenn ich einen weniger beseitigen müsste, aber wo bliebe dann mein Spass? Ausserdem bin ich nicht dumm. Deine Kräfte mögen gross sein, aber du bist der Schutzengel der Menschen, einen deinesgleichen zu heilen, erfordert viel mehr Kraft und ich bin mir ziemlich sicher, die Wunden sind nur oberflächlich weg. Eine Täuschung deinerseits, hab ich recht?” Raphael öffnete seine Augen und sah Luzifer direkt an. “Vielleicht kennst du meine wahre Kraft nicht?” - “Wenn dem so wäre, würdest du mir diese Frage nicht stellen. Wie schwer sind die anderen verwundet?” Raphael wandte seinen Kopf ab und schloss seine Augen wieder. “Ich weiss es nicht.” Luzifers Blick haftete nach wie vor auf Raphael und er spürte, dass dieser die Wahrheit sagte. “Du bist entweder wahnsinnig oder komplett dämlich”, stellte Luzifer weniger überrascht fest, als er eigentlich war. “Du sprichst einen Schutz aus, ohne zu wissen, wie stark verletzt sie sind? Es hätte dein direkter Tod bedeuten können.” “Meine Aufgabe ist es zu beschützen.” - “Willst du draufgehen?” - “Nein, ich werde dir meine Gründe nicht verraten, Luzifer.” Luzifer seufzte resigniert, aus Raphael würde er vorerst nichts herausbekommen, was ihm an sich schon klar war. Es änderte allerdings nichts an der Tatsache, dass er ihn nicht verstand. “Du hast meine Frage nicht beantwortet.” - “Ich dachte nicht, dass du darauf wirklich eine Antwort willst.” Luzifer verlor langsam aber sicher die Geduld. “Du bist nicht in der Lage, Spielchen mit mir zu spielen. Ich lasse dir jetzt noch die Wahl, denk darüber nach, sollte ich mitbekommen, dass du diesen Schutz weiterhin ausübst, werde ich dich zwingen, damit aufzuhören.” - “Dann sehen wir uns bestimmt bald wieder. Du solltest dich allerdings nicht wundern, sollte die Freude meinerseits nicht allzu gross sein.” - “Treib es nicht zu weit, Raphael. Der einzige Grund, wieso ich noch nett zu dir bin, liegt in einem kleinen sentimentalen Erinnerungsbrocken, überstrapaziere meine Nerven nicht und schon gar nicht meine Geduld.” Ohne Raphaels Antwort abzuwarten, verschwand er aus dessen Zelle und ging schnurstracks in diese von Michael. Gadles hatte seinen zugewiesenen Erzengel einen Moment lang beobachtet. Michael war stark und stolz. Eigenschaften, die durchaus nützlich waren und doch so falsch. Sich Fehler einzugestehen würde diesem wohl nie einfallen. Nicht einem Erzengel der sich wohl über allen anderen sah. Diese Haltung schien Michael nie abzulegen. Nicht einmal jetzt, angekettet an einer grauen Kerkerwand, mit Wunden über den gesamten Oberkörper verteilt und seinem Blut in sich. Es war eine Schande, dass er auf Luzifer hören sollte, aber vielleicht hatte dieser ja Erfolg bei Raphael und er konnte sein Spielchen bald weiter spielen. Diesen Engel zu brechen wäre sein Ziel und er würde es mit dessen eigenen Mittel tun. Sich über ihn zu stellen. “Brennt es?”, wollte er nach einer gefühlten Ewigkeit wissen und Gadles trat Nahe vor den geschundenen Körper Michaels. Mit seinen Fingern strich er über die frischen Wunden, den Drang unterdrückend sie ihm wieder aufzureissen und ihn bluten zu sehen. “Du musst nur lieb bitte sagen, dann erlöse ich dich”, raunte er ihm leise ins Ohr und spürte wie Michael leicht erschauderte. “Interessant, körperliche Nähe bist du wohl nur gewohnt, wenn es um einen Kampf geht, nicht in dieser Art und Weise. Eigentlich traurig, du bist ein ansehnlicher Mann, aber ich kann mir gut vorstellen, woran dies liegen könnte.” Gadles entfernte sich ein paar Schritte von Michael, allerdings nur um diesen wieder komplett mustern zu können. “Soll ich Bager herholen? Sie könnte dir im Nu die fleischliche Lust beibringen und dir zeigen, wie gut es tut, sich auszutoben, wobei Bager es vermutlich nicht zu schätzen wüsste.” Gadles lachte beinahe höhnisch. Niemals würde er Bager zu Michael lassen. Luzifer würde sie Beide töten. Ihm war durchaus bewusst, dass Michael leiden und nicht noch durch die Fleischeslust belohnt werden sollte. Es stellte sich ihm allerdings einmal mehr die Frage, ob dies für Michael wirklich eine Belohnung wäre. “Verzieh dich”, knurrte Michael leise. “Oh, diese Gastfreundschaft, ich fühle mich beinahe wie zu Hause.” Die Sünde machte wieder einen Schritt auf den Erzengel zu und strich ihm erneut über die Brust. “Du kannst noch so stark sein, Michael. Ich sehe, dass mein Blut deines zum Kochen bringt, es bedarf nur ein paar Worte und ich erlöse dich und du solltest mein grosszügiges Angebot annehmen. Ich weiss aus sicherer Quelle, dass Luzifer gerade bei Raphael ist und er weiss Bescheid. Es gibt also zwei Möglichkeiten, entweder leidet er oder du und wenn du einmal in deinem Leben …” - “Halt dein Schandmaul, du hast keinerlei Ahnung. Werte sind bei euch Dämonengesocks völlig fremd”, unterbrach Michael Gadles ziemlich hart, was diesen nur wenig beeindruckte. “Werte? Was für Werte? Ihr habt nur Glück hier im Himmel zu sein, mehr nicht. Werte, dass ich nicht lache. Gerade DU willst mir etwas von Werten erzählen? Wirklich? Michael … Ein wenig enttäuschst du mich jetzt schon, dabei habe ich nicht einmal etwas von dir erwartet.” Gadles schüttelte amüsiert den Kopf. “Interessiert mich nicht”, knurrte Michael leise. “Oh, mich auch nicht, trifft sich ja super. Michael, Michael, Michael, du solltest es nicht versuchen, dich mit mir anzulegen, mich anzugreifen, selbst mit Worten, ist kaum möglich. Ich steh über dir, solange du meine Sünde auslebst. Ich werde dich bestimmt nicht aufhalten, weisst du? Es ist gut zu sehen, wie ein Erzengel, gegen die Regeln des Himmels verstösst. Was mich allerdings wundert, wieso wurdest du bisher nicht bestraft? Bist du ein guter Schauspieler? Wobei, widerspricht dies nicht der Regel, dass ihr nicht lügen könnt? Fragen über Fragen, Michael. Dabei sollte ich herausfinden was du über den Verbleib von Gott weisst und nun habe ich noch mehr Fragen an dich, schon ärgerlich, wie wenig du mich los wirst, oder?” Gadles war mittlerweile dazu übergegangen um Michael herum zu tigern. Sein Blick klebte förmlich an dem Erzengel und schien jegliche Reaktion in sich aufsaugen zu wollen. “Keine Antwort? Ich war mir so sicher, dass du dich gerne selbst reden hörst”, flüsterte er ihm plötzlich ins Ohr. “Aber ich verstehe, wieso du nicht mit mir sprichst, es muss verdammt hart sein, sich darauf zu konzentrieren, nicht durchzudrehen oder? Stell dir mal vor, du hättest mein Blut getrunken, Michael”, schnurrte er ihm weiterhin ins Ohr und strich ihm einmal mehr über die Brust. “Ich könnte jetzt mit dir machen, was immer ich will. Vielleicht werde ich das noch tun, sobald Luzifer es mir erlaubt, oh, es wird mir eine Freude sein, dich zu demütigen und zu erniedrigen.” Gadles biss dem Erzengel kaum merklich in den Hals und leckte ihm anschliessend über die Stelle. “Bist du fertig?”, unterbrach ihn eine Stimme und sein Blick wanderte direkt zur Tür. “Wann bist du denn reingekommen?” - “Ich stehe hier schon länger, es ist durchaus interessant, was du mit Michael so vor hast und die Fragen die du ihm stellst, sind sogar sehr gut. Nun verschwinde aber.” Gadles schnaubte über den Rauswurf, kam Michael allerdings noch einmal ein wenig näher. “Du hättest mit mir kooperieren sollen”, raunte er diesem noch ins Ohr, ehe er die Zelle verlassen wollte. “Geh zu Raphael, melde mir jede Kleinigkeit, umgehend!” Gadles nickte und verschwand. “Nun zu dir”, Luzifers Blick huschte nur kurz über Michael, wie gern er diesen Engel einfach töten würde und doch hielt er sich zurück. Die Gefahr, dass Raphael nicht auf ihn hörte, war einfach zu gross und zudem hatte Michael keinen einfachen Tod verdient. Luzifer war ausserdem davon überzeugt, dass dieser mehr über seine Geschichte wusste, als er selbst es tat. Er brauchte ihn, leider. “Ich werde auch dir nicht sagen, wo Gott ist”, knurrte dieser sogleich und erhielt zur Antwort ein amüsiertes Auflachen. “Du, das interessiert mich auch nicht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass du keine Ahnung hast, wo sich Gott aufhält. Ich habe da eine Theorie und sollte sich diese bestätigen, bist du nutzlos, dann ist ein jeder von euch nutzlos und ich werde mir ein paar Tage Zeit nehmen, mir zu überlegen wie ich euch los werde, ein für alle Mal.” Michael hob nun doch den Kopf und die Überraschung war ihm deutlich anzusehen. “Du schickst deine Lakaien zu uns und willst Informationen, die dich gar nicht interessieren?” - “Nicht ganz, Michael, einer verplappert sich immer und ja, mir ist klar, dass nicht du derjenige sein wirst, aber wir Beide haben noch was zu klären, dementsprechend trifft es mit dir auch nicht den Falschen.” Luzifer zuckte weiterhin amüsiert mit den Schultern und legte für einen kurzen Moment den Kopf schief. “Von dir will ich nur eines wissen: Wie habt ihr Raphael dazu bekommen?” Auf Michaels Lippen schlich sich ein kleines Lächeln. “Ich dachte, ein paar tausend Jahre hätten gereicht, dass sich deine Gedanken nicht nur um Raphael drehen, aber da habe ich mich wohl geirrt.” Michael grinste Luzifer nun an und bekam direkt die Quittung. Eine Ohrfeige die sich gewaschen hatte. “Ich mag viel vergessen haben, aber ich kenne eure Charaktere und der Raphael von damals, hätte nicht gegen Gottes Regeln verstossen. Sein Sinn für Gerechtigkeit war grösser als der von euch allen zusammen. Gut, bei dir nicht schwierig, du hattest nie einen, was bei mir immer und immer wieder die Frage aufkommen lässt, wie du es geschafft hast, diesen Posten zu bekommen.” Luzifer wurde augenblicklich ein wenig nachdenklicher. Sein Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte, wurde von Sekunde zu Sekunde stärker. Damals ist etwas schief gelaufen und er wollte immer mehr heraus finden, was genau. Allein deswegen konnte er Michael nicht beseitigen. Deswegen und weil Raphael offensichtlich auch diesen schützte. “Nun, ich wusste zu überzeugen, im Gegensatz zu dir. Wie ist das Leben, in der Hölle? Wurdest du gut aufgenommen?” Die Gehässigkeit in Michaels Worten war kaum zu überhören und doch reagierte Luzifer nicht darauf. Zu sehr war er in seinen Gedanken gefangen, dass irgendetwas nicht stimmte. Nach mehreren Momenten widmete er sich allerdings wieder seinem Hausgast und trat endlich ein wenig näher. “Nun? Keine Antwort auf meine Frage? Auch gut, ich werde sie bekommen, egal ob von dir oder einem der anderen. Ist Raziel immer noch so ein Schwächling? Vielleicht sollte ich mit ihm anfangen? Oder doch mit Uriel?” Luzifer beobachtete Michaels Reaktion auf die einzelnen Namen und konnte rein gar nichts ablesen. “Eiskalt … Ich sollte dir einen Aufenthalt in meinem Haus spendieren, dann wird dir vielleicht ein wenig wärmer”, merkte er wie beiläufig an. “Kein Bedarf, mir gefällt es hier.” - “Natürlich tut es das, im Arsch von Gott ist es ja auch ziemlich warm. Wie du zum Schosshündchen werden konntest, unfassbar.” Luzifer schüttelte angewidert den Kopf. “Gadles hatte recht, keinerlei Narben, Gott scheint es gut mit dir zu meinen, allerdings sehe ich noch immer Kratzer auf deinem Körper, was nur zwei Dinge bedeuten kann. Raphaels Kräfte haben nachgelassen, was mir weniger gefallen würde oder er hat wirklich damit aufgehört, was ich natürlich begrüssen würde.” - “Wirst du kaum überprüfen können, du wärst nicht hier, hätte dein Gespräch mit Raphael ein Ergebnis ergeben. Du bist so durchschaubar, Luzifer, warst du schon immer und genau das wurde dir zum Verhängnis.” Angesprochener wandte sich ab und verliess einmal mehr den Raum, ohne ein Wort zu sagen. Michael regte ihn auf und er wollte es wirklich vermeiden, diesem weh zu tun, solange es nicht wusste, was Raphael genau tat. Diesem unnötige Schmerzen zu bereiten war nicht sein Ziel. Michael sollte leiden und er würde schon dafür Sorgen, dass auch Raphael dies einsah. Wütend wollte er sich auf den Weg, in eines der Schlafgemächer, machen. Der Tag zerrte an seinen Nerven. Er wurde allerdings von Tsorn aufgehalten, welcher vor der Tür seines auserwählten Zimmers stand und augenblicklich auf ihn wartete. “Ich hab weder die Zeit noch die Lust mit dir zu diskutieren, Tsorn”, versuchte er diesen direkt los zu werden. “Du brauchst nur zuhören. Ich habe über deine Worte vorhin nachgedacht und mir ist eingefallen, das Raziel ebenso erwähnt hat, das Raphael einen Zauber ausgesprochen hat.” - “Du wusstest davon und hast mir nichts gesagt?” - “Wann denn? Du hast uns zur Sau gemacht und danach hat Gadles das Gespräch gesucht, ich wollte mich nicht einmischen und dazwischen preschen. Zumal ich lediglich mit Raziel sprach, ich dachte Informationen von Michael wären für dich in diesem Augenblick ein wenig interessanter.” - “Mag sein, aber auch diese Information wäre wichtig gewesen, Tsorn.” Luzifer wollte sich an diesem vorbei schieben, was Tsorn jedoch zu verhindern wusste. “Raziel macht sich Sorgen, sowohl um Gott, als auch um Raphael. Er will nicht, dass Raphael ihnen hilft, da muss etwas dahinter stecken. Er wollte auch nicht, dass ich es dir sage, weil er Angst hat, dass du seinen Zustand ausnutzt. Wie damals …” Luzifer war sichtlich verwirrt über Tsorns Worte. “Was wie damals? Ich habe Raphael nie ausgenutzt, ich habe ihn immer beschützt und war an seiner Seite … Bis ich verbannt wurde.” Tsorn zuckte mit den Schultern. “Mehr bekam ich noch nicht aus ihm raus, er schien sich wirklich Sorgen um Raphael zu machen, wie wohl alle Engel …” - “Alle ausser Michael”, stellte Luzifer fest. “Du solltest die Einzelhaft überdenken, vielleicht sprechen sie miteinander, wenn sie das Gefühl haben unter sich zu sein”, schlug Tsorn vor. “Eine gute Idee. Ich denke darüber nach, allerdings erst, nachdem ich geruht habe.” Kapitel 9: Umsetzung -------------------- Luzifer hatte lange und gründlich über Tsorns Idee nachgedacht und mit jeder verstrichenen Minute, erschien sie ihm sinnvoller und sinnvoller. Die Engel wollten nicht mit ihnen sprechen, was eigentlich logisch war, aber vielleicht sprachen sie untereinander. Lange hatte er sich noch Gedanken gemacht, welche der Erzengel er in einen Raum sperren konnte, um ein bestmögliches Resultat zu erzielen und ihm wurde klar, dass er dies mit seinen Sünden besprechen sollte. Immerhin hatten diese bereits Kontakt zu den Engeln und wussten ein wenig mehr Bescheid. Nachdem er ein wenig geruht hatte, trommelte er jeden einzelnen seiner Generäle zusammen. Es schien beinahe so, als hätten es sich hier alle bereits sehr häuslich gemacht, was an sich nicht seinem Plan entsprach. Zu wohl, sollten sich die Sünden hier auch nicht fühlen. “Es ist ziemlich früh, Luzifer, hätten wir nicht noch ein wenig schlafen dürfen?” Inersha hatte sich auf den Boden gelegt und es schien tatsächlich so, als würde dieser weiterschlafen wollen. Ein Tritt von Grid verhinderte dies allerdings und Inersha sass mit schmerzverzerrtem Gesicht auf den kalten Steinplatten. “Ich hatte noch kein Frühstück, ohne etwas Ordentliches im Magen, kann ich nicht denken”, beschwerte sich nun auch Glatani. “Du hast den Abend damit verbracht, den göttlichen Weinkeller zu plündern und dann den Garten voll zu kotzen, ich glaube kaum, dass du wirklich Hunger hast, Glatani”, mischte sich Bager in dessen Beschwerde ein. “RUHE! Wir sind hier auf keiner Klassenfahrt, auch wenn ich langsam aber sicher der Meinung bin, selbst die wäre weniger anstrengend, als mit euch unfähigen Holzpfosten hier an Informationen zu kommen. Ausnahmen ausgeschlossen.” Die sieben Generäle zuckten augenblicklich zusammen, gut, sechs von sieben, Inersha öffnete lediglich seine Augen. “Meine Güte, manchmal habe ich echt das Gefühl, wir sind in einem Kindergarten, in einem für diese angeblich schwer erziehbaren Menschenkinder.” - “Du meinst unser Nachschub?” - “Ich meine, dass ich dich nicht nach deiner Meinung gefragt habe, oder habe ich was verpasst Mekane?” Der Neid schüttelte augenblicklich den Kopf und Luzifer schaute noch einmal in die Runde. “Gut, wenn keiner mehr was zu melden hat, dann würde ich gerne zu dem Grund unseres Zusammentreffens kommen und zwar hat mich Tsorn gestern Abend auf eine ziemlich gute Idee gebracht.” - “Tsorn?”, unterbrach nun Gadles ihren Boss und erntete direkt zwei böse Blicke, wovon der eine natürlich von Tsorn stammte. “Ja, Tsorn, Gadles, er scheint hier ein wenig mitzudenken, was ich nach wie vor nicht von allen behaupten kann, aber dies tut jetzt nichts weiter zur Sache. Der Nächste, der mich unterbricht, bekommt übrigens eine freie Zelle, direkt neben Michael”, drohte Luzifer ein wenig genervt. “Wir bringen die Engel in eine gemeinsame Zelle. Sie sollen sich unterhalten, sie werden sich nicht anschweigen und übers Wetter werden sie bestimmt auch nicht sprechen. WAS?” Luzifer blickte geradewegs zu Grid, welcher die Hand hob, als wären sie in der Schule. “Was wenn sie einen Plan aushecken um zu fliehen? Ich meine, könnte durchaus möglich sein, oder?” Luzifer nickte. Der Einwand war tatsächlich berechtigt, aber selbst darüber hatte er sich schon Gedanken gemacht. “Nun, sie bleiben natürlich angekettet, in einem sicheren Abstand und ich bin auch nicht gewillt, alle acht in einen Raum zu sperren. Es gibt durchaus welche, denen die Einzelhaft gut tut und sicherlich besser bekommt, als den Anderen.” Luzifer schmunzelte bei seinen Worten. Er würde niemals auf die Idee kommen, Michael ein wenig Freilauf zu geben. Der Kerl konnte in seinen Augen in irgendeinem Höllenloch vergessen gehen, es würde ihn nicht im Geringsten interessieren. “Und wer soll in eine Zelle?”, wollte nun Tsorn wissen. “Nun, ich dachte an Chamuel, Uriel, Haniel, Raziel und Gabriel.” - “Wieso?” - “Eine sehr gute Frage, Bager und ich erkläre dir sogar meine Beweggründe. Diese fünf, sind diejenigen bei denen ich mir ziemlich sicher sind, dass einer von ihnen etwas weiss. Ich bin mir ziemlich sicher, Uriel ist derjenige, aber ich habe keinerlei Beweise, es ist ein Gefühl, eine schwache Ahnung, aber ich kann sie noch nicht festhalten. Raziel macht sich Sorgen, wie ich erfahren habe, er ist unter den Erzengeln beliebt, vielleicht lassen die anderen sich anstecken, übernehmen dessen Angst und werden unsicher.” - “Und wieso lässt du die anderen Drei in ihrer Zelle?” - “Nun, die Frage ist auch leicht zu beantworten, Grid. Michael würde sie alle unter Druck setzen, er ging früher schon über Leichen, damit alles nach seinem Willen geschieht, er hat sich nicht geändert, wird er niemals tun. Ich verstehe bis heute nicht, wieso Gott nicht hinter seine Maske blickt. Raphael würde verhätschelt, sie würden sich um ihn kümmern und nicht um das eigentliche Problem, ausserdem erträgt er auf Dauer keine Isolation und Metatron? Nun, vielleicht ist es ein wenig die Nostalgie die in mir mitschwingt, aber mein alter Lehrer kann sicher ein wenig Ruhe gebrauchen und darüber nachdenken, wie klug es ist, sich gegen seine Schüler zu stellen.” Luzifer war sich allerdings ziemlich sicher, dass Metatron wirklich keinerlei Ahnung hatte und die Übrigen nur mit Fragen verwirren würde, daher fand er es eindeutig besser, ihn nicht mit dem Rest zusammen zu legen. “Nun gut und was machen wir? Sie auszufragen, fällt dann wohl flach, oder?” - “Nicht unbedingt, für den ersten Moment, ja und mir ist durchaus bewusst, dass diese Engel nicht dumm sind und sich denken können, dass immer einer oder zwei von euch, vor den Mauern des Kerkers sitzen, dennoch, ist es eine notwendige Massnahme, um sie zu zermürben. Nur mit Zeit, kriegen wir sie klein, nicht mit Gewalt, auch wenn der ein oder andere jeden Schlag verdient hat.” Gadles grinste bei den Worten nur dreckig. Jedem war klar, wen Luzifer damit meinte und in ihnen allen, keimte ein klein wenig die Hoffnung auf, sich um ihn kümmern zu dürfen. “Dürfen wir sie wieder foltern?” - “Nein, nicht ehe Raphael es aufgibt ihnen zu helfen” - “Das wird nie passieren, oder?” - “Ich muss ihn nur daran erinnern, wie er früher war und das es sich nicht lohnt, sich zu opfern. Raphael war immer ein wenig spezieller als die Anderen, er wird sich nicht geändert haben. Da bin ich mir sicher, Grid.” Die Sünden nickten verstehend, wobei sich Luzifer nicht sicher war, ob sie wirklich verstanden, was er ihnen mitteilte. Es war allerdings auch nicht sonderlich wichtig, solange sie taten, was er von ihnen verlangte. “Gut, dann bereitet die grösste Zelle vor und bringt die Fünf zusammen. Ihr dürft es ihnen gern selbst sagen und euch kümmern. Ich habe weitere Unterhaltungen mit unseren etwas eigensinnigeren Engeln zu führen. Ich verlasse mich auf euch.” Luzifer hatte einfach keine Lust mehr, sich mit seinen Todsünden zu beschäftigen. Er würde mit Metatron reden müssen und einmal mehr mit Raphael. Zumal er seinen Generälen durchaus zutraute, diese einfache Aufgabe zu bewerkstelligen. Die Sünden waren im ersten Moment ein wenig verwirrt, als Luzifer sie einfach stehen liess. Dabei sollten sie seine Launen mittlerweile gut genug kennen. “Mich wundert es ja, dass er bisher keinen ernsthaften Wutanfall gehabt hatte”, stellte Inersha träge fest. “Vielleicht weil wir erst ein paar Tage hier sind und er darauf Jahrtausende gewartet hat und es auf ein paar Tage mehr oder weniger auch nicht mehr ankommt”, beantwortete Tsorn ihm die Frage. “Gut, dann sollten wir uns wohl an die Arbeit machen, auf einen seiner bekannten Wutanfälle, habe ich nämlich absolut keine Lust.” Die restlichen Sünden stimmten Glatani einstimmig zu. “Wir haben ja noch ein wenig Zeit, wir sollen es im Laufe des Tages machen, oder? Dann können wir uns zuvor noch ein wenig mit ihnen unterhalten…” - “Was hast du vor Bager? Hat es dir Haniel so sehr angetan? Ich meine, du hast eben Luzifer nicht einmal angegraben.” - “Ich such mir meinen Spass schon, keine Sorge, Grid. Haniel ist durchaus interessant, aber sie ist so prüde … Vielleicht kitzel ich noch ein wenig was aus ihr heraus, wer sonst, wenn nicht ich?” Während sie ihre Worte sprach, trat sie nahe an Grid heran und strich ihm verführerisch über die Brust. “Du solltest doch sicher auch schon einmal wissen, wie es ist, mir näher zu kommen, oder?” - “Es reicht jetzt, Bager, wir haben eine Aufgabe zu erledigen, um dein Vergnügen kannst du dich später kümmern”, mischte sich Mekane ein, der nicht wirklich begeistert von der Szenerie war. Immer bekam Grid alles, was er wollte, selbst Bager. Er spürte, wie der Neid in ihm anfing zu wachsen, allein deswegen, ging er dazwischen. “Ist ja gut, dabei ist von mir genug für alle da, auch für dich, Mekane”, erwiderte sie dann zwinkernd und machte sich augenblicklich auf den Weg zu Haniel. “Gut, dann wissen wir alle was zu tun ist, ausser Gadles und Grid haben wir offensichtlich eine Aufgabe.” Inersha klang nicht wirklich begeistert. Er wollte schlafen, nicht arbeiten. “Wir kümmern uns um die neue Zelle. Luzifer würde uns etwas husten, wenn wir uns nun auf die faule Haut legen würden.” Grid stimmte Gadles zu. Einfach nur rumsitzen konnte er sowieso nicht, allerdings hätte er gerne ein paar Stunden mit Bager verbracht, oder mit den anderen Engeln. Nun würde er sich halt an der Gesellschaft von Gadles erfreuen, sofern dies überhaupt möglich war. Gemeinsam gingen sie in das Kellergewölbe und erkundeten dieses wohl zum ersten Mal richtig. Bisher hatten sie nur die ersten Zellen gesehen, da sie nur diese belegt hatten. So viele Erzengel gab es nun einmal nicht und um die unwichtigen Engel, kümmerten sich die restlichen Dämonen. Es dauerte hingegen nicht sonderlich lange, hatten Grid und Gadles eine Zelle gefunden die ihnen als gross genug erschien. “Schade, dass man sie hier her verfrachtet und wir sie nicht foltern dürfen~ Hier hinten würde man sie kaum schreien hören.” Grid war sichtlich enttäuscht darüber, während Gadles lediglich mit den Schultern zuckte. “Die fünf sind es nicht wert. Denkst du wirklich, Luzifer würde sie zusammen in eine Zelle lassen, wenn sie wirklich was wüssten? Er mag eine Ahnung haben, aber die hat nichts mit Gott zu tun”, entgegnete die Hochmut beinahe ein wenig spitzfindig. “Wie meinst du das?” - “Nun, ganz offensichtlich, ist die Rache an Gott, nicht sein einziges Motiv. An sich ist mir dies ja vollkommen egal, solange wir unseren Spass haben, aber es ist in meinen Augen sehr auffällig.” Grid hörte ihm aufmerksam zu und bestätigte Gadles Worten mit einem Nicken. “Ich kann ihn verstehen, wenn er seine Vergangenheit geklärt haben will. In der Hölle wurde er damit nicht konfrontiert, er war immer einer von uns, unser Boss. Hier oben, nun, es würde mich wirklich nicht wundern, wenn ihn seine Erinnerungen einholen. Er wird auch hier bestimmt ein paar schöne Tage verlebt haben und sie haben wohl sehr abrupt geendet. Wir sollten ihm helfen.” Gadles hielt einen Moment inne, hatte er damit angefangen die Zelle zu präparieren, damit sie nicht alle in einem Eck sitzen mussten. “Wie meinst du das, wir sollten ihm helfen?” - “Er ist unkonzentriert und übellauniger als sonst, wenn er seinen Frieden findet, kann er sich vielleicht wieder auf seine eigentliche Mission konzentrieren. Daher sollten wir ihm helfen, seine Vergangenheit zu ergründen. Sind wir mal ehrlich, viel zu tun werden wir hier bald eh nicht mehr haben. Oder hast du etwa Lust, die gesamte Zeit, hier vor dieser Zelle zu sitzen und zu hören, was die plaudern?” Gadles schüttelte den Kopf. “Wenn Luzifer mit Michael fertig ist, werde ich ihn mir zu eigen machen. Ich werde schon eine Beschäftigung haben, aber du kannst tun und lassen was immer du willst. Ich gebe dir nämlich in dem Punkt recht, was deine Langweile angehen könnte. Luzifer ist von Raphael besessen, nur ist meine Neugierde nicht allzu gross, um wirklich herausfinden zu wollen, wieso.” Grid setzte sich auf eine der unbequemen Sitzgelegenheiten und lehnte sich an die kühle Steinmauer hinter sich. “Genau diese Tatsache, will ich herausfinden.” - “Dann viel Glück dabei, ich mische mich da nicht ein, ausser er bittet mich um Mithilfe, aber, wir wissen Beide, dass er dies nicht tun wird.” Gadles setzte sich neben die Habgier und schnippte mit den Fingern. “Fauler Sack”, entgegnete dieser, als Gadles mit dieser Methode die Zelle ein wenig schneller zurecht gemacht hatte, als wohl der Plan war. “Ich mache mir ungern die Hände schmutzig und wieso sollen wir unsere Kräfte nicht nutzen? Denkst du die Engel würden es nicht anders handhaben? Und ein paar Ketten an die Wände zaubern, nun bitte, dies tut niemandem weh, noch nicht.” Gadles lachte amüsiert auf, während Grid nur den Kopf schüttelte. “Deine Hochmut bringt dich irgendwann zu Fall. Ich hoffe für dich, du weisst, was du tust.” Gadles ging nicht auf Grids Worte ein. Dessen Meinung war ihm ziemlich egal und selbst Luzifers Meinung interessierte ihn nur bedingt. Solang dieser ihn nicht zur Sau machte, würde er tun was er für richtig hielt und was ihm Spass machte und er war sich in einem Punkt ziemlich sicher. Solange Luzifer diese Besessenheit für Raphael in sich trug, war ihm Michael egal, dementsprechend konnte er mit diesem anstellen, was immer er wollte. Sein Boss sollte nur endlich dieses kleine Schutzengelproblem lösen. Kapitel 10: Zusammenlegung -------------------------- Die fünf übrig gebliebenen Sünden machten sich nur ein wenig später auf den Weg in den Verliesbereich. Es waren nicht alle begeistert von dem Plan. Bager und Tsorn schienen absolut keine Lust zu haben, ihre Engel mit den Anderen zusammen zu stecken, aber war es ein Befehl von Luzifer und dementsprechend hatten sie Folge zu leisten. “Ihr schaut, als hätte man euch euer Spielzeug weggenommen~. Ihr könnt doch immer noch spielen, sie immer wieder auf der Zelle holen und ein Einzelverhör starten.” Glatani war die schlechte Stimmung der Beiden nicht entgangen und gerade bei Tsorn konnte dies sehr gefährlich werden. Dessen Wutausbrüche waren zwar nicht ganz so brutal wie die von Luzifer selbst, aber er erinnerte sich zu gut daran, wie er einmal einen kleinen Teil der Hölle in Schutt und Asche gelegt hatte, sofern dies überhaupt möglich war. “Darum geht es nicht.” - “Worum dann? Du ziehst ne Fresse, als wie 100 Tage Sonnenschein”, stellte nun auch Inersha fest. “Ich zeig dir gleich, wer hier eine Fresse zieht. Ich denke einfach, dass auch wenn die Idee von mir war, er sie zu früh umsetzt.” Bager stimmte Tsorn nickend zu. “Denk ich auch, wir haben gerade einmal mit ihnen gesprochen und wirklich nicht viel aus ihnen heraus bekommen, jegliche Info drehte sich um Raphael. Mit ein wenig mehr Zeit, hätten wir auch andere Ergebnis geliefert, nur weil Grid und Gadles ein wenig erfolgreicher waren … Wer sagt, dass wir nicht auch noch was rausgefunden hätten?” Bager wirkte wütender, als Tsorn es war. Eine Tatsache die selten genug vorkam. “Ich glaube eher, du bist sauer, weil Gadles und Grid, sich nach wie vor um ihre Engel kümmern dürfen, du dich aber nicht weiter an Haniel ranschmeissen kannst. Eigentlich schon traurig, wenn du dich wirklich nur über deine Sünde definieren kannst, Bager”, neckte Mekane sie ein klein wenig. “Du bist nur neidisch, weil ich es kann und du nicht. Weisst du mein Lieber, ich habe die Gabe dazu, alle rumzubekommen, bei dir, nun, reden wir nicht drüber.” - “Jeden ja? Also, jeden ausser Luzifer”, goss nun auch Tsorn noch ein wenig Öl ins Feuer, was Bager nur sauer aufschnauben liess. “Wir haben jetzt was zu tun und nicht über unsere Vorlieben zu diskutieren, je schneller wir diese Aufgabe erledigen, umso schneller können wir uns auf die faule Haut legen”, merkte Inersha grinsend an. “Das du direkt wieder schlafen gehen willst, war klar.” Glatani schüttelte amüsiert den Kopf. “Du willst doch auch direkt wieder in den Weinkeller~ Also tu nicht so.” Glatani zuckte mit den Schultern und verschwand in der Zelle, in welcher Chamuel sass. “Wir haben etwas zu besprechen. Ich hoffe du hast gut geschlafen, ich wurde nämlich in aller Frühe geweckt und hatte noch nichts zu Essen, was mich ziemlich grummelig macht und wenn euer beschissener Schutzengel euch nicht beschützen würde, dann hätte ich jetzt mein Opfer gefunden. Dein Glück, dass Luzifer uns bestraft, sollten wir euch im Moment was antun.” Chamuel beschloss nicht auf die Worte der Sünde einzugehen. Dieser war sauer und brauchte ein Ventil, dann würde er dies nun sein, oft reichte eine Ansage, um sich ein wenig Luft zu machen. “Du ignorierst mich? Wirklich?” Glatani setzte sich nun neben Chamuel und starrte ihn an. Er sagte kein Wort mehr, fixierte ihn mit seinen Augen und schien ihn damit brechen zu wollen. Es klappte nicht. “Ich bin mir nicht sicher, was du versuchst, aber wenn du Hunger hast, solltest du etwas Essen und nicht mich anstarren, bis ich eventuell umkippe und du mich vernaschen kannst”, kam es nach einer gefühlten Ewigkeit von dem Erzengel. “Findest dich witzig, hm?” - “Eigentlich nicht, nein. Du bist einfach ein sehr widersprüchlicher Charakter. Ich weiss ehrlicherweise nicht wie ich dich einzuschätzen habe und das obwohl ich genau dafür da bin”, gab Chamuel ehrlicherweise zu und nahm Glatani jeglichen Wind aus den Segeln. “Ahja… ok…” Langsam stand dieser wieder auf und löste die Ketten von der Wand, achtete allerdings darauf, dass Chamuel seine Flügel nicht spannen konnte, viel zu gefährlich und es gäbe ihm eine Möglichkeit zur Flucht. Daran wollte er nun wirklich nicht Schuld sein. “Was hast du vor?” - “Nichts, Luzifer hat nur entschieden, euch in einen familiären Kreis zusammenzuführen und euch in eine gemeinsame Zelle zu stecken. Nicht das ihr irgendwann durchdreht, weil ihr euch allein und verlassen fühlt. Ist gut für mich, meine Babysitterzeit, dauerte so nur einen Tag.” Glatani machte keinen Hehl daraus, dass er auf die Aufgabe keine Lust gehabt hatte und so führte er Chamuel in die neue Zelle. In welcher noch immer Gadles und Grid sassen. “Mein Auftrag ist erfüllt, ich geh was essen.” Inersha hatte genauso wenig Lust auf die Aufgabe, wie Glatani es hatte. Sich mit Uriel zu beschäftigen war einfach anstrengend und dabei wollte er nur schlafen. “Wenn ich dir sage, dass ich dich erwartet habe, glaubst du dann wieder daran, dass ich hellsehen kann?”, wurde dieser direkt begrüsst und Inersha verdrehte augenblicklich die Augen. “Nein, ich würde denken, dass du einfach logische Schlussfolgerungen gezogen hast und damit rechnen konntest, dass ich wieder auftauche.” Die Worte liessen ein Lächeln auf Uriels Lippen zaubern. “Du hast es verstanden, ich bin beeindruckt, zumindest insoweit man es von euch erwarten kann.” Inersha knurrte leise bei den Worten, jetzt wurde er dann doch ein wenig sauer. Uriel nahm sich gerade ziemlich viel heraus. “Sei du froh, dass Luzifer uns verboten hat, euch zu quälen, solange Raphael euer Märtyrer spielt”, fauchte er ihn beinahe an und sah wie Uriel sich einen Moment versteifte. “Du wusstest es doch, wieso so überrascht?” Uriel sackte einen Moment in sich zusammen. Er wusste es, aber er hätte niemals geglaubt, dass dieser wirklich alle beschützte. Raphael war immer sehr für sich, sehr beliebt bei allen und doch gern für sich alleine. “Ich glaube Luzifer hat recht, einer von euch weiss mehr, aber ich hätte nicht gedacht, dass du es sein könntest”, stellte er beinahe gehässig fest. “Ich weiss nichts, mich überrascht es lediglich, dass Raphael nicht nur die Wunden Einzelner übernimmt, sondern die von Allen”, entgegnete er dann seufzend. “Nun, ich glaube dir nicht wirklich, aber ihr könnt ja angeblich nicht lügen.” Er löste die Ketten und zog Uriel auf die Beine. An spezielle Sicherheitsvorkehrungen dachte Inersha nicht, aber waren sie nicht nötig. Dieser schien viel zu geschockt von der Nachricht, als dass er sich gross wehrte und ihm einfach folgte. Bei der Gemeinschaftszelle angekommen, schubste er diesen einfach rein und verzog sich ohne ein Wort. Nun war Uriel nicht mehr sein Problem, sollten Gadles und Grid ihm erklären, wie es nun weiterging. Mekane besah sich Gabriel einen Moment länger und eigentlich hatte er gar keine Lust mit diesem zu sprechen. Er wollte mit Grid sprechen, diesen fragen was dies eben mit Bager sollte, stattdessen stand er nun hier in der Zelle des Engels und sollte diesen auch noch ohne ein Drama in eine weitere befördern. Wie wurde ihm nicht gesagt und wohin auch nicht, vielleicht musste er seinem Instinkt folgen? Dieser sagte ihm zwar gerade, dass er Grid ans Leder wollte und diesem eine Lektion erteilen, aber wenn dieser noch in der Zelle war … “Dein Geist scheint voller trüber Gedanken zu sein”, machte sich Gabriel bemerkbar und holte Mekane aus seiner Starre. Den gab es ja auch noch. “Geht dich nichts an. Ich hab meine Probleme und du hast deine, ich mache nur meinen Job”, knurrte er leise zur Antwort und trat auf den Erzengel der Verkündung zu. “Dein Job? Du nennst, nein, sprechen wir nicht darüber.” Gabriel wollte Mekane nicht provozieren, allerdings sah er dies bestimmt nicht als dessen Job an. Mekane hatte vermutlich mehr im Kopf als dieser selbst wusste, allerdings schien er wirklich ein Hündchen Luzifers zu sein, wie alle Sünden. “Ja, meinen Job”, knurrte dieser erneut und löste die Fesseln Gabriels. “Komm nicht auf die Idee irgendetwas anzustellen, ich bin dir überlegen”, warnte er ihn und zog ihn praktisch mit sich mit. “Ich würde lediglich wissen was du nun vorhast.” Gabriel blieb nicht viel anderes übrig, als dem Neid zu folgen, welcher es eindeutig ziemlich eilig hatte. “Du kommst in Gesellschaft. Luzifers Anweisung.” Mekane spürte wirklich instinktiv, wo er hin musste. Bei der Zelle angekommen, übergab er Gabriel direkt Gadles und funkelte Grid sauer an. “Was?” - “Wir reden später noch, alles bekommst du nicht.” Angesprochener musste nun doch leise auflachen. “Ich bin nicht einmal an ihr interessiert, aber gut, dass du nur ein Problem hast.” Mekane schnaubte leise und verschwand aus der Zelle. Grid würde es ihm büssen, so mit ihm zu sprechen. Bager betrat Haniels Zelle eher leise und behutsam. Sie wollte den Engel nicht erschrecken, wirkte sie am Tage zuvor schon eingeschüchtert. Während sie die Zelle allerdings betrat, fragte sie sich durchaus, wieso sie Rücksicht auf Haniel nahm. “Euch hört man schon von Weitem kommen, zwar nicht dich, aber deine Gefährten sind nicht gerade die leisesten Geschöpfe hier im Himmel”, stellte Haniel beinahe ein wenig belustigt fest. Die Worte liessen Bager tatsächlich leise auflachen und so trat sie schnellen Schrittes neben den Erzengel der Liebe. “Ein gutes Gehör hast du”, stellte sie dann lächelnd fest und erhielt ein Kopfschütteln zur Antwort. “Nein, deine männlichen Gefährten sind einfach ziemlich laut und ich habe nicht geschlafen, was bedeutet, ich nehme alles viel deutlicher wahr, als es vermutlich sein sollte.” Bager nickte verstehend und bei genauerer Betrachtungs Haniels, stellte sie ebenso fest, dass diese wirklich nicht sonderlich fit aussah. “Du hättest schlafen sollen, wer weiss schon, was noch alles auf dich zukommt und da solltest du vielleicht bei Kräften sein”, flüsterte sie ihr einmal mehr ins Ohr. Dieser unschuldige Engel hatte es ihr angetan. Es war eine Schande, dass sie Haniel gleich in die Zelle zu den anderen bringen sollte. Wieso durfte sie nicht ein wenig ihren Spass haben? Waren Grid und Gadles so etwas Besonderes? Waren Michael und Raphael so etwas Besonderes? Es war unfair und sie beschloss den Beiden einen Besuch abzustatten, sie wollte sehen, wieso die zwei eine Sonderbehandlung bekamen. Metatron ignorierte sie dabei vollkommen. “Deine Gedanken scheinen komplett woanders zu sein. Ich weiss noch nicht, ob dies gut oder schlecht für mich ist.” Haniel riss Bager aus ihren Gedanken und liess sie leicht Lächeln. “Nun, eine sehr gute Frage, meine Liebe, eine sehr gute Frage.” Auf die Bager selbst keine Antwort hatte. Sie wollte Haniel, sie wollte sie mit Leib und Seele in sich aufnehmen und ihre Wollust wecken und zeitgleich wollte sie herausfinden was es mit Michael und Raphael auf sich hatte. Zwei starke männliche Erzengel, zumindest in ihrer Vorstellung, damit konnte sie bestimmt ebenfalls was anfangen. “Schon wieder, vielleicht solltest du deine Gedanken ordnen, ehe du hier her kommst und mich ausfragen magst.” Bager blinzelte ein wenig verwirrt. Beschwerte sich Haniel tatsächlich darüber, keine Aufmerksamkeit von ihr zu bekommen? Noch vor ein paar Stunden wollte der Engel sie los werden und nun? Eine Wendung die ihr eigentlich zusagen würde, sofern sie gerade nicht über Michael und Raphael nachdachte. “Ich will dich nicht ausfragen, Haniel. Eigentlich bin ich gekommen, um dich mit zu deinen Gefährten zu bringen. Luzifer hat beschlossen euch in eine Massenhaltung zu stecken, kostet ihn dann vielleicht weniger Nerven, weil es uns weniger Nerven kostet.” - “Bist du deswegen mit den Gedanken woanders? Bereitest du dich schon auf eine neue Aufgabe vor, ehe du deine alte erledigt hast?” Haniel schien wirklich neugierig zu sein. An sich nichts Schlechtes, wäre sie es auf eine andere Art und Weise, wobei dies wohl eher an ihr lag. Niemals würde sich der Engel ihr nähern, sofern sie nicht den ersten Schritt wagte und doch, war sie nicht wirklich in Stimmung. “Nun, dann bring mich zu den Anderen, ein Gespräch mit dir scheint gerade wirklich nicht möglich zu sein und deine Zeit vergeuden liegt mir wirklich fern.” Haniel setzte sich ein wenig aufrechter hin und machte Bager somit Platz. Diese konnte nun ohne Probleme an ihre Fesseln und sie los machen. “Was wird das?”, wollte diese stattdessen wissen. “Ich denke du willst mich zu den anderen bringen, geht nur, wenn du mich los machst oder beherrscht du die Kunst der Teleportation? Soweit mir bekannt ist, kann dies nur Gabriel im Vollbesitz seiner Kräfte und selbst dann nur sehr bedingt.” Bager schüttelte irritiert den Kopf, sie war wirklich nicht bei der Sache und sollte Luzifer dies erfahren, gab es wirklich Ärger. “Natürlich kann ich mich nicht teleportieren, allerdings wäre die Fähigkeit gar nicht so übel.” Mit einem gekonnten Handgriff machte sie den Erzengel los und zog ihn auf die Beine. “Du bist grösser als erwartet”, stellte Bager mit einem Schmunzeln fest und zog Haniel nahe an sich heran. “Dies ist kein Kompliment, was du bestimmt weisst, oder?” Bager grinste aufgrund der leisen Beschwerde und drehte Haniel doch zu sich um. “Doch, durchaus, vielleicht mag ich grosse Menschen, Dämonen oder gar Engel lieber, als kleine, demnach ist es für mich durchaus ein Kompliment. Ich denke, selbst wenn du gleich in einer Zelle mit deinen Freunden bist, werde ich dich sicherlich öfter da rausholen und dir zeigen, wieso ich es bevorzuge~.” Haniel schüttelte lediglich den Kopf. “Du solltest bei deinen Dämonen bleiben, anstatt zu versuchen uns auf deine Seite zu ziehen.” Bager schubste Haniel bei den Worten ein wenig vor sich her. Sie konnten beim Gehen noch ein wenig sprechen, vielleicht bekam ja der ein oder andere noch was von ihrem Gespräch mit und vielleicht konnte sie es so drehen, dass Haniel als interessiert wirkte. “Nun, ich habe immer meinen Spass, meine Liebe, du wirst ihn auch zu schätzen wissen, ganz bestimmt.” Tsorn betrat beinahe fröhlich pfeifend die Zelle von Raziel, was diesen direkt irritierte und verwirrt eine Augenbraue hochziehen liess. “Deine gute Laune, lässt sich auf eine positive Entwicklung seitens Luzifer zurückschliessen, hm?” Tsorn schüttelte den Kopf, pfiff allerdings weiter, während er sich neben Raziel niederliess. “Nicht wirklich, aber für dich habe ich eine gute Neuigkeit, denke ich zumindest. Luzifer ist wankelmütig, sehr sogar …” - “DAS brauchst du mir nicht sagen, war er schon immer. Seine Launen wechselten früher schon sehr schnell”, unterbrach ihn Raziel beinahe seufzend und liess Tsorn interessiert aufhorchen. “Wie meinst du das?”, hakte er dann auch nach und setzte sich sogar ein wenig interessierter hin. Raziel musste über die Pose leise lachen. Tsorn war neugierig und nicht auf die schlechte Art und Weise. Es schien ihn wirklich zu interessieren und nicht, weil er Luzifer irgendetwas berichten wollte. “Luzifer war eigentlich sehr ausgeglichen, stets ruhig mit einem unglaublichen Beschützerinstinkt was seine Freunde anging. Sobald einer angegriffen wurde, egal in welcher Art und Weise, wechselte sein ruhiges Gemüt in einen feurigen Vulkan. Sehr gefährlich, teilweise kaum zu bändigen, was eigentlich nur zweien gelang. Gott und Raphael.” Tsorn wirkte ehrlich überrascht bei seinen Worten. Niemals hätte er geglaubt, dass Luzifer als Erzengel schon so wankelmütig war. “Und nachdem er in die Hölle kam, waren die Zwei nicht mehr zugänglich und er konnte sich selbst kaum mehr beruhigen”, stellte dieser dann fest und schien einen Moment lang zu überlegen. “Sag mal Raziel, du kennst Gottes Pläne und Geheimnisse besser als ein Jeder andere. Ich stelle mir schon länger die Frage, was Gottes Plan eigentlich ist. In der Menschenwelt finden Menschen zusammen, pflanzen sich fort, sterben und ihre Seelen teilen sich auf. Die Guten zu euch, die Schlechten zu uns und die mittendrin, nun scheint wohl ein Glücksspiel zu sein. Viele Engel und Dämonen, so wie verlorene Seelen, hatten geliebt und gehasst und diejenigen die geliebt haben, landen bei euch und im Himmel, scheint es verboten zu sein, sich näher zu kommen. Wieso?” Raziel hörte der Wut zu und fand die Frage nicht einmal so dämlich wie er erwartet hatte. “Dies ist ein Irrtum, dem sehr viele Engel erliegen. Die Liebe, ist nicht das Problem, sondern die pure Lust. Gott ist sehr für die Liebe, er freut sich, sollten zwei seiner Schützlinge zueinander finden, sie scheinen sich allerdings nicht zu trauen, aufgrund dieses Irrtums.” Tsorn war nach wie vor in einer Denkerpose, so wirklich liess ihn ein Thema jetzt nicht mehr los. Bisher hatte er sich nicht sonderlich viele Gedanken um Luzifers Vergangenheit gemacht, aber er hatte wirklich das Gefühl, irgendwas passte nicht zusammen. “Was weisst du über die Verbannung Luzifers?”, hakte er dann nach und erhielt ein Seufzen zur Antwort. “Nicht viel, Gott hat nie viel davon erzählt, ich weiss nur, dass Michael, Raphael und Uriel darin verwickelt waren, mehr kann ich dir dazu wirklich nicht sagen.” Tsorn glaubte Raziel, er hatte ihn bisher nicht angelogen und er würde damit nicht anfangen, da war er sich sicher. “Dann werde ich es herausfinden, allerdings später, jetzt soll ich dich zu den Anderen in eine gemeinsame Zelle bringen.” Tsorn sprang beinahe auf und löste Raziels Ketten, ging dann mit ihm gemeinsam in sein neues Lager. “Wie geht es Raphael?” - “Das wirst du einen anderen von uns fragen müssen, ich kam bisher nur mit dir in Kontakt, aber keine Sorge, Grid müsste in der Zelle auf uns warten.” Kapitel 11: Zusammengepfercht ----------------------------- Gadles und Grid hatten nach ihrem kurzen Gespräch die gesamte Zeit geschwiegen. Sie hatten sich nicht viel zu erzählen und dies brauchten sie auch gar nicht. Unnötige Worte zu verschwenden, wenn es den anderen gar nicht erst interessierte, dafür waren sie Beide nicht gemacht. Selbst als nach und nach die Erzengel gebracht wurden, sahen sie es nicht als notwendig, mehr zu sprechen als nötig. Obwohl es offensichtlich war, dass ihre Mitsünden, keinerlei Anstalten gemacht hatten, diese aufzuklären. “Manchmal frage ich mich, ob ihr Luzifer überhaupt zuhört”, murrte Gadles nach dem dritten Engel. Vermutlich hatten sie alle keine Lust auf diesen Job, aber er selbst merkte sich, wer hier lustlos ankam und wer genervt war, die Aufgabe abgeben zu müssen und bisher fiel keiner in die letztere Kategorie. “Mekane verstehe ich”, warf Grid mit einem Grinsen ein, während er diesem hinter her blickte. “Der ist auf alles und jeden neidisch, hätte Bager mir beinahe zwischen die Beine gepackt, wäre ich sein aktuelles Feindbild, also bilde dir darauf mal nichts ein.” Grid grinste nach wie vor. “Nein, nicht deswegen, Bager ist mir doch scheiss egal, die hatte ich schon, wer nicht? Allerdings will Mekane immer das haben, was er nicht bekommt und wenn er jetzt seinen Engel abgeben musste und keinen Neuen kriegt, dann…” - “Ich bin nicht dämlich, ich weiss was du mir sagen willst.” Gadles wank lediglich ab, mit Grid über so ein Thema zu diskutieren lag ihm nun wirklich fern. Ihm war alleine wichtig, dass er sich noch um Michael kümmern durfte, wobei es aktuell danach aussah, als würde er mit Grid die erste Wache schieben. Was ausnahmsweise ebenso okay ging. Chamuel, Uriel und Gabriel wurden von Gadles auch nach und nach wieder angekettet. Die Zelle war tatsächlich ein wenig grösser und bequemer als die zuvor. Wie die Dämonen dies hinbekommen hatten, wollten sie nicht wissen, allerdings konnten sie nun auf einer etwas weicheren Unterlage sitzen und es wirkte wärmer, vermutlich weil mehrere Personen in einem Raum waren. “Was treiben Bager und Tsorn solange? Der Auftrag war, informieren und herbringen.” - “Wird der Allwissende Gadles etwa ein wenig ungeduldig? Du hast doch eh nichts zu tun, solange Luzifer dir nicht erlaubt, dich um deinen Sonderfall zu kümmern und was Bager treibt, nun, da brauche ich nicht viel Fantasie.” Grid bekam tatsächlich einen bitterbösen Blick geschenkt, allerdings nicht von Gadles, sondern von jedem einzelnen Erzengel. “Ihr seid also wirklich so prüde? Ich verstehe ja, dass ihr dem Sex entsagt habt, aber ihr habt keine Ahnung, wie gut diese Sünde ist. Vielleicht sollte man sie euch beibringen, Bager übernimmt diese Aufgabe bestimmt unfassbar gerne.” - Fick dich, Grid. Ich habe auch meine Ansprüche, wen ich an meine intimsten Stellen lasse” - “Ja, genau”, mit einem Blick deutete er Gadles an, ihr Haniel abzunehmen und trat selbst zu Bager und strich ihr über die Seite. “Wenn ich hier raus kann, komm ich zu dir und dann zeig ich dir, welche Ansprüche du hast”, schnurrte er ihr lustvoll ins Ohr und griff ihr an den Hintern, was sie direkt aufschnurren und sich an ihn heran schmiegen liess. “Solange ich will?”, wollte sie angetan wissen und Grid löste sich mit einem leisen Lachen. “Ansprüche, seht ihr meine lieben Erzengel, dies sind die Ansprüche von Bager, wer es ausprobieren will, nur zu.” Die Ohrfeige die er im gleichen Atemzug kassierte, steckte er mit einem noch lauteren Lachen weg. “Fick dich, Grid, ich bin weg.” - “Mekane bietet sich dir bestimmt an~”, rief er ihr noch hinter her und wurde dann bereits von Tsorn und Raziel aus dem Weg geschoben. “Was hat die wieder für ein Problem?”, fragte Tsorn direkt nach. “Unerfüllte Lust, hatte gestern wohl keinen rumbekommen, weisst ja, wie sie dann wird.” Tsorn schüttelte lediglich den Kopf und liess sich auf die Pritsche fallen, auf welcher Grid und Gadles bis eben noch sassen. “Der will wissen, wie es Michael und Raphael geht, oh und diesem Metatron”, dabei deutete er mit einer Kopfbewegung auf Raziel, welcher sich ebenfalls gerade hingesetzt hatte, nachdem Gadles ihn fest machte. “Wie kommt es, dass Gadles die Drecksarbeit macht?” - “Denkst du wirklich, Grid bekäme so etwas hin?” - “Alles klar, deine Fesseln?” - “Natürlich hat er es sich bequem gemacht, denkst du er arbeitet?” Grid zählte nicht nach, aber ihm war klar, dass er bereits wieder von Gadles getötet worden wäre, für diesen Spruch. Blicke konnten so vielsagend sein. “Du wirst es Luzifer sagen, oder?” - “Ja, ich habe keine Lust, dass er noch wütender auf mich wird, weil ich seinen Befehl befolgt habe.” - “Haha, konnte ja keiner wissen, dass einer der Idioten die Regeln bricht und dir den Spass verdirbt.” - “Könntest du endlich deinen Mund halten Grid? Ich pflichte Bager ungern bei, aber sie hat eindeutig recht.” - “Bei Bager fickt sich Grid doch mindestens fünf mal am Tag selbst”, warf Tsorn schulterzuckend ein und stand dann wieder auf. “Ich gehe Luzifer Bescheid geben.” - “Wehe du verpetzt mich!”, drohte Gadles der Wut und bekam lediglich ein Grinsen zur Antwort. “Kümmer du dich um deine Aufgabe, ich kümmer mich um meine~” Gadles knurrte leise, als Tsorn weg war. “Der wird es ihm sagen, wie fühlt es sich an, der Idiot zu sein?”, wollte Grid wissen und bekam einmal mehr einen, für Menschen, tödlichen Blick zugeworfen. “Ich habe keinen Fehler gemacht.” - “Du hast diese Zelle mit deiner Magie belegt, ob Luzifer davon begeistert ist?” Gadles schnaubte leise, dieser Tag war eindeutig nicht seiner. “Naja, du wirst es sehen, wenn Luzifer hier angerannt kommt und dich zur Sau macht. Wir sollten uns jetzt allerdings um unsere Gäste kümmern.” Grid ging nun in der Zelle auf und ab und begutachtete jeden Einzelnen ein wenig genauer. “Was macht euch eigentlich so besonders?” - “Die gleiche Frage, könnten wir dir auch stellen, was hebt dich von anderen Dämonen ab?”, wollte Chamuel wissen und erheiterte damit offensichtlich Grids Gemüt. “Schlagfertig, hätte ich jetzt von einem unserer abwesenden Gäste erwartet, aber nicht von dir.” - “Diskutier doch nicht mit ihm, denkst du wirklich, er gibt dir eine Antwort auf so eine lächerliche Frage?”, mischte sich nun Gadles ein und schob Grid zur Seite. “Da vorhin gefragt wurde wie es den anderen geht, werde ich diese Frage netterweise beantworten, allerdings nur, weil meine Laune doch noch nicht so beschissen ist, wie man vielleicht annehmen könnte.” Sein Blick wanderte wieder zu Grid und dann direkt wieder zu den Engeln. “Metatron geht es gut, er geniesst vermutlich die Ruhe ein wenig, aber dazu kann lediglich Luzifer etwas Genaueres sagen, ausser ihm und Tsorn war noch keiner bei ihm.” - “Wieso hat Tsorn die Frage nicht beantwortet …”, warf nun Grid ein wenig nachdenklich ein. “Weil er es vermutlich vergessen hat. Tsorn merkt sich nichts, was länger als fünf Minuten her ist.” Raziel wirkte für einen kurzen Moment überrascht. Ihm kam Tsorn neugierig und interessiert vor und nicht wie einer, der gerne alles vergass und dem alles egal war. Vielleicht steckte mehr hinter der Sünde, als er bisher gedacht hatte. “Allerdings irrelevant, kommen wir zu Michael, dem geht es den Umständen entsprechend fantastisch. Er ist ein wenig stur, aber dies legt sich bestimmt in ein paar Tagen, vielleicht sogar in ein paar Stunden, wer weiss~” Grid lehnte sich mittlerweile gegen die Tür und verdrehte die Augen, er glaubte kaum, dass die Engel so ein Detail wissen wollten. “Und Raphael? Nun, dem könnte es vermutlich besser gehen, aber er macht sich sein Leben ja selbst schwer.” Gadles versuchte in den Gesichtern ihrer Gäste eine Reaktion abzulesen und er fand sie durchaus. Sorge. Ein jeder von ihnen schien sich Sorgen um den Schutzengel zu machen, was ihn nur noch mehr darin bestärkte, dass er dieses Schutzengelproblem gelöst haben musste. Das Luzifer, dieses Problem lösen musste. Gadles war sich sicher, dass keiner der Engel irgendetwas sagen würde, solange es Raphael schlecht ging und er war sich leider genauso sicher, wie Grid es war, dass Luzifer diesem nichts antun würde. “Sonst noch Fragen? Nutzt die einmalige Gelegenheit, vielleicht kommt sie nie wieder~” Nun war es an Grid den Kopf zu schütteln. “Hört nicht auf Gadles, er spielt mit euch, sieht auf euch herab, fallt bloss nicht auf ihn rein.” - “Sagte die Habgier”, warf Gadles dazwischen. “Dein Problem mit mir, wird langsam lächerlich. Tsorn ist derjenige der dich verpetzen wird, nicht ich~ Auch wenn ich es gut könnte, immerhin käme ich dann sicherlich auch in den Genuss mich ein wenig um Michael zu kümmern.” - “Sprach die Habgier”, wiederholte sich Gadles mit einem nun etwas breiteren Grinsen. “Interessantes Schauspiel”, warf nun Chamuel mit einem Schmunzeln ein. “Ich sage es euch nur ungern und mir ist durchaus bewusst, dass ihr mich nicht gefragt habt, aber ihr wollt eine gewisse Autorität ausstrahlen, nur klappt dies nicht, wenn ihr euch vor unseren Augen streitet. Euch ernst zu nehmen, fällt mir tatsächlich nicht ganz so einfach. Daran solltet ihr arbeiten~” Grid lachte sichtlich amüsiert auf und klopfte Gadles auf die Schultern. “Autsch, dich müssten die Worte härter treffen als mich. Du siehst dich doch als Luzifers rechte Hand an.” Mit den Worten verliess er die Zelle und setzte sich vor dieser auf einen Stuhl. Die Engel sollten miteinander sprechen, nicht mit ihnen. Gadles schnaubte einmal mehr auf und ignorierte die Worte des Erzengels, ebenso die von Grid, folgte diesem allerdings nach draussen und knallte die Zellentür geräuschvoll zu. “Das eben war komplett unnötig und sollte Luzifer nie erfahren”, stellte Gadles knurrend fest. “Von mir bestimmt nicht, allerdings wundert es mich durchaus, dass du dich so einfach provozieren lässt.” - “Ich kann es einfach nicht fassen, dass ich ausgerechnet mit DIR die erste Wache schieben muss. Es wurde noch nicht einmal etwas ausgemacht..” Grid zuckte lediglich mit den Schultern, ihm war es an sich egal, solange er was zu tun bekam und Luzifer würde sich schon melden, wenn er was anderes tun sollte. “Haben die Zwei dies ernst gemeint?”, wollte Haniel ein wenig verwundert wissen. Nach dem Abgang, wäre die Antwort an sich klar, aber so wirklich vertrauen tat sie den Dämonen nun wirklich nicht. “Wir sollten davon ausgehen, dass sie uns zuhören”, warf Uriel ein. “Bestimmt, wobei ich gerade glaube, dass sie damit beschäftigt sind, sich weiter anzukeifen. Ich kann das spüren und du solltest es eigentlich auch spüren, Haniel.” Der Erzengel der Liebe nickte vorsichtig, wirklich sicher war sie sich nicht. “Nun, ich kenne die Grundharmonie im Dämonenreich nicht, allerdings fehlt da sehr viel zwischen den Beiden, um sich zu verstehen.” Raziel stiess einen tiefen Seufzer aus. “Ich glaube nicht, dass dies eben geschauspielert war. Dämonen können zwar gut lügen, sehr gut, aber bedenkt von wem sie erschaffen sind.” Ohne viele weitere Worte, hatte Raziel die Aufmerksamkeit seiner Freunde. “Wie meinst du das?”, wollte Chamuel direkt wissen. “Nun, sie sind die obersten Generäle Luzifers, einem gefallenen Engel. Er selbst kann nur bedingt lügen, er hat nach wie vor Engelsblut in sich und wenn er diese Sünden aus seinem Blut erschaffen hat, damit sie für ihn weniger stark sind, dann haben sie sein Blut mit in sich.” - “Und können daher auch nur bedingt lügen …” Raziel nickte bei Uriels Feststellung. Immer wieder vergassen sie alle, dass Luzifer einst zu ihnen gehört hatte. “Dann könnten wir ihnen Fragen stellen und selbst auf Antworten kommen?”, hakte Gabriel nach. “Nein, sie wissen nichts. Luzifer war damals schon sehr für sich und liess nicht alle an sich heran, die Tatsache, dass er sie erschuf, bedeutet nicht, dass er ihnen vertraut.” Raziel lächelte leicht bei seinen Worten und setzte sich ein wenig bequemer hin, sofern dies hier überhaupt möglich war. “Du glaubst also, sie haben keinerlei Ahnung, was Luzifers Plan ist?” Raziel schaute zu Gabriel hoch, welcher noch immer stand und lächelte ihn an. “Ich kenne Gottes Geheimnisse, nicht die von Luzifer”, stellte er dann beinahe amüsiert fest. “Allerdings denke ich schon, dass sie seinen ursprünglichen Plan kannten, so schwer wird der nicht gewesen sein. In den Himmel einmarschieren, alles überrennen und Gott finden, ein Teil davon hat ja gut geklappt.” - “Nur das Gott nicht da ist”, stellte nun Haniel fest. “Du weisst sicher nicht, wo er ist?” Raziel schüttelte den Kopf. “Nein, was mich in grosse Sorge fallen lässt. Nicht einmal Metatron weiss Bescheid. Dies wird Luzifer unberechenbar machen, noch mehr als zuvor schon. Er wird hier nicht eher aufhören und gehen, ehe er seine Antworten hat.” - “Auf welche Fragen?” Uriels Frage schien ziemlich unsicher und dies fiel Raziel und Chamuel direkt auf, hakten allerdings nicht nach. “Weiss er vermutlich selbst nicht. Es ist sein erster Besuch, seit seiner Verbannung und ich bin mir sicher, dass er nie genau darüber nachgedacht hat, was eigentlich passieren kann, sobald er den Himmel wieder betritt. All die Erinnerungen, die er hatte, die ihm Gott nicht nahm und er selbst sie nur verdrängte, kommen wieder.” - “Und die Lücken … Er wird wissen wollen, was passiert ist, welche Erinnerungen ihm fehlen und wieso …” Uriel klang nun noch ein wenig besorgter als zuvor. “Und er wird die Antworten wollen, Noch schlimmer wird es, wenn er sich erinnert”, stellte Gabriel fest. “Wieso? Kennst du Fakten aus seiner Vergangenheit, die wir nicht wissen?”, hakte Chamuel interessiert nach, erhielt allerdings ein Kopfschütteln zur Antwort. “Ich nicht, aber ich denke, dass Luzifer denkt, Michael und Raphael haben welche. Sie waren seine Freunde, seine Begleiter, wenn nicht sie, wer dann?” Gabriel tat es nun Raziel gleich und setzte sich hin. Die Schmerzen liessen ihn nicht ewig stehen und es schien den Übrigen nicht anders zu gehen. “Raphael weiss nichts, aber das kann Luzifer nicht wissen …” Grid und Gadles hatten sich nach einer Weile wieder eingekriegt. Die Neugierde hatte bei der Habgier gewonnen und er lauschte an der Zellentür, während Gadles gelangweilt gegen die Wand lehnte und hoffte, dass Luzifer sie bald erlöste. “Hm …” - “Was Interessantes?” - “Nein, leider nicht, ein Wunder, dass sie nicht die Federn ihrer Flügel zählen.” Grid log ohne rot zu werden. Gadles wollte ihm so oder so nicht helfen, hinter Luzifers Geheimnis zu kommen, also wieso sollte er ihn dann darüber informieren, dass die Engel genauso wenig Plan hatten wie sie? Allerdings fand er es durchaus interessant, dass scheinbar irgendwas passiert zu sein schien, dass nicht einmal Raphael wusste, was damals passiert war. Er sollte sich vielleicht mal mit Raziel und Uriel unterhalten oder bei Tsorn nachfragen, was er bei Raziel schon rausgefunden hatte. Es schien ihm auch logischer, dass Tsorn ihm eher helfen würde, als Gadles, welcher mit Michael eindeutig nur spielen und nicht das grosse Ganze herausfinden wollte. Was er selbst nicht einmal so bedauerlich fand. Er mochte Gadles nicht und er zeigte ihm dies liebend gerne und zu jeder Gelegenheit. Umgekehrt war es offensichtlich auch so. Mit Tsorn kam er eher klar, solang dieser seine Wut im Zaum halten konnte. “Sicher, dass nichts Spannendes los ist?”, wollte Gadles noch einmal wissen. “Ohja … Aktuell reden sie darüber, wieso niemand von ihnen etwas weiss. Also wirklich langweilig und ich glaube kaum, dass du dir das antun willst. Deine armen sensiblen Ohren”, spottete Grid mit einem Grinsen auf den Lippen. Gadles zuckte lediglich mit den Schultern. Das interessierte ihn wirklich nicht. Kapitel 12: Können Engel lügen? ------------------------------- Luzifer bekam von all dem absolut nichts mit. Nach seiner Ansage hatte er sich auf den Weg zu Metatron gemacht. Dieser Engel schuldete ihm Antworten und doch hatte er unfassbaren Respekt, ihm erneut unter die Augen zu treten. Es war schon sehr amüsant. Er fühlte sich an, als wäre er wieder in der Schule und er kam zu spät… Leise lachte er auf, er kam damals immer zu spät und Metatron war selten begeistert. Die Vorträge über Pünktlichkeit konnte er auswendig, dabei hatten sie nicht wirklich viel zu tun, als junge unerfahrene Engel. Den gesamten Tag diesem alten Erzengel zuzuhören, war schon langweilig genug. Er schüttelte den Kopf und betrat die Zelle. Daran durfte er jetzt nicht denken, all dies war Vergangenheit, Erinnerungen die nichts mehr mit dem hier und jetzt zu tun hatten. Davon durfte er sich auch nicht beeinflussen lassen. Nicht jetzt. “Metatron, ich hoffe du hattest es bequem~ Wenn du mir heute ein paar nützliche Infos liefern kannst, dann bin ich vielleicht gewillt, dir ein besser gepolstertes Bett zu Verfügung zu stellen. Deine Knochen werden es mir bestimmt danken.” Metatron lächelte Luzifer lediglich an. “Mich stört es nicht, ich hab schon soviel erlebt, da kommt es nun wirklich nicht mehr darauf an, ein paar Nächte unbequem zu schlafen, Luzifel.” Angesprochener knurrte bei der Erwähnung seines Namens auf. “Nenn mich Luzifer”, gab er direkt harsch von sich und widerstand dem Drang, diese Tatsache Metatron einzuprügeln. “Du wirst für mich immer Luzifel bleiben. Sollte ich dich zuvor einmal Luzifer genannt haben, war dies ein Versehen.” Luzifer begann bei den Worten zu zittern, die Wut zu unterdrücken war bei Metatron wirklich eine Aufgabe für sich. “Dann sprich mich besser gar nicht an, ehe ich mich vergesse”, drohte er dem ältesten Erzengel und liess sich angespannt auf die Pritsche fallen. “Schwierig, sofern du etwas von mir wissen willst.” Metatron war die Ruhe selbst und dies regte Luzifer nur noch mehr auf. Er hasste ihn, er hasste ihn wirklich dafür, dass er ihn so aus der Ruhe bringen konnte. “Wie kann ich Raphael davon abhalten, euch zu heilen?”, kam er direkt zum Punkt. Er wollte nicht länger als nötig mit Metatron sprechen. Dieser brachte ihn zu sehr durcheinander und dies konnte er gerade wirklich nicht gebrauchen. Die Erinnerungen in Raphaels Palast waren schon anstrengend genug, wobei er da ebenfalls weggelaufen war, ehe sie greifbar wurden. “Gar nicht, ausser er tut es aus eigenem Willen. Raphael tut schon lange was er will und für richtig hält. Ihn zu bändigen ist eine Kunst für sich. Gott duldet dies nur, weil er seiner Arbeit ordentlich nachgeht und niemandem schadet, doch ihn von etwas abzuhalten, ich wünsche dir viel Glück.” Luzifer war sichtlich verwirrt. Gott duldete die Eigensinnigkeit von Raphael? Wieso? War dieser der neue Lieblingsengel Gottes und nicht Michael? Es wurde immer verwirrender und Metatron sah ihm dies offenbar an. “Nein, ist er nicht.” Luzifers Blick wanderte direkt zu Metatron. “Was?”, fragte er harsch nach und die Kälte in seiner Stimme, hätte vermutlich Teile der Hölle gefrieren lassen. “Ich sehe dir an, was du denkst, Luzifel. Nein, Raphael ist nicht Gottes Lieblingsengel. Gott hat keinen Liebling, er liebt alle gleich. Raphael ist eher sein Sorgenkind. Er war schon immer ein wenig spezieller, aber seit damals … Er hat nie darüber gesprochen, was passiert ist, keiner weiss was in ihm vorgeht und dies beunruhigt Gott noch bis heute. Sei unbesorgt, auch du warst damals nicht sein Liebling und genauso wenig war es Michael. Ihr habt euch dies alles eingeredet und unnötige Eifersucht herauf beschworen.” Luzifer konnte es kaum glauben, wie gut Metatron ihn noch immer lesen konnte und schon wieder hatte er das Gefühl hier weg zu müssen. Dieser Engel wusste einfach zu viel über ihn, kein Wunder, er hatte ihn jahrelang begleitet und gelehrt. Alles was er wusste, wusste er hauptsächlich von ihm. “Und wieso lässt er ihm dann alles durchgehen?”, hörte er sich wie von selbst fragen. “Gott hat die Hoffnung, dass Raphael das Vertrauen in ihn wiederfindet und ihm endlich sagt, was mit ihm los ist. Bisher leider vergebens.” Metatron wirkte beinahe ein wenig geknickt, machten sich deswegen alle Sorgen um Raphael? Hatte dieser sich wirklich nicht im Griff? “Denk nicht zuviel darüber nach. Du warst weg, mit dir hat es vermutlich nicht sehr viel zu tun. Wobei vielleicht doch?” Luzifer schlug einmal fest mit der Faust gegen die Wand. Er hasste Metatron für solche Aussagen, sie waren alleine dazu da, um ihn zu verwirren und ihn aus dem Konzept zu bringen und es klappte. “Sag du mir nicht was ich denken soll. Ich finde raus, was ihr für ein Spielchen spielt, auch ohne Gott!”, wütend stand er wieder auf und wollte die Zelle verlassen, ehe Metatron sich noch einmal zu Wort meldete. “Du willst keine Rache an Gott, sondern Antworten, allerdings solltest du deine Methode überdenken, dann bekommst du vielleicht welche. Nur leider nicht von mir, ich wurde damals von deinem Prozess ausgeschlossen und Gott hat bis heute stillschweigen darüber behalten, was passiert war.” - “Vermutlich, weil er es selbst nicht weiss.” Luzifer verliess die Zelle. Er war nicht schlauer als zuvor, im Gegenteil, er war noch verwirrter und er hasste dieses Gefühl. Sein weiterer Weg führte ihn zu Michael, allerdings erst, nachdem er sich ein wenig beruhigt und gefangen hatte. So verwirrt wollte er diesem sicherlich nicht unter die Augen treten. Die Gefahr, ihm