Liebe ist nur der Anfang vom Chaos von Aphrodi ================================================================================ Undiscovered Love ----------------- Wie viele Stunden waren sie jetzt schon unterwegs? So langsam verlor Endou die Übersicht, aber wenn er sich nicht irrte, dann würden sie bald auf Hokkaidou ankommen und umsteigen müssen. Mit dem Shinkansen durch Japan zu fahren, war eine äußerst bequeme und schnelle Weise, allerdings hielt der eben nicht an jedem kleinen Ort und genau da lag das Problem. Der Ort, den sie ausgewählt hatten, war klein, sehr viel kleiner als Tokyo, kleiner als Inazuma Town. Nach mittlerweile mehreren Stunden Zugfahrt konnte Endou einfach nicht mehr stillsitzen. Er hibbelte auf seinem Sitz. Das war schlimmer als Unterricht! Unzufrieden und kurz davor, den Verstand zu verlieren, wenn er nicht endlich aus diesem Zug herauskam, um sich bewegen zu können, sah Endou zu seinen Freunden, die ihn auf der langen Reise begleiteten. Kidou blätterte in einem Magazin, Gouenji blickte aus dem Fenster, hatte den Kopf auf seiner Hand aufgestützt. Irgendwie sah er nachdenklich aus, wie Endou fand. Was ihm wohl durch den Kopf ging? Auf der anderen Seite saßen Genda, Sakuma und Fudou, wobei letzterer der Einzige war, der wach wirkte. Sakuma saß gegen den Torwart gelehnt und schlief offensichtlich, auch Genda hatte die Augen geschlossen. Vielleicht hätte er es ihnen gleichtun und einfach die Zeit verschlafen sollen.   Aber er war viel zu aufgeregt gewesen!   “Du wirkst unruhig, Endou”, stellte Kidou fest, ohne von seiner Zeitschrift aufzusehen. Ertappt grinste er und rutschte in seinem Sitz ein Stück runter. Gouenji drehte den Kopf, wandte sich seinen Freunden zu, statt den Feldern nachzuhängen mit seinem Blick. “Es dauert nicht mehr lange, dann sind wir in Hokuto und steigen um”, vertröstete der Stürmer ihn und Endou bemühte sich, sich noch einmal zusammenzureißen. Es war also nicht mehr lange, dann konnten sie sich zumindest die Beine ein wenig vertreten. Und vielleicht konnten sie ja beim Umsteigen auch ein paar Minuten mit dem Ball kicken. Irgendwie.   Am Ende hatte er keine Chance, den Ball auch nur aus seinem Netz zu holen, geschweige denn, mit ihm herumzutricksen. Er vermisste seinen Freund. War das albern? Aber es würde nicht mehr lange dauern, hieß es. Noch zwei weitere Stunden Zugfahrt. Zwei Stunden... Dieses Mal war es deutlich lebendiger, sogar Sakuma und Genda waren wach und führten angeregt ein Gespräch mit Kidou, dem auch Endou folgte – oder es zumindest versuchte. Es hatte was mit Fußball zu tun, so viel hatte er noch mitbekommen, aber trotzdem verstand er nicht genau, worum es ging. Zu taktisch war es, das war einfach nicht seine Welt. Und so saß er einfach nur da, hörte zu – eisern, so als ob er etwas verstehen könnte, wenn er sich nur stark genug anstrengte. Gouenjis sachtes Schmunzeln bemerkte er gar nicht, so konzentriert war er.   ***   Endlich waren sie am Bahnhof Toya auf Hokkaidou angekommen. Die frische Luft, die Endou tief einatmete, tat gut. Der See war in greifbarer Nähe, genau wie das Meer. Endou bildete sich ein, dass er auch das riechen konnte – vielleicht konnte er das sogar wirklich! Nach der ewig langen Zugfahrt war er froh, dass er sich endlich wieder bewegen konnte.   „Jetzt müssen wir nur noch den Fahrradverleih aufsuchen“, stellte Kidou fest, denn sie würden mit den Fahrrädern zu ihrem Haus fahren, das abgelegen am See lag. Wenn er es richtig in Erinnerung hatte, dauerte die Fahrt eine halbe Stunde von dem Ort Toyako aus. Zum Glück hatten sie nur wenig Gepäck dabei, schließlich waren sie High School Schüler, die nur über das Wochenende einen Ausflug machten. Einzig Sakumas Tasche war auffallend größer als die Rucksäcke der anderen, aber Endou störte sich nicht daran. Sie passte immer noch locker auf ein Fahrrad.   Nachdem die Fahrräder aufgetrieben waren, ging es los, die knapp 7 Kilometer zu ihrem Haus fuhren sie am Toya-See entlang – und der war riesig! Endou staunte nicht schlecht und er überlegte, wie viele Fußballfelder groß der wohl war. Es waren definitiv viele. „Der Ausblick ist jetzt schon einladend. Ich hab gehört, der See ist einer der klarsten in ganz Japan. Wir müssen nachher unbedingt direkt einen Abstecher machen“, sagte Sakuma und Endou fand die Idee gut. Aber was er eigentlich noch viel lieber tun würde, war Fußballspielen. Dazu hatte er schließlich extra den Ball mitgenommen. Letztendlich war es ihm allerdings egal auf welche Art er Bewegung bekam – solange er sie eben bekam, denn er hatte viel aufzuholen.   „Nicht nur das klarste Wasser“, merkte Genda an. „Hier gibt es sogar jeden Abend ein Feuerwerk. Von Mai bis Oktober.“ Ein Haus am See, irgendwo in der Natur und noch dazu jeden Abend ein Feuerwerk. Klang fast schon paradiesisch. Da war es ja kein Wunder, dass es Sakuma total die Sprache verschlug und er den Rest der Fahrt kein einziges Wort mehr sagte.   „Feuerwerk, huh? Klingt ja ziemlich übertrieben, sowas jeden Abend zu veranstalten“, kam es von Fudou, während Gouenji nur lässig lächelte.   „Ich erinnere mich noch an jemanden, der sich beklagte, dass er beim Feuerwerk auf Okinawa nicht dabei war.“   „Das war überhaupt kein Klagen. Außerdem ging es mir gar nicht um das Feuerwerk, eigentlich hätte ich nur gerne ein paar dumme Gesichter gesehen, das ist alles.“   „Natürlich“, stimmte Gouenji amüsiert mit ein. Was da genau abging, verstand Endou nicht, aber es sah so aus, als ob Kidou und Gouenji Spaß hatten, Fudou zu ärgern. In dem Fall war das aber nur ein Zeichen für Freundschaft, da war Endou sicher und so lächelte er auch amüsiert. Er war wirklich froh, so tolle Freunde zu haben. Und mit ihnen hier zu sein. Er freute sich wie wahnsinnig auf die kommenden drei Tage, die er gemeinsam mit ihnen verbringen würde.   ***   Kidou hatte nicht zu viel versprochen, als er ihnen von dem Haus erzählt hatte. Es lag wirklich direkt am See, es waren nur ein paar Schritte zu gehen und es sah von außen schon groß genug aus für sie sechs. Von vorne sah es noch aus wie ein Bungalow, doch wie sich herausstellte, besaß es eine Art Unterkellerung, die zum Garten hin ebenerdig wurde. Dort befanden sich ihre Schlafzimmer. Im Erdgeschoss dagegen war eine große Wohnküche mit ziemlich hoher Decke – direkt unter dem Dach eben. Besonders gefiel Endou allerdings der Garten, der direkt am See gelegen lag, in dem man auf jeden Fall ein wenig mit dem Ball kicken konnte, so groß wie er war. Und überhaupt lagen die Häuser so weit weg voneinander, dass man keine Sorge haben musste, man könnte aus Versehen den Nachbarn eine Fensterscheibe zerschießen.   