Wiedersehen im Frühling von irish_shamrock (FW 2018 für _Natsumi_Ann_) ================================================================================ Kapitel 3: 3 ------------ Wiedersehen im Frühling Kapitel o3 Hier wohnst du?« Langsam ließ er die Frau von seiner Schulter gleiten. Vor ihnen erhob sich der typische New Yorker Upper East Side-Charme, was die Wohnsituationen anbetraf. »Lass mich raten, Penthouse?!« »Falsch, dritter Stock, zwei-Zimmer Appartement«, erklärte Kate, während er einen anerkennenden Pfiff ausstieß. »Und nicht billig.« »Kann ich mir denken«, stimmte Nick zu, dann richtete er seinen Blick auf sie. »Da dir fast die Füße abfallen müssen ...« Erst jetzt bemerkte Kate, dass er vielleicht ein, zwei Zentimeter kleiner war, als sie selbst. Sie durchforstete ihre Erinnerungen, ob sie jemals ein Date mit einem Mann gehabt hatte, bei dem dies der Fall gewesen war. Nein, ihre Lippen umspielte ein kleines Lächeln. »Da mir … fast die Füße abfallen müssen, kannst du mich den Rest des Weges auch noch begleiten, es sei denn, deine Freunde ...« Nick schüttelte den Kopf. »Dann sollten wir uns beeilen, nicht dass ich dich wirklich noch ins Krankenhaus bringen muss, weil dir die Zehen abgefallen sind!« Kate lachte auf. Da die Treppe hinauf auch nicht gerade ungefährlich erschien, erwies sich ihre Begleitung als durchaus nützlich. Sorgsam hatte Nick abermals ihre Taille umfasst und war versucht, dass ihre klammen Glieder so wenig Kontakt wie nur möglich zu den eisigen Stufen hielten. Im kleinen Foyer angekommen, spürten beide zum ersten Mal die einhüllende Wärme einer vor der Kälte geschützten Behausung. Kates Lippen entwich ein knappes Zischen, als ihre fast baren Füße die Fliesen berührten. Die Strümpfe waren nun auch hinüber. Ein leises Seufzen folgte. Nick besah sich den kleinen Vorraum. Er verharrte still, unschlüssig, ob er bleiben durfte oder gehen sollte. »Kate, ich ...«, hob er an und verstummte, als sie sich zu ihm umwandte. Ob es am Licht des Hausflurs lag, oder es der Märzkälte geschuldet war, wusste Nick nicht zu sagen, doch als er in das Gesicht der ihm völlig fremden Frau blickte, mit den geröteten Wangen, dem leichten Zittern der Lippen, der vom Unfall derangierten Frisur, die sich nun mehr um ihre Wangen schmiegte, und den Augen, deren grünes Funkeln an jene einer Katze erinnerten, überkam ihn der Drang, bei ihr bleiben zu müssen. Und obschon sie hier eine Wohnung bezogen hatte, einen Rückzugsort ihr Eigen nannte, wirkte Kate verloren, aufgewühlt, beinahe ängstlich und … einsam. »Danke, Nick«, ihre Worte waren leise, als das Licht just in jenem Augenblick erlosch und beide in einen Mantel aus Stille und Schwärze hüllte. »Möchtest du … noch einen Kaffee?« Kate zuckte zusammen, als das Klicken des Schalters erklang und es ihnen wieder ermöglicht wurde, einander zu erkennen. Nicks Finger lagen noch immer auf der Plastikabdeckung des Mechanismus, als er ihrem Blick begegnete. »Hast du auch Tee?« »Es ist nichts Besonderes«, erklärte Kate, als sie ihn in die Wohnung führte. Etwas mulmig war ihr schon zumute. Es schien eine Ewigkeit her zu sein, dass ein Mann über die Schwelle ihres Heiligtums getreten war. Verdammt, sie wollte gar nicht daran denken, wie lange! Sie gab ihm eine kurze Einweisung der Raumaufteilung. Doch diese war ebenso knapp abgehandelt: Diele, links davon abgehend Bad und Küche, rechts davon Schlaf- und Wohnzimmer. Letzteres war wohl der größte Raum innerhalb des kleinen Schuhkartons, wie Kate ihr Domizil bezeichnete. Die Miete war horrend und der Gegend unweigerlich angepasst. Das Klientel war ruhig und der Eigentümer ein wahrer Glücksgriff. Nick warf einen schnellen Blick in jeden Raum. Bei der kleinen Küche hielt er