Gemeinsam von Goetterspeise (Sasuke x Sakura) ================================================================================ Kapitel 1: Ihre Gedanken ------------------------ Der Vollmond stand im Zenit und erleuchtete so Sakuras Weg, einen schmalen Trampelpfad, der sich durch die Wiese einen Hügel hinauf schlängelte. Das Licht bräuchte es gar nicht, so oft war sie in den letzten Jahren hier entlanggegangen, aber sie genoss es, im Mondlicht spazieren zu gehen. Es war eine warme Sommernacht, ein wenig stickig, da kein Wind aufkommen wollte, aber nach der Hitze des Tages, fühlte es sich fast erfrischend lau an. Auf dem Hügel thronte, etwas klischeehaft, ein großer Apfelbaum und unter ihm eine Holzbank. Es sah ein wenig aus wie in einem Landschaftsbild, doch genau das machte seit je her den Reiz für sie aus. Wahrscheinlich wäre sie als junges Mädchen nicht einmal hier hinaufgelaufen, wenn ihr die Bank nicht ins Auge gefallen wäre, die beschützt von den Blättern des Baumes, in dessen Schatten gestanden hatte. Dieser Ort war ihr über die Jahre hinweg ans Herz gewachsen und während sie in ihrer Schulzeit meist nur tagsüber hatte herkommen können, besuchte sie ihn mittlerweile fast ausschließlich nachts. Sie kam vor allem in Nächten wie diesen hierher. Dann, wenn sie nachdenken wollte, sich über eine zu treffende Entscheidung nicht sicher war oder einfach Abstand brauchte. Es war ruhig, die Luft gut und die Umgebung ein wahrer Traum – und sie überraschte Sakura jedes Mal aufs neue. Egal wie oft sie hier hochging, sich auf der Holzbank niederließ und ihren Gedanken freien Lauf ließ, es war immer so als würde sie ihn zum ersten Mal sehen. Dabei kannte sie die Landschaft bereits bis ins kleinste Detail auswendig und hatte über die Jahre hinweg, den Frühling zu ihrer Lieblingszeit hier auserkoren. Es war einfach ein unvergleichlicher Anblick, wenn die Blüten des Baumes in voller Pracht an den Ästen hingen. Wobei sie aber auch ehrlich gestehen musste, dass sie den Baum, wie jetzt im Hochsommer, mit den heranwachsenden und -reifenden Äpfeln, ebenfalls sehr mochte. Oder die gold roten Blätter im Herbst, die einen zweiten oder dritten Blick wert waren und vom Winterwunderland, wenn endlich Schnee lag, konnte sie auch nie genug bekommen. Ja, eigentlich liebte sie diesen Ort immer, obwohl der Blütenregen zwischen Frühjahr und Sommer, das war, auf was sie mit Abstand am meisten hin fieberte. Mit einem leichten Lächeln ließ sie sich auf die Bank fallen, stellte ihre kleine, graue Handtasche neben sich ab und holte aus ihr ein Notizbuch hervor. Es war klein, nur DIN A6-Format und bereits bis über die Hälfte mit einzelnen Wörtern, Sätzen und Skizzen gefüllt. Das war etwas, was Sakura bereits seit der Mittelschule machte – ihre Gedanken aufschreiben oder zeichnen. Dabei ging es nicht darum, ob es gut klang oder schön aussah, sondern nur, um es aus ihrem Kopf zu bekommen, diesen zu leeren und eine klarere Sicht auf die Dinge zu erhalten. Ihre beste Freundin Ino, die wahrscheinlich schon jedes einzelne Notizbuch gesehen hatte, das Sakura über die Jahre hinweg gefüllt hatte, verdrehte nur noch die Augen, wenn sie eins davon sah. Und vielleicht war es auch dumm, noch immer in ein Heft zu kritzeln wie eine vierzehnjährige, aber dann war es eben so. Sakura brauchte das und in einer Nacht wie dieser, wurde ihr einmal mehr bewusst wie sehr. Sie nahm den Stift aus der Lasche an der Seite und öffnete das Notizbuch auf der nächsten leeren Seite. Wie von selbst, begann sie eine Welle zu malen, dann eine Eiswaffel samt drei Kugeln. Sommer wie heute. Nur war er schon zehn Jahre her … Sakura liebte das Meer. Die salzige Luft, das Rauschen der Wellen und der leichte Wind, der durch ihre Haare wehte. Am Liebsten stand sie direkt am Wasser und ließ es sanft um ihre Füße fließen. Das wahre Entspannungsgefühl kam aber nur dann auf, wenn sie ein Himbeereis in der Hand hielt. So und nicht anders musste der Sommer sein. „Hey, du Traumtänzerin“, riss ihre beste Freundin Ino sie aus ihren Gedanken. Sakura schreckte auf und ließ beinahe ihr Eis fallen. „Erschrick mich doch nicht so!