Voiceless von Midnight (The words I have to tell you) ================================================================================ Kapitel 5: Unerwarteter Besuch zum Tee -------------------------------------- Ich seufze tonlos und zücke mein Handy. "Solange der Schläger bei uns wohnt, werde ich nicht zurückkommen! Und so lange du dich nicht entschuldigt hast, erst recht nicht!", schreibe ich ihr und drücke auf senden. Kat guckt mich erheitert an. "Und du meinst, das wird sie beruhigen?" Ich zucke mit den Schultern. Mir doch egal. Jedenfalls weiß sie das ich lebe, meine ich nur. "Das bist typisch du...du bist so verdammt stur." In der Tat. Ich bin stur. Von Natur aus und das ist auch gut so. Nur weil meine Stimme mir ihren Dienst versagt hat, bedeutet das nicht, das ich mir alles gefallen lasse! Kat lächelt sanft und wuschelt mir neckisch durchs Haar. "Aber weißt du, das ist eine deiner guten Eigenschaften.", erklärt sie wissend. Und ob sie das ist. Plötzlich klingelt es an der Tür. Ich schaue sie fragend an. Ob sie jemanden eingeladen hat? Oder vielleicht Lara? Hoffentlich nicht. Lara ist allen Anschein nach nämlich nur mit komischen Tussen und eingebildeten Vollpfosten befreundet. Ich verziehe mich dann immer in Kats Zimmer, da mir diese Leute nicht geheuer sind. Kat geht an die Tür, während ich einfach hier sitzen bleibe und mein Auge kühle, das immer noch wehtut. Nur wenige Minuten später falle ich fast vom Glauben ab. Cole...der scheint auch nicht darauf gefasst zu sein, mich hier anzutreffen. "Joe, wir haben einen Gast.", meint Kat lächelnd. Sie scheint sich zu freuen. Ganz im Gegensatz zu mir. Ganz tief in mir bin ich im Irrglauben, dass es gegebenen falls nur eine Halluzination ist. Natürlich werde ich enttäuscht. "Joe...du bist ja auch hier.", sagt er, als könne er diesen Umstand überhaupt nicht glauben. Ist es denn so seltsam, dass ich mich bei meiner besten Freundin aufhalte? Aber...oh mein Gott. Viel zu spät bemerke ich, dass es weniger an meiner Anwesenheit liegt, als an dem Eisbeutel, den ich an mein Auge halte. Sofort kommt er auf mich zu zieht mir die Hand mit dem Eisbeutel von meinem Gesicht weg und starrt schockiert auf mein Veilchen. Wie unangenehm... "Was zum Teufel...", murmelt er, als ich mich schon wieder losreiße. Kat schaltet sich ein, "Sein S..." KAT verdammt! Will ich hinausschreien...gerade noch rechtzeitig, sieht sie, wie ich sie anfunkle. Ich will nicht, das er es weiß. Mein Privatleben geht ihn nichts an! Er soll sich daraus halten! "Joe...", meint sie. Ich schüttle den Kopf. Nein, nein, nein! Verdammt noch mal! Cole seufzt. "Schon gut, ich kann dich verstehen. Trotzdem...kann ich es erahnen.", deutet er wissend an. Ich presse die Lippen zusammen. Es herrscht Stille zwischen uns, bis Kat in die Hände klatscht. "Lass uns doch einen Tee trinken. Ich hab auch noch etwas Kuchen vom Einkauf da. Lass uns den doch essen, was meint ihr?", sie schaut fragend in die Runde. "Ja, warum nicht, klingt gut.", meint Cole neben mir. Ich zucke nur mit den Schultern. Solange mein blaues Auge nicht mehr im Zentrum der Aufmerksamkeit ist, ist mir alles recht. Da guck ich sogar freiwillig Peter Pan zehn Mal hinter einander. Da kann er sich aber geehrt fühlen, der fliegende Held in viel zu engen Hosen. "Okay, dann werde ich mal das Wasser kochen. Cole hilf mir doch eben mit dem tragen. Dann kannst du mir auch sagen welche Sorte Tee du willst. Joe, bei dir wie immer?" Ich nicke. Ja...solange es nur kein Fenchel, oder Pfefferminz ist... "Okay. Dann bis gleich." Kat verschwindet mit ihrem Gast in die Küche. Zeit für mich, kurz zu verschnaufen. Ich frage mich, ob er wohl öfter hier ist, wenn ich nicht da bin. Das würde auch erklären, warum ich ihn nie zu vor begegnet bin. Schon komisch Aber er war doch bei dieser Tussi, die über Kat wohnt. "Da sind wir wieder.", meint Kat plötzlich. Sie trägt den Teller mit dem Kuchen und Cole balanciert ein Tablett mit Tee und kleinen Tellern. "Stell