Pride von SpacePirate ================================================================================ Kapitel 4: ----------- Donnerstag Am Tisch blieb heute zu meinem Unglück ein Platz frei. “Ist Cain heute nicht da?”, fragte ich in die Runde. “Natürlich nicht. Immerhin haben wir heute einen Test geschrieben.”, meinte Newy mit einem Augenrollen. “Er ist so ein Penner… Nie hört er auf mich!” “Er hat bestimmt sein Gründe.”, versuchte Kilian ihn zu beruhigen. “Ja, ja ich weiß. Er will die Tests nicht verhauen. Idee: Wie wärs wenn er anfängt für sie zu lernen statt darauf zu warten, dass du ihm helfen kannst?! Aber nein, der Herr verbringt seine Zeit lieber anders... Das ist so dumm, mir fehlen die Worte, wie dumm das ist!” “Ich mach mir auch Sorgen. Aber du weißt genau, dass es nichts bringt, wenn du wütend auf ihn wirst.” Kilian sah ziemlich bedrückt aus. “Wir sollten zusammen aufs College und coole Roommates sein...” Newy stütze seinen Kopf mit einem Arm und sah leicht schmollend in die Ferne. Die Stimmung war im Keller, ich versuchte dennoch eine neues Thema anzufangen, weil es mir keine Ruhe ließ. “Newy, deine Katze saß gestern bei mir vor dem Haus. Sie ist mir schon Dienstag hinterher gelaufen.” Newy drehte seinen Kopf leicht in meine Richtung und antwortete ohne die Hand von seinem Mund zu nehmen: “Ist nicht mein Kater. Er treibt sich in der ganzen Stadt umher, wir füttern ihn bloß manchmal.” Jetzt ergab es noch weniger Sinn, dass er ihn im Rucksack hatte. “Und hat er einen Besitzer?”, wollte ich wissen. “Er ist ein Kommunisten-Kater. Er hält nichts von Besitzansprüchen.”, sagte Kilian und musste über seinen eigenen Witz lachen. “Bitte erschießt mich! Nur, weil Cain nicht da ist musst du nicht die schlechten Witze übernehmen.”, murmelte Newy. “Du hast auch etwas gelächelt, dass hab ich gesehen!”, verteidigte sich Kilian. “Das war das letzte Zucken meiner Gesichtsmimik, bevor sie wegen deines Witzes gestorben ist!” “Jetzt wirst du überdramatisch...” “Jetzt? Mein ganzes Leben ist ein einziges Drama!” Er flatterte mit den Fledermausärmeln seines schwarzen Strickpullovers. Aus dem Augenwinkel seh ich wie Kilian wieder in sich zusammen sank, genau so wie damals im Unterricht. “Das wird gleich wieder”, erklärte Newy und zeigte nicht die Absicht ihm irgendwie helfen zu wollen. Ich tat das was Mr. Svensson, beim letzten Mal getan hat und packte ihn an der Schulter. Allerdings eher symbolisch, einfach nur um etwas getan zu haben, weil ich nicht wusste wie ich sonst sinnvoll helfen sollte. Kilian kam dieses Mal schneller wieder zu sich. Ich nahm meine Hand wieder weg. “Ist alles gut?”, erkundigte ich mich. Kilian lächelte schwach. “Ich hab das drei bis vier Mal am Tag, man gewöhnt sich dran.” “Und man kann da gar nichts machen?” “Ich hab Medikamente bekommen, aber die haben allesamt nicht geholfen und jetzt hoffen wir einfach, dass es sich verwächst.” “Das wünsche ich dir. Ist bestimmt sehr anstrengend.” “Dann könnte unser Kilian auch endlich selber Auto fahren und hätte keine Ausrede mehr sich von uns chauffieren zu lassen.”, stellte Newy fest. “Apropos, Alexis hast du ein Führerschein?” “Ja, schon...” Newy lehnte sich zurück. “Perfekt, dann bist du eingestellt und ich kann endlich mal ein Wochenende entspannen!” “Ich hab aber kein Auto.” “Nimm meins! Mir ist alles egal, solange ich am Samstag bis 12 Uhr schlafen kann und keiner mich stört. ” “Wo musst du den hin?”, erkundigte ich mich bei Kilian. “Er übertreibt wieder mal maßlos! Ich lass mich gar nicht so oft fahren.”, protestierte Kilian. “Newy, ich muss in den Elektroladen in der nächsten Stadt. Oh, warte wenn wir schon mal unterwegs sind können wir gleich in den Buchladen am anderen Ende vom Staat. Halten wir an diesem Restaurant? Ist bloß in 130 Meilen, drüben in Virginia. ”, äffte Newy ihn nach. “Du musst aber zugeben, die Burger waren echt genial.”, sagte Kilian. “Ihr wart echt in Virginia für Burger?” “Oh, ja! Wundert mich, dass wir noch nicht in New York waren um dort Hotdogs zu kaufen. Kilian kriegt Hummeln im Hintern, wenn er zu lange zuhause ist. ” Das machte mir Kilian noch ein ganzes Stück sympathischer. Er wollte also auch hier weg. “Wenn Newy mir wirklich sein Auto gibt, dann fahr ich dich gern, wenn was ist.”, sicherte ich ihm zu. “Ach weißt du”, fing Kilian an. “Es gibt da einen coolen Laden in Philadelphia.” Scheinbar hatte ich das erste Mal, seit einer Ewigkeit, am Samstag mehr vor als nur in meiner Depression zu versinken. Heute ließ sich der Kater verständlicherweise nicht blicken, weder auf dem Heimweg, noch auf der Veranda. Vielleicht war es auch besser