inne, denn diese hatte alles, was eine Frau mit viel Geld in dieser Stadt wohl nicht benötigte. Kate jedoch schien Spaß am Kochen zu besitzen. »Bei mir ist die Küche leider nicht nur Dekoration«, murmelte sie entschuldigend und befüllte den Kocher mit Wasser. Nick schwieg. Die Zubereitung der Speisen übernahm bei ihnen Daheim definitiv sein Vater, und nun, da er nach New York gezogen war, hatte er es noch nicht einmal gewagt, den Kochlöffel zu schwingen und das aus reiner Scham heraus, seine Mitbewohner könnten ihn dafür aufziehen. Kate schob sich an ihm vorbei, deutete auf das Zimmer, das der Küche gegenüber lag. Das Wohnzimmer. Schlicht gehalten, mit hellen Tapeten, einem ein wenig in die Jahre gekommenen Sofa, das an Größe und Bequemlichkeit jedoch allem Neuwertigen den Rang ablief. Nick bemerkte, dass sämtliche Zimmer der Wohnung mit Teppich ausgelegt waren, abgesehen von Bad und Küche. Nicht zuletzt hatte Kate darauf bestanden, dass er sich die Schuhe auszog, als er den Flur betrat. So war es angenehmer und wesentlich leiser, wenn man sich zwischen den Räumen hin- und her bewegte, hatte sie ihm erklärt. »Wohnst du hier eigentlich allein?« Kate legte den Kopf schräg, dann lachte sie auf: »Was? Sind dir die derben Männerschuhe und die dreckigen Socken und Klamotten, die hier herumliegen, etwa nicht aufgefallen?« Nick hob beschwichtigend die Hände. Dann bemerkte er dennoch etwas, das ihm Grübchen in die Wangen zauberte. Mit dem Zeigefinger haschte er nach einem Stück Damenunterwäsche, das sich in einer Ecke des Sofas kräuselte. »Dann kann ich also davon ausgehen, dass dein Freund gern Spitzenwäsche trägt?!« Von seinem Finger baumelte der geblümte Spitzen-BH, den sie sich, bevor sie zum Meeting gehetzt war, vom Leib gerissen hatte, weil sie das Gefühl überkam, man könne die Bordüre unter dem Kleid ausmachen. Ihr schoss das Blut augenblicklich in die Wangen und brachte ihre Ohren zum Glühen. Rasch langte Kate nach dem Wäschestück. »Ich hatte es eilig, außerdem man hätte ihn unter dem Kleid bemerkt ...« »Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen«, lachte Nick und versuchte sich ihrem Anblick zu entziehen. »Hast du aber«, murmelte Kate erwidernd. Das Klicken des Wasserkochers ließ sie aufhorchen. »Dein Tee.« Sie hetzte an ihm vorbei und war versucht, sich nicht die Schmerzen in ihrem Bein anmerken zu lassen. Nick folgte ihr in die Küche, bemüht darum, seinen Fokus auf andere Dinge zurichten, als auf sie. »Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich ...«, hob Kate an, goss das brühendheiße Wasser in die zuvor bereitgestellte Tasse und setzte den Kocher zurück auf die Arbeitsfläche. »Hm?«, nun konnte er ihr doch nicht entkommen. »Wenn ich kurz unter die Dusche hüpfe?«, erneut spürte sie das Aufflammen ihrer Wangen. »Ich meine, nach all dem ...« Nick schüttelte den Kopf und machte ihr Platz. »Aber nicht meine Wohnung ausrauben!«, wies sie an, als Kate mit frischen, sauberen Sachen im Arm aus der Tür zum Bad lugte. »Wenn du mir noch sagst, was sich lohnt, hier entwendet zu werden?!«, grinste Nick verschmitzt. Als Antwort schnalzte sie mit der Zunge, stieß ein Murren aus und schloss die Tür. »Es sei denn, du möchtest, dass ich dir beim Duschen zusehe … ich meine, behilflich bin ...«, rief er ihr zu, doch da das Rauschen des Wassers erklang, vernahm er ihrerseits nur ein: »Was?« »Nichts, schon gut ...«, erwiderte er lachend. Nick begab sich ins Wohnzimmer, vorsichtig die heiße Tasse balancierend. Er schnaubte bei dem Gedanken, der ihn soeben überfiel: Wer hätte ahnen können, dass der kleine Ausflug mit den Jungs so enden würde? Er war einer Frau zu Hilfe gekommen und fand sich nun in deren Wohnung wieder. Die nackt unter der Dusche stand. Gott noch eins, reiß dich zusammen!, befahl er sich zur Ruhe. Wenn er sie nicht vorm Schrecken bewahrt hätte, dann wäre ein anderer gekommen, um ihr zu helfen und wenn nicht, dann … »Alles in Ordnung?