Never Give Up von Yuugii (Zorro/Luffy/Chopper) ================================================================================ Kapitel 3: Versprechen ---------------------- „Sein Zustand ist kritisch...“, sagte Chopper mit leiser Stimme und zeigte auf Zorro, den er notdürftig versorgt hatte. Luffy betrachtete den Körper, der friedlich auf dem Bett lag. Er wirkte so ruhig, als würde er nur schlafen. Der Schwarzhaarige konnte nicht verstehen, warum es Zorro so schlecht ging. Das waren doch nur ein paar Wunden, oder? Luffy hatte viele Verletzungen in seinem Leben erlitten und noch nie war er in einer Situation gewesen, dass er durch diese in Lebensgefahr geraten wäre. Nur selten wurde er krank. Seine letzte Erkältung war so lange her, dass er sich nicht mal mehr daran erinnern konnte, wie es sich anfühlte krank zu sein. „Zorro!“, rief er laut und kam auf diesen zu. Er packte ihn am Oberarm und schüttelte ihn. Keine Reaktion. Dem Schwertkämpfer lief eiskalter Schweiß über die Stirn. Tiefe, dunkle Augenringe zeichneten sein sonst so markantes Gesicht. Seine Wangen waren stark gerötet. „Sein Fieber ist schlimmer geworden. Vermutlich haben sich die Wunden entzündet. Das Fieber ist eine Begleiterscheinung ausgelöst durch eine Blutvergiftung. Sepsis als solches kann ich behandeln, aber... mir fehlen die Medikamente dazu.“ Chopper war sich sicher, dass Zorro an einer Blutvergiftung litt. Fieber sprach dafür, so auch das Aussetzen der Atmung und des Herzschlags. Bei einer schweren Sepsis kam es zu Organeinschränkungen, die das Leben des Patienten bedrohten. Gerade große Wunden neigten dazu, sich zu entzünden und Bakterien sammelten sich an dieser Stelle massenweise. Da Zorro bereits sehr geschwächt war, war sein Körper damit beschäftigt, die wichtigsten Funktionen aufrechtzuerhalten. Die ausgeschwitzte Flüssigkeit glich er mit einer Infusion aus, aber das allein reichte nicht. Er brauchte ein großes Blutbild und musste den genauen Infektionsherd erkennen. Chopper war sich sicher, dass er innere Verletzungen davongetragen hatte, die er hier nicht behandeln konnte. Die äußeren Verletzungen hatte er nach besten Wissen und Gewissen versorgt. Ihm fehlte es an technischen Geräten. Er hätte nun sehr gut ein Beatmungsgerät gebrauchen können, um sicher zu gehen, dass sein Körper mit ausreichend Sauerstoff versorgt wurde. Das Gift im Blut, das ungehindert durch seine Blutbahnen zirkulierte, hätte er bei einer Dialyse reinigen können, doch auch diese Möglichkeit hatte er nicht. Meist wurde eine schwerwiegende Sepsis mit einer Antibiotikatherapie behandelt, doch seine Medikamente neigten sich dem Ende zu. Chopper ließ sein kleines Köpfchen hängen und kämpfte gegen den Drang erneut in Tränen auszubrechen. Heulen brachte doch gar nichts! Tränen halfen niemanden, erst recht nicht Zorro, der hier um sein Leben kämpfte. Chopper flehte, dass die Lunge nicht beschädigt war. Denn dann hätte er nichts mehr tun und nur noch darauf warten können, dass seine Atmung aussetzte und er unter Qualen verstarb. Allein der Gedanke machte dem Rentier Angst – wieder musste er sich ermahnen. Jeder Arzt, der einen Menschen behandelte, hatte Ängste. Den Fehler geschahen. Nicht immer wurde die richtige Krankheit erkannt und eine falsche Behandlungsmethode konnte den Zustand eines Patienten entweder verschlechtern oder sogar sein Leben gefährden. Wie schlimm die Folgen eines Behandlungsfehler waren, wusste er am besten. Immerhin war es sein Unwissen, dass Doktor Hiluluk in den Tod trieb. Doktor Hiluluk wusste, dass diese Medizin, die Chopper gebraut hatte, sein Ende bedeuten würde