“ „Dann pass auf, was in deinem Umfeld passiert. Die Jungs wollen Volleyball spielen und ich dachte, ich frag, ob du mitmachen willst.“ Ino ließ vielsagend ihre Augenbrauen tanzen, um Sakura eine versteckte Mitteilung zu machen. Diese errötete nur und winkte ab. „Ich schau wohl lieber zu.“ Es war nicht so, als wäre sie schlecht in Sport oder hätte Angst davor, sich schmutzig zu machen und im Sand zu rollen. Normalerweise würde sie ihr Eis essen und dann sofort mit auf den Platz stürmen, um den anderen zu zeigen, wo der Hammer hing. Aber ... heute konnte sie das nicht. „Angst, dass du vor lauter Drang zu gewinnen, über die Stränge schlägst?“, fragte Ino lachend. Das Rot auf ihren Wangen wurde intensiver und sie versteckte ihr Gesicht so gut es ging hinter ihrem Eis. „Blödsinn. Mir … mir ist nur nicht danach.“ „Also ist es nur Zufall, dass ein gewisser Name ständig in deinem süßen Notizbuch auftaucht?“, hakte Ino mit einem breiten Grinsen nach. „Ich weiß nicht wovon du redet“, erwiderte Sakura schnell und konzentrierte sich anschließend auf das Vertilgen ihres Eises. „Ach nein? Komisch. Ich sitz in der Schule neben dir und ich könnte schwören, dass du nicht nur in deine Schulhefte schreibst.“ Sakura ließ sich mit ihrer Antwort zeit, vor allem, weil ihr keine schlagfertige einfiel. Sie biss in die Waffel, kaute unnormal lange darauf herum und schluckte sie dann, zusammen mit einem großen Klos in ihrem Hals, hinunter. „Das sind nur Schulnotizen. Die Hefte sollen übersichtlich bleiben, also hab ich mir dafür ein Extraheft gekauft.“ Die Argumentation klang doch schlüssig, oder? Oder? „Da muss ich dann wohl mal besser aufpassen. Mir ist noch nie aufgefallen, wie oft unsere Lehrer den Namen Sasu-“ „Ino!“, rief Sakura empört und riss ihre Hände in die Luft. Dabei rutschte ihr das Eis aus der Hand und flog im hohen Bogen nach hinten. „Oh“, war alles, was Ino sagen konnte und starrte über Sakuras Schulter hinweg. Automatisch drehte diese ihren Kopf nach hinten, um zu sehen, was ihre beste Freundin die Worte verschlagen hatte und erstarrte ebenfalls. Sie wollte jetzt bitte ganz schnell hier weg, am besten zu ihrem Lieblingsapfelbaum am anderen Ende der Stadt. Naruto Uzumaki, Blondschopf und Chaot der Klasse, stand mit offenem Mund da und blinzelte fassungslos auf das T-Shirt seines Begleiters. Jedes Begleiters, vor dem Sakura sich beim Volleyball nicht hatte blamieren wollen – was sie nun anderweitig geschafft hatte. Sasuke Uchiha blickte nach unten auf seine Brust und musterte den großen Fleck Himbeereis – die Waffel lag mittlerweile im Sand. „Sasuke und ich wollten fragen, wo ihr so lange bleibt“, sagte Naruto etwas bedröppelt, als wäre es noch wichtig wieso sie nun hier standen. „Du wolltest fragen“, korrigierte Sasuke ihn nüchtern, „ich sollte nur mitkommen, weil du Angst hast, alleine mit Mädchen zu sprechen.“ „Alter!“ Narutos Wangen wurden feuerrot und man konnte ihm sein Bedürfnis, seinen besten Freund zu verprügeln am ganzen Körper ansehen. „Ich … ich kauf dir ein neues T-Shirt“, unterbrach Sakura den beginnenden Streit schnell. Sie war ein harmoniebedürftiger Mensch, auch wenn Ino das anders sah, und konnte es nicht leiden, wenn sich Menschen in ihrem Umfeld in die Haare bekamen. Dass sie dadurch Naruto und Sasuke wieder daran erinnerte, was sie gerade getan hatte, kam ihr nicht in den Sinn. „Hn“, sagte Sasuke und drehte sich dann zum Gehen. Sollte sie ihm folgen? Oder war ihre Idee so bescheuert gewesen, dass er sich dazu entschlossen hatte, einfach zu verschwinden? Nach ein paar Metern blieb er stehen und sah noch einmal über die Schulter zurück. „Kommst du?