Im Haus selbst stellten sie erst einmal ihre Taschen ab, besahen sich die Räume. In die hitzige Zimmerverteilung, die zwischen Fudou und Sakuma entstand, mischte er sich nicht ein. Sie hatten drei Räume und ihm war egal wo und mit wem er darin schlafen würde – alle seine Freunde waren ihm recht. Doch Sakuma schien unbedingt in ein Zimmer mit Kidou zu wollen, genau wie Fudou. Endou konnte nur irritiert grinsen darüber und wendete sich Gouenji und Kidou zu, die die Zankerei ebenso zu ignorieren schienen. „Wir müssen noch Lebensmittel kaufen“, stellte Kidou fest und sah Gouenji an, als ob das zum Großteil seine Aufgabe wäre. Endou blinzelte.   „Dann müsst ihr mir aber sagen, was ihr essen möchtet.“   „Wir können ja eine Liste machen – alle gemeinsam“, schlug Endou vor und erntete bestätigendes Nicken von allen, die sich gerade nicht zankten. Zum Glück wusste Genda bestens, was Sakuma gerne aß und so konnte er helfen, die Einkaufsliste aufzustellen, so lange, bis Sakuma und Fudou sich selbst auch dazu gesellten. Doch wieder mit dem Fahrrad zurückfahren, um die Lebensmittel einzukaufen, wollte kaum einer der ehemaligen Teikoku-Spieler. Endou dagegen machte das absolut nichts aus. Im Gegensatz, er war ganz froh über noch etwas Bewegung, nachdem er stundenlang still hatte sitzen müssen und so begleitete er Gouenji natürlich einkaufen. Am Ende kam sogar Kidou mit. Warum, das wusste Endou nicht, aber er freute sich darüber. Und bei der überraschend langen Einkaufsliste konnten sie noch eine weitere Person gebrauchen. Er war wirklich verwundert, wie viel in ihren Einkaufskörben landete, hatte er doch gar keine Ahnung von Einkaufen. Gouenji dagegen machte das mit einer Routine, die Endou erstaunte. Er wusste, dass der Stürmer kochen konnte – zum Glück hatten sie überhaupt jemanden dabei, der Erfahrung am Herd hatte, sonst hätten sie sich das ganze Wochenende über mit Cup-Nudeln durchschlagen müssen. Doch dass er sich sogar im Supermarkt so gut auskannte und zielsicher nach Produkten griff, die Endou noch nicht mal in ihrem Küchenschrank gesehen hatte, war verblüffend.   „Gouenji wäre eine gute Hausfrau“, platzte es aus ihm heraus und noch während sich Gouenjis und Kidous Blick auf ihn richteten, hielt er sich den Mund zu. Eigentlich hatte er das nur denken wollen und ganz eigentlich hätte ihm dieser Gedanke überhaupt gar nicht kommen sollen.   „So so, Endou. Das denkst du also über Gouenji“, schmunzelte Kidou amüsiert.   „So war das nicht gemeint! Ich wollte nur sagen, dass derjenige, der Gouenji mal heiratet, einen guten Griff macht.“   „... Das klingt irgendwie auch nicht besser“, stellte Kidou fest, immer noch mit einem Schmunzeln auf dem Gesicht, mit dem er Gouenji schließlich ansah, der viel zu still war, wie er fand. „Gouenji, ich glaube, Endou hätte dich gerne als Ehepartner, damit du ihm immer leckeres Essen kochst, wenn er vom Training nach Hause kommt.“   „Du meinst, wenn er wieder mal viel zu spät vom Training nach Hause kommt, weil er die Zeit vergessen hat“, korrigierte ihn Gouenji verschmitzt lächelnd.   „Graaahhhhhhhhhh, das hab ich doch gar nicht sagen wollen!