und mit dem Wissen, dass er das Gift dieses Pilzes nicht überleben konnte, weil es kein Gegenmittel gab, hatte er dennoch die bittere Flüssigkeit getrunken. Er hatte gewusst, dass er sterben würde und es war ihm egal gewesen. Es war Choppers Schuld und bis heute bereute er diesen Fehler, doch Doktor Hiluluk hatte diese Entscheidung selbst getroffen. Die meisten Patienten hatten keine Ahnung von Medizin und so mussten sie sich auf ihren Arzt verlassen. Sie konnten nicht abwägen, ob eine Therapie nun angebracht war oder nicht. Das musste ein Arzt selbst ermessen. „Dann gibt es nur eines, was wir jetzt tun können. Möglichst schnell zu einer Insel kommen und hoffen, dass wir dort Hilfe kriegen“, mischte sich die Navigatorin ein. Und wenn sie dabei ihren derzeitigen Kurs verloren, dann war das eben so. Dann mussten sie eben warten, bis die Nadel des Logports wieder einen neuen Kurs fand. Das war das geringste Problem. Zorros Leben war wichtiger. „Und wer wird einer Piratenbande helfen? Zorro wird von der Marine gesucht. Sein Gesicht ist bekannt“, murmelte Sanji nachdenklich. Erst jetzt wurde ihm bewusst, was für ein Glück er hatte, dass die Marine sein Gesicht noch nicht kannte. Die Suche nach einem Arzt, der ihnen helfen würde, war also ein großes Problem, das alles andere in den Schatten stellte. Dieser Idiot... warum nur musste er auch nur den Helden spielen? Hätte er sich nicht geopfert, dann wären sie nicht in dieser Situation. Hör auf, Sanji. Keine Schuldzuweisungen. Wenn er das nicht getan hätte, dann wären wir alle jetzt tot, ermahnte er sich gedanklich selbst und atmete tief ein. Er brauchte jetzt eine Zigarette. Raus aus diesem Raum. Weg von dieser beklemmenden Atmosphäre, die ihm alle Hoffnung zu rauben versuchte. „Mit dem Coup de Burst werden wir schnell eine Insel erreichen, aber die Zeit rinnt. Wir müssen uns beeilen“, warf Franky ein. Selbst wenn sie jetzt sämtliche Colavorräte aufbrauchten, war das ein geringes Opfer im Vergleich zu dem Verlust eines geliebten Crewmitglieds. Zorro kämpfte. Er gab nicht auf. Also durften auch sie jetzt das Handtuch nicht werfen. Die Strohhüte waren immerhin bekannt für ihren Starrsinn! Niemand war sturer als Luffy. Dieser zog Choppers kleinen Drehstuhl zu sich und setzte sich direkt neben das Krankenbett. Er griff nach Zorros Hand und umschloss sie. Sofort zuckte er zusammen. Eiskalt. So unglaublich kalt. Seine Finger waren lila. Luffy verstand zwar nicht, warum seine Hand so kalt und seine Finger so lila waren, aber er wusste, dass das nichts Gutes bedeuten konnte. „Zorro! Kämpfe! Ich werde dich retten! Wenn du stirbst, wird mein Traum nicht wahr, hörst du?! Wenn du mich verlässt... dann war alles umsonst, also kämpfe weiter!“, sagte er mit fester Stimme. Für einen Bruchteil einer Sekunde brach seine Stimme ab. Der Gedanke, dass Zorro tatsächlich sterben konnte, schmerzte und fühlte sich wie ein Pfeil an, der sein Herz durchbohrte. Er wollte niemals wieder jemanden verlieren. Niemand sollte verletzt werden. Erst Sabo und dann Shanks Arm – es durfte keine weiteren Opfer mehr geben. Nicht, weil er nicht stark genug war. Luffy musste stark sein. Entschlossen sah er Zorro an. Eigentlich hatte er damit gerechnet, aber die Realität traf ihn dennoch wie ein Blitz. Zorro zeigte keinerlei Regung. Ängstlich biss sich Luffy auf die Unterlippe. Er würde auch kämpfen. Keine einzige Träne wollte er vergießen. Er war doch der Kapitän und musste Haltung bewahren. Zorro hätte ihn zurechtgewiesen und ihm gesagt, dass er als Anführer ihrer Bande Mut und Stärke zeigen musste. Als Anführer durfte er doch