“ „Äh … ja!“ Schnell eilte sie ihm hinterher, um zu ihm aufzuschließen. Sie liefen schweigend zum nächstgelegenen Strandshop und Sakura überlegte fieberhaft, wie sie ein Gespräch, natürlich bestenfalls mit einer Entschuldigung, beginnen sollte. Ihr Kopf war aber leer gefegt. „Du bekommst das Geld wieder“, eröffnete Sasuke zu ihrer Verwunderung irgendwann das Gespräch. Sakura starrte ihn kurz mit offenem Mund an, schüttelte dann aber heftig den Kopf. „Sicher nicht. Ich weiß gar nicht, ob das überhaupt wieder rausgeht. Also ist das das mindeste, was ich tun kann.“ „Du bekommst es trotzdem wieder.“ Sasuke warf ihr einen eindringlichen Blick zu, der ihr Herz schneller schlagen ließ und sie gleichzeitig erschreckte. Der Widerspruch, der ihr bereits auf der Zunge gelegen hatte, verschwand und sie nickte atemlos. Wow. In dem kleinen Strandladen gab es nur diese typischen Souvenir-Shirts, mit irgendwelchen komischen Sprüchen oder Bildern von der Gegend darauf. Sasuke griff einfach nach einem dunkelblauen, auf dem ein Wal, der auf einer Welle ritt, abgedruckt war und ging zur Kasse. Sakura konnte sich nicht vorstellen, dass er damit wirklich herumlaufen würde, aber kaum hatte sie gezahlt und ihren Geldbeutel wieder in der Gesäßtasche ihrer Shorts verstaut, hatte er bereits die beiden Oberteile gewechselt. Es sah einfach lächerlich an ihm aus und sie prustete los. Sie wollte nicht lachen, aber selbst mit zusammengebissenen Zähnen konnte sie es nicht verhindern. „Es tut mir so leid“, sagte sie irgendwann und räusperte sich. Sasuke zeigte ihr nicht, was er von ihrem Anfall hielt. Unbeeindruckt stand er vor ihr und wartete ab, bis sie sich beruhigt hatte. „So, so leid. Wirklich. Aber Ino macht mich manchmal nur noch wahnsinnig.“ Kurzes Schweigen. „Kann ich nachvollziehen. Naruto ist da auch gut drin.“ Ohne es wirklich zu merken, strahlte sie ihn dankbar für diese Worte an. Zum Glück schien er ihr das wirklich nicht übel zu nehmen. Schon am nächsten Tag hatte Sasuke ihr damals das Geld zurückgezahlt und irgendwie war aus diesem Missgeschick sogar eine Freundschaft entstanden. Vielleicht aber auch nur durch Naruto, der die Behauptung, er habe Angst vor Mädchen, nicht hatte auf sich sitzen lassen können. Er hatte von da an beschlossen, mit ihnen täglich in der Pause zu essen. Sasuke natürlich als Anhängsel. Es war eine schöne Zeit gewesen und bevor sie sich versahen, waren sie von der Mittelschule in die Oberschule gekommen, ohne dass Sakura Sasuke gesagt hatte, was sie für ihn empfand. Sie hatte Ino und vor allem auch sich selbst erklärt, dass sie ihre Freundschaft nicht zerstören wolle, aber heute wusste sie, dass sie nur vor einer Zurückweisung Angst gehabt hatte. Sakura blickte auf die bemalte Seite. Zur Welle hatten sich noch viele weitere gesellt und ein kleines Volleyballfeld. Außerdem stand der Name Uchiha ungefähr sieben Mal auf dem Papier. Ein bisschen peinlich berührt, kicherte Sakura über die Herzen, die sie immer dahinter gemalt hatte. Es fiel ihr oft gar nicht auf, was sie genau malte oder schrieb, wenn sie in Gedanken war. Und so verwunderte es sie auch nicht sonderlich, dass sie zwischen all den Erinnerungen an diesen Strandtag das Wort Wald geschrieben hatte. Ein Erlebnis, das in ihrem ersten Jahr in der Oberschule stattgefunden hatte und bei dem ihr noch immer eine Gänsehaut über die Arme kroch, wenn sie daran dachte. Dabei war dieser Abend wirklich schön ausgegangen. Es war dunkel und durch das dichte Blätterdach der Bäume drang kaum das schwache Licht des Holbmondes zu ihnen hindurch. Naruto fluchte unentwegt und stolperte jeden dritten Schritt über den unebenen Waldboden, der von Laub bedeckt war. „Selber schuld“, sagte Sasuke, als Naruto über eine große Wurzel fiel und nur dank Inos schneller Reaktion nicht den Boden küsste. „Woher sollte ich denn wissen, dass die Taschenlampen so schnell den Geist aufgeben?