es einfach hier auf dem Tisch ab." Cole tut wie ihm gesagt und Kat verteilt den Kuchen und den Tee. "Lasst es euch schmecken." "Du dir auch Kat.", meint Cole. Ich schweige einfach nur und fange an den Kuchen zu essen. "Sag mal Cole, hast du heute noch einen Job?", will Kat wissen. "Nein, heute nicht mehr und morgen habe ich frei.", meint er. "Ach so, deswegen bist du so spät noch hier.", erläutert sie. Cole nickt. "Cole kommt meistens, wenn er abends keinen Job mehr hat, oder wenn zwischen seinen Jobs etwas Zeit liegt." Also scheint er zu arbeiten. Misstrauisch schaue ich ihn an. Irgendwie kann ich ihn mir in keinem Job so wirklich vorstellen. Er ist nicht gerade der typische Anzugträger, also ist es wohl kein Bürojob...dafür ist er irgendwie zu auffällig mit seinen langen schwarzen Haaren, der dunklen Kleidung und den ganzen Piercings im Gesicht. Außerdem spricht Kat ja von Jobs, da nehme ich an, dass er nicht nur einen Job macht...irgendwie blicke ich da nicht so ganz durch...das Alles ist mir nicht geheuer! Aber was mir noch viel weniger geheuer ist, ist die Tatsache, das die beiden wohl schon eine ganze Weile Kontakt haben, ohne das Kat ihn je erwähnte. Läuft da etwa irgendetwas ab, von dem ich nichts wissen soll? Cole legt den Kopf etwas schief, als ich ihn so misstrauisch beäuge. "Na ich werde das Gefühl nicht los, das dir etwas nicht an mir passt Joe.", konfrontiert er mich direkt. Na was soll ich schon denken? Ich kenne ihn kaum, und schon erzählt er haarsträubende Lügen, läuft mir nach und nervt mich...ich will das es aufhört...ich will nicht mehr rot werden, und ich möchte kein Herzrasen mehr haben...Oh man. "Ja Joe, was ist los? Du siehst so misstrauisch aus.", bemerkt meine beste Freundin. Doch ich schweige. Ich will nichts weiter dazu erläutern, also wende ich mich ab und esse weiter meinen Kuchen und trinke meinen Tee. Alles was ich möchte ist, meine Ruhe zu haben, über nichts nachdenken zu müssen. Schlafen wäre schön. "Hm, ich glaube es ist sinnlos. Er ist bockig. Sag mal Cole, hast du morgen schon was vor? Oder bist du zu Hause?" "Oh, ich werde zu Hause sein." "Wie wäre es, wenn du Joe morgen früh abholst und zum Arzt begleitest, der sollte sich das echt mal ansehen...", schlägt sie vor, und noch bevor sie ihren Satz richtig beenden kann, sehe ich empört auf. Bitte was?! "Ja Joe, nun schau nicht so geschockt! So wie ich dich kenne wirst du eh nicht von alleine gehen. Das sollte sich auf jeden Fall mal ein Arzt ansehen..." Und wenn schon... ist doch meine Sache! Außerdem bin ich groß genug, um das selbst zu entscheiden! Mach nicht einfach etwas ab, ohne mich zu fragen!- hantiere ich wild mit meiner Zeichensprache. Kat seufzt. "Hör mal, ich mach mir doch nur sorgen...Schließlich arbeite ich bis abends... und ich glaube, du könntest unter anderen, auch etwas Ablenkung gebrauchen..." Eingeschnappt verziehe ich das Gesicht, gestikuliere erneut. -Und wenn ich gar keine Ablenkung möchte?- Meine beste Freundin winkt ab. "Was bist du nur für ein sturer Esel?" Zum ersten Mal schaltet Cole sich ein. "Hey...jetzt hört auf euch zu streiten...zwingen können wir dich nicht, aber Kat hat schon recht..", meint er. Dabei sieht er etwas verlegen aus. Nur warum? Verstehe ich nicht. In diesem Moment holt Kat Luft. "Du hast ja recht...es ist schon spät...", meint sie. "Ja, stimmt, ich werde mal langsam wieder nach Hause gehen.", meint er. "Soll ich noch was abräumen?" "Nein schon gut, das kann Joe machen.", meint sie beiläufig. Schön! Na gut! Kein Problem! Ich muffle vor mich hin, während ich das Geschirr abräume und in die Küche bringe. Cole verlässt Kats Zimmer, klopft noch einmal an die Küchentür. "Hey Kleiner, hier ist meine Nummer", er reicht mir einen kleinen Zettel ,"Schreib mir einfach, wenn ich dich doch begleiten soll, oder wenn du Sehnsucht hast.", dann zwinkert er mir zu. Frechheit! Eben spielt er noch den Verständnisvollen, okay zumindest halb verständnisvoll.. und in der