nicht heulen. Und deshalb kämpfte er gegen die übermannende Panik, die ihn einzuhüllen drohte. Noch war Zorro nicht tot. Noch konnte er gerettet werden. Also durfte er nicht trauern. Man trauerte nur über Verstorbene und auch wenn seine Hand so unsagbar kalt war, dass es ihm selbst schon fröstelte, hieß das nicht, dass er ihn jetzt aufgeben durfte. „Wir schaffen das“, sagte er dann. Seine Stimme fest. Er war felsenfest davon überzeugt, dass sie es schaffen konnten. Nein, hier war noch nicht das Ende ihrer Reise. Die Strohhüte ließen sich von nichts und niemanden aufhalten. Er drückte Zorros kalte Hand an seine Wange und schloss die Augen, als würde er beten. Halte durch, Zorro. Wenn du jetzt aufgibst, verzeihe ich dir das nie. Du sagtest, du wolltest nie wieder verlieren. Also kämpfe um dein Leben und für mich, flehte er. Jeder trat seinen Posten an und keiner von ihnen zögerte auch nur eine Sekunde. Es war erstaunlich, wie gut ihr Teamwork funktionierte. Sie brauchten nicht miteinander zu reden oder sich groß abzusprechen. Jeder wusste, was getan werden musste und jeder einzelne von ihnen gab alles. Mit lauter Stimme navigierte Nami das Schiff. Keinerlei Zweifel lag in ihrer Stimme. Absolute Entschlossenheit. Auch der plötzliche Platzregen hielt sie nicht auf. Als die Wellen immer größer wurden und auf das Oberdeck schwemmten, hielt keiner von ihnen inne. Brook, Luffy und Robin kämpften mit der Schwäche, als sie von dem Meerwasser getroffen wurden. Keiner von ihnen war gewillt aufzugeben. Jedes Mal, wenn das Wasser des Meeres Luffy auf die Knie zwang, erinnerte er sich daran, dass er jetzt nicht aufgeben durfte, also gab er alles und erhob sich. Ganz egal, wie oft man zu Boden fiel, man musste wieder aufstehen. Wer liegen blieb, verlor! Und Luffy hatte nicht vor als Verlierer seinen Traum aufzugeben. Oder gar einen Freund. Mit dem Coup de Burst legten sie mehrere Meilen in Sekundenschnelle zurück und schon bald waren die Konturen einer Insel am Horizont zu erkennen. Die Sonne ging bereits unter und die letzten Strahlen erleuchteten das Meer und tauften es in warmes und hoffnungsvolles Orange. So fühlt es sich also an, zu sterben. Ich dachte, es würde schneller gehen. Ich höre ihre Stimmen, doch mein Körper rührt sich nicht. Komisch, ich habe gar keine Angst und Schmerzen habe ich auch nicht mehr. Obwohl Zorro sich nicht rühren konnte, nahm er die Stimmen seiner Freunde wahr. Es ärgerte ihn, dass er ihnen nicht antworten konnte oder ihnen irgendein Zeichen geben konnte. Als Luffy seine Hand berührte und sie fest drückte, war er nicht mehr in der Lage zu denken. Luffy würde seinen Traum aufgeben, wenn er jetzt starb. Nein, Luffy! Du musst auch ohne mich weitermachen! Ihr müsst das One Piece finden! Gibt nicht auf, nur weil ihr einen Verlust erlitten habt. Menschen sterben nun mal. Der eine früher, der andere später. Trotzdem müsst ihr nach vorne blicken und niemals aufgeben. Tut es mir zuliebe, hatte er ihm geantwortet, obwohl er wusste, dass Luffy seine Gedanken nicht lesen konnte. Luffy hatte ihn nicht aufgegeben. Luffy war nicht bereit, seinen Kameraden kampflos sterben zu lassen. Luffys Mut und seine Entschlossenheit weckte Zorros Lebensgeister. Auch wenn er selbst davon überzeugt war, dass sein Ende gekommen war, so hatte er immer noch Kameraden, die ihn nicht aufgaben. Also durfte er ihre Bemühungen nicht ignorieren und weiter machen. Auch wenn es schmerzte, musste er leben. Auch wenn er nicht mehr wusste, wo oben und unten war und er zur Untätigkeit verdammt war, so hatten Luffys Worte ihn erreicht. Die verdammte Thriller Bark