weh tun zu wollen war eindeutig zu gross und damit würde er auch Raphael weh tun, etwas, dass er aktuell wirklich nicht wollte. Nicht in diesem Moment zumindest. Luzifer atmete noch einmal tief durch, ehe er die Zelle betrat und ihn erfreute das Bild, welches ihm bot. Michael zitterte am gesamten Leib. Gadles Blut schien doch seine Wirkung zu zeigen und ein wenig freute es ihn, auch wenn dieser nach wie vor gegen seine Anweisung verstossen hatte, ihr eigenes Blut zu verwenden. “Unfassbar, der grosse und starke Michael erliegt dem Blut eines Dämonen. Ich bin zugegebenermassen ein wenig überrascht und doch bin ich es nicht. Gadles scheint dir wirklich einen Spiegel aufzeigen zu können …”, begrüsste er ihn gehässig. Er konnte und wollte es nicht verbergen, wie viel Freude es ihm machte, Michael so zu sehen. “Verzieh dich!” Michael hatte ziemlich grosse Mühe, seine Stimme nicht zitternd klingen zu lassen. Die Schmerzen waren offensichtlich da, doch vor Luzifer würde er keine Schwäche zugeben. “Nein, genau diesen Anblick brauchte ich jetzt und das Schöne an der Sache ist, Raphael kann es dir nicht abnehmen.” Luzifer trat auf den Engel zu und begutachtete ihn sich ein klein wenig genauer. “Aber ich kann es, wenn du ganz lieb darum bittest”, flüsterte er ihm dann gehässig ins Ohr, während er ihm leicht über die Wunden strich. “Allerdings wärst du dann ein klein wenig von mir abhängig, aber vielleicht bin ich netter zu dir, als Gadles es sein wird, wer weiss?” Michael nahm seine Kraft zusammen und trat Luzifer gegens Schienbein, was diesen überrascht einen Schritt zurücktreten liess. “Du kleiner Drecksack, ich sollte dich auf der Stelle unschädlich machen, aber die Konsequenz ist es mir gerade nicht wert. Wieso schützt Raphael dich. Was hast du getan?” Mit einem schnellen Griff hielt er Michael fest, so dass dieser ihn nicht weiter treten konnte. “Ich weiss, dass ihr früher gut miteinander klar gekommen seid, aber niemals hätte sich Raphael so gegen Gottes Gesetze gelehnt, also, wieso? Was hast du gegen ihn in der Hand?” Michael grinste leicht. “Nichts, ich habe absolut nichts mit ihm angestellt, Luzifer, alles, was Raphael angeht, ist deine Schuld. Vielleicht hättest du damals besser überlegen sollen, was du so getan hast und was du hättest bleiben lassen sollen.” Luzifer konnte sich nun wirklich nicht mehr kontrollieren und gab Michael eine kräftige Ohrfeige, was diesen schmerzerfüllt aufstöhnen liess. “Wage es nicht, mir an irgendetwas die Schuld zu geben, Michael. Ich weiss zwar nicht mehr viel, aber ich bin mir sicher, du hattest deine Finger mit ihm Spiel. Ich finde heraus, was du damit zu tun hattest und dann bist du derjenige der mir in die Hölle folgt und wenn es das Letzte ist, was ich tue.” Luzifer war sauer, stinksauer und Michael wusste und spürte dies. “Ich werde Raphael dazu bringen auszupacken, dich zu beschützen ist vergebene Mühe.” - “Viel Glück, derjenige der am wenigsten weiss, ist Raphael. Selbst wenn er sich erinnern wollte, könnte ers nicht”, zischte nun Michael ziemlich sauer. “Damit hast du mir gerade nur bestätigt, dass du mehr weisst und dir einen Platz ganz oben auf der Abschussliste gesichert und ich finde heraus, wer dir geholfen hat und wieso, geniesse die Tage im Himmel, sie sind gezählt.” Luzifer liess Michael gar keine Chance noch etwas zu sagen, da er die Zelle einmal mehr wutentbrannt verliess. Michael und er würden niemals auf einen grünen Zweig kommen. Damals schon nicht und heute vermutlich noch sehr viel weniger. Diese Arroganz, diese Selbstverliebtheit, wieso duldete Gott diese Eigenschaften? Kein Lieblingsengel, dass er nicht lachte. Natürlich war Michael Gottes Schosshündchen, wieso sonst hätte dieser alle Freiheiten? Sauer wie er war, ging er in sein eigenes Gemach. Zwar wollte er noch mit Raphael sprechen, aber in dieser Stimmung, würde er kein Vertrauen aufbauen können, im Gegenteil. Vor seinem Zimmer stand einmal mehr Tsorn. “Dies wird langsam zur Gewohnheit”, stellte Luzifer ein wenig amüsiert fest. Seine Wut hatte sich beinahe in Luft aufgelöst. Tsorn hatte eine beruhigende Wirkung auf ihn, vermutlich weil er ihm am Ähnlichsten war. Von all seinen Sünden, war die Wut am ausgeprägtesten und wenn er an seine Vergangenheit dachte, wurde ihm auch bewusst wieso. “Nun, ich bin wohl der ungewollte Bote und derjenige der deine allfälligen Wutausbrüche am besten wegstecken kann.” Tsorn grinste breit. Er hatte keine Angst vor Luzifer, lediglich Respekt und dieser schien auf Gegenseitigkeit zu beruhen, auch wenn er vor ein paar Tagen noch etwas anderes dachte. “Nun, was hast du mir zu sagen oder wolltest du mich einfach nur sehen?” Tsorn schüttelte den Kopf. “Die Engel sind in der Zelle und vielleicht solltest du wissen, das Gadles seine Magie verwendet hat.” - “Was hat er getan?” Luzifer rieb sich genervt die Schläfe. Vielleicht sollte er sich in Ruhe um Gadles kümmern. Er vertraute diesem zwar, allerdings nahm er sich gerade etwas zu viel raus. “Sicher, dass du das wissen willst?” - “Ja, spiel keine Spielchen, ich kann ein Boxsack gerade gut gebrauchen und ich glaube nicht, dass du dich freiwillig anbieten magst.” Tsorn verzog seine Lippen zu einem etwas schiefen Grinsen, darauf hatte er wirklich keine Lust. “Nun gut, er hat die Fesseln gezaubert, vielleicht solltest du da ein wenig intervenieren, wir wissen ja, dass Gadles nicht immer sauber arbeitet.” Luzifer konnte sich ein Seufzen nun wirklich nicht verkneifen. Er würde definitiv mit Gadles sprechen müssen. Die Hochmut machte ihrem Namen alle Ehre und langsam hatte er die Schnauze voll. Vielleicht hätte er ihm doch nicht Michael anvertrauen sollen, dieser stärkte seine Sünde nur noch, aber diese Entscheidung würde er jetzt nicht mehr ändern. “Sonst noch eine Info?”, wollte er dann wissen. “Keine direkte, da musst du Grid und Gadles fragen, wobei auf Gadles würde ich nicht setzen, der Kerl nimmt sich aktuell sehr vieles raus. Grid wird dir da sicher gerne mehr berichten.” Tsorn mochte Gadles nicht und zeigte dies offen. Es war ihm auch egal, ob er damit Luzifer gegen sich aufbrachte. Er hasste Schleimer und Gadles war einer. “Gut, dann werde ich mir mal ein klein wenig Ruhe gönnen, ehe ich noch mit Raphael, Gadles und Grid spreche.” - “Du solltest Michael meiden und es uns überlassen, vielleicht solltest du auch Raphael meiden.” - “Sag du mir nicht, wen ich zu meiden habe und wen nicht. Meine Gedanken sind geordnet, sie kommen nur immer mal wieder kurz durcheinander. Mehr nicht.” Tsorn nickte. Ihm jetzt zu widersprechen würde Luzifer nur wieder aufregen und er hatte sich anscheinend gerade ein klein wenig beruhigt, wieso also wieder etwas anderes riskieren? Während Luzifer sich ein bisschen Freizeit gönnte, sah Bager dies definitiv anders. Sie wollte eigentlich zuerst zu Michael, ehe sie mitbekam, dass Luzifer sich mit diesem unterhalten hatte. Schnell hatte sie ihren Plan geändert und stand nun in der Zelle von Raphael. Natürlich musste sie damit rechnen, dass Luzifer nach seinem Besuch bei Michael hierher kommen würde, aber dieses Risiko musste sie eingehen. Wenigstens war sie vor Grid sicher, dass dieser die erste Wache schieben musste, war zwar bedauerlich, aber in diesem Moment wohl wirklich ihr Glück. Sie war nach wie vor überzeugt davon, dass sie ihn rumbekommen hätte. Ihr widerstand keiner und dies würde nun auch einer der Erzengel erfahren. “Was für ein wunderschöner Mann~”, flötete sie beinahe, kaum hatte sie die Zelle betreten. Raphael hatte eine komplett andere Ausstrahlung, als die bisherigen Engel. Er wirkte erhabener, stolzer und somit sehr viel anziehender auf sie. “Ich kann Luzifers Besessenheit von dir beinahe verstehen, wobei sich mir nach wie vor die Frage stellt, ob er nicht einfach an der Vergangenheit hängt.” Raphael ignorierte die Sünde und hielt seine Augen geschlossen. Dank Luzifer konnte er sich tatsächlich ein wenig ausruhen und hatte auch die Schutzschilde runtergefahren. Die Ohrfeige Michaels, bekam er daher nicht mit. “Oh, ein unnahbarer Krieger? Dir ist bewusst, dass du dich somit nur interessanter für mich machst?”, wollte sie wissen und schloss die Zellentür hinter sich, ehe sie mit grossen Schritten zu dem liegenden Erzengel aufschloss. “Ich habe nichts dagegen, wenn du still bist, du wirst bald deine Kraft brauchen”, schnurrte sie schon ein wenig angetan. Aus der Nähe sah Raphael noch besser aus, die Muskeln, die seinen Körper zierten, passten nicht zu einem Schutzengel. Sie setzte sich auf die Pritsche und lehnte sich ein wenig über ihn, strich ihm dabei über die Bauchmuskeln und mustert ihn noch ein wenig genauer. “Was genau bist du? Schutzengel kämpfen nicht und doch hast du den Körper eines Kriegers, eines Kämpfers, ich sehe die Narben die deine Haut zieren, woher stammen sie?” Hauchzart strich sie eine der besagten Narben nach und bekam erstmals eine Reaktion. “Unpassendes Thema? Hm?” Bager grinste leicht, allerdings konnte Raphael dies nicht sehen, dieser hatte nach wie vor die Augen geschlossen. “Ich bin auch gar nicht hier, um mich über deine Narben zu erkundigen, wobei es dich ziemlich anziehend macht. Ich steh auf Männer mit einer Geschichte und ich bin mir ziemlich sicher, du könntest mir eine ziemlich umfassende erzählen.” Sie raunte die Worte an dessen Lippen und berührte sie hauchzart. Wie erwartet zuckte Raphael weg und öffnete überrascht die Augen. “Na? Hab ich dein Interesse geweckt?” Mit ihrer Hand glitt sie über seine Seite und setzte sich nun auf dessen Unterleib. “Runter”, erklang die kräftige Stimme Raphaels und Bager erschauderte. Sie wollte ihn. “Du bist gerade nicht in der Position, mir Befehle zu erteilen, mein Hübscher”, stellte sie dann lächelnd fest und rutschte ein wenig auf dessen Unterkörper herum. “Ich glaube, er hat gesagt, du sollst runter”, erklang auf einmal eine Stimme hinter ihnen und sie klang nicht sonderlich erfreut. “Verzieh dich, Tsorn”, murrte Bager und versuchte den ungebetenen Gast zu ignorieren. “Ich weiss, dass du manchmal schwerhörig bist, aber Luzifer würde dich direkt zurück in die Hölle schicken, ohne Wiederkehr.” Tsorn packte Bager am Kragen und zog sie von Raphael runter, was diese nur einmal mehr aufmurren liess. “Gönnst du mir gar keinen Spass?” - “Geh mit deinem Spielzeug vögeln, aber lass die Finger von den Erzengeln, gerade bei ihm solltest du doch wissen, wie empfindlich ein gewisser Herr reagiert, oder?” Tsorn war relativ ruhig, was Bager für einen Moment irritierte, allerdings musste sie ihm recht geben. Luzifer würde sie vermutlich vierteilen und dies ohne mit den Wimpern zu zucken. “Glück gehabt, aber irgendwann sind wir alleine und dann kommst du in den vollen Genuss der Wollust”, schnurrte sie noch einmal in Raphaels Richtung, ehe sie die Zelle verliess. “Keine Sorge, dieses Vergnügen bleibt dir erspart.” Kapitel 13: Irrwege ------------------- Raphael reagierte nicht wirklich auf Tsorn. Er hatte keine Lust auf die Dämonen und schon gar nicht auf irgendwelche Pläuschchen mit ihnen. Ihm wäre es nur recht, wenn sie wieder verschwinden würden und ihr langweiliger Alltag zurückkäme. Nur schien ihm dieser Wunsch nicht erfüllt zu werden. “Es wird dich wundern, aber mir ist Gott egal, mir sind auch eure Umstände hier im Himmel egal und ich wäre auch sehr gerne in meinem kuschelig warmen Heim ein paar tausend Meter weiter unten, aber dies ist aktuell nicht gegeben und zwar unter anderem wegen dir.” Nun setzte sich Raphael doch langsam auf. Tsorn hatte sein Interesse geweckt, auch wenn ihm selbst noch nicht wirklich klar war, wieso! “Wegen mir? So wichtig bin ich nicht”, stellte er dann klar und machte es sich bequemer, sofern dies in dieser Zelle überhaupt ging. “Anscheinend schon. Ich finde es an sich auch sehr faszinierend, wie keiner hier über irgendwas Bescheid weiss. Verstehe mich bitte nicht falsch, mir ist durchaus bewusst, dass ihr Engel nicht mit uns über eure Interna plaudert, würden wir genauso wenig tun, aber es kristallisiert sich schon heraus, dass keiner wirklich etwas vom anderen weiss und dennoch bezeichnet ihr euch als Freunde. Nein, alle bezeichnen DICH als ihren Freund, da stellt sich mir natürlich die Frage, wieso?” Tsorns Blick ruhte auf Raphael und dieser erkannte, dass Tsorn ihn nicht ausfragen wollte. Er schien ehrlich interessiert zu sein und auch wenn er wusste, wie gut Dämonen lügen konnten, glaubte er ihm. “Ich weiss es nicht”, gestand Raphael nach einer kurzen Ruhepause. “Seit Luzifers Verbannung, weiss ich so gut wie gar nichts mehr. Ich erinner mich weder an das was davor war, noch an das was danach war. Bei mir seid ihr alle an der falschen Adresse, deswegen verstehe ich diese Besessenheit von mir nicht. Ein jeder von euch scheint sich auf mich eingeschossen zu haben, wenn ihr was wissen wollt, geht zu Luzifer…” Tsorn war sichtlich überrascht. Vermutlich hatte Raphael noch nie so viel am Stück mit einem von ihnen gesprochen und die Bitterkeit in der Stimme, sie traf ihn vermutlich härter, als sie sollte. “Du erinnerst dich an nichts?”, hakte er nach. “Nein, vermutlich Gottes Werk, ich weiss es nicht. Ein paar tausend Jahre, einfach weg und wie du selbst sagtest, keiner scheint etwas zu wissen oder sie wollen es mir nicht sagen. Ich habe irgendwann aufgehört zu fragen und mein eigenes Leben angefangen zu leben, mit meinen eigenen Regeln. Als Sorgenkind Gottes, lebt es sich sehr angenehm.” Raphael lachte leise auf. Einen Vorteil musste es ja haben Teile seines Lebens vergessen zu haben. “Hm, ich hätte nicht mit so viel Ehrlichkeit gerechnet, ich bin gerade ein wenig überfahren”, gab nun Tsorn mit einem schiefen Grinsen zu. “Nun, vielleicht ist es ein wenig Dankbarkeit, dass du mich vor dieser Furie gerettet hast.” Nun war es an Tsorn aufzulachen. “Bager? Du bist nicht sicher vor ihr, sie wird es weiter versuchen, sie hat deine Witterung aufgenommen und sie scheint ihr zu schmecken. Ich kann es ihr nicht verübeln. Im Gegensatz zu den anderen Engeln, hast du was auf den Knochen und bist nicht ein Gerippe, was ihre Frage natürlich sehr interessant macht. Ein Schutzengel sollte vermutlich eine gewisse Stärke besitzen, aber ich habe Michael gesehen, euer Körperbau unterscheidet sich kaum.” Raphael zuckte mit den Schultern. “Da musst du nicht mich fragen, sondern der oberste Boss hier.” Tsorn lächelte leicht, er hatte immer mehr eine Ahnung, aber damit würde er sich auf ganz dünnem Eis bewegen. Egal bei wem. “Es ist mir an sich auch egal, nur gewisse Personen, fixieren sich darauf, aber soll nicht mein Problem sein, sollte Luzifer es mitbekommen, dann ist hier oben wirklich die Hölle los. Du weisst wirklich nicht, wieso Luzifer so an dir hängt?” Fragen kostete immerhin nichts und Raphael schien gerade seine guten fünf Minuten zu haben, wieso diese nicht ausnutzen? “Nur bedingt, wir waren Freunde, wir hatten unfassbar schöne Momente, aber von einem Tag auf den anderen ist meine Erinnerung einfach weg. Genauso wie er es war.” - “Du bist wütend”, stellte Tsorn fest. “Aber nicht auf ihn”, hängte er dann noch an. “Ich bin wütend ja, darauf, dass man mich in Watte packt, mich behandelt wie ein rohes Ei und keiner den Mund aufbekommt. Ich erledige meinen Job und bin umgänglich.” - “Wieso nicht auf ihn?” Tsorns Neugierde wurde geweckt und er würde hier Infos bekommen, auch wenn dieses Gespräch eindeutig nicht geplant war. “Wenn Gott mir die Erinnerungen nimmt, dann wird er sie ihm auch genommen haben. Ich war wütend auf ihn, aber ich wusste nicht wieso. Er war weg, aber es war nicht seine Entscheidung …” - “Deswegen hast du deine Wut auf Gott projiziert …” Tsorn wusste nur noch nicht, wieso dieser es Raphael durchgehen liess. Luzifer wurde verbannt, Raphael konnte machen, was er wollte, sogar wütend auf ihren Schöpfer sein, wusste dieser vielleicht selbst nicht die gesamte Geschichte? “Interessant”, gab Tsorn ehrlicherweise zu und lehnte sich nun ein wenig gegen die kühlen Steinmauern. “Dir sollte es ein leichtes sein, die Wut zu spüren, wieso wirkst du so ausgeglichen?” - “Dieser Palast ist aktuell ein Nährboden für mich. Ich muss nicht selbst wütend sein, da ihr alle es seid. Ich kann eure negativen Gefühle aufsaugen und mich daran laben. Ich denke, mir geht es hier mit am Besten und ich kann euch eure Wut nicht verübeln. Ich kann nur nicht immer einschätzen auf wen ein einzelner wütend ist. Bei dir ist es Gott, bei anderen sind wir der Auslöser und dann gibt es noch die Unbekannte.” Raphael nickte verstehend, die Erklärung schien selbst ihm logisch. “Und den anderen Sünden?” - “Nun, Bager erlebst du ja selbst, für sie ist dies hier die Hölle, keiner erliegt ihrem Charme, wobei Charme wohl zu weit hergeholt ist. Ihr Engel seid einfach prüde.” Tsorn wurde von Raphaels lachen unterbrochen, was ihn diesen auch irritiert anschauen liess. “Prüde? Nun, das Problem ist, dass uns untersagt ist, aus Lust der körperlichen Begierde nachzugehen, prüde sind wir nicht, es ist uns nur verboten.” Nun war es auch an Tsorn zu Schmunzeln. “Ihr unterdrückt eure Lust?” - “So in etwa, wir kommen nicht in Versuchung.” Tsorn fand diese Unterhaltung von Sekunde zu Sekunde interessanter. Die Engel empfanden durchaus Lust, damit hatte er nicht im Geringsten gerechnet und die Info würde er definitiv bei sich behalten. “Und die Andern? Ihr seid zu Siebt!”, hakte Raphael nach. “Nun, sollte Gott an seinem Weinkeller hängen, dann wird er ihn stark dezimiert vor finden oder Glatani hat sich vorher in den Tod gesoffen, Inersha wird vermutlich in einer Ecke liegen und schlafen, Gadles labt sich an Michaels Hochmut, der reicht ihm wohl vollkommen aus, dementsprechend wird es den Dreien gut gehen. Mekane und Grid allerdings, nun Neid und Habgier, ich weiss es nicht, ist mir an sich auch egal, ich bin nicht dicke mit denen. Vielleicht bin ich bei den Generälen Luzifers ein wenig der Aussenseiter, was mich nicht stört. Ich vertreibe sie oft mit meinen Wutanfällen und habe dann meine Ruhe.” Tsorn lachte belustigt auf. So genau hatte er sich nie Gedanken gemacht. “Du hast sogar eine Entschuldigung, wenn du ein Arschloch bist”, stellte Raphael amüsiert fest. “Welch Wortwahl für einen so mächtigen Engel”, merkte Tsorn grinsend an. “Nun, es war schön mit dir zu plaudern, Raphael, aber da ich genauso ungenehmigt hier bin, wie Bager es war, werde ich dich sicherheitshalber verlassen, ehe Luzifer auftaucht und mich aus Spass foltert.” Tsorn stand langsam wieder auf und winkte Raphael noch einmal zu, ehe er die Zelle verliess. Kurz überlegte er, ob er zu Luzifer sollte und ihm die Sache mit Bager zu erzählen, entschied sich dann dagegen. Sie würde es sich merken und sollte er ihre Hilfe brauchen, hatte er so etwas in seiner Hand. Er war umso entschlossener das Geheimnis zu lüften. Raphael schien unter der Situation zu leiden, auch wenn er was Gegenteiliges sagte und Luzifer? Der würde noch durchdrehen, sollte er keine Antworten erhalten. Stattdessen entschied er sich bei Grid und Gadles vorbei zu schauen. In einem der Beiden hatte er vielleicht einen Verbündeten, er musste nur rausfinden, inwieweit. Dort angekommen beobachtete er die Beiden ebenfalls einen Moment, wie er es zuvor bei Bager getan hatte. “Wollt ihr euch gegenseitig umbringen?”, fragte er nach einer Weile. Gadles schien wohl endgültig die Geduld mit Grid verloren zu haben und schien diesen erwürgen zu wollen. “Der Kerl ist einfach eine Plage für die gesamte Dämonen-, Engels- und Menschenwelt.” Gadles liess Grid los und stapfte sauer davon, was Tsorn ein wenig irritiert hinter her sehen liess. “Ich bin eigentlich nicht zur Ablöse gekommen”, murmelte er in seinen nicht vorhandenen Bart und blickte zu Grid, welcher sich wieder ordentlich hinsetzte. “Der Kerl hat einfach keinen Humor, bevor du fragst was passiert ist. So ein überheblicher und doch so empfindlicher kleiner Schleimscheisser”, erklärte er sich direkt und lachte einfach los. “Ich will es gar nicht so genau wissen …” Tsorn setzte sich neben Grid und überlegte einen kurzen Moment. “Ey, der tut so, als würde er über allen stehen, vorhin auch wieder und ich meinte lediglich, er steht höchstens über dem Dreck an meinen Füssen, fand er halt nicht so cool.” Tsorn musste einfach lachen. Grid hatte schon einen eigenwilligen Humor und dass dieser bei Gadles nicht ankam, wunderte ihn nicht mehr wirklich. “Gut, da bist du selbst Schuld, aber seine Arschkriecherei geht mir auch auf den Geist.” - “Er und Arschkriechen? Nein, Gadles ist so, er erhofft sich keinerlei Vorteile durch sein Handeln, ihm ist es in die Wiege gelegt, über uns zu stehen und sich für etwas Besseres zu halten.” Tsorn lachte weiterhin über den Tonfall von Grid. “Beinahe perfekt imitiert”, gab er ihm schmunzelnd ein Kompliment. “Ich weiss nicht wie Luzifer darauf kam uns beide zusammen arbeiten zu lassen … Ich kann dessen überhebliche Visage keine fünf Minuten ertragen, ohne sie ihm polieren zu wollen.” Tsorn konnte Grids Worten nur zustimmen, ihm erging es nicht sonderlich anders. Er mochte Gadles nicht. Sicherlich war es dessen Sünde die Hochmut auch auszuleben, allerdings entschuldigte er sein komplettes Verhalten mit dieser und damit kam er einfach nicht klar. “Seine Laune ist gerade eh am Tiefpunkt. Ihm ist klar, dass du ihn verpetzt hast, zudem kommt noch dazu, dass er Michael gerade nicht so foltern darf, wie er es gerne hätte. Alles in allem, nicht sein Tag.” Tsorn zuckte nun mit den Schultern, ob es Gadles Tag war, war ihm eigentlich egal. “Wenn er erpicht darauf ist, wen zu foltern, soll er zurück in die Hölle und kleine Dämonen auseinander nehmen, mach ich doch auch immer so. Charakter stärken und so, ich glaube nämlich kaum, dass Michael sich ihm beugen wird. Eher friert die Hölle zu.” - “Und du denkst ihn interessiert das? Er steht doch über allen, also auch über seinem Erzengel. Einerseits hoffe ich ja, dass er ihn bricht, andererseits hoffe ich auch, dass er daran verzweifelt. Ein kleiner Dämpfer würde Gadles gut tun, denn an Informationen will er anscheinend nicht kommen und sobald Luzifer das herausfindet, dann bricht hier aber auch ein neues Zeitalter an, allerdings für uns und nicht für die Bewohner des Himmels.” Das Lachen welches nun von Tsorn ausging, liess Grid leise aufknurren. “Ich lache dich nicht aus, aber hat dir Gadles das so gesagt? Dass er auf Informationen scheisst?” Grid zuckte mit den Schultern. “Nicht so direkt, aber die Intention in zu foltern war eindeutig grösser, als die Beschaffung der Informationen. Dabei verstehe ich nicht, was an Michael so interessant ist, nicht einmal ich hab das Bedürfnis diesen foltern zu wollen und ich bin die Habgier…”, stellte Grid schmunzelnd fest. “Naja, seit wann willst du etwas haben, was Gadles hat?” - “Nein, dass ist Mekanes Gebiet, etwas haben zu wollen, was ein anderer hat, ich will ALLES, unabhängig davon, ob es ein anderer besitzt. Michael reizt mich allerdings null.” - “Ich hab eine Ahnung wieso”, warf Tsorn ein und hatte die Aufmerksamkeit Grids sicher. “Michael steht an sich an der Schwelle zur Hölle. Ich weiss nicht wieso er ein so hoch geschätzter Erzengel ist, er übt mehrere Sünden gleichzeitig aus und wird dafür nicht bestraft, während andere verbannt oder ihrer Erinnerungen beraubt werden. Er ist quasi einer von uns, ohne es zu sein”, erklärte Tsorn seine Vermutung und beobachtete wie es in Grid arbeitete. “Die Hochmut versteh ich, aber welche Sünden noch?”, hakte er interessiert nach und Tsorn wusste nun, dass er auf Grid zählen konnte. “Neid, Wut und mich überrascht es, dass du es nicht merkst, aber auch die Habgier ist in ihm verankert.” - “Da bin ich auf deine Erklärung gespannt.” Tsorn lächelte und streckte sich kurz. “Es sind nur Vermutungen und ich will herausfinden, was an diesen dran sind, du kannst mir dabei gerne helfen. Grundsätzlich würde ich mich über deine Hilfe freuen, da ich gerne das Geheimnis, welches hier in der Luft schwebt, lüften mag. Doch nun zu Michael. Der Neid, er beneidet diejenigen die einen besseren Draht zu einem gewissen Engel haben. Er ist wütend, sehr wütend sogar. Seine Wut übersteigt die Luzifers bei weitem und ich will herausfinden wieso und die Habgier? Nun, ich denke, er ist der Meinung, wenn Gott schon nicht hier ist, sollte ER den Himmel regieren, was ihm versagt bleibt, da Metatron vermutlich diese Aufgabe übernehmen würde.” Grid hörte Tsorn aufmerksam zu und dachte über dessen Worte nach. “Und was hast du vor?” Er ging nicht auf die Aufzählung ein, er pflichtete Tsorn zu und dieser merkte dies aufgrund der Nachfrage. Grid und er verstanden sich schon immer ziemlich gut, wieso wollte er selbst nicht ergründen, aber seine Hilfe war sicherlich nützlich. “Ihr Vertrauen zu gewinnen. Fragen zu stellen. Ich war eben bei Raphael, eher aus Zufall, Bager hat deine Abfuhr glaub ich nicht ganz so gut weggesteckt. Jetzt versucht sie es bei angeketteten Engeln, die nicht flüchten können.” - “Luzifer wird sie töten”, unterbrach Grid Tsorn bei seiner Erklärung. “Nur wenn wir es ihm petzen. Dies tut jetzt aber nichts zur Sache, ich habe ein wenig mit ihm gesprochen und er schien mir aus irgendeinem Grund zu vertrauen. Auf jeden Fall, weiss ich nun, dass er nichts weiss und dafür muss es einen Grund geben.” - “Wie, er weiss nichts?” - “Gar nichts, seine komplette Vergangenheit, vor und nach Luzifers Verbannung ist ausradiert. Er hat keinerlei Erinnerungen daran und deswegen denke ich, es gibt einen Zusammenhang.” Tsorn wirkte nachdenklich und einmal mehr pflichtete Grid ihm bei. “Gibt es, ziemlich sicher. Ich habe vorhin ein wenig gelauscht, deswegen sollten wir hier ja Wache halten. Raziel denkt auch, dass irgendetwas nicht stimmt. Soweit ich herausgehört habe, denkt er, dass Luzifer ebenfalls nach Antworten suchen will, sobald ihn Erinnerungsfetzen einholen und er glaubt, dass Luzifer sich die bei Michael und Raphael holen will …” - “Nur, dass Raphael nichts weiss.” - “Richtig, dies bestätigte auch einer der Engel, ich weiss nur nicht welcher es war.” - “Dann ist es deine Aufgabe herauszufinden welcher Engel mehr weiss. Raziel können wir ausschliessen, allerdings hat er ein gutes Gespür … Ich werde Luzifer bitten, noch einmal mit ihm sprechen zu dürfen.” - “Ich werde hier nicht dauerhaft Wache sitzen, kannst du vergessen!” - “Verlangt doch keiner, aber vielleicht vertraut dir Luzifer genug, dass du hier jeden Einzelnen verhören kannst. Auf Inersha, Mekane und Glatani wird er nicht setzen, Bager ist dafür nicht geeignet und Gadles? Nun, darum kümmer ich mich.” Grid nickte. Sie würden hier also Luzifers Geheimnis lösen und zeitgleich den Himmel ein wenig aufmischen, so konnte diese aufkommende Langeweile doch noch vertrieben werden. “Grid? Kein Wort, zu niemandem, sonst erlebst du mich richtig sauer.” Tsorn zwinkerte der Habgier zu, ehe er aufstand und sich verabschiedete. Er musste hier schliesslich keine Wache halten. Kapitel 14: Unerwartete Erkenntnisse? ------------------------------------- Bager ging vor Tsorns Zimmer auf und ab. Ihr gingen die Worte nicht mehr aus dem Kopf und sie wusste zu gut, dass Tsorn einer war, der Luzifer alles berichtete. Dabei hätte sie Raphael sicherlich sehr viel Freude schenken können und sie war sich genauso sicher, dass dieser IHR viel Freude hätte bringen können. Allein bei dem Gedanken daran wurde sie wieder ganz wuschig. “Ich bringe ihn um”, murmelte sie leise vor sich hin, während sie nach wie vor auf und ab tigerte. Warten war nicht ihre Stärke und Tsorn zu suchen kam ihr gar nicht erst in den Sinn. Lieber öffnete sie nach einer Weile die Tür und begab sich in dessen Zimmer. Ihr Blick fiel aufs Bett und ohne gross zu zögern, machte sie es sich auf diesem bequem. Vielleicht konnte sie die Wut mit ihren körperlichen Reizen ein wenig überzeugen. Sie hoffte lediglich, dass dieser noch nicht bei Luzifer war. Es dauerte eine Weile, ehe sich Tsorn in sein Zimmer zurück begab und sich eigentlich ausruhen wollte. Das Gespräch mit Raphael und danach mit Grid, war mental durchaus anstrengend gewesen und als sein Blick auf Bager fiel, konnte er sich ein genervtes Aufstöhnen nicht verkneifen. “Was willst du jetzt hier?”, fragte er ebenso genervt nach. Bager liess sich von dem Tonfall nicht stören, im Gegenteil, sie legte sich noch ein wenig lasziver hin und bot sich Tsorn regelrecht an. “Du denkst wirklich, nachdem du bei Grid abgeblitzt bist und ich dich quasi von Raphael runterholen musste, dass ich jetzt über dich herfalle?”, wollte er dann amüsiert wissen. Langsam ging er zu seinem Bett und schob sich über die Wollust, strich ihr leicht über die Seite und liess sich von ihr in einen Kuss ziehen. Bager versuchte ihn in ihren Bann zu ziehen, doch Tsorn löste sich von ihr und legte sich neben sie hin. “Was willst du?”, wiederholte er seine Frage und es dauerte keine Sekunde, ehe Bager nun auf ihm sass. “Dich … Ich halte es kaum aus, bitte …”, flüsterte sie leise und beinahe bettelnd, was Tsorn jedoch nicht sonderlich beeindruckte. “Was willst du wirklich?”, fragte er nun ein wenig nachdrücklicher nach. Er war nicht dumm und Bager brauchte bei ihm keine Spielchen spielen. Diese seufzte nun ebenfalls genervt auf und ging von Tsorn runter. “Sag Luzifer nichts von dem Vorfall, bitte”, rückte sie nun endlich mit der Sprache raus, was Tsorn amüsiert auflachen liess. “Und wieso nicht? Dir sollte klar sein, dass er ziemlich sauer werden wird.” - “Genau deswegen sollst du es ihm doch nicht verraten. Ich hätte natürlich Infos aus Raphael rausgeholt, dann wenn seine Lust am grössten gewesen wäre, ich mache nicht alles nur für meinen Spass und ich finde, dies sollte auch gewürdigt werden.” Tsorn kam nicht umhin noch lauter aufzulachen. “Du bist wirklich talentiert darin, alles schön zu reden, hattest du einen Kurs bei Gadles? Der entschuldigt auch alles, mit seiner Sünde. Ich glaube dir allerdings kein Wort.” Bager setzte sich langsam auf und ihr Blick ruhte starr auf Tsorn. Dieser Kerl war eiskalt und genau dies war mit ein Grund, wieso sie ihn wollte. “Davon abgesehen, du hättest aus Raphael nichts rausbekommen, er ist stur und ich bin mir ziemlich sicher, deine Avancen hätten nichts gebracht. Du scheinst grundsätzlich ein wenig aus der Übung zu sein, vielleicht solltest du dir einen niederen Dämon einverleiben. Deiner Befriedigung wird es zwar nicht dienen, aber dein Hunger wäre ein wenig gestillt.” Die gnadenlose Ehrlichkeit liess Bager tatsächlich für einen Moment verstummen. “Ich will nicht nur meinen Hunger gestillt wissen …” Tsorn zuckte mit den Schultern. “Wenn es dir so schlecht geht, dann solltest du darüber nachdenken, keiner der Erzengel ist zugänglich für dich, ausser du willst Luzifers Zorn auf dich ziehen und ich denke, nur eine Sünde würde sich gerade auf dich einlassen, und selbst das nur, weil er neidisch ist.” Tsorns Grinsen gefiel Bager überhaupt nicht. Sie war nicht aus der Übung und dies würde sie diesem Trottel noch beweisen. “Sag Luzifer bitte trotzdem nichts”, bat sie erneut. “Und wieso sollte ich dies tun?” - “Ich tue, was du willst, aber sag ihm bitte nichts.” Nun wurde Tsorn hellhörig. “Alles?”, hakte er nach und bekam die Bestätigung in der Form eines Nickens. “Okay, darüber können wir sprechen.” Das Grinsen, welches sich auf Tsorns Lippen bildete, gefiel Bager nicht im Geringsten, aber sie wollte nicht von Luzifer bestraft werden, weil sie sich an Raphael ran gemacht hatte. Es bedeutete allerdings ebenso nicht, dass sies nicht wieder probieren würde, nur wollte sie sich dann nicht erwischen lassen. “Du willst einen Erzengel, hm? Dann verführ Michael, zieh ihn tiefer in den Sumpf der Sünden und zeig ihm auf, dass du stärker bist als Gadles”, verlangte er dann relativ kühl. Sollte Bager Erfolg haben, würde er an Infos kommen und Gadles an Ansehen verlieren, sollte Michael widerstehen, hätte er noch für ein wenig Zwietracht gesorgt. Bei dieser Forderung ging er als Gewinner raus und ein schlechtes Gewissen hatte er nicht. “Und wieso ausgerechnet Michael? In deinen kleinen Privatstreit mit Gadles will ich ungern mit reingezogen werden …” - “Nun, dann werde ich Luzifer von deinem kleinen Ausflug auf Raphaels Becken erzählen müssen.” Bager schnaubte einmal mehr leise und begab sich aus Tsorns Bett. “Na gut, aber wenn Luzifer dies herausfindet, sag ich ihm eiskalt, wer mich beauftragt hat”, drohte sie ihm sogleich und erhielt ein Lachen zur Antwort. “Nur zu, aber dann will ich dabei sein, wenn du es ihm erzählst.” Bager schnaubte einmal mehr leise auf. Sie hasste Tsorn in diesem Moment wirklich und sie schwor sich, ihm dies zurückzuzahlen, sobald er ihr eine Gelegenheit bot. “Fick dich”, knurrte sie noch einmal in dessen Richtung, ehe sie dessen Zimmer verliess. “Kein Bedarf, aber denk an deine Aufgabe, Bager”, rief er ihr noch hinter her und fing nun an sich auszuziehen. Ein wenig Schlaf hatte er sich nun wirklich verdient. Luzifer konnte einfach nicht ruhen. Ihm schwirrten zu viele Gedanken durch den Kopf und abschalten war eindeutig nicht drin. Da ein wenig Zeit vergangen war, hatte er sich ein klein wenig beruhigt. Nur wusste er absolut nichts mit seiner Zeit anzufangen und kam dementsprechend auch nicht von all seinen Gedanken weg. Nach endlos langen Minuten, stand er auf und wanderte ziellos durch die Gänge des Schlosses, ehe er sich im Verlies wiederfand und Grid alleine vor der Zelle der Engel. Schlafend. “Solltest du nicht irgendwie an Informationen kommen?”, wollte er amüsiert wissen und weckte Grid indem er ihn leicht anstupste. “Hm?”, völlig verschlafen sah dieser sich um, ehe er Luzifer erkannte und kerzengerade auf seinem Stuhl sass. “Tut mir leid, ich sitze hier seit heute Morgen und langsam kroch wohl die Müdigkeit in meine Knochen”, entschuldigte sich Grid sogleich und sah ehrliche Verwunderung in den Augen seines Bosses. “Du hast hier durchgehend gesessen?”, versicherte er sich und ein Nicken war die Folge. “Denkt denn hier keiner mehr mit? Und wo ist Gadles?” Grid spürte wie langsam aber sicher die Wut in Luzifer hochkam und vorsichtig legte er einen Arm auf dessen Unterarm und sah zu diesem hoch. “Es ist ok, solange ich gleich ins Bett darf und zwei der faulen Säcke sich hier morgen den ganzen Tag den Arsch absitzen dürfen und wo Gadles ist, keine Ahnung. Er ist irgendwann abgehauen, als Tsorn kurz vorbeikam und mir ein wenig Gesellschaft geleistet hatte.” Luzifer beruhigte sich direkt wieder ein klein wenig. “Tsorn war hier?” Grid nickte. “Ja, ansonsten hab ich seit Stunden keinen mehr gesehen”, beantwortete Grid die Frage. “Hm, gut, dann fällt einer zur Bestrafung weg, um die anderen kümmer ich mich morgen früh, geh schlafen.” - “Und wer hält Wache?” Grid hatte nicht sonderlich Lust die Engel unbewacht zu lassen, er traute ihnen nicht über den Weg, wobei es schon länger still war und sie wohl ebenfalls zu schlafen schienen. “Ich bin hier, ich übernehme, damit ich morgen früh auch die richtige Laune für eine weitere Standpauke habe, verzieh dich.” Grid nickte und erhob sich von seinem Platz. “Gibt es etwas, dass ich wissen muss?”, wollte er noch wissen, ehe er Grid entliess. “Nein, wobei, Raziel zweifelt daran, dass deine Verbannung ordnungsgemäss ablief und ebenso, dass niemand darüber Bescheid weiss. Einer der Engel druckste ein wenig herum, aber ich konnte nicht erkennen welcher”, gab er ihm schulterzuckend zur Antwort. “Gut, dann geh jetzt, ich kümmer mich drum.” Luzifer merkte nicht, dass Grids Worte nur teilweise der Wahrheit entsprach. Dieser entfernte sich mit einem zufriedenen Schmunzeln. Tsorn hatte nicht gesagt, wie sie an Infos kommen sollten, aber wenn Luzifer ein wenig Druck machte, dann würde es vielleicht ein wenig schneller gehen und komplett angelogen, hatte er ihren Boss nicht, nur ein wenig die Wahrheit verdreht. Er war sich allerdings sicher, dass dieser ihm dafür noch danken würde. Luzifer sass nun auf einem der Stühle und lehnte sich gegen die Wand. Die Stille hier war genauso unerträglich, wie die in seinem Zimmer. Gerade konnte er nicht alleine sein und er hatte keine Ahnung, wie er sich diesem Gefühl entziehen konnte. “So eine elende Scheisse”, fluchte er leise vor sich hin. In der Hölle hätte er nun irgendeinem Dämonen den Kopf abgerissen und sich besser gefühlt, aber hier? Es widerstrebte ihm aus irgendeinem Grund einen Engel unnötig zu verletzen, ganz gleich ob er von Raphael beschützt wurde oder nicht. Hatte Raziel recht? Wurde er gar nicht richtig verbannt und hatte deswegen diese komischen Gefühle? Nein, Michael hatte seine Sache leider durchgezogen, in dem Punkt war er sich ziemlich sicher und doch liess ihn dieser Gedanke nun nicht mehr los. Voller Tatendrang stand er wieder auf und platzte in die Zelle und alle fünf schraken aus ihrem Schlaf hoch. “Oh, habe ich euch etwa geweckt? Tut mir aber leid~” Die Entschuldigung war selbstverständlich nicht ernst gemeint und jeder der fünf Engel hörte dies deutlich an Luzifers Tonfall. “Ich wollte ein wenig mit euch plaudern und da ich gerade nicht schlafen kann, dachte ich mir, es ist jetzt die perfekte Gelegenheit dazu.” Luzifer nahm sich einer der Stühle von draussen und setzte sich in die Mitte des Raumen. So hatte er jeden der fünf im Blick und ihm würde nichts entgehen. “Wer will anfangen? Ihr habt mir bestimmt viel zu erzählen, nach einer so langen Zeit. Es bedrückt mich ein klein wenig, dass ich nicht mal eine ordentliche Party bekomme und mich hier um alles selbst kümmern muss.” Chamuel kam nicht umhin leise aufzulachen. “Du hättest halt die Einladung zurück schicken sollen, wir wussten ja nicht, dass du kommst”, konterte er mit einem leichten Schmunzeln und brachte Luzifer kurz aus dem Konzept. “Immer noch ein Spassvogel, hm?”, kommentierte er Chamuels Aussage. “Ich habe mal eine Frage an euch. Wie kommt es, dass ich mich an eure Eigenschaften, eure Charaktere erinnere, aber nicht, was damals passiert ist? Ihr ahnt nicht, wie wütend man werden kann, wenn man sich ungerecht behandelt fühlt.” - “Du wirst doch wissen, was du getan hast und hast es verdrängt”, warf nun Uriel ein und Luzifers Blick haftete nun auf diesem. “Kennst du das menschliche Sprichwort, getroffene Hunde bellen?”, wollte er süffisant wissen und versuchte aus Uriels Reaktion etwas herauszulesen. Es gelang ihm nicht. “Zu deiner Information, ich weiss absolut nicht, was ich verbrochen haben soll. Ich kann mich nicht einmal daran erinnern, einen Prozess gehabt zu haben, aber ihr wisst davon bestimmt mehr, oder?” Raziel seufzte leise und richtete sich ein klein wenig auf. “Deine Verbannung, ist ein Geheimnis, welches mir nie anvertraut wurde. Gott hielt stillschweigen und ich kann mir nur zusammenreimen wieso.” - “Wieso?” - “Um die Beteiligten zu schützen”, beantwortete Raziel ihm die Frage. “Dann stellt sich mir allerdings die Frage, wieso nur ich verbannt wurde, wieso nur ich bestraft wurde, wenn nicht nur ich beteiligt war. Nehmt es mir bitte nicht übel, aber habt ihr schon mal Michaels Aura analysiert?” Die Engel schauten zwischen einander hin und her und schienen nicht zu verstehen, was Luzifer genau meinte, was diesen einmal mehr amüsierte. “Nun, ganz offensichtlich nicht. Ich will mich ja nicht beschweren, immerhin habe ich in der Hölle denselben Rang wie hier im Himmel, allerdings mit mehr Freiheiten und ich bin bestimmt nicht böse darüber, dass mir dort Michael nicht vor der Nase herumtanzt, aber ich hätte da doch einen kleinen Kritikpunkt anzumerken. Ich bekam meine Sünden durch die Verbannung, der Teufel fand es wohl amüsant mich noch weiter zu bestrafen und zu testen, um zu sehen, wie ich mich schlage, aber Michael? Er lebt mehr als nur eine Sünde aus und ich finde es doch unfair, dass er tun und lassen kann, was er will.” Gabriel schien einen Moment zu überlegen und suchte Raziels Blick. “Nein, das lassen wir, keine Gespräche die ich nicht mitbekomme. Ich sehe das!” Luzifer grinste bei seinen Worten. Natürlich wusste er noch, dass die Generäle sich auch telepathisch unterhalten konnten, aber dies unterband er besser direkt. “Wir sind doch eine Familie, ihr könnt offen vor mir sprechen und du scheint eine Eingebung gehabt zu haben, teile sie mit uns, Gabriel”, forderte er diesen auf. “Über welche Sünden sprechen wir?”, wollte nun Uriel wissen und brachte Luzifer dazu, von seinem Stuhl aufzustehen und zu ihm rüber zu kommen. “Hm, ich finde, diese Veranstaltung ein wenig zu trocken, ihr seid so reserviert und zurückhaltend, dabei will ich euch doch gar nichts böses. Vielleicht sollte ich diese Tatsache ändern und euch den Luzifer präsentieren, den ihr sehen wollt.” Uriel schluckte leicht und versuchte sich ein wenig kleiner zu machen, was Luzifer allerdings schon gar nicht mehr interessierte. “Raziel, du bist sehr feinfühlig, was denkst du, von welchen Sünden ich spreche?”, wollte Luzifer nun von diesem wissen. “Hochmut, Neid, Habgier und Wut.” Luzifer stiess einen anerkennenden Pfiff aus und setzte sich nun neben Raziel auf den Boden. “Beeindruckend, du hast den Hauptpreis gewonnen, ich verrate ihn dir später. Wisst ihr eigentlich, dass wir in der Hölle Unterschiede in den Sünden machen? Vermutlich nicht, ihr interessiert euch ja nur für euren eigenen Arsch, daher nehmt es als Lernstunde. Die Sünden, welche Raziel aufgezählt hat, gelten bei uns als die Schlimmsten, sie fördern die Bösartigkeit eines jeden Lebewesen, während Trägheit, Völlerei und Wollust, nun, reden wir nicht drüber. Michael ist rein theoretisch gesehen schon lange abgedriftet und er entscheidet über Recht und Ordnung? Seht ihr den Fehler?” Luzifer genoss die Aufmerksamkeit, welche auf ihm lag. Es schien wirklich so zu sein, dass die Engel über diese Tatsache nicht Bescheid wussten oder sie aber bisher ignoriert hatten, was ihm an sich auch egal war. “Du denkst, Michael spielt ein Spiel?” - “Nein, Chamuel, ich weiss, dass Michael ein Spiel spielt. Er ist ein Stratege und ich habe keine Ahnung, inwieweit ich in seinen Plan gepfuscht hatte, aber ich bin mir sicher, dass ihr all dies hier, ihm zu verdanken habt.” - “Du denkst wirklich, er hat einen Plan ausgeheckt, welcher sich über tausende von Jahren erstreckt?” Haniel konnte dies nicht glauben und doch ergaben die Worte irgendwie Sinn. “Richtig, ich traue es ihm zu”, beantwortete Luzifer die Frage und erhob sich wieder. “Und ihr schaut seelenruhig dabei zu. Ihr erkennt seine Sünden und lasst ihn gewähren, wieso? Was hat er gegen euch in der Hand oder seid ihr wirklich so blind?” In Luzifer kochte langsam aber sicher die Wut hoch. Bisher hatte er selbst nicht an so etwas gedacht, aber es ergab alles Sinn. Er stand Michael im Weg, er musste nur noch herausfinden bei was. “Denkt darüber nach.” Mit den Worten verliess er die Zelle und verschwand um Inersha und Glatani zu holen. Diese faulen Hunde hatten nun die Aufgabe Wache zu schieben, ob sie wollten oder nicht. Kapitel 15: Ein gefährliches Spiel ---------------------------------- Bager hatte wirklich versucht zu schlafen, nachdem sie bei Tsorn abgeblitzt war und von ihm eine schier unlösbare Aufgabe erhalten hatte. Wie sollte sie einen Erzengel verführen, der sich noch mehr über sie alle stellte, als dessen Babysitter? An Schlaf war einfach nicht zu denken, die Gedanken kreisten immer wieder um Michael, Gadles, Tsorn und auch Grid. Der präsenteste aller Gedanken war allerdings der an Luzifer. Ihr Boss würde sie umbringen, sollte er davon erfahren, da war es egal, ob Tsorn sie beauftragt hatte oder nicht. In dem Punkt hatte dieser nämlich recht. Luzifer würde ihr nicht glauben, wenn sie es auf jemand anderen schob, sie hätte nein sagen können und zu ihrem Fehler stehen. Tsorn hatte sie so oder so in der Hand und hatte keinerlei Konsequenzen zu befürchten. Der Kerl war cleverer, als sie es erwartet hatte. Nach einer gefühlten Ewigkeit stand sie wieder auf und schlich sich durch die Verliese. Sie wollte niemanden aufwecken und schon gar nicht die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Jetzt in der tiefsten Nacht konnte sie vielleicht wirklich an ihr Ziel kommen und das tun, was sie wollte. Die Frage war nur, konnte sie Michael von sich überzeugen? Beinahe schüchtern klopfte sie an die Zelle von Michael, sie wollte nicht einfach reinplatzen, sollte Gadles hier sein oder im schlimmsten Fall, Luzifer. Da sie allerdings keine Antwort erhielt, betrat sie die Zelle und fand einen schlafenden Michael vor. Dieser lehnte gegen die Wand und Bager war sich ziemlich sicher, dass er seine Arme bald nicht mehr spüren würde. Dennoch traute sie sich nicht, ihn anderweitig fest zu ketten. Michael war der Erzengel mit der meisten Kraft, zumindest wurde dies erzählt. Sie würde ihn nicht bändigen können und auf noch mehr Ärger hatte sie nun wirklich keine Lust. “Ich dachte du bist anmutiger”, stellte sie für sich selbst fest und begutachtete den Erzengel vor sich erst einmal. Michael war gross und gut gebaut und doch hatte er nicht das gewisse Etwas. Bager hatte geglaubt, dass Michael sie reizen würde, aber dies tat er nicht. Sie trat noch ein wenig näher an diesen heran und schnupperte praktisch an ihm. “Gadles”, stellte sie fest. “Wobei es keine Erklärung ist, wieso du so normal auf mich wirkst.” Sie legte den Kopf ein wenig schief, beinahe so, als wollte sie Michael aus einem anderen Blickwinkel betrachten, nur kam sie nicht wirklich zu einer anderen Erkenntnis. “Sogar Haniel hat mehr Ausstrahlung als du, ihre Unschuld reizt mich, aber du, du bist von Sünde zerfressen und gleichst einem niederen Dämon.” Michael öffnete die Augen und schaute direkt auf die Sünde, welche ihn nach wie vor begutachtete und keinerlei Notiz von Michael zu nehmen schien. “Der einzig niedere Dämon hier, bist du”, kommentierte er ihre Worte und blickte keine zwei Sekunden später in die Augen der Wollust. “Falsch, ich bin einer der sieben Generäle Luzifers, solltest du uns besuchen kommen, bist du der Dreck unter meinen Fingernägeln. Bis vor ein paar Stunden, wollte ich dich unbedingt zwischen meinen Schenkeln, aber jetzt wo ich dich live und in Farbe sehe, nein, wirklich nicht. Du bist zwar gross und stark, aber anmutig? Vielleicht muss ich doch andere Konditionen aushandeln, dass ich zur Belohnung mein Glück noch einmal bei Raphael versuchen darf.” Sie sprach die letzten Worte eher zu sich selbst und doch spürte sie Michaels Reaktion. Dieser zuckte zusammen bei der Erwähnung von Raphaels Namen. “Dein Schwachpunkt?”, wollte sie dann süffisant wissen und trat noch einen Schritt näher an Michael heran. Nun berührten sie sich beinahe und Bagers Blick war fest mit dem von Michael verbunden. Sie würde ihn jetzt nicht aus den Augen lassen und wirklich ausweichen konnte er ihr auch nicht. “Was interessiert es dich?” Michael klang müde und alleine, dass sie den Geruch von Gadles an ihm ausgemacht hatte, bedeutete, dass dieser wohl ziemlich fertig war. Sie sollte ihn nur tiefer in den Sumpf der Sünde ziehen, wie hatte Tsorn ihr zwar gesagt, aber ihr kam eine ganz andere Idee. “Mich? Eine ganze Menge, Michael”, beantwortete sie ihm seine Frage und trat einen Schritt von ihm zurück. “Du wirkst müde und fertig und ich glaube, dies ist nicht der Müdigkeit geschuldet. Was hat Gadles dir angetan und wieso hat Luzifer nichts dagegen unternommen?” Michaels Lippen verzogen sich zu einem kaum merklichen Lächeln. “Du solltest es doch am besten wissen, beides Sadisten erster Güte und ich bin nicht gerade Luzifers bester Freund”, antwortete er ihr ein wenig überraschend. “Was hat er getan?”, wiederholte sie ihre Frage ein wenig nachdrücklicher. “Denkst du wirklich, ich nehme dir ab, dass du davon nichts weisst?”, wollte er ein wenig gereizt wissen, suchte dabei wieder ihren Blick und stellte fest, dass Bager wohl wirklich ahnungslos war. “Ich erzähle dir jetzt mal etwas, Michael. Bei euch im Himmel, mag alles schön und toll sein, auch wenn ich mir ziemlich sicher bin, dass dies alles mehr Schein als Sein ist. In der Hölle sieht die Welt ein klein wenig anders aus. Jeder ist sich selbst der nächste und da geht der ein oder andere schon über die Leichen, um seinen Status zu festigen. So etwas würde hier bestimmt nie passieren~” Den letzten Satz hatte Bager absichtlich ein wenig provokant ausgesprochen. Sie glaubte nicht im Geringsten daran, dass jeder Engel auch einer ist. “Du vertraust deinen eigenen Leuten nicht, muss wirklich ein Ding bei euch unten sein, wenn du allerdings keine Ahnung hast, bedeutet dies ebenso, dass sie dir auch nicht vertrauen, richtig?” Bager zuckte lediglich mit den Schultern. Michaels Worte trafen sie nicht, sie vertraute Gadles genauso wenig, wie dieser ihr. Es war nun einmal Gang und gäbe in ihrer Welt. “Schon einmal darüber nachgedacht, dass du in einer sehr ähnlichen Position sein könntest?”, wollte sie stattdessen wissen und ging wieder auf den Erzengel zu. “Ich helfe dir, wenn du mir verrätst, was er angestellt hat und du bereit bist, mir soweit zu vertrauen, dass er keine Macht mehr über dich hat”, schnurrte sie ihm dann leise ins Ohr. “Zu welchem Preis?”, kam die Gegenfrage, welche Bager grinsen liess. “Nun, ich muss wissen was er getan hat, um dir zu helfen, ich will seinen Fall.” Michael schloss die Augen und schien über ihr Angebot nachzudenken. “Du willst seinen Fall?”, hakte er dann nach. “Was hast du davon? Einen besseren Stand bei Luzifer?”, wollte er weiter wissen. “Einen besseren Stand bei Luzifer? Ich wüsste nicht wie, Gadles ist nicht sein Liebling, auch wenn er dies denkt. Er ist die Hochmut, so sehr von sich selbst überzeugt, dass es keine anderen neben ihm geben kann. Mein Stand bei Luzifer ist mir egal, ich spiele hier mit meinem Leben, da ich nicht die Erlaubnis habe, mit dir zu sprechen und schon gar nicht dir meine Hilfe anzubieten. Denkst du wirklich, Gadles Fall würde meinen Stand heben?” Michael war von der Ehrlichkeit der Sünde überrascht. Sie öffnete sich ihm, damit er ihr vertraute und doch konnte es eine perfide Falle sein. Vermutlich war es eine Falle, doch langsam hielt er die Schmerzen nicht mehr aus und vor Luzifer dies zuzugeben kam eindeutig nicht infrage. “Dann sag mir, was für dich rausspringt, wenn du angeblich nichts davon hast”, wollte er stattdessen erneut wissen. “Du gibst nicht auf was? Nun gut, ich habe nichts davon, aber wer anderer schon und ich stehe leider in der Schuld von diesem Jemanden. Davon abgesehen, dass wir alle wollen, dass Gadles mal auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wird, natürlich.” Nun war es an Michael leicht zu grinsen. “Ohne Konsequenz?”, wollte er dann wissen und Bager blickte ihm direkt in die Augen. “Kommt auf deine Stärke an, was hat er getan”, wollte sie erneut wissen und Michael beschloss den Widerstand für dieses eine Mal aufzugeben. “Er hat sein Blut mit meinem vermischt.” Bager seufzte bei den Worten, nun, dies erklärte ziemlich vieles und es kam wirklich auf Michaels Stärke an. “Clever, sehr clever sogar und ich erkläre dir sogar wieso. Jeder hat die Sünden in sich, auch ihr Engel, genauso wie wir einen kleinen inneren sehr gut versteckten guten Kern haben, bei dir ist die Hochmut allerdings ausgeprägt und er weiss es für sich zu nutzen. Er ist die Hochmut. Ich kann dir tatsächlich nur helfen, wenn du dich auf mich einlässt und seine Sünde für meine aufgibst.” Bager war selbst überrascht, dass sie dies nicht unbedingt wollte. Michael war ihr nicht im Geringsten sympathisch und auch nach diesem Gespräch, wirkte er nicht anziehender auf sie. Doch wollte sie aus Tsorns Schuld, sie hasste es auch nur irgendwem einen Gefallen zu schulden. “Bedeutet?” Michaels Frage riss sie aus ihren Gedanken und amüsierte sie zugleich. “Du kannst mir nicht erzählen, dass du SO naiv bist, mein Lieber.” - “Ich werde keine körperlichen Aktivitäten mit dir ausführen!” Bager lachte nun leise auf, dieser Engel trieb sie in den Wahnsinn und leider nicht so, wie sie sich das vor ein paar Stunden noch gewünscht hätte. “Dann leidest du weiter, war mir eine Ehre mit dir zu sprechen.” Sie wollte sich gerade abwenden, als ein entnervtes Brummen Michaels Kehle verliess. “Wie soll das ablaufen?” - “Verarschen kann ich mich alleine, Michael. Spiel mir hier nicht den unschuldigen Engel vor, auch wenn dein Hochmut überwiegt, ich bin die Wollust, ich kann sehen und spüren, welche Erfahrungen du bereits hast, lass dich darauf ein, oder lass es bleiben. Ich habe keine Schmerzen und werde meine Schuld zur Not auch anderweitig los, aber du? Du solltest nehmen, was dir angeboten wird.” Langsam reichte es ihr wirklich. Sie war nicht dumm, auch wenn sie wohl von allen unterschätzt wurde. “Dafür müsstest du mich los machen”, stellte Michael lediglich fest. Er würde nicht auf ihren kleinen Wutausbruch eingehen und ihr somit noch recht geben. Vermutlich wäre es für ihn zu peinlich, sollte sie herausfinden, was genau er schon alles angestellt hatte. “Hättest du wohl gerne”, konterte sie mit einem anzüglichen Grinsen. “Ich werde mich sicher nicht von dir überlisten lassen. Mir ist durchaus bewusst, dass du mich nach wie vor überwältigen könntest.” - “Dann wird das schwierig, oder?” Bager musterte Michael einmal von oben nach unten und trat dann wieder nahe vor ihn. “Ach Michael, es geht hier darum, aus dir die Sünde herauszuholen, nicht um mich”, flüsterte sie ihm ins Ohr und legte eine Hand auf seinen Schritt. “Ich könnte es mir einfach machen und dir mein Blut geben, aber da Luzifer dies sofort durchschauen würde, machen wir es auf die herkömmliche Art. Mir ist durchaus bewusst, dass du vermutlich noch nie so von einer Frau angefasst wurdest, aber geniesse es. Es fühlt sich unfassbar gut an.” Sie spürte zwar, dass Michael bereits Erfahrung hatte, aber sie war sich nicht sicher, wie weit die reichte, sie glaubte auch eher, dass diese eher auf Spass mit sich selbst beruhte. “Wie?” - “Einfach geniessen, Michael, mehr nicht”, raunte sie ihm erneut zu und liess ihre Hände über die starke Brust gleiten. Hauchzart berührte sie die frischen Kratzer und setzte leichte Küsse auf diese, ehe sie nach und nach alles ein wenig tiefer verlagerte. Er würde sie nicht beglücken können, definitiv nicht, aber dies bedeutete nicht, dass sie ihm nicht ein wundervolles Erlebnis bieten konnte und ihn vielleicht auf den Geschmack brachte. Es dauerte auch nicht sonderlich lange, war die gesamte Sache bereits vorbei. Bager hatte nicht wirklich mit einem grossen Durchhaltevermögen gerechnet, immerhin war dies ein Erzengel, allerdings schien Michael durchaus zufrieden zu sein. “Soll ich nochmals? Du scheinst mir gerade ziemlich entspannt zu sein, kein Wunder, bei dem Druck, der sich aufgestaut haben muss.” Sie grinste nur breit und leckte sich über die Lippen, liess dabei eine Hand auf Michaels Schritt liegen und fokussierte ihn mit ihren Augen. “Sag nichts, weil du es bist und mich deine Lust doch ein klein wenig anmacht, bekommst du eine zweite Runde.” Bager ging erneut vor Michael auf die Knie und verwöhnte ihn noch einmal nach allen Regeln der Kunst. Dieses Mal dauerte es schon ein bisschen länger und selbst Bager schien es zu geniessen. Sie saugte Michaels Lust wortwörtlich in sich auf und strich ihm dann erneut über die Seite, während sie aufstand. “Und das reicht, damit ich Gadles widerstehen kann?”, wollte Michael noch ein wenig ausser Atem wissen. “Nein, ich muss es ihm gleichtun, ein wenig meines Blutes in deinen Körper bringen, mit deinem Blut vermischen, dann ist die Chance grösser und ich kann dir ein Versprechen geben.” Michael seufzte, er hatte sich so etwas schon gedacht. “Dann bring es hinter dich”, forderte er sie auf und Bager kratzte leicht eine der Wunden auf, um dasselbige Ritual mit Michael zu vollführen, wie es Gadles vor ein paar Tagen gemacht hatte. “Und was für ein Versprechen?”, hakte er dann nach und bereute die Frage bereits, als er in ihr grinsendes Gesicht sah. “Beantworte du mir erst eine Frage, Michael. Wie hatte es sich angefühlt, in eine so feuchte enge Höhle stossen zu dürfen?”, wollte sie angeregt wissen und beobachtete zufrieden, wie Michael ein wenig rote Ohren bekam. “Sehr gut”, gab er ehrlicherweise zu und spürte ein paar Sekunden später ihren gesamten Körper an seinem. “Gut, dann stell dir vor, dass es noch enger geht, dass du die Kontrolle hast und mit deiner gesamten Lust, deinem gesamten Körper zustossen kannst, dich gehen lassen darfst”, flüsterte sie ihm leise ins Ohr, Michael erzitterte unter den Worten und Bager spürte, wie ihre Worte ankamen, sehr deutlich ankamen. “Widersteh Gadles und ich verspreche dir, dass du alles mit mir anstellen darfst, was dir beliebt”, versprach sie ihm ein wenig rauer, ehe sie sich von ihm löste. “Wann?” - “Sobald Luzifer genug von ihm hat. Wenn du gut bist, dauert es nicht lange, aber denk dran, kein Wort, ansonsten haben wir beide ein Problem.” Sie strich noch einmal über die Körpermitte des Erzengels, ehe sie sich grinsend umdrehte und die Zelle wieder verliess. Es war schon ziemlich interessant, wie schnell sich Michael auf den Deal eingelassen hatte und er schien wohl wirklich grosse Schmerzen gehabt zu haben, allerdings war sie sich genau deswegen nicht zu hundert Prozent sicher, ob ihr Blut das von Gadles neutralisieren konnte. Es kam nun wirklich auf dessen Stärke an und irgendwie hoffte sie, dass er stark genug war, ihnen Beiden zu widerstehen. Bager machte sich danach wieder in die Richtung von Tsorns Zimmer und betrat dieses einmal mehr ohne anzuklopfen. Sie hatte ihren Teil erfüllt und wollte ihm dies direkt berichten. Da war es ihr ziemlich egal, ob der Herr schlief oder nicht. “Anklopfen solltest du wohl wirklich noch üben. Nicht auszudenken, bei was du mich hättest erwischen können”, begrüsste er sie mit einem leichten Grinsen auf den Lippen, welches sie allerdings aufschnauben liess. “Ich glaube kaum, dass du eine niedere Dämonin hier herholst, wenn ich mich dir vorhin angeboten hatte. Man nimmt doch das Beste, was man bekommen kann”, erwiderte sie lediglich und setzte sich zu ihm aufs Bett. “Nun, nimm es mir nicht übel Bager, aber jede Dämonin ist besser als du, alleine der Tatsache geschuldet, dass nicht jeder zweite Dämon bereits in ihr war.” Tsorn konnte die Ohrfeige gerade noch so abfangen und zog Bager an ihrem Handgelenk näher zu sich. “Wir wissen Beide, dass dies stimmt”, stellte er dann klar und liess sie wieder los. “Wieso störst du mich um die Uhrzeit noch?”, wollte er dann wissen. “Wieso bist du noch wach?” - “Vielleicht ahnte ich, dass du über mich herfallen willst und blieb zur Sicherheit wach”, stellte er eine These auf, die natürlich nicht der Wahrheit entsprach. “Und wieso bist du wirklich noch nicht schlafen?” Tsorn lehnte sich ein wenig zurück und schloss für einen kurzen Moment die Augen. “Ich habe nachgedacht. Die Situation hier ist schon ziemlich verworren und mir schwirren so viele Gedanken durch den Kopf, dass ich einfach nicht schlafen kann. Ich hatte sogar schon überlegt, zu Luzifer zu gehen und ihn direkt auf gewisse Dinge anzusprechen, habe es mir dann allerdings anders überlegt, weil er vermutlich selbst einen Gedankensalat zu ordnen hat. Vermutlich ist es auch besser, wenn er noch weitere Gespräche führt.” - “Und wie soll das gehen? Die Engel werden ihm nichts sagen, nicht von sich aus”, warf Bager ein und Tsorn nickte auf ihre Aussage hin. “Grid, er will es ebenfalls wissen. Er ist verschlagen genug Informationen zu streuen die nicht der Wahrheit entsprechen, allerdings die Wahrheitsfindung ein wenig fördern dürfte.” - “Er streut falsche Informationen und Gerüchte, was hast du gegen ihn in der Hand?” - “Nichts, aber wir arbeiten für das gleiche Ziel und glaube mir, wir werden es irgendwie erreichen. Wieso bist du nun hier?” Bager schüttelte amüsiert den Kopf. Ihr wurde einmal mehr klar und deutlich, mit wem sie sich nicht anlegen sollte. “Ich wollte nach unserem Gespräch eigentlich schlafen, allerdings liess mich dein Auftrag nicht los und ich war bis eben bei Michael.” - “Und?” - “Sein Fleisch war willig und ich glaube, er kam ein wenig auf den Geschmack. Ich weiss allerdings nicht, wie stark Gadles Einfluss auf ihn ist, ich habe mit ihm einen Deal ausgehandelt und werde diesen erfüllen oder gegen ihn verwenden, sollte er mich verarschen.” Tsorn hörte ihr aufmerksam zu und deutete ihr an, sich weiter zu erklären. “Gadles hat mit seinem Blut seine Schmerzen stärker werden lassen, nun ist auch mein Blut in seinem Körper und ich kann ihn in den Wahnsinn treiben. Sexuell unbefriedigt zu sein, wenn man gerade erst auf den Geschmack kam, kann schlimmer werden, als jeder Schmerz”, sie grinste bei ihren Worten ein wenig breiter. “Du kannst auch ganz schön sadistisch sein. Ich hoffe dein Plan funktioniert. Du weisst, wir haben einen Deal und wenn du ihn nicht einhältst, dann erfährt Luzifer alles.” Bager nickte schwach. “Als ob ich das vergessen würde, aber ich bin mir sicher, Michael wird mitspielen. Er hat nicht einmal vor mir zugegeben, wie stark seine Schmerzen sind, aber ich bin mir sicher, mein Angebot kam ihm gerade recht. Daher, plan du weiter deinen Schachzug gegen Gadles und deine Aufklärungsmission, ich hab meinen Teil vorerst erfüllt.” Nun war es an Tsorn zu nicken. “Gut, dann kann ich jetzt vielleicht ein wenig schlafen. Jetzt wo ich weiss, dass ich mich um etwas weniger sorgen muss. Du solltest es übrigens auch versuchen, wer weiss wie anstrengend unser Tag morgen werden wird.” Bager verstand durchaus, dass Tsorn sie los werden wollte und sie tat ihm diesen Gefallen. Jetzt würde auch sie schlafen können. Kapitel 16: Luzifers Angebot ---------------------------- Luzifer schlief unruhig. Seine Träume waren wirr und er wusste nicht, wie er sie einzuordnen hatte. Es schienen keine normalen Träume zu sein, sondern Erinnerungsfetzen, als würde ihm sein Unterbewusstsein etwas mitteilen wollen, oder war es Gabriel? Nein, dieser konnte seine Kräfte gerade nicht so einsetzen, wie er es gern hätte, da konnte er ihm nicht in einem oder gar mehreren Träumen erscheinen. Da war sich Luzifer sicher. Nach einem weiteren verwirrenden Traum, änderte sich diese Meinung allerdings ein klein wenig. Vielleicht konnte Gabriel ihm gerade nur so etwas mitteilen? Er kannte die Szenen, sie waren ihm nicht fremd, im Gegenteil. “Ich will doch nur meine Ruhe”, murrte er leise und zog sich einmal mehr die Decke über den Kopf und schaffte es nach einer Weile erneut einzuschlafen. Zumindest solange, bis er noch eindeutiger träumte und kerzengerade in seinem Bett sass. Er würde mit Gabriel sprechen, definitiv. Dieser kam zwar nicht in seinem Traum vor, aber es handelte sich sicherlich um Erinnerungsfetzen oder waren es Wunschträume? Nein, dafür fühlte es sich eindeutig zu real an, zu bekannt, es war zum Mäuse melken. Frustriert schüttelte er seinen Kopf. Er konnte damit nicht zu Gabriel, er konnte damit nicht zu einem der übrig gebliebenen Engel. Es wäre eindeutig zu peinlich. “Wieso weiss ich davon nichts mehr?”, fragte er sich selbst leise und stand nach endlosen Minuten endlich auf. Ein Blick in den Spiegel zeigte ihm ziemlich deutlich, wie schlecht er geschlafen hatte. Er fühlte sich total zerknittert und vermutlich sollte sich heute niemand mit ihm anlegen. “Ich hatte eindeutig schon bessere Tage, vielleicht bekommt mir die Luft hier oben einfach nicht mehr”, schwach grinsend schüttelte er den Kopf und verliess das Zimmer. Ein kleines Hüngerchen plagte ihn und er würde sicherlich etwas zu Essen auftreiben. Zur Not würde er sich einfach auf der Erde irgendetwas besorgen. Auf dem Weg in den Speisesaal, begegnete er Glatani, welcher schon irgendetwas am futtern war und dabei eine grosse Karaffe Wein in den Händen hielt. “Ich hoffe, du trinkst den Vorrat nicht komplett leer, sollte Gott wiederkommen und sich ein Schluck genehmigen wollen, hast du ein Problem”, stellte er dann leicht grinsend fest und Glatani folgte Luzifer. “Nun, du beschützt mich sicher”, legte dieser dreisterweise fest und bekam ein Schulterzucken zur Antwort. “Ich wäre mir da nicht so sicher. Ich will zwar mit Gott sprechen, egal was kommt, aber ich weiss noch wie wichtig ihm sein Wein war”, stellte er dann fest und suchte sich dann etwas zu Essen zusammen. “Du wirst mit Inersha nachher Wache halten. Es kann nicht angehen, das Grid gestern die gesamte Zeit alleine dort sass. Hast du Gadles gesehen?”, bestimmte und fragte er zeitgleich und erhielt keinerlei Antwort. “Ich rede mit dir, Glatani”, kam es etwas nachdrücklicher von Luzifer. “Ich hab keine Lust auf diese Engel aufzupassen, sie kommen doch eh nicht weg~”, beschwerte sich die Völlerei sichtlich genervt, was Luzifers Laune noch ein wenig stärker sinken liess. “Hör mir mal zu. Mir ist es scheiss egal, worauf DU Lust hast oder nicht, das war ein Befehl. Solltest du ihn nicht ausführen wollen, habe ich soeben einen Freiwilligen gefunden, der sich mir zur Verfügung stellt.” Glatani seufzte leise und trank einen grossen Schluck aus seiner Karaffe. “Darf ich dann einen Dämonen abstellen der mich mit Wein versorgt?”, wollte er wissen. “NEIN. Verdammt nochmals. Du bist hier um zu arbeiten, denkt ihr etwas, dies ist ein Familienausflug in den Himmel? Willst du mich etwa verarschen du nutzloses Subjekt?” Luzifer spürte, wie sich immer mehr Wut in ihm anstaute und langsam hatte er die Faxen seiner Sünden dicke. Wo war er hier? Auf Klassenfahrt? “Sauer?”, fragte Glatani unnötigerweise nach und es grenzte an einem Wunder, dass Luzifer nicht explodierte. “Ob ich sauer bin? Sag mal, bist du eigentlich vollkommen dämlich? Haben du und Inersha irgendwie eure Körper getauscht? Von dem Schwachkopf hätte ich so eine Frage ja erwartet, aber von dir?” Luzifer verwarf die Hände über dem Kopf und sein Hunger war