so, sonst wäre meine Mutter wieder auf ihn losgegangen. Dennoch war ich traurig. So traurig sogar, dass ich auf Webseiten von Tierheimen nach Katzen suchte, die ich später mal adoptieren wollen würde. Mein Lebensziel war es nämlich ein verrückter Katzen-Opa zu werden und da konnte man nicht früh genug anfangen. Und alle Katzen, die ihre 9 Leben aufgebraucht haben, lass ich ausstopfen, stell sie ins Wohnzimmer und lade dann die Nachbarn zu mir ein, um sie zu erschrecken. Ich schüttelte mich selbst vor dieser Vorstellung. Da fiel mir ein das ich noch “Friedhof der Kuscheltiere” zu Ende lesen wollte. Daher schmiss ich mich ins Bett und war bereit für etwas Horror. Entsprechend blieb mein Herz stehen, als etwas an meinem Fenster kratzte. Erschrocken drehte ich mich um und gelbe Augen leuchteten mir entgegen. Ich musste einen kurzen Schrei unterdrücken. Es ist nur der Kater, entspann dich! Nachdem ich mich wieder gesammelt hatte, öffnete ich das Fenster. Zusammen mit dem Kater kam, auch etwas frische Abendluft herein. “Miauuuu!”, begrüßte das Tier mich. “Pschhhhhh” Ich nahm den Finger vor dem Mund. “Du musst ganz leise sein.” “Miau“, gab der Kater von sich, aber tatsächlich leiser, wobei es wohl nicht an meiner Ansprache lag. Ich startete nun den dritten Versuch, dem Kater etwas zu Essen anzudrehen. Leise schlich, ich nach unten und machte ein Sandwich um den Schinken zu tarnen. Es war zwar nicht nötig, da meine Eltern im Wohnzimmer einen Krimi Serie schauten und sich nicht so leicht davon ablenken ließen, aber sicher war sicher. Wieder im Zimmer, nahm ich das Sandwich wieder auseinander. Der Kater hatte es sich auf meinem Bett bequem gemacht. Also stellte ich den Teller mit dem Schinken neben ihn, nahm selber auf dem Schreibtischstuhl platz und kaute am übriggebliebenen Brot. Der Schinken wurde beschnuppert, für gut befunden und schnell verschlungen. Und jetzt was? Ich sah den Kater an, er sah mich an. Was macht man so mit Katzen, beschäftigen die sich nicht normalerweise selbst? Es wurde Zeit auf meiner Lieblingsseite zum recherchieren. WikiHow hatte natürlich einiges zum Thema Katzen. Der Kater machte sich derzeit daran mein Zimmer zu erkunden und hüpfte von einem Möbel aufs andere. Eine Katze zeichnen, Eine Katze baden, Das Geschlecht einer Katze bestimmen... Jup, eindeutig männlich. Eine Katze beruhigen, Katzenminze züchten, Eine Katze scheren… Gewinne die Liebe deiner Katze - Das klingt doch mal nach was! Ich überflog den Artikel kurz, bis ich merke dass es plötzlich verdächtig still im Raum war. Mein Besucher saß vor dem Bücherregal und berechnete wahrscheinlich gerade die beste Route wie man das Regal erklimmen konnte. “Hey!”, versuchte ich ihn abzulenken, knüllte einen Zettel zusammen und warf ihn als Spielzeug-Ersatz auf den Boden. Beinah erschrocken über diese dumme Idee sah mich der Kater beleidigt an, als wolle er sagen: “Was denkst du, was ich bin? Ein treudoofer Hund, der mit jedem Müll spielt?” So langsam hatte ich auch keine Lust mehr ihn als den Kater zu bezeichnen. Er musste doch einen Namen haben. Ich sah mir das Tier nochmal von allen Seiten an. “Du siehst aus wie ein Luzifer”, verkündete ich dem Kater, aber er reagierte nicht, also war es wohl nicht der. “Garfield? Leo? Simba?” Nichts. Ich konnte vermutlich lange raten. So ein Streuner hatte bestimmt viele Namen und reagierte auf keinen oder auf jeden, je nach Laune. “Ich nenn dich jetzt Kosmo”, entschied ich mich nach etwas überlegen. “Kosmo! Kosmo!” Ich redete mir ein, dass wenn ich ihn oft genug so rief er irgendwann auf mich aufmerksam werden würde. Kosmo sah sich immer noch meine Bücher an. “Soll ich dir eins vorlesen?”, fragte ich. Es war zwar kein Kleinkind, aber einen Versuch war es vielleicht wert. Keine Ahnung, was Katzen hören wollten... Und ob er mich überhaupt versteht, deswegen war vermutlich jedes Buch gleich gut geeignet. Da “Friedhof der Kuscheltiere” noch auf meinem Bett lag, setzte ich mich und begann vorzulesen. Erst kam ich mir ziemlich doof vor, aber es schien auf irgendeine Art und Weise tatsächlich einen beruhigenden Effekt auf Kosmo zu haben. Er legte sich neben mich und hörte so gespannt zu, dass ich irgendwann anfing ihm die Handlung zu erzählen die vorher passiert war, damit alles Sinn ergab. Nach knapp einer Stunde war diese Idylle vorbei. Kosmo stand auf, marschierte zielstrebig zum Fenster und verlange mit Kratzen und Miauen herausgelassen zu werden. “Komm aber mal wieder vorbei”, sagte ich als ich das Fenster öffnete. Das undankbare Stück Fell drehte sich allerdings nicht mal um. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)