sollte nicht das letzte sein, was er gesehen hatte. Nein, noch einmal wollte er das Lachen seines Kapitäns hören, das ihn mit wohliger Wärme erfüllte. Das Lachen seiner Freunde, die ihm das Gefühl gaben, einen Ort gefunden zu haben, wo er hingehörte. Den Himmel und das Meer, die ihm jedes Mal aufs Neue bewusst machen, wie klein er war. »Ich will dich an der Spitze sehen... nein, ich will neben dir stehen und als dein Crewmitglied, als dein Freund, als dein Gefährte, den Sieg genießen. Ich möchte dieses Leben mit dir leben. Und den anderen. Die See ruft nach mir und so auch das Abenteuer. Ich darf ihren Ruf nicht unbeantwortet lassen, nicht wahr?« Er hörte Chopper, der panisch hin und her im Zimmer wanderte. Er musste sich zurück ins Leben kämpfen. Mit aller Macht versuchte er die Augen zu öffnen. Doch es gelang ihm nicht. Wie lange lag er nun schon hier? Wie viel Zeit war vergangen, nachdem er diesen Handel mit Kuma gemacht hatte? Er hatte jegliches Gefühl für Zeit verloren. Alles war schwammig und vermischte sich. Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit. In seinen Träumen sah er Kuina und er erinnerte sich an das Versprechen, das er ihr gegeben hatte. Stimmt. Der beste Schwertkämpfer der Welt. Das wollte er doch werden. Wie sollte er ihr im Totenreich gegenüberstehen und ihr erklären, dass er ihren Wunsch und das Versprechen, das sie verband, nicht eingehalten hatte? Dass er von einem Mitglied der Marine getötet wurde und nicht mal versucht hatte, zu kämpfen? Ha. Ja, er musste kämpfen. Das hatte er doch schon immer. Schwäche zu zeigen und aufgeben zu wollen, das passte doch überhaupt nicht zu ihm! Außerdem musste er doch noch Luffy ausschimpfen, weil dieser ohne nachzudenken, in jede Gefahr lief und nicht nur sein eigenes Leben, sondern auch das seiner Kameraden, gefährdete. Es gab noch vieles, das er erledigen musste, bevor er von dieser Welt ging. Also gab er alles und öffnete die Augen. Sein Umfeld war verschwommen. Das warme, flackernde Licht der Lampen, blendete seine Augen. Zu seiner Linken sah er das kleine Regal mit den verschiedenen Fläschchen, die für verschiedene Wehwehchen verwendet wurden. Als er seinen Blick zu seiner Rechten warf, sah er das kleine Rentier, das hoch konzentriert an seinem Schreibtisch saß und irgendwelche Kräuter zerrieb. Scheinbar hatte er wieder Ruhe gefunden und sich zusammengerissen. Er war so sehr auf das Verreiben der Kräuter fixiert, dass er nicht mal mitbekam, dass Zorro aufgewacht war. Es musste bereits spät am Abend sein. Das Schwanken des Schiffs verriet ihm, dass sie auf Höchstgeschwindigkeit segelten. Sein Körper rührte sich dennoch nicht. Sein Versuch etwas zu sagen, misslang. Immer wieder musste er blinzeln, denn die unendliche Müdigkeit, die über ihn fiel, wollte einfach nicht verschwinden und attackierte ihn immer und immer wieder. Die Stimmen der anderen, die draußen auf dem Deck beschäftigt waren, drangen nur gedämpft zu ihm. Sie alle waren fleißig. Es war ihm unangenehm, dass er so hilflos war und auf die Hilfe anderer angewiesen war. Das gefiel ihm gar nicht. Andererseits beruhigte es ihn ungemein, dass Luffy und die anderen für ihn kämpften und ihn nicht aufgaben. Es war ein schönes und beruhigendes Gefühl, zu wissen, dass auch dann jemand für ihn da war, wenn er sich selbst nicht mehr zu helfen wusste. Die Sicherheit sich einfach fallen lassen zu können, mit dem Wissen, dass er aufgegangen werden würde, gab ihm Kraft. Er konnte seine Augen nicht mehr aufhalten. Wieder eroberte ihn die Müdigkeit. Er träumte nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)