“, erwiderte er bissig. „Ersatzbatterien?“ Sakura konnte über Sasukes schlechte Laune nur schmunzeln. Normalerweise hatte er seine Gefühle wirklich gut im Griff, aber sobald es um Naruto ging, konnte er seinen Ärger nur schwer verbergen. „Hast du an welche gedacht?“ „War das meine Idee?“ „Du … du …“ Naruto kochte mittlerweile vor Wut und Sakura tauschte im schwachen Licht einen genervten Blick mit Ino. Die zwei konnten sich streiten wie ein altes Ehepaar. Das laute Knacken eines Astes hinter ihnen, ließ sie alle zusammenzucken und Sakura wurde erst jetzt wirklich bewusst, dass sie alleine in einem dunklen Wald waren, womöglich viele Kilometer von der Zivilisation entfernt. So genau wusste sie das nicht, weil sie sich verlaufen hatten. „Naruto, wenn wir hier sterben, gebe ich dir die Schuld“, mischte Ino sich plötzlich ein und versuchte das Zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken. Anscheinend war auch ihr gerade erst klar geworden wie ähnlich ihre Situation der in einem Horrorfilm war. Naruto knurrte kurz, bevor er erwiderte: „Wir werden hier nicht sterben. Irgendwo muss der Wald schließlich aufhören.“ „Wenn wir dieses Ende jemals erreichen.“ Ino begann schneller zu laufen und Sakura versuchte ihr zu folgen. Wenn sie etwas aus Horrorfilmen gelernt hatte, oder den Wikipediaeinträgen, da sie dieses Genre nicht schaute, dann, dass man sich nicht trennte. „Ino, nicht so schnell!“, rief sie und blieb mit ihrem Schuh unterhalb einer oberirdischen Wurzel hängen. In ihrer Verzweiflung griff sie in die Luft und fand schließlich etwas, an das sie sich klammern konnte. „Verdammt“, ertönte plötzlich Sasukes Stimme und gemeinsam mit ihm landete Sakura auf dem harten Boden. Schmerzvoll verzog sie ihr Gesicht. „Scheiße“, flüsterte sie mit Tränen in den Augen. „Hn“, stimmte Sasuke ihr zu und aus den Augenwinkeln sah sie, wie er sich aufsetzte. Sie folgte seinem Beispiel und ließ sich auf ihren Hintern fallen, um den Dreck von ihren nackten Knie zu wischen, die nun aufgeschürft waren. „Alles okay mit euch?“, fragte Ino und reichte Sakura ihre Hand. „Ja. Aber erinnere mich daran, dass ich nie wieder eine heimliche Nachtwanderung mitmachen werde.“ Es war schließlich das eine, sich abends zu einem Apfelbaum im Park zu schleichen, der dank der weitläufigen Fläche gut übersichtlich war, aber etwas vollkommen anderes nachts durch einen fast komplett dunklen und fremden Wald zu laufen. „Ich habs ja verstanden, dass das eine dumme Idee war“, mischte Naruto sich ein und seufzte laut. „Dachte, das könnte Spaß machen.“ „Vielleicht solltest du weniger denken“, schlug Sasuke zischend vor. Währenddessen klopfte Ino Sakura den Dreck und Staub von ihrer Hose und konnte sich ein vielsagendes Grinsen nicht verkneifen. Wie konnte sie selbst in einer Situation wie dieser daran denken? Sakura war das schon peinlich genug, auch ohne von Ino daran erinnert zu werden, dass sie Sasuke gerade mit zu Boden gerissen hatte. Das Knacken mehrerer Äste und näher kommende Schritte erinnerten sie daran, wo sie gerade waren und Sakura wurde schlecht. Diese Panik war dumm. Ein Horrorfilm war ein Horrorfilm und nicht das echte Leben. Aber auch im echten Leben gab es Psychopathen. Was, wenn also einer direkt hinter ihnen war? „Was machen wir jetzt?