vergessen. Fragte dieser Idiot, ob er ernsthaft sauer war. “Kein Grund beleidigend zu werden”, murrte Glatani dann leise und konnte deutlich sehen, dass er sich immer auf deutlich dünnerem Eis bewegte. “Wenn du den heutigen Tag überleben willst, verschwinde, sofort”, befahl er ihm sogleich und Glatani befolgte dessen Ratschlag direkt. Luzifer sass nun noch schlechter gelaunt am Tisch und stocherte in seinem Essen herum. Irgendwie war ihm die Lust vergangen, auch wenn seine Gedanken an den Traum nun ein wenig in den Hintergrund gerückt waren. “Kann ich mich setzen?”, wollte Gadles ruhig wissen. “Wo warst du gestern?”, wurde er von Luzifer begrüsst. “Wie wo war ich gestern?” Gadles setzte sich neben ihren Boss und musterte fragend. “Ich hatte eine kleine Begegnung mit Grid, der alleine vor der Zelle sass und den Schlaf der Gerechten schlief, aber von dir war weit und breit keine Spur.” - “Grid hat gepennt? Kann man den nicht einmal alleine lassen?” - “Die Frage ist, wieso du ihn alleine gelassen hast”, lenkte Luzifer wieder auf das eigentliche Thema. Ihm war bewusst, wie gut Gadles ablenken konnte, aber nicht mit ihm, nicht mit seiner aktuellen Laune. “Tsorn kam vorbei, ich dachte er löst mich ab.” Gadles zuckte mit den Schultern und nahm sich einen Schluck Wein. “Hat er irgendwas dergleichen gesagt?” - “Nein, aber Tsorn und ich reden nicht oft miteinander, da sind ein paar Diskrepanzen zwischen uns, daher ging ich einfach davon aus.” - “Manchmal solltest du nicht denken. Tsorn hatte dich nicht abgelöst, ihm kam es vermutlich recht, dass du abgezogen bist, da er und Grid sich gut verstehen, aber abgelöst, hat er dich eindeutig nicht.” Gadles zuckte erneut mit den Schultern. “Viel verpasst habe ich sicher nicht, wenn selbst er eingeschlafen ist.” In Luzifer brodelte es immer mehr und es war für ihn selbst ein Wunder, dass er wirklich noch nicht in die Luft gegangen war. “Es war deine Aufgabe, demnach, wo warst du?”, wiederholte Luzifer einmal mehr. “Ich ging schlafen, der Tag war anstrengend, sehr anstrengend sogar. Vielleicht hätte ich einen der Idioten beauftragen sollen, aber ich dachte, die denken mit.” Luzifer schlug mit der flachen Hand auf den Tisch und über den lauten Knall erschrak sogar Gadles. “Willst du mich eigentlich komplett verarschen? Du dachtest? Du hast an deinen eigenen Arsch gedacht, richtig. Der nächste der einen meiner Befehle missachtet, wird dafür bestraft. Ich bin doch hier nicht auf einem Kindergartenausflug und schon gar nicht eure Aufsichtsperson. Ich bin dein Boss und dein Erschaffer, also erweise mir den nötigen Respekt, verdammt nochmals.” Gadles zuckte unmerklich zusammen. Bisher hatte Luzifer seine Wutanfälle eher bei den unwichtigen Sünden, aber doch nicht bei ihm. “Und wie kommst du darauf, dass ich dich nicht respektiere? Nur weil ich müde war?”, wollte Gadles mit einem Schmunzeln auf den Lippen wissen, was Luzifer nur noch wütender machte. “In dem du genau so mit mir sprichst!” Nun wurde auch Gadles langsam aber sicher klar, dass Luzifer wirklich sauer war und beschloss für einen Moment den Mund zu halten. “Soll ich heute eine Extraschicht einlegen?”, wollte er dann wissen? “Nein, ich habe Inersha und Glatani beauftragt, sieh zu, dass du etwas aus Michael heraus bekommst, mir egal wie, ich kümmer mich um Raphael. Ich hab es satt mich hier verarschen zu lassen und ich bin mir sicher, einer dieser Heuchler weiss mehr.” - “Und du denkst Michael ist derjenige?” - “Das Michael etwas weiss, ist eigentlich glasklar, aber ich bin nach gestern überzeugt, dass auch einer der anderen was weiss …” - “Dann solltest du dich um die kümmern und nicht um Raphael?”, warf Gadles leicht grinsend ein. “Wenn du dich um Michael kümmerst, hat Raphael Vorrang, ich weiss nämlich noch nicht, ob er sich wirklich zurückhält oder nicht” - “Und du bist dir sicher, dass er nichts weiss?” Luzifer zuckte mit den Schultern. “Nein, daher kann ich ihn ja auch noch ein klein wenig ausfragen, aber sicher ist, einer der anderen weiss etwas, ich bin mir nur nicht so sicher, wer…” - “Und dann willst du Glatani und Inersha darauf ansetzen? Die Beiden werden nichts herausfinden, da sie nur fressen oder schlafen.” Gadles Ton war abwertend und Luzifer konnte dessen Bedenken verstehen. “Sie sollen sich in Sicherheit wiegen, dann wird einer nach dem anderen zum Gespräch gebeten. Tsorn braucht schliesslich auch noch eine Aufgabe.” - “Und ich kann nicht verstehen, wieso du diesem Trottel so sehr vertraust!” - “Darüber machst du dir keine Gedanken, du sollst meine Entscheidungen schliesslich nicht in Frage stellen.” Gadles seufzte beinahe ergeben auf. Er wollte sich bestimmt nicht mit Luzifer anlegen, erst recht nicht wenn dessen Laune gerade sowieso absolut auf dem Tiefpunkt zu sein schien. “Nun denn, ich hoffe du findest bei Raphael mehr raus, als bisher. Er scheint ja ein sehr verschlossenes Buch zu sein.” Luzifer stand nun auf und leerte seinen Becher Wein in einem Zug. “War er schon immer, soweit ich mich erinnern kann.” Ohne auf Gadles Antwort abzuwarten, ging er aus dem Speisesaal. Sein Ziel war Raphaels Zelle. Er würde jetzt die Antworten seines Weggefährten bekommen, ob dieser wollte oder nicht und er würde ihn jetzt endgültig zwingen, die Heilung der anderen Engel einzustellen. Heute war er soweit, dass er absolut die Schnauze von allem voll hatte und Raphael würde es jetzt ausbaden. Mit einem ziemlichen Ruck öffnete er die Zellentür und sah diesen auf der Pritsche liegen, noch immer schlafend. Ganz offensichtlich nahm ihn dies alles mehr mit, als er jemals vor ihm zugeben würde. Kein Wunder, bei den Schmerzen die er haben musste. Ein Grund mehr ihn dazu bringen zu müssen, vernünftig zu werden. Er kam ihm ein wenig näher und setzte sich so hin, dass Raphael ihn bemerken musste. Zumindest war dies sein Plan. Der Engel schlief allerdings tief und fest und Luzifer kam nicht umhin ihn ein wenig genauer zu betrachten. Dementsprechend stellte er einmal mehr fest, wie schön Raphael eigentlich war. Vielleicht war der Traum doch eher Wunschvorstellung, als eine Erinnerung, wobei, in Raphaels Schloss hatte er auch so etwas gespürt. Es war einfach verwirrend. Sein Kopf rauchte bereits wieder und er hatte noch kein Wort mit ihm gesprochen. Was machte dieser Kerl nur mit ihm? “Dies hier ist kein Fünf Sterne Hotel”, weckte er ihn letzten Endes doch, indem er ihn von der Pritsche herunter schob und ein schmerzhaftes Aufstöhnen zur Antwort bekam. Gut, weh tun wollte er ihm eigentlich nicht, aber war sein ehemaliger Freund selbst Schuld. “Folter mich wenigstens richtig und nicht mit so etwas”, kam es nach einer Weile von dem Engel und Luzifer sah ihm dabei zu, wie er sich langsam auf rappelte, was aufgrund der Fesseln nicht ganz so einfach war. “Ich amüsier mich, also passt es schon.” Luzifer grinste und zog Raphael dann an der Kette ein wenig näher zu sich und war ihm auf einmal viel zu Nahe. Er versuchte es sich jedoch nicht anmerken zu lassen, allerdings sah Raphael aus nächster Nähe noch besser aus. “Du kannst mich wieder los lassen”, stellte dieser dann fest und setzte sich irgendwie wieder hin. “Du bist bestimmt nicht nur hier, damit du mich unsanft wecken kannst.” - “Nein, so viel Langeweile habe ich tatsächlich noch nicht.” Luzifer brachte ein wenig Abstand zwischen sie Beide und lehnte sich gegen die kühlende Steinwand. Seine Sünde war daran Schuld, da war er sich ziemlich sicher. Raphael übte keinen Reiz auf ihn aus, es war lediglich seine Sünde und die Tatsache, dass er schon viel zu lange enthaltsam war. Solange Bager ihren Spass hatte, musste er sich selbst nicht anstrengen, war dies wenigstens etwas Gutes, an der Verbundenheit zu seinen Sünden. “Und?” - “Und was?”, fragte er Raphael ein klein wenig pampig. “Wieso du hier bist, ich hab dir schon gesagt, dass ich nichts weiss”, fragte der Engel mit einem ganz leichten Schmunzeln nach. “Du hast Schmerzen, hm? Geschieht dir eigentlich ganz recht.” Erneut verzog Raphael nur leicht die Lippen und tat es Luzifer gleich. Er lehnte sich gegen die Wand und sackte beinahe ein wenig dagegen. “Selbst wenn, es ist alles in Ordnung und genauso wie es sein sollte.” Luzifer versuchte nicht auf die Worte einzugehen. Ihm war durchaus bewusst, dass Raphael ihn lediglich provozieren und einen Streit vom Zaun brechen wollte. Darauf hatte er aber absolut keine Lust, im Gegenteil, er wollte Antworten. Selbst wenn Raphael sie ihm nicht geben konnte, spürte Luzifer, dass dieser ein grosser Teil davon war. “Ich wüsste wesentlich besseres mit deinem Körper anzufangen, als ihm unnötige Schmerzen zuzufügen”, antwortete er ihm dann nach einer Weile. “Du kannst deine Sünde ruhig im Zaum halten, ich gedenke nicht, dir meinen Körper zu geben.” Luzifer lachte bei Raphaels Worten und kam ihm wieder ein klein wenig näher. “Nicht? Und was wenn ich dir gar keine andere Wahl lasse?”, wollte er dann schnurrend wissen und liess seine Hand wie beiläufig auf Raphaels Schritt liegen. “Du warst schon immer ein sehr ansehnlicher Engel, vielleicht sollte ich mir endlich holen, was ich will? Jetzt hält mich niemand auf, keine Regeln, kein Gott, wenn ich es wollte, würdest du mir gehören”, raunte er ihm dann schon fast lüstern ins Ohr und Raphael erschauderte unter den Worten. Was war das? Wieso hatten Luzifers Worte eine solche Wirkung auf ihn? “Dann tu es doch. Ich glaube kaum, dass du mir noch mehr unnötige Schmerzen verschaffen willst”, entgegnete dieser kühler, als er es selbst erwartet hatte. “Wer sagt denn, dass es schmerzhaft für dich würde? Denkst du etwa, ich kann nur wild und hemmungslos? Es würde mich durchaus reizen, dich mir zu unterwerfen, aber dich würde es mehr quälen, wenn du es geniessen könntest.” Raphael schluckte unmerklich und versuchte den Kopf abzuwenden, wurde allerdings von Luzifer aufgehalten. Dieser hielt seinen Kopf mit einer Hand fest und zwang ihn nun, ihm in die Augen zu sehen. “Ich bekomme wirklich Lust, dich auf ein Bett zu fesseln und jede Faser deines Körpers zu erkunden. Dich mit meiner Zunge in den Wahnsinn zu treiben, bis du nach mehr bettelst. Bis du mich anbettelst, dich zu erlösen und ich werde dir diesen Gefallen tun, indem ich mich langsam in deinen wunderschönen Körper schiebe und dich um den Verstand bringe, mit ganz langsamen Bewegungen. Na, wie hört sich das an?” Luzifer wanderte mit seiner Hand langsam über Raphaels Oberschenkel und leckte leicht über dessen Ohr. “Ich kann spüren, wie dir wärmer wird, Raphael. Die Worte hinterlassen bei dir genauso einen Eindruck, wie sie es bei mir tun.” Raphael schnaubte leise auf. Er wollte sich der Situation erneut entziehen, wurde dann allerdings wieder von Luzifer festgehalten. “Ich gebe dir einen Vorgeschmack”, flüsterte er ihm gegen die Lippen, ehe er sie zu einem innigen Kuss verschloss. Für einen Moment haderte Raphael mit sich, biss seinem ehemaligen Freund dann auf die Lippen, welcher sich direkt löste und breit grinste. “Gefällt mir”, schnurrte er leise und stand dann langsam wieder auf. “Du kannst mehr davon haben, du musst dich nur für meine Seite entscheiden und mir helfen.” - “Bei was?” Luzifer fiel natürlich auf, das Raphael nicht auf den ersten Teil einging, war er doch nicht abgeneigt? Nun, er würde es früher oder später herausfinden. “Die Wahrheit herauszufinden. Ich bin nicht an Gottes Thron interessiert, auch nicht an der Herrschaft des Himmels. Ich will nur Antworten, mehr nicht und wenn mir einer helfen kann, dann du”, rückte Luzifer mit der Sprache raus. “Ich weiss nichts, geh zu Michael oder Raziel, ich bin dir keine Hilfe.” Luzifer stiess einen genervten Seufzer aus. “Ehe ich mit Michael zusammen arbeite, massakriere ich ihn auf eine Art und Weise, die bisher noch nicht bekannt wurde. Ich will DEINE Hilfe, da es auch um DEINE Vergangenheit geht. Denk darüber nach, ich mache dir nicht noch einmal ein solches Angebot.” Raphael lächelte bei Luzifers Worten lediglich. “Und wieso solltest du wollen, dass ich mich erinner? Vielleicht bringt es dich nur mehr in Schwierigkeiten und es gab einen guten Grund, wieso mein Gedächtnis gelöscht wurde”, fragte er dann beinahe fürsorglich nach. “Es ist deine Entscheidung, denk darüber nach, wenn ich wiederkomme, will ich eine Antwort. Allein du entscheidest über deine Situation während meines Aufenthaltes, also überleg es dir gut. Es ist besser meine Gunst zu haben, als sie zu verlieren”, warnte er Raphael mit einem Lächeln auf den Lippen. Noch einmal strich er ihm über die Wange, ehe er die Zelle verliess. Kapitel 17: Erste Entscheidungen -------------------------------- Gadles hatte sich praktisch zeitgleich mit Luzifer auf den Weg gemacht. Sein Ziel war Michael und er spürte direkt, dass etwas nicht stimmte. Ein wenig skeptisch musterte er den Erzengel und begutachtete ihn von oben bis unten. Er trat einen Schritt näher an ihn heran und schnupperte an diesem. “Wer war hier?”, wollte er direkt wissen und blickte in die müden Augen des Engels. “Du weisst, was ich mit dir anstellen kann, also wer war hier?”, wollte er ein wenig nachdrücklicher wissen. “Keine Ahnung, ich bekam lediglich was zu Essen …” Michael hatte nicht sonderlich Lust sich mit Gadles auseinanderzusetzen. Er spürte, wie dessen Sünde versuchte ihn zu übernehmen und doch wurde sie abgeblockt. Es machte ihn einfach unfassbar müde. “Natürlich”, kam es sarkastisch von Gadles, welcher Michael los band und ihn auf die Sitzgelegenheit beförderte. “Wozu?”, fragte Michael leise ächzend nach. Er hatte noch immer Schmerzen, aber sie hielten sich in Grenzen. Bager hatte bisher Wort gehalten und er hoffte sie würde es weiter tun, auch wenn sie gar nicht sein Typ war. Doch wollte er wirklich nicht, dass sie herausfand, was eigentlich los war, was seine Beweggründe waren. Es reichte vollkommen aus, dass sie ihn so eiskalt erwischt hatte. “Wenn dir deine Arme absterben, könnte es noch langweilig werden”, beantwortete Gadles die Frage und holte Michael aus seinen Gedanken. “Ich hatte nicht vor, dich zu unterhalten.” Michael setzte sich dennoch etwas bequemer hin, ehe er von Gadles wieder angekettet wurde. Sich zu wehren hätte keinen Sinn gemacht, was er selbst wusste. “Und doch so handzahm?” Gadles grinste leicht und setzte sich dann wieder richtig hin. Sein Blick ruhte nach wie vor auf dem Erzengel. “Ich schone meine Kräfte”, entgegnete dieser ein wenig kühler und entlockte ein leises Lachen der Sünde. “Für was? Du wirst hier versauern, bis Luzifer der Meinung ist dich gehen zu lassen, vielleicht lässt er dich auch nie wieder gehen, wer weiss, wer weiss.” Michael beschloss auf die Worte nichts zu sagen. Ihnen war allen bewusst, dass Gott irgendwann wieder kommen würde und dies ein Test seinerseits war, zumindest hoffte er dies. Zudem glaubte er nicht im Geringsten daran, dass Luzifer hier wirklich regieren wollte. Dafür war der Trottel nicht gemacht. Gadles nutzte den Moment, um erneut an Michael zu schnüffeln, entdeckte dabei die geöffnete Wunde und knurrte leise. “Ich frage nicht gerne zweimal. WER war hier?” Er deutete auf die Stelle und sein Ton war eindeutig ein wenig schärfer als zuvor. Es schien Michael nur nicht zu beeindrucken. “Ich weiss es nicht, vielleicht habe ich so tief geschlafen, dass ich nichts mitbekommen habe? Ihr habt mir ziemlich zugesetzt.” - “Verarsch mich nicht, Michael. Ich bin nicht dumm, also, letzte Chance…” - “Sonst was? Willst du riskieren, dass Luzifer dich tötet? Ich sage dir mal eines, Gadles, Todsünde der Hochmut, du kannst mir aktuell gar nichts. Raphael wird nicht von seinem Plan abweichen. Einem Plan, den wir ihm alle ausreden wollten. Dieser Engel, tut was immer er will und wann er es will, wenn es seine Entscheidung ist uns, selbst mich zu schützen, wird er das durchziehen und solange sich weder Luzifer noch er daran erinnern was damals war, wird er damit nicht aufhören.” - “Luzifer ahnt etwas”, warf Gadles ein wenig trotzig ein. “Etwas ahnen, ist nicht etwas wissen. Du wirst mich nicht anfassen, weil du Angst vor den Konsequenzen hast und es mag vielleicht sein, dass die Verbindung zwischen Luzifer und Raphael noch stark ist, zumindest von Luzifers Seite aus, allein deswegen, wird er niemals zulassen, dass ihm etwas passiert. Er würde dich töten, ohne mit der Wimper zu zucken und du weisst es.” Gadles knurrte leise. Er hasste es, wenn sein Gegenüber recht behielt. Michael stellte sich über ihn, jetzt in dieser Situation und ihm waren die Hände gebunden. “Er würde mich nicht einfach so töten, er würde schon wissen wollen, wieso ich getan habe, was ich tun würde”, stellte Gadles dann relativ gefasst fest. Er würde vor Michael nicht zugeben, dass dieser recht hatte. “Ahja? Ich glaube schon und wenn einer die Beziehung zwischen den Beiden beurteilen kann, dann bin ich das. Schluck diese Pille, es bleibt dir nichts anderes übrig.” Michaels Grinsen wurde noch ein klein wenig breiter, wohl wissend, wie sehr er Gadles damit provozierte. “Und wie ist die Beziehung zwischen den Beiden?” Michael hatte seine Neugierde geweckt, wenn er ihm in diesem Moment schon nicht das Wasser reichen konnte, könnte er ja versuchen ein paar Infos aus diesem herauszulocken. “Du denkst wirklich ich verrate ausgerechnet DIR solche Informationen? Luzifer erinnert sich nicht daran und ich bin der Letzte der ihm helfen wird.” Gadles knurrte einmal mehr auf. Michael war eindeutig nicht dumm und langsam aber sicher reichte es ihm. “Ok, genug geplaudert”, bestimmte er mit einem leichten Schmunzeln und zog den Erzengel ein wenig näher zu sich heran. “Wer war bei dir? Mir ist es ziemlich egal, was Luzifer mit mir anstellt, aber ich lasse nicht zu, dass eine andere Sünde meinen Job übernimmt.” Michael grinste leicht, da war einer wirklich ziemlich hartnäckig, allerdings würde er aus ihm so nichts herausbekommen. Die plötzliche Nähe allerdings machte ihn komplett unruhig und er hatte absolut keinen Plan woher dies nun einmal kam. Natürlich versuchte er dies zu verstecken. Gadles sollte nicht bemerken, wie es in ihm aussah und vor allem, dass er gerade eine Wirkung auf ihn hatte. War der Deal mit Bager ein Fehler? Regte ihr Blut ihn dazu an, selbst die Sünde anzunehmen? Die Hochmut hatte er angeblich in sich, jetzt auch die Wollust? Nein, so einfach ging das nicht, oder doch? “Wo bist du denn auf einmal mit deinen Gedanken?”, drang Gadles Stimme zu ihm durch und Michael realisierte, wie nahe dieser nun wirklich war. “Runter von mir, sofort!”, verlangte Michael klar und deutlich und das Grinsen seines Gegenübers wurde noch ein wenig breiter. “Kann es sein, dass Nähe dich verunsichert? Insbesondere die Nähe einer männlichen Person? Hast du deswegen dafür gesorgt das Luzifer verbannt wird?” Gadles hielt einen Moment inne, damit er Michaels Reaktion abchecken konnte und die war ziemlich deutlich. “Mitten ins Schwarze ... “, stellte er amüsiert fest und kam ihm noch ein klein wenig näher. “Hat Raphael dich jemals ran gelassen nachdem Luzifer weg war? Hat es sich für dich gelohnt oder staust du all deine Gefühle seit Jahrtausenden in dir auf?” Michael versuchte den Kopf weg zu drehen, darauf würde er Gadles keine Antwort geben, auch wenn seine Reaktion wohl Antwort genug war. “Offenbar nicht. Unfassbar, sollte das stimmen … Dann bist du ein grösserer Dreckskerl als 80% der Höllenbewohner. Ein Wunder, dass du uns nicht längst Gesellschaft leistest, ganz offensichtlich bist du ein verdammt guter Schauspieler und nie ist dies jemandem aufgefallen? Respekt.” Gadles zog sich ein wenig zurück und Michael setzte sich langsam wieder auf. “So war es nicht, aber ich werde dir keine Einzelheiten erzählen. Du kannst also denken, was immer du willst und wenn du Luzifer diese Version erzählen willst, dann wird es nicht nur für mich sehr ungemütlich. Daher solltest du es lassen. Halbwahrheiten bringen niemanden weiter und wie gesagt, von mir bekommst du keine Informationen, nur über meine Leiche.” Gadles schaute in Michaels Augen und sah in diesen, dass dieser ehrlich zu ihm war. Der Kern stimmte wohl, aber es war nicht alles, es steckte mehr dahinter und Luzifer damit zu belästigen wäre aktuell ein Fehler. “Hm, da magst du wohl recht haben. Allerdings finde ich es ziemlich spannend, dass du dich lieber töten lassen würdest, als dass du Luzifer hilfst.” Gadles war wirklich ein klein wenig beeindruckt, auch wenn er Michael nicht wirklich verstehen konnte. Das Leben war doch eindeutig viel zu kostbar, als dass man es einfach für einen anderen wegwarf. “Ich mag ein egoistischer Arsch sein und die anderen sollen mich gerne so sehen, auch wenn es nur Luzifer ist, der es immer wieder auf den Tisch bringt. Doch tue ich alles, um die anderen zu beschützen.” - “Insbesondere euren Schutzengel”, warf Gadles leicht grinsend ein. Gadles kam dem Erzengel wieder ein wenig näher und strich ihm leicht über die Brust. “Ich finde raus, wer bei dir war und ich werde dich wieder auf meine Seite ziehen. Darauf kannst du dich verlassen und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass ich die Wahrheit rausfinden werde, dann steige ich bei Luzifer noch ein wenig in der Gunst und kann tun und lassen was ich will, auch mit dir!”, flüsterte er ihm dann ins Ohr und wurde von Michael ein wenig überrascht. Dieser hob sein Knie und traf damit genau seine Weichteile, allerdings schien es nicht so, als hätte er ihn treten wollen oder empfindlich treffen, eher im Gegenteil. “Du wirst gar nichts rausfinden, Gadles, rein gar nichts. Wie gesagt, um meine Freunde zu schützen, gehe ich über Leichen und dies schon seit ein paar tausend Jahren. Du wirst daran nichts ändern. Niemals.” - “Dein letztes Wort?” Gadles spürte, wie der Druck in seinem Unterleib zunahm und er verfluchte Michael gerade dafür. Was wollte dieser Kerl jetzt von ihm? Ihn so sehr ablenken, dass er seinen Plan vergass? “Mein letztes Wort, mach mit mir was immer du willst, aber du bekommst von mir keine Infos. Niemals.” Michael grinste die Sünde leicht an und schob ihn nun ein wenig von sich weg, so gut es eben mit einem Bein ging. “Gut, wir werden sehen, ob es dein letztes Wort war und ich werde rausfinden, wer mit dir dein Spielchen spielt. Du gehörst mir, verstanden?” Grid grinste über beide Ohren, was er hier eben belauscht hatte, war vermutlich ziemlich viel Wert. Michael schien also in Raphael verknallt zu sein, auch wenn dieser Gadles deutlich zu verstehen gab, dass er lediglich Halbwahrheiten herausgefunden hatte, wer war er denn, dass es ihn interessierte? Zumal er dies Gadles sehr gut anhängen konnte. Die Story war aber auch einfach viel zu gut. Michael sorgte dafür, dass Luzifer verbannt wurde, weil dieser Raphael zu Nahe kam. Bedeutete dies etwa auch, dass die Beiden was am laufen hatten? “Hm, es würde zumindest einiges erklären”, murmelte er leise vor sich hin und entfernte sich ein klein wenig von der Zellentür. Er bekam allerdings mit, dass Gadles Michael drohte und dies in einer Art und Weise, die eigentlich seine eigene war. “Vermischen sich hier oben die Sünden untereinander?”, fragte er sich selbst und schüttelte leicht den Kopf. Aus Gadles sprach die Habgier, er wollte Michael für sich, was er ebenso interessant fand. Vielleicht sollte er diese Erkenntnisse mit Tsorn teilen, dieser schien bereits Pläne zu haben und irgendwie vermutete er auch, dass dieser hinter Michaels Veränderung steckte. Diesen zu finden war allerdings alles andere als leicht, da er nicht in seinem Zimmer gastierte, wie die letzten Male. Demnach schnappte er sich einen niederen Dämon, der unruhig in den Gängen auf und ab ging. “Wo ist Tsorn?”, wollte er ohne Umschweife wissen und sein Opfer deutete in eine Richtung. “Geht es genauer?”, hakte er ein wenig energischer nach. “Draussen, er brauchte frische Luft, oder so etwas”, stammelte der Kleinere und wurde von Grid fallen gelassen. Frische Luft … Es würde ihn nicht wundern, wäre Tsorn für einen Tagesausflug zurück in die Hölle gegangen, als er jedoch aus dem Palast trat, sass dieser auf einer der Säulen und es wirkte so, als würde er meditieren. “Wirklich? Du meditierst?” Tsorn öffnete die Augen und sah runter zu Grid. “Nein, aber meinem Puls tut es manchmal ganz gut, wenigstens so zu tun. Mich nervt meistens niemand, aber dich hält so etwas natürlich nicht ab.” Grid lachte herzlich über die Worte. Es hätte ihn wohl wirklich gewundert, wenn Tsorn tatsächlich eine Methode gefunden hätte, sich nicht andauernd aufzuregen. “Ich geh davon aus du hast mich gesucht?”, unterbrach Tsorn den Lachanfall seines Freundes und erhob sich um zu Grid runter zu springen. “Ohja, ich hab super gute Neuigkeiten, okay, angeblich sind es Halbwahrheiten, aber ist es nicht genau das, was wir brauchen um den Laden ein wenig aufzumischen?” Grid grinste nach wie vor über das ganze Gesicht und legte einen Arm um Tsorn. “Aber nicht hier, zu viele Ohren die mithören könnten”, flüsterte er ihm dann schmunzelnd zu und zog die Wut ein wenig abseits. “Wir sollten vermutlich nicht zu weit weg vom Palast”, merkte Tsorn leicht grinsend an, wurde von Grid allerdings eiskalt ignoriert. “Glaub mir, diese Info ist nur für dich bestimmt und ein wenig abgewandelt für sehr viele andere”, rechtfertigte er sein Entfernen und schlüpfte mit Tsorn in eine der zerstörten Unterkünfte der hier lebenden Engel. “Gut, was hast du aufgeschnappt?” Tsorn war wirklich neugierig, dennoch hielt er Grid mit einer Handbewegung vom Sprechen ab. “Was nun?” - “Warte!” Mit einer weiteren Handbewegung wurde das Gebäude in einen Schleier gehüllt und Tsorn setzte sich nun ein wenig entspannter hin. “Du sagtest selbst, es ist nur für meine Ohren bestimmt, da will ich nicht, dass ein Engel aus Zufall lauscht.” Grid setzte sich nun ebenfalls und musterte Tsorn einen Moment. “Was hast du mit Michael angestellt?”, wollte er wissen. “Ich nichts, vielleicht könnte Bager etwas damit zu tun haben, aber meine Hände sind rein.” Tsorns Grinsen war ziemlich breit. Er hatte absolut kein schlechtes Gewissen, die anderen für seine Zwecke einzusetzen, am Ende kam es ihnen zugute, sollte Luzifer wieder normal werden. Oder aber, es änderte sich alles, was auch nicht unbedingt etwas Schlechtes war. “Nun, egal, ich hab eben Gadles belauscht, der ein sehr intensives Gespräch mit Michael geführt hat. Er ist wohl ein klein wenig darüber pikiert, dass sein Blut nicht mehr die Wirkung auf ihn hat, die er sich wünscht, aber zeitgleich auch sehr fasziniert, wie Michael mit all dem umgeht.” - “Deswegen hast du mich aber nicht hier ins Nirgendwo verschleppt oder?” Grid schüttelte den Kopf. “Natürlich nicht. Wie gesagt, ich hab die Beiden belauscht und Gadles hat glaube ich einen sehr wunden Punkt bei Michael getroffen. Er hat es nicht zugegeben und direkt gemeint, dass dies nur ein Teil der Wahrheit ist und solange man nicht die gesamte Wahrheit kennt, mit dem Feuer spielt.” Tsorn hatte sich ein wenig nach vorne gelehnt, während Grid sprach. Er war wirklich sehr interessiert an den Infos. “Und welche Wahrheit ist nicht komplett vollständig?”, fragte er dann nach. Es schien beinahe so, als würde Grid auf die Frage warten und er tat ihm den Gefallen. “Michael ist für Luzifers Verbannung verantwortlich, weil er eifersüchtig war und ist. Ihm war anscheinend die Freundschaft der Beiden ein Dorn im Auge und so hat er dafür gesorgt, dass Luzifer aus seinem Blickfeld verschwindet.” - “Aufgrund einer Freundschaft? Sollten dies nicht die anderen Engel mitbekommen haben? Haniel und Chamuel unter anderem? Ich denke auch, da steckt eindeutig mehr dahinter und ich vermute, Luzifer hat keinerlei Ahnung, dass Michael eine Mitschuld trägt.” Tsorn wirkte ein wenig nachdenklich, was Grid für einen Moment irritierte. “Er ahnt es, die Andeutungen die er macht, sind klar und deutlich. Luzifer ist nicht dumm, die schlechte Stimmung zwischen ihm und Michael ist beinahe greifbar, nur weiss Luzifer halt nicht weshalb, während Michael einen Informationsvorsprung hat. Fakt ist allerdings, Michael meinte selbst, es ist nur die halbe Wahrheit, also muss noch etwas im Verborgenen sein, wir sollten allerdings mal ein bisschen Gerüchte streuen … Vielleicht fühlt sich ja irgendwer berufen die Halbwahrheiten zu korrigieren.” Tsorn nickte auf Grids Worte langsam, allerdings war er sich doch noch ein klein wenig unsicher. “Und was wenn dies genau das Gegenteil bewirkt? Luzifer wird davon erfahren und ich bin mir ziemlich sicher, dass er mit Michael dann keinen Tee trinken wird, im Gegenteil. Sprich wir sollten diese Halbwahrheit nur in einem auserwählten Kreis streuen und ich habe da schon eine klitzekleine Idee.” - “Lass mich raten, sie beinhaltet mein Mitwirken?” Tsorn nickte und grinste dabei noch ein wenig breiter. “Wobei, ich würde die Tage mal Raziel beiseite nehmen und ihn ein wenig ausfragen. Er ist ein ganz guter Gesprächspartner und regt mich tatsächlich weniger auf, als ich es eigentlich erwartet hätte. Vielleicht kann ich ihm eine kleine Theorie meinerseits einwerfen und er diskutiert sie mit den Anderen. Deine Aufgabe wäre es danach die Wache zu halten. Im Lauschen bist du ja ziemlich gut, hätte ich nicht von dir erwartet.” - “Ich ehrlich gesagt auch nicht, aber solange ich die Gerüchte nur aufschnappe und sie nicht verbreite, ist mir das vollkommen recht, ich habe nämlich keine Lust auf Luzifers Abschussliste zu stehen.” - “Keine Sorge, auf dieser wird definitiv nur Gadles und Michael landen.” Grid war das Lächeln seines Gegenübers beinahe ein klein wenig unheimlich, aber er würde auch noch herausfinden, was das Problem zwischen Tsorn und Gadles war. “Und bis dahin tun wir nichts?”, wollte er von Tsorn wissen. “Ich finde wir tun sehr viel, aber für unser Seelenheil. Ich denke Gadles wird seinen Mund halten, weil er nicht in Ungnade fallen will, eben weil er nur halbherzige Informationen hat und Michael wird Luzifer sicherlich nicht helfen wollen.” - “Eher stirbt er”, bestätigte Grid Tsorns Vermutung. “Na dann ist unsere Entscheidung ja fix, wir warten einen oder zwei Tage ab und werden dann zuschlagen. Vielleicht spreche ich auch schon ein wenig vorher mit Raziel, wie gesagt, er ist ein sehr guter Gesprächspartner.” - “Verbrüdere dich nicht zu sehr mit den Engeln, wir wissen nicht, was Luzifer mit ihnen vor hat, sobald er seine Infos erhalten hat.” - “Keine Sorge, ich habe alles im Griff.” Grid nickte. Er hoffte wirklich, dass Tsorn alles im Griff hatte und falls nicht, war er nach wie vor fein raus. Kapitel 18: Raphaels Gedanken ----------------------------- Nachdem Luzifer weg war, machte es sich Raphael noch ein wenig bequemer. Er hatte aktuell wirklich das Gefühl, sich das erste Mal richtig entspannen zu können, sofern dies hier überhaupt möglich war. Die Dunkelheit machte ihm durchaus ein wenig zu schaffen und er mochte es nicht wirklich alleine zu sein. Nein, er hasste es regelrecht, alleine zu sein, erst recht wenn es nicht sein eigener Wille war. Ansonsten war er ganz gern mal ein wenig für sich. Jetzt gerade war es vielleicht besser, dass er ein wenig für sich war. Luzifers Aktion hatte ihn tatsächlich ein klein wenig aus der Bahn geworfen und irgendwie hatte er das Gefühl, dieses Gefühl bereits zu kennen. Doch konnte dies wirklich sein? Waren Luzifer und er sich wirklich schon einmal so nahe gekommen? Dann machten dessen Worte keinen Sinn oder konnte sich Luzifer selbst nicht an alles erinnern? Vermutlich. Es würde zumindest sein Verhalten erklären, wobei, soweit er sich erinnerte, war Luzifer immer ein klein wenig, anders. Raphael schloss für einen Moment die Augen. Er würde lügen, wenn er behauptete, dass sich die Nähe nicht gut angefühlt hatte, wenn sie ihm nur nicht so vertraut wäre. Es machte ihn beinahe wahnsinnig, diese Gefühl nicht zuordnen zu können und sich nicht zu erinnern. Sollte er auf dessen Angebot eingehen? Die Frage war lediglich, was es bedeutete, mit Luzifer zusammenzuarbeiten. Er glaubte kaum, dass dieser ihn hier frei herumlaufen liess. Noch weniger glaubte er daran, dass seine Freunde ihm dann noch vertrauen würden. Luzifer hatte sich wohl nicht wirklich Gedanken darum gemacht, wie er seinen Plan umsetzen wollte, doch konnte ihm dies ja eigentlich egal sein? Er würde eh nicht auf das Angebot eingehen, immerhin sprachen sie hier von Luzifer. Es gab bestimmt einen Grund wieso dieser verbannt wurde und er lebte schon so lange in der Hölle … Er würde sich verändert haben, auch wenn er sich nicht mehr wirklich an ihn erinnern konnte, allein durch die Erzählungen, wusste er, dass sie wohl gute Freunde gewesen waren. Bei dem Gedanken zog sich alles in ihm zusammen und ein leises Seufzen entwich seiner Kehle. Sie waren Freunde und nun? Meinte Luzifer vielleicht das? Wollte er damals schon mehr von ihm und hatte sich zurückgehalten? Nein, Luzifer war konsequent in dem was er tat und wenn er Gefühle für ihn entwickelt hatte, wüsste er davon. Wobei, nein er wüsste eben nichts davon. Es war zum Verzweifeln. Vielleicht sollte er wirklich auf Luzifers Angebot eingehen und herausfinden was er sich vorgestellt hatte, auch wenn er sich ziemlich sicher war, dass die Idee spontan kam. Allerdings würde er ihm auch klar machen müssen, dass er ihm nicht wieder so Nahe kommen sollte. Die Nähe brachte ihn komplett durcheinander und dies konnte er nicht gebrauchen, wenn er ihm helfen sollte. Wieso machte er sich darüber überhaupt Gedanken? Luzifer hatte dies sicherlich nicht ernst gemeint und wollte ihn nur verwirren, ihm aufzeigen, was er tun würde, um ihn zu quälen, wenn er mit ihm zusammen arbeitete, war dies nicht nötig und doch, machte ihn der Gedanke daran beinahe wahnsinnig. Wieso reagierte er so sehr auf Luzifers Worte und Bagers liessen ihn so kalt? Natürlich würde er sich niemals auf einen Dämon einlassen, aber war Luzifer nicht indirekt auch einer? Nein, er würde sich auch nicht auf ihn einlassen, vollkommen ausgeschlossen. Irgendwie verwirrte er sich selbst, wieso kam er überhaupt auf den Gedanken sich auf irgendwen einzulassen. Er war ein Engel, er brauchte keine Liebe und Zuneigung, die Freundschaften waren hier sehr viel wichtiger und doch, wurde ihm vorhin wirklich sehr warm bei der Vorstellung. Hatte er geheime Wünsche, die er von sich bisher selbst nicht kannte? Wollte er körperliche Zuneigung? Nein, nein, dann hätte er sich die schon längst holen können, wieso also reagierte er bei Luzifer so? Am liebsten hätte er sich die Haare gerauft, aber da er nach wie vor angekettet war, kam er gar nicht erst zu diesen hin, was ihn beinahe noch ein wenig wütender machte. Er liebte die Freiheit, das hier war eine unfassbare Strafe, noch schlimmer als Gott sich jemals eine hätte ausdenken können und irgendwie war ihm klar, dass Luzifer dies auch wusste. Und doch würde er auf sein Angebot eingehen, er würde ihm helfen, aber nicht, weil Luzifer es wollte, sondern weil er wirklich an Antworten über seine eigene Vergangenheit kommen wollte. Ihm fehlten zu viele Jahre und die hätte er doch gern wieder, jetzt wo er damit konfrontiert wurde. Raphael war einfach vollkommen verwirrt und die Isolation machte es gerade nicht besser. Mit niemandem darüber sprechen zu können war einfach schwierig und er war sich auch ziemlich sicher, dass Luzifer ihm dies verbieten würde. Verständlich, sonst wäre der Plan hinfällig. Sofern er den jemals erfahren würde. Dennoch versuchte er mit Raziel eine Verbindung aufzubauen, was ihm schwer fiel. Seine Kräfte waren schon ziemlich aufgebraucht und ihm wurde eindeutig klar, dass er die Schutzschilde aufgeben musste. Nach Luzifers Worte glaubte er jedoch auch nicht, dass seine Freunde, abgesehen von Michael, grosser Gefahr ausgesetzt sein würden. Er hoffte es zumindest. Michael machte ihm allerdings Sorgen, zwar hatte er nicht so viel mit ihm zu tun, weil er dessen Art einfach ein wenig schwierig fand, dennoch war er ein Teil seiner Familie und ihn leiden zu sehen, nein, das wollte er nun wirklich nicht. Kurz schüttelte er den Kopf, darüber wollte er jetzt nicht nachdenken, er musste mit Raziel sprechen, dringend. ‘Raziel, hörst du mich?’ Raphael versuchte angestrengt eine Verbindung aufzubauen und hatte nicht wirklich Hoffnungen. Raziel hatte es durchaus schwerer erwischt, vielleicht waren dessen Kräfte ein wenig schwächer, als seine Eigenen. ‘Raphael? Geht es dir gut? Hör auf damit uns zu schützen, bitte!’ Raphael musste tatsächlich leicht Lächeln bei der Antwort und er lehnte sich beinahe erleichtert gegen die Wand. ‘Mir geht es gut, mach dir nicht so viele Sorgen um mich, euch hat es wesentlich schlimmer getroffen und streite es nicht ab.’ Raphael musste einfach lächeln bei seinen Worten, irgendwie war er froh, etwas von Raziel zu hören. ‘Ich mache mir immer Sorgen um dich, solltest du langsam wissen, aber uns geht es gut, deswegen hör auf damit. Wir wissen nur nicht wie es um Michael und Metatron steht, da diese noch getrennt von uns sind’, informierte Raziel seinen Kameraden ohne Umschweife, er wollte, dass dieser auf dem aktuellen Stand war und sich eindeutig weniger Sorgen machte, als sie sich um ihn. ‘Kein Grund, ich werde hier irgendwie behandelt, als sässe ich auf rohen Eiern … Also, alles wie immer.’ Raphael konnte nicht verhindern, dass er ein klein wenig genervt klang, aber es war einfach wie immer. Es wunderte ihn allerdings ein klein wenig, dass Luzifer ihn ebenfalls so behandelte und nicht nur Luzifer, auch Tsorn … ‘Luzifer hat dir nichts getan? Sehr beruhigend’, kam es direkt von Raziel. ‘Auch seine Schergen nicht, im Gegenteil … Ich frage mich, was sie vor haben und wieso ich so wichtig dabei bin.’ Raphael konnte sich wirklich keinen Reim darauf machen. So wichtig war er wirklich nicht, schon gar nicht in diesem Spiel, was anscheinend gespielt wurde. ‘Du bist uns allen sehr wichtig, auch wenn du es selbst nie so empfinden wirst. Wieso du für Luzifer so wichtig bist, weiss ich nicht, aber ich denke, er wird es selbst nicht wissen und auf sein Gefühl hören. Er wirkte ziemlich verwirrt.’ Raziel konnte sich selbst nicht wirklich einen Reim darauf machen, aber irgendwie schien es doch eine grössere Verbindung zu geben und Luzifers Worte machten in seinen Augen immer mehr Sinn. Es wurde ein Spiel gespielt, die Frage war nur, von wem und weshalb. ‘Hm, vielleicht teilt er seine Infos mit mir, sollte er an welche kommen, meine Erinnerungen sind ja nach wie vor ein klein wenig eingeschränkt’, teilte er Raziel seine Hoffnungen mit. ‘Ich würde dir gerne helfen, Raphael, aber ich weiss nicht, wieso Gott dir deine Erinnerungen genommen hat. Ich würde es dir sagen, auch wenn es gegen seinen Befehl wäre. Ruhe dich bitte ein wenig aus, du wirst viel Kraft verbraucht haben, bei den Versuchen uns ein wenig zu heilen.’ - ‘Werde ich tun, danke, Raziel’ Raphael kappte die Verbindung wieder und die plötzliche Stille im Raum, war kaum zu ertragen. Angestrengt versuchte er aus den Worten einen Hinweis herauszufiltern, kam allerdings auch keinen grünen Zweig. Raziel machte sich Sorgen und den anderen ging es gut. Abgesehen von Michael und Metatron. Metatron … Wusste dieser mehr, als der Rest? Oder wurde er von Luzifer separat gehalten, weil er mehr wissen könnte? Fragen über Fragen und Raphael merkte, wie ihn all dies ermüdete. Bei den anderen Engel war die Stimmung ein wenig gedrückt. Keiner wusste so wirklich, ob sie frei sprechen konnten und die telepathische Verbindung wollten sie nicht nutzen. Der Kraftaufwand war eindeutig zu gross und sie waren alle sehr geschwächt. Dennoch bekamen sie mit, wie Raziel gerade mit jemandem sprach. Dessen Gesichtszüge waren ziemlich angestrengt und es schien ihn sehr viel Kraft zu kosten. “Mit wem hast du gesprochen?”, wollte Uriel direkt wissen. “Lass ihn, du siehst doch, er muss sich erst wieder ein wenig sammeln... “ Chamuel schüttelte ein wenig genervt den Kopf. Die Neugierde würde sie noch alle umbringen, früher oder später. “Sag du mir nicht, was ich zu tun und lassen habe”, murrte Uriel leise. “Er hat doch aber recht und nun beruhig dich, wenn du aus der Haut fährst, ist hier auch niemandem geholfen”, mischte sich nun auch Haniel ein. “Ist ja gut, ich würde trotzdem gern wissen, mit wem Raziel gesprochen hat”, machte Uriel seinen Standpunkt noch einmal klar und erntete ein tiefes Seufzen von Haniel. “Raphael hat mit mir gesprochen, es geht ihm gut”, teilte Raziel nach einer Weile mit. “Zumindest so gut es ihm gehen kann, nachdem er unsere tiefsten Wunden geheilt hat”, fügte er noch leise an. Die Sorge war aus seiner Stimme herauszuhören, aber er machte sich auch nicht unbedingt die Mühe, sie zu verstecken. “Klang er sehr angeschlagen?”, wollte nun Gabriel wissen. “Er klang zumindest nicht so, als würde er gleich sterben, aber wirklich fit, klang er nun auch nicht.” Gabriel nickte leicht. “Hast du ihn dazu bringen können, damit aufzuhören? Und was hat Luzifer mit ihm vor, wieso ist er getrennt von uns? Hast du ihm gesagt, dass wir alle zusammen sind?”, überhäufte er Raziel direkt mit Fragen, was diesen leicht Grinsen liess. “Grins nicht, beantworte lieber meine Fragen”, forderte er ihn sogleich auf. “Du machst dir ja mehr Gedanken um ihn, als ich es tue. Wird ihn sicherlich freuen zu hören, dass er dir so wichtig ist”, stellte Raziel erst einmal seinen Beweggrund für sein Grinsen klar. “Ich habe ihm natürlich gesagt, dass wir alle zusammen sind und er sich keine Sorgen zu machen braucht, dass lediglich Michael und Metatron noch isoliert von uns werden. Darüber wird er sich vermutlich Gedanken machen, ihr wisst ja, er hat ein sehr komisches Verhältnis zu Michael und ich werde aus diesem selbst nicht sonderlich schlau, aber er hört auf uns zu schützen, zumindest solange wir nicht gefoltert werden.” Chamuel seufzte bei den Worten leise. “Also sollten die Dämonen uns wieder foltern wollen oder es tun, wird er sich wieder einmischen? Er sollte dies nicht tun, Raziel, ich hoffe du hast ihm dies ausgeredet?” Raziel nickte verhalten. “Ja, aber du kennst ihn, er wird das tun, was er für richtig hält. Er ist ein sturer Bock.” - “Und was ist mit Luzifer?”, hakte Gabriel noch einmal nach. “Ich weiss es nicht, er meinte zu mir, dass er wie auf rohen Eiern behandelt wird, nicht nur von Luzifer. Er wirkte nicht sehr zufrieden mit dieser Tatsache, vielleicht, weil wir ihn auch die gesamte Zeit so behandeln, als wäre er zerbrechlich.” Uriel schluckte leicht bei Raziels Worten, sagte allerdings nichts dazu. “Und wieso denkst du, dass Luzifer ihm nichts tut, seinen Schergen angeordnet hat, ihm nichts zu tun?”, wollte Gabriel erneut wissen. “Ich weiss es nicht, wirklich nicht, ich kann mir nur vorstellen, was der Grund sein könnte.” - “Der da wäre?” Gabriel liess nicht locker, er wollte wissen, wieso Luzifer so sehr an Raphael interessiert war, an diesem und an Michael. “Vielleicht hat es mit seiner Verbannung zu tun oder mit der Zeit davor. Wir wissen alle, dass die Beiden ein sehr enges Verhältnis hatten, wer weiss, vielleicht will er ihn auf seine Seite ziehen und sich Hilfe einfordern.” - “Du denkst er appelliert an Raphaels schlechtes Gewissen? Er weiss doch nichts mehr”, warf nun Uriel ein wenig unsicher ein. “Selbst wenn Luzifer dies wüsste, wer sagt, dass es ihn interessiert?” Raziel glaubte zwar nicht, dass es Luzifer egal wäre, aber er war sich mittlerweile auch ziemlich sicher, dass hier einer von ihnen mehr wusste und langsam aber sicher erhärtete sich auch sein Verdacht. “Er hat doch schon immer auf Raphael aufgepasst, seit frühster Kindheit, ich glaube nicht, dass er ihm was tun wird. Selbst wenn er nicht mehr wissen sollte, wieso. Er gibt sich ziemlich kühl und bösartig, weil er will, dass wir Respekt vor ihm haben und ihm Informationen geben, was ich sogar nachvollziehen kann. In der Hölle mag er gefürchtet sein, aber hier oben überkommen ihn seine Erinnerungen. Ich denke sogar soweit, dass er von allen die hier einmarschiert sind, der Ungefährlichste ist.” Haniel lächelte bei ihren Worten. Sie traute Luzifer wirklich nicht zu, einen von ihnen ernsthaft zu verletzen. “Ausser man heisst Michael, die Zwei waren sich nie grün, aber solange Raphael ihn beschützt, wer weiss …” Gabriel wirkte ein wenig skeptisch. “Ich denke, dann könnte Michael Glück haben, ausser Luzifer reisst der Geduldsfaden, aber dann könnte sein schlechtes Gewissen sich zu Wort melden. Schade, dass wir nicht besser beobachten können”, warf Chamuel ein. “Das ist doch kein Kino! Luzifer ist hier, weil er uns vernichten will, weil er sich von uns allen verraten fühlt. Glaubt ihr wirklich, nur weil er Raphael mag, dass er uns alle verschont?” Uriel wirkte ziemlich verunsichert und irgendwie glaubte er nicht wirklich daran, dass Luzifer sie verschonen würde, sollte er die ganze Wahrheit erfahren. Genauso wenig wie Raphael dann noch auf ihrer, beziehungsweise, seiner Seite sein würde. “Gut, dann solltest du uns vielleicht erklären, wieso er dies tun sollte, mir scheint, dass du mehr weisst, als wir alle zusammen”, stellte Raziel dann das offensichtliche fest und Uriel schluckte einmal hart. “Ich weiss nicht viel mehr. Michael ist derjenige der über alles Bescheid weiss, er hat die Verbannung schliesslich vollführt. Mich hatte er nur um Rat gefragt und ob es wirklich sinnvoll ist. Da ich der Meinung war, er wüsste schon, was er tut, hatte ich ihm nicht widersprochen.” Uriel wurde von vier Augenpaaren intensiv gemustert und Gabriel stiess einen ungläubigen Seufzer aus. “Ich glaube dir kein Wort. Du weisst mehr und sollte Luzifer dies herausfinden, hast du ein unfassbar grosses Problem, ausser du lieferst Michael ans Messer.” Uriel nickte nur leicht. Dieses Gespräch war ihm eindeutig unangenehm. “Ich habe es Michael versprochen, ich werde kein Wort darüber verlieren und sollte es Luzifer erfahren, wird er von mir auch nichts zu hören bekommen. Wichtig ist nur, dass es Raphael gut geht, dass ist alles, was Michael will.” Gabriel schüttelte ungläubig den Kopf. “Deine Entscheidung, aber dann lebe damit, dass wir dir gerade nicht sonderlich vertrauen können.” Kapitel 19: Eine verpasste Chance --------------------------------- “Wir sollten Luzifer davon erzählen!” Inersha wirkte aufgedreht und beinahe hibbelig, eine Eigenschaft die ihm bisher eindeutig nicht zuzuschreiben war. “Was genau?”, hakte Glatani nach und gönnte sich einen weiteren Schluck des edlen Weines, wohlwissend, dass Luzifer ihm diesen verboten hatte. “Na, darüber, dass Uriel und Michael offenbar was laufen haben … Wer weiss, vielleicht bekommt Luzifer mehr aus Michael heraus, wenn er seinen kleinen Freund foltert.” Inersha klatschte aufgeregt in seine Hände, während Glatani lediglich mit den Schultern zuckte und sich noch ein Olivenbrot einverleibte. “Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, ich habe eben was anderes gehört und zwar, dass Uriel und Michael ein Geheimnis haben, welches seine Verbannung betrifft.” Inersha schüttelte energisch den Kopf. Es wirkte beinahe so, als hätte er von dem Wein gekostet und nicht Glatani. “Schwachsinn, du solltest besser zuhören, ausserdem, wem glaubt Luzifer eher, dem besoffenen Trottel oder mir?” Glatani verzog sein Gesicht zu einer undefinierbaren Grimasse und Inersha konnte nicht genau sagen ob dies aufgrund seiner Worte geschah oder weil er auf eine saure Olive gebissen hatte. “Uns glaubt er sowieso nichts. Wir sind die Fussabtreter und ganz weit unten in seiner Gunst.” “Woran dies bloss liegen könnte”, erklang auf einmal eine weitere Stimme hinter den beiden und liess sie zusammenzucken. “Hau ab Grid, dies wird unser Moment, verzieh dich.” Grid zuckte mit den Schultern und musterte die zwei Hohlköpfe eingehend. “Ich habe nicht vor euch irgendeinen Moment streitig zu machen. Luzifer ist im Moment ziemlich angespannt, ihr solltet euch gut überlegen, welche Infos ihr ihm überbringt und wieviel Wahrheitsgehalt diese beinhalten. Es wäre ja ein Jammer, wenn sich eure Informationen als falsch herausstellen würden, oder?” Inersha schnaubte genervt auf. Grid hatte recht, doch inwieweit konnten sie diesem vertrauen? Er war die Habgier und Inersha war sich sicher, dass dieser die Informationen selbst weiterleiten und den Dank einsacken wollte. “Dies lass mal unsere Sorge sein”, mischte sich nun auch Glatani ein und schnippte eine wohl weitere saure Olive von seinem Brot. “Ehe ihr mit Luzifer sprecht, solltet ihr vielleicht mit den Engeln reden, euch die Infos aus erster Hand beschaffen. Soweit ich weiss hat Raphael die Schutzschilde runter gefahren, sie sind also wieder zugänglich für Folter und könnten plaudern wie ein Wasserfall. Das würde eure Gunst vielleicht ein wenig steigern.” Grid konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Die beiden Schwachköpfe würden sich vermutlich gleich in die Zelle stürzen und sich irgendwelche Foltermethoden aus den Fingern saugen. Es würde ein Spass sein, ihnen dabei zuzusehen und erst recht, wenn Luzifer davon erfuhr. “Woher weisst du das?”, wollte Inersha wissen und Grid verzog für einen Moment das Gesicht. So einfach waren sie wohl doch nicht reinzulegen. “Wer passt denn hier auf Raphael auf? Ausserdem hatte Tsorn eine Unterhaltung belauscht und kam zu diesem Schluss. Wie genau er zugehört hat, nun, vermutlich so genau wie ihr es getan habt”, beantwortete er die Frage mit einem schulterzucken, ehe er sich verabschiedete und seines Weges ging. “Können wir ihm trauen?”, wollte Glatani ein wenig angestachelt wissen. “Nein, Grid ist eine Tratschtante und ich bin mir beinahe sicher, er führt etwas im Schilde, aber mit einem hat er recht. Wir sollten mit den Engeln direkt sprechen, nur das Foltern, dass sollten wir bleiben lassen.” “Dann macht es doch gar keinen Spass”, murrte Glatani beinahe ein wenig beleidigt, was ihm ein missbilligenden Blick von Inersha einbrachte. “Deine Foltermethoden sind so oder so überholt und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie bei Engeln nicht funktionieren.” Mit diesen Worten betrat er die Zelle. Ihm war es egal, dass die Insassen seine letzten Worte an Glatani mitbekamen, sollten sie nur wissen, worüber sie sich unterhielten. Es schien sie nur nicht zu interessieren. “Ich erwarte ja keine wirklichen Begeisterungsstürme wenn ich den Raum betrete, ich bin schliesslich nicht Luzifer, aber zumindest registrieren könntet ihr mich durchaus”, beschwerte er sich sogleich. Die Stille in dem Raum war beinahe mit einem Messer zu schneiden und Glatani war derjenige, welchem dies auffiel. “Du hast sie bei etwas gestört”, stellte er fest und Inershas Blick wanderte einmal durch die Runde. “Nun, wenn ihr jetzt schweigt, ist es auch egal, wir haben euch belauscht. Wir wissen, wer hier was auf dem Kerbholz hat und wir werden Luzifer alles erzählen”, drohte er direkt und versuchte die Reaktionen zu lesen. Er war nur leider nicht sonderlich gut darin. Seine Trägheit machte ihm einen Strich durch die Rechnung, es interessierte ihn nicht und es war ihm zudem viel zu anstrengend. “Wir haben über nichts geredet, was Luzifer nicht direkt schon weiss”, übernahm Chamuel das Wort und zog somit die Aufmerksamkeit Glatanis auf sich. “Ahja? Luzifer weiss also, dass der Sonnenschein und der Abtrünnige was miteinander am laufen haben?” Während er sprach deutete er auf Uriel und auf die Zellentür, was für Inersha nicht wirklich einen Sinn machte. “Und du denkst sie wissen wen du meinst?”, wollte er dann ein wenig gereizt wissen. “Natürlich… Sonnenschein ist doch gleichzusetzen mit einer Offenbarung, dem hellen Licht was einem aufgeht, du bist so unkreativ, Inersha”, beschwerte sich Glatani direkt und erhielt ein Schnauben zur Antwort. “Und du bist ein vollkommener Schwachkopf, dem der Wein zu Kopf gestiegen ist.” Chamuel kam nicht umhin, leise aufzulachen. “Ihr Sünden habt alle ein ziemlich grosses Autoritätsproblem. Wir sind hier Gefangene und doch können wir euch nur bedingt ernst nehmen.” “WIESO??”, kam es beinahe wie aus einem Munde der beiden Sünden. “Weil ihr euch alle vor uns streitet und selbst diffamiert. Wie sollen wir euch da ernst nehmen?”, wollte nur Gabriel wissen und erhielt prompt eine Ohrfeige von Inersha. “So vielleicht”, stellte dieser genervt fest und rieb sich seine Hand. “Wow, dies war seine erste Tätigkeit seit Jahren, ich bin beeindruckt. Du kannst ja doch was ausser schlafen”, stichelte Glatani mit einem leichten Grinsen auf den Lippen und wich Inersha gekonnt aus, taumelte dann allerdings gegen die Zellentür und kippte beinahe aus dieser. “Ihr werdet kaum hier sein, um uns eine Komödie aufführen zu wollen, oder?”, mischte sich nur Haniel in die Szenerie ein und Glatani versuchte so elegant wie es ihm möglich war, wieder in die Zelle zu gelangen. “Natürlich nicht”, erwiderte Inersha auf ihre Worte, er klang wesentlich genervter als noch zuvor, war ihm doch selbst bewusst, wie lächerlich dies gerade ausgesehen haben musste. “Wir wollen Informationen!” Glatani hatte sich ein wenig gefasst und baute sich neben Inersha auf. “Und ihr dachtet, mit einer Slapstick Einlage kommt ihr an welche?”, wollte Chamuel schmunzelnd wissen und fing sich die nächste Ohrfeige ein. “Ihr schafft es gerade wirklich, dass Inersha körperlich aktiv wird, ich weiss nicht, ob ich das gut oder schlecht finden soll”, merkte Glatani dessen Aktion an und seufzte im nächsten Moment auf. Es war Inersha, der sie vorhin gewarnt hatte mit der Folter und nun war er derjenige der die Engel schlug. Ihm war durchaus klar, dass dies noch nicht als Folter galt, aber wie würde Luzifer darauf reagieren? Bestimmt würde er keinen Beifall klatschen und falls doch, sah er bestimmt so aus, wie der von Inersha, darauf konnte er durchaus verzichten. Sie waren zudem selbst Schuld, wenn sie sich wie Volldeppen aufführten und ohne Plan an die Sache rangingen. “Wir haben euch belauscht, ihr wisst mehr, als ihr zugeben wollt und allein diese Tatsache reicht aus, damit Luzifer wieder auf den Plan kommt.” Glatani versuchte es ohne Androhungen oder gar Ausübung von Gewalt. Er wusste von Chamuel bereits, dass dieser ein sehr Harmoniebedürftiger Engel war, was wohl seiner Bestimmung zu verdanken war. “Wir haben Luzifer schon alles gesagt, was wir wissen und genau darüber haben wir uns eben unterhalten. Er war diese Nacht bei uns, wir arbeiten dies nur auf.” Der Blick welcher Inersha Glatani zuwarf, war eindeutig. Er glaubte Chamuel kein Wort und doch hielt er sich zurück. “Sie können nicht lügen”, warf Grid hinter ihnen ein und betrat nun die Zelle. “Ich hätte mir ja ehrlich gesagt ein wenig mehr Action erhofft, allerdings nicht eine so lächerliche Vorstellung wie ihr sie gerade abgeliefert habt.” Alle Blicke im Raum lagen auf Grid, welcher seinen Auftritt sichtlich genoss und Chamuel ein wenig genauer unter die Lupe nahm. “Du bist mutig, vielleicht ein wenig zu mutig, aber die Eigenschaft mag Luzifer ja an gewissen Engeln, nicht wahr?” Chamuel wandte seinen Kopf ab und brachte Grid damit zum lachen. “Ihr könnt nicht lügen, aber eure Reaktionen, sie sind so eindeutig. Ihr beide, geht und berichtet was ihr erfahren habt, ich kümmer mich hier um den Feinschliff.” Inersha und Glatani waren so überrumpelt von dem Befehl, dass sie lediglich nickten und aus der Zelle verschwanden. Grid wartete noch ein paar Momente, ehe er sich hinsetzte, sich gegen die Wand lehnte und die Augen schloss. “Und?”, hakte Raziel nach einer schier endlosen Zeit der Stille nach. “Nichts und freut euch die Schwachköpfe los zu sein, war ja nicht mit anzusehen.” Grid hatte nicht vor mit den Engeln zu reden. Sein Plan war es, Inersha und Glatani ins offene Messer laufen zu lassen, zumal er selbst schon genug Informationen hatte, die gegen diese der Beiden sprach. “Du bleibst jetzt hier sitzen und sagst nichts?”, wollte nun Gabriel wissen, was Grid doch zu einem weiteren Grinsen verleiten liess. “Macht dich nervös, hm? Aber wenn du unbedingt mit mir plaudern willst, dann stelle ich euch eine Frage, eine einzige und dann überlege ich mir, was ich Luzifer zu berichten habe.” Langsam öffnete er seine Augen und blickte in fünf neugierige Augenpaare. “Wie weit war euch bekannt, dass Michael stärkere Gefühle für euren Schutzengel hegt?” Grid setzte sich ein wenig aufrechter hin und beobachtete die Reaktion ziemlich genau. Zwei davon waren sehr interessant, wobei eigentlich nur eine. Haniel hätte eindeutig den falschen Zuständigkeitsbereich, wenn sie nichts davon gewusst hatte. “Du hast nie irgendwem was gesagt?”, wollte er dann von ihr wissen und sie schüttelte sogleich den Kopf. “Es geht mich nichts an. Solange er sich an die Regeln hielt, war es vollkommen in Ordnung und ich wollte meine Position nicht missbrauchen, wir sollen unsere Kräfte nicht auf unseresgleichen anwenden.” Grid nickte leicht und ihm kam eine weitere Idee. “Und wieso wusste Michael dann über Luzifers Gefühle Bescheid? Mit was hatte er dich in der Hand?” Haniel wirkte sichtlich überrascht, lag er etwa falsch? “Ich habe nie irgendwem irgendetwas über die Verstrickungen erzählt. Die Beziehung zwischen Michael und Luzifer war immer sehr schlecht. Ich hätte niemals dafür gesorgt, dass sie noch schlechter wird. Zumal Raphael auch noch ein Wörtchen mitzureden hatte, aber ich habe nie gefragt, mich nicht eingemischt. Es gehörte sich nicht.” Grid glaubte ihr. “Und was ist mit dir Uriel?”, wollte er dann ein wenig skeptischer wissen. Uriel war die Offenbarung, woher wusste er, was in Michael vor sich ging. “Ich weiss nichts darüber, wirklich nicht”, haspelte er schnell und wich Grid’s Blick aus. “Ihr könnt nicht lügen und du kannst mir dabei nicht in die Augen sehen. Ich frage dich noch einmal, was wusstest du, was weisst du!” Es klang nach vielem, aber nicht nach einer Frage. “Es war eigentlich ein offenes Geheimnis, dass Michael Luzifer nicht mag, weil dieser ihm zu sehr an Raphael hing. Ihn immer beschützte, obwohl die körperlichen Attribute eher für das Gegenteil sprechen sollten. Es war ihm immer ein Dorn im Auge, überall wo Raphael war, war auch Luzifer, jeder normal denkende Engel hätte früher oder später diesen Schluss daraus gezogen.” Ganz langsam erhob sich Grid und ging auf Uriel zu. Bei diesem angekommen, ging er langsam in die Hocke und musterte ihn genauer. “Und wieso hast du ihn gedeckt und niemanden gewarnt? Ich bin mir ziemlich sicher, dass Michael, mehr mit Luzifers Verbannung zu tun hat, als bisher bekannt ist und ich werde hinter dieses Geheimnis kommen.” Uriel schluckte leicht. “Ich, ich weiss es nicht. Es ging mich nichts an und ich hatte gehofft, es würde nichts passieren. Was er mit seiner Verbannung zu tun hat, ich weiss es nicht, wirklich.” Uriel hatte angefangen viel zu schnell zu sprechen und Grid war klar, dass er log, beliess es aber dabei. Ein Blick in die Runde verriet ihm, dass es nicht nur ihm bewusst war und vielleicht würde er mehr Informationen erhalten, wenn er nun ging, als ihn weiterhin unter Druck zu setzen. “Na dann, ich hoffe du sagst die Wahrheit, aber ihr könnt ja nicht lügen, hm? Ich hoffe dem ist wirklich so, ansonsten komme ich wieder und dann könnte es dir vielleicht ein wenig schlechter ergehen.” Grid erhob sich wieder und machte Anstalten zu gehen, ehe er sich noch einmal umdrehte. “War schön mit euch zu plaudern und vielleicht entführe ich den ein oder anderen von euch noch in ein privates Gespräch.” Sein Blick blieb dabei auf Haniel hängen, welcher er zuzwinkerte, ehe er dann wirklich ging. Sein Weg führte ihn allerdings nicht zu Luzifer wie angedroht, auch blieb er nicht vor der Zelle sitzen, im Gegenteil, Tsorn sollte über diese Informationen Bescheid wissen, so schnell als möglich. Inersha und Glatani hingegen waren auf dem schnellsten Weg zu Luzifer gerannt und klopften aufgeregt an seine Tür. Da es ihnen zu lange dauerte, betraten sie dessen Gemach einfach und es war ihnen vollkommen egal, dass dieser gerade schlief. “Luzifer! Wir müssen dir was sagen!” Die Genervtheit war ihrem Boss anzusehen und dennoch bewegten sie sich kein Stück von dessen Bett weg. “Ich hoffe, es ist wichtig”, knurrte dieser leise und erhob sich aus seinem Bett, nackt wie Gott ihn schuf. Er hatte absolut keine Scham und ging entblösst wie er war zur Tür, um sich dort seinen Bademantel überzuziehen. “Wir wissen welcher Engel mehr über dieses Konstrukt weiss und wieso er da mitgemacht hat”, fing Inersha direkt an und erhielt einen skeptischen Blick von Glatani. “Wie? Wir waren uns einig, dass wir dies eben nicht sicher wissen”, zischte er ihm leise zu, was Inersha jedoch nicht davon abhielt weiter zu sprechen. “Uriel. Uriel ist es, Luzifer. Er hat Michael bei allem geholfen, weil er tiefere Gefühle für diesen hat. Michael hat auch Uriel missbraucht, ihn zu seinem Spielball gemacht und das nur weil er dich nicht leiden kann.” Luzifer wurde tatsächlich hellhörig und sein Blick ruhte auf der Trägheit. “Und wie sicher bist du dir dabei?” Inersha schluckte kurz. “Zu 90 % Luzifer.” Dessen Blick wanderte nun zu Glatani, welcher sich nicht so sicher zu sein schien. “Und du? Wie sicher bist du dir?”, wollte er nun auch von der Völlerei wissen. “Überhaupt nicht. Ich habe nicht alles mitbekommen, über was die Engel sich unterhalten hatten, aber es ging nicht darum. Wir haben sie gefragt und Chamuel meinte, du hättest sie in der Nacht besucht und sie hätten darüber geredet. Es war kein Wort davon gefallen, dass einer in den anderen verliebt war.” Inersha schnaubte nur leise. “Du gönnst mir einfach kein Erfolgserlebnis”, murrte er kaum hörbar. “Doch, aber auch Grid meinte zu uns, dass Halbwahrheiten nur Probleme bereiten würden, daher Luzifer, ich kann es dir nicht sagen.” Luzifer nickte lediglich und sein Blick ruhte wieder auf Inersha. “Solltest du recht behalten, gibt es eine Belohnung, solltest du allerdings absoluten Schwachsinn erzählen, nur um in meiner Gunst zu steigen, nun, dann tobe ich mich vielleicht ein wenig an dir aus. Ich habe schon lange niemanden mehr gefoltert.” Erneut schluckte Inersha hart. “Geht, ich muss mir eine Strategie überlegen.” Zu gerne nahmen die beiden Sünden dieses Angebot an und verschwanden wieder aus Luzifers Zimmer. Sie versäumten es jedoch wieder auf ihren Posten zu gehen. Kapitel 20: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser --------------------------------------------------- Grid liess sich nicht sonderlich viel Zeit, um Tsorn aufzusuchen. Allerdings schien dieser keine Lust auf Besuch zu haben, da er nicht in seinem Zimmer vorzufinden war. Wie die Tage zuvor, verliess Grid den Palast, hatte er eine leise Ahnung, wo Tsorn sich aufhalten könnte, wobei dieser wirklich undurchschaubar wirkte. Dabei lief er jedoch Bager über den Weg, die ein wenig unruhig zu sein schien und eigentlich wollte er sie ignorieren, aber irgendetwas sagte ihm, dass es besser war mit ihr zu sprechen. “Entzug?”, sprach er sie mit einem fiesen Grinsen auf den Lippen an und ihr zusammenzucken machte ihn ein klein wenig skeptisch. “Schlechtes Gewissen?”, hakte er dann nach und sie schüttelte beinahe erleichtert den Kopf, als sie Grid erkannte. “Nicht direkt, irgendwie, ich habe nachgedacht und mir ist nicht so wohl bei der Sache, du weisst schon und streite es nicht ab, ich weiss, dass Tsorn mit dir redet.” Grid seufzte leise und zog die Wolllust ein wenig zur Seite. Dieses Gespräch sollte nicht jeder mitbekommen und am wenigsten Gadles oder Luzifer. “Erledige einfach deinen Teil, Bager. Deine Wahl ist so oder so ein klein wenig eingeschränkt, entweder tötet dich Luzifer oder Tsorn liefert dich ans Messer und dann tötet dich Luzifer. Du kannst eigentlich beruhigt sein, was dieses Thema angeht und weitermachen wie bisher.” Bager verzog ihre Lippen zu einem bitteren Lächeln, diese Aussichten waren nun wirklich nicht gerade rosig, aber Grid hatte leider recht. Zu verlieren hatte sie rein gar nichts. “Du könntest natürlich auch zu Luzifer gehen und hoffen er hat einen guten Tag, aber damit würde ich bis morgen warten. Inersha und Glatani haben in diesem Moment, vermute ich, mit ihm gesprochen, also gute Laune …” Bager schüttelte den Kopf, die gute Laune von Grid ging ihr gehörig gegen den Strich, aber er hatte letzten Endes leider recht. “Dann kann ich mir den Dolch direkt selbst ins Herz rammen”, stellte sie resigniert fest und spürte Grids Hand auf ihrer Schulter. “Richtig und ich bin mir ziemlich sicher, dass du dann in der Hölle landen wirst, aber ohne die Privilegien die du jetzt hast. Du könntest dich allerdings nützlich machen. Frag Michael über Uriel aus, über sein Mitwirken an Luzifers Verbannung und ob er bewusst, seine Gefühle ausgenutzt hat, wie ein billiger kleiner Dämon.”  Mehr sagte Grid nicht und liess Bager mit dieser Information alleine zurück. Er wollte zu Tsorn und das nun besser bevor er die Infos von anderen bekam. Es dauerte dann nicht mehr lange, ehe er ihn fand. Erneut auf seiner Säule sitzend und meditierend. “Ein Tipp, wenn man deinen Platz kennt, findet man dich viel zu leicht”, sprach er ihn schmunzelnd an und ein leises Lachen war die Antwort. “Ich will es dir ja nicht schwerer machen als deine Orientierung es zulässt. Neue Infos?”  Mit einem galanten Sprung landete Tsorn vor seinem Freund, welcher beinahe freudig nickte.  “Dann hau raus, ich bin sehr gespannt.”  Tsorn lehnte sich an seine Säule und verschränkte die Arme, ganz offensichtlich hatte er keine Lust sich von hier wegzubewegen und es schien ihm auch egal, ob irgendjemand mithören konnte oder nicht.  “Ich vermute ganz stark, dass wir bald nicht mehr sieben Generäle sind”, begann Grid mit einem Funkeln in den Augen. “Wieso?” “Weil Inersha in diesem Moment Luzifer voller Überzeugung einen absoluten Schwachsinn auftischt und nicht einmal Glatani seinen Arsch retten kann, davon abgesehen, dass dieser lieber seinen eigenen Arsch retten wird.” Tsorn wurde neugierig und Grid genoss dieses kurzzeitige Gefühl mehr zu wissen als sein Gegenüber. “Sie haben die Engel belauscht und dabei herausgefunden, dass Uriel eindeutig mehr weiss, sehr viel mehr, vermutlich sogar an der Verbannung beteiligt gewesen war und damit diese hergeführt werden konnte. Doch diese Deppen sind einfach dumm wie eine Feder im Fegefeuer. Wobei ich Glatani ein wenig in Schutz nehmen muss, dieser war dagegen Luzifer diese kleine Halbwahrheit aufzutischen die Inersha sich zusammen gereimt hat.” “Die da wäre?”, hakte Tson nach. “Das Uriel und Michael etwas miteinander haben und dieser ihm deswegen hörig war und ist. Ich will nicht abstreiten, dass Uriel vielleicht eine Schwäche für Michael hat, aber ich glaube nicht, dass sie etwas miteinander hatten. Immerhin gab es für Michael bis heute nur einen und den wird er nicht bekommen. Eine Tragödie.”  Das Grid die Worte nicht ernst meinte, konnte Tsorn an dessen breiten Grinsen ausmachen. Die Infos allerdings waren sehr interessant und sollte Inersha wirklich nur den einen Teil weitergeben, war dies sein Todesurteil.  “Und die Info ist bestätigt?”  Grid nickte. “Ja, ich hab mich ein wenig mit den Engeln unterhalten, allen voran Haniel. Sie hat mir bestätigt, dass sie von den Gefühlen von Michael Bescheid wusste, aber sich nicht einmischte, weil es sie nichts anging. Ebenso wusste sie von den Gefühlen von Luzifer. Michael und Luzifer waren Konkurrenten und Michael hat offensichtlich den Kürzeren gezogen.” - “Und einen Plan entwickelt wie er Luzifer los werden kann. Mir stellt sich allerdings nach wie vor die Frage, wieso keiner der Engel irgendetwas bemerkt hat. Eine solche Intrige fällt doch auf.”  Nun war es an Grid die Arme zu verschränken. “Ich glaube, da kommt Uriel ins Spiel. Er ist die Offenbarung. Ich kenne mich nicht mit den Fähigkeiten der Engel aus, aber wäre es möglich, dass sie auch das Gegenteil von dem Können, was sie darstellen? Dann wäre Uriel perfekt für das Vorhaben geeignet gewesen.” Tsorn schien einen Moment darüber nachzudenken und es machte Sinn was Grid ihm sagte, auch wenn er es ungern zugab, aber gerade brachte dieser sie in ihrer Sache sehr weit voran. Schon wieder. “Achja, ich habe die Info Bager gegeben, sie ist unterwegs zu Michael. Du solltest mit ihr sprechen, sie ist sehr nervös, könnte deinen Plan gefährden.” Tsorn wurde von Grids Worten aus seinen Gedanken gerissen und starrte ihn kurz ungläubig an.  “Hm, vielleicht sollte ich mich später um sie kümmern. Je nachdem welche Informationen sie mir liefert. Halte du dich ein wenig bedeckt, nicht das du zuviel Aufmerksamkeit auf dich ziehst. Wäre ungünstig, gerade bei Gadles.”  Grid nickte. Er hatte nicht vor, sich irgendwo einzumischen. Es war bisher ja immer ziemliches Glück, dass er diese Informationen mitbekam.  “Ich habe nur gutes Timing, keine Sorge”  Tsorn nickte, ehe ihm eine Idee kam. “Du könntest allerdings Mekane dazu bringen, sich ein wenig ausgiebiger mit Uriel zu unterhalten. Du bist geschickt genug, ihn dazu bringen zu können auf irgendetwas neidisch zu sein.” Grid nickte, auch wenn er bezweifelte, dass dieser wirklich hilfreich sein würde. Schien er sich bisher auch aus allem heraushalten zu wollen. “Ich hab da schon eine Idee.” “Sehr gut, ich überlege mir derweil, wie wir Luzifer die Fakten präsentieren, ohne wem unnötig zu Schaden, also, uns.” Tsorns Grinsen sprach Bände. Es war offensichtlich, dass dieser anderen dafür umso mehr schaden wollte und er hatte da auch eine Ahnung wem.   Luzifer hatte sich nach dem Gespräch erst einmal in sein Zimmer eingeschlossen. Er brauchte Ruhe zum Nachdenken.  Die Informationen waren gut und wichtig, aber auch korrekt? Bisher hatten Inersha und Glatani miserable Arbeit geleistet, aber auch die beiden konnten einen Glückstreffer landen. Allerdings widersprachen sie sich. Glatani war nicht überzeugt von der Information und sollten sie wirklich das Gleiche gehört haben, war es schon etwas, was ihm zu denken gab. Es war zum Haare raufen. Ein Teil seiner Sünden waren absolut nutzlos.  Bisher hatte nur Tsorn ihm wirklich sichere Informationen weitergegeben und der Rest? Er hatte nicht wirklich eine Ahnung, wem er noch vertrauen konnte und sollte.  Dabei war er sich immer so sicher. Doch jetzt hier im Himmel? Es war als würde dieser seine Gedanken vergiften. Ihn zu etwas machen, was er nicht war oder eher nicht mehr war. Er musste schnell an Antworten kommen, ehe er sich komplett selbst verlor und sich gar nichts mehr sicher war. Sollte er sich Rat holen? Nur fiel ihm dafür lediglich Tsorn ein oder … Metatron, aber diesen konnte er nicht fragen, oder? Der Himmel machte ihn wahnsinnig. Vielleicht sollte er noch mehr Aufgaben abgeben, damit dies schneller von statten ging, vielleicht sollte er Folter nun doch erlauben, aber letzten Endes wäre es am hilfreichsten, wenn Raphael auf seiner Seite wäre.  Luzifer schloss kurz die Augen und sofort flammten Bilder auf.    Zärtlich strich er über den Körper unter sich, bedeckte ihn mit Küssen und saugte die wohlklingenden Laute Raphaels in sich auf. Angespornt von dessen Keuchen wanderte er tiefer und verwöhnte ihn, genoss es wie dieser sich ihm entgegen hob, sich nach seinen Berührungen verzehrte und ganz offensichtlich mehr davon wollte.   Erinnerungen oder doch ein tief gehegter Wunsch? Er wusste es nicht.  Erst nach einer Weile öffnete er seine Augen wieder und seufzte. Es war egal was es war. Das Ziehen in seinen Lenden machte deutlich, dass er alles dafür tun würde, Raphael zu seinem Eigen zu machen. Schon lange hatte er nicht mehr dieses Gefühl, etwas oder jemanden so sehr zu wollen. Doch darum würde er sich wohl eher nebenbei kümmern. Vielleicht brauchte er sich auch gar nicht anstrengen. Er hatte bei ihrem Kuss gespürt, dass da nicht nur Abneigung herrschte.  Jetzt allerdings, musste er Inershas Aussagen bestätigt wissen. Uriel. Luzifer versuchte sich krampfhaft daran zu erinnern, wie er früher zu diesem stand und vor allem, wie dieser zu Luzifer gestanden hatte. Doch sein Kopf gab absolut keine Erinnerung her. “Shit”, knurrte er leise und stürmte praktisch aus seinem Zimmer. Ohne ein bestimmtes Ziel gehabt zu haben, stand er vor Metatrons Zelle. “Shit”, knurrte er erneut und betrat diese.  “Mit dir hätte ich so schnell nicht gerechnet. Was führt dich zu mir?”, wollte Metatron ruhig wissen und öffnete seine Augen erst, als Luzifer wie ein wildes Tier in seiner Zelle auf und ab ging. “Du bist Gottes oberster General, du und Raziel, ihr wisst über alles Bescheid, oder? Jegliche Beziehung und Verknüpfung unter euch, ihr habt Bescheid zu wissen, richtig? Sollte es eine Feindschaft, Freundschaft oder gar Liebschaft geben, ihr wisst es, sag mir, dass ihr es wissen müsst!”, befahl er ihm beinahe und wurde von Metatron enttäuscht, da dieser den Kopf schüttelte. “Wir müssen gar nichts wissen, Luzifer. Der Himmel ist streng in seinen Regeln, aber auch wir sind Geschöpfe Gottes und haben Gefühle. Durch die strengen Regeln, sind einige verboten und der Hölle zugeschrieben, aber dies hinderte euch bisher nie daran, die ein oder andere Regel zu brechen.” “Wurde ich deswegen verbannt? Weil ich eine Regel gebrochen habe?” Metatron schüttelte einmal mehr seinen Kopf. “Nein, dann wäre der Himmel ziemlich leer, Luzifer. Gott sieht über Kleinigkeiten hinweg.” Luzifer lachte bei den Worten laut auf. “Kleinigkeiten? Du kannst mir nicht weismachen, dass der Hass zwischen Michael und mir eine Kleinigkeit war. Ich verspüre diesen nicht erst seit er mich verbannt hat, Metatron. Mittlerweile weiss ich auch sicher, dass er mich nicht leiden konnte, also sprich nicht von Kleinigkeiten.” Metatron schloss einmal mehr seine Augen und seufzte lautlos. “Ihr wart und seid so gegenteilig. Es musste zwischen euch Reibereien geben. Ich streite nicht ab, dass Michael der Auslöser dafür war. Sein Neid, seine Missgunst, sein Beschützerinstinkt, er hat viele Fehler gemacht.” “Und ich wurde dafür verbannt. Er sollte in der Hölle schmoren und sein Leben als Dämon fristen, nicht ich. Wieso habt ihr weggesehen? Wieso tut ihr es noch?” Metatron lächelte sanft und sah Luzifer nun genau in die Augen.  “Niemand hat weggesehen Luzifer. Michael stand immer unter Beobachtung und tut es auch jetzt noch, genau wie Raphael. Nur hat er sich bisher keinen Fehler erlaubt, der die Sicherheit des Himmels in Gefahr gebracht hat.” “Und doch vertraut ihm Gott blind in seinen Entscheidungen”, stellte Luzifer resigniert fest und liess sich neben Metatron fallen. “Nun, ich werde dich nicht in die Geheimnisse des Himmels einweihen, solange du auf der falschen Seite stehst, Luzifer. Selbst wenn ich es könnte, wüsste ich nicht alles. Die Hintergründe zu deiner Verbannung, ich weiss wirklich nichts darüber, genauso wenig wie Raphael es zu tun scheint, eine Tatsache die Gott ihm bis heute nicht glaubt. Zu deiner Frage, nein, weder Raziel noch ich wissen über alles Bescheid, was hier vor sich geht.” Luzifer knurrte leise bei den Worten. “Aber Uriel tut es und Haniel, richtig?” Metatron schien bei der Frage tatsächlich ein wenig überrascht zu sein.  “Was deine Ursprungsfrage angeht, ja, Haniel könnte sehr viel mehr darüber wissen. Sie ist der Erzengel der Liebe und Freundschaft, selbst Chamuel könnte dir mehr dazu sagen, als Erzengel der Harmonie, was Uriel dir dazu sagen könnte, wüsste ich nicht.” Luzifer glaubte seinem Lehrmeister. Er hatte keinen Grund ihn anzulügen, davon abgesehen, dass er es sowieso nicht konnte. “Uriel und Michael, wie war ihre Freundschaft?”, hakte er dennoch nach und Metatron schien ernsthaft darüber nachzudenken. “Ich hatte eigentlich immer das Gefühl, dass Uriel Michael aus dem Weg geht. Ich habe es nie hinterfragt, solang es damit keine Probleme gab. Hilft dir diese Antwort auf der Suche nach den Deinigen?” Luzifer nickte und knirschte leise mit den Zähnen. Sie half ihm leider viel zu gut und er würde wohl ein Gespräch mit Uriel suchen müssen. Nachdem er mit Haniel und Chamuel gesprochen hatte. Langsam erhob er sich wieder und verschwand ohne ein weiteres Wort. Vielleicht war es ein Fehler mit Metatron zu sprechen und doch fühlte er sich um einiges besser. Kapitel 21: Neid ausser Kontrolle --------------------------------- Bager hatte sich absolut keine Zeit gelassen und war auf direktem Wege zu Michael gegangen. Zumindest war dies ihr Plan. Allerdings wurde sie von Mekane aufgehalten. Sie hatte sich selbst schon gewundert, wo dieser abgeblieben war. “Aus der Hölle zurück?”, fragte sie scherzhaft als dieser ihren Weg kreuzte oder eher, ihn unbeabsichtigt versperrte. Angesprochener zuckte zusammen, als wäre er ertappt. “Sag es nicht Luzifer, bitte!” Bager hob skeptisch eine Augenbraue und musterte die Todsünde vor sich. “Du warst wirklich in der Hölle? Das wird Ärger geben”, stellte sie beinahe amüsiert fest. “Sag nichts Luzifer, bitte! Ich habe mich vielleicht ein wenig gelangweilt und mich dann lieber anderweitig amüsiert. Ich weiss, ich habe damit gegen Luzifers Regeln verstossen, aber kann man es mir verübeln? Dieser Schongang den er hier fährt ... “ Bager legte nun auch ihren Kopf ein wenig schief und schien eindringlich zu überlegen. “Du hast damit klar gegen seine Anweisungen gehandelt, ich wünsche dir viel Glück. Du weisst, er riecht Lügner auf eine ziemlich grosse Entfernung. Ich sage ihm nichts, aber vielleicht könnte ich dafür demnächst einen Gefallen einfordern. Sei auf der Hut.” Nun war es an Mekane ein wenig skeptisch zu wirken, ehe er dann doch ein wenig breiter grinsen musste. “Wenn du mich in deinem Bett haben willst, jederzeit, du wirst es nicht bereuen.” “Schwachkopf, ganz bestimmt nicht diesen Gefallen. Mach dir darüber keine Gedanken, pass nur auf das du Luzifer nicht über den Weg läufst oder seinen engsten Vertrauten. Du lebst gefährlich”, warnte sie ihn und wollte eigentlich weiter gehen, wurde dann allerdings festgehalten. “Was habe ich verpasst?”, wollte Mekane nun doch wissen und wirkte gar nicht mehr so selbstsicher wie zuvor. “Finde es heraus, du hast doch Langeweile. Ein Tipp, geh Wache halten bei den Engeln, dann fällt dein Verschwinden vielleicht nicht auf und wenn du Tsorn triffst, pass auf was du sagst, er ist ein Spürhund und nutzt jegliche Schwäche direkt aus. Oh und weil ich ein gutes Herz habe, kümmer dich vielleicht ein wenig um Uriel, war doch dein Schützling. Er weiss mehr, sehr viel mehr und es wäre doch deine Aufgabe gewesen die Informationen zu bekommen. Schlechte Arbeit, Mekane, also wenn ich Luzifer wäre, hm... “ Sie hatte zwar absolut keinen Plan davon, dass sie Tsorn nun wieder in die Hände spielte, aber sie hatte die Hoffnung, dass dieser genau so etwas erwartete. Immerhin wollten sie Luzifer helfen schneller hinter die Geheimnisse zu kommen und ein Vollidiot wie Mekane würde für sie alles tun. Dieser merkte noch nicht einmal, dass sie ihn anlog und ihm Uriel, anstatt Gabriel aufhalste. “Für welchen Preis?”, wollte dieser dann wissen. Er blieb ein dummer Dämon, eine Schande für die restlichen Generäle und Todsünden. “Je nachdem wie gut du deine Arbeit machst …” Sie kam ein klein wenig näher und flüsterte die nächsten Worte in Mekanes Ohr. “Dann wirst du eine unvergessliche Nacht erleben.” Mekane schluckte hart und liess eine Hand über Bagers Seite wandern, was diese kurzerhand über sich ergehen liess. Diente es schliesslich einem grösseren Zweck. “Dann werde ich dies sofort erledigen, du kannst auf mich zählen.” Bager blickte Mekane hinterher und setzte ihren eigenen Weg fort. Männliche Dämonen waren leicht zu manipulierende Vollidioten, sofern sie auf ihre weiblichen Reize ansprangen. Sie selbst machte sich nun endlich auf den Weg zu Michael, hoffte dabei inständig, dass dieser alleine war und sie ungestört sein würden. Zwar war dieser Kerl nach wie vor nicht ihr Typ Mann, aber nach dieser Begegnung mit Mekane, war selbst Michael ihr recht. Bager betrat die Zelle und war kurz überrascht als sie ihn nicht mehr im Raum stehend, sondern auf der Pritsche liegend sah. Ein Vorteil für sie, eindeutig, aber dennoch ein wenig verwundernd. “Wer hat dich von den Qualen der absterbenden Arme erlöst?”, wollte sie amüsiert wissen und setzte sich ohne Umschweife auf dessen Unterleib. Eine Aktion die Michael leise aufächzen liess. “Gadles”, war die kurze und knappe Antwort. Die allerdings noch zu mehr Verwirrung sorgte. “Gadles? Wieso?” Bager spürte, dass sie wieder ein wenig unruhig wurde. Sollte dieser sie durchschaut haben, hatte sie ein Problem. Zur Not konnte sie noch immer alles auf Luzifer abwälzen, aber dann würde ihr gar keine Zeit mehr bleiben. “Er weiss nichts von dem Deal mit dir. Er war hier, hat mich ausgefragt und bedroht, aber er hat keine Ahnung”, stellte Michael ruhig fest und beruhigte Bager damit deutlich. “Gut, falls doch, werde ich dich mit in den Abgrund ziehen, unser kleines Geheimnis, sollte eindeutig unser kleines Geheimnis bleiben, aber, du darfst mir gerne die Frage beantworten”, forderte sie ihn erneut auf. “Laut seinen Worten wäre es langweilig, wenn ich nicht vollkommen einsatzfähig wäre. Wofür auch immer.” Bager blieb nach wie vor relativ ruhig. Was hatte Gadles vor? Vor kurzem wollte er ihn noch foltern und jetzt? Was für einen Sinneswandel hatte die Hochmut? Sah er Michael als anständigen Gegner an? “Du bist bestimmt nicht wegen Gadles hier, oder?”, wollte Michael von ihr wissen und lenkte die Aufmerksamkeit wieder auf sich. “Nein, natürlich nicht, im Gegenteil”, stellte sie dann mit einem süffisanten Lächeln fest und rutschte ein wenig tiefer, beugte sich zeitgleich ein wenig nach vorne und leckte ihm über die Ohrmuschel. “Weisst du, einen anständigen Mann zu finden, der meinen Ansprüchen genügt ist ziemlich schwierig. Die niederen Dämonen beschaffen mir keine Befriedigung und Menschen? Die werden meist wahnsinnig, was die Sünde leider ausmacht, aber du, du scheinst mir stark genug zu sein, um meinen Ansprüchen gerecht zu werden”, schnurrte sie ihm leise ins Ohr und spürte Michaels erschaudern. Vernahm jedoch auch sein amüsiertes Auflachen. “Du bist doch nicht deswegen hier”, stellte er fest und blickte kurz darauf in ihre Augen. “Stimmt, du bist nicht ganz mein Typ Mann. Deine Anmut ist nicht echt und grundsätzlich bist du eine Mogelpackung. Tsorn oder Raphael, die wären nach meinem Geschmack, aber ersterer will mich nicht und zweiterer, nun Luzifer würde mich töten, auf der Stelle”, gab sie ehrlich zu und leckte ihm leicht über die Lippen. “Aber da haben wir etwas gemeinsam, oder? Dein Angebeteter hat dich bisher auch nicht erhört, daher bin ich so gütig, dir ein wenig Ablenkung zu verschaffen.” Michael spürte wie er langsam aber sicher wütend wurde. Doch es war nicht nur Wut welche in ihm aufstieg, diese Hitze, war das ihr Blut? “Spürst du es? Wie dein Blut in Wallung gerät? Meine Macht über dich? Ich kann dir geben was du willst, eine perfekte Illusion, du kannst deinen Raphael ficken, das bekommen, was du seit jeher willst.” Michael wusste nicht wie ihm geschah. Nach und nach verschwamm Bagers Bild vor seinen Augen und wurde zu Raphael. Eine Illusion, wie sie selbst sagte und doch fühlte es sich so real an. “Was willst du?”, fragte er leise nach und schnappte nach Luft, als sie ihre Hand in seinen Schritt legte. “Was willst du, Michael?”, stellte sie die Gegenfrage und fing an ihn leicht zu massieren. Die Reaktion war zufriedenstellend. Sehr sogar. “Dich, einmal nur, dich”, flüsterte er leise und wurde von der Illusion komplett eingenommen. “Gut, dann sollst du mich bekommen, Michael”, raunte sie ihm gegen die Lippen und begann weiter ihn zu stimulieren. Dieser gab sich ihr vollkommen hin, drängte sich ihr zwischenzeitlich entgegen und verlangte nach mehr. Etwas, dass sie ihm gerne gab. Diese Leidenschaft, bemerkenswert und traurig zugleich. Es dauerte nicht lange, hatte sie sich von ihrer Unterkleidung befreit und sein bestes Stück so freigelegt, dass er ohne grosse Mühe in sie gleiten konnte. Dabei entglitt ihr selbst ein leises aufstöhnen. “Sht, uns darf niemand erwischen, sonst bekommen wir Probleme”, flüsterte sie leise an Michaels Lippen, ehe sie diese zu einem Kuss verschloss. Sie liess ihm einen Moment, hatte sie ja bereits herausgefunden, dass Michael nicht so erfahren war, wie er gerne wäre. Zumindest nicht für einen Mann seines Alters. Langsam begann sie sich zu bewegen und spürte schnell wie sich Michael ihr entgegen drängte und in sie zu stossen begann. Eine Tatsache die Bager tatsächlich begrüsste und sich kurz in dem Gefühl verlor. Sie berief sich allerdings schnell wieder auf ihre eigentliche Mission und jetzt da Michael in seiner Lust gefangen war, konnte sie angreifen. “Michael, hilfst du mir?”, wollte sie dann schnurrend wissen und sein Blick traf den ihrigen voller Lust. “Bei allem was du willst”, keuchte er leise und hob seine Hüfte zu einem festeren Stoss, was ein kurzes Aufstöhnen ihrerseits zur folge hatte. “Hilf mir, mich zu erinnern, bitte”, flehte sie beinahe und drückte sich nun selbst fester auf Michaels Schoss, ehe sie kurz inne hielt und ihn mit ihrem Blick fesselte. “Wieso hat Uriel dir geholfen? Hast du ihn ausgenutzt?” Michael schloss die Augen für einen Moment, was Bager für sich ausnutzte und sich wieder fester bewegte. “Nein, er hat, mir freiwillig geholfen, weil er dachte es wäre das beste für dich. Niemals würde ich solche Gefühle ausnutzen, ich weiss wie schmerzhaft es ist nicht gesehen zu werden”, beantwortete er ihr die Frage ehrlich und wurde mit einem Kuss belohnt. Schnell wurde dieser von Michaels Seite aus gierig erwidert und Bager konnte die Sehnsucht deutlich spüren. “Was hat er getan?”, flüsterte sie leise gegen seine Lippen und schaute ihm erneut in die Augen. “Dein Gedächtnis gelöscht, es versiegelt, deswegen konntest du auch Gottes Fragen nicht beantworten und wurdest bestraft. Es tut mir leid”, flüsterte Michael leise und Bager beschloss ihn zu erlösen. Sie wurde wieder fester in ihren Bewegungen und genoss Michaels Höhepunkt, löste sich langsam von ihm und liess die Illusion schwinden. Vorsichtig beugte sie sich über ihn und strich ihm leicht über die Wange. “Ich hoffe, es war wie du es dir erträumt hast.” Michael atmete schwer und schnappte nach Luft. Er sah Bager ein wenig verwirrt an und ihm wurde erst jetzt klar, was er zugelassen hatte. Während ihm diese kleine Tatsache klar wurde, sorgte Bager dafür, dass er sich nicht an ihr Gespräch erinnern konnte. Zumindest an das während ihres Aktes. Was Michael nicht wusste, bereitete ihm keine unnötigen Probleme. “Ich muss leider wieder los, ehe Gadles oder Luzifer auftaucht. Halte durch, mein Versprechen gilt nach wie vor.” Sie verabschiedete sich mit einem Schmunzeln und überliess Michael sich selbst. Natürlich hatte sie vorher noch alle Spuren beseitigt. Mekane bekam Bagers Worte nicht mehr aus dem Kopf. Sie würde sich ihm endlich hingeben, sollte er nützliche Informationen bekommen. Er wäre ja wirklich dumm, wenn er diese Chance nun nicht nutzen würde. Er lief ohne Umwege direkt auf die Zelle der Engel zu, betrat diese und hatte im ersten Moment keine ahnung wer Uriel eigentlich war. “Können wir dir weiterhelfen?”, wollte Chamuel nach einem Moment der Stille wissen und lediglich ein Brummen war die Antwort. “Du bestimmt nicht.” Er blickte in die Runde und versuchte abzuleiten. Seine Wahl fiel dann tatsächlich auf Uriel und er nahm diesen einfach mit. In einer separaten Zelle angekommen, warf er ihn grob in diese und schloss die Tür hinter sich. Dass sie die Engel eigentlich mit Samthandschuhen anfassen sollten, war in diesem Moment auch komplett vergessen. “Mir ist zu Ohren gekommen, dass du mehr weisst, als alle anderen. Tun wir uns beide einen Gefallen und beenden diese Unterhaltung schnellst möglich. Du sagst mir, was du weisst und ich kann zu meiner Frau. Deal?” Mekane verschränkte die Arme vor seiner Brust und durchbohrte Uriel quasi mit seinem Blick. “Ich weiss nichts”, kam es nach einer Weile von Uriel und ein Schnauben entkam seiner Kehle. “Lügner. Wir alle wissen, dass du mehr weisst, also spiel keine Spielchen, es wäre sogar für dich sehr viel besser, wenn du es mir einfach sagst.” Mekane kam noch einen Schritt näher und zog Uriel wieder grob auf die Beine, drückte ihn dann hart gegen die Wand. “Rede, du Stück Dreck. Ich bin mir nicht zu Schade meine Hände schmutzig zu machen. Also spuck die Wahrheit schon aus.” Er spuckte ihm in den Nacken und drückte ihn noch härter gegen die Steinmauern. “Ich weiss wirklich nichts was von Belang ist. Alles was ich weiss, wissen deine Freunde bereits. Michael ist derjenige, der euch helfen kann, aber nicht tun wird, also lass mich in Ruhe.” Uriel hatte eindeutige Schmerzen, auf so einen Angriff war er nicht vorbereitet und er hatte Mekanes Kraft eindeutig unterschätzt. “Ach, die anderen wissen Bescheid? Ich aber nicht? Wieso? Sind sie es mehr wert? Du Stück Dreck wirst mir genau dasselbe erzählen wie sie bereits wissen, JETZT!” Fuhr er ihn noch ein wenig harscher an und trat ihm gegen die Wade, was Uriel leise aufkeuchen liess vor Schmerz. Mekane war der Neid, er sollte ihn nicht provozieren, wie ihm augenblicklich klar wurde. “Ich, weiss es nicht, ich bin nicht dabei, wenn ihr über eure Sachen redet. Ich sitze in einem kalten Kerker, also bitte, ich weiss nichts”, begann er beinahe zu flehen und zuckte bei einem weiteren Schlag hart zusammen. Diese Sünde würde ihn töten, wenn er ihm keine Infos gab, aber er hatte Michael versprochen niemals etwas zu sagen, egal zu wem. Für einen Moment hoffte er, Raphael würde seine Schutzmauern wieder hochfahren und hasste sich zeitgleich dafür, dass er sich dies wünschte. “Wird es bald? Ich habe nicht ewig Geduld und du solltest mich wirklich nicht reizen, du elendes Geschöpf.” Ein weiterer harter Schlag folgte und Uriel biss sich auf die Zunge. Er würde stark bleiben und kein Wort sagen. Er würde keinen Freund verraten, niemals. “Dann muss ich wohl anderes Saiten aufziehen”, drohte er ihm erneut und wollte einmal mehr zuschlagen, als seine Hand jedoch festgehalten wurde. “Das solltest du lieber nicht tun!” Kapitel 22: Aufgedeckte Halbwahrheiten -------------------------------------- Luzifer hatte sich auf den Weg zu den Engeln gemacht, nachdem Mekane bei ihnen gewesen war. Natürlich fiel ihm auf, dass Uriel fehlte, ging er allerdings davon aus, dass die ein oder andere Sünde ihren Job endlich tat und Fragen stellte. Er ahnte ja nicht, dass es die falsche war und nicht wirklich gefragt wurde. “Ich brauche Antworten”, stellte er fest und löste Haniels Fesseln um sie mitzunehmen. Luzifer war zwar nicht von Michaels oder Raphaels Statur, aber er hatte durchaus Kraft und sie folgte ihm, was anderes blieb ihr sowieso nicht übrig. In einer separaten Zelle angekommen, schloss Luzifer die Zellentür und setzte sich hin. Er wirkte erschöpft und irgendwie bekam Haniel ein wenig Mitleid mit ihm. “Was quält dich, Luzifer?”, wollte sie sanft wissen und setzte sich neben ihren ehemaligen Freund. Beinahe hätte sie ihre Hand auf sein Knie gelegt, überlegte es sich dann doch anders. “Unwissenheit”, beantwortete er ihr die Frage ehrlich und sein Blick lag abwiegend auf ihr. Haniel war eine sanfte und so liebenswürdige Person, selbst jetzt sorgte sie sich um ihn und doch war sie in der Rangordnung nur eine Randnotiz. “Ich kam mit meinem Gefolge hier her, weil ich den Himmel erobern wollte. Ich wollte Gott stürzen und ihn brennen sehen. Alles zerstören, was euch ausmacht. Jetzt wo ich hier bin, ist dies alles wie weggeblasen. Der Himmel vernebelt meine Gedanken und immer wieder tauchen Erinnerungsfetzen auf, die ich nicht zuordnen kann. Versteh mich nicht falsch, ich will Gott immer noch brennen sehen und ich werde mich an jedem rächen, der für meinen Zustand verantwortlich ist.” Haniel nickte verstehend, wobei sie nicht wirklich etwas verstand. Sie konnte Luzifers Gefühle nachvollziehen, seinen Hass spüren und sie fühlte, dass dieser nicht unberechtigt war. Er wusste nur nicht wohin projizieren. “Deine Erinnerungen hindern dich an deinem Vorhaben?”, wollte sie nach einem kurzen Moment der Stille wissen. “Was wenn ich die Falschen bestrafe? Ich war bisher überzeugt, es würde reichen Gott und Michael zur Rechenschaft zu ziehen, aber nun scheint noch Uriel involviert zu sein.” “Du hast Angst”, stellte Haniel vorsichtig fest und suchte nun Luzifers Blick. “Du hast Angst, dass auch andere, die du damals leiden konntest, involviert sein könnten. Allen voran dein bester Freund.” Luzifer wandte seinen Blick augenblicklich ab. Er hasste es, durchschaubar zu sein und er hatte keine Lust, sein Innerstes vor Haniel auszubreiten. Wohlwissend, dass sie ihm seine Gefühle so oder so ansehen konnte. “Ich glaube nicht, dass er mein bester Freund war. Meine Erinnerungen sind noch verschwommen, aber … Da war was anderes und ich glaube du kannst mir dabei helfen.” Haniel seufzte, sie hatte geahnt, dass diese Bitte kommen würde, wobei es aktuell nur eine Vermutung war. “Zwischen euch war nicht nur Freundschaft, was es genau war, kann ich dir nicht sagen. Ich habe meine Kräfte nie auf euch angewandt, wie du weisst, ist uns dies verboten. Eure Zweisamkeit stiess bei deinem Bruder allerdings auf wenig Gegenliebe. Da brauchte ich meine Kräfte nicht, um zu bemerken, was vor sich ging.” Luzifer ballte seine Hände zu Fäusten und am liebsten hätte er die Zelle auseinander genommen. Mit Michael traf es bestimmt niemand falschen, da war er sich nach und nach immer mehr sicher. “Und Uriel? Was war mit Uriel? Ich weiss, er hat Michael geholfen, wieso?” Haniel lächelte und legte ihre Hände nun doch auf die von Luzifer. “Nicht aus diesem Grund. Er hatte und hat keine Gefühle für Michael. Nachdem dies Thema in unserer Zelle wurde, hab ich es überprüft, Gott möge es mir verzeihen, aber Uriel hegte nie tiefere Gefühle für Michael. Wieso er ihm geholfen hat, kann ich dir nicht sagen, genauso wenig wie, bei was er ihm geholfen hat.” Luzifer nickte. Er bekam bei weitem nicht so viele Informationen wie er gehofft hatte, aber eine wichtige Information war dabei und zwar, dass Inersha ihm eiskalt ins Gesicht gelogen hatte. “Dann werde ich wohl ein Wörtchen mit Uriel sprechen müssen. Metatron hat schon angedeutet, dass er Michael eher aus dem Weg ging, also hat er ihn auch in der Hand mit irgendetwas. Ich werde dafür sorgen, dass Michael aus dem Himmel geworfen wird, sofern ich ihn nicht töte.” Haniel zuckte bei den Worten leicht zusammen. Der Hass auf Michael, welcher von Luzifer ausging, war für sie beinahe greifbar und stimmte sie traurig. “Ich hoffe du findest deine Antworten, ohne Gewalt”, kommentierte sie seine Worte und rechnete eigentlich damit, dass Luzifer nun ausrasten würde. Tat er allerdings nicht. “Du hältst dich einfach raus, dann passiert dir auch nichts. Jeder, der nicht involviert ist, hat sich rauszuhalten. Schaffst du es, das den anderen Engeln klar zu machen?”, wollte er harsch wissen und Haniel nickte. Luzifer zog sie wieder hoch und verliess ihre Zelle und brachte sie zu den anderen zurück. Ohne dass Luzifer etwas sagte, setzte sie sich wieder hin. Dieser liess kurz seinen Blick durch die Zelle schweifen und schien zu überlegen, verliess die Zelle dann allerdings wieder, ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Bager schritt zufrieden durch die Gänge des Palastes. Sie hatte sich eben ein wundervolles Bad genommen und kurzzeitig überlegt, zu Ende zu bringen was Michael nicht geschafft hatte, entschloss sich dann dagegen. Tsorn würde dafür sorgen, ob er wollte oder nicht. Frisch gebadet und frei von jeglicher Spur ging sie zu ihrer bevorzugten Todsünde und klopfte beinahe fröhlich gegen dessen Tür. Sie hatte Infos, die er wollte, ihre Chancen standen gut. Sehr gut sogar. Tsorn öffnete ihr die Tür und verdrehte kurz die Augen. Mit Bager hatte er tatsächlich nicht gerechnet und doch liess er sie in sein Zimmer. “Was willst du schon wieder hier?”, wollte er ein wenig genervt wissen und trat zu dem kleinen Schreibtisch in dem Raum und rollte offensichtlich ein Pergament zusammen, welches nicht für ihre Augen bestimmt war. “Nun, ich habe Informationen die du bestimmt haben willst, ich kann damit natürlich auch direkt zu Luzifer gehen”, beantwortete sie ihm die Frage und schloss die Tür. Sie würde immerhin nicht gestört werden wollen. “Du kannst direkt wieder aufschliessen”, forderte Tsorn sie auf und erhielt lediglich ein Kopfschütteln zur Antwort. “Nein, ich habe Informationen, die du willst und brauchst, die sehr wertvoll sind und Michael das Genick brechen werden. Ich weiss, was Uriel im Auftrag von Michael getan hat, aber diese Information kostet dich etwas, Tsorn.” Dieser verdrehte kurz die Augen und doch war er neugierig. “Und was?”, wollte er gereizt wissen und Bager trat noch einen Schritt näher auf ihn zu. Sie genoss es, ihn endlich in der Hand zu haben und wollte dieses Gefühl ein wenig auskosten, zumindest solange Tsorn es zuliess. Langsam strich sie ihm mit einem Finger über die Brust und beugte sich ein klein wenig vor. “Du weisst, was ich von dir will, Tsorn”, schnurrte sie ihm ins Ohr. “Sprich es aus, du bist die Wolllust, also sprich es aus”, forderte er sie auf und ein leises Kichern erklang von Bager. “Du willst es vulgär? In dir steckt also doch ein Dämon mit niederen Gelüsten, hm?”, hakte sie amüsiert nach und leckte ihm leicht übers Ohr, während sie mit ihrer Hand tiefer wanderte und sein bestes Stück fest in ihren Griff nahm. “Ich gebe dir jegliche Information, die ich habe, nachdem du mich in die Hölle gefickt hast, Tsorn. Ich will endlich deinen prallen Schwanz in meiner feuchten Möse, also lass das Tier in dir raus”, flüsterte sie ihm erneut rau ins Ohr und packte erneut ein wenig fester zu. Tsorn schien für sich einen Moment abzuwägen, ob es sich lohnte, aber er war sich genauso sicher, dass Bager sich niemals soweit aus dem Fenster lehnen würde, hätte sie nicht wirklich Informationen, die er wollte. Er packte sie dann an der Hüfte und hob sie auf den Schreibtisch. Sie wollte wie ein wildes Tier genommen werden, dann würde sie genau das bekommen. Zumal ihm eh nicht der Sinn nach Romantik stand bei dieser Frau. Im Gegenteil. Hätte sie keine Informationen, wäre er sogar dazu bereit, sie einfach zu erwürgen, damit er sie aus dem Blickfeld hatte. Allerdings würde er sich was diesen Punkt anging beherrschen. Immerhin war sie nützlich und solange sie auf ihn scharf war, sogar leicht zu manipulieren. Auch wenn ihm klar war, dass Mekane dann ein Problem würde. “Halte dich nicht zurück, ich brauche dich”, flüsterte sie leise und schlang ihre Beine um Tsorns Hüfte und presste ihn somit nahe an sich heran. Dabei nestelte sie schon an Tsorns Hose herum und zog sie ihm soweit runter wie es eben nötig war. Ihre Geduld war wirklich am Ende und um ihm dies noch zu beweisen, nahm sie seine Hand und führte sie zwischen ihre Beine. Sie hatte nichts unter ihrem Kleid und sie war mehr als bereit für ihn. “Notgeiles Miststück”, knurrte Tsorn leise und zog seine Hand zurück. Mit einem leichten Grinsen leckte er ihren Saft ab und kurz überlegte er, sie doch ein wenig zu quälen. Andererseits erregte ihn der Gedanke daran, dass sie wegen ihm, ohne das er überhaupt was getan hatte, so feucht war. Seine Gedanken wurden allerdings unterbrochen, als Bager anfing, sein bestes Stück zu massieren. Ein kehliges Stöhnen verliess seinen Mund und vorbei war es mit seiner Selbstbeherrschung und dem Plan sie ein wenig zu quälen. Er umschloss ihr Handgelenk mit seiner Hand und löste sie von seinem Schwanz, sah ihr dabei in die Augen und grinste leicht. “Nun gut, wehe, die Informationen sind es nicht wert”, drohte er ihr gefährlich, zog sie im selben Moment nahe an sich heran und drang mit einem festen Stoss in sie ein. Tsorn war sich sicher, das ihr Stöhnen durch den gesamten Palast hallte, aber es war ihm egal. Immer wieder drang er fest in sie ein und beobachtete sie dabei. Bager krallte sich in Tsorns Schultern und verdrehte immer wieder lustvoll die Augen, genau das war es was sie gewollt hatte. Sie konnte sich nicht zurückhalten und wollte es auch gar nicht, liess ihrer Lust freien Lauf und es war ihr egal, wie sie sich vor Tsorn in diesem Moment zeigte. Wie ausgehungert sie wirkte und wie sehr sie ihn gerade brauchte. Durch Michael zuvor, war sie schon gereizt, daher dauerte es nicht lange, bis sie ihren ersten Höhepunkt erreichte, kurz darauf einen zweiten. Niemals, hatte sie damit gerechnet, mehrere zu bekommen und doch genoss sie ihren letzten in vollen Zügen, als sie Tsorns Saft in sich spürte und sein kehliges Stöhnen an ihr Ohr drang. Sie hatte ihn praktisch ausgeblendet, in ihrer Lust existierte wirklich nur die Lust, die Extase die sie gefühlt hatte. Erst jetzt kam sie langsam wieder in die Realität zurück und beobachtete den Mann vor sich, wie er sich wieder anzog. “Gut, du kamst auf deine Kosten, jetzt will ich meine Belohnung”, kam es kühl von Tsorn und ein leichtes Grinsen schlich sich auf Bagers Lippen. “Tu nicht so, dir hat es gefallen mich zu ficken, aber gut.” Sie stieg vom Schreibtisch runter und richtete ihre Klamotten so gut es ging. Selbst wenn Tsorn keinen Spass hatte, es war ihr tatsächlich egal, nur würde er jetzt erst recht nicht mehr vom Haken gelassen. “Ich warte”, forderte Tsorn brummig auf und fixierte sie mit seinem Blick. Er wurde ungeduldig. Eine Tatsache, die sie schon fast wieder dazu brachte ihn erneut zu wollen. Allerdings wollte sie seine Geduld nicht ausreizen. Tsorn war die personifizierte Wut, ihn zu reizen bis er explodierte könnte ihrer Gesundheit erheblich schaden. In Rage, wäre es ihm vermutlich egal, ob sie etwas wusste oder nicht. “Na gut, ich war bei Michael und Gadles hatte offenbar ein wenig Mitleid mit ihm, er hängt nicht mehr wie ein Stück Fleisch in der Zelle rum, sondern darf sich auf der Pritsche bequem rumlümmeln, was mir natürlich einen unfassbaren Vorteil erschaffen hat.” “Was hast du getan?”, knurrte Tsorn die Frage förmlich. “Nun, ich habe ihm mein Blut gegeben, du erinnerst dich. Er ist anfällig auf meine Magie, meine Illusionen und genau die hab ich ihm gegeben. Ich habe ihm vorgegaukelt Raphael zu sein, ihm die Möglichkeit geboten zu bekommen was er will, wenn er mir hilft”, führte sie ihre Erzählung weiter und Tsorn verzog beinahe angeekelt das Gesicht. “Du bist dir wohl wirklich zu nichts zu Schade, solange du gevögelt wirst, oder?”, wollte er abfällig wissen, was Bager einfach überhörte. “Nun, in Anbetracht, dass ich dich für meine Befriedigung brauchte, kannst du dir ja vorstellen, wie gut es mit ihm war, aber dies ist nun nicht das Thema, sondern, dass er darauf eingegangen ist. Ich hab ihn geritten, ihm vorgemacht, er würde tief und fest in seinen geliebten Raphael stossen und habe ihn dabei ausgefragt. Dabei hat er mir verraten, dass Uriel ihm geholfen hat, Raphaels Gedächtnis zu manipulieren, dass er ihm erzählt hat, dass dieser in Gefahr sei und es wichtig wäre, dass er sich an nichts erinnert. Uriel hat es ihm geglaubt, hat sich manipulieren lassen, aber nicht, weil er in Michael verliebt war, sondern aus reiner Sorge.” Tsorn hatte damit angefangen im Raum herumzutigern, sog allerdings jedes einzelne Wort von Bager in sich auf. Diese Informationen waren tatsächlich nützlich. “Also hat Uriel letzten Endes auch keine Ahnung was vor sich ging und ist nur eine Marionette von Michael. Jeder einzelne Faden, führt zu Michael und Gott will von all dem nichts bemerkt haben?” Er konnte es nicht glauben. So blind konnte nicht einmal Gott sein und er würde ein Gespräch mit Raziel suchen. Wenn einer ihm diese Frage beantworten konnte, dann dieser Erzengel und da er sich bisher gut mit ihm unterhalten hatte, war er sich sogar sicher, dass dieser ihm Antworten geben würde. Unabhängig davon, ob es die waren, die er hören wollte. Wobei, jede Info brachte ihn weiter, egal ob positiv oder negativ. “An was denkst du?”, wollte Bager wissen und zog Tsorns Aufmerksamkeit wieder auf sich. “Wieso hast du ihn nicht gefragt was er angestellt hat?”, wollte er dann wissen und Bager lächelte leicht. “Nun, trotz aller Qualen ist Michael stark. Er trotz Gadles, der Todsünde, die er selbst inne hat, ich kratze bei ihm lediglich an der Oberfläche, sobald ich tiefer gehe, wird er meine Illusionen bemerken und sich komplett verschliessen. Er hätte es durchschaut, wenn ich ihn nach Raphaels Geschichte gefragt hätte.” “Wie kommst du darauf?” “Die Frage ist selten dämlich Tsorn. Raphael ist die Bescheidenheit in Person, alles, was er tut ist für andere, niemals würde er nach sich selbst fragen, sich nach sich selbst erkundigen, wie wir selbst schon rausgefunden haben. Er würde sich sogar eher für seine Freunde opfern, als dass es ihm gut gehen würde. Was denkst du, wie schnell mich Michael durchschaut hätte. In zwei oder drei Sekunden?”, wollte sie mit einem überheblichen Tonfall wissen und das Knurren reichte ihr vollkommen als Antwort. “Das bedeutet, du wirst diese Aktion nicht noch einmal durchführen, richtig?”, hakte Tsorn dann nach. “Ich bin doch nicht komplett bescheuert. Sollte ich so etwas noch einmal tun, dann erst in vielen Tagen, wenn nicht Wochen. Du vergisst, diese Engel, sind die obersten Geschöpfe Gottes. Selbst wenn wir sie verachten und als niedere Lebewesen ansehen, sind sie uns mental vermutlich um vieles überlegen. Wir verarschen uns gegenseitig, um unsere Ärsche zu retten und die? Sie sterben lieber, ehe sie einen ihrer Gefolgsleute verraten. Nein, ihre Stärke ist mit uns nicht zu vergleichen und Michael strahlt eine Aura aus, die schwer zu definieren ist. Eine ähnliche, noch stärkere Aura habe ich nur bei Raphael gespürt und ich erahne, das Luzifer als Engel auch eine solche umgab. Ich werde also nicht in meinen Tod rennen, nur weil du noch eine Info mehr haben willst, da muss ich leider passen und ich bin auch der Meinung, wir sind jetzt quitt.” “Bist du mit deinem Monolog fertig? Dann kannst du jetzt nämlich gehen.” Tsorn hatte offensichtlich genug von ihr und wollte sie los werden. “Weisst du Tsorn, ich bewundere dich, wirklich, du bist einer der Dämonen, die ebenfalls eine solche Aura ausstrahlen, sie macht dich besonders, aber du solltest an deiner Kritikfähigkeit üben, die ist nämlich absolut nicht vorhanden.” “Ich hab gesagt, du darfst gehen oder soll ich mich vergessen und dich mit einem Tritt in den Arsch aus meinem Zimmer befördern?” Bager lachte leise auf und verabschiedete sich. Ihr Entschluss stand eindeutig fest. Den Kerl würde sie mit niemandem teilen, egal welche Laune er an den Tag legte. Mit dem Gedanken machte sie sich auf den Weg zurück in ihr Zimmer. Ihr Tag war gut verlaufen, anders konnte sie die Ereignisse nicht zusammen fassen und sie war sich ziemlich sicher, Tsorn an der Angel zu haben. Er hatte einmal nachgegeben und er würde es wieder tun, egal was dieser sagte. Kapitel 23: Wer nicht hören will... ----------------------------------- Mekane versuchte seine Hand los zu reissen, musste aber feststellen, dass Grid stärker war als er und somit gab er seinen Widerstand vorerst auf. “Deine eigene Dummheit lässt sich vermutlich schwer überbieten”, stellte Grid fest und liess Mekane dann los. Dieser nutzte die Chance und gab Uriel die Ohrfeige, die er ihm eben schon geben wollte und bekam in der gleichen Sekunde einen Nackenschlag, welcher ihn zusammensacken liess. “Was soll das? Du dummer Arsch, das tut weh?” “Richtig so”, kommentierte Grid nur kühl und trat auf Uriel zu. “Was hat er angestellt?”, wollte er von dem Erzengel wissen und sah aus dem Augenwinkel, wie Mekane sich langsam erhob. “Würde ich nicht tun, Mekane. Ich bin zufällig hier und warne dich jetzt genau einmal. Du missachtest gerade Luzifers Befehle und er hat ganz schlechte Laune. Solltest du Uriel oder mir auch nur ein weiteres Haar krümmen, sorge ich für deine Todesstrafe und plädiere dafür, dass Uriel sie ausführen darf.” Mekane zuckte bei den Worten zusammen. “Todesstrafe? Du bluffst, er würde keinen von seinen eigenen Sünden umbringen. Wir haben Narrenfreiheit und wenn ich ihm ein Bein absägen will, dann tu ich das”, bluffte er Grid an, welcher lediglich mit den Schultern zuckte. “Es liegt an dir, ob du meine Warnung ernst nimmst oder nicht, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass du schlau genug bist und weisst, dass ich recht habe”, stellte Grid dann fest und löste Uriels Fesseln soweit, dass er sich zumindest kurz bewegen konnte. “Du hast mir meine Frage noch nicht beantwortet”, wandte er sich dann diesem wieder zu und spürte, wie verwundert dieser gerade war. “Nur weil Raphael euch nicht mehr schützt, bedeutet es nicht, dass Luzifer den Befehl aufgehoben hat. Lediglich Michael ist Freiwild für Gadles und selbst dieser hält sich zurück, muss wohl am Himmel liegen. Er scheint Einfluss zu haben, was mich wieder zu dir bringt, Mekane.” Angesprochener zuckte augenblicklich zusammen. “Kann hier eigentlich jeder riechen, dass ich in der Hölle war?”, fragte er leise knurrend nach. “Nein, aber du bist offenbar wirklich einer der dämlichen Sorte, die sich liebend gerne verplappern, sobald sie ein wenig Druck verspüren. Gut für mich, sehr schlecht für dich.” Mekane knurrte erneut leise auf. Er hasste sie alle. “Und? Gehst du petzen?”, wollte er dann wissen und wirkte gar nicht mehr so selbstbewusst wie zuvor. “Nein, nicht mein Stil, aber du solltest den Engel schnellst möglich zurück zu den anderen bringen, ehe Luzifer dessen Fehlen bemerkt und … Ich hoffe du wirst ihm erklären können, woher seine Verletzungen stammen, ansonsten sieht es so oder so sehr übel für dich aus und …” Grid machte eine kurze Pause, ehe er noch ein wenig selbstzufriedener grinste. “Ach, vergiss es. Ich überlasse es dir, dies herauszufinden, sofern du mit deinen begrenzten Hirnzellen überhaupt dazu fähig bist. Viel Spass beim Überleben.” Grid schubste Uriel in Mekanes Richtung und verliess die Zelle augenblicklich. Es war ein Wunder, dass die Hölle funktionierte, bei soviel Inkompetenz, wäre er selbst schon längst ausgerastet. Vermutlich hatte Luzifer noch sehr viel mehr Engel in sich, als dieser selbst glaubte. Dieses Mal beschloss er auch nicht zu Tsorn zu gehen, sondern wirklich direkt Luzifer zu informieren. Mekane war ein Fehler im System. Ein noch grösserer als Gadles es war und er gehörte direkt aus diesem entfernt. Mekane hingegen seufzte tief auf und musste sich wirklich beherrschen Uriel nicht noch eine mitzugeben. Er hasste diese Engel. Sie brachten ihr Leben vollkommen aus dem Gleichgewicht und nur aus falscher Sentimentalität beschützte Luzifer sie auch noch. “Na dann, befolgen wir mal den Befehl des neuen Oberkommandanten Grid”, knurrte er leise und zerrte Uriel eher unsanft mit sich mit. Es dauerte nicht lange, waren sie an der Gemeinschaftszelle angekommen und er schubste ihn ziemlich unsanft in diese hinein. Es wunderte ihn tatsächlich kurz, dass absolut keine Wache davor sass und aufpasste, aber offensichtlich glaubte niemand, dass die Engel sich noch gross unterhalten würden. Er konnte es ihnen nicht verdenken. Haniel hatte angefangen von ihren Erlebnissen mit Luzifer zu erzählen. Die Engel sassen neugierig vor ihr, soweit sie denn konnten und versuchten aus dem Verhalten ihres ehemaligen Freundes schlau zu werden. “Was mir ein wenig Sorge bereitet, ist die Tatsache, dass er immer mehr an Uriels Mitwirken interessiert ist. Er hat die Fährte aufgenommen und wird vermutlich nicht mehr von ihm ablassen, ehe er die Informationen erhalten hat, die er so dringend braucht.” Genau in diesem Moment kam Uriel wieder in die Zelle und es wurde augenblicklich still, was wohl eher an Mekane lag, als an Uriel selbst. Dieser verzog sich auch relativ schnell wieder und Haniel seufzte leise. “Ich hoffe so sehr, dass du damals wusstest was du tatest. Luzifer wird dich töten, solltest du dich bewusst gegen ihn gewandt haben, dies ist dir hoffentlich klar, oder?”, fragte sie mit deutlicher Sorge in der Stimme nach und beobachtete Uriels Reaktion genau. Vielleicht war es endlich an der Zeit die Wahrheit zu sagen, zumindest seinen Freunden. “Ich weiss nicht genau was damals alles passiert ist, wirklich nicht. Michael kam eines Tages zu mir und war völlig aufgewühlt. Er hatte in Rätseln gesprochen und schien nicht bei sich selbst zu sein. Er wollte seinen Bruder los werden, weil er sich an Raphael vergangen haben soll und er wollte meine Hilfe, um eben diesen zu schützen. Natürlich habe ich ihm geholfen. Er ist auch mein Freund und er sollte doch nicht unter Erinnerungen leiden, die ihm geschadet hätten. Ich konnte ja nicht erahnen, dass genau diese Tatsache, dass er sich an nichts erinnert, ihm eine solche Strafe durch Gott eingebracht hatte.” Uriel war kaum fertig mit seiner Erzählung, schlug Chamuel gegen die Wand. Er konnte gerade nicht glauben, was er aus dem Mund Uriels vernommen hatte. “Du hast ohne seine Erlaubnis in seinen Gedanken rumgepfuscht? Bete zu deinem Chef, dass Raphael gütig ist und dir das verzeiht. Wie konntest du Michael einfach blind vertrauen?”, wollte er zornig wissen und selbst Haniel konnte ihn nicht beruhigen, in dem sie eine Hand auf seine Schulter legte. “Er war so ausser sich, ich dachte es wäre ein Notfall”, verteidigte sich Uriel leise. “Ein Notfall? Gerade du solltest es doch besser wissen. Es gibt immer zwei Seiten einer Medaille, in diesem Fall gab es sogar drei!”, mischte sich nun auch Gabriel ein, dessen Enttäuschung man deutlich hören konnte. “Michael hat nie ein gutes Haar an Luzifer gelassen, wenn es um Raphael ging. Du hättest ihn, sie fragen sollen. Wir kennen die genauen Umstände nach wie vor nicht und die wird aktuell nur Michael kennen. Wobei ich mir ziemlich sicher bin, dass Luzifer nach und nach an seine Erinnerungen aus dem Himmel zurückkommt und es könnte für jeden tödlich enden, der da involviert war.” Haniel seufzte bei ihren Worten. Zwischenzeitlich glaubte sie, dass im Himmel mehr Intrigen stattfanden, als in der Hölle selbst. “Wieso hast du es nie aufgeklärt? Wenn Raphael dein Freund ist, wieso hast du zugelassen, dass er bestraft wird? Wieso hat Michael es zugelassen?”, stellte Raziel die berechtigte Frage und ein weiteres Seufzen erklang im Raum. “Weil ich Angst vor der eigenen Bestrafung hatte. Ich habe Dinge getan, die mir verboten waren und Michael wusste um mein schlechtes Gewissen. Er hat mich jeden Tag daran erinnert, dass es für mich nicht gut ausgehen würde, wenn ich mit der Wahrheit rausrücke. Da habe ich angefangen ihn zu meiden. Und wieso er nichts gesagt hat, ich weiss es nicht.” Uriel klang ehrlich in seinen Worten und die anderen glaubten ihm. “Haniel, du sagtest vorhin, dass du dich niemals eingemischt hast, aber Michaels Gefühle waren offensichtlich, für jedermann. Bist du dir sicher?”, wollte Chamuel nachdenklich wissen. “Ja, wieso fragst du?”, hakte sie ihrerseits nach. “Wenn er wirklich geliebt hat und es noch tut, hätte er niemals gewollt, dass er leidet und Raphael leidet seit tausenden von Jahren. Von Liebe kann keine Spur sein, selbst wenn sie unerwidert ist und bleiben wird. Michaels Problem liegt in seiner Persönlichkeit.” Die Augen waren auf Chamuel gerichtet. Sie waren neugierig und Haniel verstand was dieser sagen wollte. “Er stand nicht im Mittelpunkt, bei den Personen die ihm am Wichtigsten waren und hat es für sich selbst mit Liebe und Hass begründet und da er dies selbst glaubte, auch so ausgestrahlt”, stellte sie dann fest und bekam ein Nicken seitens Chamuel. “Genau das vermute ich, aber … diese Vermutung kann uns nur Michael selbst beantworten.” Die anderen Engel nickten ebenfalls. Ihr Problem war nur, sie kamen nicht an Michael heran und Luzifer würde wortwörtlich den Teufel tun und ihnen was dies angeht helfen. “Wir brauchen einen Plan, vielleicht helfen uns die Generäle Luzifers. Die einen scheinen ja selbst Antworten zu suchen und hilfsbereit zu sein. Fragen kostet nichts”, warf Gabriel ein und erhielt tatsächlich Zustimmung. “Und welchen? Wir wurden alle einem zugeteilt, aber ich vertraue keinem von ihnen”, sprach Chamuel das Offensichtliche aus. “Ich werde mit Tsorn sprechen, sollte er uns wieder besuchen. Er schien mir immer interessiert am Vorgehen und vielleicht bekomme ich ihn dazu uns zu helfen.” Raziel schloss bei seinen Worten kurz die Augen. Er war sich nicht sicher, ob dies wirklich eine gute Idee war, aber es war besser als keine. “Grid könnte auch hilfreich sein, er hat mich eben quasi gerettet vor diesem anderen General”, warf Uriel leise und kaum hörbar ein. “Gut, zwei von sieben, ist nicht gerade eine sehr hohe Zahl an eventuellen Vertrauten”, stellte Gabriel ernüchtert fest. Luzifer hatte sich nach seinem Gespräch auf die Suche nach Inersha und Glatani gemacht. Er hatte die Schnauze wirklich voll und er hatte auch keine Lust mehr, dass ihm jeder auf der Nase herumtanzte. Nun würde es Konsequenzen hageln und die würden nicht gut ausgehen, zumindest nicht für einen von beiden. Es dauerte eine ganze Weile, bis er die Hohlköpfe fand. In einem der Bäder. Sie liessen es sich gut gehen, während andere schufteten und ihrer Arbeit nachgingen. “Und wer hat euch erlaubt hier eine Pause einzulegen?”, wollte er kühl wissen und musterte erst Glatani, welcher einmal mehr mit einer Karaffe Wein und einem Schälchen Oliven im angenehmen Wasser sass, ehe sein Blick zu Inersha wanderte, der offensichtlich bis zu seinem Eintreffen geschlafen hatte. “Wir hatten keine Befehle, also dachten wir uns, geniessen wir den Tag, die Arbeit holt uns bestimmt wieder ein”, beantwortete Glatani die Frage und bereute diese sofort. Luzifer war eindeutig nicht zum Scherzen aufgelegt und der Blick mit welchem er Inersha durchbohrte, sprach Bände. “In zwei Minuten seid ihr hier raus, angezogen und in meinem Gemach, verstanden?!” Sie nickten synchron und blickten Luzifer hinterher. “Wir sollten uns besser auf den Weg machen”, stellte Glatani überflüssigerweise fest und erhob sich aus dem Wasser. Ganz im Gegenteil zu Inersha, welcher sitzen blieb und eine Olive aus der Schale stibitze. “Keine Eile, der beruhigt sich wieder”, versuchte er Glatani zu beruhigen, was natürlich nicht klappte und dieser ebenfalls davon rauschte. Glatani zog sich im laufen an und war exakt nach zwei Minuten in Luzifers Zimmer. Zwar keuchte er schwer, da er gerannt war und Sport nun wirklich nicht zu seinen liebsten Hobbys gehörte, aber er hatte den Befehl befolgt, dies zählte, mehr nicht. “Wo ist Inersha?!”, donnerte Luzifer direkt los und Glatani überlegte schon hinter einer der Säulen in Deckung zu gehen. “Er war der Meinung sich nicht beeilen zu müssen, weil du dich schon wieder abreagieren wirst. Ich war anderer Meinung”, beantwortete Glatani ihm die Frage und setzte sein Vorhaben in die Tat um. “Gut, du kannst auf Befehle hören, hat dir soeben dein Leben gerettet, Glückwunsch, aber ich warne dich. Noch eine Verfehlung und ich kenne keine Gnade mehr”, knurrte Luzifer bedrohlich und Glatani wusste in dem Moment nicht, ob er wirklich Glück gehabt hatte oder sein Ende einfach nur ein wenig hinausgezögert wurde. “Verschwinde”, forderte Luzifer ihn kalt auf und nichts lieber als das tat Glatani dann auch. Es wäre wohl gerade wirklich am besten, so weit weg wie möglich von ihm zu sein. Luzifer tigerte in seinem Gemach auf und ab. Es verging Minute um Minute und kein Inersha tauchte auf. Seine Geduld war längst überstrapaziert und mittlerweile war er soweit, dass er ihn nicht mal mehr aussprechen lassen würde, sollte er noch auftauchen. Weitere endlose Minuten vergingen, ehe sich die Tür öffnete und Inersha vergnügt sein Zimmer betrat. “Ich weiss, dass in deiner Welt, zwei Minuten eine komplett andere Bedeutung haben als in meiner, aber da ich dir den Befehl gegeben habe, hätte meine Zeitangabe gegolten”, merkte Luzifer sarkastisch an und Inersha lachte leise auf. Er hatte den ernst der Lage tatsächlich noch nicht erkannt. “Glatani ist doch auch nicht hier, also bin ich wohl pünktlich”, stellte er das für ihn offensichtliche fest und befand sich im nächsten Moment an einer Wand wieder. “Aua, was soll das denn jetzt?”, fragte er pampig nach und schaute zu Luzifer hoch, welcher sich vor ihm aufgebaut hatte. “Dein mangelnder Respekt ist unfassbar”, stellte dieser kühl fest und ging langsam in die Hocke. Er wollte mit Inersha auf Augenhöhe sein, wenn er sich ihm entledigte. “Ich hatte dich gefragt, ob du dir sicher bist und du hast mir in die Augen gesehen und es mir bestätigt. Du hast sogar Glatani dumm angemacht, dir deinen Erfolg nicht zu gönnen. Nun, du hattest Erfolg, du hast den ersten Preis gewonnen, Inersha”, fing Luzifer an und Inersha wusste nicht so genau, was er von den Worten halten sollte. “Also hatte ich recht? Die beiden hatten was am laufen!” Luzifer schüttelte den Kopf und kam ihm noch ein wenig näher. “Falsch, da lief gar nichts, ausser Manipulation, Lügen und Angst und du Trottel hast es nicht erkannt und bist drauf reingefallen. Du bist mir nicht mehr von Nutzen Inersha, du bist eine Schande. Ich kann verstehen, wenn ihr Drecksdämonen weder Liebe noch Freude erahnen könnt, aber all die negativen Gefühle die Uriel ausstrahlt, all die Angst, die er vor Michael hat, die hättet ihr riechen müssen. Ihr vollwertigen Dämonen noch besser als ich. Wozu hab ich euch, wenn nicht genau dafür?”, fragte er gefährlich leise nach und Inersha schluckte. Das klang überhaupt nicht gut. “Du darfst mich nicht töten. Du darfst keinen deiner Generäle töten, du kennst die Gesetze”, murmelte Inersha leise und irgendwie war er sich sicher, dass es Luzifer egal sein würde. “Richtig, deswegen hab ich dich von deinem Amt bereits enthoben. Gemäss diesem Schriftstück bist du nur noch ein Dämon. Nein, schlimmer. Ein Dämon der seines Amtes enthoben wurde, ist nichts mehr wert und daher hat auch der Teufel keine Verwendung mehr für dich. Solltest du eine erbärmliche Seele finden, die sich deiner annimmt, dann hoffe ich wirklich du hast aus dieser Sache gelernt. Lüge mich niemals an.” Luzifer hatte die Worte noch nicht fertig ausgesprochen, hatte er schon seinen Dolch gezückt und Inersha die Kehle aufgeschlitzt. Dieser Abschaum, er wollte und konnte ihn nicht mehr sehen. Gerade als er einen niederen Dämonen rufen wollte, um sich der Leiche zu entledigen, klopfte es an der Tür. “Luzifer? Wir haben ein Problem!” Kapitel 24: Hilfe oder Verrat? ------------------------------ “Luzifer? Wir haben ein Problem!” Luzifer seufzte auf, als er die Worte auf der anderen Seite der Tür vernahm. Ja, sie hatten ein Problem und er hatte absolut keine Lust, dass noch ein weiteres hinzu kam. Nach einem kurzen Moment des Nachdenkens, beschloss er Tsorn reinzulassen, wenn er einem vertraute, dann diesem. “Und was für ein Problem haben wir?”, wollte er harsch wissen und trat ein wenig zögernd zur Seite. Ihm war zwar klar, dass Tsorn kein guter Freund von Inersha gewesen war, aber sie waren so etwas wie Arbeitskollegen. Dieser betrat das Zimmer und musterte Luzifer kurz, ehe er sich im Raum umblickte und natürlich Inersha zu sehen bekam. “Ging schneller als erwartet”, stellte er lediglich fest und deutete auf Luzifers Kleidung. “Du hast dich schmutzig gemacht, war wohl sehr persönlich”, kommentierte er die Blutspritzer und bekam ein etwas genervtes Aufschnauben seines Bosses zur Antwort. “Ich habe dich etwas gefragt”, wiederholte Luzifer mit einem genervten Unterton. “Gut, in Anbetracht der Lage, haben wir zwei Probleme, wobei ich mir sicher bin, dass du schon Bescheid weisst, ansonsten hättest du keinen blutgetränkten Teppich.” “Tsorn … mir ist gerade wirklich nicht nach Spielchen, also spuck es schon aus”, forderte Luzifer ihn erneut auf. “Gut, ich weiss was Uriel getan hat.” Nun war es an Luzifer aufzuhorchen. Er hatte ja eine Ahnung, aber wissen tat er tatsächlich noch rein gar nichts. “Du bist dir sicher? Der Letzte, der sich sicher war, liegt da drüben, schaff ihn mir beizeiten aus den Augen”, knurrte Luzifer allerdings weiterhin mehr als genervt. “Oh ja und wie sicher ich mir bin. Ich hab es aus erster Hand, nun gut, aus zweiter, aber die Information ist es absolut wert.” Luzifer deutete Tsorn an sich hinzusetzen. Er war neugierig und dementsprechend würde er ihn anhören, auch wenn er ein Gefühl bekam, dass da wesentlich mehr dahinter steckte. “Du hast den falschen von uns auf Michael angesetzt. Er trotzt der Hochmut und Gadles hat keinerlei Ambitionen Informationen aus Michael rauszuholen. Er wartet auf das Signal ihn foltern zu dürfen und dann wird er sich austoben. Sich über ihn stellen und ihm zeigen wo sein Platz ist. Deswegen habe ich es in die Hand genommen”, fing Tsorn mit seiner Erzählung an und Luzifer verzog kurz das Gesicht. Tsorn war ein guter Beobachter, aber seine Abneigung gegen Gadles war ihm auch bereits bekannt. “Und? Ich bin eigentlich nicht an einer Märchenstunde interessiert”, stellte er dann fest und forderte seinen General auf, weiter zu sprechen. “Nun, ab jetzt wird es ein wenig komplizierter. Ich habe Bager eingespannt, einen Deal mit ihr ausgehandelt”, führte er fort und Luzifer verdrehte umgehend die Augen. “Wie der aussieht kann ich mir denken, ich hoffe du weisst was du da tust”, wollte er dann wissen. “Natürlich, mach dir um mich keine Gedanken, mit ihr werde ich fertig. Sie scheint einen Narren an mir gefressen zu haben und ich werde den Teufel tun und dies nicht für mich ausnutzen. Solltest du etwas dagegen haben, wäre es jetzt der richtige Zeitpunkt es mir zu sagen.” Luzifer lachte kurz auf. “Mach mit dem Weibsbild, was immer du willst, wenn du sie fickst, lässt sie mich in Ruhe, aber du wolltest mir sagen, wie du an Informationen gekommen bist”, stellte Luzifer beinahe ein wenig amüsiert fest. “Richtig, ich habe sie damit beauftragt, sich um Michael zu kümmern, sich richtig um ihn zu kümmern. Durch Gerüchte und gewisse Informationen, wissen wir alle, dass er eine Schwäche für deinen Lieblingserzengel hat, aber es war auch klar, dass es nicht so einfach werden würde. Sie hat Michael einen Deal angeboten, ihm geholfen Gadles noch besser trotzen zu können, dabei stellte sie fest, dass er gegen deine Regel verstossen hat und ihm sein Blut gegeben hatte. Sie hat es dann ebenfalls getan, damit er stärker als Gadles wurde. Es hätte es nicht gebraucht. Michael ist ein Tier, Luzifer und er ist gefährlich, unterschätze ihn nicht”, sprach er eine Warnung aus, die vermutlich nicht von Nöten gewesen wäre. “Weiter”, forderte Luzifer ihn interessiert auf. “Nun, sie hat ihn verführt. Gadles hat ihr noch geholfen dabei, wenn auch unbewusst. In dem er Michael auf die Pritsche gekettet hat, konnte sie ihr Spiel gnadenlos durchziehen. Sie gab ihm die Illusion, die er wollte. Du kannst dir selbst denken, welche.” “Sie hat ihm vorgemacht Raphael zu sein. Eine Idee, auf die ich nicht gekommen wäre, du hast meinen Respekt und ich sehe dementsprechend darüber hinweg, dass ihr gegen meine Befehle gehandelt habt. Sofern die Information, die daraus resultiert auch wirklich hilfreich ist.” Tsorn nickte. Er hatte mit so einer Antwort gerechnet und war ziemlich erleichtert, immerhin war er sich sehr sicher, dass seine Informationen wertvoll waren. “Gut, sie hat ihn über Uriel ausgefragt. Was sein Mitwirken anbelangt, ob er wissentlich seine Gefühle ausgenutzt hätte und bei was er ihm genau geholfen hatte. Uriel hatte nie Gefühle für Michael, damit dies klargestellt ist, aber diese Information hast du ja schon”, er deutete zu Inershas Leiche. “Was aber sehr viel interessanter ist, er hat Uriel genauso manipuliert wie er so ziemlich jeden in seiner Umgebung manipuliert. Er hat ihm Sorge eingeredet, dass er Angst um Raphael hatte und ihn dazu gebracht, sein Gedächtnis komplett zu löschen und zu versiegeln. Absolut ohne Skrupel. Wenn du mich fragst, Michael ist ein Soziopath und ein Narzisst erster Güte. Der liebt niemanden ausser sich selbst und wenn er bei den Personen die er glaubt zu lieben nicht im Mittelpunkt steht, dann …” “Und dieser Kerl ist mein Bruder …” Luzifer legte seinen Kopf in den Nacken und atmete einmal tief ein und aus. Er hatte mit so etwas ähnlichem gerechnet, aber Tsorn traf den Nagel auf den Kopf. Michael war gefährlich, vielleicht sogar gefährlicher als er selbst. “Seine Gefühle basieren nicht auf Liebe und Hass, er redet sich das nur ein, da bin ich mir ziemlich sicher und ich glaube Uriel hat keine Ahnung, was er damit angerichtet hat. Deine Antwortsuche, sie sollte sich auf Michael beschränken, ausser du schaffst Uriel zu überzeugen, Raphael seine Erinnerungen wieder zu geben, sofern dies überhaupt möglich ist. Ausserdem solltest du Gadles die Erlaubnis geben.” Nun war Luzifer überrascht. “Wieso?” Das Grinsen auf Tsorns Lippen wollte ihm nicht so richtig gefallen. “Nun, er soll wenigstens das Gefühl bekommen, etwas getan zu haben, oder nicht?” Luzifer lachte bitter auf. Er hatte Hoffnungen in Gadles gehabt und ausgerechnet Bager war es, die ihm die Informationen beschaffte. “Wer wusste noch davon?”, wollte Luzifer wissen. Er ahnte, dass Tsorn nicht alleine hinter diesem Plan steckte. “Luzifer, Bager, Grid und ich haben die ewig währende Treue geschworen und wir werden alles dafür tun, damit du an deine Antworten kommst, natürlich ohne dir zu Schaden, du hast mein Wort.” Luzifer nickte. “Ich hoffe, ich kann euch vertrauen, dass ihr hinter meinem Rücken eine solche Aktion fährt, nun nicht noch einmal Tsorn. Du informierst mich über alles und sei es noch so belanglos, haben wir uns verstanden?” Tsorn nickte und Luzifer erhob sich von seinem Stuhl. “Schaff mir dieses Subjekt aus den Augen. Ich will ihn nicht mehr sehen.” Tsorn nickte erneut und tat wie ihm geheissen, auch wenn es absolut nicht zu seinem Aufgabenbereich gehörte. Allerdings würde er schon ein Plätzchen finden, an dem sich Inersha wohl fühlte. Mekane ging nach seinem misslungenen Versuch ohne Umschweife zu Bagers Gemach. Er klopfte kurz und trat ein, ohne auf eine Antwort zu warten. Sie war allerdings nicht anzutreffen und so schaute er sich kurz ein wenig um. Bei ihrem Bett angekommen, sah er ein paar ihrer Klamotten liegen und er konnte nicht anders, als daran zu schnüffeln. “Du kannst sie dir gerne ausleihen”, erklang die amüsierte Stimme der Dämonin hinter ihm und Mekane erschrak beinahe zu Tode. “Was führt dich zu mir, hast du erledigt was ich von dir verlangt habe? Hast du Informationen aus Uriel herausbekommen?”, hakte sie direkt nach und trat einen Schritt auf den Neid zu. Dieser schluckte kurz und setzte sich auf ihr Bett, zog sie nahe zu sich, kaum hatte er die Gelegenheit dazu. “Du bist mir etwas schuldig”, verlangte er erst nach seiner Belohnung, was Bager leise lachen liess. Dennoch liess sie sich auf seinem Schoss nieder und strich ihm leicht über die Seite. “Du könntest ein so attraktiver Mann sein, wann hast du aufgehört zu trainieren, Mekane?”, fragte sie mit einem Lächeln auf den Lippen nach und das leichte Bedauern war in ihrer Stimme zu hören. “Ich bin ein attraktiver Mann, Bager”, erwiderte er beinahe ein wenig trotzig und führte ihre Hände zu seinem Hosenbund. “Mein etwas ausser Form geratener Körper hat dich nicht zu interessieren, nur ein Körperteil ist für dich von Belang und dieses ist ausserordentlich entwickelt, schau selbst nach”, forderte er sie auf und öffnete sich seine Hose selbst. Bager konnte nicht anders als leicht zu schmunzeln. Mekane hatte keine Ahnung, was sie erwartete und es war eindeutig nicht Mekanes Schwanz. “Hast du die Informationen, Mekane?”, hakte sie erneut nach und griff nach seinem besten Stück, begann es langsam zu massieren und beobachtete jegliche