« Kates Stimme zog ihn unweigerlich aus dem Gedankenstrudel zurück ins Hier und Jetzt. Dass sie sich in unmittelbarer, körperlichen Nähe zu ihm befand, machte es ihm nicht leichter. Der Duft eines Duschgels, das ihm nicht unangenehm war, wehte zu ihm herüber. Hatte diese Frau überhaupt einen Schimmer davon, was ihr Anblick für eine Wirkung auf ihn ausübte? Da er nur 1,75m maß, was für männliche Verhältnisse schon als ziemlich klein deklariert wurde, wunderte es ihn kaum, dass Kate ihn nur minder überragte. Ihre Beine waren auch ohne irgendwelche Absatzschuhe ziemlich lang und steckten nun in einer Art Jogginghose. Ihr Oberkörper wurde von einem Sweatshirt verhüllt und ließ nur wenig von nackter Haut erkennen. Gerade rubbelte sie die feuchten Strähnen ihres Haares mit einem Handtuch trocken. »Du darfst dich ruhig setzen«, erlaubte sie, da Nick ihr noch immer mit der Tasse in den Händen gegenüber stand. Kate sah, wie sich seine Lippen öffneten, doch nicht ein Laut daraus hervorkam. Dann jedoch tat er ihr den Gefallen, auch wenn es ihm plötzlich etwas unangenehm wurde. Er schloss die Augen und versuchte sich auf etwas anderes zu konzentrieren. »Ich … bin dir zu aufdringlich, oder? Oh je, das … bitte entschuldige«, ihre Worte erreichten ihn, doch wirklich verstehen konnte er sie nicht. »Aufdringlich?«, schnaubte Nick und war versucht, seine Aufregung und Nervosität mit dem Kneten der Finger im Schoß zu unterdrücken. »Wie geht es deinem Knie?« »Meinem Knie?«, verdattert blinzelte sie, da Nick nur ein Schnauben für sie übrig hatte und dann so einfach das Thema wechselte. »Na ja ...« Ein wenig unsicher trat Kate auf ihn zu, bettete ihren Fuß auf dem Polster des Sofas, ehe sie die Hose über Wade bis hoch übers Knie zog. Doch statt sich der kleinen Schürfwunde zuzuwenden, fiel sein Interesse auf etwas schmales, schlankes, das sich um ihre Fessel wand. »Ein Fußkettchen, hm?« Nun war es Kate, die belustigt schnaubte. Da sie ihr Bein dicht neben ihm ausstreckte, konnte er ungehindert den Blick schweifen lassen. »Sieht doch ganz gut aus ...« Kate blinzelte abermals. »Und was davon?« »Die Wunde ...«, sagte er schlicht, grinste jedoch zu ihr auf. »Was hast du denn geglaubt, das ich meine?« Sie biss sich auf die Lippen und zuckte die Schultern. Als seine warmen Finger plötzlich über ihr Fußgelenk glitten, um mit dem Kettchen zu spielen, zuckte Kate unweigerlich zusammen. »Zu kalt?«, fragte Nick amüsiert. »Nein, ich denke nur, dass das keine gute Idee ist«, erklärte sie mit leiser, zittriger Stimme. »Und was genau?« Seine Lockversuche waren ihr alles andere als geheuer. »Dass ich dich flüchtig berühre? Oder einfach nur aus Neugierde mit der Kette spiele, um deine Reaktion zu testen? Ich finde schon, dass das alles hier einen gewissen Reiz hat.« Innerlich betete Kate, dass er schwieg, still blieb, um sie nicht weiter mit Worten und Taten zu verwirren. Sie entzog sich ihm und ließ die Hose wieder über Knie und Wade fallen. »Das sollte es aber nicht.« Es fiel ihr schwerer, als Gedacht, sich ihm zu widersetzen. »Nick, vielen Dank für deine Hilfe, deine Rettung. Danke, dass du mich nach Haus gebracht hast, aber alles andere wäre ein Schritt zu viel und ginge zu weit ...« »Findest du?«, hakte er nach. »Und wann … bist du das letzte Mal zu weit gegangen?« »Das spielt keine Rolle!« Kate verfluchte sich für das Zittern, das ihre Worte begleitete und diese Lüge strafte. »Und wenn es für mich eine Rolle spielt?« Nick erhob sich vom Sofa. »Schicksal, zum Beispiel.« »Nick, wirklich? Was soll das?