“, flüsterte Ino erschrocken. Sasuke sah sich um und deutete dann hinter zwei große Bäume. „Schnell.“ Es war seltsam beruhigend, dass auch Sasuke die Möglichkeit einer Bedrohung in Betracht zog. Bevor Sakura diesen Gedanken weiterspinnen konnte, zog er sie mit sich hinter einen der beiden Bäume. Sie drückten sich eng an den Stamm und atmeten so flach wie möglich. Was täte sie nicht alles dafür, jetzt weit weg auf einer harten Holzbank unter einem anderen Baum zu sitzen, die Beine im Schneidersitz und ihr Notizbuch, Nr. vierundvierzig, weiterzuführen. „Hallo?“, durchriss eine laute Stimme plötzlich die Ruhe des Waldes. Eine Eule flog erschrocken über ihre Köpfe hinweg und Sakura konnte Sasuke neben sich erleichtert ausatmen hören. „Leute? Seid ihr hier irgendwo?“ Moment. Die Stimme kam ihr bekannt vor. Auch von Sakura fiel nun alle Angst ab und sie trat, gemeinsam mit Sasuke, hinter dem Baum hervor. Naruto und Ino hatten ihr Versteck bereits verlassen und gingen auf Choji und Shikamaru zu, die mit zwei Taschenlampen bewaffnet vor ihnen standen. „Gott sei Dank!“, rief Ino und fiel Shikamaru dankbar um den Hals. Sakura konnte schwören, diesen: „Wie anstrengend“, flüstern zu hören, war sich aber sicher, dass er froh war, seine Freundin gefunden zu haben. Choji, ein stämmiger Junge mit dem nettesten Gesicht, das Sakura je untergekommen war, kam auf sie zu und begann zu erklären: „Als ihr nach einer Stunde nicht da wart, haben wir uns langsam Sorgen gemacht. Und als Asuma-Sensei noch alle Schüler für ein spontanes Lagerfeuer aus den Zimmern geholt hat, war uns klar, dass wir euch dringend suchen müssen.“ Ino gab Shikamaru einen Kuss und ging, eng an ihn gedrückt, voraus. Naruto und Sakura dicht hinter ihnen. Choji und Sasuke bildeten die Nachhut. Dank der Taschenlampen konnten sie die großen Wurzeln und Steine am Boden endlich sehen und Naruto blieb nur zwei Mal hängen, bis sie das Camp wieder erreicht hatten. Leise schlichen sie zur Hütte, die inmitten des Waldes einsam dastand und betraten diese durch den Hintereingang. Als sie vorne wieder nach außen traten, kam Asuma-Sensei gerade auf sie zu. „Entschuldigen Sie, wir haben schon geschlafen“, erklärte Sakura schnell und hoffte, dass ihr guter Ruf bei den Lehrern, zu keinen weiteren Fragen führen würde – und dass durch das schlechte Licht, der Dreck auf ihren Klamotten nicht zu sehen war. Asuma-Sensei, nur echt mit einer Zigarette im Mundwinkel, musterte die kleine Gruppe vor sich kurz, nickte dann aber wortlos. Sie rannten fast an ihm vorbei und in die Richtung, aus der der Schimmer des Feuers kam. Vor ihnen befand sich ein Kreis aus gefällten Baumstämmen, von denen die meisten bereits mit anderen Schülern besetzt waren. In der Mitte hatte jemand viele Holzscheite aufeinander gelegt und angezündet, sodass sich die warmen Flammen nun gen Himmel schlängelten. Sakura und die anderen setzten sich auf den letzten freien Stamm und jeder seufzte leise auf. Das war gerade noch einmal gut gegangen. „Nie wieder“, flüsterte Sakura schließlich und streckte ihre Beine nach vorne. Was bei der Verarbeitung dieses Tages wohl für Kritzeleien und Worte in ihr Notizbuch kommen würden? „Hn“, stimmte Sasuke ihr zu, der neben ihr saß. Sie lächelte ihn an und merkte, wie ihre Lider schwer wurden. „Eigentlich würde ich jetzt gern einfach schlafen“, nuschelte sie gähnend und lehnte, ohne es wirklich zu erfassen, ihren Kopf an seine Schulter. Sasuke sagte dazu nichts. Ein nervöses Kribbeln breitete sich in ihrem Magen aus, als Sakura daran zurückdachte. Sie war in den vergangenen Jahren oft an seiner Schulter eingeschlafen, aber das war ihr erstes Mal gewesen. Etwas besonderes, wenn man so wollte. Sie zeichnete gerade die Flammen des Lagerfeuers nach, als ihr noch etwas anderes einfiel. Sie