Liebe ist nur der Anfang vom Chaos von Aphrodi ================================================================================ Passionate Love --------------- Ihr Weg führte sie zuerst an ein paar Bäumen vorbei, die noch immer in saftiger grüner Pracht strahlten, doch schon dahinter landeten sie auf einer alten, zerstörten Straße, deren Anfang und Ende längst unter Gras im Nichts verschwunden war. Es war ein bisschen wie in einem Endzeit-Film. So sah es aus, wenn etwas von Menschen zurückgelassen wurde und die Natur sich zurückholte, was ihr gehörte. Gouenji fand es faszinierend, wie viel Gewalt so ein Vulkan hatte. Allein das Wissen, dass sie auf einem aktiven Vulkan spazierten und sich den Kratern nähern würden, machte ein mulmiges Gefühl. Dennoch war die Gegend sicher – zumindest hieß es, sie sei sicher. Es waren noch viele andere Leute unterwegs, was ihn nicht wunderte. Wenn es einen Tag für eine Bergwanderung gab, dann war es heute und so nutzten viele Menschen die Gelegenheit, den Bergen nahe zu sein. Da waren Familien mit ihren kleinen Kindern, gepackt mit bunten Rucksäcken und voller Elan. Da waren Schülergruppen, Pärchen, ältere Partner und Gruppen mehrerer Erwachsener. Theoretisch mussten sie gar nicht der Karte folgen, die Kidou noch immer in der Hand hielt. Die Menschen um sie herum waren selbst wie ein Guide, dem sie bedenkenlos nachgehen konnten.   „Wir erreichen gleich einen besonderen Krater von Konpirayama“, erklärte Kidou, während sie einen steilen Hang hochgingen. „Dort können wir kurz Pause machen.“   „Gute Idee, dort etwas zu trinken“, bestätigte Genda und Gouenji durstete es ebenso schon. Der Aufstieg war ein gutes Training für die Beine, also eigentlich genau das Richtige für sie. Und Endou würde dieser Energieabbau ebenfalls guttun, sonst müssten sie heute Abend wieder Stundenlang im Dunkeln mit dem Ball kicken, so wie am Vorabend.   „Sieht ziemlich trostlos aus hier“, stellte Sakuma fest nebst der immer kahler werdenden Umgebung. Es wuchs kaum noch etwas, die Bäume waren tot. Irgendwo am Boden fand sich ab und zu ein Büschel Gestrüpp. „So hab ich mir einen Vulkan schon eher vorgestellt.“   „Zum Verweilen lädt das hier zumindest nicht ein, aber warte ab, bis den Krater siehst.“   „Was soll das heißen?“   „Wird vielleicht das Letzte sein, das du siehst. Ich an seiner Stelle würde dich da auch reinschubsen“, sagte Fudou und fummelte dabei an seinem Ohrläppchen rum.   „Das ist doch nicht mal möglich! Oder?!“ Sakuma sah zu Kidou, Fudou dagegen grinste nur unheilvoll und hatte offensichtlich Spaß daran, Sakuma zu provozieren. Also alles wie immer.   „Natürlich ist es das nicht“, stellte Kidou klar. „Der Krater ist geschlossen und gefüllt mit Wasser. Ich würde da an deiner Stelle aber trotzdem nicht reinfallen, Sakuma.“   „Hatte ich doch auch gar nicht vor. Fudou hat-“ Genda hielt Sakuma den Mund zu, dämpfte so sein Gezeter in ein unverständliches Gemaule und Gouenji war froh drum, dass der Torhüter die Initiative ergriffen hatte. Er hing nicht so oft mit Kidous alten Freunden ab. Unter anderem wegen dem Lärm, den sie produzierten. Auch, weil meistens alle Blicke auf sie gerichtet waren, wenn sie in der Öffentlichkeit unterwegs waren, so wie jetzt. Die Leute schauten schon. Unangenehm.   