nächsten Sekunde klopft er freche Sprüche. Was denkt der sich nur? Schnaubend, drehe ich mich um, und beachte ihn nicht weiter. "Joe, sei nicht so unfreundlich, du könntest dich wenigstens verabschieden.", meint meine Beste. Klar könnte ich, aber ich will nicht. Der Typ geht mir ungefragt auf die Nerven. Der soll bleiben wo der Pfeffer wächst! Ja wohl! "Schon gut Kat, man sieht sich!" "Ja, bis dann.", sie schließt die Tür und bleibt dann im Küchenrahmen stehen. Ich wasche gerade das Geschirr ab. "Hier! Speicher sie wenigstens ab.", meint sie, als sie mir den Zettel auf die Arbeitsplatte knallt. Ich sehe sie genervt an. "Jetzt guck nicht so!", sie schnappt sich das Geschirrhandtuch und fängt an abzutrocknen. Wirklich vorbildlich. Lara würde im Traum nicht auf diese Idee kommen, "Kontakte zu menschlichen Wesen tun dir sicher gut.", grinst sie schelmisch. "Und sei mal ehrlich, Cole ist schon heiß oder? Ich kenne dich, du findest ihn gar nicht so schrecklich wie du immer tust.", sie zwinkert mir zu und räumt das Geschirr weg. Dann nimmt sie meine Hand und zieht mich mit sich in ihr Zimmer. "Lass uns schlafen gehen. Wir müssen beide früh raus!", mahnt sie im Sinne von: Wehe du gehst nicht zum Arzt. Ich grummle vor mich hin. Gegen Kats geballte Entscheidungsgewalt habe ich einfach keine Chance. Sie ist mindestens so stur wie ich und das muss sie auch sein, bei so einem komplizierten Menschen wie mich. Außerdem ist sie die Einzige, die mich nie verurteilt hat und mich schon immer völlig normal behandelt. Sie wickelt mich nicht in Watte, streitet ganz normal mit mir, wie es kein anderer tut und ist immer für mich da. Im Gegensatz zu meinen Eltern, oder anderen Personen, die sich an den Umstand erst "gewöhnen" mussten und sich immer noch nicht damit abgefunden haben. In einem stillen Moment, in dem Kat kurz im Bad verschwindet, tippe ich die Nummer in mein Handy ein. Sie muss es ja nicht mitbekommen, auch wenn sie sicher schon eine Ahnung hat. Jedoch, verliert sie darüber kein Wort mehr. Stattdessen kuschelt sie sich an meine Brust und schläft ziemlich schnell ein. Ich liege noch eine Weile wach, bis ich dann auch einschlafe. Am nächsten Morgen werde ich durch Kats Gewusel in ihrem Zimmer geweckt. Sie macht sich wohl gerade fertig für die Arbeit. "Hey, Schlafmütze. Ich muss gleich los.", meint sie, holt dann noch mal richtig Luft und setzt noch mal an. Ich ahne böses. " Ach ja ich hab eben mit Cole geschrieben, er wird dich um halb neun abholen und zum Arzt bringen. Und wehe du moserst rum!", ermahnt sie mich und lässt mich gar nicht erst antworten. Denn schon ist sie aus der Tür verschwunden. Ich schnaufe auf. Hinter der Tür kann ich ein leises Kichern hören, oder bilde ich mir das ein? "Das ist nicht lustig Lara, vielleicht hat er wirklich was.", schimpft Kat, also doch keine Einbildung. "Ja, ja, ist ja schon gut, dein heiliger Joe halt...", meckert sie und schließt die Tür laut hinter sich. Der Schock von gestern hat sich anscheinend aus ihren Gedanken verzogen und weicht der alten Abneigung. Wenig später schließt sich auch die Haustür und ich bin wieder alleine. Ich schaue auf den Hahnwecker. Es ist halb acht. In einer Stunde wird Cole also hier aufschlagen, ob ich will oder nicht. Aber wer sagt denn, dass ich aufmachen muss. Ich könnte ihn einfach ignorieren, so tun, als ob ich nicht da bin. Ja, ich glaube das mache ich. Denn ich habe nicht die geringste Lust ihn zu sehen. Diesen langhaarigen Typen mit seinen vielen Piercings. Der schon irgendwie,...verdammt, wieso ist mein Gesicht plötzlich so heiß? Mahnend klatsche ich mir auf die Wangen und zucke kurz zusammen, weil mein Veilchen wieder wehtut. Tonlos zischend lasse ich mich wieder in die Kissen fallen. Vielleicht kommt er auch gar nicht, oder vergisst, dass er mich abholen wollte. Bestimmt wird es so sein. Außer Kat interessiert sich niemand wirklich für mich. So war es schon immer... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)