war noch nie gut darin gewesen, Holzschwerter zu malen, obwohl es eins ihrer häufigsten Motive war. Am Ende sah es immer aus wie ein Ast und das änderte sich auch heute nicht. Das beklemmende Gefühl, das sie bei diesem Anblick verspürte, war allerdings neu und sie blickte nach oben. Zwischen den Blättern hindurch, sah sie vereinzelt Sterne leuchten. Was sollte sie nur tun? Seufzend widmete sie sich erneut ihrem Notizbuch und dachte darüber nach, was an diesem Tag vor sieben Jahren im Krankenzimmer geschehen war. Es war ein lautes Lachen, das durch die Gänge der Schule hallte. In den umliegenden Klassenzimmer mussten die Lehrer kurz den Unterricht unterbrechen, doch bevor sie sich ihren Weg durch die Tische zur Tür gebahnt hatten, verstummte es wieder. Und so ließen sie es auf sich beruhen. Ursprung dieses Lachens war Ino, die mit einem breiten Grinsen neben Sakura im Gang stand und auf die weiße Tür zum Krankenzimmer blickte. „Weißt du, andere hätten ihm einfach gesagt, dass sie auf ihn stehen.“ „Halt die Klappe“, zischte Sakura mit einem hochroten Kopf. „Außerdem hab ich das ja nicht mit Absicht gemacht.“ „Wäre noch schöner“, erwiderte Ino und Sakura konnte in diesem Moment schwören, wenn ihre beste Freundin keine Ohren hätte, würde sie im Kreis grinsen. „Ich mein, es ist doch meine Pflicht, Schülern, die verbotenerweise mit Holzschwertern durch die Gänge rennen, diese abzunehmen und zum Rektor zu schicken. Ich bin schließlich in der Schülerverwaltung.“ „Schon. Aber, dass du eins der Schwerter Sasuke über den Schädel ziehst, gehört da nicht dazu.“ „Ich weiß, aber …“ „Aber du warst so in deine Rede vertieft, dass du gar nicht mitbekommen hast, wie du mit dem Schwert um dich geschlagen hast. Ja, ja. Sakura das Thema hatten wir gerade“, erinnerte Ino sie daran, dass sie ihr die ganze Geschichte erst ein paar Augenblicke zuvor erzählt hatte. Sakura seufzte ergeben und flüsterte: „Er wird mich hassen.“ „Nein, wird er nicht.“ „Ino, ich hab ihn mit einem Holzschwert geschlagen.“ „Ach, das hält eure Freundschaft schon aus. Ich würde sogar wetten, dass Naruto das auch schon geschafft hat. Vielleicht nicht mit einem Schwert, aber sicher mit irgendetwas vergleichbarem.“ Sakura ließ diese Worte gerade sacken, als die Tür aufging und Shizune, ihre Schulschwester, aus dem Raum trat. Sie hatte eine weiße Hose und einen weißen Pullover an und ihre braunen Haare zu einem lockeren Zopf zusammengebunden. „Sakura Haruno?“, fragte sie die beiden Mädchen und unsicher nickte Sakura. „Komm mit. Du und Sasuke müsst mir beim Ausfüllen des Unfallberichts helfen.“ Ino half Sakura mit einem kleinen Schubs, loszulaufen. Sie folgte Shizune mit wackeligen Knien in den Raum und wich Sasukes Blick aus, der am Schreibtisch an der rechten Wand saß. Links standen drei Betten, die durch Sichtschutze getrennt wurden. Sakura ließ sich auf dem Stuhl neben Sasuke nieder und Shizune setzte sich auf ihren. Sie nahm ein Klemmbrett und einen Stift in die Hand und blickte abwechselnd vom einen zum anderen. „Also, wer will anfangen?“ Sasuke schwieg und auch Sakura bekam kein Wort über ihre Lippen. „Falls es euch beruhigt: ihr seid nicht die ersten, denen so etwas passiert ist“, versuchte Shizune sie aufzumuntern. Das machte es für Sakura aber nicht weniger peinlich. Den ganzen Tag wollte sie hier aber auch nicht sitzen bleiben, also schluckte sie und begann zu erzählen, was vorgefallen war. Sasuke nickte an der Stelle, als sie davon erzählte, wie sie ihn mit dem Holzschwert am Kopf getroffen hatte und Shizune musste ein Prusten mit einem Räuspern kaschieren. Das ganze Gespräch dauerte keine zehn Minuten und nachdem das Blatt komplett ausgefüllt worden war, verabschiedete Shizune die beiden und bat sie, wieder