«, sie schüttelte den Kopf und bedachte ihn mit einem mitleidigen Lächeln. Er hob mahnend den Zeigefinger. »Nehmen wir einfach mal an, all das, was dir heute zugestoßen ist, wäre vorherbestimmt.« »Oh je, oh je ...« Kate verdrehte unweigerlich die Augen. »Was?«, spottete er. »Das Wohnzimmer voller Esoterik-Bücher und ans Schicksal zu glauben gibt dir nichts?« »Astrologie!«, widersprach sie. »Schicksal«, gab Nick knurrend wieder. »Als wenn jemand wie du an so etwas glaubt!« Kate warf empört die Hände in die Luft. »Du kennst mich doch gar nicht, also woher willst du wissen, dass ich es nicht tue!« Nun war es an ihm, mit den Schultern zu zucken. »Und selbst wenn, vielleicht bist du doch ein Student, der Psychologie oder so etwas studiert, und irgendwie … feststellen kann, wie sein Gegenüber tickt, und wenn er dann auch die Wohnung desjenigen etwas genauer unter die Lupe nimmt, Rückschlüsse auf dessen Persönlichkeit ziehen kann?«, wieder konnte sie nur den Kopf schütteln, dann spürte Kate, wie ihre starre, empörte Haltung in sich zusammenfiel. »Warum …? Vielleicht … bist auch irgendein kranker Psychopath, der darauf steht, Frauen vor herannahenden Lastwagen zu retten?« »Wäre möglich«, räumte Nick ein. »Kate, warum verbietest du dir so eine Gelegenheit?« »Gelegenheit?«, lachte sie auf. »Was denn bitte für eine Gelegenheit?« »Vielleicht ist es genau das, was dir fehlt«, warf Nick ein. »Vielleicht bin ich genau das, was dir fehlt.« »Ich bin doch viel zu alt für dich!«, entgegnete sie und wusste, dass die gedämmte Empörung unweigerlich Aufwind bekam. »Na und? Die paar Jahre. Was ist schon dabei?« Offenbar begriff er immer noch nicht, was sie an all dem hinderte. »Na und? Sei doch bitte vernünftig!« Kate versuchte sich an einem beschwichtigenden Lächeln. »Wie wäre es, wenn du davon mal runterkommst? Oder hast du etwa Schiss, dass ich meinen Kumpels erzähle, ich hätte es mit einer Älteren getrieben, in zig verschiedenen Varianten? In über hundert Stellungen?« Obschon Kate wusste, dass er mit Absicht übertrieb, um sie aus der Reserve zu locken, wurde ihre Miene ernst. »Und wenn zwischen uns eine Art Verbindung besteht?« Nick deutete zwischen ihnen hin und her, dann hielt er inne und wandte den Kopf von einer Seite zur anderen, als habe ihn etwas dazu bewogen, umzudenken, einzulenken, einzusehen. »Ok, ich … ich verstehe«, er rieb sich die Nase, war versucht, Ruhe und Sachlichkeit wallten zu lassen. »Hör mal, es … es tut mir leid. Du hast mich nicht bedrängt und jetzt komme ich mir wirklich wie der letzte Arsch vor, weil es auf dich wirken muss, als wärst du mir etwas schuldig. Das bist du nicht, wirklich nicht, Kate. Und ich sollte jetzt wirklich gehen. Ich wollte dich auch nicht beleidigen, oder dir sonst irgendwie … anderweitig. Ich mag dich Kate, wirklich, auch wenn wir uns nicht kennen. Trotzdem glaube ich, dass es vielleicht … Quatsch, Blödsinn … vergiss, was ich gesagt habe. Ich will weder Geld, noch Sex, noch sonst irgendetwas von dir.« Knapp lachte Kate auf, nicht aus Spott, sondern weil es diese urkomische Situation nicht anders hergab. »Was? Du willst nicht mal mein Geld?« »Wenn ich mir deine Wohnung so ansehe, wäre es angebrachter, mir die unter den Nagel zu reißen, als dich um finanzielle Entschädigung zu bitten. Scheinbar, kannst du jeden Cent brauchen«, salopp und lässig zuckte er mit den Schultern. Entrüstet schnappte sie nach Luft, doch ihre Lippen blieben zu einem Grinsen gebogen. »Ich sollte jetzt wirklich gehen. Es hat mich gefreut, Kate. Und wer weiß, vielleicht sehen wir uns ja wirklich irgendwann mal wieder?« Nick streckte ihr die Hand entgegen. Kate ahnte nicht, wie Recht er damit hatte! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)