Reaktion. Mekane schloss bereits geniesserisch die Augen, was Bager ihre verdrehen liess. Männer waren alle gleich. Sie wurde ein wenig fester und bekam ihn dazu leise aufzustöhnen, sich ihr entgegenzudrängen und mehr zu wollen. “Jede die du wolltest, aber erst, löst du dein Versprechen ein”, flüsterte er nun ihr ins Ohr und zog sie ein wenig näher an sich heran. Luzifer wollte gerade einen Engel holen, welcher den Dreck von Inersha wegmachen sollte, als es erneut an seiner Tür klopfte. Heute würde er wohl nicht mehr zur Ruhe kommen, im Gegenteil. “Ist offen”, zischte er leise genervt, wobei seine Laune gar nicht so schlecht sein durfte. Tsorn hatte ihm wirklich weiter geholfen, da konnte er wirklich über diese kleine Tatsache hinwegsehen. Es ärgerte ihn nur selbst, dass er nicht auf diese Idee kam. “Ich will deine Laune nicht noch schlechter machen als sie ist, Luzifer, aber wenn ich es dir nicht sage, dann wird er es wieder tun.” Luzifer deutete Grid an sich zu setzen und holte nun selbst eine Karaffe des edlen Weines. Zwar war dieser definitiv zu schwach für sein Gemüt, aber es war besser als nichts. “Mekane, er war in der Hölle”, fing Grid an und schüttelte den Kopf als Luzifer etwas dazu sagen wollte. “Bager hat ihn darauf angesprochen und er wollte ihr wohl imponieren. Er hatte Uriel aus dem Kerker geholt und in Einzelhaft genommen, damit er ihn foltern und an Informationen gelangen konnte. Ich habe ihn aufgehalten. Ihn gewarnt. Er wirkte nicht, als hätte er es verstanden.” Luzifer schlug vor lauter Zorn auf den Tisch. Erst Inersha und nun Mekane. Diese Bande reichte ihm vollkommen. “Such Tsorn, sofort!”, befahl er ihm und Grid nickte. “Und finde heraus wo Mekane sich gerade aufhält. Nach der Trägheit verlieren wir heute wohl auch den Neid. Diese nutzlose Bande …” Grid war kurz verwirrt, ehe es ihm dämmerte. Daher wehte Luzifers Laune. “Wir können es auch anders machen. Du gibst mir eine Information und ich zieh mich für alles Nützliche ein wenig mehr aus”, flüsterte Bager dann mit einem süffisanten Lächeln auf den Lippen. Sie hatte nicht vor mit ihm zu schlafen. Daher würde sie ihn anderweitig abfertigen müssen, sie hatte nur noch keine Idee wie. “Du hast es mir versprochen, Bager”, raunte Mekane erregt und biss leicht in ihren Hals, als ihm etwas auffiel. Kurzerhand schob er Bager von sich runter und musterte sie ein wenig genauer. Sie hatte ein Kleid an, ihr Lieblingskleid und sie roch nach Sex, was ihm vorhin nicht aufgefallen war. “Du Hure”, beschimpfte er sie aus dem Nichts und Bager wich einen Schritt zurück. Damit hatte nun selbst sie nicht gerechnet. “Wie kannst du es wagen, so mit mir zu sprechen?”, wollte sie erzürnt wissen. “Wie kannst du es wagen, mir ein solches Versprechen zu geben und dann mit einem anderen zu schlafen?”, wollte er wissen und packte sie dann an den Schultern. Er konnte spüren wie der Neid langsam in ihm hoch kroch, wie seine Sünde die Kontrolle übernahm und es war ihm egal, wer sie gevögelt hatte. Er war es nicht, aber er wollte. Mit einem gewaltigen Ruck warf er sie aufs Bett und schob sich über sie, hielt ihre Arme fest in seinem Griff und fixierte sie mit seinem Blick. “Wer war in dir?”, wollte er harsch wissen und hielt sie mit einer Hand fest in seinem Griff. Mit der anderen zwang er sie dazu, ihn anzusehen. “Ich rede mit dir, Bager, wer hat dich gefickt, während ich deine Drecksarbeit erledigt habe?”, wollte er noch ein wenig harscher wissen und gab ihr eine Ohrfeige die sie schmerzerfüllt aufstöhnen liess. “Das bildest du dir ein, ich habe mich für dich vorbereitet, sieh nach, ich trage kein Höschen, aber so wie du dich gerade benimmst, will ich dich nicht”, versuchte sie ihn zu beschwichtigen. Seine Hand wanderte ohne Umschweife unter ihr Kleid und es war kein Widerstand vorhanden. Sie war tatsächlich nackt und er drang mit seinen Fingern in sie ein. “Schlampe. Verkauf mich nicht für dumm”, beleidigte er sie, während er sie mit seinen Fingern befriedigte, zumindest glaubte er dies. “Bitte, Mekane, du tust mir weh”, flehte sie ihn leise an und hoffte auf sein Mitgefühl. Doch ein Blick in seine Augen machte ihr unmissverständlich klar, dass seine Sünde die Oberhand hatte. Er war zerfressen vor Neid und er würde sie nehmen, egal was sie dazu sagte. “Ich tu dir weh? All die Jahre, die ich dir den Hof mache und du mich abweist, all die Männer, die du vor meinen Augen verführt und in den Wahnsinn getrieben hast. Du hast keinen Grund zu behaupten, ich täte dir weh. Ich hole mir nur, was mir zusteht, was du mir versprochen hast.” Er entfernte seine Finger aus ihr und nestelte an seiner Hose herum, zog sie gerade soweit herunter, dass er problemlos in sie hätte eindringen können, wenn er nicht am Nacken festgehalten worden und von ihr weggezogen worden wäre. “Abschaum erster Güte”, kam es von Grid, welcher Mekane fest im Griff hatte. “Lass mich los, sie gehört mir”, knurrte er leise und sah zu Tsorn, wie dieser Bager aufhalf und fragte, wie es ihr ging. “Ihr tauscht, du kümmerst dich um Bager und du dich um Mekane”, gab Luzifer den Befehl und Grid übergab den zappelnden Mekane seinem Freund. “Tu mit ihm was immer du willst”, forderte Luzifer ihn auf und sah die Panik in Mekanes Blick. “Lass es mich doch erklären, Luzifer, bitte. Ich bin unschuldig, sie hat mich verführt und zu Dingen angestachelt. SIE nicht ich und die stecken doch alle unter einer Decke. Ich bitte dich Luzifer, ich kann es erklären”, bettelte Mekane förmlich und Tsorn warf ihn vor Luzifers Füsse. “Dann erkläre dich. Am besten fängst du damit an, mir zu erklären, was du in der Hölle gemacht hast, gegen meinen Befehl.” Mekanes Blick wanderte direkt zu Grid, wurde dann allerdings von Tsorn getreten und die Aufmerksamkeit lag wieder bei Luzifer. “Oder du erklärst mir, wieso du einen Erzengel aus der Zelle geholt hast, um ihn zu foltern. Ich bin sehr gespannt und natürlich auch, wie du auf die Idee kommst, einer meiner Generäle gewaltsam nehmen zu wollen.” Mekane schluckte hart. “Versteh mich nicht falsch, Mekane. Ich begrüsse es, wenn ihr böse seid und eine Vergewaltigung ist auf einer Moralskale ganz tief unten, aber nicht bei deinen eigenen Leuten.” Luzifer hob seinen Fuss an und zwang Mekane damit ihn anzusehen. “Also, erklär dich, ich höre und ich hoffe, deine Erklärung ist gut”, forderte er ihn mit einem überheblichen Lächeln auf, was Mekane erneut schlucken liess. “Ich war in der Hölle, weil ich keine Befehle bekam. Ein jeder hatte zu tun und ich habe mich gelangweilt, so habe ich meine Geschäfte weiter getrieben. Seelen für dich gesammelt, wie es unsere Aufgabe ist.” Luzifer lachte abwertend. “Hattest du den Befehl dazu? Du hast meinen Befehl missachtet und deinen Platz verlassen, ich will keine Arschkriecher die denken sie tun mir etwas gutes, in dem sie ihr eigenes Ding drehen.” Mekane lachte nun selbst auf und deutete auf die drei im Raum. “Und wieso müssen die sich nicht erklären?” Luzifer lächelte und beugte sich ein wenig nach vorne. “Weil sie mir nicht im Arsch stecken, deswegen. Du hast noch zwei Chancen, nutze sie”, forderte er ihn nun auf weiter zu sprechen. “Sie hat mich dazu verführt, sie versprach mir, meine Wünsche zu erfüllen, wenn ich Uriel zum Sprechen bringe, natürlich tue ich alles dafür, aber sie hat mich verarscht.” “Und deine eigenen Ziele stehen über meinen Befehlen?”, wollte Luzifer nun wissen und Mekane wusste, er hatte keine Chance mehr. “Nein, natürlich nicht. Ich, war blind, es tut mir leid. Aber sie hat es verdient, ich hätte sie mir gewaltsam genommen, sie hat mich verarscht, Luzifer, sie hat mich angestachelt und einen anderen gevögelt, sie hätte es verdient.” Mekane wurde ein wenig lauter und Luzifer deutete Tsorn mit seinem Blick etwas an. Da Mekane sich beinahe in Rage gesprochen hatte, verlor er komplett den Sinn dafür auf seine Umgebung zu achten und sah sein Ende nicht kommen. Tsorn schlitzte ihm die Kehle auf, so wie es Luzifer zuvor bei Inersha getan hatte. “Macht den Dreck weg. Ich hoffe für euch, ihr wisst was ihr tut, die Luft wird langsam dünn.” Kapitel 25: Ein wenig Ruhe -------------------------- Luzifer war weg und Tsorn wollte ebenfalls gehen. “Hey, du haust jetzt nicht ab, wir haben hier eine Leiche zu entsorgen.” Tsorn zuckte mit den Schultern. “Ich habe vorhin Inersha entsorgt, ich bin doch nicht euer dämlicher Lakai. Auf irgendeiner stinkenden Müllhalde hat es auch für diesen Abschaum noch Platz, werdet kreativ. Wenn ich Bager wäre, würde ich ihm zuvor noch alle Körperteile abschneiden”, antwortete er relativ kühl. “Und erwarte bloss kein Mitgefühl von mir Bager. In einem gebe ich Mekane recht, du hättest es verdient. Du wusstest um seine Gefühle und hast es immer wieder für dich ausgenutzt. Er war einer der obersten Dämonen, ein General Luzifers, seine Moralvorstellungen waren tiefer als die der kleinen Dämonen, die du beschissen hast. Du hast mit dem Feuer gespielt und ohne Grid hättest du dich in meinen Augen, zurecht daran verbrannt. Solltest du Mitleid oder Mitgefühl erwarten, geh zu einem der Engel, aber erwähne diesen Vorfall nicht einmal in meiner Gegenwart, verstanden?” Bager nickte. Sie konnte Tsorns Wut verstehen und noch schlimmer, nachvollziehen. Andererseits, irgendetwas veränderte sich. Sie verhielten sich nicht wie immer, weder Tsorn, noch Grid, ja selbst sie selbst nahm andere Verhaltensmuster an, war dies wirklich der Himmel? “Ich habe noch ein Date. Nachdem Luzifer über alles Bescheid weiss, werde ich noch weitere Informationen beschaffen, die ihm irgendwie nützlich sein könnten. Es existieren ja noch andere Engel, ausser Uriel und Michael und zufälligerweise, bin ich einem sehr interessanten zugeteilt.” Weder Grid noch Bager konnten etwas auf die Worte erwidern, da Tsorn bereits das Zimmer verlassen hatte. “Ich werde hier nicht länger schlafen”, teilte sie Grid umgehend mit, als dieser anfing Mekane aus dem Zimmer zu entfernen. “Willst du tun was Tsorn vorgeschlagen hat, oder kann ich ihn runterwerfen, sobald wir draussen sind?”, wollte dieser stattdessen wissen und Bager schaute weg, was eine deutliche Antwort war. “Es gibt hier ausserdem genug Zimmer und stell dich nicht so an, wie viele Männer hast du schon getötet, du bist ein Scheiss Sukkubus, da ist das hier lächerlich.” Bager schnaubte leise und zog die Decke über sich. Natürlich hatte sie schon viele Männer getötet und doch war es etwas komplett anderes. Luzifers Weg führte ihn ohne Umwege zu Raphael. Er brauchte jetzt einen Ruhepol und er wusste selbst, dass er in seinem Zimmer, nicht lange alleine sein würde. Beinahe erschöpft liess er sich neben ihn auf die Pritsche sinken und lehnte seinen Kopf gegen die Wand. Er war für heute am Ende seiner Kräfte angelangt. “Wie geht es dir?”, wollte er von Raphael wissen, welcher sich nicht die Mühe machte ihn anzusehen oder sich ihm zuzuwenden, was ihm in diesem Moment aber auch egal war. “Der Himmel ist ein Nest voller Intrigen und Lügen, ich fühle mich beinahe wieder heimisch.” Raphael öffnete langsam seine Augen und sein Blick war skeptisch. “Schau mich nicht so an, gerade du solltest doch am besten wissen, wie falsch und verlogen hier einige sind, oder hast du wirklich alles und jeden ignoriert?” Luzifer konnte es fast nicht glauben, aber hatte er schon vernommen, dass Raphael wohl eher Abstand hielt. “Du wirst nicht nur hier sein, um mit mir zu plaudern, oder?”, wollte dieser wissen und entlockte Luzifer ein angespanntes Seufzen. “Doch, eigentlich bin ich genau deswegen hier. Ich hatte gehofft, dass ich mich bei dir ausheulen kann und mich wie ein kleines Kind benehmen und wieder Kraft tanken, damit ich noch mehr töten kann”, antwortete er ihm dann allerdings ziemlich sarkastisch, was Raphael ein minimales Lächeln aufs Gesicht zauberte. “Gut, dann schlafe ich weiter und behaupte später, ich hätte nichts mitbekommen”, antwortete er ihm dann auch schmunzelnd und wollte die Augen wirklich wieder schliessen. Nur das mittlerweile genervte Brummen Luzifers hielt ihn davon ab. “Weisst du, der Himmel rühmt sich damit, dass alles super toll ist, sich jeder mit jedem versteht, ein jeder Wunsch wahr werden kann. Die Marketingexperten eurerseits haben wesentlich bessere Arbeit geleistet als die der Hölle, aber sie labern absoluten Bullshit. Mein Wunsch als ich hier her kam, war es, Gott zu stürzen, seinen Platz einzunehmen und der wurde mir nicht erfüllt. Nicht einmal im Ansatz.” Raphael lachte bei Luzifers Worten, was dessen Aufmerksamkeit erregte. “Nun, Gott ist nicht da und du herrscht gerade über das Himmelreich, also ist dein Wunsch schon irgendwie in Erfüllung gegangen. Du scheinst nur niemanden zu haben, der auch auf dich hört”, stellte Raphael dann das für ihn Offensichtliche fest. “Sehr witzig, wenn ich nicht irgendwelche sentimentalen Gefühle für dich hätte, wärst du der erste den ich windelweich prügeln würde. DAS war es, was ich tun wollte, euch schreien zu hören, euch leiden zu lassen, wie ich gelitten habe und nun? Dieser Ort, er ist verflucht.” “Er ist heilig”, korrigierte ihn Raphael und stellte Luzifers Geduld nun wirklich auf die Probe. “Ich sagte doch er ist verflucht. Ich verspüre nicht mehr die geringste Lust Gott zu stürzen, euch zu quälen, stattdessen suchen mich Erinnerungen heim, Fragen tun sich auf die beantwortet werden wollen und keiner scheint irgendetwas zu wissen.” Luzifer strich sich genervt durchs Haar und über sein Gesicht. Er konnte gerade einer seiner grössten Fehler machen, in dem er sich Raphael offenbarte, aber irgendwie vertraute er sonst niemandem mehr. “Ich weiss nicht, ob es klug von dir ist, damit zu mir zu kommen. Du gibst mir damit ziemlich viel Wissen über dich und somit auch Macht.” “Und doch denke ich, du wirst es nicht ausnutzen. Es ist allerdings nur so ein vages Gefühl.” Luzifer betrachtete Raphael einen Moment und strich ihm leicht über die Seite. Es war unglaublich, wie sehr er ihn vermisst hatte und er kannte das ganze Ausmass vermutlich noch nicht einmal. “Bist du den Antworten näher?”, wollte Raphael dann wissen und riss Luzifer aus seinen Gedanken. “Ich weiss es nicht”, beantwortete er ihm die Frage ehrlicherweise und lehnte sich wieder an die kühle Steinmauer hinter sich. “Meine Generäle sind effektiver im beschaffen von Antworten als ich, vielleicht weil sie weniger emotional an die Sache heran gehen.” Nun war Raphael ein wenig überrascht und er konnte diese auch nicht verbergen. “Deine Dämonenschar hilft dir dabei? Ohne eigenen Nutzen daraus zu ziehen?” Luzifer konnte sich ein leises Lache nicht verkneifen. Es wunderte ihn nicht einmal, dass Raphael so überrascht war, ihm ging es ja nicht anders. “Ich weiss es nicht. Ich habe eben zwei von ihnen getötet, weil sie sich meinen Befehlen widersetzt haben. Während ich andere genau deswegen am Leben lasse. Ich messe mit zweierlei Mass und ich sollte es nicht gut finden, aber andererseits bin ich Luzifer, oberster General des Teufels, meine Moralvorstellungen dürfen im Keller sein, oder?” Er lachte bei seinen Worten und Raphael erkannte, dass dieses Lachen gespielt und nicht ehrlich war. Luzifer schien wirklich mit sich selbst zu hadern. Er seufzte und irgendwie war er sich sicher, dass er dies noch bereuen würde und doch konnte er nicht anders. “Ich bin hier eingesperrt und verstehe nur Bahnhof, wenn du wirklich willst, dass ich dich verstehe, dann erzähl mir, was passiert ist und was du weisst, ansonsten kann ich dich nicht verstehen noch dir helfen.” “Du willst mir helfen? Du hast auf mein Angebot noch nichts erwidert, vielleicht überdenkst du es noch einmal, wenn du alle Informationen hast, die ich schon erhalten habe, sie könnten dich auch interessieren, da sie dich genauso betreffen wie mich.” Luzifer konnte nicht anders als leicht zu grinsen. Raphael auf seiner Seite zu wissen, war vielleicht das Beste an diesem Tag. Sofern er sich wirklich für seine Seite entscheiden würde. Ihm war dabei durchaus bewusst, dass er es nicht seinetwegen tun würde, sondern nur für sich und vielleicht um Gott eins auswischen zu können. Er würde es selbst nicht anders tun. “Fordere nicht zu viel, ich bin bereit dir zuzuhören, auch wenn ich eigentlich gar keine Wahl habe. Dann entscheide ich, ob ich dich darüber aufkläre, was hier passiert ist, seitdem du weg warst.” Luzifers Grinsen wurde noch ein klein wenig breiter. Diese Geschichte hatte er bisher nicht gehört, da keiner mit ihm sprechen wollte und vielleicht sollte er auf diesen Deal eingehen und hoffen, es reichte, was er Raphael zu berichten hatte. “Wo fange ich nur an.” Luzifer war sich wirklich unsicher, er hatte absolut keine Ahnung wo er anfangen sollte, was relevant sein könnte und ob es Raphael wirklich interessierte. Er war aufgeregt und irgendwie, war dies ein Gefühl, was er ewig nicht mehr in diesem Ausmass verspürte. “Am besten, ich fange mit dem erfreulichen an. Raziel, Chamuel, Haniel, Gabriel und Metatron haben augenscheinlich nichts mit der Farce und der Komödie zu tun, die sich hier seit meiner Verbannung abspielen”, fing er mit einem amüsierten Lächeln auf den Lippen an, zu erzählen. “Uriel und Michael hingegen schon”, stellte er dann beinahe ein wenig verbittert fest. “Du wirst mehr Informationen haben, als nur die Namen, wenn du so etwas sagst, oder?”, hakte Raphael dann nach und entlockte Luzifer ein leises Knurren. “Natürlich. Ich komme doch nicht hier her, weil ich dich überzeugen will und dann habe ich nichts. Mein Pokerface funktioniert bei dir einfach nicht”, gab er dann zu und seufzte. “Uriel hat sich wohl manipulieren lassen. Michael hat ihm irgendeine Geschichte aufgetischt, die dieser Volltrottel geglaubt hat. Er war so in Sorge um dich, dass er dir dein Gedächtnis gelöscht oder versiegelt hat, dass weiss Michael selbst nicht, aber war ihm sicher auch egal. Er bekam seinen Willen, du hast dich an nichts erinnert und ich wurde verbannt.” Raphael schien Wort für Wort interessierter zu werden und setzte sich langsam auch richtig hin. “Und Michael hat dir das einfach so erzählt?”, wollte er dann wissen. “Natürlich. Ich bin zu ihm in die Zelle und habe ihn nett nach den Informationen gefragt, er war so freundlich und hat sie mir ohne lange zu bitten gegeben. Natürlich nicht!” Den Sarkasmus verstand sogar Raphael und schüttelte leicht den Kopf. “Du bist ein Phänomen, du schaffst es mein Interesse zu wecken, aber gleichzeitig ein Idiot zu sein.” “Ich würde mich ja entschuldigen, aber du stellst selten dämliche Fragen, die ich gerade nicht ernst nehmen kann und ich bin mir nicht sicher, ob ich dir erzählen soll, wie ich an die Antworten gekommen bin. Sie würden dir nicht gefallen.” Luzifer hatte wirklich Skrupel. Er verstand nur selbst nicht, wieso? Raphael war kein Kind von Traurigkeit, da war er sich sicher und er würde bestimmt einiges an Informationen aushalten. Wovor wollte er ihn also beschützen? Nein, er wollte nicht, dass dieser ein falsches Bild von ihm bekam. Doch war es so falsch? Er war Luzifer, er war kein guter Engel mehr. Im Gegenteil. Er war einer der mächtigsten Generäle in der Hölle. Raphael hatte sicherlich genug Geschichten über ihn gehört und seine Grausamkeit. Es sollte ihn eigentlich nicht wundern, wenn dieser schlecht über ihn dachte. Es wäre normal. Und genau diese Tatsache störte ihn. “Meine Todsünden, sie kamen an die Informationen”, gab er letzten Endes das Nötigste zu und hoffte es würde so angenommen. “Du machst dir die Finger also nicht selbst schmutzig?”, hakte Raphael nach und in seiner Frage schwang beinahe etwas hoffnungsvolles mit, als würde er nicht nur diese Aktion meinen. “Selten, wozu hab ich meine Lakaien. Ich hab mir einen Namen gemacht, mich hochgearbeitet und geniesse jetzt das Privileg, dass alle tun was ich will. Ich bin lediglich dem Teufel unterstellt und dieser hegt so viel Vertrauen in mich, dass ich freie Hand habe, in dem was ich tue.” “Weiss er hiervon?” Luzifer stockte kurz. Mit dieser Frage hatte er absolut nicht gerechnet und zeitgleich wunderte es ihn, wieso es Raphael interessierte. “Natürlich. Nicht in dem Ausmass, aber ja, es fällt auf, wenn seine ranghöchsten Dämonen nicht da sind.” Raphael schmunzelte leicht, was Luzifer sichtlich irritierte. “Schade, dass wir hier alle gefangen sind, wäre doch witzig, wenn ihr bei uns und wir bei euch einmarschiert wären. Du hattest das bessere Timing, Glückwunsch.” “Und ihr keinen Grund, also was willst du mir eigentlich sagen?” Luzifer war nicht dumm. Raphael war ein guter Schüler von Metatron und diese Antworten und insbesondere die Fragestellung kam ihm sehr bekannt vor. “Ich hatte hier viel Zeit nachzudenken. Immerhin bekomme ich nicht viel Gesellschaft und da habe ich mir Fragen gestellt, unter anderem, was wenn alles geplant war?” Luzifer erinnerte sich an Metatrons Worte und starrte Raphael förmlich an. Was diesem unangenehm zu werden schien und seinen Blick abwandte. “Metatron liess auch so etwas fallen, nicht in deinem Wortlaut, aber …” Er unterbrach sich selbst. Gott war nicht da und er wusste von dem Riss, den er nicht geschlossen hatte. Wieso? “Aber?” “Nichts, ich kann den Gedanken noch nicht fassen”, antwortete Luzifer ein wenig genervt. “Und? Hilfst du mir nun?”, wollte er dann völlig aus dem Kontext gerissen wissen und liess Raphael bei der Frage nicht aus den Augen. “Ich wüsste nicht wie ich dir helfen könnte, Luzifer. Du hältst mich hier isoliert. Deine Glaubwürdigkeit würde sich in Luft auflösen, solltest du mich auf einmal frei rumrennen lassen oder gar zu den anderen stecken.” Luzifer knurrte einmal mehr auf. Dieser Kerl machte ihn wahnsinnig. “Meine Glaubwürdigkeit ist mir doch scheiss egal, wenn ich endlich Antworten bekomme.” “Auch bei deinen Sünden? Die offensichtlich deine Arbeit erledigen? Ich bin mir ziemlich sicher, dass du nicht nur hier im Himmel einen Aufstand angezettelt hast, sondern dann auch gegen dich einer stattfindet, solltest du anfangen Nachsicht zu zeigen. Versteh mich nicht falsch, dein Ruf ist mir egal, du solltest es auch sein, aber aus irgendeinem Grund bist du es nicht.” Luzifer war überrascht von den Worten und haderte mit sich, ob er Raphael auch den Rest erzählen sollte. Er entschied sich dagegen. Zwar glaubte er Haniel jedes Wort, aber selbst sie hatte nicht bestätigt, dass ihre Beziehung tiefer gehend war. Es war zu verwirrend und ehe er sich selbst nicht sicher war, was damals zwischen ihnen lief, wollte er keine schlafenden Hunde wecken, auch wenn er dies mit dem Kuss vielleicht schon getan hatte. “Ich kann deine Gedanken nicht lesen, nicht mehr, ist dir schon klar, oder?”, wollte Raphael nach einem sehr langen Moment der Stille wissen. “Besser ist es”, antwortete Luzifer noch immer in Gedanken verloren, ehe er seinen Blick wieder auf Raphael richtete. Es war egal, wie ihre Beziehung war. Sein Körper sprach eine Sprache, die er eigentlich nicht ignorieren konnte und doch tat er es. Raphael war nicht irgendwer, er würde es sich selbst nie verzeihen, ihm weh zu tun. Ein Gedanke der ihn kurz auflachen liess. Rein körperlich wäre er vermutlich nicht in der Lage ihm weh zu tun, aber in der jetzigen Position … “Fuck, du machst mich irre. Entscheide dich einfach, meine Geduld ist bald zu Ende und dann werde ich andere Saiten aufziehen. Das ist ein Versprechen, Raphael. Nutz meine Sympathie nicht endlos aus.” Luzifer erhob sich und Raphael verstand definitiv die Welt nicht mehr. Er hatte gerade nichts getan, um so eine Reaktion hervorzurufen. “Dir ist klar, dass ich nichts tue?”, hakte er dann nach und zog Luzifers Aufmerksamkeit wieder auf sich. Er kam ihm schnell ein wenig näher und hielt dessen Gesicht in seinen Händen. “Das könnte ja das Problem sein, du tust nichts und es scheint dir auch egal zu sein, was war. Deine Resignation macht mich wahnsinnig, mehr als es die Hölle je getan hatte. Ich mein es ernst, denk darüber nach, ich gebe dir noch eine Chance. Wie ich es dann regel, ist meine Sache.” Ehe Raphael antworten konnte, kam er ihm so Nahe als möglich und verschloss dessen Lippen zu einem stürmischen Kuss. Er konnte nicht anders, diese Nähe machte sein Verlangen nicht besser. Er zwang sich dann dazu, sich wieder zu lösen und verliess die Zelle mit schnellen Schritten. Raphael war ein Problem, er vernebelte seine Gedanken und dies war nicht gut. Kapitel 26: Bande knüpfen ------------------------- Die Nacht brach an und es wurde ruhiger im Palaste Gottes. Luzifer hatte nicht vor, aus dem spontanen Ableben, zwei seiner Sünden ein grosses Thema zu machen. Wozu auch? Der Teufel würde es früh genug bemerken und ihm raten Nachfolger zu bestimmen, aber dies konnte warten. Er hatte andere Probleme. Er beschloss auch für sich selbst, dass der nächste Tag ruhiger werden sollte. Dieser begann ruhig, die Dämonen wuselten durch die Gänge und erledigten ihre Arbeiten. Die übrig gebliebenen Todsünden inklusive Luzifer schliefen den Schlaf der Ungerechten und so war es zumindest in den frühen Morgenstunden, eher gespenstisch, als himmlisch. Der Einzige, der schon durch die Flure wanderte, war Tsorn. Ihn liessen die Geschehnisse alles andere als kalt. An sich störte es ihn nicht, wenn einer seiner Kameraden das zeitliche segnete, sie waren alle austauschbar und wenn sie ihren Job nicht erledigten, waren sie für Luzifer wertlos. Allerdings konnte er auch kaum glauben wie dumm die beiden waren. Ihm war selbst klar, dass er auf dünnem Eis wandelte, aber er lieferte Ergebnisse und untergrub seine Autorität nicht. Ansonsten hätte er ihn am Tage zuvor auch getötet, da war er sich sicher. Für einen kurzen Moment kamen ihm auch ein paar Zweifel. An seinem Plan Gadles in die Schranken zu weisen, hatte sich nichts geändert, aber was, wenn er den falschen Weg dazu wählte? Sollte er die Konfrontation direkt mit ihm suchen? Er wusste es nicht. Dabei waren die Fortschritte in seinen Augen doch schon sichtbar. Es war ein Dilemma und irgendwie würde ers lösen, allerdings hatte dies gerade ein wenig Zeit. Erst einmal würde er die Sache ein wenig ruhen lassen. Die Verluste von Inersha und Mekane würden sie sicherlich auf Trab halten, irgendwer musste ihren Job ja nun mitmachen und er glaubte kaum, dass Luzifer diese Person sein würde. Er schüttelte beinahe amüsiert den Kopf. Er hatte wirklich niemals damit gerechnet, dass die beiden so dumm sein würden. Sein Weg führte ihn zu der Zelle der Erzengel. Sein Plan mit Raziel zu sprechen war nach wie vor präsent und er erhoffte sich wirklich, an noch mehr Informationen zu gelangen, auch wenn er sich nicht komplett sicher war, an was für welche. Tsorn betrat die Zelle und betrachtete die schlafenden Engel. Sie hatten schon etwas sehr Anmutiges und ein wenig Neid kam in ihm hoch. Solch reine Wesen. Zu dem Neid kam augenblicklich ein wenig Wut. Sie hatten das vollste Vertrauen ihres Bosses, egal welchen man als diesen ansah. Egal was sie taten, es war gut. Tsorn merkte schnell, dass die Wut sich nicht auf die vor ihm liegenden Engel richtete, sondern auf Michael. Michael war es, der den Ruf und die Reinheit aller Engel in den Dreck zog. Tsorn musste ein paar Mal tief durchatmen, um sich zu beruhigen, wütend würde er absolut kein Wort mit Raziel wechseln können. Langsam ging er zu diesem und stupste ihn vorsichtig an. Er wollte ja nicht die gesamte Engelschar aufwecken. Nach ein paar Mal, öffnete Raziel müde die Augen und war sichtlich überrascht Tsorn vor sich zu sehen. “Sht, deine Freunde schlafen noch. Ich will, nein, muss mit dir sprechen”, stellte Tsorn ohne Umschweife fest und Raziel setzte sich langsam auf. “Nicht hier”, schnell löste er die Ketten von der Wand und Raziel folgte ihm zwangsweise. Er hoffte langsam wirklich, dass dies vorbei sein würde. Seine Knochen taten weh von dem kalten und unbequemen Boden. Doch Luzifers Antwortfindung dauerte wohl noch ein wenig an. “Scheint wichtig zu sein”, begann Raziel das Gespräch, nachdem Tsorn ihn, kaum waren sie aus der Zelle, hektisch in eine andere gebracht hatte. Dabei war ihm auch aufgefallen, dass sie gar nicht weiter bewacht wurden. “Deute meine Ungeduld nicht wie wichtig etwas sein könnte”, beantwortete er ihm die Vermutung. “Du bist mir ein Rätsel. Bei unserem ersten Gespräch hast du dir beinahe in die Hosen gepinkelt, beim zweiten warst du offener und jetzt?” Tsorn musterte Raziel einen Moment lang, ehe er sich setzte. Es war ihm egal, ob Raziel es ihm gleich tat oder einfach stehen blieb, mit den Ketten hätte er ihn schnell eingeholt. “Ich weiss, dass nicht von euch die Gefahr ausgeht, Tsorn”, stellte Raziel fest und irgendwie bekam Tsorn die Vermutung, dieser konnte noch mehr wissen. “Du hast die Angst vor uns verloren? Könnte ein Fehler sein, wir sind unberechenbar”, erwiderte er daraufhin schmunzelnd. “Dies bestreite ich auch nicht und dennoch glaube ich, dass ihr harmlos seid. Verstehe mich nicht falsch, ich unterschätze eure Boshaftigkeit keineswegs, nur glaube ich, dass ihr im Himmel einiges davon eingebüsst habt. Zumindest ein paar von euch und …” Raziel unterbrach sich selbst. Es war nur eine Vermutung, er hatte keinen Beweis, für das, was er sagen wollte und vielleicht würde er damit noch mehr Staub aufwirbeln, als eh schon. “Und?” “Nichts, es war ein Gedanke, den ich niemals beweisen könnte und das Durcheinander noch ein wenig verstärken würde.” Tsorn beugte sich ein wenig nach vorne. Raziel stand noch immer mitten im Raum und wirkte gerade etwas verloren. “Ich würde ihn dennoch gerne hören”, forderte er ihn interessiert auf. “Du wirst es mir nicht glauben”, versuchte Raziel sich dennoch rauszuwinden, was Tsorn ein wenig amüsiert auflachen liess. “Was ich dir glaube, lass mal meine Sorge sein. Ich bin an deinen Gedanken interessiert, da ich glaube, du hättest auch gern dein Leben zurück, oder?” Tsorn erhob sich langsam und trat vor Raziel, hob dessen Kinn ein wenig an und schaute ihm in die Augen. “Also, versuchs, teil deine Gedanken mit mir”, forderte er ihn erneut auf und setzte sich dann wieder hin. “Okay, also, wo fange ich an. Der Unterschied zwischen uns und euch ist schwierig zu definieren. Ich versuch es einfach mal. Gott hat uns erschaffen, wir sind hier geboren, aufgewachsen und wurden zu dem ausgebildet, was wir nun sind. Wir Erzengel sind auserwählte und haben ein Training absolviert, bei euch Todsünden ist es etwas anders. Luzifer bekam diese als Strafe des Teufels. Ein gefallener Engel, er wollte diese Strafe nicht alleine tragen und hat sie an sieben von euch weiter getragen. Ihr seid mit ihm verbunden, ob ihr wollt oder nicht. Wir sind es nicht mit Gott. Da Luzifer eine Verbindung zu diesem Ort hat und nun von Erinnerungen heimgesucht wird, betrifft dies auch euch, denke ich und deswegen verhaltet ihr euch auch anders, als ihr es normalerweise tun würdet. Dies ist zumindest eine Theorie.” Tsorn hörte sich dies an und Raziel konnte ihm ansehen, wie verwirrt dieser war, was ihn doch ein wenig Lächeln liess. “Woher weisst du das? Also mit Luzifer und den Sünden?” “Ich weiss viel mehr als du denkst. Ich kenne sowohl die Struktur im Himmel, wie die der Hölle in und auswendig. Dies ist mein Beruf, meine Bestimmung, was nicht bedeutet, dass ich alles verstehe.” Tsorn versuchte ernsthaft darüber nachzudenken was Raziel gerade gesagt hatte und es machte durchaus Sinn. Ihm fiel dann ein kleines Detail auf. “Eine Theorie? Das bedeutet, du hast eine zweite?” Raziel nickte und setzte sich nun ebenfalls hin. Die Beine begannen weh zu tun und er war lange genug sinnlos in der Gegend rumgestanden, auch wenn die Nähe von Tsorn ihn eben ein wenig irritiert hatte. “Die ist allerdings weit hergeholt, wobei eigentlich nicht, aber die könnte ich noch weniger verifizieren, als meine erste Theorie. Dies könnte nur Gott und es würde vieles erklären. Allerdings auch sehr viel durcheinander wirbeln”, begann Raziel und war sich nicht sicher, ob er dieses Buch nun öffnen sollte. “Ich will sie hören”, forderte Tsorn ihn auf. “Ok, also, mir ist aufgefallen, dass nicht jede Sünde sich gleich verhält. Mich würde es nicht wundern, wenn ein paar, hm, wie soll ich dies nun sagen …” “Am besten ohne lange rumzudrucksen, ich bin nicht sehr geduldig”, unterbrach Tsorn ihn bei dem Gestammel. “Was wenn einige von euch Sünden, ebenfalls gefallene Engel sind? Ich weiss, dass Luzifer im Himmel ein paar Anhänger hatte, die hat ein jeder von uns und ich kann oder könnte mir gut vorstellen, dass ihm einige folgten. Ich weiss nur nicht, wie das weitergegangen wäre. Dies würde sich meiner Kenntnis entziehen und daher ist es eher gewagt und eher von Fantasie, als der Realität entsponnen.” Raziel konnte sehen, wie es in Tsorn arbeitete. “Tsorn?”, fragte er dann nach ein paar Momenten nach und stupste ihn ein wenig mit der Schulter an. Die Wut war komplett in Gedanken versunken und schien vergessen zu haben, dass er auch mit im Raum war. “Wie könnten wir herausfinden, ob wir oder einige von uns gefallene Engel sind?”, kam es nach weiteren Sekunden der Stille. “Gott, oder ihr erinnert euch, über Abtrünnige wird kein Buch geführt. Normalerweise ist es Michaels Aufgabe diese zurückzuholen oder zu verbannen, ob er eine Liste hat, weiss ich nicht.” Tsorn nickte und verlor sich wieder in seinen Gedanken. Bager hatte von einer Aura gesprochen, die ihn umgab, könnte sie dies gemeint haben? “Du hast recht, es verwirrt mich”, gab er dann ehrlich zu und lehnte sich gegen die Wand. “Ich wusste weder von den Unterschieden, noch von der Möglichkeit, dass wir auch Gefallene sein könnten”, gab er dann noch verwirrter zu und wirkte überhaupt nicht mehr so bedrohlich wie zu Beginn ihres Kennenlernens. “Es sind Theorien von mir, gut die Unterschiede sind Fakt, ob ihr dann auch ein Training zu absolvieren habt und dergleichen, weiss ich nicht, unsere Ausbildung dauerte eine gefühlte Ewigkeit.” Tsorn nickte und betrachtete Raziel einen Moment lang. “Mir stellt sich nur eine Frage, ihr wart zu acht, für nur sieben Plätze …” “Dies ist keine Frage, sondern eine Feststellung, aber du hast recht.” Bisher war dies Raziel nie komisch vorgekommen und doch schien dieser Einwand berechtigt. “Vielleicht gab es eine Stelle die nie besetzt wurde …”, fügte er nicht ganz so überzeugt an. Darüber würde er noch mit den anderen sprechen. “Oder es steckt noch mehr hinter all dem, was wir und ich denke mittlerweile auch ihr, vermutet”, warf Tsorn nachdenklich ein. “Hat Uriel geredet?”, wechselte Tsorn das Thema und Raziels Seufzen war ihm eigentlich Antwort genug. “Er hat uns versucht zu erklären, wieso er so gehandelt hat, aber ich verstehe ihn nicht. Ich hätte als Freund niemals zugelassen, dass er leidet. Selbst wenn ich dafür bestraft worden wäre, es wäre berechtigt gewesen. Ich sage es nur ungern, aber Uriel ist ein Feigling”, beantwortete Raziel Tsorns Frage, auch wenn ihm dabei nicht sonderlich Wohl war. “Uriel ist kein Freund, wer Angst um den eigenen Arsch hat und noch etwas Schlimmeres als die eigene Tat deckt, der gehört zu uns, in die Hölle”, sprach Tsorn unverblümt aus was er dachte. “Ganz üble Sorte”, fügte er noch kopfschüttelnd an. “Hast du mich wegen dieser Frage so früh geweckt?”, wollte Raziel dann wissen und ein weiteres Kopfschütteln folgte. “Nein, aber ich brauche einen Moment, deine Theorien haben gerade alles weggefegt, was ich dir erzählen wollte.” Raziel lachte leise auf und gab Tsorn diesen Moment der Ruhe. Bager hatte eine der wohl schlimmsten Nächte hinter sich, seit sie denken konnte und sie hatte schon welche, an die sie sich gar nicht erinnern konnte. Wirklich geschlafen hatte sie nicht und immer wieder kam ihr Mekane vor Augen. Ihr war bewusst, dass dieser tot war und genauso war ihr bewusst, dass dieser falsch gehandelt hatte und doch kamen ihr auch immer wieder Tsorns Worte in den Kopf. Hatte er recht? Sie hatte sich ihrer Natur entsprechend verhalten und hatte die Grenze nicht gesehen, aber da war sie doch nicht alleine? Tsorn selbst überschritt jeden Tag eine Grenze. Er hatte nur Glück. Selbst nachdem sie sich das gefühlt hundertste Mal umgedreht hatte und noch immer kein Auge zu bekam, beschloss sie aufzustehen. Die Sonne stand bereits am Himmel und sie würde sich heute eine Auszeit nehmen. Luzifer würde dies sicherlich verstehen. Immerhin … er musste es verstehen. Ihr Weg führte sie dann allerdings zu den Engeln. Luzifer war nicht dumm, ansonsten würde sie ihm es später erklären. Ihr Drang mit Haniel zu sprechen war allerdings sehr viel grösser und sie konnte sich selbst nicht erklären wieso. Konnte es sein, dass sie einfach mit einer Frau sprechen musste? Die Männer denen sie mehr oder weniger vertraute, waren in dem Punkt keine guten Ansprechpartner, wobei Grid gar nichts gesagt hatte. Zaghaft betrat sie die Zelle und ihr fiel auf, dass einer fehlte, was sie nicht tangierte, da es nicht Haniel war. Sie war mit schnellen Schritten bei ihr und konnte an ihrem Blick spüren, dass sie spürte, dass etwas nicht stimmte. Sie nickte wortlos und Bager nahm sie mit. “Wofür habt ihr eigentlich so viele Zellen?”, fragte Bager nach einer Weile, hatte sie Haniel jedoch nicht mit in eine der Zellen genommen, sondern in ihr Zimmer. Ihre Stimmung war drückend genug, wieso sollte sie sich dann noch dieses Kerkergrau geben? Luzifer würde es verstehen, da war sie sich sicher. “Da fragst du wohl am besten Michael”, war die Antwort des Engels. “Wieso bringst du mich in mein Zimmer?”, wollte sie dann wissen und Bager lächelte kurz. Irgendwie hatte sie es geahnt, dass sie sich in Haniels Zimmer gemütlich gemacht hatte. “Ich schlafe hier, wobei seit gestern ist es eher unheimlich. Es, tut mir leid”, entschuldigte sie sich ohne Zusammenhang und verwirrte Haniel damit zusehends. “Was tut dir leid?” “Setz dich, ich bin ein wenig durcheinander, ich habe die Nacht nicht geschlafen und, nachgedacht. Du bist die einzige Frau hier, vielleicht verstehst du mich, aber vermutlich nicht.” Bager war sichtlich aufgeregt und es schien ihr unangenehm zu sein, was Haniel lächeln und sich zu ihr setzen liess. Vorsichtig legte sie eine Hand auf ihren Unterarm und zog die Aufmerksamkeit vollkommen auf sich. Die Unruhe schien durch diese kleine Berührung wie weggeblasen zu sein und Bager entspannte sich augenblicklich, ohne selbst zu wissen, wieso. “Ich habe gestern einen Fehler gemacht. Ich spiele gerne, es liegt in meiner Natur, aber ich hab es übertrieben und den Falschen herausgefordert. Zwar wurde verhindert das etwas Schlimmeres passiert, aber ich habe bemerkt, dass ich nicht besser bin.” Haniel streichelte ihr weiter leicht über den Unterarm und lächelte sie aufmunternd an. “Ich bin dir zu Nahe getreten, ohne das du es wolltest. Ich konnte spüren, dass du keinerlei Erfahrungen hast, dass du sie auch nicht wünscht und trotzdem habe ich dir Dinge gesagt, dich berührt, das hätte ich nicht tun dürfen.” Nun verstand Haniel, was Bager ihr sagen wollte und nahm sie ohne zu zögern in den Arm. Die Ketten waren zwar ein wenig störend, aber sie spürte deutlich, dass Bager genau deswegen zu ihr gekommen war. Nicht nur, um sich zu entschuldigen. “Aber ist es nicht deiner Sünde geschuldet oder hast du eine Wahl?”, wollte sie dann wissen und spürte wie Bager sich ein wenig an sie schmiegte. “Wir haben immer eine Wahl. Es stellt sich immer nur die Frage, inwieweit wir uns der Sünde hingeben. Ich selbst, ich suche Bestätigung, es ist schwierig in der Männerwelt zu bestehen und das Gefühl zu haben, es reicht nicht aus. Zumal ich noch Glück habe, irgendwie. Andere Sünden haben es schwerer und härter getroffen”, versuchte sie sich zu erklären und löste sich nach einer Weile wieder. “Dann könntest du dich an sich zurücknehmen, oder?” Bager nickte. “Es klingt falsch, aber ja, meine Lust, sie ist vorerst gestillt und irgendwie auch weg. Es fehlte immer etwas, als wäre ich auf der pausenlose Suche, als wäre dies meine Strafe”, beantwortete sie die Frage. “Hast du gefunden wonach du gesucht hast?” “Nein, ich dachte, aber nein. Tsorn, ich bin ihm nachgelaufen, weil er mich nicht wollte, irgendetwas tief in mir, will ihn noch immer, aber auch bei ihm habe ich es nicht gefunden. Mekane, Tsorn hat ihn getötet, weil er mir weh tun wollte, ich hatte mich gefreut und …”, sie brach ab. Ihr wurde mit jedem Wort klar und deutlich, dass Tsorn für sie nur eine Trophäe war. Es hätte nie funktionieren können, was sie nur durch Mekane erkannt hatte. “Also hatte dein Erlebnis, auch noch etwas Gutes, so komisch dies klingt?” Nun nickte Bager und war selbst überrascht. Haniel tat nicht viel, sie war einfach da und ihr wurde so vieles klar. “Danke”, sie umarmte nun Haniel ihrerseits und überraschte diese komplett. Sie verlor das Gleichgewicht und Bager kam auf ihr zu liegen, was sie kurz grinsen liess. “Ungünstig, wenn ich mich entschuldige und dir wieder so Nahe komme, hm?”, fragte sie dann allerdings mit einem gespielt süffisanten Unterton und konnte Haniel dabei beobachten wie sie rot wurde. “Also, ich, es war mir nicht unangenehm, nur neu und ungewohnt und …” Haniel stockte und schluckte kurz. Es war ihr peinlich dies zugeben zu müssen, aber sie wollte und konnte es schlecht leugnen. “Also, dürfte ich dich küssen?”, wollte Bager wissen und kam ihren Lippen ein wenig näher. Wieso sie das selbst wollte, wusste sie nicht, es war ein Gefühl und dem wollte sie nachgehen. Zumindest soweit Haniel sie liess. Kapitel 27: Gedanken -------------------- Raphael hatte in dieser Nacht absolut kein Auge zugetan. Kaum war Luzifer weg, fuhren seine Gedanken eine wilde Achterbahn, die er kaum noch aufzuhalten vermochte. Schon wieder hatte er ihm ein Angebot unterbreitet, schon wieder kam er ihm ungefragt näher und zum Glück schien Luzifer absolut nicht auf ihn zu achten.  Es schien, dass dieser so verwirrt war und zeitgleich so von ihm besessen, dass er wesentliches gar nicht wirklich wahrnehmen konnte. Zu seinem Glück und zeitgleich zu seinem Bedauern. Langsam setzte er sich auf und öffnete langsam die Augen. Da Luzifer bei ihm war, war es unwahrscheinlich, dass er so schnell wieder kam. Ein wenig Zeit wurde ihm nun geschenkt und die musste er nutzen. Mit einem tiefen Atemzug liess er sämtliche Schilde und die dazugehörigen Illusionen fallen. Er wusste bereits, dass seine Freunde sie nicht mehr benötigten und er konnte spüren, dass es ihnen gut ging, zumindest körperlich, daher brauchte er diese Kraft wirklich nicht mehr aufzuwenden. Bei sich selbst hingegen … Ganz langsam strich er sich über die Seite und zog scharf zischend die Luft ein. Die Wunde wurde nur langsam besser. Kein Wunder, wenn er sich erst um alle anderen kümmerte, anstatt um sich selbst. Seine Hand wanderte ein wenig tiefer und auch die Schnittwunde an seinem Oberschenkel sah nicht besser aus. Dabei hatte er gute Selbstheilungskräfte, normalerweise wäre dies in einem Tag erledigt gewesen.  Normalerweise. Es war nur gerade nichts normal und dies war ihm sehr wohl selbst bewusst. Die Kraft, die er dafür aufwendete, damit Luzifer nichts mitbekam, war eigentlich eben diese, die er benötigt hätte, um sich selbst zu regenerieren.  Ein leises Lachen verliess seine Kehle und er lehnte sich gegen die Steinmauer. Die Kühle, welche von ihr ausging, war gerade unfassbar angenehm. “Wieso?”, fragte er sich leise und strich sich dann kurz durchs Haar. Wieso war eine sehr gute Frage und er hatte so viele davon. Wieso waren sie so unterlegen? Wieso hatte er sie nicht einfach getötet? Wieso wurde er so verhätschelt? Wieso erzählte ihm Luzifer alles? Wieso wollte er seine Hilfe? Wieso kam er ihm dauernd ungefragt näher? Und wieso konnte er sich einfach an nichts erinnern? Auf keine dieser Fragen hatte er eine Antwort. Er konnte spüren, dass eine Vertrautheit da war und durch Erzählungen wusste er genau, dass Luzifer und er gute Freunde waren. War es diese Vertrautheit, welche Luzifer dazu bewog ihm alles anzuvertrauen? War es nicht dumm von ihm? Er konnte es gegen ihn verwenden, sich bei ihm einschleimen und ihn endgültig zu Fall bringen und doch verspürte er absolut keinen Drang danach dies zu tun. War es eben diese Vertrautheit die ihn daran hinderte? Die seine Wut, seinen Hass und seine Schmerzen einfach zur Seite schoben? Seinen Hass, auf wen? Auf Luzifer? Er wusste es nicht. Ebenso die Wut, er war wütend, sehr sogar.  Allerdings nicht nur auf ihn, sondern auf gefühlt jeden. Jeder der ihn nicht ernst nahm, jeder der ihn behandelte wie ein rohes Ei und eigentlich war er es auch auf sich selbst. Er hätte längst etwas tun können, längst Antworten einfordern, er hatte bisher nur bei den Falschen gefragt. Gott war nicht seine Ansprechperson. Dieser wusste offensichtlich genauso wenig was hier vor sich ging, wie alle anderen. Wie alle ausser Michael und wenn er Luzifer glauben wollte, Uriel. Hatte er sich wirklich so sehr in ihnen getäuscht?  Woher wusste er, dass nicht auch die anderen mehr wussten? Oder war dies ein Plan von Luzifer? Er wusste es nicht, er konnte nicht klar denken und er brauchte einen Rat. Nur wem sollte er vertrauen? Er lachte erneut kurz auf. Ihm fiel auf, dass er schon einmal an diesem Punkt war. Er wollte Luzifer helfen, weil er selbst Antworten wollte, nur war er bisher keinen Schritt weiter gekommen. Es war offensichtlich, dass er etwas tun musste, nur ohne Vertrauen war dies schwierig. ‘Metatron?’, versuchte Raphael es bei der einzigen Person, die ihn noch nie enttäuscht hatte. Eine ganze Weile kam keine Antwort und gerade als Raphael sich an Raziel wenden wollte, spürte er dessen Präsenz. ‘Du solltest dich schonen und nicht noch mehr Kraft aufwenden, Raphael”, war die beinahe schroffe Antwort seines Lehrmeisters. ‘Ich weiss was gut für mich ist und wann ich aufpassen muss’, konterte er ihm beinahe eingeschnappt und er konnte das Lachen in seinem Kopf deutlich hören. ‘Etwas, das mir komplett neu wäre und ich dir so leider nicht glauben kann, Raphael. Du hattest immer deinen eigenen Kopf und sobald man dir sagte, tue etwas nicht, hast du es getan. Es war einfach dich so zu manipulieren und deswegen warst und bist du einer meiner besten Schüler, aber genau deswegen kenne ich dich auch so gut und es ist an der Zeit, dass du auf mich hören solltest, Raphael.” Zum Glück konnte Metatron nicht sehen, dass er mit den Augen rollte. Diese Belehrungen, er hatte sie definitiv nicht vermisst, auch wenn er wusste, dass dieser vollkommen recht hatte. ‘Wie tief sind deine Wunden?’, kam nach einer Weile die Frage, die Raphael natürlich nicht hören wollte und er konnte ihn auch nicht belügen. Selbst wenn er es gewollt hätte. ‘Ich werde es überleben’, antwortete er ihm ausweichend. ‘RAPHAEL! Du gibst mir jetzt eine ordentliche Antwort auf meine Frage oder ich werde dir die deinigen nicht beantworten, haben wir uns verstanden?’ Raphael zuckte beinahe ein wenig zusammen, nur der Schmerz in seiner Seite hinderte ihn daran. Metatron war offensichtlich nicht so gelassen, wie er ihn eingeschätzt hatte und es ehrte ihn irgendwie, dass dieser sich wirklich Sorgen um ihn machte. ‘Es sind zwei tiefe Wunden und ein paar Kratzer’, gab er dann ehrlich zu und seufzte leise. ‘Soll ich?’ ‘NEIN! Du tust gar nichts alter Mann. Du wirst nicht deine Kraft aufwenden, nachdem ich meine für dich gebraucht habe, du weisst, ich kann sie verweigern und du bist trotzdem wieder geschwächt. Ich brauche einfach ein Frühwarnsystem’ Bei seinen Worten lachte er leise. ‘Gabriel wäre praktisch, der könnte mich vorwarnen, wenn Luzifer auf dem Weg zu mir ist’, scherzte er leise lachend. ‘Er ist kein Hellseher’, stellte Metatron trocken fest. ‘Lass die Illusionen bleiben, früher oder später wird er es bemerken. Luzifer ist nicht dumm. Er ist augenblicklich ziemlich verwirrt. Erinnerungen überkommen ihn. Erinnerungen, die er verdrängt und verloren hat, nachdem er von hier gehen musste. Ich bin mir nicht sicher, was mit dir passiert ist, Raphael, ob es ein Trauma ist oder eine Einmischung, aber letzten Endes wird er mehr wissen, als du. Solltest du wirklich nach Antworten suchen, dann wirst du dich an ihn halten müssen’, riet ihm Metatron, ohne das er ihn danach gefragt hatte. ‘Gabriel ist vielleicht kein Hellseher, aber offensichtlich bist du einer’, kommentierte Raphael die Worte und Metatrons Lachen erklang in seinem Kopf. ‘Ich habe bereits erwähnt, dass ich dich besser kenne, als du dich selbst, Raphael.’ ‘Denkst du, ich kann ihm vertrauen?’, hakte er dann unsicher nach und er war sich sicher, dass er diese Unsicherheit gerade nicht überspielen konnte. ‘Du tust es doch bereits oder irre ich mich? Du willst von mir nur die Erlaubnis, dass es keine Konsequenzen für dich haben wird, aber was soll dir noch gross passieren?’ ‘Ich könnte das gleiche Schicksal erleiden wie er’, stellte Raphael ein wenig verbittert fest. ‘Und? Wäre es schlimmer, als dein Aktuelles? Raphael, wir alle sehen, dass du leidest und keiner kann dir helfen, es wird Zeit, dass du tun musst, was du tun musst.’ Die Antwort überraschte ihn.  ‘Ich würde euch niemals verraten’, entgegnete er ohne zu zögern. ‘Davon gehe ich auch nicht aus, aber wer weiss, was du tun musst, um an deine Antworten zu kommen. Luzifers dunkler Pfad … Vielleicht ist er nicht so dunkel, wie wir annehmen, aber es liegt an dir, dies herauszufinden und Raphael? Verschliesse dich nicht vor deinen Erinnerungen, sie werden dir vermutlich am meisten helfen und nun ruh dich aus, du wirst deine Kräfte brauchen.’ Raphael spürte gut, wie die Verbindung gekappt wurde und auch das Metatron recht hatte. Wer sollte ihn jetzt aufhalten?  Gott? Selbst wenn dieser erfuhr was hier vor sich ging, war er dann nicht selbst Schuld? War es nicht dessen Fehler, sie alleine zurück zu lassen und dass sie sich eigene Wege suchten, um die Unterwelt wieder los zu werden?  Er würde Luzifer vertrauen und sich seinen Erinnerungen nicht mehr verschliessen, zumindest war dies sein Plan.  Sobald er fitter war, würde er versuchen mit Uriel zu sprechen, dieser schuldete ihm wohl mit am meisten eine Antwort, wobei ihm da noch ein ganz anderer Gedanke in den Sinn kam. Unter diesen Gedanken, vergass er sein Schild wieder hochzufahren und schlief ein. Das erste Mal, ohne Kraftanstrengung.    “Bist du sicher, dass dies eine gute Idee ist?”, wollte Luzifel mit einem schelmischen Grinsen auf den Lippen wissen. “Nein, aber du bringst mich selten auf gute Ideen”, erwiderte Raphael an seine Lippen flüsternd, ehe er sie zu einem innigen Kuss verschloss. “Dir ist klar, dass wir Ärger bekommen, wenn wir HIER erwischt werden?”, hakte Luzifel nach und schloss geniesserisch die Augen, als Raphael sich seinen Weg mit gefühlt tausend Küssen, nach unten bahnte. “Willst du etwa in deinen Palast, Luzifel?”, neckte Raphael ihn und biss ihm verspielt in die Brustwarze und genoss den geniesserischen Laut, welchen Luzifel von sich gab. “Um himmels Willen, nein”   Raphael schrak aus seinem Schlaf und verzog kurz das Gesicht. Seine Wunde war jetzt zweitrangig, aber wie kam es zu diesem Traum?  Nein, dies war kein Traum, das fühlte sich zu real an. War es eine Manipulation? Schnell schüttelte er den Kopf. Er hatte ihn bei seinem Engelsnamen genannt. Dies war echt. Plagten Luzifer dieselben Erinnerungen? Näherte er sich ihm deswegen? Hatte Metatron dies gemeint? Raphael war vollkommen verwirrt und schloss erneut die Augen. Nun schossen ihm weitere Bilder durch den Kopf, ohne dass er schlief. Es war offensichtlich, entweder er drehte langsam aber sicher durch oder seine Vergangenheit mit Luzifer war sehr viel tiefergehend, als er bisher gewusst hatte. “Ok, ich habe ein Problem”, stellte er dann seufzend fest und sein Blick galt seiner Körpermitte.  Es war eigentlich pure Ironie. Bei dieser Sünde, Bager, hatte sich absolut nichts getan und ein Traum aus seiner Vergangenheit bewirkte so etwas? Raphael schloss erneut die Augen und versuchte an ganz andere Dinge zu denken. Ein Plan der absolut nicht funktionierte, da ihm augenblicklich die Küsse in den Sinn kamen. Sie waren so voller Leidenschaft. Es ging Luzifer ähnlich und er hielt sich zurück. Er hatte ihm sogar gesagt, dass er ihn sich einfach nehmen könnte, wenn er denn wollte …  Ein Gedanke, der ihn kurz zum Lachen brachte und kurze Zeit später leise zum keuchen. Der Stoff war gerade unnötig und die Reibung machte es nicht besser. Er brauchte wirklich andere Gedanken, komplett andere Gedanken, vielleicht sollte er jetzt ein Gespräch mit einem seiner Freunde suchen. Da würde sicherlich nicht mehr lange ein Problem bestehen.  ‘Hört mich einer von euch?’, öffnete er seine Gedanken einfach komplett und hoffte einer der Erzengel würde antworten. Nichts. Stille. Ein leises fluchen entglitt seinen Lippen und seine Hand suchte sich ziemlich zielsicher den Weg in die Tiefe. Wie tief war er eigentlich gesunken?  Wann hatte er sich das letzte Mal selbst angefasst? Hatte er dies überhaupt getan? Er konnte sich absolut nicht mehr daran erinnern, es war aber auch egal. Seine Gedanken drifteten sowieso komplett ab und ohne dass es ihm bewusst war, stellte er sich eine ganze bestimmte Person vor. Raphael hatte letzten Endes keine Ahnung wie lange er mit sich selbst beschäftigt war. Er hoffte allerdings sehr, dass niemand davon mitbekommen hatte oder würde.  Allerdings war er viel zu erschöpft, um sich darüber noch weitere Gedanken zu machen und sein Körper holte sich, was er brauchte. Schlaf.   “Raphael, ich muss dir was sagen.” Luzifel zog an dessen Hand und Angesprochener kam eher widerwillig mit. “Dann tu es doch, wohin schleppst du mich eigentlich?” Luzifel verdrehte ein wenig genervt die Augen. “Wenn ich es dir hier sagen könnte, würde ich es tun, aber zu viele Ohren die mithören, du verstehst?” “Absolut rein gar nicht”, antwortete Raphael auf die Frage und wurde von Luzifel weiter gezogen. Es dauerte eine gesamte Weile, bis sie an dem Ort ankamen, an welchem Luzifel sie haben wollte, was allerdings an Raphaels fehlender Kooperation lag. “Du hättest einfach sagen können, dass wir in deinen Palast sollen, dann wäre es schneller gegangen.” Es war offensichtlich, dass Raphael keine Überraschungen mochte und erst jetzt Luzifel aus freien Stücken folgte.  “Und?” “Und was?” “Du wolltest mir etwas sagen?” Luzifel grinste lediglich und führte Raphael in sein Zimmer. Dort angekommen schloss er die Tür hinter sich und verschloss diese. Mit grossen Schritten war er bei Raphael und umarmte ihn, anders bekam er ihn nicht dazu sich zu bewegen und es dauerte nicht lange, hatte er ihn aufs Bett geschubst. “Was wird das?” “Finden wir es heraus, oder?” Raphael konnte auf die Worte nicht antworten, da Luzifel ihn vorsichtig küsste.    Erneut wachte Raphael auf und sofort war ihm klar, was dies für eine Erinnerung war. Ihr erster Kuss. Danach war nichts weiter passiert. Wieso konnte er sich jetzt daran erinnern? War es, weil er sich erinnern wollte? Wieso war dies früher nicht möglich? Und wie sollte er jetzt mit Luzifer umgehen? Kapitel 28: Rätselstunde ------------------------ Die Stille, welche in seinem Raum herrschte, war für Luzifer ein Traum. Keiner wollte etwas von ihm wissen, niemand störte und belästigte ihn mit Fragen, welche ihn aktuell absolut nicht interessierten. Vielleicht sollte er sich um Bager kümmern. Er war sich allerdings sicher, dass Tsorn und Grid dies schon hinbekommen hatten, wobei Luzifer da tatsächlich eher an Grid glaubte. Luzifer war durchaus auch bewusst, dass er sich um die Belangen hier kümmern sollte, dass er schneller zu einem Ergebnis kommen musste, aber seine Kraft war aktuell nicht auf dem Höhepunkt und seine Lust hatte sich nach dem gestrigen Tag längst verabschiedet. Bisher hatte er nie Probleme, sich selbst zu motivieren, Gründe zu finden, wieso er etwas tat, aber jetzt? In diesem Moment war es in seinen Augen ein Kampf, der zu lange dauern würde. Sein primäres Ziel war nicht erreichbar und verschollen. Wobei sich dieses offensichtlich geändert hat. Er wollte Antworten und ihm war mittlerweile bewusst, dass nicht Gott derjenige war, welcher ihm diese geben konnte. Ein Seufzen entglitt seiner Kehle und die Decke wurde einmal mehr über den Kopf gezogen. Wie gerne wäre er in diesem Moment ein Mensch. Ein dummer kleiner Mensch mit seinen alltäglichen Sorgen. ‘Luzifel?’, erklang auf einmal eine Stimme in seinem Kopf, welche er zu ignorieren versuchte. ‘Luzifel!’, erklang sie ein zweites Mal und ein Brummen war die Folge. ‘Ich spreche mit dir.’ Ein wenig entnervt setzte sich Luzifer auf und schaute sich in dem Zimmer um. Es war niemand zu sehen. Langsam schien er den Verstand zu verlieren. Der Himmel machte ihn wahnsinnig und offensichtlich schien er langsam aber sicher fortzuschreiten. ‘Du wirst nicht verrückt. Um Himmels Willen, du hast Engelsblut in dir, denk ein wenig nach’, erklang die Stimme erneut. ‘Ich dachte, diese Art der Kommunikation wäre mir verwehrt, wieso kann ich dich hören?’ Luzifer konnte die Überraschung nicht einmal in seinen Gedanken vermeiden und ein dunkles Lachen ertönte. ‘Nun, dir dies zu erklären, würde deine Geduld überstrapazieren. Bist du bereit?’ ‘Wofür?’ ‘Na für die Erklärung …’ Luzifer seufzte tief auf. Metatron spielte mit ihm. Entweder war diesem in seiner Isolation langweilig, oder er wollte ihn wirklich in den Wahnsinn treiben, was dieser vermutlich auch aus purer Langeweile getan hätte. ‘Deinem Seufzen entnehmen ich, dass du nicht an einer Erklärung interessiert bist, sie würde dir allerdings helfen, gegebenenfalls auch mit den anderen Engeln kommunizieren zu können und in Anbetracht der Entwicklungen, wäre die Verbindung zu einem von uns, in deinen Augen bestimmt erwünschenswert.’ Luzifer zog die Decke wieder über seinen Kopf. Er konnte Metatrons Redeschwall auch über sich ergehen lassen, indem er sich einkuschelte, war er ja nicht im gleichen Raum und dementsprechend war es egal, wie er da lag. ‘Ich habe offensichtlich eine Verbindung zu dir, reicht die nicht? Ausserdem, sollten die anderen erfahren, dass ich eure Kommunikation ebenfalls beherrsche, redet ihr bestimmt nicht mehr untereinander.’ Ein erneutes Lachen erklang. ‘Du wirst die Gespräche doch nicht belauschen können. Du warst lange genug ein Teil von uns und bist es offensichtlich immer noch. Nur derjenige, den du ansprichst, wird dir zuhören und antworten können, sofern er empfänglich ist. Deine Verbindung zu mir ist nach all den Jahren noch immer so stark. Sie überrascht mich selbst. Sollte ich recht behalten, dann dürfte die Verbindung zu Raphael noch um einiges stärker sein, sofern er empfänglich für deine Belange ist.’ Luzifers Interesse war tatsächlich geweckt. Nicht nur aufgrund der Erwähnung Raphaels, auch weil er schon so lange nicht mehr in dieser Form gesprochen hatte. ‘Du warst mein Lehrmeister und hattest es immer gut mit mir gemeint. Ich mag nachtragend sein, aber selbst ich weiss, wann du nichts mehr tun kannst, Metatron.’ Luzifer konnte spüren wie dieser ihm zustimmte, ohne ein Wort zu sagen. Es war unglaublich. ‘Reden wir nicht über die Vergangenheit, auch wenn sie offensichtlich genau das ist, was dich mit am meisten beschäftigt. Wir sollten über die Zukunft sprechen, über alles, was noch passieren wird. Mit dir und deinen Mitstreitern.’ ‘Könntest du aufhören in Rätseln zu sprechen, Metatron. Ich will meine Antworten und dann verschwinden, wie oft denn noch?’ ‘Nehmen wir an, du bekommst jegliche Antwort, die du dir wünscht, was dann? Deine Erinnerungen werden unweigerlich zurückkommen, tun sie bereits, oder? Dein Schicksal ist unweigerlich mit dem von Raphael und Michael verknüpft. Eure Fäden, sie waren schon immer miteinander verwoben und sobald sie entwirrt sind, wenn Klarheit geschaffen wird, welche Konsequenzen wirst du daraus ziehen?’ Es war eindeutig zu früh für Luzifer, um sich solchen Fragen zu stellen, allerdings stellte Metatron sie nicht aus Willkür. ‘Woher soll ich die Konsequenz wissen, ohne die Antworten zu kennen?’ ‘Kannst du ihn alleine lassen?’ Die Frage brachte Luzifer komplett aus dem Konzept. Was wusste Metatron? ‘Ich beginne nun mit meiner Erklärung, meiner Theorie und solltest du mich nicht unterbrechen, mit meiner Lebensgeschichte …’ Da Luzifer auf diese Drohung nicht reagierte, war Metatron klar, wie sehr er den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. ‘Als ich ein kleiner Engel war …’ Begann Metatron mit seiner Geschichte und nach gefühlt einer Ewigkeit reagierte Luzifer endlich. ‘Was? Wieso erzählst du mir, bist du, was?’ ‘Oh, jetzt wäre es gerade spannend geworden, aber schön dich wieder am Gespräch beteiligt zu wissen. Bekomme ich eine Antwort auf meine Frage oder hast du dir den Kopf darüber zermartert, wen ich meinen könnte?’ Die Unschuld in Metatrons Stimme provozierte Luzifer unnötigerweise und ihm war bewusst, dass genau dies Metatrons Ziel war. ‘Wieso sollte ich bei ihm bleiben wollen?’, stellte Luzifer die Gegenfrage. ‘Dafür hast du nun so lange gebraucht? Ich hätte eine weitaus speziellere Frage erwartet, aber nun gut, dein Geist scheint müde zu sein. Entwicklung, Luzifel, alles hat mit Entwicklung zu tun, der Stärke zu erkennen, wie sehr man an sich selbst und an gewissen Situationen wachsen kann.’ ‘Was keine Antwort auf meine Frage ist’ ‘Sicher? Du solltest ein wenig in dich gehen und dir bewusst machen, was du willst, ein Rat, den ich jedem von euch geben würde und vermutlich sollte, nur gehörst du zu den verlorenen Seelen, welche sich nirgendwo zugehörig fühlt und damit bist du nicht alleine, Luzifel.’ ‘Was weisst du?’ 'Nichts, was nicht offensichtlich wäre, setze deinen Verstand ein, lass dich nicht täuschen. Deine Geduld, bringe sie auf, dann bekommst du Antworten auf Fragen, die du nicht gestellt hast. Ich bin ein alter Mann und kann dir nur bedingt helfen auf deiner Suche nach der Wahrheit, aber ein anderer kann es, sobald er sich nicht mehr selbst im Weg steht.’ ‘Du meinst, er wird sich erinnern, sobald er dies zulässt? Nach meinen Informationen könnte dies nur Uriel bewerkstelligen und nicht einmal dann, wäre es sicher.’ ‘Es kommt ganz darauf an, welche Erinnerung dir wichtiger ist. Die Zeit vor deiner Verbannung oder die Zeit währenddessen. Sollte das Zweitere deine Priorität haben, dann hast du vermutlich recht, doch sollte dies noch nicht deine Priorität sein. Die Zeit kommt, sie arbeitet für dich, für euch und eure Antworten, aber sie arbeitet langsam.’ Luzifer brummte leise. Sein Schädel würde noch explodieren. ‘Ich denke, du wirst verstehen, wenn du das nächste Mal mit ihm sprichst. Persönlich, nicht über diesen Kommunikationsweg. Ich lasse dich über unser Gespräch nachdenken, aber eine Bitte hätte ich noch.’ ‘Hm?’ ‘Könnte ich meine Zelle aufwerten mit einer für mein Alter angemessenen Unterlage und sofern ich keine Gesellschaft bekomme, ein Buch?’ Luzifer konnte Metatrons Lachen laut und deutlich hören und wollte daraufhin etwas erwidern, spürte jedoch im selben Moment, dass dieser ihre Verbindung gekappt hatte. “Was will dieser alte Mann eigentlich von mir?”, hörte er sich selbst brummen. Konnte es wirklich sein, dass Metatron ihm helfen wollte? In Anbetracht der Situation glaubte er allerdings eher daran, dass er ihn in den Wahnsinn treiben wollte, um ihn damit auszuschalten. Doch konnte er sich da sicher sein? Vielleicht vertraute Raphael Metatron wirklich und sie sprachen miteinander. “Die machen mich fertig”, motzte er leise und beschloss, nun doch aufzustehen. Gadles hatte ein komisches Gefühl, als er aufstand und durch den Palast schritt. Irgendetwas stimmte nicht und mit jedem Meter, den er ging, wurde dieses Gefühl stärker und stärker. Er fühlte sich schwächer. Doch dies konnte nicht sein. Michaels Hochmut war ausreichend und normale Nahrung benötigte er nicht zum Überleben, auch wenn sie eine willkommene Abwechslung war. Wieso also fühlte er sich schwächer? Ging es den anderen auch so? Gadles beschloss, in den Speisesaal zu gehen. Ebenfalls eine Einrichtung, welche die Engel vermutlich nicht benötigten, allerdings schienen sie sich gerne mit Essen zu beschäftigen. Sie waren sich nicht so unähnlich, wie er einmal mehr feststellte. Wie erwartet traf er dort auf Glatani, welcher sich bereits Unmengen an Speisen einverleibte. “Ist gestern irgendetwas passiert?”, wollte er ohne Umschweife wissen und setzte sich in sicherer Entfernung hin. “Luzifer war gestern ziemlich wütend. Ich kam mit einem blauen Auge davon, aber ich glaube Inersha nicht, habe ihn seit gestern auch nicht mehr gesehen”, beantwortete er ihm die Frage, soweit er nun einmal konnte. “Was habt ihr angestellt?” Eigentlich interessierte es Gadles nicht, allerdings war etwas komisch und ehe er mit Tsorn oder Grid sprach, tat es auch Glatani. “Ich an sich nichts, ich hatte Inersha gewarnt, falsche Gerüchte zu streuen. Doch er wollte nicht auf mich hören.” Gadles nickte verstehend. Sie hatten sich also selbst in Gefahr gebracht. Doch erklärte es nicht, woher dieses komische Gefühl kam. “Kennst du die Strafe?”, hakte er nach und bekam ein nicht sonderlich motiviertes Schulterzucken seines Gegenübers. “Nein, nachdem Luzifer mich ermahnt hatte, zog ich es vor, nicht weiter in dessen Nähe zu sein, wie du sicherlich verstehen kannst. Du solltest ihn in nächster Zeit nicht reizen, ich bin mir sicher, seine Laune wird nicht besser.” Gadles konnte sich ein leises Lachen nicht verkneifen. Ohne etwas gegessen zu haben, erhob er sich vom Tisch und verliess den Speisesaal wieder. Luzifer war gereizt? Dann sollte er ihm vielleicht ein wenig die Laune versüssen und endlich an Informationen gelangen. Sein Weg führte ihn nun ohne Umwege zu Michaels Zelle, kurz davor hielt er allerdings inne und beschloss, einem anderen Erzengel einen Besuch abzustatten. Luzifer wollte Informationen. Michael hatte ihm bisher nicht weiter geholfen, zwar machte es Spass ihn ein wenig zu reizen, aber ohne jeglichen Effekt verging ihm auch dieser. Es dauerte nicht lange, befand er sich vor Raphaels Zelle wieder. Sein Gefühl sagte ihm zwar laut und deutlich, dass diese Idee nicht sonderlich gut war, aber er wollte Luzifer beeindrucken und seine Sünde sprach eine ganz andere Sprache. “Ich wünsche einen guten Morgen”, begrüsste er Raphael in einem sehr sarkastischen Tonfall und erhielt wider Erwarten keine Reaktion. “Ich spreche mit dir, Abschaum”, wurde sein Ton direkt ein wenig harscher und schloss die Tür mit einem Knall hinter sich. Nachdem Raphael erneut nicht reagierte, knurrte Gadles leise auf. Sie sollten den Engeln nicht weh tun, aber er wurde nicht ignoriert. Die Wut, sie stieg langsam in ihm hoch und sein Verlangen, diesen Engel vor ihm zu foltern, wurde grösser und grösser. Solange er keine Spuren hinterliess, würde Luzifer davon nichts mitbekommen, zumindest war dies Gadles Gedankengang. Mit einem Grinsen auf den Lippen beugte er sich über den scheinbar schlafenden Engel und legte seine Hände um dessen Kehle. “Du solltest mit mir sprechen, solange du es noch kannst”, drohte er leise und begann langsam Druck auszuüben. Es war kein Wunder, dass Raphael nun aus seinem tiefen Schlaf aufwachte und überrascht in Gadles Augen blickte. “Oh, Dornröschen ist aus seinem Schlaf erwacht, ganz ohne Kuss”, spottete Gadles und liess ein wenig lockerer. “Verschwinde”, forderte Raphael auf, nachdem er einen tiefen Atemzug genommen hatte. “Wieso sollte ich?”, hakte Gadles überheblich nach und liess seinen Blick nicht eine Sekunde von dem Erzengel. “Um deines Lebens Willen. Mir ist es ja egal, was mit euch passiert, je weniger von euch, umso besser.” “Wie meinst du das?”, fragte Gadles nun seinerseits überrascht nach. Er konnte Raphaels Worte nicht deuten. “Frag Luzifer.” “Ich frage dich. In deinem Zustand wäre es mir ein Leichtes dich zu foltern und zu quälen, bis du mir die Antworten gibst, die ich von dir haben will. Keiner von euch könnte mir widerstehen, auch du nicht.” “Hast du Antworten von Michael?” Gadles zuckte zusammen und allein sein Blick hätte Raphael vermutlich getötet. Zielsicher hatte er seinen wunden Punkt getroffen und ihn beschlich langsam das Gefühl, dass Raphael sehr viel mehr wusste. “Wir reden hier von dir, nicht von Michael”, knurrte Gadles leise. “Also nein.” Raphael setzte sich langsam auf. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, seine Wunden mit einer Illusion zu verschliessen, da er Metatron leider recht geben musste. Allerdings schätzte er Gadles auch nicht intelligent genug ein, diese wirklich wahrzunehmen. “Woher weisst du, welche Sünde ich bin?”, wollte Gadles wissen. Er hatte sich nicht vorgestellt und er glaubte kaum, dass Raphael hellsehen konnte. “Ich habe geraten. Grid war mein erster Aufpasser, Bager und Tsorn hatten mir ebenfalls Gesellschaft geleistet, alle drei hatten nichts mit Michael zu tun. Dein Auftreten hingegen, nun, es passt zu ihm und ich schätze Luzifer so ein, dass er ein wenig mitgedacht hat bei der Aufteilung.” Gadles lachte abfällig auf. “Dann hätte er dir nicht Grid zugeteilt”, stellte er fest und tigerte ein wenig in der Zelle auf und ab. “Dein Leben ist dir nichts wert, oder?”, wollte Raphael ruhig wissen. Sein Blick ruhte auf der Sünde und beobachtete Gadles ganz genau. “Wieso?” “Wie gesagt, du solltest Luzifer fragen. Es ist allerdings erstaunlich, dass er mir mehr erzählt als euch”, provozierte nun Raphael die Sünde. Metatron hatte eindeutig recht, er musste etwas tun und wenn Gadles in sein Messer laufen wollte, dann sollte er dies ruhig tun. “Du lügst, niemals würde Luzifer dir mehr vertrauen als mir. Ich bin sein bester General”, antwortete Gadles daraufhin hochmütig und strafte Raphael mit einem ebensolchen Blick. “Wie hoch magst du in seiner Gunst noch stehen, solltest du ihm nicht bald Informationen von Michael beschaffen? Er ist derjenige von uns, der über alles Bescheid weiss, derjenige, der so tief in Gottes Allerwertesten steckt, dass er offensichtliche Narrenfreiheit geniesst. Doch du kommst zu mir und erhoffst dir Antworten. Zu mir, der für euch tabu ist.” Gadles schnaubte einmal mehr auf. Die Wut auf diesen Engel wuchs mit jeder Sekunde mehr. “Ich töte dich, sobald ich die Gelegenheit dazu bekomme. Ich werde Luzifer schon klar machen, dass jegliche Sentimentalität fehl am Platze ist und dann töte ich dich noch bevor ich Michael den gar aus mache.” Raphaels dunkles Lachen erklang im Raum und Gadles kochte vor Wut. Mittlerweile war er dazu übergangen, um den Engel herumzulaufen und somit stand er nun hinter Raphael. Er packte ihn im Genick und drängte ihn gegen die Wand. Dieser Engel, er sollte einfach den Mund halten. “Lass los oder du bereust es…” Raphaels Stimmlage hatte sich geändert und sie liess einen Schauer über Gadles Körper laufen. “Was willst du schon tun, du bist angekettet, weiter als zur Tür kommst du nicht”, spottete er leise und presste seinen Körper nahe gegen Raphaels. “Ich wiederhole mich ungern, lass mich los …” Kapitel 29: Tiefere Bande? -------------------------- “Wie bitte?” Haniel war sichtlich überrascht und wirklich zugehört schien sie Bager in den letzten paar Sekunden auch nicht zu haben. Die plötzliche Nähe überforderte sie deutlich und die Tatsache, dass sie immer näher kam, machte dieses Gefühl nicht gerade besser. Bager musste über diese Reaktion leise lachen, strich ihr dabei sanft und vorsichtig über die Wange und wiederholte ihre Frage. “Ich wollte wissen, ob ich dich küssen dürfte.”  Haniel versuchte, sich zu beruhigen. Ihr Herz klopfte und es gab keinen Grund dazu, oder? Bager war eine Sünde, sie lebte nur aus, was sie musste und doch war ihr dieser Gedanke gerade komplett fremd. Sie hatte gefragt, nicht einfach getan. “Jetzt?”, wollte Haniel leise wissen und das leise Lachen wurde zu einem beinahe sanften Lächeln. “Natürlich jetzt, immerhin sind wir jetzt zusammen in einem Raum und haben ein klein wenig Ruhe. Ich will nicht wissen, wie es in ein paar Stunden aussehen könnte. Bei uns hat sich einiges verändert, irgendwann fällt dies auf und auch bei euch ändert sich gerade etwas. Du spürst es doch.” Haniel schloss für einen Moment die Augen. Ja, es veränderte sich sehr vieles, auch wenn sie selbst noch nicht danach greifen konnte. Durch Luzifers reine Anwesenheit würde sich hier vieles ändern und vielleicht war dies gut so.  “Ja”, kam es nach einer Weile von Haniel und als sie die Augen wieder öffnete, spürte sie die weichen Lippen Bagers auf ihren eigenen ruhen. Vorsichtig und beinahe zaghaft, als hätte die Dämonin Angst, sie einmal mehr zu überfordern.  Sehr lange dauerte ihr Kuss auch nicht an. Grundsätzlich war er lediglich ein Hauch einer Berührung und doch glaubte sich Haniel in einer komplett anderen Welt wiederzufinden. “Du kannst es dir nicht erklären, oder? Obwohl du der Erzengel der Liebe bist, ist es dir gerade vollkommen fremd und neu. Fühlt es sich wenigstens gut an?” Bager hatte sich keinen Millimeter von Haniel wegbewegt, im Gegenteil. Ihr Körper lag nun vollkommen auf dem des Erzengels und ihre Gesichter trennten nur ein paar Zentimeter.  “Für mich selbst ist diese Fähigkeit nicht vorgesehen. Ich könnte sie gegen den Willen Gottes einsetzen, so wie ich es bei anderen Engeln getan habe, allerdings nur um meine eigene Neugierde zu befriedigen und nicht um ihnen einen Weg zu weisen. Keiner von uns, setzt seine Fähigkeiten für sich selbst ein”, beantwortete sie Bagers Frage und sie ahnte bereits, was diese sagen wollte. “Zumindest wussten wir es bisher nicht. Uriel, hat gegen Gottes Auflagen verstossen, Michael ebenfalls und durch euren Angriff auch Raphael”, fügte sie seufzend an.  “Hilfst du mir herauszufinden, wieso sie es getan haben?”, wollte Bager nach ein paar Momenten der Stille wissen.  “Damit ihr schnellst möglich wieder verschwinden könnt?”  “Nein, wobei, ich bin mir sicher, der ein oder andere von uns hat dies im Sinne. Ich möchte hingegen eine klare Linie. Luzifer ist aktuell für uns alle ein wandelndes Fragezeichen. Wir kamen mit einem klaren Befehl hier her und im Moment weiss keiner so genau, was er tun soll. Ich will ihm helfen und ich bin mir sicher, dass es mit eurer Hilfe, eurer Zusammenarbeit einfacher ginge.” Haniel nickte verstehend. Bager war nun einmal ein Geschöpf der Unterwelt, natürlich würde sie Luzifer helfen, aber andererseits, halfen sie damit nicht auch ihnen? Die Ordnung im Himmel war offensichtlich nicht korrekt und durch die Antworten konnten sie diese vielleicht wiederherstellen. “Ich wüsste nur nicht, wie ich dir helfen könnte ... “, stellte Haniel dann fast ein wenig resigniert fest. “Ich schon.” Bager liess Haniel dieses Mal keine Wahl, erneut verschloss sie ihre Lippen miteinander. Nach und nach erhöhte sie den Druck ein klein wenig und zu ihrer Überraschung wurde er nach einer Weile erwidert. “Und wie soll dir das helfen?”, flüsterte Haniel leise gegen Bagers Lippen.  “Du solltest deine Fähigkeit beizeiten für dich nutzen. Gott ist nicht da, ich verrate es ihm nicht, aber ich helfe dir ein wenig. Ich mag dich und fühle mich bei dir sicher, ein Gefühl, was ich schon lange nicht mehr kenne”, beantwortete sie ihr die Frage ebenfalls flüsternd. “Du willst nicht, dass ich mich einmische, sondern einfach da bin, wenn du dir unsicher bist?” “Richtig”, bestätigte sie die Worte umgehend und hauchte ihr noch einen leichten Kuss auf die Lippen. “Ich wollte bei jedem Kuss nachfragen, aber ich befürchte, dann wäre dies gerade unser Hauptgespräch.” Bager konnte sich einmal mehr ein leises Lachen nicht verkneifen. Ihr Vorsatz hielt wirklich nicht sonderlich lange an, aber solange Haniel nicht protestierte, war in ihren Augen alles in Ordnung. “Erzählst du mir wenigstens, was ihr herausfindet?” Kurz war Bager überrascht. Haniel schien sich wirklich nicht zu stören und offensichtlich hatte sie ihr Interesse geweckt. Allerdings in einer ganz anderen Sache. “Sofern dies auf Gegenseitigkeit beruht, natürlich.” “Ich will meinen Teil so gut es geht beitragen”, bestätigte Haniel ihr nickend. “Hm, ein zu verlockendes Angebot.” Noch ehe Haniel nachfragen konnte, was Bager damit meinte, hatten sich ihre Lippen zu einem weiteren Kuss vereint. Zumindest bis ein lauter Knall sie auseinanderfahren liess.   “Wie lange dauern solche Momente bei dir normalerweise?”, hakte Raziel nach einer für ihn gefühlten Ewigkeit nach. Tsorn sass einfach nur da und zwischenzeitlich hatte er das Gefühl, er wäre eingeschlafen, was die Atmung allerdings widerlegte. “Wir haben eine Ewigkeit Zeit, da wirst du dich doch ein klein wenig in Geduld üben können? Wenn ich darüber nachdenke, ich könnte ein Engel gewesen sein, eine beinahe unvorstellbare Vorstellung. Soweit ich mich zurück erinnern kann, bin ich in der Hölle, habe Drecksaufgaben für den Teufel gemacht, ehe Luzifer mich zu einem seiner Generäle machte. Wir stellen keine Fragen woher wir kommen, wir existieren einfach und jetzt kommst du mit einer Theorie um die Ecke.” Raziel konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. “Du bist selten sprachlos, kann das sein?” Tsorns Schnauben war ihm an sich Antwort genug.  “Ich bin offensichtlich nicht sprachlos”, stellte dieser dann fest und ein leichtes Grinsen schlich sich auf seine Lippen. “Sollte Zeit bei uns eine Rolle spielen wie in der Welt der Menschen, wären sicherlich ein paar Einheiten ins Land gezogen. Du warst sprachlos und es war und ist mir eine Ehre, dich in diesen Zustand befördert zu haben”, konterte Raziel mit einem amüsierten Lächeln auf den Lippen. Woraufhin lediglich ein weiteres Schnauben folgte. “Ich würde mir gerne den Raziel zurückwünschen, der sich beinahe eingepinkelt hat, als er mich das erste Mal sah. Der war wenigstens still.” Tsorns Grinsen zeigte deutlich, dass er diesen Spruch nur bedingt ernst meinte und langsam öffnete er seine Augen wieder. Raziel hatte sich keinen Zentimeter wegbewegt, die Angst schien wirklich nicht mehr vorhanden zu sein und irgendwie freute ihn diese Tatsache. “Nehmen wir an, ich wäre einer von euch, irgendwann einmal gewesen, hätte ich dann einen anderen Namen? Ein anderes Aussehen?” Raziel schüttelte den Kopf und zuckte zeitgleich mit den Schultern, eine Gestik, die Tsorn in keinster Weise deuten konnte. “Ich habe keine Ahnung, wie ich dir bereits sagte, über Abtrünnige führen wir kein Buch. Ich mag Gottes Geheimnis sein, viele Dinge wissen, die sonst keiner weiss, aber über diese Seite des Himmels, nein, da muss ich dich leider enttäuschen.”  Tsorn war die Überraschung anzusehen. Er ging tatsächlich davon aus, dass Raziel über alles Bescheid wusste, aber da lag er wohl komplett daneben. “Der Himmel ist mir ein grösseres Rätsel, als die Menschheit und die Hölle zusammen”, stellte er beinahe ein wenig resigniert fest. “Oh, über die Menschheit kann ich dir alles erzählen. Ich darf zwar nicht, aber ich könnte.” “Ich verzichte, eure hätten mich mehr interessiert, gerade aufgrund deiner kleinen Theorie und ich bin mir ziemlich sicher, dass Michael uns nicht freiwillig helfen wird.” Nun war es an Raziel zu nicken und für einen Moment wirkte er ziemlich nachdenklich.  “Du wolltest mir etwas erzählen”, stellte er nach einer Weile fest. “Richtig.” Allerdings machte Tsorn nicht unbedingt den Eindruck, dass er jetzt damit rausrücken wollte, eher im Gegenteil. “Und wie bringe ich dich dazu, es auch zu tun?”, hakte Raziel beinahe ein wenig ungeduldig nach. “Ich will deine Hilfe, nach deinen Theorien umso mehr. Ich versuche gerade das Feuer der lodernden Wut in mir zu bändigen, nicht dem Gefühl nachzugeben, einfach aufzustehen und Michael grün und blau zu prügeln. Ein harter innerer Kampf.” “Von dem rein äusserlich nichts zu sehen ist”, kam die überraschte Antwort Raziels. “Ich meditiere, glaubt man mir zwar nicht und es ist vermutlich auch untypisch, dass ich meine Sünde unter Kontrolle halten will, aber mir ist bewusst, dass ich somit schon einigem Ärger aus dem Weg gegangen bin. Ich will Antworten Raziel, lieber jetzt als später und doch habe ich keine Wahl, als gewissen Dingen ihren Lauf zu lassen.” Raziel war anzusehen, dass er nicht ganz hinterher kam. “Du könntest bei Metatron gelernt haben, auch er spricht manchmal in Rätseln.” Tsorn lachte leise auf bei diesem Vergleich. Er hatte Metatron gemocht bei ihrem Treffen, demnach war es für ihn vollkommen ok. “Luzifer und Raphael. Sich einzumischen hat keinen Zweck, auf alles andere können wir Einfluss üben, aber nicht auf ihre gemeinsame Geschichte und die Erinnerungen. Dazu kommt Michael und das eigentliche Problem. Ein Problem, was vermutlich nicht einmal Gott als ein solches bemerkt hat oder es einfach nicht wollte.” Raziel rutschte ein wenig auf der Pritsche hin und her, die Neugierde war eindeutig geweckt und er wollte endlich wissen, wieso Tsorn ihn überhaupt aufgesucht hatte. “Ihr Engel könnt nicht lügen, richtig?” Ein Nicken Raziels folgte. “Selbst wenn ihr es versucht, umschreibt ihr die Wahrheit dennoch. Michael lügt und manipuliert, was er gar nicht können dürfte, ausser …” “Ausser er glaubt seine Lügen selbst”, unterbrach ihn Raziel und hatte Tsorns Aufmerksamkeit auf sich. “Ihr habt euch ebenfalls darüber unterhalten”, stellte Tsorn mit einem zufriedenen Lächeln fest. “Hm, uns kam es ebenfalls ein wenig komisch vor und Chamuel kam mit dieser Theorie. Sie scheint mir plausibel.” “Sollte er keinen Schlupfweg kennen, damit er Gottes Regeln umgehen kann, ist es die einzige Erklärung, die es gibt. Für Michael ergibt alles, was er tut, einen Sinn. Das Universum dreht sich um ihn und sobald es dies nicht mehr tut, setzt er alle Hebel in Bewegung, um diesen Umstand zu korrigieren.” “Nein, da widerspreche ich dir. Es ist nicht das Universum, was sich um ihn zu drehen hat, sondern die Aufmerksamkeit von Raphael und Luzifer”, korrigierte ihn Raziel, welcher bei seinen Worten tief seufzte.  “Wieso hat Gott diesen Umstand nicht gesehen?”, fragte Raziel eher sich selbst als Tsorn und spürte augenblicklich eine Hand auf seinem Oberschenkel. “Etwas, das wir herausfinden müssen und ich bin mir ziemlich sicher, dass du mir dabei helfen wirst. Gehe ich da richtig in der Annahme?” Raziel nickte und gerade als er etwas sagen konnte, durchbrach die Stille ein lauter Knall.   Luzifer war nach dem Gespräch mit Metatron so verwirrt, dass er tatsächlich eine Auszeit benötigte. Er hatte Raphael versprochen, ihm ein wenig Zeit zu geben, daher konnte er unmöglich schon wieder bei diesem aufschlagen, auch wenn Metatron offensichtlich mehr zu wissen schien und genau dies von ihm verlangte. Nein, er würde sein Wort halten. Sein Weg führte ihn ausserhalb Gottes Palastes. Ihm war heute nach keiner weiteren Konversation, auch wenn ihm bewusst war, dass er die restlichen Sünden und Dämonen, ja selbst den Teufel über den Verlust informieren sollte, für heute hatte er frei. Die Toten liefen ihm nicht weg und er war sich ziemlich sicher, dass sie niemand vermissen würde. Es war noch nicht einmal irgendwem aufgefallen, dass Mekane in die Hölle gegangen war, da konnte er sich einen Tag Auszeit nun wirklich gönnen. Während er durch den Himmel flog, fiel ihm auf, dass er noch genau wusste, wo sich alles befand.  Sollte diese Erinnerung nicht ebenfalls weg sein?  Zielsicher flog er zu Raphaels Palast. Die Winde umhüllten ihn und schienen ihn dieses Mal willkommen zu heissen. “Was geht hier vor sich?”, murmelte er leise und betrat das Gemäuer seines ehemaligen Weggefährten. Die Aura hatte sich verändert. Wie war dies möglich?  “Solltest du nicht eigentlich im Unterricht bei Raziel sitzen, anstatt die Zeit bei mir zu verbringen?” Luzifer sah sich direkt um. Die Stimme gehörte zu Raphael, aber wie konnte dies sein? Träumte er nun schon bei Tag? “Genauso wie du eigentlich beim Kampftraining sein solltest, also belehr mich nicht, Raphael.” Luzifer drehte sich wieder um, allerdings konnte er niemanden entdecken. “Ich werde nur kämpfen, sollte es keinen anderen Ausweg mehr geben.” Erklang Raphaels Stimme erneut und Luzifer folgte dieser und fand sich schnell in einem grossen Zimmer wieder. Schnell erkannte er das Wohnzimmer, wie oft hatten sie hier einfach nur ihre Zeit vertrödelt und einfach nichts getan.  “Die Erinnerungen werden offensichtlich stärker an Orten, an denen wir uns verbunden waren”, stellte er für sich fest und schloss einen Moment die Augen. “Du weisst nie, wann ein Krieg ausbrechen kann” “Denkst du, der Teufel würde uns angreifen? Einen Krieg zwischen den Reichen provozieren.” “Nein, es wird nur einen Krieg geben, sollten wir jemals voneinander getrennt sein.” Luzifer zuckte augenblicklich zusammen. War er damals wirklich bereit einen Krieg anzuzetteln?  Augenblicklich schoss ihm Metatrons Frage wieder in den Kopf. Er konnte Raphael nicht alleine lassen. Vermutlich hatte er eine Teilantwort bereits gefunden. Es war allerdings die einfachste, auf all seine Fragen. Kapitel 30: Ein angeschlagenes Ego ---------------------------------- “Ich habe gesagt, du sollst mich los lassen” Raphaels Stimme wurde immer dunkler und Gadles ahnte, dass er den Engel gerade ziemlich reizte und doch wollte er wissen, wie weit er gehen konnte. Raphael war immerhin angekettet, zwar hatte er Bewegungsfreiheit, dennoch konnte er ihm letzten Endes nichts tun. “Vielleicht habe ich gerade keine Lust dazu? Was willst du schon tun? Ich bin eindeutig in einer besseren Position als du”, spottete Gadles und fühlte sich wirklich überlegen. Er stand hinter einem angeschlagenen Engel, presste diesen gegen eine kalte Steinwand und raubte ihm praktisch alle Bewegungsfreiheit. “Falsch”, stellte Raphael kurz und knapp fest und Gadles konnte gar nicht so schnell reagieren, wie Raphael es tat. Dieser liess wie aus dem nichts seine Flügel erscheinen und spannte sie in der kleinen Zelle. Gadles wurde von der Wucht gegen die geschlossene Kerkertür geschleudert, welche sich mit einem lauten Knall öffnete und ihn aus der Zelle beförderte. Die Wucht war so stark, dass Gadles durch den schmalen Flur flog und direkt vor den Füssen Glatanis landete. “Ich wusste nicht, dass wir fliegen können, muss am Himmel liegen”, war dessen erste Reaktion, ehe er dem verdutzten Gadles die Hand reichte. Dieser schlug das Angebot harsch aus und rappelte sich von selbst wieder hoch. “Sehr witzig”, knurrte er leise und klopfte sich den imaginären Staub von seinen Klamotten. Diese Schmach würde Raphael ihm noch büssen, allerdings musste er zugeben, dass er ihn unterschätzt hatte. “Ich habe dir gesagt, du sollst Luzifer nicht reizen, aber wer nicht hören will, lernt augenscheinlich fliegen”, reizte ihn nun Glatani weiter. “Hat dir eigentlich irgendwann mal irgendwer gesagt, dass du einem so richtig auf den Zeiger gehen kannst?”, wollte Gadles knurrend wissen. “Du meinst abgesehen von dir? Lass mich mal überlegen.” Glatani stemmte eine Hand in seine Hüfte und biss in ein Stück Brot, welches er aus dem Speisesaal hatte mitgehen lassen. Eine Geste, die Gadles beinahe zur Weissglut brachte. Er wollte offensichtlich keine Antwort auf diese Frage und genau deswegen liess er den Idioten einfach stehen. “Ich bin nur von hirnlosen Trotteln umgeben, unglaublich”, fluchte er leise vor sich hin und wollte sich auf den Weg in sein Zimmer machen. Seine Seite schmerzte, gut, sein Brustkorb wurde auch ziemlich hart getroffen und von seinem Ego wollte er gar nicht erst sprechen. Wie hatte er dies nicht kommen sehen können? Natürlich hatten diese dämlichen Engel Flügel und bei Michael hatte er jederzeit darauf geachtet, ihm nicht zu nahe zu kommen. Wieso also hatte er diese Vorsicht bei Raphael fallen gelassen? In seinen Gedanken versunken, bemerkte er gar nicht, wohin er eigentlich lief. Irgendwann fand er sich ausserhalb des Palastes wieder und stellte überrascht fest, dass dies definitiv nicht sein Schlafgemach war. Wieso brachte ihn dieser Engel so durcheinander? Er hatte einen Fehler gemacht, Ja. Doch noch einmal würde ihm dieser definitiv nicht passieren und vermutlich hatte Raphael recht mit dem, was er sagte. Sein Leben stand auf dem Spiel und das Gefühl, dass ein Teil seiner Kraft fehlte, wurde ausserhalb des Palastes noch ein wenig verstärkt. Gadles lachte leise auf. Hatte er eben zugegeben, dass ein Engel recht haben könnte? Mit ihm stimmte anscheinend wirklich etwas nicht. “Ich hasse diese Pest so dermassen, wenn ich könnte, wie ich wollte…” “Für die Pest ist jemand anderer zuständig und nicht du oder willst du den Reitern ihre Arbeit wegnehmen?” Grids Stimme liess Gadles kurz zusammenzucken. Ein Blick auf diesen und er konnte keine Veränderung feststellen, betraf es nur ihn? Spürte nur er, dass etwas anders war? “Du hast mir gerade noch gefehlt”, seufzte er entnervt auf, machte allerdings keine Anstalten zu gehen. “Na, was für ein Glück, dass ich hier bin”, antwortete Grid mit einem Lächeln auf den Lippen. “Allerdings bin ich nicht hier, um dein Händchen zu halten, im Gegenteil. Ein paar Dämonen haben berichtet, dass die Tür zu Raphaels Zelle offen ist und der Letzte, der da gesehen wurde, warst wohl du.” “Und was willst du nun von mir hören?” “Die Wahrheit wäre mal ein Anfang. Wir haben definitiv nicht dieselbe Wellenlänge und ich kann dich auch überhaupt nicht ausstehen, aber letzten Endes arbeiten wir zusammen und noch einen zu verlieren aus reiner Dummheit…” Gadles hatte absolut keine Lust, Grid zuzuhören und dementsprechend tat er es auch nicht. Nur die letzten Worte liessen ihn aufhorchen. “Noch einen zu verlieren?”, hakte er nach und sein Blick ruhte auf Grid. “Wir dezimieren uns. Luzifer mag es nicht, wenn seine Befehle missachtet werden, wie du eigentlich wissen solltest und ich bin mir ziemlich sicher, dass du nicht den Befehl hattest Raphael einen Besuch abzustatten. Selbst wenn ich nichts sagen werde, was seinen Preis hat selbstverständlich, wird es ein anderer tun. Du wurdest gesehen und der Knall war nicht zu überhören, Gadles.” Gadles hatte noch immer keine Lust, Grid wirklich zuzuhören, aber offensichtlich hatte er mal was Sinnvolles zu berichten. “Sind wir schon soweit ja? Du erpresst mich? Du? Dass ich nicht lache. Wobei ich schon sagen muss, dass du ziemliche Eier beweist. Ich würde ja sagen Tsorns Einfluss auf dich trägt Früchte, aber ich weiss, dass du eine hinterlistige Schlange bist und vermutlich auch ihn verkaufen würdest, wenn der Preis stimmt, oder?” “Eine sehr interessante Einschätzung eines Arschkriechers dessen Leben an einem seidenen Faden hängt”, stellte Grid beinahe amüsiert fest. “Ich habe heute einen guten Tag und denke, du wirst dir genug Gedanken darüber machen was passiert ist. Vergiss allerdings nicht, dir auch eine verdammt gute Ausrede für Luzifer einfallen zu lassen. Seine Hand rutscht aktuell ziemlich schnell aus, aber vielleicht hilft es, wenn du endlich Michael zum Reden bringst”, führte er seine Antwort weiter fort und wandte sich ab. “Wer?”, vernahm Grid die Frage und ein weiteres Lächeln schlich sich auf seine Lippen. “Inersha und Mekane. Du stehst in seiner Gunst weiter oben, als die beiden es zusammen jemals getan haben, daher wird er dich vermutlich lediglich bestrafen, was schade ist, deine Fresse nicht mehr sehen zu müssen wäre eine Genugtuung, aber man kann nicht alles haben.” Gadles knurrte bei Grids Worten leise. Er war Hochmut, ER und nicht diese falsche Schlange. Erst wurde er von Raphael gedemütigt und nun von Grid. Er spürte, wie die Wut in ihm hoch zu kochen begann und versuchte, sich wieder zu beruhigen. Er war die Hochmut, er würde nicht auf Tsorns Niveau gehen und explodieren. Diese Angriffsfläche würde er Grid nicht auch noch liefern. “Wieso?”, zischte er leise und versuchte nach wie vor zu beherrschen. An sich hatte er keine Lust mit Grid weiter zu plaudern, aber dieser schien gerade Antworten liefern zu können und bevor er Tsorn fragte oder sich gar bei Luzifer die Blösse gab, hakte er lieber bei Grid nach. “Inkompetenz, Unzuverlässigkeit, Unzulänglichkeit, Dummheit … such dir was aus, du liegst eigentlich immer richtig, aber ich gehe davon aus, dass du Details willst und mich wundert es ehrlicherweise, dass du nichts mitbekommen hast. Inersha hat Luzifer belogen und blieb wohl auch auf Nachfragen bei seiner Geschichte. Beinahe ironisch, wenn man bedenkt, dass es dem achten Gebot Gottes entspricht und Luzifer ihn dafür bestraft, oder?”, fragte Grid rein rhetorisch nach und fuhr mit seiner Antwort fort. “Mekane hingegen … Er ging in die Hölle zurück ohne Erlaubnis, was Luzifer ihm vermutlich noch verziehen hätte, aber er wollte sich an Bager vergreifen, bei einem eh schon schlecht gelaunten Luzifer, eine ganz üble Idee.” Gadles seufzte lediglich und langsam wurde ihm klar, wieso seine Kräfte schwächer wurden, sie waren nicht mehr vollzählig und vermutlich würde Luzifer so schnell auch keinen Ersatz besorgen. “Der Teufel?” “Wird es vermutlich mitbekommen haben, aber er vertraut Luzifer, sonst hätte er gar nicht erst zugelassen, dass wir hier hoch kommen und Chaos anrichten. Du hingegen solltest aufpassen, wenn du den Beiden nicht folgen willst, auch wenn ich es begrüssen würde.” “Hm”, mehr erwiderte Gadles nicht auf die Worte. Seine Gedanken waren längst an einem anderen Ort, wobei er Grid noch einmal musterte. “Was?” “Merkst du es nicht?”, wollte er wissen und Grids verwirrter Gesichtsausdruck machte ihm deutlich, dass er sich klarer ausdrücken musste. Die Frage war nur, wollte er dies auch? Wenn es nur ihm so ging, dann gab er einem seiner Feinde eine Schwäche preis und dies wollte er, wenn möglichst vermeiden. Vielleicht aber stellte sich Grid einfach nur dumm, wobei er sich dies nicht wirklich vorstellen konnte. “Wir sollten sieben sein, sind allerdings nur noch zu fünft. Wir sind geschwächt und sollte Luzifer nichts unternehmen, frage ich mich, was mit der Trägheit und dem Neid passiert.” Grid lächelte nach wie vor. Die Frage hatte er sich tatsächlich auch schon gestellt. “Wir alle haben unsere Schergen, die dafür verantwortlich sind, in der Menschenwelt für die entsprechenden Sünden zu sorgen, sie werden ein paar Tage ohne einen Befehlshaber auskommen, zumal das letzte Wort Luzifer hat. Es könnte allerdings sein, da er uns diese Sünden übertragen hat, um sich selbst zu entlasten, dass diese nun wieder vermehrt auf ihm lasten. Wir werden es merken, allerdings hoffe ich sehr, dass es nicht so sein wird. Sollte die Trägheit bei ihm wieder verstärkt werden, dauert es hier noch länger.” Grid lachte bei seinen letzten Worten. Er fand den Himmel gar nicht so schrecklich. Im Gegenteil, er fühlte sich tatsächlich irgendwie wohl, als würde die Last der Sünde weniger und er konnte sich entspannen. “Ich sage es ungern, aber in dem Punkt hast du wohl recht.” Im Gegensatz zu Grid, wollte Gadles schnellst möglich wieder nach Hause. Der Himmel schwächte ihn und es gefiel ihm nicht. “Ich verschwinde, ich habe dich gewarnt und ich hoffe, du weisst etwas damit anzufangen. Ich bin zwar nicht dein Boss, aber du solltest anfangen Ergebnisse zu liefern. Sogar Glatani ist nützlicher als du, zumindest aktuell.” Grid wusste genau, wo er Gadles treffen konnte und es war ihm ziemlich egal, dass dieser bereits angeschlagen war. Sie würden niemals Freunde und diese Tatsache musste immer und immer wieder gefestigt werden. Gadles blieb an Ort und Stelle zurück. Er war zwar schlauer als vorher, aber nicht im Bezug auf die Fragen, die er wirklich wissen wollte. Allerdings war auch eines sicher. Grid hatte leider recht und wenn er wirklich von mehreren gesehen wurde, blieb ihm eigentlich nur eine Option. Er musste ihnen zuvor kommen und Luzifer Bericht erstatten oder aber, er konnte endlich Ergebnisse liefern. Bei dem Gedanken schauderte es ihn. Beichten … Beichten taten die dummen Menschen in der Kirche, in der Hoffnung ihnen wurde vergeben, damit sie an diesen trostlosen Ort konnten. Einfach lachhaft. Trübsal zu blasen half allerdings auch nicht weiter. Doch sich noch einmal mit Raphael anlegen würde er jetzt bestimmt nicht, auch wenn er nun wusste, wie dieser sich wehren konnte und wenn er genauer darüber nachdachte, fiel ihm ein kleines Detail auf. Die Flügel. Zwar ging alles so schnell, aber die Flügel waren nicht weiss. Wieso hatte dieser Engel schwarze Flügel? War dies vielleicht eine Entdeckung, die zuvor keiner gemacht hatte? Es könnte ihm viele Probleme ersparen und ihm seinen Arsch für den Moment definitiv retten, nur wieso hatte er schwarze Flügel. Glatani hatte vorhin zwar im Scherz gefragt, ob sie nun fliegen konnten, aber es wunderte ihn auch nicht wirklich, dass dieser Schwachkopf absolut keine Ahnung davon hatte, dass sehr wohl einige Arten der Dämonen imstande waren dies zu tun und eben diese Dämonen hatten schwarze Flügel. Engel hatten normalerweise weisse Flügel. Gadles hatte in diesem Moment das Gefühl, sein Kopf würde gleich zerspringen. Es machte absolut keinen Sinn. Raphael hatte keine dämonische Aura und wirkte er nun wirklich nicht, als würde er zu ihnen gehören, also woher kam dieser so offensichtliche Schönheitsmakel dieses Engels? Er wusste es nicht, aber er würde es herausfinden. Jetzt konnte er Ergebnisse liefern, die bisher sicherlich noch keiner hatte und er ahnte, dass Michael ihm bei dieser Frage sicherlich auch behilflich sein konnte. Dieser schien seine ganz eigene Besessenheit von Raphael zu haben und langsam ahnte er, woher die kam. Er war einzigartig, ausser es gab mehrere Engel mit schwarzen Flügeln, aber im Kampf gegen diese hatte er keinen bemerkt. Wenn er es genau nahm… Raphael hatte am Boden gekämpft, wollte er diese Tatsache vor ihnen verstecken? Es kamen immer mehr Fragen auf und sein Ehrgeiz, diese zu beantworten, wurde sekündlich mehr. Wieso war dies vorher keinem aufgefallen? Nicht einmal Luzifer. Er würde ihm dies so schnell als möglich erzählen, die Details konnte er später noch immer herausfinden. Es galt, erst einmal seinen Hintern zu retten und vielleicht auch sein Ego wieder ein wenig aufzubauen. Mit dieser Entschlossenheit machte er sich auf die Suche nach seinem Boss. Erfolglos. Gefrustet schnappte er sich einen Schergen und packte ihn am Kragen. “Wo ist Luzifer?”, herrschte er ihn wütend an und noch ehe der Dämon antworten konnte, hörte er hinter sich ein leises Lachen. “Die Sünden scheinen verrückt zu spielen.” Langsam drehte er sich um und nur langsam liess er den Dämonen wieder runter. Dieser verschwand, ohne ein Wort zu sagen. Ganz offensichtlich hatten sie Luzifer gefunden. “Hier ist einiges nicht so, wie es sein sollte, Luzifer”, stellte Gadles fest und war sich nicht sicher, ob er direkt mit der Sprache rausrücken sollte. Doch bevor es ein anderer tat, war es vermutlich besser. “Ich befürchte, ich muss dir etwas sagen, aber nicht hier, wo jeder mithören kann”, begann Gadles seufzend und Luzifer nickte. Ohne ein Wort zu verlieren, ging dieser an Gadles vorbei und in sein Gemach. Er hatte zwar keine Lust auf eine Unterredung, aber es schien wichtig zu sein. “Ich war bei Raphael”, kam Gadles direkt zum Punkt und er konnte deutlich beobachten, wie die Miene seines Gegenübers sich verfinsterte. “Wusstest du, dass er schwarze Flügel besitzt?”, setzte Gadles direkt hinterher und die düstere Miene wich einer verwunderten. “Wie bitte?” “Du hast mich richtig verstanden, Raphael hat schwarze Flügel, die er mir eindrucksvoll präsentiert hat, in dem er mich quer durch den Palast geschleudert hatte. Nachdem ich ein wenig darüber nachgedacht habe, fiel mir auch auf, er kämpfte nicht in der Luft wie andere Engel, als wollte er uns diese Kleinigkeit vorenthalten. Wieso?” Luzifer wusste es nicht und Gadles war klar, er hatte sich vermutlich ein wenig Zeit geschaffen. “Eine sehr gute Frage, die ich Raphael stellen werde”, beantwortete Luzifer Gadles Frage. “Kümmer du dich endlich um Michael, wir haben Infos von ihm, aber bei weitem nicht alle und es ist DEIN Job sie mir zu besorgen, nicht Bagers, hast du mich verstanden?” “Wieso Bagers?”, hakte er überrascht nach. “Hat dich nicht zu interessieren, kümmere dich um deinen Job, bevor ich vergesse, wie gut du eigentlich darin bist. Meine Geduld ist sehr strapaziert und ich würde ungern noch einen dritten General verlieren, haben wir uns verstanden?” Gadles nickte. Ihm war klar, dass er von Luzifer keine Informationen bekommen würde, demnach würde er sich Bager beizeiten auch vorknöpfen. Es sei denn, Michael würde ihm die nötigen Antworten geben, auch wenn diese Chance relativ gering war. “Worauf wartest du noch?!?” Luzifer hatte absolut keine Lust mehr auf weitere Gesellschaft und Gadles zog es vor, zu gehen, bevor es sich sein Boss doch noch anders überlegte. Kapitel 31: Neue Erkenntnisse ----------------------------- Bager und Haniel zuckten augenblicklich zusammen und lösten sich voneinander. Der erste Blick wanderte zur Tür und Bager atmete erleichtert aus, als sie noch verschlossen war. Es wäre nicht auszudenken, wenn man sie nun erwischt hätte. Wobei es vermutlich niemanden wirklich interessierte. Sie hätte es immer noch als eine Taktik abtun können. Trotzdem gab es einen lauten Knall und sie musste rein theoretisch nachschauen gehen. “Was denkst du, was es gewesen sein könnte?”, wollte Haniel unsicher wissen und Bager zuckte leicht mit den Schultern. “Ich habe absolut keine Ahnung. Es klang wie eine Tür die mit grosser Wucht aufgestossen wurde.” Haniel lächelte nach wie vor verunsichert und Bager löste sich von ihr. Die Stimmung an sich war sowieso dahin, nicht dass sie daran geglaubt hatte, dass hier noch mehr passieren konnte, aber selbst wenn, es war vorbei. Für den Moment zumindest. “Ich bringe dich zurück und schaue nach. Ich hoffe, es geht allen gut und es ist nur jemand gegen eine Tür getreten”, versuchte sie, die Sorge ein wenig zu nehmen. “Es klang nicht danach, als hätte einfach nur jemand gegen eine Tür getreten, ausser ihr habt Dämonen hier mit hochgebracht, welche die Grösse eines Felsen haben und auch die Masse eines solchen.” Bager musste nun doch leise lachen, ehe sie aufstand und Haniel ebenfalls half dies zu tun. “Du warst nicht sonderlich aktiv auf dem Schlachtfeld, hm? Wir haben hier allerlei Dämonen hochgeschleppt, aber sehr viele sind auch wieder weg. Ansonsten wäre es hier nicht so ruhig”, erklärte sie beinahe ruhig und ging mit Haniel wieder zurück zu den anderen. Dort angekommen, befestigte sie die Kette am ursprünglichen Ort und verliess die Zelle wieder. Ihr fiel auf das Raziel fehlte, aber Tsorn konnte ebenfalls eine private Unterhaltung geführt haben. Jetzt machte sie sich erst einmal auf die Suche nach dem Ursprung dieses heftigen Knalls. “Willst du nicht nachsehen?”, wollte Raziel aufgeschreckt wissen. “Nein”, war Tsorns Antwort. Dieser lehnte sich noch ein wenig demonstrativer gegen die Steinmauer hinter sich und verschränkte die Arme vor der Brust. “Wieso nicht?”, hakte Raziel ein wenig irritiert nach. “Wer soll uns schon angreifen? Die einzigen Mächte, denen dies möglich ist, sind hier oder glaubt ihr die Mythologien anderer Länder? Dann würdet ihr selbst gegen Gottes Gebote verstossen?”, wollte er ein wenig provozierend wissen und bekam ein leises Schnauben des Erzengels. “Natürlich nicht. Findest du es nicht dennoch komisch?” “Wenn ich jetzt nachschauen gehe und irgendein Dämon Scheisse gebaut hat, werde ich meine innere Ruhe verlieren, ausserdem bin ich offensichtlich in einem Gespräch. Es gibt noch andere Deppen, die hier was tun können.” “Du hast schlichtweg einfach keine Lust”, stellte Raziel dann lediglich fest. “Richtig.” Tsorn schloss einen Moment die Augen und atmete tief ein und aus. Er hatte wirklich keine Lust und es war letzten Endes auch nicht seine Aufgabe, sich hier um alles zu kümmern, was aus den Fugen geraten könnte. “Und was, wenn einer von uns ausgebrochen ist?” Tsorn öffnete die Augen wieder und musterte Raziel einen Moment. Die Frage wurde nicht umsonst gestellt und Raziel war sich ziemlich sicher, dass einer seiner Freunde die Macht dazu hätte. Nur wer? “Wer sollte die Kraft dazu haben? Ihr fünf, die in einer Zelle seid, wurdet mit dämonischen Ketten angekettet. Gadles hat dafür gesorgt, dass ihr eure Kraft nicht oder nur teilweise nutzen könnt. Ich bin mir sicher, dasselbe hat er bei Michael getan. Raphael ist angeschlagen und Metatron schien die Ruhe zu geniessen.” Raziel hörte sich die Erklärung an und nickte leicht, schien allerdings nach wie vor zu überlegen. “Und komm mir jetzt nicht mit Gott, du hättest mir direkt gesagt, wenn du seine Präsenz gespürt hättest.” Erneut nickte Raziel und er setzte sich dann auch wieder neben Tsorn, nach wie vor wirkte er sehr nachdenklich. “Du hast mir noch etwas zu erzählen, hm?” Tsorns Blick ruhte auf Raziel und dieser seufzte leise. “Ich weiss nicht, ob es eine Relevanz hat”, antwortete er auf die Frage. “Lass es mich entscheiden, nachdem du es mir gesagt hast”, forderte er ihn unmissverständlich dazu auf, mehr zu erzählen. “Okay, welchem deiner Freunde traust du es zu, obwohl es augenscheinlich nicht möglich ist?” Tsorn bemühte sich um Geduld. Ihm war selbst klar, wie weit Raziel sich hier aus dem Fenster lehnte und sich vermutlich gegen seine eigenen Prinzipien stellte, allein in dem er ihm zuhörte und helfen wollte. “Raphael”, bekam er eine Antwort, mit der er eigentlich nicht gerechnet hatte. Dieser war zwar gross, sogar ein wenig grösser als er selbst und ziemlich muskulös, aber er ging davon aus, dass ein Schutzengel einfach ein gewisses Äusseres haben musste, damit man ihm auch vertraute. “Erklärst du mir auch wieso?” Tsorns Blick ruhte nach wie vor auf Raziel und dieser schien wirklich ein wenig mit sich zu hadern. Offenbar ein Geheimnis, welches ausser ihm niemand zu wissen pflegte. “Interne Info, hm?” Raziel zuckte kurz zusammen und nun lag sein Blick ebenfalls auf Tsorn. Er fühlte sich definitiv ertappt und durchschaut. “Nun gut, alles zu seiner Zeit. Es wäre unmöglich von mir, dich zu einer Antwort zu nötigen, auch wenn mein Interesse geweckt ist.” Raziel atmete erleichtert aus. “Also, ich werde es dir nicht sagen, noch nicht, weil ich nicht weiss, ob es wirklich eine Relevanz hat, aber du hast selbst schon festgestellt, dass hier vieles nicht so ist, wie es sein sollte. Denk einfach daran und vielleicht kommst du selbst auf eine Theorie.” Tsorn nickte und stand nun langsam auf. Raziel hatte an sich nicht Unrecht, er sollte dem Knall nachgehen, auch wenn seither schon ein paar Minuten verstrichen waren, aber vielleicht hatte jemand anderes bereits Informationen, die er abgreifen konnte. “Vielleicht erinnere ich mich auch an mein Leben hier zurück und bekomme von selbst meine Antworten”, scherzte er lachend. “Je nachdem wann du gegangen bist, wäre dies sogar möglich”, stellte Raziel allerdings ein wenig ernster fest. “Hm, richtig, nur darauf sollte ich mich nun wirklich nicht konzentrieren, zumal es ja lediglich eine Theorie ist und nichts Handfestes.” Raziel nickte leicht und wurde von Tsorn auf die Füsse gezogen, was ihn so überraschte, dass er für einen Moment das Gleichgewicht nicht halten konnte und gegen diesen prallte. Tsorns Stand war allerdings so fest, dass dieser sich keinen Millimeter rührte und leise zu lachen anfing. “Interessant”, flüsterte er ihm stattdessen ins Ohr. “Auch wenn ich deine Gesellschaft zu schätzen weiss, aber auch das muss wohl noch ein wenig warten”, neckte er weiter und löste sich dann. Er musste ihn zurückbringen, ehe noch Fragen gestellt wurden, die er nicht beantworten konnte. Sowohl von Raziel, als auch von den anderen. Raziel war allerdings so verwirrt, dass er gar nicht in der Lage war, irgendeine Frage zu stellen. In seinem Kopf rotierten die Worte von Tsorn und er fragte sich, was dieser damit meinen könnte. Dementsprechend folgte er ihm auch einfach und bekam nicht wirklich mit, dass dieser noch mit ihm gesprochen hatte. Erst als er in der Zelle wieder an seinen angedachten Platz kam, bemerkte er selbst, dass er den Weg wie in Trance gegangen war. Es war letzten Endes einmal mehr Tsorns Stimme, die ihn aus seinen Gedanken holte. “Denk nicht zu viel nach und unser Gespräch sollte auch unter uns bleiben, zumindest ein paar Teile davon”, flüsterte er einmal mehr nahe an dessen Ohr und verliess die Zelle dann, um weitere Informationen zu beschaffen. Die Engel musterten Raziel und dessen Verhalten ein wenig skeptisch, allerdings auch neugierig. Ihre Blicke wanderten allerdings zwischen Haniel und Raziel hin und her. Sie beide kamen eben erst wieder und schienen intensivere Gespräche mit den Sünden geführt zu haben. Die Neugierde war definitiv geweckt. “Wollt ihr uns auch mitteilen, worum es in den Gesprächen ging”, hakte nun Chamuel nach einer schier endlosen Stille nach. Sein Blick ruhte dabei auf Raziel, welcher ruhiger und besonnener wirkte, aber nicht weniger durcheinander als Haniel. “Würde mich auch interessieren”, brachte sich Gabriel in das Gespräch ein und die Blicke wurden immer intensiver. “Also, Bager hat mich eigentlich nur um Mithilfe gebeten. Sie wollen hier augenscheinlich so schnell wie es möglich ist wieder weg und dies können sie nicht, solange Luzifer nicht seine Antworten bekommt.” “Und wieso fragt sie ausgerechnet dich? Du warst damals nicht involviert.” Gabriel wirkte ein wenig skeptisch und dies machte er ziemlich deutlich. “Woher sollen die Dämonen dies wissen? Sie müssen nachfragen, um Antworten zu bekommen, keiner von ihnen kann hellsehen, genauso wenig wie du es kannst, Gabriel, sonst könntest du uns längst sagen, wann das hier ein Ende haben wird”, warf Chamuel ein wenig genervt ein. Die harsche Art seines Freundes passte ihm in diesem Moment überhaupt nicht, immerhin wollten sie genauso Informationen ihrer Freunde und ein wenig Feingefühl war da schon angebracht. Zumindest in seinen Augen. Gabriel schnaubte leise auf. Er wusste, dass Chamuel recht hatte, aber er hasste es, wenn man es ihm so verdeutlichte. “Und? Wirst du ihr helfen?”, wollte Chamuel dann von Haniel wissen und ein Nicken folgte. “Ich sehe keinen Grund, es nicht zu tun, wieso auch? Sie behandeln uns jetzt nicht gerade wie Könige, aber auch nicht schlecht. Ich will Ihnen helfen, zumindest soweit es unsere Möglichkeiten zulassen und ich es auch vertreten kann.” Chamuel nickte und sein Blick wanderte zu Raziel. “Sicher, dass du nicht von ihrer Sünde gekostet hast und dabei manipuliert wurdest?”, kam es leise von Uriel, der bisher noch nichts dazu gesagt hatte. “Du kannst mich gerne untersuchen”, bot Haniel ihrem Gegenüber an, was jedoch Gabriel in ein leises Lachen ausbrechen liess. “Dir ist nicht bewusst, wie sie ihr Blut übertragen, oder?” “Aber dir? Wir vertrauen uns gefälligst, es ist schon so eine schwierige Situation und wir wollen sie alle wieder loswerden, zumal Haniel recht hat, sie behandeln uns bisher ziemlich gut, also können wir auch die Antworten liefern, die wir haben. Sie sollten uns auch interessieren”, intervenierte Chamuel einmal mehr. Langsam fragte er sich, was Gabriel davon hatte, solche Fragen zu stellen. “Vielleicht bin ich einfach nicht erfreut darüber, dass permanent Haniel und Raziel befragt werden. Sie wissen doch nichts. Michael ist isoliert, aber er scheint ihnen keine Fragen zu beantworten, was mich nicht wundert, Raphael, was ist mit ihm? Er kann nichts wissen und Metatron wird sich vorher die Zunge abbeissen, ehe er ein Wort über die Vorgänge hier verliert. Sie sollten Uriel befragen, ihn und mich, wir wissen was hier abgeht, aber doch nicht Haniel und Raziel.” Chamuel begutachtete den Erzengel mit einem genauen Blick und die Worte waren nicht unbedingt die eines Engels. “Raziel war bei der Gerichtsverhandlung dabei, ebenso wie ich es war. Du warst nicht vor Ort, Gabriel, was solltest du also für Antworten diesbezüglich liefern können?”, provozierte er ihn ein klein wenig und ein weiteres Schnauben folgte. “Bestimmt genug. Was wollte dieser Tsorn von dir und was hat er dir eben noch zugeflüstert?”, fragte er Raziel leise knurrend. Seine Laune war nicht gerade die beste und er wusste selbst nicht woran dies lag. “Ziemlich dasselbe wie Bager offenbar von Haniel wollte. Er hat mich auf Michael angesprochen und dass er es ziemlich komisch findet, dass dieser offensichtlich lügen kann. Die Dämonen haben dieselbe Theorie wie wir sie haben und ich denke, sie wollen Luzifer wirklich helfen, hinter das Geheimnis zu kommen. Zumindest einige von ihnen.” “War das alles? Es ging nur um Michael?”, hakte Gabriel ein wenig intensiver nach. “Nein, es ging auch noch um eine Theorie, die ich habe, die allerdings sehr weit hergeholt ist und ich nicht bestätigen kann. Dies kann auch nur Michael und ich bezweifle ehrlich gesagt, dass er dies tun wird.” “Und um was genau für eine Theorie handelt es sich?” “Mir ist aufgefallen, dass sich die Sünden nicht alle ihrer Sünde entsprechend verhalten, was mich ein wenig zum Nachdenken gebracht hat und letzten Endes kam ich auf eine etwas abstruse Theorie. Luzifer verhält sich ebenfalls anders, anders als die Dämonen es sich gewohnt sind, was daran liegen könnte, dass er Erinnerungen an den Himmel hat, die ihn positiv beeinflussen, was wenn es einigen Sünden genauso geht? Was wäre, wenn sie abtrünnige Engel sind und sich zwar nicht an das Leben hier erinnern, aber an das Gefühl, schon einmal hier gewesen zu sein?” Die vier hörten ihm tatsächlich sehr interessiert zu und Chamuel nickte nach einer Weile. “Könnte sein, hast du ihm diese Theorie auch erzählt?” “Ja habe ich und in Anbetracht dessen, dass er mich nicht ausgelacht hat, könnte tatsächlich was dran sein. Tsorn zumindest ist schon aufgefallen, dass er sich besser unter Kontrolle hat und gar nicht das Bedürfnis hegt, auszurasten, wie er es so schön sagte. Ich glaube allerdings nicht jede Sünde ist ein Abtrünniger, aber wenn wir diejenigen finden, die es sind, dann haben wir vielleicht ganz gute Chancen, wirklich auf ihre Hilfe hoffen zu können.” Gabriel schüttelte ein wenig amüsiert den Kopf. “Und was für eine Hilfe soll das sein? Wir sind hier den ganzen Tag eingesperrt, ab und an kommt einer vorbei mit ein wenig was zu Essen und wir dürfen den ganzen Rest erledigen, was es zu erledigen gibt. Denkst du etwa, wir kommen dank denen in eine angenehmere Zelle?” Raziel schüttelte den Kopf und nun war es an ihm, Gabriel ein wenig genauer zu mustern, sein Blick fiel dann auch auf Uriel, welcher sich hingelegt hatte und beinahe einzuschlafen schien. Es stimmte hier etwas nicht und langsam glaubte er, dass nicht Haniel von Dämonenblut gekostet hat, sondern die beiden Engel hier. “Also, was nun? Woran denkst du, inwiefern können sie uns helfen?” “Wir wollen doch ebenfalls Antworten haben, oder? Wie Chamuel bereits sagte, er und ich waren bei der Verhandlung dabei und haben keinerlei Ahnung, was passiert ist. Uriel hat uns schon ein paar Dinge erzählt und weiter? Interessiert es dich nicht, woher dieser laute Knall kam? Muss ich dich daran erinnern, dass wir die gute Seite repräsentieren und die Dämonen die böse Seite, aber dass wir ohne einander nicht existieren?” “In den Köpfen der Menschen, richtig”, unterbrach ihn Gabriel genervt. “Falsch, hört das Gute auf zu existieren, dann ebenso das Böse, genauso umgekehrt. Du lebst in einer sehr schwarzen und weissen Welt und ich kann es dir nicht einmal verübeln, genauso soll unser Blickwinkel sein, aber die Vorkommnisse damals und heute, sind nicht schwarz und weiss und wir müssen, soweit es geht zusammenarbeiten, damit die Ordnung wieder hergestellt werden kann.” Raziel seufzte nach seiner Ansprache, an Gabriels Blick konnte er gut erkennen, dass dieser nicht unbedingt seiner Meinung war. “Du glaubst wirklich, die ziehen uns nicht über den Tisch? Du warst schon immer sehr naiv, aber ich werde mich der Sache nicht in den Weg stellen.” Haniel welche nur noch beobachtet hatte, seufzte leise und blickte dann geradeheraus zu Gabriel. “Beschuldigst du mich, Dämonenblut in mir zu haben, weil du selbst welches bekommen hast? Dein Verhalten, es ist so anders.” Gabriel wollte gerade auf diese Anschuldigung reagieren, als ein Räuspern ihre Aufmerksamkeit erregte. “Oh, ich wollte nicht stören, aber vielleicht sollte ich euch auch ein wenig aufklären.” Kapitel 32: Verworrene Wege --------------------------- Die fünf Engel musterten Grid ein wenig argwöhnisch. Wie lange stand der Dämon schon in der Tür und hörte ihnen zu? “Hm, ich sollte gekränkt sein, Tsorn und Bager werden vertraut, aber ich bin der Feind? Interessant.” Seine Stimme klang allerdings eher gelangweilt. Nach dem Gespräch mit Gadles hatte er sich ein wenig Action gewünscht, aber offensichtlich durfte er einige Aufklärungsarbeit leisten. Er fühlte sich beinahe wie ein Missionar, nur wurde er dafür leider nicht eingestellt. Da er allerdings schon ein wenig länger gelauscht hatte, wusste er bereits, dass sie mithelfen wollten, zumindest der Grossteil von ihnen. “Und inwiefern weisst du mehr als wir?” Chamuel war interessiert und dementsprechend klang er auch. “Nana, wollen wir uns nicht erst einmal besser kennen lernen? Ich bin Grid und habe die Sünde der Habgier inne, da es mir aber aktuell ziemlich egal ist, wer etwas besitzt und ich niemandem auch nur im Ansatz was wegnehmen will, bin ich an deiner Theorie ziemlich interessiert.” Grid kam ein wenig näher und setzte sich, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, neben Raziel. Tsorn vertraute diesem Engel, also würde er es auch tun. “Aber ich denke, was ich wissen will, ist euch gerade egal. Die Frage von Haniel hingegen ist ziemlich interessant, ich kann sie allerdings beantworten. Es ist ihm nicht möglich, das Blut des Neides in sich aufgenommen zu haben, mein wenig geschätzter Kollege hat das Zeitliche gesegnet und keine Sorge, er wird weder euch hier oben, noch uns in der Hölle weiter belästigen. Luzifer kann sehr gründlich sein, wenn man ihm quer kommt. Ihr braucht also auch keine Beileidskarten für ihn schicken, er wird nicht grossartig vermisst werden. Die Veränderung ist allerdings ziemlich interessant und dazu habe ich innert ein paar Sekunden meine eigene Theorie entwickelt. Jedoch nicht wegen Gabriel, sondern auch in Zusammenhang mit Uriel, welcher offensichtlich sehr müde ist vom lediglichen existieren.” Alle Blicke im Raum lagen auf einmal auf dem nach wie vor liegenden Engel, welcher wirklich zu schlafen schien. “Und was wäre deine Theorie?”, wollte Raziel nun wissen. “Oh, tatsächlich keine Beileidsbekundungen für das Ableben meines Kollegen? Ihr seid grausam, gerecht aber grausam. Nun gut. Inersha und Mekane haben uns verlassen, wie ich bereits erwähnte, endgültig. Mekane hatte die Sünde des Neides, Inersha die der Trägheit, fällt euch etwas auf?” Er deutete erneut auf Uriel und anschliessend auf Gabriel. “Du hattest eben erwähnt, wird das eine ausgelöscht, kann das andere nicht mehr existieren. Nun, ich weiss nicht, wieso ausgerechnet ihr beide die Gegenstücke zu den Vollidioten seid, aber Glückwunsch, die Sünden scheinen tief in euch verankert zu sein. Ich frage mich allerdings, woher wusste Luzifer diese Kleinigkeit oder aber, entstanden die Verknüpfungen erst durch seine Zuweisungen.” Gabriel schnaubte bei seinen Worten beinahe ungehalten auf. “Ich bin bestimmt nicht neidisch, worauf denn?” “Auf die netten Gespräche mit uns offensichtlich. Deine Blicke, du willst ebenfalls erzählen was du weisst, aber keiner fragt dich danach, muss schon hart sein.” Ein erneutes Schnauben folgte und Grid blickte in die Runde, welche interessiert an dem Thema zu sein schien. “Du denkst, sobald einer von euch weg ist, oder aber einer von uns, übernehmt ihr unsere Gaben und wir eure Sünden?” Haniel war sichtlich verwirrt. “Nein, nein, nein. Ich glaube, sowohl in uns als auch in euch ist alles verankert. Nehmen wir dich als Beispiel, Haniel. Die Liebe, die Freundschaft und das Positive, was diese Gefühle mit sich bringen, man könnte denken dein Gegenstück wäre der Neid oder der Zorn, welcher mit Hass verbunden werden könnte, aber nein, die Liebe ist rein, dagegen steht die Sünde der Wollust, es ergibt einen Sinn. Bei dir zumindest. Bei einigen anderen hingegen, nun, dafür müsste ich in Luzifers Kopf reinschauen können und dies kann ich leider nicht, aber vielleicht findet ihr Erklärungen? Viel zu tun habt ihr ja sowieso nicht, hm?” Raziel überlegte und bei Haniel ergab es tatsächlich Sinn, aber bei den restlichen von Ihnen? Gabriel war der Erzengel der Verkündung, der Visionen, wie passte dies mit dem Neid zusammen? Uriel war der Erzengel der Offenbarung, der Inspiration, wie passte dies mit der Trägheit zusammen? Und nicht nur die beiden waren ein Rätsel. Chamuel der Engel der Harmonie und er hatte die Sünde der Völlerei? Raphael war der Schutzengel und hatte die Habgier an seiner Seite. Michael war Gottes Wache und sein Gegenstück war die Hochmut, es machte Sinn, eines der wenigen, die auf Anhieb Sinn ergaben und er selbst? Er war Gottes Geheimnis, wieso bekam er die Wut als angebliches Gegenstück? “Mir scheint, als würde sich Tsorns Liebling ein wenig überanstrengen. Es war lediglich eine Theorie von mir, aber vielleicht ist etwas Wahres dran.” “Es ist etwas Wahres dran”, stellte Chamuel überraschend für alle fest. “Ahja?” Nicht nur Grid war neugierig, allerdings war er derjenige der nachfragte. “Die Verbindungen sind nicht auf den ersten Blick ersichtlich, zumindest nicht wie es bei Haniel und Bager der Fall sein mag oder wie bei Michael und Gadles”, stellte er für alle das Offensichtlichste fest. “Was ist mit Luzifer selbst?”, wollte Haniel wissen und Gabriel schnaubte einmal mehr, das Thema langweilte ihn und es brachte sie nicht weiter. “Luzifer ist an sich kein Bewohner der Unterwelt, sein Gegenstück müsste rein theoretisch ebenfalls eine der Sünden sein, da dies aber geändert wurde, ist es vermutlich Metatron. Dieser hat ebenfalls jegliche Eigenschaft in sich, genauso wie Luzifer jede Sünde in sich trägt. Sie haben auch weitere Gemeinsamkeiten. Metatron spricht zu den Menschen und jeder denkt, er sei Gott, genauso geht es Luzifer, er wird für den Teufel gehalten, ist es aber nicht. Sie sind beide die Sprecher ihrer Chefs, so gesehen”, erklärte er seine Sicht, was die beiden obersten Generäle anging. “Nun, ich bin eher auf die Verbindungen gespannt, die nicht offensichtlich zu sein scheinen. Sofern du uns darüber auch aufklären willst.” Grid hatte mittlerweile die Arme verschränkt und musterte Chamuel offen. Der Kerl war interessanter als zu Beginn angenommen und er schien eine gute Kombinationsgabe zu haben. Zumindest wirkte es so auf den ersten Blick. “Könnte ich, aber darüber muss ich doch noch ein wenig genauer nachdenken. Es ist aber tatsächlich eine mögliche Theorie und würde die von Raziel unterstützen. Es würde nicht einmal gegen die Theorie sprechen, dass einige von euch ursprünglich von hier oben kommen würden. Es macht die Sache an sich einfach nur noch ein wenig spannender.” “Schade, aber gut, ich hab hier genug Zeit vertrödelt, war allerdings ein nettes Pläuschchen, immer wieder gerne.” Grid erhob sich langsam und stützte sich dabei auf Raziel ab. Ein wenig ärgern wollte er den Erzengel schon, auch wenn Tsorn ihn dafür bestimmt bestrafen würde, sollte er dies jemals erfahren. “Viel Spass mit euren neuen Gedanken~”, flötete er beinahe und verschwand wieder aus der Zelle. Eigentlich hatte er diese Theorie nur aus Spass eingeworfen, aber es könnte tatsächlich etwas dran sein. Gadles beschloss nach dem Gespräch mit Luzifer nun wirklich, Michael aufzusuchen. Er war durch seine Entdeckung motiviert, auch wenn er noch nicht genau wusste, wie sein Boss nun zu ihm stand. Sonderlich begeistert hatte er nicht gewirkt, was ihm aber vorher bewusst gewesen war. Grid hatte ihm deutlich genug gemacht, dass sie alle auf der Abschussliste standen, sollten sie sich Fehler leisten, die absolut unnötig waren. Auf dem Weg zu Michael dachte er kurz an Mekane. Nach Hause zu gehen war wirklich verlockend. In der Hölle ein wenig Kraft zu tanken, um hier wieder richtig angreifen zu können, obwohl gerade absolut kein Kampf statt fand. Der Himmel war seelisch belastender, als alles, was er bisher erlebt hatte und in seinen Augen, war er eigentlich ziemlich belastbar. Ihm war allerdings auch klar, dass ein Ausflug in die Hölle gerade nicht geduldet war. Kurz lachte Gadles auf. Vielleicht sollte er einen Urlaubsantrag einreichen, einen Tag frei hatte er sich bestimmt verdient. Gadles schüttelte den Kopf. Niemals würde Luzifer ihm gerade frei geben. Er war unter Beobachtung, wie sie alle. Gedankenverloren betrat er die Zelle von Michael und atmete kurz tief ein und wieder aus. Jetzt brauchte er seine volle Konzentration, grübeln konnte er auch später noch. Sein Blick ruhte auf Michael, dessen Blick ebenfalls auf ihm zu ruhen schien. Gadles musterte den Erzengel einmal mehr. Luzifers Worte gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf. Bager hatte mehr von diesem erfahren als er selbst. Er hatte ja bereits geahnt, dass etwas hinter seinem Rücken ablief, aber was genau? Was hatten die anderen mit diesem Engel angestellt, dass er bei ihnen sprach und bei ihm nicht? Bagers Blut alleine konnte es nicht sein. Michael trug die Sünde der Hochmut eindeutig in sich, seines musste immer überwiegen, was also war die Schwachstelle, die Bager ausnutzen konnte? Luzifer? Er schüttelte augenblicklich den Kopf. Es war naheliegender, sehr viel naheliegender. Raphael. Luzifer war von diesem Engel regelrecht besessen und Michael schien es nicht anders zu gehen und nach seinem Zusammentreffen mit diesem konnte er es fast ein wenig verstehen. Gadles hob seinen Blick ein wenig und blickte nun direkt in Michaels Augen. Sein Blick war fest und beinahe stechend. Er fühlte sich von dem Erzengel unweigerlich herausgefordert, obwohl er nichts tat. So eine Wirkung hatte schon lange niemand mehr auf ihn. “Wieso?” , stellte er ihm lediglich die Frage und Michaels Gesichtsausdruck wandelte sich augenblicklich. Er schien verwirrt zu sein, was Gadles schon fast ein wenig amüsierte. “Wieso was?”, kam nach einigen Momenten die Gegenfrage und Gadles fing an zu lachen. Dabei wusste er nicht einmal selbst, wieso er nun lachen musste. Diese Situation war so surreal und für ihn selbst nicht greifbar. Die Feststellung, dass er etwas mit diesem Erzengel gemeinsam hatte, abgesehen von der Sünde, die sie offensichtlich teilten, war einfach zu komisch. “Was war an dieser Frage nun so witzig?” Michaels Tonfall hatte sich geändert. Er fühlte sich nicht ernst genommen und dies liess er Gadles mit seinen Worten spüren. Ein interessanter Aspekt wie Gadles feststellen durfte. “Ich denke, wir sollten uns einmal ein wenig über deine Freunde unterhalten. Immerhin hast du sie länger nicht gesehen und der ein oder andere plaudert Internas aus, die sicherlich intern bleiben sollten. Im Gegenzug erzählst du ein wenig etwas von meinen Freunden, hm?” Michael schnaubte belustigt auf. “Ich wüsste nicht, was sie dir erzählen könnten, was ich nicht schon bereits weiss und schon gar nichts, was die Situation hier irgendwie verändern könnte.” Gadles lächelte lediglich. Er würde sich nicht von Michael provozieren lassen und schon gar nicht zugeben, dass er gerade nur bluffte. “Ich war bei Raphael. Er weiss tatsächlich einiges zu erzählen. Vielleicht hat dein Komplize seinen Teil der Abmachung rückgängig gemacht und dieser weiss wieder über alles Bescheid? Wäre er dann nicht eine Gefahr für dich?” Gadles beobachtete Michael bei seinen Worten genau. Er hatte absolut keine Ahnung, ob Raphael irgendwas wusste und ob Uriel tatsächlich etwas an seinen Taten von vor über 1000 Jahren ändern konnte, aber einen Versuch war es wert. Michael schien tatsächlich ein wenig nachdenklicher geworden zu sein, schien über seine Worte nachzudenken und währenddessen liess Gadles ihn auch nicht aus den Augen. “Nicht so lange Gott nicht hier ist, zumal er ihm nicht glauben würde. Nach so langer Zeit habe ich meine Position hier gefestigt.” Die Sünde ging um Michael herum und setzte sich auf die Pritsche, dabei fiel sein Blick auf den vernarbten Rücken und sogleich fielen ihm Raphaels schwarze Flügel wieder ein. “Hm, du scheinst sehr von dir überzeugt zu sein. Ich stelle mir allerdings folgende Frage, wenn alle deine Freunde, sofern sie wirklich Freunde sind, sich gegen dich wenden und Gott erzählen, was wirklich passiert ist oder zumindest das, was sie glauben, ist passiert, was denkst du, wem er glaubt?” Gadles konnte Michael schnauben hören. Es war unglaublich, was für ein Selbstbewusstsein dieser Engel hatte und es faszinierte ihn. “Du brauchst sie nicht zu beantworten, ich habe noch weitere Fragen an dich.” Gadles erhob sich wieder und ging einmal mehr um Michael herum. Ihm würde nicht noch einmal derselbe Fehler passieren. “Meine Anfangsfrage bleibt bestehen. Wieso? Ich präzisiere sie auch ein klein wenig für dich, wieso bist du genauso besessen von Raphael, wie Luzifer es ist.” Ein weiteres Schnauben folgte. Gadles suchte einmal mehr den Blick des Erzengels und beschloss, ihn nun richtig zu provozieren. “Er fühlt sich gut an. Da er noch ziemlich geschwächt ist, ist er gerade leichte Beute für uns und ich wollte eure Faszination verstehen. Ein wenig kann ich es nachvollziehen, er strahlt in seiner Schwäche eine Stärke aus, die wohl kaum ein anderer besitzt, und doch ist er auch nur ein Engel, mehr nicht”, flüsterte er die Worte leise ins Ohr. Dabei liess er es sich nicht nehmen, mit einer Hand leicht über Michaels Seite zu streichen, ihm damit ein wenig zu verdeutlichen, was er genau meinte, und seine Worte hatten den erwünschten Effekt. Michael verspannte sich zusehends. “Wenn Luzifer dich nicht tötet, werde ich es tun”, knurrte er leise und brachte Gadles damit zum Schmunzeln. “Und wieso sollte Luzifer mich töten? Er hat uns nicht verboten unseren Spass mit euch zu haben, im Gegenteil, wir sollen euch verderben, euch unsere Sünden aufzwingen, wir dürfen euch lediglich nicht foltern, aber alles andere wurde uns nicht verboten. Vermutlich bin ich nicht der Einzige, der sich schon an ihm vergangen hat. Doch wem erzähle ich das, du würdest seine Lage doch auch direkt ausnutzen, oder?", flüsterte Gadles weiter und begann ihn nun auch mit der anderen Hand zu streicheln. “Du brauchst nicht mit mir sprechen, wie dir bewusst sein sollte, höre ich mich gerne reden und es gibt mir die Möglichkeit, dir noch ein paar Einzelheiten preis zu geben. Raphaels Körper reagiert genauso empfindlich auf Streicheleinheiten wie deiner es tut. Ihr sehnt euch nach körperlicher Nähe, was ich ziemlich interessant finde. Wie grausam ist euer Gott, wenn er euch diese Annehmlichkeit nicht gönnt?” Während er sprach, knabberte er zwischenzeitlich an Michaels Ohr, um ihn zu provozieren und so deutlich über ihm zu stehen, hatte einen unglaublichen Reiz. “Raphael würde sich niemals auf einen so dreckigen Dämon wie dir einlassen, nicht einmal durch Manipulation”, knurrte Michael erneut leise. “Er liess sich von Uriel und dir manipulieren? Wieso sollten wir es nicht auch hinbekommen? Vielleicht hat er keine Lust mehr auf den Himmel, auf Freunde, die ihn alle nur belügen. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass er es geniesst, im Mittelpunkt zu stehen und sich all das zu holen, was er bisher schmerzlich vermisst hat. Wieso sonst hat er pechschwarze Flügel, wenn er nicht vom Weg abgewichen ist?” Gadles stellte die Frage absichtlich so provozierend. Ihm war bewusst, dass die Flügel nicht erst durch ihr Auftreten schwarz wurden, aber vielleicht wusste Michael auch darüber mehr, als es vielleicht Raphael selbst tat. Kapitel 33: Licht ins Dunkel ---------------------------- Luzifer war verwirrt. Kaum hatte Gadles sein Gemach verlassen, tigerte er unruhig in diesem hoch und runter. Schwarze Flügel. Dieser Fakt ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Dämonen hatten schwarze Flügel, aber doch nicht sein Raphael. Bei dem Gedanken lachte er dunkel auf. Sein Raphael. Vielleicht war er dies einmal gewesen, aber seine Erinnerungen waren offensichtlich ziemlich schwammig und Raphael erinnerte sich nicht einmal daran. Augenblicklich fiel ihm das Gespräch mit Metatron wieder ein. Vielleicht erinnerte er sich doch. Luzifer hatte das Gefühl, sein Kopf würde jeden Moment explodieren. Viel zu viele Informationen, die er nicht verarbeiten konnte, schwirrten durch diesen und einen klaren Gedanken konnte er seit Stunden nicht fassen. Die schwarzen Flügel drängten sich allerdings immer wieder in den Vordergrund. Vermutlich, weil es die aktuellste Information war. Mit einem lautlosen Seufzer stellte er sich vor den Spiegel und breitete seine eigenen Flügel aus. Weiss wie Schnee. Er war doch in der Unterwelt, er wurde aus dem Himmel verbannt, wieso hatten seine Flügel noch die Farbe der Reinheit? Wieso waren seine Flügel nicht schwarz? Eine nachträgliche Strafe? Ein wenig genervt schüttelte er den Kopf. Der Teufel hätte ihm die sicherlich erlassen, ausser er sollte immer daran erinnert werden, dass er eigentlich auch nicht in die Hölle gehörte. Es beantwortete ihm allerdings nach wie vor nicht die Frage, wieso Raphael schwarze Flügel hatte. “Ich brauche endlich Antworten”, stellte Luzifer für sich fest und musterte sich selbst noch einmal im Spiegel. Für einen Moment stellte er sich selbst mit schwarzen Flügeln vor, schüttelte dann aber den Kopf. Er sollte nun keine Zeit mehr vertrödeln. Nur wen sollte er fragen? Raphael? Raziel? Metatron? Die Auswahl war ziemlich gross und er wusste nicht wirklich, wer eine Antwort darauf haben könnte. Ein leises Lachen verliess seine Kehle. Vermutlich hatte jeder von ihnen eine andere Antwort auf Lager. Er würde einfach alle nach einer Antwort fragen und er würde mit Metatron damit anfangen. Raphael vertraute ihm, vielleicht wusste dieser ein wenig mehr, stand er Gott auch näher als alle anderen Engel. Mit grossen Schritten machte er sich auf den Weg. Die Antworten mussten jetzt her, ansonsten würde er noch durchdrehen. Bevor er selbst nicht einen klaren Gedanken fassen konnte, würde er bei Raphael auch nicht wieder auftauchen, zumindest war dies sein aktueller Plan. Bei Metatron angekommen, öffnete er beinahe leise die Zellentür. “Fehlt noch, dass du vorher anklopfst”, erklang es amüsiert aus der Zelle und Luzifer betrat diese nun ein wenig zügiger. “Woher diese Rücksicht?”, wollte Metatron dann ruhig wissen und Luzifer setzte sich neben ihn. Einmal mehr fiel ihm auf, wie Metatron gerade lebte und es gefiel ihm nicht. Ihm war sehr wohl bewusst, dass er dafür verantwortlich war, aber er konnte ihn nicht bevorzugt behandeln, oder? “Ich erkenne mich nicht wieder, Metatron”, kam nach einer Weile die Antwort und der Engel schüttelte den Kopf. “Du liegst falsch”, stellte er fest, und Luzifer musterte ihn erneut und dieses Mal sichtlich verwirrt. “Du bist ein Geschöpf des Himmels, Luzifel. Hier ist deine Heimat und dein Körper erinnert sich daran, er fühlt sich heimisch, dein Kopf wehrt sich dagegen, weil er weiss, dass dieser Fakt nicht mehr gegeben ist und dann kommt noch der Faktor deines Herzens dazu. Du bist verwirrt und es ist in Ordnung. Deine Situation ist nicht einfach und wird sie nie sein.” “Und wie kann ich sie einfacher machen? Ich habe das Gefühl, immer wenn ich eine Antwort bekomme, tun sich zehn neue Fragen auf. Es ist eine Kette, die immer länger und länger wird und ich wende mich gegen meine Leute. Ich habe aus Wut zwei meiner Generäle getötet, weil sie mir nicht die Antworten liefern konnten, die ich von ihnen verlangt habe, sollte sich meine Wut nicht gegen euch richten? Ich …” “Luzifel, Stopp”, unterbrach ihn Metatron beinahe ein wenig harsch. “Eine Kettenreaktion ist nichts Unübliches, schon gar nicht bei so einem komplexen Thema. Es sind Fragen offen, die hier nicht jeder beantworten kann oder will. Du warst immer für deine Ungeduld bekannt und ich verurteile dich nicht, dafür, was du bist und tust. Dein Platz ist aktuell nun einmal in der Unterwelt und ihr regelt eure Dinge so. Ich glaube auch nicht, dass du sie einfach getötet hast, da steckt mehr dahinter und ein schlechtes Gewissen zeigt, dass du nicht verdorben bist. Ein Umstand, der mich sehr freut.” Luzifer seufzte und schüttelte kurz den Kopf. “Ich wollte sie nicht mehr sehen. Jedes Wort von ihnen war eines zu viel. Der eine log mich an und der andere? Er wollte sich nehmen, was ihm nicht gehört, mit Gewalt. Es sind Gottes Gebote, welche sie gebrochen haben und ich habe sie dafür bestraft, obwohl wir dies in der Hölle definitiv nicht so eng sehen. Liegt es am Himmel?” “Nein, an dir, Luzifel. Du warst immer ein sanftmütiger und Gerechtigkeit liebender Engel. Manchmal bist du über das Ziel hinausgeschossen, was dir öfter Ärger eingebracht hat. Offensichtlich hast du es nie abgelegt oder verdrängt, die Frage, die du dir stellen solltest, ist wieso?” Luzifer hatte wieder unzählige neue Fragen und langsam hatte er wirklich keine Nerven mehr dazu. “Hm, du hast mir gerade so gar nicht geholfen”, stellte er ernüchtert fest und seufzte lautstark auf. Metatron sollte ruhig merken, dass er keine Lust mehr auf all das hatte, auch wenn er selbst es lanciert hatte. “Du hast nur zwei Möglichkeiten, Luzifel. Du ziehst es nun durch oder du gehst. Du hast Dämonen an deiner Seite, die dir helfen wollen, ich spüre ihre Energie und den Willen und ich denke, du würdest sie enttäuschen. Selbst die Engel, ein Teil davon, will dir helfen, also glaube ich, dass die zweite Möglichkeit nicht einmal eine ist.” Luzifer reagierte nicht auf die Worte. Er wusste, dass Metatron recht hatte und es ärgerte ihn. Allerdings war er auch nicht deswegen zu ihm gekommen, sondern weil er eine andere Frage hatte. “Warst du bei der Verhandlung?” Metatron schien ein wenig verwirrt von dem Themenwechsel zu sein, nickte dann allerdings. “Du hattest keine richtige Verhandlung, aber ja, ich war dabei, wieso fragst du?” Luzifer schien einen Moment zu überlegen, ehe er sein Augenmerk wieder auf Metatron richtete. “War etwas seltsam? Also abgesehen davon, dass Raphael wohl schon unter Uriels und Michaels Einfluss stand?” Nun schien Metatron zu überlegen. “Wenn ich genau darüber nachdenke, hätte es uns auffallen müssen, dass mit ihm etwas nicht stimmt, aber nicht nur mit ihm, auch mit Uriel. Ist es aber nicht und ich frage mich wieso. Allerdings ist es schon so lange her, an jede Einzelheit kann ich mich nicht erinnern. Wieso fragst du?” Luzifer seufzte und bekam augenblicklich das Gefühl, bei Metatron an der falschen Adresse zu sein, wobei es niemand bemerkt hatte und vermutlich nicht einmal Uriel wusste, was genau falsch gelaufen war. “Raphael hat schwarze Flügel”, beantwortete er die Frage. “Diese Tatsache ist mir bewusst, wir sehen ihn tagtäglich”, kam es von Metatron ein wenig verwirrt. “Dir ist klar, dass wir Dämonen …” “Du bist kein Dämon”, unterbrach Metatron ihn beinahe ein wenig harsch. “Aber auch kein Engel mehr”, fiel Luzifer ihm dann ins Wort. “Aber zurück zu dem, was ich eigentlich sagen will. Dämonen haben schwarze Flügel, wieso hat Raphael welche?” “Hast du welche?” Luzifer seufzte. Metatron würde ihn noch in den Wahnsinn treiben, einmal mehr. Ihm war zwar bewusst, dass dieser die Fragen absichtlich so stellte, aber letzten Endes nervte es ihn einfach nur. “Ich habe keine schwarzen Flügel”, murrte Luzifer dann dementsprechend. “Hättest du gern welche?” “Wollte sie Raphael?” “Das war nicht meine Frage, aber um deine zu beantworten, natürlich wollte er das nicht. Sie sind eine Bestrafung Gottes an ihn. Wieso genau kann ich dir nicht sagen.” Luzifer hatte Metatron nicht einen Moment aus den Augen gelassen und der kleine Schlagabtausch hatte ihm irgendwie Spass gemacht, auch wenn die Antworten doch ernüchternd waren. “Ich denke auch, deine weissen Flügel sind nicht korrekt, gemäss den Gesetzen des Himmels bist du ein Abtrünniger, ein Gefallener, du solltest ebenso pechschwarze Flügel haben, wie Raphael sie hat.” “Aber Raphael ist kein Abtrünniger, oder?” Metatron schüttelte den Kopf. “Nein, ist er nicht. Er hat härter gearbeitet als alle anderen. Er wollte Gott beweisen, dass seine Strafe nicht gerecht ist, zumal er sie nie verstanden hat. Mittlerweile lebt er damit, es bleibt ihm nichts anderes übrig, aber er ist definitiv nicht glücklich damit. Dabei macht es ihn einzigartig, viele junge Engel bewundern ihn, etwas, das er nicht leiden kann. Wie auch, für eine Strafe bewundert zu werden, die er nicht versteht. Ich weiss nicht, ob er sich daran erinnert, aber du solltest ihn selbst danach fragen.” “Und wen frage ich, was meine Flügel betrifft? Ist Michael etwa ein Fehler unterlaufen?” Metatron lachte dunkel auf. “Wäre möglich. Immerhin hat er dich verbannt und es ist seine Aufgabe, dies korrekt durchzuführen, hätte er das getan, wärst du ebenfalls gezeichnet. Ich würde dir wirklich gerne helfen, aber ich habe in die Aufgabenbereiche keinen Einblick, insbesondere Michael lässt sich nicht reinreden. Wir sollten unsere Organisation definitiv ein wenig überdenken, hm?” Luzifer schnaubte beinahe belustigt und Metatron fiel in ein lautes Gelächter. “Lachst du dich gerade selbst aus?”, wollte Luzifer wissen und musste selbst ein wenig schmunzeln. “Nein, eher die Tatsache, dass dein Besuch solche Missstände erst aufdeckt. Dabei hätten wir tatsächlich aufgrund Kleinigkeiten schon gewisse Dinge hinterfragen müssen.” “Ich weiss nicht, ob ich seine Antwort hören will”, wechselte Luzifer das Thema. Der Himmel an sich war ihm egal, zumindest versuchte er, sich dies einzureden. “Dann frag Raziel oder Michael, ich glaube allerdings nicht, dass Michael dir Antworten geben wird, zumindest nicht die, die du hören willst.” Luzifer atmete einmal tief ein und aus. “Könntest du aufhören so offensichtliche Dinge auszusprechen? Michael würde sich eher die Zunge rausreissen, als mir irgendwelche Antworten zu geben.” “Du dir doch auch? Ihr habt euch da nie was geschenkt, ihr seid wie Feuer und Wasser, absolut inkompatibel.” “Nimmst du ihn gerade in Schutz?” “Nein, er hat Fehler gemacht, anscheinend ziemlich viele und welche die gesamten Existenzen verändert haben. ich wollte damit nur aufzeigen, dass ihr euch da leider sehr ähnlich seid. Vielleicht solltest du deine Strategie ändern. Michael ist eigen und wirkt unberechenbar, aber er hat auch eine Schwachstelle und du kennst sie besser, als jeder andere.” Luzifer konnte nicht anders als leicht zu lächeln. Metatron gab ihm nach wie vor Tipps, zwar auf seine eigene Art und Weise, aber er half ihm. “Ich versuche es, aber dafür muss ich mit Wissensvorteil in die Schlacht gehen und da bin ich aktuell unterlegen, eine Tatsache, die mich schwach macht.” Metatron lächelte ebenfalls und legte eine Hand auf Luzifers Schulter. “Ich sage es nur ungern, aber du kannst lügen, er nicht. Zur Not nimm einen deiner Schergen mit, soweit mir bekannt ist, können sie Lügen erkennen, oder?” Luzifer seufzte einmal mehr auf, daran hatte er nicht gedacht. “Nur teilweise, aber ich glaube leider, dass Michael lügen kann. Allerdings nicht, weil er es bewusst tut, sondern weil er es selbst glaubt.” “Da könntest du leider recht haben. Ich bin allerdings sehr zuversichtlich, dass du an deine Antworten kommst und ich werde dir helfen, soweit es mir möglich ist, aber meine Möglichkeiten sind leider begrenzt.” Luzifer nickte einmal mehr auf und erhob sich dann auch wieder. Er hatte schon wieder viel zu viel Zeit mit Metatron verbracht. “Könntest du mir zwischenzeitlich mal den Kerl vorbei schicken, denn du ganz zu Beginn dabei hattest?” “Tsorn?” “Wenn er so hiess, ja.” Luzifer war über diese Bitte sichtlich verwundert, was Metatron einmal mehr lächeln liess. “Wieso willst du mit Tsorn sprechen?” “Ich hatte irgendwie das Gefühl, ihn zu kennen, aber ich kann dir nicht sagen, woher dieses rührt, daher würde ich gerne alleine mit ihm sprechen. Ich werde ihn nicht vom Himmel überzeugen und ihn dir abtrünnig machen, Luzifel, keine Sorge. Ein einfaches Gespräch. Meine Gesellschaft ist nicht gerade sehr breit gefächert, da würde ich mich über ein wenig freuen und so sehr ich dich schätze, ein anderes Gesicht wäre schon mal schön und angenehm.” Luzifer schnaubte belustigt auf, nickte dann aber. “Wie du willst. Ich schicke ihn dir, sofern er denn will, versprochen.” Luzifer wandte sich dann endgültig ab und verliess die Zelle wieder. Das Gespräch war nicht verlaufen, wie er gedacht hatte, auch wenn er die ein oder andere Antwort erhalten hatte. Es gab nach wie vor Fragen, die er nicht beantwortet bekam und es schauderte ihn bei dem Gedanken daran, Michael fragen zu müssen. Dementsprechend machte er sich erst einmal auf den Weg zu den restlichen Engeln, vielleicht konnten sie ein wenig mehr Licht ins Dunkel bringen, ehe er das erneute Gespräch mit Raphael suchen würde. Dieser war ihm ebenfalls noch Antworten schuldig und dieses Mal würde er nicht gehen, ehe er sie erhalten hatte. Kapitel 34: Lagebesprechung --------------------------- Grid machte sich nach dem Gespräch direkt auf die Suche nach seinen Mitstreitern. Er musste Tsorn und Bager von seinem Gespräch und seiner Entdeckung berichten, immerhin betraf es Gadles und es wunderte ihn selbst, dass er so aufgeregt war. Es dauerte eine ganze Weile, ehe er die Beiden fand. Tsorn hatte sich zurückgezogen und schien in seiner eigenen Welt zu sein, und Bager schien ebenfalls in eigenen Sphären zu schweben. Letzten Endes bekam er sie doch alle zusammen in einen Raum, wobei Tsorn schon wieder ungeduldig wirkte. “Ich wollte eigentlich meinen restlichen Tag in Ruhe geniessen”, machte er seinem Unmut ein wenig Luft und bemerkte schnell, dass dies Grid nicht sonderlich zu interessieren schien. “Habt ihr den Knall vorhin überhaupt mitbekommen?”, wollte er nach einigen Sekunden des Schweigens wissen. “Ja”, kam es zeitgleich von Bager und Tsorn und Grid blickte zwischen den Beiden hin und her. “Und wieso habt ihr nicht nachgesehen, woher er kam?”, hakte er dann ein wenig provozierender nach. “Ich habe mich auf den Weg gemacht …”, verteidigte sich Bager sogleich und Grids Blick blieb auf Tsorn liegen. “Ich nicht, hatte Besseres zu tun”, knurrte dieser beinahe ein wenig genervt und liess Grid mit den Worten leise seufzen. “Weisst du, woher dieser Knall rührte?”, lenkte Bager seine Aufmerksamkeit wieder auf sie und Grid nickte langsam. “Ja … Und es hätte ziemlich übel ausgehen können. Wir haben die Stärke eines gewissen Engels vielleicht unterschätzt, zumindest einer von uns.” Nun war Tsorn doch ziemlich interessiert und forderte Grid mit seinem Blick auf, weiter zu sprechen. “Wer?”, tat es ihm Bager dann gleich. “Michael?”, äusserte sie eine Vermutung und Grid schüttelte augenblicklich den Kopf. “Nein, wobei ich dies auch erst glaubte. Ich lief zuerst zu dessen Zelle, aber die war fest verschlossen, genauso Metatrons, diesen hatte ich danach im Verdacht. Nein, Raphaels Zelle stand offen.” “Und er selbst?” “Ist an Ort und Stelle. Lediglich die Zelle war offen und die Tür sah ein wenig eingedellt aus. Raphael sass auf seiner Pritsche und wirkte ziemlich gelassen und zufrieden, was natürlich Fragen aufgeworfen hat.” Grid genoss es gerade, wie Tsorn und Bager seinen Worten lauschten und auf die Informationen gierten. “Hast du mit ihm gesprochen?”, fragte Bager interessiert nach. “Nein, also ich wollte, aber einer der Dämonen, welche durch die Gänge patrouillieren, hat mich zur Seite gezogen. Er hat gesehen, was passiert ist und so habe ich die Zelle lediglich wieder zu gemacht. Ich denke es ist an Luzifer, darüber mit Raphael zu sprechen”, beantwortete er die Frage und warf damit direkt neue Fragen auf. “Und was hat er gesehen?”, wollte nun Tsorn ein wenig ungeduldig wissen. “Gadles”, war die kurze und knappe Antwort. “Er hat Gadles gesehen und wurde neugierig. Allerdings hatte er zu viel Angst um zu Lauschen, dennoch ging er ein oder zweimal vor der Zelle durch und versuchte etwas aufzuschnappen, nur leider ohne Erfolg. Was er allerdings mitbekommen hatte, war das auf einmal die Zellentür aufflog und Gadles rausgeflogen bekam. Der Dämon war dann ein wenig im Zwiespalt, wollte sich aber versichern das Raphael in der Zelle blieb und wollte die Tür schliessen ... “ “Moment, du hast doch gesagt, du hast die Tür offen vorgefunden?”, unterbrach ihn Tsorn ein wenig skeptisch. “Richtig, weil unser Scherge ein wenig in Panik verfallen ist. Er wollte die Tür schliessen und hat einen kleinen Blick riskiert, laut seiner Aussage hat Raphael pechschwarze Flügel, da ist er in Panik geraten und abgehauen.” “Sonderlich weit ist er nicht gekommen, wenn er dich abgefangen hat, als du die Tür schliessen wolltest”, merkte Bager kopfschüttelnd an. “Er stand wohl um die Ecke und hat die Zelle beobachtet. Doch es passierte nichts weiter, Raphael hatte nicht vor auszubrechen, sonst hätte ers getan.” “Mir stellen sich nun zwei Fragen. Wieso war Gadles bei ihm und wieso hat dieser Erzengel schwarze Flügel.” Bager nickte bei Tsorns Aussage. Genau dieselben Fragen hatte sie sich ebenfalls gestellt. “Ich habe Gadles gesucht und gefunden. Dessen Ego ist ein wenig angeschlagen, auch so wirkte er ein wenig geschwächt und er wollte auch wissen, ob ich es nicht auch spüre. Mir geht es allerdings blendend, also habe ich keine Ahnung was er gemeint hat, wobei, vielleicht war Raphaels Schlag ein wenig härter als er geglaubt hatte. Allerdings habe ich ihn aufgrund der Umstände gewarnt.” “Du hast WAS?”, fuhr Tsorn ihn augenblicklich an. “Es wäre unsere Gelegenheit, ihn endlich loszuwerden und du warnst ihn? Bist du vollkommen bescheuert?” Grid schüttelte langsam den Kopf. “Nein, bin ich nicht. Denkst du wirklich, ich will seine Arbeit auch noch machen? Ich habe ihm mitgeteilt, dass er gesehen wurde und Luzifer einen guten Grund mitteilen sollte, wieso er bei Raphael war, ganz offensichtlich ohne Erlaubnis. Er scheint ihn auch sehr provoziert zu haben. Vielleicht zieht er den Kopf noch einmal aus der Schlinge, aber das Vertrauen ist bereits angeknackst. Er wusste nichts von Mekanes und Inershas Tod, wenn er sein Liebling wäre, würde er dann nicht als Erstes informiert?” Tsorn schnaubte einmal mehr leise auf. Grids Überlegungen machten Sinn und er selbst hatte auch keine Lust, dessen Arbeit noch mitmachen zu müssen, aber es war definitiv eine Gelegenheit, die verpasst wurde. “Er wird ihm brühwarm erzählen, dass Raphael schwarze Flügel hat”, warf Bager nachdenklich ein. “Natürlich wird er das, diese Information ist seine Lebensversicherung. Vorerst. Ich glaube nicht, dass Luzifers Geduld noch sehr viel länger anhalten wird und ihm noch eine Verfehlung durchgehen lässt. Vielleicht aber ist dieses Erlebnis auch ein Weckruf für ihn, sich nicht wie ein Gott zu verhalten, auch wenn vieles aufgrund seiner Sünde passiert.” Die zwei Sünden nickten und Tsorn begann langsam im Raum auf und ab zu tigern. “Gut, also wissen wir nun ein oder zwei Dinge mehr. Hast du Gadles gesagt, dass du diese Information auch hast?” Grid schüttelte den Kopf. “Nein, habe ich nicht.” Nun war es an Tsorn zu nicken, welcher noch immer auf und ab lief. “Wieso bist du dem Knall nicht gefolgt?”, hakte Grid nun doch noch nach und verfolgte die Wut mit seinem Blick. “Ich hatte ein Gespräch mit Raziel. Dieser glaubt, dass der ein oder andere von uns ebenfalls Abtrünnige sein könnten. Lämmchen, die Luzifer gefolgt sind.” “Hat er das so gesagt?”, wollte Grid mit einem amüsierten Unterton wissen. “Nein, nein, hat er nicht. Ich denke schon eine Weile darüber nach, wieso wir uns nicht so verhalten, wie wir es tun würden. Ab und an schimmert meine Wut durch, aber ich habe nicht das Bedürfnis, wütend zu sein.” Grid nickte leicht. Ihm ging es genauso. “Ich habe schon länger das Gefühl, dass der Himmel uns wesentlich beeinflusst, aber nicht alle von uns. Glatani frisst nach wie vor alles, was er findet und Gadles Hochmut nimmt ebenfalls nicht ab.” “Sagte er dir gegenüber nicht auch, dass er sich anders, geschwächter fühlt?”, hakte Bager direkt nach. “Tat er, allerdings hatte ich das Gefühl, er meinte etwas anderes”, beantwortete er ihre Frage und Tsorn blieb einen Moment stehen. “Was wenn wir wirklich ehemalige Engel sind? Ich meine, ist es so abwegig? Wir haben oder ich habe aktuell nicht das Bedürfnis in die Hölle zurück zu wollen und mir gefällt es hier.” Bager und Grid nickten zeitgleich und mussten darüber kurz schmunzeln. “Ich will eigentlich nur wissen, wie alles zusammen spielt. Antworten auf alle Fragen finden, die sich aufgetan haben und Luzifer seinen Seelenfrieden geben. Ein Vorhaben, was jetzt nicht unbedingt für eine dämonische Aura spricht, oder?” Bager lächelte bei Grids Worten noch ein wenig sanfter und legte eine Hand auf dessen Schulter. “Eure Aura ist sowieso anders als die der anderen Dämonen, vielleicht ist an Raziels Theorie wirklich etwas dran, auch ich fühle mich hier ziemlich wohl, vermisse meine Heimat allerdings, daher denke ich, dass ich nicht von hier bin, aber irgendwie doch. Ich kann es nicht genau beschreiben, aber der Drang, euch zu helfen, ist auf jeden Fall da.” “Du hast uns schon ziemlich geholfen, allerdings denke ich, dass du dich ein wenig zurückhalten solltest. Wenn Gadles nun wirklich seinen Kopf aus der Schlinge ziehen will, wird er bei Michael nun andere Geschütze auffahren und jegliche Informationen, die er hat, verdrehen, um Antworten zu bekommen. Wir wissen, wie falsch dieser Engel ist und ich würde mich nicht auf sein Wort verlassen, nichts zu sagen. Du wirst in den Fokus von Gadles kommen, sobald Michael auspackt.”, merkte Grid ein wenig besorgt an. “Gadles wird mir nichts tun, wenn du ihm gesagt hast, was mit den anderen passiert ist. Natürlich wird er wütend werden, aber ich habe keine Angst.” Grid nickte und hielt Tsorn am Arm fest. “Lass das endlich, du machst mich nervös”, murrte er leise und brachte Tsorn leise zum Lachen. “Gut, was wollen wir als Nächstes tun, abwarten?” Grid liess die Wut auch wieder los und schien zu überlegen. Er hatte absolut keine Idee, zumindest aktuell nicht. “Haben wir sonst eine Option? Eine Quelle, die wir noch nicht angezapft haben?”, fragte Bager nach und Tsorn schien ebenfalls zu überlegen. “Ich glaube nicht. Allerdings habe ich auch keine Lust nur rumzusitzen und nichts zu tun, vielleicht sollten wir Luzifer fragen, was noch zu tun ist. Sollte Gadles ihm wirklich bereits gebeichtet haben, was er getan hat, dann will ich keine eigenmächtige Aktion starten und unsere gesamte Arbeit abwerten lassen, nur weil er wütend wird.” Tsorn bekam die volle Zustimmung, darauf hatten sie ebenfalls keine Lust, zumal sie schon mit ihrem Leben gespielt hatten. “Ich würde ihm vielleicht den Vorschlag machen, Raphael und Metatron aus ihrer Isolation zu holen?” Tsorns und Grids Blick wanderten zeitgleich auf Bager. “Du magst vielleicht nicht das Gefühl haben, von hier zu kommen, aber du handelst auch nicht mehr wie eine reine Bewohnerin der Unterwelt. Die Frage allerdings ist, wieso sollte Luzifer seine Trümpfe zu den anderen stecken?” Bager lächelte bei Tsorns Worten kurz. “Nun, Metatron war doch der Lehrer von ihnen allen, wenn er auf Luzifers Seite sein sollte, kann er vielleicht durch den alleinigen Respekt der anderen, mehr erfahren und bei Raphael sollte es klar sein. Uriel wird sich bei ihm entschuldigen …” “Das denkst du, ich glaube nicht, dass er so viel Mut aufbringt, sich ihm zu stellen, aber an sich ist der Gedanke nicht einmal so schlecht”, merkte Tsorn an. “Hm, da fällt mir ein, ich müsste noch mit Luzifer eine Theorie ansprechen, ich war vorhin auch bei den Engeln. Gabriel und Uriel haben sich merkwürdig verhalten.” “Und das sagst du uns jetzt?”, hakte Tsorn überrascht nach. “Ja, ich fand die Information mit Gadles wichtiger. Doch jetzt nach Bagers Einwurf, wäre es vielleicht interessant herauszufinden, ob die Theorie stimmt. Gabriel wirkte neidisch darauf, dass er noch nie befragt wurde und Uriel schien komplett desinteressiert an allem zu sein. Fast als hätten sie die Sünden von Mekane und Inersha übernommen.” “Das ist unmöglich”, stellte Tsorn fest. “Ist es das wirklich? Die zwei waren für diese Engel zuständig und bei Michael und Gadles passt es ebenfalls wie die Faust aufs Auge, was wenn es bei den anderen ebenfalls passt?” Bager schüttelte nun entschieden den Kopf. “Nein, Haniel hat absolut nichts von Wollust in sich, im Gegenteil, so ein reines Geschöpf habe ich noch nie getroffen.” “Und doch passt es, gehen wir mal weg von unseren Regeln oder denen der Engel und wenden uns denen der Menschen zu. Liebe und Lust, sie geht bei denen meistens einher, wird oft sogar miteinander verwechselt oder als Ausrede abgetan.” Bager schien tatsächlich über die Worte nachzudenken und musterte Grid dabei ein wenig genauer. “Okay, vielleicht gibt es da eine kleine Parallele, aber es scheitert bei mir schon bei Mekane und Inersha. Wieso sollten Gabriel und Uriel deren Gegenstücke sein?” Grid überlegte nun selbst und hatte auf die schnelle auch keine Idee. “Die Verkündung, welche Gabriel darstellt, könnte schon mit Neid in Verbindung gebracht werden. Er könnte Dinge verkünden, die er gerne für sich hätte und nicht anderen zugestehen will. Die Offenbarung kann auch mit Trägheit verbunden werden. Dinge zu sehen und anderen zu zeigen, macht dich faul, es selbst zu erforschen und herauszufinden. Es ist vielleicht ein wenig weit hergeholt, aber es macht Sinn”, warf Tsorn seine Theorien ein. “Dann hätten wir vier von sieben”, stellte Bager fest. “Chamuel ist genauso einfach zu erklären. Er stellt die Harmonie dar und Glatani ist sein Aufpasser, nun, er wäre für ihn zuständig. Wenn wir wieder in die Menschenwelt gehen, dann kann Völlerei auf alles zutreffen, aber wenn alles harmonisch ist, grosse Feste, dann wird richtig zugeschlagen, was Essen und Trinken angeht.” “Das ist aber sehr weit hergeholt Grid. Ich kann den Gedankengang verstehen, aber wenn die zwei letzten auch so weit hergeholt sind, dann ist die Theorie aktuell noch ein wenig schwammig”, warf Tsorn mit einem Grinsen ein. “Nun, ich befürchte, das wird sie sein. Raziel und du, ich sehe die Wut nicht bei ihm. Ich hätte ihm eher Mekane zugeteilt, neidisch zu sein, nichts sagen zu dürfen, alles für sich behalten zu müssen. Da finde ich Wut weit hergeholt.” Tsorn schüttelte jedoch den Kopf. “Tatsächlich nicht. Geheimnisse zu wahren ist eine unglaubliche Bürde, egal in welchem Ausmass. Ich kann mir gut vorstellen, dass er ab und an wütend auf Gott ist oder allgemein die Wut in ihm hochkocht, weil er vielleicht kleinste Probleme lösen könnte, wenn er denn nur etwas sagen dürfte. So abwegig ist diese Theorie in dem Falle nicht.” Grid nickte und seufzte augenblicklich. “Dann passt nur Raphael nicht. Habgier? Ich habe nur kurz mit ihm gesprochen und er wirkte alles andere als habgierig, auch dass er all die anderen schützt …” Er konnte sich darauf wirklich keinen Reim bilden und auch Tsorn schien einen Moment lang ratlos zu sein. “Okay, ich werfe eine komplett neue Theorie in den Raum. Wenn wir alles berücksichtigen, was wir bisher wissen, was wäre, wenn Raphael gar kein Schutzengel sein sollte? Ich weiss ihr habt kein Auge für so etwas, aber habt ihr euch seinen Körperbau mal angesehen? Im Vergleich zu den anderen Engeln ist er ziemlich gross und muskulös. Er hat den Körper eines Kriegers.” Die beiden Männer seufzten und Bager schüttelte den Kopf. “Nein, ich denke nicht mit meiner Libido, unterstellt mir das nun bloss nicht. Er ist grösser und seine Schultern sind breiter als die von Michael, er ist ein Krieger, was wenn er auf dem falschen Platz ist?” Tsorn und Grid schauten sich einen Moment lang an. “Und das erklärt die Habgier nun weil?”, kam es wie aus einem Mund. “Vielleicht ist die Habgier nicht in diesem grossen Ausmass zu suchen. Ich denke, es ist etwas Kleines, was sich jeder wünscht. Frieden, in seinem Fall vermutlich ein innerer Frieden.” Kapitel 35: Antworten durch Provokation? ---------------------------------------- Luzifer ging nach dem Gespräch mit Metatron ohne zu zögern in die Richtung der Gemeinschaftszelle. Er würde jetzt Raziel ausquetschen und es war ihm egal, welche Mittel er anwenden musste. In ihm brodelte es und er wollte Antworten. An sich hätte er schon bei Metatron härtere Massnahmen ergreifen müssen, aber er hatte tatsächlich zu viel Respekt vor seinem ehemaligen Lehrer. Er öffnete die Zellentür und unterbrach ein leises Getuschel. Ganz offensichtlich hatte er sie bei einem Gespräch gestört, was nicht belauscht werden sollte. «Ich will euren Kaffeeklatsch wirklich nicht stören, aber ich würde ihm gerne beiwohnen, vielleicht sprecht ihr ein klein wenig lauter?», forderte er provokativ auf und setzte sich einfach neben Chamuel. «Wir haben lediglich eine Theorie besprochen, welche eine deiner Sünden eingeworfen hat. Sie könnte dich auch interessieren, aber da solltest du Grid selbst fragen. Er scheint sich Gedanken gemacht zu haben, nicht wir.» Luzifer begutachtete Chamuel einen Moment und nickte dann. Er war zwar noch argwöhnisch, aber sie schienen nicht abgeneigt mit ihm zu sprechen, was ihn auf eine Art und Weise beruhigte, welche er sich nicht erklären konnte. «Gut, was für eine Theorie?», hakte er nach und verschränkte die Arme. Er würde mit seinem Thema nicht anfangen, ehe er diese Information nicht bekommen hatte. «Er glaubt oder vermutet, dass wir mit einer der Sünden verbunden sind. Das jeder ein Gegenstück hat. Wie gut und böse, ohne das Gute kann das Böse nicht existieren und umgekehrt und er denkt, es ist bei uns ähnlich.» Luzifer war für einen Moment sichtlich verwirrt. Wie kam Grid auf eine solche Idee? In seinen Augen war sie komplett absurd, aber er war sich genauso sicher, dass Grid sich darüber Gedanken gemacht hatte. «Und er glaubt, ich habe euch bewusst zugeteilt?», hakte er dann nach. «So klang es, aber deiner Reaktion nach zu urteilen, war dem wohl eher nicht so, ausser …» Grid sprach nicht weiter und schien eine offensichtliche Erkenntnis zu haben. Sein Blick ruhte auf Luzifer und wanderte dann in die Runde. Ein Umstand, welcher Luzifer ganz nervös machte. «Ausser?», wollte er dann ein wenig gereizt wissen. Seine Laune war schon tendenziell schlecht und seine Geduld war nicht gerade ausgeprägt durch die letzten Ereignisse, allerdings musste er sich dazu zwingen, ruhig zu bleiben. Er wollte keinem seiner ehemaligen Weggefährten weh tun, zumindest nicht, wenn es nicht nötig war, und anlügen taten sie ihn bestimmt nicht. Selbst wenn sie es gewollt hätten, wäre es ja nicht gegangen. Eine Tatsache, die ihn in diesem Moment wirklich beruhigte. «Ausser du hast ein unfassbar gutes Einfühlungsvermögen und einen Sinn dafür, was passt und was eben nicht. An sich eine Fertigkeit, die Haniel besitzt und sie selbst hat gewisse Verbindungen nicht gesehen. Natürlich haben wir uns darüber unterhalten, wie alles zusammenpassen könnte und dabei Theorien aufgestellt, aber … Wenn du es nicht bewusst getan hast, dann sind die an sich hinfällig, ausser deine Intuition ist unfassbar.» Luzifer konnte gar nicht anders als leicht zu grinsen. Immerhin war dies in seinen Augen ein Kompliment, auch wenn Raziel es bestimmt nicht so meinte. «Und wie kam Grid drauf? Er wird wohl kaum einfach vorbei gekommen sein und euch diese Theorie aus Langweile an den Kopf geworfen haben?» Chamuel schüttelte den Kopf. «Nein, wir haben gesprochen und er hat gelauscht und dabei fiel ihm das Verhalten von Gabriel und Uriel auf.» Luzifers Blick wanderte automatisch zu den Angesprochenen und bekam von Gabriel ein leises Schnauben. «Diese Theorie ist ein absoluter Schwachsinn und jeder, der etwas anderes behauptet, hat jeglichen Sinn für die Realität verloren, oder aber … die Decke fällt ihnen langsam aber sicher auf den Kopf und sie nehmen jede Theorie für voll.» Gabriel war eindeutig kein Fan dieser Theorie, was jedoch niemanden zu wundern schien und Luzifer widmete sich wieder Raziel. «Gut, ich werde Grid darauf ansprechen», stellte er dann fest, liess es sich dann nicht nehmen, Uriel ebenfalls eingehend zu mustern. Je länger er diesen betrachtete, umso mehr kochte die Wut in ihm hoch. Dieser Engel war schuld, dass Raphael so lange Zeit gelitten hatte. Dieser Engel liess sich von seinem Bruder so manipulieren, dass dieser gut da stand. Er ballte seine Hände zu Fäusten und atmete einmal tief ein und aus. Allerdings fiel ihm dabei auch auf, dass Uriel vollkommen unbeteiligt wirkte. Beinahe so, als wäre er gar nicht im Raum. Eine weitere Tatsache, die seine Wut förderte. Er war jetzt hier und hatte eine gewisse Beachtung verdient und doch war es ihm auf der anderen Seite vollkommen egal. «Du bist aber nicht deswegen hier, oder? Du scheinst von dieser Unterhaltung nichts zu wissen, daher stellt sich die Frage, wieso du uns mit deiner Anwesenheit beehrst.» Chamuels Worte holten Luzifer augenblicklich in die Wirklichkeit zurück und er musste tatsächlich einen Moment lang darüber nachdenken, wieso er eigentlich gekommen war. Grid und Tsorns Alleingänge waren zwar hilfreich, brachten ihn allerdings immer wieder in die Bredouille, vielleicht sollte er noch ein Wörtchen mit ihnen sprechen. Er hasste es unvorbereitet zu sein. «Nein, ich komme wegen etwas komplett anderem, da hast du vollkommen recht, Chamuel.» Er sprach die Worte bewusst relativ langsam und ruhig aus, damit er sich selbst wieder ein wenig sammeln konnte. «Könnt ihr mir eine sinnvolle Erklärung geben, wieso Raphael nicht in der Luft gekämpft hat?» Gabriel lachte bei der Frage laut auf und hatte sogleich Luzifers Aufmerksamkeit. «Was war an dieser Frage so amüsant?», wollte er relativ kühl wissen und fixierte Gabriel mit seinem Blick. «Nichts, aber in der Luft hätte er euch zerfetzt wie dünnes Papier.» Luzifer intensivierte seinen Blick noch ein wenig. Gabriel meinte diese Antwort vollkommen ernst, allerdings verstand er dann Raphaels Beweggründe nicht. Es ergab absolut keinen Sinn. «Und wieso sollte er wollen, dass ihr diesen Kampf verliert und euch danach scheinheilig heilen?», hakte er nach und bekam ein Kopfschütteln Seiten Gabriels. «Ich sagte, er hätte euch zerfetzt, eure Dämonen am Himmel, aber da Michael in der Luft kämpfte, benötigten wir auch einen fähigen Krieger auf dem Boden», fügte er die Worte an seine vorherige Aussage hinzu. Luzifer zog seine Augenbrauen zusammen und seine Wut, welche er eben noch auf Uriel verspürt hatte, schwappte augenblicklich auf Gabriel über. «Willst du mich eigentlich verarschen? Forderst du es gerade heraus von mir, eine reingedonnert zu bekommen?», knurrte er dann bedrohlich in Gabriels Richtung. «Er will dich offensichtlich provozieren und du fällst drauf rein, Luzifer», versuchte Chamuel, die Aufmerksamkeit von Gabriel wegzubekommen. «Und du handelst ganz in deiner Aufgabe, hm? Harmoniebedürftiger Trottel.» Chamuel lächelte lediglich und brachte Luzifer damit tatsächlich ein klein wenig runter. Die Ruhe, welche der Erzengel ausstrahlte, war einfach unglaublich. «Ich gehe davon aus, du kennst die Antwort bereits und willst uns lediglich testen, ob wir dir dieses Detail verraten wollen, habe ich recht?», wollte Haniel dann vorsichtig wissen und erhielt ein leises und zeitgleich amüsiertes aufschnauben zur Antwort. «Bin ich so leicht zu durchschauen?» «Vergiss nicht, dass wir lange mit dir zusammen gelebt haben», beantwortete Raziel die Frage. «Vor mehreren tausenden Jahren, das kannst du jetzt nicht ernst meinen, Raziel.» Dieser lächelte allerdings und ganz offensichtlich meinte er es vollkommen ernst. «Und? Soweit ich es beurteilen kann, bist du immer noch der Gleiche wie damals. Du hast eindeutig mehr Macht, richtig, aber die Hölle hat dich nicht verändert. Zumindest nicht uns gegenüber, was ich selbst erstaunlich finde, aber zeitgleich auch sehr beruhigend. Du lässt dich auch immer noch sehr schnell provozieren, aber darüber müssen wir glaube ich nicht diskutieren. Zu deiner Frage. Raphael hat mit den Bodentruppen gekämpft, weil er es tunlichst vermeiden will, seine Schwäche vor einem Heer von Gegnern zu offenbaren, was du dir sicherlich denken konntest, nachdem du es selbst erfahren hast, oder?» Luzifer brummte lediglich. Er konnte Raziel nicht widersprechen und er wollte es auch gar nicht. Allerdings war die Frage nach dem Wieso nach wie vor nicht geklärt. «Weisst du, weshalb er diese Schwäche überhaupt hat? Metatron konnte mir diese Frage nicht beantworten.» Raziel nickte. «Ja, ich weiss, wieso er diese Bestrafung erhalten hat und unter den neuen Erkenntnissen ist sie hinfällig.» «Und?» Luzifer konnte es kaum glauben, wie mit seiner Ungeduld gespielt wurde. «Gott glaubte, dass Raphael ihm etwas verheimlichte, nicht alles erzählte, was er letzten Endes wusste. Jetzt wissen wir, er wusste es wirklich nicht.» «Und Gott glaubte wirklich, dass Raphael über all die Zeit nichts gesagt hätte? Er ist ja ein sehr sturer Mann, aber …» «Ich weiss nicht, ob Gott wirklich noch immer daran glaubt, aber eine Strafe ist eine Strafe und sie ungeschehen zu machen ohne Beweise …» «Er ist unser Schöpfer, sein Wort ist Gesetz! Er ist nicht unfehlbar und ich bin gespannt, wie er dieses Problem löst, wenn alles aufgedeckt wurde. Er kann sich nicht für immer verstecken und so tun, als wäre nichts.» Luzifer regte sich sichtlich auf und in seinem Inneren brodelte es richtig. Seine gesamte Wut, welche er bis eben noch auf Uriel oder Gabriel verspürt hatte, richtete sich nun gegen Gott. «Da hast du wohl recht und den Schaden, den er damit angerichtet hat, wird er auch nicht wieder gut machen können.» Uriel räusperte sich leise und sofort war alle Aufmerksamkeit auf diesem. «Er könnte schon, er hat uns erschaffen und er kann diese Erinnerung ebenfalls löschen, er kann diesen ganzen Abschnitt ungeschehen machen, wenn er dies denn will und keiner von uns würde sich mehr daran erinnern.» In Luzifer kochte die Wut immer weiter hoch und es war Raziel, welcher eine Hand auf dessen Schulter legte und versuchte, ihn zu beruhigen. «Soweit wird es nicht kommen. Ich weiss zwar nicht, wieso er nicht hier ist, aber irgendwie glaube ich, dass es nicht aus purem Zufall passiert.» Luzifer schnaubte einmal mehr leise auf und erhob sich dann auch wieder. «Ich hoffe es für ihn, mit jeder Sekunde mehr, die ins Land geht.» Er ging dann auch mit einem lauten Poltern der Zellentür und liess die Engel einmal mehr alleine zurück. Gadles hingegen war nach wie vor bei Michael und wartete auf eine Antwort. Die er in diesem Moment wohl nicht zu bekommen schien. Michael hielt sich wacker, was er selbst als Herausforderung ansah und er scheute sich definitiv nicht davor, diese zu knacken. «Ich habe den ganzen Tag Zeit, Michael», flüsterte er leise in dessen Ohr und strich ihm einmal mehr über die Seite. «Wieso hebt er sich von euch allen ab? Stört es dich nicht, dass er alleine deswegen noch mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen wird und bald die gesamte Hölle ihn als Trophäe besitzen will? Sobald Bager seine Witterung aufgenommen hat, sieht es sehr schlecht aus. Ein Succubus kann tun und lassen, was er will, wenn sie es drauf anlegt, weisst du?» Gadles erzählte Michael diese Information nicht einfach so. Er hatte eine Ahnung davon, dass Bager hier auch schon ihren Spass hatte und es wurde ihm teilweise schon bestätigt. Doch wollte er wissen, was genau sie getan hatte und nur Michael konnte ihm diese Frage beantworten, sofern er Bager nicht selbst fragen wollte. «Immer noch nicht?» Er grinste ein wenig breiter und schmiegte seinen Körper nahe an Michaels und strich ihm leicht über den Hintern. «Soll ich dir zeigen, was ich mit Raphael gemacht habe? Gut, dann kommst du nun in den gleichen Genuss und ich hoffe sehr, du geniesst es genauso, wie er es tat.» Langsam löste sich Gadles von Michael, allerdings nur um ihn kurz einen Moment zu mustern, einen ziemlich intensiven Moment. Seine Hand glitt über dessen Brust und ohne zu zögern ein wenig tiefer über dessen Schritt, in welchem er einmal kräftig zupackte. «Erstaunlich, ihr ach so reinen Geschöpfe seid leider nicht unfehlbar. Wenn Gott gewollt hätte, dass ihr gegen jegliche Sünden immun seid, hätte er euch diese Ausstattung definitiv nicht gegeben», kommentierte er den Fund spöttisch und drückte noch einmal ein wenig fester zu. Das unterdrückte Aufstöhnen von Michael entging ihm dabei nicht. «Und wäre es nicht genug, dass ihr alles bekommt, was ihr wollt, war er bei dir offenbar noch grosszügig, was hast du ihm dafür geboten, hm? Aber weisst du, es nützt nichts, ich werde dich nehmen, wie ich Raphael genommen habe und dir dabei zusehen, wie du dich windest und nach Erlösung bettelst», führte er weiter spöttisch an und begann die wachsende Beule zu massieren. Er hatte nicht vor, Michael näher zu kommen als es notwendig war, vermutlich würde es reichen, ihn ein wenig zu triezen und ihn nur mit Worten in den Wahnsinn zu treiben. So sehr wie dieser auf seine Berührungen reagierte. «Ausser du machst jetzt deinen Mund auf und dir bleibt diese Demütigung erspart. Nicht dominierend zu sein muss für dich doch eine Qual sein, oder?» Er trat wieder ein wenig näher an ihn heran und massierte ihn weiterhin und strich ihm mit der freien Hand über den Hintern. «Nein, stopp!» Michaels Stimme war eher brüchig, als würde er nach wie vor versuchen, sich zu beherrschen. «Reden wir jetzt, ja?» Gadles hielt augenblicklich inne und tat einfach gar nichts mehr, tat einen Schritt nach hinten und begutachtete den Erzengel vor sich. «Gut, wieso hat Raphael schwarze Flügel?», stellte er seine Frage noch einmal und wartete sehr gespannt auf eine Antwort. «Verkettung sehr unglücklicher Umstände. Gott glaubte ihm nicht, im Gegenteil, er glaubte, dass Raphael ihm Dinge verschwiegen hat, was Luzifers Verurteilung angeht und solange er nicht sagt, was er weiss, behält er die schwarzen Flügel.» Gadles konnte gar nicht anders als leise zu lachen. «Gott erkennt nicht, wenn einer von euch manipuliert wurde? Deine Künste wären bei uns definitiv besser aufgehoben, dafür hast du eigentlich eine Belohnung verdient», stellte er dann breiter grinsend fest und strich ihm noch einmal über den Schritt. «Aber leider habe ich absolut keine Lust auf dich, vielleicht sollte ich Bager fragen, ob sie Lust auf dieses Teil hier hat», gab er lachend von sich und schaute noch einmal in Michaels Augen. «Oder sollte ich sagen, noch einmal? Du stinkst komplett nach ihr, vielleicht sollte ich vorher noch ein Wörtchen mit ihr sprechen, was denkst du? Wobei ich glaube, du weisst über ihre Künste Bescheid, hm? Dann hat es sich vermutlich gelohnt.» Er lachte noch einmal auf und ging dann unverrichteter Dinge aus der Zelle. Er hatte die Antwort auf die schwarzen Flügel, dass er vermutlich weit mehr aus Michael hätte rausholen können, war ihm in diesem Moment nicht einmal bewusst. Zu sehr freute es ihn, dass er diesen Kerl dazu gebracht hatte, ihm zu sagen, was er wissen wollte und zugleich noch eine Information bekam, ohne dass es ausgesprochen wurde. Er würde jetzt definitiv erst mit Bager sprechen, ehe er zu Luzifer ging. Gadles wusste nur noch nicht, ob er sich bei ihr bedankte oder sie in ihre Schranken weisen würde, aber bis er sie fand, konnte er sich dies noch überlegen. Kapitel 36: Erinnerungslücken füllen ------------------------------------ Luzifer war nach wie vor ziemlich geladen. Die Informationen, die er bisher erhalten hatte, trugen nicht gerade zu seiner Beruhigung bei. Im Gegenteil. Seine Wut auf Gott wuchs wieder an. Er verstand das Handeln nicht. Mit grossen Schritten machte er sich auf den Weg zu Raphaels Zelle. Er musste mit ihm sprechen, auch wenn er selbst wusste, dass seine aktuelle Laune kontraproduktiv sein könnte, dennoch musste dieser aufgeklärt werden. Seine Gedanken fuhren wortwörtlich eine Achterbahn und leider keine, die für Kinder geeignet war. Wie konnte so vieles schief gehen? Er konnte kaum glauben, dass Gott dies wirklich nicht gesehen hatte. Er war der allmächtige Schöpfer, er musste wissen, was vor sich ging. Doch hätte er Raphael wirklich über eine so lange Zeit im Unwissenden gelassen? Michael, jegliche Verfehlung einfach verziehen? Nein, dies konnte und wollte er nicht glauben, im Gegenteil, auch wenn er selbst unfassbar wütend auf Gott war, so hatten die anderen offensichtlich nur gute Erfahrungen mit ihm gemacht. Er behandelte sie gütig, abgesehen von Raphael. Gerade als er die Zellentür öffnete, kam ihm eine Idee, vielleicht wusste Gott, was damals wirklich zwischen ihnen war und bestrafte Raphael dafür, nicht für sein Schweigen im Prozess, sondern für alles, was davor war. Nur wusste dieser auch dies nicht mehr, war die Strafe dann nicht ebenfalls hinfällig? Sein Kopf rauchte und wirklich zufrieden war er mit seinem Ergebnis auch nicht. Es fühlte sich alles ein wenig unbefriedigt an, je mehr Fragen sich auftaten, aber nicht die Antworten dazu bekam. «Er hatte es verdient», riss ihn Raphaels Stimme aus seinen Gedanken und richtete die Aufmerksamkeit voll und ganz auf ihn. «Wie bitte?», hakte Luzifer sichtlich verwirrt nach. Sein Blick glitt über den Schutzengel, welcher aufstand und ein paar Schritte auf ihn zumachte. Dabei fiel Luzifer auf, dass er ein klein wenig hinkte. «Du bist verletzt», stellte er überflüssigerweise fest und seine Wut auf Gott war augenblicklich verflogen. «Ich sagte, er hatte es verdient, aber du scheinst nicht wegen deiner Sünde vorbeigekommen zu sein …» Auf die Verletzung ging Raphael gar nicht erst ein. Er war niemand, der Offensichtliches bestätigen musste und abstreiten wollte er die Tatsache ebenfalls nicht mehr. Ihm war bewusst, dass er seine Kraft für weitaus wichtigere Dinge benötigte und bis vor kurzem ging er nicht davon aus, dass er hier angegriffen würde. «Ist an dieser Verletzung Gadles schuld?» Luzifers Stimme nahm einen gefährlichen Unterton an und er spürte, wie die Wut wieder in ihm hoch zu kochen begann. «Nein, ich weiss nicht, wer für die Wunde zuständig war, solltest du es herausfinden und sollte dieser Dämon noch leben, dann kannst du ihm gerne meine Bewunderung aussprechen. Normalerweise lasse ich mich nicht so einfach erwischen», kam es amüsiert von Raphael und brachte Luzifer damit vollkommen aus dem Konzept. «Wie bitte?» «Diese Verletzung ist noch aus dem Kampf, sie ist nicht frisch», klärte Raphael Luzifer ein wenig genauer auf und irgendwie fand er die Reaktion doch interessanter als erwartet. «Du willst mir gerade sagen, dass du deine Freunde geheilt hast, deine gesamte Energie auf sie verwendet hast, aber dich selbst aussen vorgelassen hast? Noch schlimmer, hast du die Verletzungen vor uns verborgen, anstatt sie zu heilen? Was geht in deinem Kopf eigentlich vor sich? Ich versteh dich nicht.» Luzifer musterte Raphael und schien ihn offensichtlich nach weiteren Verletzungen abzuchecken, dabei fiel ihm auf, dass er nicht nur gehinkt hatte, sondern sein gesamtes Körpergewicht auf eine Körperhälfte verlagert hatte. «Wo noch?», wollte er ein wenig fordernder wissen. «Ich wusste ja, dass du ein sturer Idiot bist, warst du schon immer, aber wieso in drei Gottes Namen, tust du dir das alles selbst an? Du bist kein Märtyrer und wirst es niemals werden, sofern du das vorhattest. Du wirst hier auch nicht durch die Hand eines Dämonen sterben, genauso wenig durch meine oder durch die einer meiner Generäle, egal wie sehr du uns provozierst.» Luzifer redete sich fast ein wenig in Rage und Raphael hätte gelogen, wenn ihn dieser Vortrag nicht ein wenig amüsiert hätte. Er trat einen weiteren Schritt auf Luzifer zu und noch ehe dieser weiter sprechen konnte, hatte er seine Lippen auf die von Luzifer gelegt. Die Überraschung war diesem ins Gesicht geschrieben und Raphael löste sich genauso schnell wieder, wie er sich ihm genähert hatte. «Was war das?» «Ein Kuss», beantwortete Raphael die Frage amüsiert und es schien definitiv so, als hätte ihm die Ansage absolut nichts ausgemacht. Im Gegenteil, sie prallte vollkommen an ihm ab. «Ich weiss selbst, dass es ein Kuss war, aber wieso? Bisher warst du nicht gerade sonderlich offen für meine Annäherungen und jetzt?» Raphael hatte sich unterdessen wieder hingesetzt und beobachtete Luzifer in seinen Reaktionen. «Ich habe nicht vor zu sterben. Meine Motive sind ziemlich einfach und lediglich an meine Aufgabe angelehnt. Ich bin ein Schutzengel und was wäre ich für ein Schutzengel, wenn ich meine Freunde nicht beschützen würde? Solange meine Wunden nicht tödlich sind, bin ich lediglich eingeschränkt und geschwächt. Mich zu töten ist nicht so einfach, ich bin kein einfacher Engel, wie du selbst weisst», begann Raphael mit einer Erklärung, nur nicht mit derjenigen, die Luzifer hören wollte. «Du lenkst vom Thema ab», knurrte dieser ein wenig ungehalten, was Raphael lediglich Lächeln liess. «Eigentlich tue ich das Gegenteil, du wolltest wissen, wieso ich die anderen geheilt habe, ehe ich mich um mich selbst gekümmert habe, mit dem Kuss habe ich eigentlich vom Thema abgelenkt und er scheint dich nun von deinem eigentlichen Vorhaben abzulenken.» Erneut knurrte Luzifer leise auf. Raphael hatte vollkommen recht mit seinen Worten und es ärgerte ihn, dass auch Raziel recht hatte, er liess sich zu leicht provozieren. Unnötig provozieren. «Ich bin hier, weil ich dir Fragen stellen wollte ... « «Zu deinem General? Wie gesagt, er hat es verdient, auch wenn er an meinen Verletzungen nicht beteiligt war.» Luzifer schüttelte den Kopf und begann in der Zelle hoch und runter zu laufen. Er wollte ihn auf die schwarzen Flügel ansprechen und dessen Meinung dazu hören und nun? Seine Gedanken kreisen gerade nur um diesen kurzen Kuss. Schnell schüttelte er den Kopf, er durfte sich nun wirklich nicht weiter ablenken lassen, auch wenn es ziemlich verlockend war. «Du scheinst mir erzählen zu wollen, was passiert ist», merkte Luzifer nach einer Weile doch mit einem etwas wissenden Grinsen an und setzte sich dann doch neben Raphael. Er kannte bisher nur die Version von Gadles, wobei dieser ihm nicht wirklich erzählt hatte, was passiert war. Lediglich dessen Erkenntnis aus dieser Begegnung. «Er kam mir ein wenig zu Nahe und hat den Fehler gemacht, nicht auf mich zu hören. Ein Tipp, den du deinen Dämonen geben solltest, nähere dich nicht von hinten einem Engel, die Spannweite der Flügel kann schmerzhaft werden. Es wäre falsch von mir zu sagen, dass ich hoffe, sein Aufprall war schmerzhaft, aber wie ich eben schon sagte, es war verdient.» Luzifer seufzte und kniff die Augen für einen Moment genervt zusammen. Vielleicht sollte er Gadles doch bestrafen. Er hatte keine Erlaubnis Raphael aufzusuchen und schon gar nicht, ihn in irgendeiner Weise zu berühren. «Ich gehe davon aus, dass mein kleines Geheimnis aufgeflogen ist, hm?» Luzifer wandte sich nun Raphael zu und versuchte aus dessen Gesicht irgendeine Emotion abzulesen. Doch wie die Tage zuvor wirkte er ziemlich gefasst und er hörte Metatrons Worte in seinem Hinterkopf. Es war nicht immer alles so, wie es auf den ersten Blick zu sein schien. Raphael konnte nicht lügen, nicht mit Worten, aber seine Gesten, die mussten nicht ehrlich sein. «Dachtest du wirklich, du könntest es auf Dauer verbergen?» Luzifer verschränkte die Arme vor der Brust und ist nun selbst in die Beobachterrolle gegangen. Sie begutachteten sich gegenseitig, wie Raubtiere, bereit sich auf die Beute zu stürzen, bei jedem noch so kleinen Fehler. «Solang es nicht nötig gewesen wäre, natürlich. Je länger ihr hier seid, desto unmöglicher wäre es geworden. Irgendwann hätte sich wer verplappert. Es war natürlich nicht geplant, dass ich meine Beherrschung verliere.» Luzifer nickte lediglich und liess Raphael nicht aus den Augen. «Ich verstehe dennoch eine kleine Sache nicht. Du bist sichtlich angeschlagen und hast viel Kraft gebraucht um diese Tatsache vor uns zu verbergen und dann hast du die Kraft, einen meiner stärksten Generäle durch das halbe Verlies zu schleudern, nur mit deiner Flügelkraft. Wie?» «Er hat meine Geduld überstrapaziert und ich denke, selbst wir haben einen Urinstinkt, der uns vor Gefahr beschützt. Da wir ein Experiment Gottes sind, hat er all das an uns getestet, bevor er den Menschen erschaffen hat. Er funktioniert bei mir sehr ausgezeichnet.» «Du denkst, wir sind ein Experiment?» Luzifer hatte die Verbitterung sehr wohl aus den Worten seines Freundes herausgehört und konnte er die Worte nicht wirklich glauben. «Was denkst du denn, was wir sind? Er hat uns erschaffen, gehegt und gepflegt und verstösst uns bei erster Gelegenheit und erschafft die Menschheit, die es mit jedem vergangenen Jahr hinbekommt, sich selbst mehr und mehr zu zerstören, und er tut nichts. Im Gegenteil, meine Arbeit und die meiner Engel steigen ins Bodenlose …» Luzifer seufzte leise und legte eine Hand auf Raphaels Knie. Langsam verstand er, worauf dieser hinaus wollte. «Ich glaube nicht, dass er dich noch immer bestrafen will, und ich glaube auch nicht, dass wir ein Experiment waren oder sind. Im Gegenteil.» «Es ist unfassbar, dass du ihn ausgerechnet in Schutz nimmst. Du, der hier eingedrungen ist, um sich an ihm zu rächen, legst gerade ein gutes Wort für ihn ein?» Raphael konnte es wirklich kaum glauben und Luzifer musste über diese Feststellung doch leise lachen. «Ich glaube einfach nicht, dass wir ein Experiment waren, schon gar kein fehlgeschlagenes oder ungeliebtes, sonst hätte er unsere Existenz einfach auslöschen können. Seine Bestrafungen mögen unangemessen sein, aber vielleicht hat er auch einfach keine Relation.» Raphaels Blick wurde ein wenig intensiver und er legte eine Hand auf die von Luzifer. «Selbst wenn, irgendwann sollte eine Bestrafung enden.» «Zeig sie mir», forderte Luzifer nach einem Moment der Stille. Nachdem keine Reaktion folgte, stand er selbst auf und zog Raphael auf die Beine. «Los, ich will sie sehen», forderte er ihn erneut auf. «Und wieso sollte ich dir meine Bestrafung zeigen?» Luzifer lächelte bei der Frage und legte seine Arme um Raphael. Es war keine Umarmung im eigentlichen Sinne, eher eine Geste, die ihm zeigen sollte, dass er nicht vorhatte, sich über ihn lustig zu machen. Raphael trat einen Schritt zurück und wirkte nach wie vor eher unruhig und nicht überzeugt, was Luzifer ihm auch nicht verdenken konnte. «Gott ist nicht unfehlbar», durchbrach Luzifer die Stille und breitete seine eigenen Flügel aus. Raphael war sichtlich überrascht und streckte seine Hand nach diesen aus. «Unfassbar. Du wurdest verbannt und bist von den Äusserlichkeiten mehr Himmelsbewohner als ich es bin», stellte er dann fest, ehe Luzifer seine Flügel wieder verschwinden liess. «Ich weiss nicht, ob er diese Kleinigkeit vergessen hat oder aber, ob es eine Strafe sein soll, aber ich habe aufgehört, darüber nachzudenken, weil ich nicht derjenige bin, der es ändern kann. Zugegeben, das wurde mir erst bewusst, als ich hierher zurückgekommen bin.» Nun war es an Raphael zu seufzen und Luzifers Blick machte ihm deutlich, dass er nun an der Reihe war. «Ich kann auch gerne noch einen General schicken, der dich provoziert, aber ich glaube darüber sind wir hinaus, oder?», versuchte Luzifer, die angespannte Situation ein wenig zu lockern und es schien zu funktionieren. Raphael schüttelte leicht amüsiert den Kopf und breitete seine Flügel aus. Luzifer trat einen Schritt nach hinten und schluckte erst einmal hart. Sie waren imposant und hatten absolut keine Gemeinsamkeit mit denen der Dämonen. Im Gegenteil, in seinen Augen strotzten sie vor Eleganz und Anmut, sie machten ihn einzigartig und vermutlich war genau dies Raphaels Problem. «Ich sehe dich selten sprachlos», war es nun Raphael, der die Stille durchbrach und seine Flügel wieder verschwinden liess. «Kennst du deine Bestrafung?», wollte Luzifer wissen und setzte sich wieder hin. Er hatte das Gefühl, seine Beine würden ihn nicht länger halten, da kam ihm die unbequeme Pritsche gerade recht. «Misstrauen. Zumindest wurde es mir so gesagt. Gott glaubte mir nicht. Er dachte oder denkt, dass ich dich geschützt habe, aber ich wusste zu dem Zeitpunkt nicht, wovor. Jetzt nach und nach kann ich mir Dinge zusammenreimen, aber die Erinnerung ist nach wie vor nicht vorhanden. Wie hätte ich ihm also etwas verschweigen oder ihn anlügen können, wenn er uns diese Option gar nicht erst gegeben hat?» Raphael tat es Luzifer gleich und setzte sich ebenfalls wieder hin. «Die Strafe war okay, für einen gewissen Zeitraum, aber nicht bis in alle Ewigkeit. Ich kann ihm keine Antwort geben, nicht auf die Fragen, die er mir stellt. Er als Allwissender sollte dies doch auch wissen.» Luzifer hörte Raphael zu und ihm kam langsam aber sicher eine Idee, wieso die Bestrafung nach all den Jahren noch andauerte. «Ich glaube, deine Annahme ist nicht unbedingt verkehrt, aber ich denke, es ist nicht aufgrund des Misstrauens, welches Gott dir gegenüber hegt, sondern umgekehrt. Du vertraust ihm nicht mehr und dafür wurdest du gekennzeichnet. So wie ich, der keinen Platz in der Hölle finden sollte und doch haben wir uns behauptet. Ich bin der oberste General des Teufels und du einer der mächtigsten Erzengel, die es jemals geben wird. Die Menschen bitten dich um ihren Schutz und lassen sich von deiner Erscheinung nicht abschrecken, im Gegenteil, ich denke sie bewundern dich und sind stolz darauf, wenn du dich ihnen zu erkennen gibst.» Raphael schüttelte den Kopf. Er hatte es so nie gesehen und er war auch nicht bereit, es so zu sehen. Sein Misstrauen zu Gott erwachte erst nach dieser Strafe und für ihn war es absolut logisch, dass er dieses nie verloren hatte. Es war in seinen Augen niemals fair gewesen. Es jetzt zu hinterfragen, dafür war er definitiv nicht bereit und Luzifer machte sein inneres Chaos nicht gerade einfacher. «Langsam glaube ich, du bist hier, um meine Fragen zu klären und nicht deine Antworten zu finden.» «Da könntest du gar nicht so falsch liegen, aber nur weil unser Schicksal offensichtlich miteinander verbunden ist. Demnach stell ich dir diese Frage noch genau einmal, hilfst du mir endlich?» Raphael atmete einmal tief ein und wieder aus. Ihm war vollkommen bewusst, dass er Luzifer diese Antwort noch schuldig war. Doch anstatt ihm zu antworten, kam er ihm dieses Mal ein wenig näher und schaute ihm in die Augen. «Nutz meine Erinnerungslücken nicht aus, sonst werde ich dir meine Kraft demonstrieren.» Luzifer lachte leise und erwiderte den Blick, ohne einmal zu blinzeln. «Wenn du mir hilfst, werden wir diese füllen, darauf hast du mein Wort.» Kapitel 37: Ein Anfang ---------------------- Luzifer wirkte zufrieden, als er Raphaels Zelle verliess. Die gesamte Wut, die sich in den letzten Stunden aufgebaut hatte, war wie verflogen. Der Himmel schien ihn wirklich zu verändern oder aber die Tatsache, dass er vielleicht etwas bewirken konnte. Nicht für sich selbst, sondern für seinen Freund. Ein kurzes Grinsen huschte über seine Lippen. Noch immer konnte Luzifer es nicht wirklich glauben, dass Raphael ihn tatsächlich geküsst hatte. Einmal mehr schüttelte er kurz den Kopf. Diese Tatsache war zwar ein Lichtblick, aber nicht der Punkt, worauf er sich konzentrieren sollte. Es gab vermutlich sehr viel Wichtigeres in diesem Augenblick und doch beherrschte es gerade seine kompletten Gedankengänge. «Unglaublich», murmelte Luzifer in seinen nicht vorhandenen Bart, ehe er leise zu lachen anfing. Die Dämonen, die ihm auf dem Weg begegneten, ignorierte er geflissentlich. Es war schliesslich auch nichts Neues, dass er ab und an seltsam wirkte. Vor einer Zimmertür allerdings blieb er stehen, da er die Stimmen seiner Generäle vernahm. Die Tür war lediglich angelehnt und so war es ihm ein einfaches zu lauschen, auch wenn er das gar nicht erst vorgehabt hatte. Allerdings waren die Theorien, die ausgesprochen wurden, ziemlich interessant und Luzifer beschloss das Zimmer zu betreten. Natürlich ohne anzuklopfen. «Interessant, interessant, hattet ihr auch vor mich über eure wilden Spekulationen zu informieren?», wollte er allerdings gut gelaunt wissen. «Natürlich», kam es von Grid. «Wir haben uns eben selbst erst ausgetauscht, ob unsere Theorien überhaupt einen Sinn ergeben.» «Theorien?» «Ja, wir haben eben über zwei unterschiedliche gesprochen», bestätigte Grid erneut und Luzifers Blick glitt über die Runde. «Unter anderem darüber, dass du uns bewusst dem Engel zugeteilt hast, da dieser ebenfalls die Sünde in sich trägt …» «Hab ich nicht, das durfte ich mir eben schon von den Anderen anhören, auch wenn die Theorie sehr plausibel klingt. Vielleicht ist da auch wirklich etwas dran, aber letzten Endes war es von mir tatsächlich willkürlich», unterbrach er Grid sogleich und dieser nickte. Er hätte wissen müssen, dass Luzifer darüber schnell Bescheid wissen würde. «Und weiter? Eben war die Rede davon, dass ihr glaubt oder vermutet, dass die Engel am falschen Platz stehen …» Nun war es an Bager zu nicken. «Richtig, also, es könnte doch sein, dass aufgrund Michaels Eingreifen Gott ein wenig umdisponieren musste, was eure Aufgabenfelder angeht. Es gibt sieben Erzengel, aber ihr wart zu acht. Was, wenn und dies ist nur ein Gedanke von mir, Michael gar nicht berücksichtigt worden wäre und das alles einen tieferen Hintergrund hat?» Luzifer dachte über die Worte nach und musterte dabei die Reaktion der Männer, sie schienen dieser Idee ebenfalls nicht abgeneigt zu sein. «Wenn man an sein Ego denkt, könnte dies durchaus sein, andererseits … Es ist ein Punkt, dem man nachgehen könnte. Allerdings wäre dann nur bestätigt, dass Gott einen zu viel ausgebildet hat, aber nicht, dass sie auf dem falschen Platz gelandet sind.» Nun war es an Tsorn zu nicken. Diesen Einwand hatte er eben schon gehabt. «Bager denkt, dass Raphael definitiv auf dem falschen Posten steht.» «Wieso?» Luzifers Blick haftete nun auf Bager und diese seufzte leise auf. Ein wenig unangenehm war es ihr schon, aber es war letzten Endes ihre eigene Vermutung. «Ich glaube, es ist unnötig zu fragen, aber hast du schon mal seine Statur angesehen? Ich persönlich denke bei einem Schutzengel an etwas ganz anderes. Dieser Kerl ist ein Kämpfer, ein Krieger und vermutlich auch genau dafür ausgebildet.» Luzifer starrte Bager einen Moment lang an. Natürlich hatte ihr das auffallen müssen, gefühlt zog sie jeden Mann mit ihrem Blick aus, wobei es bei Raphael absolut nachvollziehbar war. «Könntest du bei uns bleiben und dir jetzt nicht seine Statur vorstellen?», wollte Tsorn amüsiert wissen. «Ich habe gerade versucht, die jeweiligen Körperstaturen zu vergleichen und bin vielleicht bei ihm hängen geblieben.» «Und?», hakte Tsorn nach und erwartete offensichtlich eine Antwort. «Er ist schon ziemlich breit gebaut, aber er muss die Menschen doch auch beschützen können, daher passt es doch?» Bager schüttelte jedoch den Kopf und trat einen Schritt auf Luzifer zu und strich ihm leicht über die Schultern. «Er hat das breite Kreuz eines Kriegers, eines Kämpfers, als hätte er dafür trainiert, auf dem Schlachtfeld zu stehen und nicht auf die dämlichste Spezies, die je erschaffen wurde, aufzupassen. Als wenn er die Aufgabe Michaels hätte übernehmen sollen, verstehst du das nicht? Ausserdem …» Bager zögerte einen Moment, allerdings war es letzten Endes egal, sie musste ihm sagen, was sie dachte. «Ausserdem, hast du seine Narben gesehen? Die entstehen nicht einfach so, Luzifer.» Angesprochener verzog ein wenig den Mundwinkel, als es um körperliche Details Raphaels ging, aber Bager hatte Recht, langsam aber sicher verstand er, was sie ihm sagen wollte. «Du glaubst also, dass Michael den eigentlichen Platz von Raphael eingenommen hat und dieser letzten Endes dann meinen? Willst du mir gerade weismachen, dass ich ein Schutzengel geworden wäre?» Bager schüttelte lächelnd den Kopf. «DAS habe ich nicht gesagt und interpretierst du gerade in meine Worte hinein, Luzifer. Letzten Endes könnte es aber tatsächlich so sein. Du weisst, ich finde dich überaus attraktiv und würde mein Bett oder was auch immer in der Nähe ist, liebend gerne mit dir teilen, aber das liegt nicht unbedingt an deinen körperlichen Vorzügen, sondern alleine an deiner Ausstrahlung. Daher denke ich, dass dein Platz vermutlich Raphaels gewesen wäre. Charisma technisch gesehen, wobei ich natürlich nicht weiss, wie dieser Mann früher drauf war, jetzt wirkt er eher ein wenig griesgrämig und teilnahmslos, was irgendwie nicht zu seinem Job passt. So als würde er ihn machen, damit er erledigt ist.» «So wie einige bei uns», unterbrach Tsorn sie mit einem amüsierten Schmunzeln und Bager nickte. «Darum geht es jetzt allerdings nicht. Es kann natürlich auch sein, dass wir jetzt eine Theorie spinnen, die vollkommen falsch ist und sonst wo hergeholt …» «Die Theorie ist an sich ziemlich gut, sie hat nur einen minimalen Fehler», stellte Luzifer dann fest und war dazu übergegangen, im Raum auf und ab zu laufen. «Raziel und Metatron waren schon immer da. Metatron war schon immer der oberste Erzengel, er war an Gottes Seite von Beginn weg und Raziel ebenfalls. Dieser wurde nicht von Metatron ausgebildet. Er fällt also aus dem Rahmen und dem Muster.» Grid schüttelte nun den Kopf und Luzifers Blick blieb an diesem hängen. «Nein, es bedeutet nur, dass ihr zu siebt für sechs Plätze wart, es reduziert sich lediglich um einen Faktor. Die Frage, die wir uns stellen sollten, ist nun eher, sollte etwas dran