in die Klasse zurückzugehen. „Es tut mir so, so leid, Sasuke“, flüsterte Sakura, während sie durch den Flur zum Treppenhaus gingen, um in den ersten Stock zu gelangen. „Hn“, erwiderte er knapp. Sie riskierte einen Seitenblick und konnte schwören, dass seine Wangen einen leichten Rotschimmer angenommen hatten. Wahrscheinlich war ihm diese Unaufmerksamkeit mindestens genauso peinlich wie ihr der Schlag selbst. Als Kapitän des Karateclubs sollte er bessere Reflexe haben. Wieso war er auch nicht ausgewichen? „Immerhin war es ja kein heftiger Schlag“, versuchte Sakura die angespannte Stimmung aufzulockern. Er hatte schließlich nicht einmal eine Platzwunde, sondern nur ein Pflaster über der linken Augenbraue. „Sakura.“ Sasuke blieb mitten auf der Treppe stehen. Sakura tat es ihm gleich und legte ihren Kopf ein wenig zur Seite, um ihn fragend anzuschauen. „Hasst du mich?“ Die Frage klang aus seinem Mund so falsch und überrumpelte Sakura komplett. Sie starrte ihn einen Augenblick fassungslos an und begann dann zu lachen. Sie wusste, dass Sasuke das ganz sicher nicht lustig fand, aber sie brauchte dennoch zwei Minuten, bevor sie sich gefangen hatte. „Wie … wie kommst du darauf?“, fragte sie atemlos. Er verschränkte die Arme vor der Brust und hob eine Augenbraue. „Ist ja schon gut. Ich weiß ja. Und nein, ich hasse dich nicht. Ich mag dich. Sogar sehr gern“, erklärte sie ihm gutgelaunt. Und dann … begriff sie, was sie gesagt hatte. Und Sasuke ebenfalls. Seine Augen weiteten sich kaum merklich, aber sie konnte seinen Schock sehen. „Also, du weißt schon. Wie … wie … wie … man das halt so … ähm … unter Freunden tut“, versuchte sie es abzuschwächen. Nur glaubte sie es sich selbst nicht, so falsch wie es in ihren Ohren klang. Sasuke reagierte nicht darauf. „Können wir einfach in die Klasse gehen?“, fragte sie und hoffte, dass ihre heißen Wangen nicht rot leuchteten. Er nickte und Sakura blickte ihn dankbar an. Wenn er nett war, würde er es nie wieder ansprechen und sie konnte sich damit abfinden, dass es sinnlos war, in ihn verliebt zu sein. Sie stieg die Treppe weiter hinauf, merkte aber, dass Sasuke ihr nicht folgte und drehte sich um. Er stand da und sah sie an. Ein Flackern in den dunklen Augen, das sie noch nie gesehen hatte.Seine Stirn in leichten Furchen, die darauf hindeuteten, dass er nachdachte. Über was? Sie? Ihre blöden Worte? Bitte, ließ es nicht sein, wie er ihr schonend eine Abfuhr geben konnte. Er sollte lieber gar nichts dazu sagen. „S-sasuke?“, fragte sie vorsichtig und schien ihn damit aus seinen Gedanken zu reißen. Sie wusste nicht, ob sie deren Inhalt kennen wollte. „Vielleicht …“, flüsterte er. Ihre Augenbrauen zogen sich irritiert zusammen. Wenn er ihr das Herz brechen wollte, dann sollte er es bitte schnell machen, damit sie hier wegkam. „Du magst doch Kuchen, Sakura“, sagte er völlig unerwartet und überrumpelte sie erneut. „Ähm … ja“, antwortete sie unsicher. „Dann gehen wir nach der Schule Kuchen essen.“ Okay. „Wieso?“, rutsche es ihr raus. Sie musste wirklich etwas gegen ihr schnelles Mundwerk unternehmen. Sasuke ging wortlos zu ihr hoch und blieb eine Treppenstufe unter ihr stehen. „Ein Date“, stellte er fest als wäre es das normalste der Welt. Dann ging er an ihr vorbei und ließ sie einfach zurück. Wie bitte?! Sakura klappte ihr Notizbuch zu. Drei Seiten waren nun gefüllt worden und auf keiner von ihnen hatte sie das geschrieben, was sie heute Nacht wirklich beschäftigte. Und das machte ihr Angst. Sie starrte den blauen Einband eine Weile lang schweigend an, lauschte dem Zirpen der Grillen und versuchte sich fieberhaft zu erklären, was nicht stimmte. Es war eine schwierige Situation für sie, ja. Aber das waren auch andere schon gewesen. Sie befand sich