Immerhin behielt Genda Sakuma im Griff und die kleinen Kinder um sie herum waren wieder sicher vor Wörtern, die sie in ihrem Alter noch nicht kennen mussten. Als sie schließlich oben beim Krater ankamen, zückte Gouenji seine Wasserflasche aus dem Rucksack und nahm ein paar Schlucke. Es tat wirklich gut, so warm wie es doch in der Sonne geworden und so anstrengend der Aufstieg für die Beinmuskulatur war.   „Das ist also der Yu-kun Krater“, sagte Sakuma wenig begeistert. Vor ihnen lag eine steinerne Erhöhung, teilweise bewachsen. Es sah unscheinbar aus, genau wie der Rest der Umgebung.   „Schaut euch die Aussicht an! Man kann so weit gucken, es ist der Wahnsinn!“ Gouenji drehte sich auf Endous begeisterten Ausruf hin um und musste zugeben, dass der Anblick wunderschön war. Weiter unten rechts von ihnen lagen die verlassenen Gebäude, doch schon kurz dahinter konnten sie auf ganz Toyako Onsen schauen, den Toya-See und die sich darin und dahinter befindlichen Vulkanberge. „Ja, wirklich hübsch.“   Sie verharrten einen Moment so, während Genda Sakuma zum Krater gezogen hatte, der scheinbar doch bedeutend interessanter war, als es zuvor den Anschein gemacht hatte. Davon bekam Endou entweder nichts mit oder er wollte sich nicht von dem Blick lösen, so hypnotisiert, wie er in die Ferne schaute. „Weißt du, woran ich gerade denke, Gouenji?“   „Nein. Sag‘s mir?“   „Den Stahlturm.“ Gouenji musste schmunzeln. Natürlich. Der Stahlturm. Wie konnte es auch etwas Anderes sein? „Gibt es überhaupt einen Moment, an dem du nicht an etwas denkst, das mit Fußball zu tun hat?“   Ertappt grinste Endou, lachte dann knapp auf. „Es ist nicht unbedingt wegen Fußball. Ich weiß nicht... wenn ich hier oben bin, habe ich das gleiche Gefühl. Irgendwie beruhigend, aber auch als ob eine starke Kraft in meinen Körper fließt. … Das klingt albern oder?“   Einen Moment sah Gouenji Endou in das verlegene Gesicht, lächelte. „Nein, tut es nicht.“   „Ihr zwei! Hört auf, einander in die Augen zu schauen und kommt her!“, rief Kidou zu ihnen herüber, vom Krater, an dem der Rest versammelt stand. Gouenji seufzte innerlich, deutete Endou aber dann an, der Aufforderung nachzukommen. „Wir kommen!!!“, rief Endou heiter und lief los, er selbst folgte ihm eher langsam. Angekommen auf der Anhöhe des Kraters lohnte sich der Anblick wirklich. Der See, der sich im Inneren des Kraters gebildet hatte, war weitgehend in ein Smaragdgrün gefärbt, lediglich am Rand fand sich das üblich erwartete Blau – ein Spiegelbild des Himmels. Man merkte sofort, wie wichtig Wasser für Leben auf der Erde war, denn in dem Krater mehrten sich die Pflanzen wieder in der sonst so kahlen Umgebung.   „Woah, der Boden ist sogar warm!“, stellte Endou erstaunt fest, als er sich hinkniete, um seinen Rucksack neu zu sortieren und seine Flasche wieder einzustecken.   „Das ist wirklich beunruhigend...“   „Mach dir keine Sorgen, Sakuma. Der Vulkan hat noch einige Jahre vor sich bis zu seinem nächsten Ausbruch.“   Sie machten noch ein paar Fotos, dann setzten sie ihren Wanderausflug fort. Noch waren sie nicht am höchsten Punkt ihrer Route angekommen. Zu Sakumas Erleichterung landeten sie bald wieder auf grüner Fläche, dicht bewachsen von Bäumen, durch die ein schmaler Trampelpfad führte. Sie gingen hintereinander, aufgrund der Enge. Laut Karte sollten sich dort Rehe aufhalten, doch sie erblickten kein einziges. Verständlich, bei so vielen Besuchern, die unterwegs waren, waren sie sicher längst verschreckt worden. Schließlich gelangten sie zu dem von der Karte empfohlenen Aussichtspunkt. Endou, der die Aussicht zuvor schon so genossen hatte, war wieder wie gefesselt und so beschlossen sie, dort Rast zu machen, etwas zu trinken und zu essen. Dafür waren die Bentos schließlich auch da. Gouenji setzte sich neben Endou auf die begrünte Fläche und packte seine Bentobox aus. Sie schauten in die Ferne, während sie aßen. Es könnte kaum schöner sein – so blieb es auch gar nicht, denn hinter ihnen fing der Zank wieder an.   „Fudou, schon wieder?!“, zeterte Sakuma und Gouenji hatte gar keine Lust, den Kopf zu drehen, um zu schauen, was da schon wieder los war. Endou schaute verdutzt mit den Stäbchen im Mund über die Schulter nach hinten, kaute beobachtend auf einem Klumpen Reis herum.   „G-Genda! Du auch?!“   „Es schmeckt wirklich besser aus deiner Bentobox“, meinte Genda und lachte dann leicht. „Komm, ich teile mein Bento auch mit dir, Sakuma.“   „Dann kann ich ja nochmal“, sprach Fudou und Sakuma regte sich wieder auf. Anstrengend.   „Ich verstehe nicht, warum sie immer streiten müssen“, murmelte Endou und schob sich einen weiteren Klumpen Reis in den Mund. Er sah überraschend ernst aus dabei, so als mache er sich wirklich Gedanken um das Team unter diesen Voraussetzungen. „Es ist viel schlimmer als früher. Und überhaupt hat Fudou doch gezeigt, dass er gar kein so übler Kerl ist.“   Ohne einen Happen zu sich zu nehmen lauschte er Endous kleiner Analyse, wartete darauf, dass er einen Grund fand. Doch er fand keinen. „Es ist das Alter“, klärte Gouenji ihn auf und Endou schaute nur fragend, konnte damit offensichtlich nichts anfangen. „In dem Alter gehen die Hormone mit einem durch. Es gibt so vieles, das einen verwirrt.“   Immer noch verstand Endou nicht. Gouenji wunderte es nicht, aber eigentlich- Es so offen zu sagen, war nicht sein Stil. „Es ist das Alter der ersten, richtigen Liebe“, sprach er so cool er konnte und Endou riss die Augen auf, ließ sogar die Stäbchen fallen. „Liebe???!!!!“   „Shhh, Endou!“   Schnell schlug sich Endou die Hände vor den Mund, sah ihn aber immer noch total schockiert an. Seine Augen schrien ihm förmlich die Worte nochmal entgegen. Gouenji zuckte mit den Schultern und begann wieder zu essen. In der Zwischenzeit beruhigte sich auch Endou ein wenig, doch die Nachricht ließ ihn offenbar nach wie vor nicht kalt. „Also meinst du, Fudou und Sakuma... lieben sich?“   „Ich bin nicht sicher, ob sie sich dessen bisher bewusst sind. Oder ob es wirklich Liebe ist oder nur besagte Verwirrung zweier High School Schüler. Aber sie benehmen sich wie zwei, die ihre Gefühle nicht anders zum Ausdruck bringen können. Sei es jetzt nur neugieriges Interesse oder...“ Gouenjis Worte stoppten, als er bemerkte, dass Endou ihn die ganze Zeit anstarrte. Sofort löste er den Blick und schaute zur Seite.   „Du weißt wirklich viel über sowas, Gouenji“, stellte Endou erstaunt fest. Das machte es nur unangenehmer. Wortlos, so als könnte er die Situation wegignorieren, aß er weiter und irgendwann lehnte auch Endou nicht mehr so nah bei ihm und aß. So still sie beide jetzt waren, desto lauter kamen ihm die Gespräche der anderen vor. Was auch immer da bei Fudou, Sakuma und Genda ablief... Gouenji musste sich selbst auf seine eigenen Angelegenheiten konzentrieren.   Und irgendwann würde Endou sicher auch mal Augen für mehr als nur Fußball haben. Oder? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)