sein, wussten die beiden, wer wofür ausgebildet wird oder nicht.» Luzifer blieb augenblicklich stehen und starrte Grid für seine Worte an. Natürlich. «Metatron wusste es definitiv … Ich werde ihn umbringen …» Die Wut über diese Erkenntnis kochte langsam aber sicher in ihm hoch und es war Tsorn, der ihn zu beruhigen versuchte. «War er euer einziger Lehrer?», wollte er von Luzifer wissen. «Nein, Raziel hat uns ebenfalls unterrichtet, aber in ganz anderen Segmenten», beantwortete Luzifer ihm die Frage. «Und wart ihr alle bei Beiden?», hakte er dann nach. «Nein … Wieso willst du das wissen?» Luzifer schien ziemlich verwirrt und er hatte nicht einmal die Lust, diese Tatsache zu verbergen. «Nun, ich denke, das Metatron bestimmt wusste, wen er zum Krieger ausgebildet hat und wer ein wenig kämpfen können sollte für seine Aufgaben, aber diejenigen die gar nicht bei ihm waren, hätten niemals ein Amt bekommen, was diese Kleinigkeit inkludiert hätte.» Luzifer begann zu überlegen. Es war einfach schon viel zu lange her und seine Erinnerungen spielten ihm desöfteren Streiche, zumindest hatte er das Gefühl. «Michael war auf jeden Fall da, Raphael auch, sogar Chamuel hatte Kampftraining und wenn ich mich richtig erinnere auch Gabriel.» «Und du?» Luzifer nickte kurzerhand. «Dann solltest du mit Metatron darüber sprechen und mit Chamuel und Gabriel, vielleicht können sie sich besser daran erinnern.» Tsorn verschränkte die Arme vor seiner Brust und irgendwie hatte er das Gefühl, dass sie einem weiteren Puzzleteil auf die Spur gekommen sind und kurz davor waren, dieses auch zu lösen. "Grid, du kümmerst dich um Gabriel, ich glaube, wenn ich mit ihm spreche, ist die Gefahr hoch, dass mir die Hand ausrutscht. Bager, solltest du nichts zu tun haben, kannst du dich ein wenig mit Chamuel unterhalten. Er ist weitaus weniger anstrengend als die restlichen Engel. Tsorn du …» Luzifer unterbrach sich für einen Moment. Er wollte ihn Raziel zuteilen, allerdings fiel ihm genau in diesem Moment ein, dass Metatron mit ihm sprechen wollte. «Du gehst zu Metatron. Er hat so oder so nach dir verlangt, vielleicht kannst du euer Gespräch in diese Richtung leiten.» Grid und Bager nickten ohne Umschweife, auch wenn sie die Zuteilung nicht unbedingt nachvollziehen konnten. Tsorn hingegen wirkte sichtlich verwirrt. «Wieso hat Metatron nach mir verlangt?», hakte er skeptisch nach und Luzifer deutete den anderen an, den Raum verlassen zu dürfen. «Ich weiss es nicht, aber er wollte dich sehen, vielleicht ist er einfach meine Gesellschaft leid und von dir hat er Kenntnis. Ich kann es dir nicht sagen, wirklich nicht, aber ein Tipp von mir, bewahre immer deine Ruhe. Metatron stört es überhaupt nicht, wenn du ausrastest oder handgreiflich wirst. Er hat immer die Ruhe selbst und er ist dir in allen Belangen überlegen. Selbst wenn es nicht so wirkt, ist er es. Denk immer daran, ehe du einen schwerwiegenden Fehler begehst.» Tsorn war nach wie vor ein wenig verwirrt. Er hatte Metatron nur einmal getroffen und er hatte sich da nicht gerade vorbildlich vernommen. «Du scheinst ziemlichen Respekt vor ihm zu haben, zumal er auf mich nicht wie ein Kämpfer wirkt …» Luzifer schmunzelte lediglich. «Er kann dich mit Worten genauso gut unschädlich machen wie mit einer Waffe. Es gibt vermutlich Gründe, wieso er nicht auf dem Schlachtfeld steht, aber wir wissen, dass er es kann. In dem Punkt solltest du nicht vom Äusseren auf die Fähigkeiten schliessen, wie Bager so schön sagte, körperlich bin ich offensichtlich auch kein Krieger.» Tsorn lachte nun leise und wollte das Zimmer verlassen, vielleicht sollte er das Gespräch suchen, solange sich Metatron noch daran erinnerte, mit ihm sprechen zu wollen. «Ich glaube, sie hat dich da an einem wunden Punkt getroffen, kann das sein?», hakte er noch amüsiert nach, ehe er dann auch aus dem Raum verschwand. Luzifer hingegen blieb zurück und murrte leise auf. Bager hatte ihn nicht getroffen, aber ihm wurde aufgezeigt, dass sie recht hatte. Er war körperlich nicht so gebaut wie Michael oder Raphael es waren und auch Tsorn war ein ganz anderes Kaliber. Er brauchte es nur nicht gesagt bekommen, ansonsten war es ihm eigentlich egal. Bager hatte sich mit Grid auf den Weg zu den Engeln gemacht. Sie wollte dies schnell hinter sich bringen. Chamuel war in ihren Augen ein komischer Kerl und sie wusste nicht, was sie von ihm halten sollte, wobei sie Luzifer dankbar war, mit Gabriel hätte sie noch weniger sprechen wollen. Nur kamen sie nicht sonderlich weit. «Dich habe ich gesucht», wurde sie von Gadles zurückgehalten und Bager erstarrte für einen kurzen Moment. «Wir sollten mal ein ernstes Wörtchen miteinander klären, immerhin kümmerst du dich ja so liebevoll um meinen Patienten, hm? Auf ein Wort?» Seine Stimmlage machte klar und deutlich, dass dies keine Frage und schon gar keine Bitte war. «Wir haben einen Auftrag, danach steht Bager dir gerne zur Verfügung", versuchte Grid die Situation ein wenig zu entschärfen, was Gadles allerdings nicht gross zu interessieren schien. «Der läuft euch nicht weg, schon gar nicht, wenn es um die angeketteten Engel geht, bei ihr habe ich allerdings eine grössere Sorge, deswegen führen wir dieses Gespräch jetzt, ohne dich.» Grid wollte gerade etwas dazu sagen, als Bager ihm zuvor kam. «Na gut, vermutlich hast du recht, auch wenn es bestimmt einen besseren Zeitpunkt dafür gäbe.» Gadles nickte zufrieden und sein Blick in Grids Richtung sprach Bände. Ein Sieg für ihn. «Sollte ihr etwas passieren, dann wissen wir alle, wer daran Schuld trägt, also solltest du es beim Reden belassen, ansonsten wirst du Mekane sicherlich bald folgen», drohte Grid diesem allerdings und Gadles schluckte kurz. Er hatte nicht vor, sein Leben vorzeitig zu verwirken, aber die Drohung war klar und deutlich und seine Einschätzung von Grid war es einmal mehr auch. Eine falsche hinterhältige Schlange, die nur darauf wartete, ihn loszuwerden. Doch darum konnte er sich später kümmern, wenn überhaupt. Jetzt hatte er ein Gespräch zu führen, was vermutlich nicht nur angenehme Seiten mit sich brachte. Somit liess er Grid einfach stehen und zog Bager quasi mit sich mit, dass diese ihm auch freiwillig folgte, bemerkte er in seinem Tatendrang gar nicht erst. Erst als sie in seinem Zimmer angekommen waren, liess er sie los und musterte sie erst einmal ausgiebig. «Wieso?», stellte er die Frage und klang nach wie vor ziemlich angespannt. Bager rieb sich erst einmal den Arm und schaute sich in dem Zimmer um, welches Gadles für sich eingenommen hatte. Dabei schlich sich ein leichtes Lächeln auf ihre Lippen. «Ich dachte, Michael hätte einen eigenen Palast, aber anscheinend hat er auch hier eine Übernachtungsmöglichkeit und von allen freien Zimmern, hast du seines erwischt.» Gadles war kurz ein wenig verwirrt. Bisher hatte er sich den Raum nicht genauer angeschaut, was er nun augenblicklich nach holte und sie hatte recht. Die Wände waren teilweise voller Schwerter und Bildern … Bilder von Kriegen und dem nachfolgenden Himmelsgericht. «Lenk nicht ab, wieso?», stellte er seine Frage erneut. «Frag dich eher, wieso es nötig war, dir unter die Arme zu greifen, Gadles. Du hast ihm dein Blut gegeben und es hat dir nichts gebracht, du hast ihm gedroht und es hat dir nichts gebracht …» «Und du hast ihn gefickt und was hat es dir gebracht?», unterbrach er sie harsch. «Neidisch?», wollte sie süffisant wissen und ging einen Schritt auf Gadles zu. «Soll ich dir sagen, wie es sich anfühlt, seinen Schwanz in sich zu spüren? Ist es das? Oder wieso sprichst du ausgerechnet diese Tatsache als Erstes an und nicht, welche Informationen ich aus ihm herausbekommen habe?» Gadles blieb wie angewurzelt stehen und liess Bager auf sich zukommen. Er wusste gerade auch nicht mehr so wirklich, wieso er ihr so direkt sagte, dass er es wusste. «Ich kann dich beruhigen, es war höchstens Mittelmass. Ich denke, ohne meine Illusion und meinem Blut in seinem Körper, hätte er vermutlich nicht mal genügend Standfestigkeit bewiesen, um zu wissen, was er mit mir anzufangen hat. Deine Chance Gadles, auch wenn ich dir einen besseren Geschmack zugetraut hätte, aber es stimmt wohl wirklich, gleich und gleich gesellt sich ziemlich gern, hm?» Gadles begann vor Wut zu zittern und seine Hand lag schneller an Bagers Kehle, als sie darauf reagieren konnte. «Kein Wort mehr. Deine Eskapaden interessieren mich nicht im Geringsten, lediglich das Ergebnis», zischte er ihr sauer zu und liess wieder ein wenig lockerer. Ein Umstand den sie direkt ausnutzte, um einen Schritt von ihm wegzugehen. «Anscheinend interessiert es dich doch so weit, dass du aus der Haut fährst», stellte sie kurzerhand fest und beobachtete jeden seiner Schritte. «Der Himmel verändert auch dich, hm?» «Quatsch, ich mag es nur nicht, wenn man sich in meine Angelegenheiten einmischt, Bager und das solltest du wissen.» Bager lächelte bei seinen Worten und kam ihm wieder ein Stück näher, strich ihm leicht über die Brust und strich ihm dann ganz langsam über die Seite. «Soweit ich weiss, hat es dich bisher nie gestört, wenn ich mich eingemischt habe, weil du dann deinen Spass hattest mich zu bestrafen und eigentlich hatte ich gedacht, du zielst wieder darauf ab, aber dem scheint nicht so», flüsterte sie ihm lustvoll ins Ohr. «Du wandelst auf dünnem Eis», knurrte Gadles leise, machte jedoch keinerlei Anstalten sie überhaupt anzufassen, was sie natürlich registrierte. «Nein, ich glaube, bei dir bin ich gerade ziemlich sicher. Es ist mir auch egal, ob es an deiner Angst liegt zu enden wie Mekane oder ob deine Libido grad wirklich lieber einen Mann hätte, mir kann es nur recht sein, denn tatsächlich steht mir gerade nicht der Sinn nach deinen Spielchen, auch wenn ich kurz überlegt hatte, als du deine Hand an meiner Kehle hattest», provozierte sie ihn dennoch mit einem süffisanten Grinsen auf den Lippen. «Da ich kaum glaube, dass es dir Michael angetan hat, wird es mir eine Freude sein herauszufinden mit wem du dich vergnügst und sollte es ein anderer Engel sein und unserem Dienste nicht nützlich, liefere ich dich schneller ans Messer als dir lieb ist.» Bager zuckte lediglich mit den Schultern und blickte Gadles in die Augen. «Wenn ich dir so zuhöre, könnte man denken du willst, dass ich weiterhin meinen Spass mit Michael habe, um an die nötigen Informationen zu kommen.» Gadles grinste leicht und kam Bager nun wieder ein wenig näher. «Nein, du sollst dich nicht ficken lassen, aber ich habe durchaus einen Plan, wie wir ihn zum Singen bringen, aber dafür benötige ich tatsächlich deine Hilfe und deine Künste in Sachen perfekten Illusionen.» Kapitel 38: Alte Bekannte? -------------------------- Tsorn hatte sich ebenfalls ohne Umschweife auf den Weg zu Metatron gemacht. Es kam ihm sogar ziemlich gelegen, aus Luzifers Schussbahn zu kommen. Zwar schien dieser gerade gute Laune zu haben, aber welcher Mann wollte schon auf seine körperlichen Defizite aufmerksam gemacht werden? Es wunderte ihn sowieso, dass Bager so mutig gewesen war, dies auszusprechen und noch mehr, dass nicht mehr als ein Brummen als Reaktion kam. Entweder wurde ihr Boss wirklich weich oder es war ihm wirklich egal. Sie alle wussten, was dieser auf dem Schlachtfeld leisten konnte, auch wenn er manchmal zu Mitteln griff, die nicht sonderlich fair waren. Tsorn lachte leise auf, bei ihnen auf Fairness zu hoffen, war allerdings auch ziemlich naiv, egal wer ihnen gegenüber stand. Noch immer amüsiert öffnete er Metatrons Zellentür und betrat diese. «Ich hatte ein Buch zu meinem Gesprächspartner bestellt», begrüsste dieser ihn ruhig und brachte er Tsorn augenblicklich aus dem Konzept. Eine Tatsache, die Metatron zu einem minimalen Grinsen bewegte. «Davon hat mir Luzifer nichts gesagt», verteidigte sich Tsorn augenblicklich, selbst nicht wissend, wieso eigentlich. Er hatte doch nichts falsch gemacht und doch fühlte er sich direkt so, als wäre er wieder in der Schule und sein Lehrer rügte ihn. Eine Tatsache, die ihn kurz Kopfschütteln liess. «Es ist mühsam, sich zu erinnern und dennoch rein gar nichts zu wissen, hm?» «Wie bitte?» «Wie fühlst du dich?» Tsorn war sichtlich verwirrt. Sein Blick ruhte auf Metatron und er wusste nicht so genau, was er hier sollte. «Ich bin ein sehr schlechter Gastgeber, tut mir leid. Schliess die Tür und setz dich zu mir. Ich kann gerade schlecht zu dir kommen.» Bei den Worten kam ein wenig Leben in Tsorn, auch wenn er genau dies tat, was Metatron von ihm wollte. «Unsere erste Begegnung war nicht so schweigsam. Es ist wohl ein wenig Zeit vergangen und du selbst wirst bemerkt haben, dass Dinge sich verändern, oder?» Tsorns Blick ruhte nach wie vor auf Metatron. Für einen Moment schloss er die Augen und schüttelte erneut den Kopf. «Was für ein Spielchen versuchst du hier zu treiben?», wollte er dann ein wenig zu energisch wissen. Luzifer hatte ihm gesagt, er solle Ruhe bewahren, doch wie sollte er dies anstellen, wenn Metatron ihn offensichtlich herausforderte? Wobei er sich nicht einmal sicher war, ob dieser wirklich eine solche Absicht hatte. Sein Misstrauen war geweckt, ohne jeglichen Grund, allerdings war er der oberste Engel. Metatrons Lachen war es, das Tsorn wieder ins Hier und Jetzt zurückholte. «Ich sollte dich wohl aufklären, wieso ich dich hier haben will. Es sind deine Gedanken, ich kann sie hören.» «Und?» Tsorn war nach wie vor verwirrt. Engel konnten doch untereinander kommunizieren, wieso sollte ihn diese Information überraschen. «Ich bin offensichtlich ein Engel», stellte Metatron fest. Er würde Tsorn die Antwort nun nicht vorkauen. «Wenn du irgendwelche Spielchen mit mir spielen willst, dann bist du bei mir absolut an der falschen Adresse. Für wie dumm hältst du mich eigentlich? Natürlich weiss ich, dass du ein Engel bist, einer, der mir gerade unglaublich auf die Nerven geht mit seiner Rätselraterei. Es interessiert mich auch nicht, wieso du meine Gedanken lesen kannst …» «Sollte es aber, da ich nur diejenigen, der Engel lesen beziehungsweise hören kann», unterbrach Metatron den minimalen Wutausbruch seines Gegenübers. «Wie bitte?» «Soweit waren wir schon. Denk nach!», forderte Metatron Tsorn einmal mehr auf. «Ich bin kein Engel», fiel der Groschen wenigstens halbwegs bei Tsorn. «Sicher?» Tsorn war sich in diesem Moment vieles, aber definitiv nicht sicher, kein Engel zu sein. «Ich weiss noch nicht, wer du früher warst, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass du ein Engel warst und bist. Du veränderst dich. Du passt dich an. Dein gesamtes Handeln ist zum Wohle des Himmels ausgelegt. Deinem ehemaligen Zuhause. Genauso wie Luzifel es tut. Wie er suchst du Antworten, sowohl auf deine eigenen Fragen, aber auch auf seine. Du bist ihm treu ergeben, warst du wohl schon immer.» Tsorn hörte Metatron zu und konnte kaum glauben, was er zu hören bekam. Er sollte ein Engel gewesen sein? Daran konnte er sich wirklich nicht erinnern und doch fühlte sich vieles vertraut an. Hatte Bager mit ihrer Vermutung recht? Hatte Raziel mit seiner Vermutung Recht? Er hätte sich wirklich Gedanken machen sollen. «Himmel, ich versuche wirklich dir nicht zuzuhören, aber es ist nicht einfach, wenn du deinen Gedanken freien Lauf lässt.» Tsorn blickte in Metatrons amüsiertes Gesicht. Natürlich, dieser konnte ihn lesen, wie in einem Buch. Ein Fakt, der ihn nun doch kurz auflachen liess, bekam dieser doch, wonach er verlangt hatte. «Du konntest alles hören, seit ich hier angekommen bin?», wollte Tsorn dann doch wissen. «Interessante und zugleich sehr schwierige Frage. Ich versuche sie dir zu beantworten. Mit eurem Eintreffen strömten auf einmal sehr viele verschiedene Gedankenströme durch den Himmel. An sich könnte jeder Engel die abfangen, sollten sie wissen, dass einige von euch ehemalige Bewohner von hier sind. Erst dachte ich, es wären nur die von Luzifel, aber es waren eindeutig mehrere und ich habe versucht, sie zu trennen und zuzuordnen.» «Moment, dann weisst du über meine Pläne Bescheid?», unterbrach Tsorn Metatron beinahe ein wenig nervös. «Ja und über einige andere Dinge auch. Ich unterstütze eure Suche nach Antworten. Sie sind längst überfällig. Dennoch solltet ihr eure Gedanken unter Kontrolle haben, gerade du.» «Wir?» Tsorn versuchte nicht daran zu denken, WAS Metatron alles mitbekommen hatte. «Du und Luzifel, wobei er weiss damit umzugehen, er erinnert sich und er nutzt es selbst. Es vereinfacht die Kommunikation um vieles und ich kann dir versichern, nicht jeder kann alles von euch hören, es ist leider mein Leid es zu können. Eine Fähigkeit, die mir als oberster Erzengel gegeben wurde, um allfällige Probleme schnell erkennen zu können.» Tsorn konnte gar nicht anders als aufzulachen. «Du hast offensichtlich versagt.» Nun war es allerdings an Metatron, den Kopf zu schütteln. «Nein. So wie einige von euch es nicht zu kontrollieren wissen, gibt es welche, die sich komplett verschliessen können. Selbst eine Anfrage kann abgeblockt werden. Jedes System hat Fehler, selbst wenn es von Gott persönlich erschaffen wurde.» «Sollte es nicht gerade dann ohne Fehler sein? Er der Unfehlbare?» «Wenn er dies wäre, dann wäre es ziemlich langweilig, oder? Wir Erzengel, aber auch ihr Sünden hättet dann doch nichts zu tun, wir würden nicht einmal existieren. Darum geht es allerdings nicht. Ich will dir helfen, deine Gedanken zu verschliessen und sie lediglich als Kanal der Kommunikation nutzen zu können. Zu deiner Sicherheit.» «Wieso?» «Weil du ein Schüler von mir warst und ich versage ungern.» «Woher bist du dir sicher, dass ich ein Schüler von dir war?» Tsorn verstand es nicht. Obwohl Metatron ihm deutliche Antworten gab, hatte er das Gefühl, gar nichts zu verstehen. «Du bist ein Krieger, oder?» Ein Nicken folgte, was Metatron als Zeichen nahm, weiter sprechen zu können. «Es war meine Aufgabe, euch auszubilden. Ich nehme es dir nicht übel, dich nicht daran zu erinnern. Eine Schutzmassnahme seitens Gottes ist es wohl, jegliche Erinnerung an den Himmel auszulöschen, aber auch da arbeitete er offenbar mit einem Hintertürchen. Die Erinnerungen kommen zurück, je länger man sich hier aufhält. So ergeht es dir und auch anderen.» «Bin ich deswegen nicht mehr so wütend?» «Vermutlich. Allerdings bin ich nicht allwissend, vieles, was ich dir erzähle, beruht auf Vermutungen meinerseits. Ich habe gerade viel Zeit um gewisse Dinge zu überdenken und wie ich bereits sagte, ich bin für euer Vorhaben. Unter der Voraussetzung, dass niemand unnötig verletzt wird.» Tsorn glaubte Metatron, auch wenn er sich noch nicht sicher war, inwieweit er ihm wirklich vertrauen sollte. Dabei war er sich aus irgendeinem Grund sicher, dass Luzifer es tat. «Und was solltest du dagegen tun können, sollten wir über die Stränge schlagen?» Er war neugierig, rechnete allerdings nicht mit einer Antwort. «Ich habe vernommen, dass Raphael einen Teil seiner Kräfte präsentiert hat und dies trotz der Abwesenheit Gottes. Was denkst du, wozu ich dann in der Lage wäre?» «Ihr spielt mit uns, richtig?» «Nein. Nicht jeder Erzengel hat eine solche Kraft in sich. Eure Theorie, sie ist nicht falsch.» Tsorn verstand mittlerweile rein gar nichts mehr. Metatron gab ihm gerade zu viele Informationen ohne für ihn erkennbaren Zusammenhang und leider kam ihm dies bekannter vor, als er zugeben wollte. «Ich denke, ich verstehe halbwegs, was du mir sagen willst, aber ich muss einige Gedanken ordnen.» «Dann solltest du dies in Ruhe tun und mit Luzifel sprechen, er kann dir helfen, sag ihm, es ist ein Auftrag von mir.» Das Grinsen in Metatron's Gesicht gefiel Tsorn nicht unbedingt. Zu gerne hätte er dessen Gedanken gelesen. Stattdessen stand er auf und ging zur geschlossenen Tür, um diese zu öffnen. «Ich habe ziemlich viele Fragen…» «Ich weiss, du bist jederzeit willkommen. Ich habe ja nach wie vor nicht sonderlich viel zu tun.» Tsorn nickte und verabschiedete sich dann von Metatron. Er würde wirklich mit Luzifer sprechen müssen und irgendwie musste er wieder einen klaren Kopf bekommen. Grids verspürte nach all den Erlebnissen und insbesondere neuen Informationen tatsächlich ein wenig mehr Tatendrang als zuvor, sofern dies überhaupt möglich war. Nur Lust, mit Gabriel zu sprechen, verspürte er tatsächlich überhaupt nicht. Dieser Engel hatte bisher noch nichts zu der Lösung ihrer Probleme beigetragen und er hatte auch irgendwie das Gefühl, dass er es nach wie vor nicht tun würde. Allerdings hatte er ja schon das Gefühl gehabt, dass dieser reden wollte, aber das Gefühl konnte auch täuschen. Vielleicht wollte er sich einfach nur aufspielen und sich wichtig machen, was sollte Gabriel schon wissen? Nun, er würde es früher oder später herausfinden und sollten ihm die Antworten nicht passen, dann fand er bestimmt eine Ablenkung, die ihm besser gefiel. Er öffnete die Zellentür zu den Engeln und begrüsste diese wie immer. Er war eine nette Sünde, zumindest seit er hier im Himmel verweilte und einen gewissen Grad an Anstand konnte er eindeutig aufbringen. Allerdings ging er sehr schnell zu Gabriel und obwohl er mit ihm alleine sprechen sollte, verliess er nicht mit ihm die Zelle. Vielleicht motivierte es ihn ein wenig mehr, sich zu öffnen, wenn die anderen in Hörweite waren. So löste er die Ketten zumindest soweit, dass sie sich in die am weit entfernteste Ecke zurückziehen konnten und der Blick des Engels war eindeutig. Er verstand es nicht. «Ich dachte, du könntest dich mit mir alleine unwohl fühlen, daher bin ich so nett und gebe dir ein minimal sicheres Gefühl.» Ihm war selbstverständlich klar, dass die anderen Engel nicht eingreifen konnten, sollte irgendetwas vorfallen, aber vielleicht gab es ihm wirklich ein wenig Sicherheit. Er konnte ja nicht in den Kopf Gabriels hineinsehen. Zumindest dachte er dies noch. «Deine Fürsorge ist ja schon fast eines Himmelsbewohner würdig», kam es derweil sarkastisch von Gabriel und liess Grid ein wenig schmunzeln. «Da wir die grundlegenden Dinge ja nun geklärt haben, komme ich direkt zum Punkt. Es ist offensichtlich, dass du nicht mit mir reden willst und meine Lust dazu hält sich ehrlicherweise auch in Grenzen. Doch glaube ich, dass du mehr zu erzählen hast, als wir bisher vielleicht dachten und hey, jetzt ist deine grosse Bühne gekommen. Erzähl mir, was immer du erzählen willst.» Gabriel verschränkte bei dem Angebot die Arme vor seiner Brust und musterte Grid ein wenig skeptisch. Es roch für ihn nach einer Falle und sollte Grid wirklich glauben, dass er ihm jetzt einfach alles auf dem Silbertablett servierte, hatte er sich geschnitten. «Oh, hab ich mich etwa geirrt? Dann muss ich dich wohl austauschen… Ich dachte wirklich, ich hätte mir den richtigen Engel ausgesucht. Schade.» Grid provozierte absichtlich, allerdings wirkte es wirklich so, als wäre er etwas enttäuscht darüber, dass Gabriel schwieg. «Und was denkst du, worüber ich dir etwas erzählen könnte?», wollte Gabriel dann doch wissen, änderte allerdings nichts an seiner Haltung. «Also, wie wäre es erst einmal darüber, dass Gott von dem Riss wusste und er uns einfach so rein marschieren liess?» Ja, er hatte eine ganz andere Aufgabe, aber vielleicht war die Frage auch ein Teil der Lösung ihres Rätsels. «Ich weiss es nicht, aber es war ihm auf alle Fälle bekannt. Michael und ich haben es ihm ein paar Mal gesagt, dass sich eine leichte Abnormalität aufgetan hat. Michael hat es als erster bemerkt, was im Nachhinein eigentlich komisch ist, da er in dem Teil des Himmels nicht sonderlich viel verloren hat. Nicht, dass es ihm verboten gewesen wäre, dort hinzugehen, er war nur nie dort, weil es in der Nähe von Uriels Palast war und deren Verhältnis auch nicht das Beste ist.» «Aber Uriel hat Michael doch geholfen? Vielleicht wollte er sichergehen, dass er nichts erzählt?» Gabriel schüttelte den Kopf. «Selbst wenn, Uriel ist oft unterwegs und sehr beschäftigt. Es ist einfacher, ihn in Gottes Palast zu erwischen, als in seinem eigenen. Daher ergibt es keinen Sinn.» Grid schien einen Moment zu überlegen, dabei musterte er Gabriel ganz genau und er glaubte ihm, allerdings kam ihm ein Gedanke, der ziemlich unfassbar war. «Es klingt beinahe danach, als wenn du glaubst, er habe den Riss verursacht», teilte er ihm seine Vermutung dann auch direkt mit und nun war es an Gabriel, den Kopf zu schütteln. «Nein, so mächtig ist nicht einmal Michael, aber ich glaube, dass Gott es wusste und ihn dahin schickte, um ihn zu entdecken. Wieso er ihn allerdings nicht geschlossen hat, weiss ich nicht. Es wirkt alles so, als wäre es geplant… Nur verstehe ich nicht wieso», gab Gabriel ehrlich zu und wirkte dabei fast ein wenig überfordert. «Ich habe da eine Vermutung…», gab er zu seinem Besten und blickte nun in sehr neugierige Augen. Kapitel 39: Selbstüberschätzung ------------------------------- «Ich weiss, ich bin nicht in der Lage eine Forderung zu stellen, aber würdest du diese mit mir teilen? Wir sitzen an sich doch im gleichen Boot.» Gabriels Stimmung hatte sich aus dem Nichts gewandelt. Erst abweisend und ablehnend und nun interessiert und freundlich? Irgendetwas stimmte mit diesem Engel nicht und Grid hatte ein ganz komisches Bauchgefühl und dennoch würde er ihm die Vermutung preisgeben. Vielleicht würde er sich verplappern, oder mit den anderen Engeln eine Diskussion entfachen, die früher oder später wieder bei ihnen ankommen würde. Vermutlich würde es Tsorn dann ausbaden dürfen, aber schliesslich machte er hier gerade die Hauptarbeit, während dieser ein Pläuschchen mit Metatron hielt. «Es wirkt für mich aktuell so, als wenn Gott es tatsächlich geplant hat. Ich kann es mir nicht erklären, aber irgendwie will er seine Fehler gerade rücken, aber er selbst kann es nicht tun und benutzt uns, euch, dafür. Vermutlich sitzt er irgendwo und schaut dem Treiben zu, saugt die Informationen in sich auf und überlegt, wie er alles erklären kann, oder bestrafen, je nachdem, was noch ans Licht kommt. Vielleicht denkt er aber auch wirklich, es regelt sich von selbst und wir oder ihr bestraft die Schuldigen direkt selbst. Ich weiss es nicht, aber es wirkt alles viel zu einfach.» Grid war sich wirklich nicht sicher, aber es wirkte wirklich zu glatt. Sie konnten ohne Probleme in den Himmel eindringen und sollte Gott von diesem Riss gewusst haben, war es definitiv kein Versehen. «Nur, Gott weiss alles, wie kommt er dann nicht hinter die Fassade seines angeblichen Lieblings?» Eine Frage, die sich Grid einfach nicht beantworten konnte und auch Gabriel schien komplett überfordert mit seinen Worten zu sein. «Egal, denkt mal darüber nach. Wieso ich aber eigentlich hier bin, ist ein ganz anderer Grund und ich denke, du kannst mir dabei auch noch helfen, ansonsten war es nur zum Teil eine Zeitverschwendung.» Grid war es leid still zu stehen und wanderte dann doch ein wenig vor Gabriel hin und her. Vielleicht wollte er diesen auch einfach noch ein wenig nervöser machen, als er es sowieso schon war, wobei, gerade wirkte er ruhiger, als noch zuvor, auch wenn er nicht wirklich mit ihm sprechen wollte. «Normalerweise stehe ich nicht so auf Monologe, aber es ist auch mal sehr angenehm, wenn man mir nicht permanent dazwischen quatscht. Ihr Engel seid wirklich höflich und zuvorkommend, aber da ich dich nun wirklich nicht länger aufhalten will, komme ich am besten direkt zum Punkt.» Und wieder machte Grid eine Pause, um Gabriel zu beobachten. Es war spannend und interessant zugleich. Er wurde nervöser. «Ich habe die ein oder andere Frage zu euren Lehrmeistern. Metatron und Raziel», fing er dann auch an zu erzählen, worauf er eigentlich hinaus wollte. «Wir hatten noch mehr als nur die Zwei», unterbrach Gabriel ihn jetzt doch und hatte Grids Aufmerksamkeit auf sich. «Interessant, aber mich interessieren tatsächlich nur die Zwei, schliesslich scheinen sie ja die Oberlehrer gewesen zu sein und euch am meisten beigebracht zu haben, was für euer Erzengel Dasein wichtig war.» Gabriel nickte aufgrund dieser Worte. Grid war gerissen und das machte ihn vermutlich sehr gefährlich und dennoch hatte er das Gefühl, dass er sich wirklich interessierte. Es ärgerte Gabriel tatsächlich, wenn er seinen Freunden recht geben und seine Zweifel ein wenig beiseite schieben musste. «Ab wann waren sie für euch zuständig? Als ihr auserwählt wurdet?», hakte er nach und es folgte ein weiteres Nicken. «Und wer hat wen unterrichtet?» Gabriel schien einen Moment lang nachzudenken, was Grid nun allerdings ein wenig ungeduldiger werden liess. «Heute noch?», kam es nach einer Weile und er setzte sich tatsächlich wieder vor Gabriel hin, fixierte ihn ein wenig eindringlicher. «Ich weiss es nicht so genau, wir waren bei beiden, da sie in vielen Bereichen einfach sehr gut ausgebildet waren und sind.» «Gab es Unterschiede?» Es konnte nicht sein, dass jeder Engel die gleiche Ausbildung genossen hatte. Dies kaufte er Gabriel definitiv nicht ab. «Ich weiss es nicht mehr», kam es erneut von dem Erzengel und Grid spürte, dass dieser nicht ehrlich zu ihm war. Engel konnten sich um die Wahrheit drücken, solange sie ausweichend antworteten. Eine Erkenntnis, die ihm ein Lächeln auf die Lippen zauberte und sich anschliessend wieder erhob.»Nun denn, es war wohl doch ein Fehler, sich mit dir zu unterhalten. Luzifer hatte recht, du weisst rein gar nichts. Schade.» Er beförderte Gabriel wieder zu den Anderen und verabschiedete sich höflich, wie er war auch wieder. Vor der Zellentür allerdings fluchte er leise vor sich hin. Er hatte zwar nicht das erfahren, was er wissen wollte, aber Gabriel hatte mit seinem Schweigen mehr ausgesagt, als er eigentlich wollte und es war nun an Bager und Tsorn noch mehr herauszufinden und irgendwie glaubte er zu ahnen, wie Luzifer in Zukunft auf Gabriel reagieren würde. Mit dem Gedanken ging er dann auch aus dem Zellentrakt und in sein eingenommenes Zimmer. Er brauchte ein wenig Ruhe und er musste seine Gedanken ordnen, ehe er Luzifer Bericht erstattete. Bager war sichtlich verwirrt von Gadles Worten, was diesen einmal mehr ein wenig breiter grinsen liess. Sie war interessiert, gut, sie hatte absolut keine Wahl, aber es war besser, wenn sie mitspielen würde. «Gut, du wirst dich in Raphael verwandeln und ich werde ihm zeigen, dass sein geliebter Raphael alles mit sich machen lässt.» «Du wirst mich auch nicht anfassen», stellte Bager direkt klar und bekam ein Kopfschütteln zur Antwort. «Natürlich werde ich das nicht tun, es wird zumindest nicht so weit kommen, aber versprechen tue ich dir in diesem Punkt absolut nichts.» Bager wurde nun doch ein wenig skeptischer. Doch beschloss sie vorerst nichts zu sagen. «Gut, was ist dein Plan?» «Du meine Liebe, verwandelst dich jetzt in Raphael und dann», er machte eine kurze Pause und zauberte aus dem Nichts Fesseln hervor. «Werde ich dich fesseln und mit ihm in die Zelle gehen.» «Wäre es nicht schlauer, ich mache das erst, wenn wir vor seiner Zelle stehen? Wenn du mit mir als Raphael durch den Palast läufst, sind wir tot», warf Bager ein und selbst Gadles musste zugeben, dass dieser Einwand berechtigt war. «Und dann?», hakte sie nach, sie hatten schliesslich nicht ewig Zeit, sie selbst hatte noch eine Aufgabe zu erledigen und nicht wirklich Lust darauf, von Luzifer angemeckert zu werden. «Spiel dann einfach mit, du wirst merken, worauf ich hinaus will.» Dies gefiel Bager überhaupt nicht, aber sie hatte zugesagt und würde es durchziehen, wobei ihr der Gedanke kam, dass Gadles hier kein faires Spiel spielte, aber das konnte sie auch. Sie trat dann aus dem Zimmer und ging in die Richtung der Zelle, es war absehbar, dass Gadles ihr folgte, schliesslich war es sein Plan und ohne ihn konnte sie ihn nicht durchführen, wusste sie noch nicht einmal, was er genau vorhatte. Vor dieser angekommen, wartete sie einen Moment und schaute sich ziemlich gründlich um, jetzt erwischt zu werden, war vermutlich auch ihr Todesurteil, egal wie hilfreich sie bisher war. Kaum hatte sie sich verwandelt, legte ihr Gadles bereits die Ketten an und sie spürte sofort, wie ihre Kraft ein wenig schwand. Sie hatte es geahnt und nun hoffte sie, dass Michael kein absoluter Vollidiot war. Gadles war es offensichtlich. Gemeinsam betraten sie die Zelle, wobei Bager eher in diese geschubst wurde und aufpassen musste, nicht zu stolpern. Michael schien dies erst nicht zu interessieren, vermutlich war er selbst ziemlich erschöpft und hatte auch nicht mit Besuch gerechnet. Ein Fakt, den Gadles zu stören schien. «Hör auf so zu tun, als würdest du nicht bemerken, dass ich hier bin», begrüsste er ihn ein wenig harsch und selbst Bager war ein klein wenig überrascht. Da benötigte wohl wer Aufmerksamkeit. «Hab dir auch was mitgebracht», führte er die Begrüssung fort und schubste Bager in Michaels Richtung. Nun hob dieser auch seinen Kopf und war definitiv überrascht Raphael zu sehen und wollte auch direkt aufstehen, um diesem irgendwie zu helfen. Doch wurde Bager von Gadles zurückgezogen und fiel praktisch in dessen Arme. «Nicht so schnell, lieber Michael.» Gadles Grinsen wurde noch ein wenig breiter, als es sowieso schon war und Bager hatte mittlerweile wirklich das Gefühl, dass es hier nicht um Informationen ging. Dennoch spielte sie mit und versuchte sich von Gadles zu lösen, was aufgrund der Fesseln natürlich nicht wirklich gelang. «Weisst du, wir hatten bald alle Spass mit ihm und ich denke, du willst bestimmt auch nochmals, oder?» Michael stand nun wirklich auf, kam aber aufgrund seiner Fesseln nicht wirklich weit. Dabei fiel ihm eine kleine Tatsache auf, die definitiv nicht stimmen konnte. Dennoch wurde er wütend auf Gadles, allein die Tatsache, dass er so abwertend über Raphael sprach, reichte aus. «Die Ketten sind zu stark, als dass du zu mir kommen und ernsthaft was ausrichten könntest. Doch ich bin so fair und werde auf meinen Spass verzichten, wenn du nur endlich reden würdest. Es ist ganz einfach, du gibst mir die Informationen, die ich will, und er bleibt verschont. Dieses Mal zumindest.» Um seine Worte zu unterstreichen, fing Gadles an, mit seiner freien Hand über Bagers Bauch zu streicheln und wanderte langsam aber sicher ein wenig tiefer, was Michael ein leises Schnauben entlockte. Er war sich zwar nicht vollkommen sicher, aber glaubte er tatsächlich, dass Gadles bluffte und vor ihm definitiv nicht Raphael stand. Nur brauchte er dafür einen sicheren Beweis und den konnte er nur bekommen, wenn Gadles sein Spiel weiter spielte. «Nichts? Nun, mich stört es nicht», stellte Gadles überheblich fest und kettete nun Bager mit dem Gesicht zur Wand, entledigte dabei ihre Klamotten und strich ihr nun über den Rücken, langsam runter zu ihrem Hintern. Eine Tatsache, die sie störte und hoffte, Gadles würde es nicht durchziehen oder Michael vorher einbrechen. Von diesem kam allerdings nur ein überhebliches Lachen und er setzte sich wieder hin, machte es sich praktisch bequem und schaute Gadles einfach nur dabei zu. «Es stört dich nicht, wenn ich ihn gleich ficke?», kam es amüsiert von Gadles, welcher allerdings nur seine Unsicherheit zu verbergen versuchte. Er war sich sicher, dass Michael ausrasten würde. Er hätte sogar ziemlich viel darauf verwettet. «Mach doch was du willst, du hältst mich auch für besonders dämlich. Wen auch immer du gerade befummelst, es ist mit Sicherheit nicht Raphael.» Nun war Gadles definitiv völlig aus dem Konzept und liess von Bager ab, was diese erleichtert ausatmen liess. «Du versuchst gerade zu bluffen, hm? Tust, als würde es dich kalt lassen, aber vermutlich kochst du innerlich, aber das funktioniert nicht. Ich durchschaue dich besser als jeder andere, vergessen?» Michael schnaubte leise bei Gadles Worten und blickte nun direkt in dessen Augen. «Denkst du?», kam es kühl von Michael und war von dem wütenden Funkeln in Gadles Augen ein wenig fasziniert. «Weiss ich, aber da du dir so sicher bist, wieso ist das hier deiner Meinung nach nicht Raphael?» Es interessierte Gadles natürlich, wieso Michael so überzeugt davon war, hier nicht den echten Raphael vor sich zu haben. «Er ist zu klein», stellte Michael lediglich fest und meinte ein leichtes Aufblitzen in Gadles Augen zu sehen. «Ausserdem fehlt eine Narbe auf seinem Rücken.» Gadles Blick wanderte augenblicklich zu Bager und er versuchte sich daran zu erinnern, ob er selbst eine Narbe festgestellt hatte. Doch ging bei ihm alles viel zu schnell, als dass er darauf wirklich geachtet hätte. «Ahja», kam es stattdessen eher nachdenklich von Gadles, ehe er sich wieder Michael zuwandte. «Und woher weisst du so genau, wo er Narben hat?», hakte er nach und fixierte den Engel mit seinem Blick. «Weil er sie von mir hat», beantwortete Michael die Frage seelenruhig, was sogar Gadles kurz stocken liess. Er ging dann auch wieder zu Bager und löste ihre Ketten und gab ihr die Klamotten zurück. Der Plan war offensichtlich gescheitert und daher musste sie ihr Schauspiel auch nicht länger durchziehen. «Verzieh dich, ich kümmer mich anderweitig um ihn», knurrte er leise. Dabei war er nicht sauer auf sie, sondern auf sich selbst. Er hatte den Plan nicht durchdacht und Michael war viel zu fit, um darauf reinzufallen. Er hätte ihn davor schon ein wenig in Mitleidenschaft ziehen sollen. Kaum war Bager verschwunden, widmete sich Gadles auch wieder Michael. Er war sich nur leider überhaupt nicht sicher, was er jetzt tun sollte. Michael war nun eine Gefahr für ihn. Eine ziemlich grosse Gefahr. Sollte dieser bei einer der anderen Sünden oder gar Luzifer reden, war er so gut wie tot. Dazu kam, Bager war nun auch ein Risikofaktor und er musste ihr vertrauen. Sie schien einen besonderen Schutz zu geniessen und er wollte definitiv nicht noch mehr Ärger, als er sich eh schon aufgehalst hatte. Demnach musste er sich erst einmal um Michael kümmern. Die Frage war nur, wie. «Ich bin beeindruckt», lobte er ihn erst einmal. Michael hatte seine Wesenszüge. Lob würde er aufsaugen wie ein Schwamm Wasser. «Ich so gar nicht. Bisher dachte ich, du hättest was drauf, aber mir eine Illusion vorzusetzen?» Gadles grinste lediglich, kam Michael noch ein wenig näher und suchte seinen Blick und hielt diesen aufrecht. «Dann bin ich doch cleverer als du. Der Plan ging schief, aber du bist schon auf diese Illusion reingefallen und hast dich von ihr verarschen lassen. Schade, dass du jetzt bei zu klarem Verstand warst, aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt.» Gadles konnte beobachten, wie Michaels Blick immer finsterer wurde und er ihm am liebsten an die Gurgel gegangen wäre. Doch hielt er genug Abstand und er glaubte, noch etwas anderes in Michaels Blick erkennen zu können. «Interessant», stellte er lediglich fest und setzte sich dann provokant neben ihn. «Ich werde dich umbringen», knurrte Michael leise, tat allerdings nichts dergleichen, obwohl er an ihn rangekommen wäre. «Dann stell dich hinten an», entgegnete Gadles überheblich und erntete ein erneutes Knurren. Wie ein wildes Tier. Vermutlich war Michael genau das, ein wildes, ungezähmtes Tier. «Ich werde mir meine Hände nicht an dir schmutzig machen, aber ich werde der nächsten Person, die hier reinkommt, alles erzählen, was dich angeht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass dein Vorgehen nicht dem von Luzifer entspricht.» Michael spuckte den Namen seines Bruders beinahe aus, aber für Gadles war dies eine ziemlich wichtige Information. Für ihn stand fest, dass die nächste Person selbstverständlich Bager sein würde. Nach wie vor, in der Hoffnung, sie würde ihn auch nicht verraten. «Tu, was du nicht lassen kannst, aber seien wir ehrlich, bisher war ich immer nett zu dir, wenn ich dürfte wie ich wollte, wärst du in einem ganz anderen Zustand.» Gadles stand wieder auf und verliess die Zelle. Er musste Bager finden und mit ihr sprechen und gleichzeitig hoffte er, dass vorher niemand Michael besuchen wollte. Kapitel 40: Zweifel ------------------- Es dauerte selbstverständlich nicht sehr lange, bis die anderen Engel über Gabriel herfielen. Kaum war Grid aus der Zelle draussen, musterten sie den Auserwählten einen Augenblick lang. Sie hatten die Hoffnung, er würde von sich selbst anfangen zu sprechen, doch hatten sie die Rechnung ohne Gabriel gemacht. Es war Chamuel, der die Geduld verlor und endlich aussprach, was alle in ihren Gedanken hatten und selbst die hätte Gabriel hören müssen. «Und? Was wollte er ausgerechnet von dir?» Dabei provozierte Chamuel ein wenig absichtlich. Sie hatten bereits festgestellt, dass Gabriel eine Sonderbehandlung wünschte und vielleicht nahm er diese Einladung sehr gerne an. «Ehrlich gesagt, ich weiss es nicht so genau. Er hat öfter betont, dass ich bestimmt der falsche Engel bin, da ich bisher zur Lösung absolut nichts beigetragen habe. Da habe ich ihm ein wenig von dem Riss erzählt, da ich darüber eindeutig Bescheid wusste.» Die Engel schauten sich untereinander an und waren ein wenig verwirrt. «Und was genau hast du ihm erzählt? Du hattest den Riss Gott gemeldet und er wollte sich darum kümmern, zumindest hast du uns das so erzählt.» Gabriel war die Frage sichtlich unangenehm, da er in dem Punkt einfach davon ausging, dass Gott sich kümmern wollte. So wie es halt üblicherweise der Fall war. «Naja, ich hab es ihm gesagt und damit war die Sache für mich erledigt, aber ich war nicht der Einzige, auch Michael hat es ihm mitgeteilt und ich glaube, es war schon vorher bekannt. Zumindest war die Information nicht überraschend.» Raziel seufzte leise. Ein wenig komisch fand er die gesamte Geschichte mittlerweile auch, ob es an Tsorns Einfluss lag, oder insgesamt an den Geschehnissen, konnte er in diesem Moment nicht sagen, aber für ihn benahm sich Gabriel nicht weniger komisch, wie Uriel oder Michael. «Aber die Frage, die sich letzten Endes stellt, ist, wieso hast du ihn nicht öfter darum gebeten, den Riss zu schliessen? Es war doch eine klare Gefahr.» Gabriels Blick wanderte zu Haniel und er schüttelte den Kopf. «Nein, war er nicht, als ich ihn gemeldet hatte, war er nicht sonderlich gross und es hätte gerade mal ein Apfel durch gepasst. Von aussen vergrössern geht nicht, haben wir doch selbst schon mal ausprobiert, daher ging ich davon aus, Gott würde es beobachten und handeln, sollte es gefährlich werden, hat er aber nicht.» Chamuels Blick war eindeutig am skeptischsten und die Worte davor gingen ihm ebenfalls nicht aus dem Kopf. «Warte, du sagtest, Michael wusste auch davon? Woher weisst du das?» Gabriel fand dieses Verhör eindeutig schlimmer, als jenes von Grid zuvor. Vielleicht hatte er ihm doch ein wenig Unrecht getan und die Sünde war an sich doch ganz nett, zumindest netter als Chamuel in diesem Moment. «Ja, Michael wusste definitiv davon Bescheid. Er hatte mich darauf angesprochen, ob ich Gott davon berichtet hätte, weil er ihn per Zufall gesehen hatte und ich dies bejaht hatte. Ich gehe davon aus, er wusste davon, weil er daran vorbei kam.» Chamuel nickte lediglich, war aber eindeutig nicht davon überzeugt, dass Michael einfach irgendwo vorbei kam. Zuviel war in den letzten Tagen vorgefallen. «Absolut unmöglich», warf nun auch Raziel ein. «Michael hatte einen ganz anderen Auftrag, er hätte rein theoretisch nicht mal hier sein dürfen, als der Angriff stattfand. Gott hat ihn gebeten, Ordnung zu schaffen, wobei, weiss ich nicht so genau, aber er schien genau zu wissen, was er zu tun hatte.» Chamuel schüttelte bei Raziels Worten allerdings mit dem Kopf und lachte dann auch wissend. «Nein, er hatte keine Ahnung, was Gott damit meinte, er glaubte es zu wissen, und genau das ist mittlerweile das Gefährliche an Michael. Ich werfe jetzt eine Theorie in den Raum, die absolut utopisch ist, selbst für unsere Verhältnisse. Gott hat Michael den Auftrag gegeben, Ordnung zu schaffen, wobei auch immer. Er hat absolut keine Ahnung bei was, da er wohl schon länger nicht mehr zu wissen scheint, was seine Aufgabe ist und fängt an, Dinge zu tun, die er nicht tun sollte. Wie nach Rissen suchen, dies für sich auszunutzen, um hier eine neue Ordnung zu schaffen. Vielleicht dachte er sich sogar, der Teufel käme persönlich und Gott würde ausgelöscht, damit er…» «Halt, das glaubst du doch selbst nicht, oder?», unterbrach ihn nun Raziel ein wenig energischer. «Ich weiss es nicht. Wenn der Riss so klein war, wie Gabriel behauptet, dann konnte er nur von innen vergrössert werden und niemand hat einen Grund dazu, ausser Michael», führte Chamuel seine Gedanken weiter aus. «Aber was für einen Grund hätte er gehabt? Ihm ging es hier gut, besser als uns allen, da er, wie Luzifer sagen würde, in Gottes Allerwertesten steckte.» «So würde es Luzifer nicht ausdrücken und das weisst du ganz genau, Raziel», kam es dann doch leicht grinsend von Chamuel. «Was, wenn es nicht Michael war, der den Riss vergrössert hat», warf nun Haniel in das Gespräch der Beiden und hatte die Aufmerksamkeit erfolgreich auf sich gelenkt. «Es wirkt doch zu geplant, wenn Gott zu Michael meinte, dieser solle Ordnung schaffen, aber gesehen hat, dass er dies eben nicht tut, oder nicht dort wo er sollte, was, wenn Gott den Riss vergrössert hat, damit wir uns selbst darum kümmern. Was, wenn Gott damals einen Fehler gemacht hat, den er so nicht korrigieren kann?» Haniel hatte drei sehr ungläubige Augenpaare auf sich gerichtet. Bisher hatte niemand ausser Raphael Gott offen angezweifelt und nun war es ausgerechnet Haniel? «Wieso sollte Gott so viele Opfer wollen? Nur damit er selbst nicht sein Gesicht verliert?» Haniel schüttelte den Kopf. «Nein, ich glaube nicht, dass es ihm darum geht. Es ist nur ein Gefühl. Er hatte Michael ohne zu zögern geglaubt, als dies damals mit Luzifer war, hat er diesen bestraft und Raphael kurz danach ebenfalls. Er ist vielleicht unser Schöpfer, aber wir wissen alle, dass er nicht unfehlbar ist. Er hat uns und alle Geschöpfe nach seinem Ebenbild erschaffen und sind wir ehrlich, die Menschheit hat sehr viele Fehler… aber darum geht es jetzt nicht. Was, wenn er nach so vielen Jahren bemerkt hat, dass etwas nicht stimmt, vielleicht bekam auch er eine neue Information, aber ohne Beweise kann er selbst nichts ändern?» Gabriel schnalzte ein wenig verächtlich mit der Zunge. «Seit wann braucht Gott irgendwelche Beweise? Er dreht es sich doch immer so, wie es ihm gerade passt. Wie du selbst sagst, er ist der Schöpfer und er macht keine Fehler. Sollte er damals wirklich nicht achtsam genug gewesen sein, wäre es ein Leichtes, uns allen das Gedächtnis zu löschen und den Zustand von damals wiederherzustellen.» «Hm, aber vielleicht ist dieser Weg für ihn ausnahmsweise nicht der richtige, vielleicht will er ja wirklich, dass wir es selbst klären und Michael zur Verantwortung ziehen.» «Alles schön und gut, Haniel, aber hätte er dann nicht einfach nur mit Luzifer reden können?» Haniel schüttelte den Kopf. «Und du denkst, er hätte Gott zugehört, Chamuel? Luzifer kam mit dem Ziel hierher, Gott zu stürzen, ein Gespräch hätte daran nichts geändert, aber jetzt? Er scheint sich an sehr vieles zu erinnern und nicht nur er denkt wenigstens einmal über diese Möglichkeit nach.» «Diese Theorie sollte, wenn möglichst unter uns bleiben…», warf Chamuel dann ein. Sie war sehr gefährlich und könnte letzten Endes auch ihren Kopf kosten. «Zu spät, Grid hat diese Theorie bereits vor euch aufgestellt und er wirkte genauso überrascht, aber nicht abgeneigt, sie zu glauben», merkte Gabriel dann kurzerhand an. «Dann sollten wir vielleicht auch mal mit ihm sprechen», kam es dann von Chamuel und bekam ein zustimmendes Nicken. Bager hatte es sich nicht zweimal sagen lassen, als Gadles meinte, sie solle sich verziehen. Die Atmosphäre war angespannt und irgendwie… geladen. Es wirkte für sie beinahe so, als würde Gadles Michael beeindrucken wollen, aber wozu? Sie schenkten sich beide nichts und sie selbst war vom Verhalten beider ziemlich angewidert. Der einzige Grund wieso sie Gadles keine geklatscht hatte, war auch nur, weil dieser sie nicht ernsthaft belästigen würde, wobei die ihr eigentlich schon ausgereicht hatte, nach dem Erlebnis mit Mekane. Sie war sich allerdings nicht sicher, ob Gadles darüber bereits Bescheid wusste, oder eben nicht. Doch tat dies jetzt nichts mehr zur Sache, sie war dort raus und würde dieses Spiel nicht weiterspielen müssen, allerdings war ihr genauso klar, dass sie Luzifer darüber berichten sollten, bevor Michael redete. Sie würde später noch einmal mit Gadles sprechen müssen, doch vorerst, liess er ihn dies mit Michael klären, was auch immer er zu klären versuchte. Sie begab sich in ihr Zimmer und zog sich um, ehe sie in die Zelle der Engel ging, welche ein wenig zu vertieft in ihr Gespräch waren. Doch konnte sie nicht herausfinden, worüber sie sprachen, da ihr Eintreten bemerkt wurde. «Ich störe doch nicht, oder?», wollte sie dann amüsiert und interessiert zugleich wissen. Haniels Lächeln erwiderte sie wie von selbst und als diese den Kopf schüttelte, war es ihr an sich auch egal, ob es so war oder nicht. Dieser Engel lenkte sie zu sehr ab und sie musste aufpassen, dass Gadles dies nicht erfuhr. Ihr Blick wanderte dann allerdings zu Chamuel und sie trat dann auch vor diesem hin, um ihm die Ketten zu lösen und ihn mit sich mitzunehmen. Er war vermutlich stärker als sie selbst, aber sie hoffte einfach, dass die Engel mittlerweile so kooperativ waren und er sie nicht angriff. «Du wirkst unsicher», stellte Chamuel fest und folgte ihr, ohne jegliche Anstalten zu machen. Sie würden zusammen arbeiten müssen, ansonsten könnten sie dieses Rätsel nicht lösen und ihm schien, dass Bager auch ein Interesse daran hegte. «Ich würde nur lieber mit wem anderen sprechen», versuchte sie, die Unsicherheit einfach ein wenig zu überspielen und bekam ein wissendes Lächeln geschenkt. Vielleicht war es ein Fehler, aber sie vertraute ihm doch irgendwo. «Und was willst du von mir wissen? Ich bin der falsche Engel, wenn es um Tipps für…» «Nein», unterbrach sie ihn direkt und wurde fast ein wenig verlegen. «Deswegen doch nicht, nein», sie schüttelte den Kopf und setzte sich dann auch hin, nachdem sie ihn ebenfalls an die Wand gekettet hatte. «Ich will etwas über eure Lehrmeister erfahren, wer euch in was ausgebildet hat, da wir», sie überlegte kurz, aber sie ging davon aus, dass alle Engel mittlerweile über die Theorie Bescheid wussten. «Da wir glauben, dass der ein oder andere nicht seiner Bestimmung nachgeht und da wäre es doch gut zu wissen, in was ihr ausgebildet wurdet», erklärte sie ihm dann weiterhin. Chamuel nickte kurz und schien dann ernsthaft zu überlegen. «Wir hatten mehrere Lehrmeister, aber ich gehe davon aus, dich interessiert es nur, wer uns unterrichtet hat, als es ernst wurde?» Nun war es an Bager zu nicken. «Es waren auch mehrere, allerdings waren es tatsächlich Metatron und Raziel, welche die Leitung und die Aufsicht hatten. Man sieht es Raziel vielleicht nicht an, aber er ist wesentlich älter als er wirkt. Dabei haben sie sich die Aufgaben geteilt. Metatron ist zwar kein Krieger, aber sehr geschickt und er hat uns im Kampf trainiert, auch in anderen Dingen, aber das hat ihn von Raziel unterschieden und Raziel war eher der Gelehrte. Dabei denke ich, dass die beiden genau gleich weise sind. Doch Gott hatte entschieden und so wurde es wohl gemacht.» Bager hörte Chamuel zu und nickte am Ende seiner Erklärung, nur wusste sie dennoch nicht mehr als zuvor. «Und war jeder von euch bei beiden?», hakte sie nach. «Nein, also nicht, was die Kampfausbildung angeht. Dort waren Michael, Raphael, Luzifer und ich.» «Wieso du?» Chamuel lächelte lediglich und schien selbst kurz zu überlegen. «Ich habe keine Ahnung, bisher habe ich die Künste nicht benötigt, also im Kampf gegen euch waren sie hilfreich, aber um einen Streit zu schlichten oder dergleichen, bevorzuge ich die gewaltfreie Methode.» Bager schien ein wenig darüber nachzudenken, ihr Blick blieb dabei auf Chamuel haften. Es ergab einfach keinen Sinn. «Und wieso Raphael? Ein Schutzengel sollte sich auch nicht…» «Doch, als Schutzengel ist es schon von Vorteil, die können in sehr gefährliche Situationen kommen, aber ich denke, du willst ein wenig filtern, um eure Theorie ein wenig genauer unter die Lupe nehmen zu können?» Bager nickte, abstreiten brachte nichts und es war offensichtlich, was sie versuchte. «Ein guter Ansatz, aber wir kommen damit leider auch nicht weiter, vielleicht hat einer von euch die erleuchtende Idee.» «Wir geben unser Bestes, es ist einfach alles viel zu verwirrend und auch unlogisch», stellte Bager dann fest und erhob sich wieder. Sie hatte die Antworten, die sie vorerst benötigte und auch wenn es sie reizte, Chamuel über Haniel auszufragen, so musste sie noch mit Gadles sprechen und mit Tsorn und am besten auch mit Luzifer. «Ich bringe dich wieder zurück, danke für das Gespräch.» Sie machte ihn dann auch los und bemerkte nicht, dass Chamuel über das Danke ein wenig überrascht war. Bisher bedankte sich nur einer von ihnen, der Himmel schien wirklich etwas mit den Sünden zu machen. Kapitel 41: Wer bin ich? ------------------------ Eigentlich wollte sich Grid direkt auf den Weg zu Luzifer machen, doch irgendwie befand er seine Information nicht für wichtig genug. Eigentlich war sein Gespräch ein kompletter Reinfall und Gabriel hatte wirklich keine Ahnung davon, was hier vor sich ging. Nicht jetzt und schon gar nicht damals. Ein weiterer Engel, der einfach nur sein Ding gemacht hatte und sich für nichts anderes interessierte, als für sich selbst.  An sich spannend, da in seinen Augen Engel sich immer in alles einmischten und am liebsten in Dinge, die sie nichts angingen. Doch Gabriel war nicht so, den interessierte nichts ausser sich selbst, allerdings nicht in einem Ausmass wie es bei Michael der Fall war. Dieser mischte sich offensichtlich in Angelegenheiten ein, die ihn nicht betrafen und auch nicht im Geringsten positiv. Der Himmel verwirrte ihn, hauptsächlich die Bewohner. Sie waren nicht, wie er sich die vorgestellt hatte, keiner von ihnen.  Er hatte zwar noch nicht mit jedem einzeln gesprochen, aber alleine die Erzählungen ergaben ein ziemlich anderes Bild und irgendwie hatte er selbst das Gefühl, sie anders zu kennen.  Und dieses Gefühl wurde er einfach nicht los, im Gegenteil. Mit jedem weiteren Tag verstärkte es sich und langsam fing er Bager an zu glauben. Er war schon einmal hier, nicht als Gast, sondern als Bewohner. Nur wieso erinnerte er sich nicht daran? Zumal es schon ziemlich abwegig war, den Himmel zu verlassen, um eine Todsünde zu werden, doch selbst daran konnte er sich nicht erinnern. Er wusste nicht, wie er dazu geworden war, nur dass es auf einmal so war. Die Tatsache machte ihn beinahe ein wenig wütend. Er hatte es nie hinterfragt und war stolz darauf, ein General zu sein, mehr Macht zu haben als andere und nach mehr zu streben, doch gerade widerte ihn genau dieser Gedanke einfach nur an.  Was ihn zu einer weiteren Frage führte. Wieso? Es entsprach doch seinem Wesen, genau so zu sein. Immer mehr zu wollen, zu wollen, was andere haben, doch seit er hier war, hatte er absolut keinen Drang dazu. Es war ihm egal, was andere erreichten, solange er seinen Teil dazu beitrug. Er brauchte nicht mehr Informationen sammeln als Tsorn oder Bager, es reichte ihm, ihnen zu helfen.  So war er nicht. Bisher zumindest.  Nur wieso verliess er damals den Himmel, sollte er wirklich hier gelebt haben? Was hatte ihn dazu verleitet? Luzifer? Grid schüttelte den Kopf. Er war sich ziemlich sicher, dass er vor ihm in der Unterwelt war, also konnte es nicht der gefallene Erzengel gewesen sein, aber was dann? Sein Kopf schwirrte ein wenig vor lauter Gedanken und Grid beschloss, eine Runde im Freien zu drehen. Vermutlich setzte ihm die Luft in den Gemäuern langsam zu und es war nicht verwunderlich, dass er keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte.  Draussen angekommen, atmete er mehrfach tief ein und aus. Ihm fiel erst jetzt auf, dass er noch nicht oft draussen war, ausser um Tsorn oder Gadles zu suchen. Deswegen beschloss er nun, sich ein wenig umzusehen. Die Spuren der Schlacht waren grösstenteils beseitigt und in ihm stieg immer wieder das Gefühl der Vertrautheit hoch. Er kannte diese Orte, da war er sich mit jedem weiteren Schritt, den er ging, sicher. Je weiter er sich vom Palast Gottes entfernte, umso vertrauter kam ihm alles vor. Die Verwirrung stieg umso weiter. Sollte er hier gelebt haben, war er wohl nicht oft im Palast, zumindest nicht in dem Gottes.  Sein Weg führte ihn nach Norden und langsam veränderte sich die Landschaft. Das normalerweise wohl eher mit Pflanzen bewachsene Gebiet um Gottes Palast wurde langsam ein wenig wässriger. Das Sprudeln von Wasser war zu vernehmen und je tiefer er vordrang, umso mehr Wasser umgab ihn. Er kannte diesen Ort. Grid versuchte, sich einen Überblick zu verschaffen und seine Beine führten ihn an eine Stelle, die ihm unmissverständlich bekannt vorkam. Eine kleine Insel inmitten eines grossen Sees. Nur durch einen langen Steg oder Flügeln erreichbar.  Der Palast Gabriels… Wieso kam ihm ausgerechnet dieser Palast so bekannt vor?  Seine Gedanken flogen wild durcheinander. Nicht nur, dass ihm dieser Palast bekannt vorkam, nein, es passte zeitlich alles nicht zusammen. War Gabriel ein Erzengel, bevor Luzifer einer wurde? Sonst könnte er sich an diesen Palast nicht erinnern.  Seine Beine trugen ihn wie von selbst in die Gemäuer, welche nicht weniger beeindruckend waren, als die im Gottespalast. Vor einer unscheinbaren Kammer blieb er stehen und öffnete diese.   «Wir haben uns doch langsam aber sicher genug versteckt, oder etwa nicht, Gabriel?» Angesprochener schüttelte den Kopf. "Psst sei leise, Toyve!» «Du bekommst nur noch mehr Ärger, wenn wir zusammen erwischt werden», flüsterte dieser leise und bekam von Gabriel den Mund zugehalten. «Ich habe keine Lust auf Lernen, sobald wir alles wissen, was wir wissen müssen, werden wir unseren Stellen zugeteilt und können nicht mehr spielen, wie wir wollen.» «Du willst dich auf ewig hier verstecken? Metatron wird uns finden und bestimmt mir die Schuld geben. Ausserdem weisst du doch sowieso, auf welchen Posten du später kommen wirst. Deine Gabe ist ziemlich einmalig.» «Ich bin kein Hellseher, Toyve», korrigierte Gabriel seinen Gefährten und seufzte leise auf.  «Ich habe lediglich Visionen von Ereignissen, die eintreffen könnten, um den Menschen oder wem auch immer eine Wahl aufzuzeigen, das bedeutet…» «Das bedeutet, wenn du sie nicht trainierst, die Fähigkeit verloren geht und du keine Chance auf einen der Posten der Generäle hast, mein Lieber.» Gabriel und Toyve zuckten augenblicklich zusammen, als sie die strenge Stimme Metatrons vernahmen.  «Und ich verstehe nicht, wieso du dich immer von ihm mitreissen lässt,Toyve.»   Grid zuckte augenblicklich zusammen. Er kannte diese Szene. Toyve. Sein Engelsname war Toyve und er war mit Gabriel befreundet, oder so schien es zumindest. «Bager hatte recht», flüsterte er leise vor sich hin.  Grid schloss die Tür wieder und war eigentlich gewillt, den Palast zu verlassen. Er war schon verwirrt genug und doch trieb ihn die Neugierde tiefer hinein und erkundete weitere Zimmer.   «Toyve? Wenn du die Wahl hättest, würdest du ein General werden wollen oder ein einfacher Engel bleiben?» Gabriel sass an einem Tisch und hatte einen Stapel Bücher vor sich liegen. «Wenn ich den Stapel so sehe, weiss ich, wieso ich mich nie angestrengt habe, ausserdem habe ich keine spezielle Fähigkeit.» «Ich habe gesehen, dass du auch zur Prüfung hättest gehen können, es ist nicht zu spät.» «Deine Gabe ist schon ziemlich stark, oder?» «Ja… Es nervt. Raziel und Metatron sind so streng. Zum Glück muss ich nicht mehr ins Kampftraining…» Gabriel seufzte tief und Toyve setzte sich zu ihm hin. «Verstehst du dich mit den anderen?» «Nicht so gut, deswegen wäre ich froh darüber, wenn du dabei wärst, aber Haniel ist ganz nett und mit Chamuel kann man auch Spass haben. Uriel ist ziemlich ruhig und die anderen Auserwählten sind einfach arrogante…» «Nanana Gabriel!» «Aber es stimmt doch. Luzifel und Michael führen sich auf, als würde ihnen der Himmel gehören, sie kämpfen dauernd gegeneinander, um zu sehen, wer der stärkere von ihnen ist und Raphael wirkt, als hätte er gar keine Lust auf die Ausbildung.» «Also in etwa wie du?», hakte Toyve nach. «Nein, er ist da, aber irgendwie auch nicht. Ich schaue ihnen in der Pause manchmal beim Training zu. Er ist stark und hat keine Probleme mit Luzifel oder Michael, erst recht nicht mit Chamuel, aber es wirkt, als interessiert es ihn nicht einmal. Wenn ich so kämpfen könnte…» «Wärst du wie Michael und Luzifel!» Gabriel sank ein wenig in sich zusammen. Toyve hatte ihn eiskalt erwischt. Vielleicht war er auch ein wenig arrogant, aber er war wissenstechnisch weit hinter Uriel zurück.  «Du lenkst mich ab, vielleicht solltest du mich lernen lassen, bevor Raziel Wind davon bekommt.»   Grid knurrte leise bei der Erinnerung. Wieso hatte er das Gefühl, nur ein Fussabtreter von Gabriel zu sein? Er versuchte, sich daran zu erinnern, wie alt sie damals waren. Sicher war lediglich, Gabriel war noch kein General, genauso wenig wie die Anderen. Im Gegenteil, sie bereiteten sich alle darauf vor, geprüft zu werden. Doch wieso hatte er die Chance nicht wahrgenommen? Er schien nicht wirklich selbstbewusst gewesen zu sein, aber Gabriel schien etwas gesehen zu haben, oder wollte er ihn nur aufheitern? Allerdings änderte es nichts an seinem Gefühl… Vielleicht war Gabriel einfach einsam und er der einzige Trottel, der an seiner Seite war, bei dessen aktuellen Verhalten, würde ihn dies nicht mal gross wundern. Sein Weg führte ihn in die höheren Etagen. Grid war bewusst, dass es nicht besser werden konnte, im Gegenteil und doch wollte er wissen, wer er war und da er bisher nur hier Erinnerungen zu haben schien, war dies der Schlüssel zu seiner Vergangenheit. Er öffnete eine weitere Tür.   «Du bist so ein schlechter Freund! Während ich lernen muss, verbringst du deine Zeit mit Vog? Langweile ich dich?» Gabriel schrie Toyve praktisch an, welchem dieses Gespräch ziemlich unangenehm zu sein schien. «Du bist doch auch mit den anderen zusammen und ich wusste nicht, dass ich nur dich als Freund haben darf», verteidigte sich dieser und bekam ein wütendes Schnauben geschenkt. «Du bist MEIN bester Freund, okay? Vog soll sich einen anderen suchen. Nur weil Luzifel keine Zeit mehr für ihn hat, weil er nur noch mit Raphael unterwegs ist, gibt es ihm nicht das Recht, dich zu beschlagnahmen… Ausserdem schleimt er viel zu sehr bei Raziel, dabei ist er kein Anwärter.» «Und ich verstehe deine Wut nicht, du bist mein bester Freund, aber ich kann auch andere Freunde haben. Habgier und Neid gehören nicht in den Himmel, du sündigst und bist für den Posten als General nicht geeignet.» «Mir doch egal, solange keiner der Obersten es herausfindet und wer soll es ihnen erzählen, du? Als bester Freund wirst du das ja wohl nicht tun, oder?» Toyve schüttelte den Kopf und seufzte leise. Gabriel schien wirklich einsam zu sein, ohne ihn und er hatte nicht vor ihn zu verpetzen und doch machte ihm sein Verhalten ziemliche Sorgen.  «Und Vog ist auch nicht mit Luzifel befreundet, sondern mit Raphael und er findet es übrigens nicht schlimm, dass Luzifel und Raphael sich angefreundet haben.» «Das ist mir eigentlich egal, er soll dich in Ruhe lassen.»  «Das kannst du ihm selbst sagen.»   Grid ballte wütend seine Hände zu Fäusten. Gabriel war ein Sünder und er hatte ihn gedeckt. War seine Loyalität ihm gegenüber wirklich so gross oder hatte er ihn einfach manipuliert? Was bedeuten würde, er war nicht besser als Michael…  Er hörte sein eigenes Lachen durch das Zimmer hallen. Die Engel waren alle manipulativ und verdrehten die Wahrheit, wie sie sie gerade brauchten, zumindest einige davon und ausgerechnet er war mit einem dieser befreundet. Nur wieso ging er in die Unterwelt? Das Gespräch war ihm zwar unangenehm, aber bisher kein Auslöser dafür, dass er weg wollte. Zumal sich Gabriel auch nicht an ihn zu erinnern schien.   Grid beschloss, genug gehört oder gesehen zu haben und hoffte auch einfach, dass es wirklich nur der Palast Gabriels war, welcher diese Erinnerungen in ihm hervorruft. Sie waren unangenehm und verwirrend, dazu kam, dass er wohl mit Tsorn sprechen sollte. Nur wie? Und wie erklärte er Luzifer diese Erkenntnis? Sein Kopf schwirrte vor lauter Gedanken und er machte sich auf den Weg zurück. Dabei nahm er einen anderen Eingang in den Palast als bisher und er glaubte, Stimmen zu hören. Die eine war Gabriels, aber das konnte nicht sein? Dieser sass im Kerker bei den anderen. Schnell rannte er zu der Tür und sah Metatron und Gabriel vor sich.   «Es war gut, Toyve nicht zu berücksichtigen, Metatron, er ist neidisch auf meinen Erfolg und ich mache mir grosse Sorgen, dass er abtrünnig wird.» «Wir haben ihn berücksichtigt, Gabriel. Er wollte nicht, daher wäre es ziemlich verwunderlich, sollte er jetzt neidische Gefühle entwickeln.» Gabriel stockte für einen kaum merkbaren Moment, ehe er weitersprach. «Dann ist er vielleicht wütend und sauer auf mich, weil ich so viele neue Freunde gefunden habe, auf jeden Fall ist seine Entwicklung nicht gut für den Himmel. Niemand kann das wohl besser beurteilen als ich es könnte, schliesslich ist er mein bester Freund.»   Grid trat einen Schritt zurück. Metatron hatte Gabriel nicht geglaubt, das konnte er deutlich sehen, aber sein sehr viel jüngeres Ich hatte dies wohl nicht gesehen. Langsam aber sicher wusste er wieder, wieso er in die Unterwelt ging. Er wollte Metatron zuvorkommen und weg von seinem Freund, der ihn verraten hatte. Gabriel hatte wohl Angst, dass er doch sprechen würde und hatte ihn angeschwärzt… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)