“   Während sich Endou mit einer Hand – es war eben nur eine frei, wo er doch einen Einkaufskorb hielt – die Haare raufte, begannen Gouenji und Kidou zu lachen. Froh war er, dass sie das Ganze offensichtlich nicht ernst meinten und nachdem er einmal tief ein und aus geatmet hatte, begann auch er wieder zu grinsen. Sie suchten noch die letzten Dinge zusammen und gingen zur Kasse. Dort wurde Endou noch einmal bewusst, wie viel sie gekauft hatten, doch bei sechs heranwachsenden Männern war das am Ende vermutlich gerade so genug. Er selbst aß nicht wenig. Wie oft hatte er seine Mutter beim Essen schon nach Nachschlag gefragt? Zu oft. Aber es sah gut aus. Sie hatten Reis, verschiedene Nudeln, Fleisch und Fisch und vor allem viel Obst und Gemüse, sowie Eier. Knabberkram durfte ebenfalls nicht fehlen. Außerdem bestand Gouenji auf ein paar Saucen – Mayonnaise durfte auch nicht fehlen! Kidou hatte noch Tee für sie eingepackt und Endou konnte nicht auf Ume Paste verzichten.   Draußen versuchten sie dann, alles auf ihre Fahrräder aufzuteilen, was gar nicht so einfach war. Allein ein Korb war schon mit dem großen Sack Reis völlig zugepackt und so kamen sie nicht drum herum ein paar Tüten an ihre Lenker zu hängen. Bevor sie allerdings wieder zurückfuhren, gönnten sie sich noch ein Getränk. Es war schließlich wichtig, genug zu trinken – gerade an so einem sonnigen Tag im August und bei der Anstrengung einer Fahrradtour. Während ihrer kleinen Pause hatte Endou auch die Zeit, um sich in Ruhe die Umgebung anzusehen. Dass der See riesig war, hatte er ja bereits sehen können, doch in Toyako Onsen hatte er sich noch gar nicht richtig umgesehen. Ob sie nochmal herkommen würden? Allzu weit weg von ihrem Haus war der Ort ja nicht. Er hatte etwas sehr Entspannendes an sich. Alles war umhüllt von hellem, strahlenden Blau – sei es vom Toya-See oder vom Himmel – und saftigem Grün der Bäume, die auf den Bergen wuchsen, welche den Ort vollkommen umhüllten. Man konnte sogar von jeder Kreuzung aus auf einer Seite den See sehen, so klein war hier alles und wenn man in die anderen Richtungen blickte, sah man mindestens einen Berg am Horizont. Es war perfekt für einen Ausflug an Yama no Hi, dem Tag des Berges.   „Ein guter Ort, um den Bergen nahe zu sein, hm?“, fragte Gouenji ihn, so als hätte er seine Gedanken lesen können. Ihm war wohl nicht entgangen, dass sich Endou alles ganz genau angesehen hatte. Ein kurzes Nicken, dann ein Lächeln. „Es war eine tolle Idee, herzukommen. Ich bin wirklich dankbar.“   „Jetzt schon so emotional? Dabei haben wir noch so viel vor uns“, merkte Kidou an, folgte aber ebenso dem Blick seiner Freunde in die gar nicht so fernen Berge. „Ich hoffe, dass wir alle hier die nötige Kraft finden, die wir für die Zukunft brauchen.“   „Höre ich da einen Funken Sorge?“   „Berechtigte Sorge.“   Endou verstand nicht ganz, worüber sich Kidou und Gouenji unterhielten und von was für Sorgen sie sprachen, doch das war vorerst nicht wichtig. Überhaupt war er sich sicher, dass sich alle Sorgen in Luft auflösen würden, solange sie Freunde blieben und gemeinsam diesen Moment erleben konnten. An einem so schönen und friedlichen Ort wie diesem, wie könnte da nicht jede Sorge vergehen?   „Ich hoffe wirklich, sie haben das Haus stehen gelassen.“   Wirklich jede Sorge. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)