noch in ihrem Medizinstudium und hatte selten Zeit für andere Dinge – auch hierher kam sie viel zu selten. Doch diese Phase durchlebte sie auch nicht zum ersten Mal. Die Zukunftsangst, die sich in ihr ausgebreitet hatte, war auch nicht neu. Vor und während der Aufnahmeprüfungen für die Universität war es ihr nicht anders ergangen. Mit einem lauten Seufzen steckte sie das Notizbuch in ihre Tasche zurück und schloss die Augen. Mittlerweile war eine leichte Brise aufgekommen, die durch Sakuras Haar blies und die Blätter des Apfelbaumes zum Rascheln brachten. Es war beruhigend und sie wünschte sich, diesen Augenblick einzufangen und nie wieder hergeben zu müssen. Aber leider funktionierte das nicht und als sie schließlich Schritte näherkommen hörte, wusste sie, dass dieser friedfertige Moment vorbei war. Sie öffnete ihre Augen und blickte in die von Sasuke, der gerade vor ihr stehen geblieben war. „Wie lang war ich denn weg?“, fragte sie kleinlaut und wusste bei seinem Anblick, dass er sich Sorgen um sie gemacht hatte. „Drei Stunden.“ „Oh.“ Mit einem leichten Kopfschütteln ließ er sich neben sie auf die Bank fallen und schaute in die Ferne. „Was ist los?“, fragte er nach einer Weile, die sie schweigend nebeneinander sitzend verbracht hatten. „Ich musste nur ein bisschen nachdenken“, flüsterte Sakura und biss sich unsicher auf die Lippe. Sie sollte es ihm sagen, es war ein guter Moment dafür. Niemand, der sie stören konnte, eine beruhigende Umgebung und der Platz, an dem sie sich seit je her, am sichersten fühlte. Er drängte sie nicht, ihm zu sagen, worüber sie nachgedacht hatte. Das liebte sie an ihm, wie so viele Kleinigkeiten, die andere nie sahen. Sakura aber konnte Sasuke lesen, verstand die kleinen Veränderungen in seinen Blicken, die kaum merklichen Furchen auf seiner Stirn, wenn etwas nicht so funktionierte wie er wollte oder die variierende Tonlage seiner „Hn“s, wenn er nicht wusste, wie er seinem Gegenüber antworten sollte. Sie wusste sofort, wann er zustimmte und wann nicht. Und dann begriff Sakura endlich. Der Grund, warum sie es nicht schaffte, hier eine Antwort zu finden und es nicht aus ihrem Kopf in ihr Notizbuch wollte, war einfach. Es war etwas, das ohne Sasuke nicht funktionierte. Hier ging es nicht nur um ihre Gedanken und Gefühle. Nicht nur darum, was sich in ihrem Leben verändern würde, sondern auch in seinem. Es gab viele Dinge, die zwar mit einer anderen Person zusammenhingen, aber nicht von ihr entschieden werden mussten. Dieses gehörte nicht dazu. „Sasuke“, begann sie und drehte ihren Kopf in seine Richtung. Sie schluckte, atmete noch einmal tief durch und sprach weiter: „Ich bin schwanger.“ Ja, er brauchte ein paar Sekunden, um ihre Worte erfassen zu können, das konnte Sakura sehen. Zunächst verstand er sie gar nicht, dann, ganz langsam, drang es zu ihm durch und er verarbeitete sie. Anders als sie es aus Filmen kannte, begann er nicht zu stottern und fragte ungläubig nach, was sie bitte sei. Er wiederholte ihre Worte auch nicht fassungslos. Nein, er beugte sich vor und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Sakura beobachtete seine Mimik genau und lächelte ihn schüchtern an. Er zeigte es nicht offensichtlich, aber sie wusste, dass er die gleiche Angst verspürte wie sie. Ihre Zukunftsplanung war eine komplett andere und wie sie ein Kind integrieren sollten, würde eine wahre Herausforderung werden. Aber eine, der sie sich gemeinsam stellen würden und Sakura verspürte das erste Mal seit heute Morgen, als sie es erfahren hatte, so etwas wie Zuversicht neben ihrer Angst. Sie lehnte ihren Kopf an seine Brust und schloss ihre Augen. „Wir schaffen das“, begann sie langsam, „oder?“ „Hn.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)