Flügelschwingen - Adventskalender von Dradra-Trici ================================================================================ Kapitel 17: Türchen 17 ---------------------- Sachi wollte etwas sagen. Katiya widersprechen. „Ach…“, setzte sie an. Wusste aber nicht weiter. „Das…wird schon!“, versicherte sie. Zuversichtlich klang sie dabei allerdings nicht. Katiya runzelte die Stirn. Sie hatten sich bei Sachi getroffen, um gemeinsam zur Werkstatt zu gehen. Draußen wütete noch immer ein Schneesturm, weswegen sie beschlossen hatten, zu Fuß zu gehen. Ein eigenes Auto hatte keine von ihnen zur Verfügung – außerdem würde es sich kaum rentieren, die paar Minuten zur Werkstatt zu fahren. „Meine Mutter möchte mich nicht außer Haus lassen, weil sie Angst hat, dass …“ Katiya unterbrach sich selbst mit einem Achselzucken. Dass Yuriy sie entführen, eine Horde Wilder die Feier stürmen würde? Wovor hatte Natasha eigentlich Angst?! Nicht einmal alleine nach Hause müsste sie gehen. Sachi wäre sicherlich so gut, sie zu begleiten. Sachi schlüpfte in ihre dicke Winterjacke. Die, mit den vielen Stickereien, die sie sich letzten Winter im Schlussverkauf ergattert hatte und die sie seither immer getragen hatte, wenn die Temperaturen fielen. Da fiel Katiya jäh etwas ein. Nicht nur Natasha stellte eine Gefahr für ihre Feier dar. „Wusstest du, dass Yuriy über Weihnachten wegfahren will?“, fragte sie Sachi. „Was?! Wie kommst du darauf? Das ist doch völlig gaga! Wo sollte er denn hinwollen?!“, echauffierte sich Sachi. Zwischen den Sätzen holte sie kein einziges Mal Luft. „In die Berge, meinte er. Ich habe ihn gestern getroffen“, erwiderte Katiya und wusste nicht, was sie dabei empfand. Gestern noch hatte sie den Hauch von Erleichterung gespürt, als Yuriy ihr von seinen Plänen erzählt hatte. Ohne ihn, keine Feier. Ohne Feier, keinen Ärger mit Natasha. Nun jedoch merkte sie, dass sie sich auf die Feier freuen würde… „Kacke…“, grummelte Sachi. Ihr Optimismus bekam einen deutlichen Dämpfer. „Ohne dich und vor allem ohne Yuriy können wir die Überraschungsparty – für Yuriy – echt knicken…“, murrte sie. Ihre Augen wurden trüb, ihre Miene düster. Katiya schwieg betreten. Sie fühlte sich seltsam schuldig. Hätte sie etwas tun können? Hätte es in ihrer Macht gestanden, Yuriy umzustimmen? „Macht keine so langen Gesichter!“, riss sie da eine Stimme hoch. Es war Gerhard – Sachis Opa. „Ich hab‘ nicht gelauscht, aber die letzten paar Sätze gehört“, meinte er verschmitzt. Katiya und Sachi tauschten einen Blick. „Und scheiße, was?“, erwiderte Sachi an ihren Opa gewandt. Gerhard und sie waren schon immer ein Herz und eine Seele gewesen. Wenn sie Kummer hatte, war ihr Großvater einer der Ersten, der davon erfuhr. Er verurteilte sie nie. Geriet nie in Panik. Oder schrie. Er war ihr Fels in der Brandung. Ein ruhiger Weiser. Mit einem schrägen Humor und einem Herz aus Gold. Gerhard wiegte den Kopf. „Ihr redet mal mit eurem Freund.“ „Aber das bringt doch nichts!“, begehrte Sachi auf. Wenn sie eines gelernt hatte, dann, dass Yuriy stur sein konnte wie ein Esel. Gerhard jedoch gab ihr ein Zeichen, ruhig zu sein. „Ich werde mit Natasha reden“, verkündete er. Gerhard und Ilya – Katiyas Großvater – waren früher einmal gute Freunde gewesen. Sachi war sie nicht sicher, ob ein Gespräch zwischen Gerhard und Ilyas Tochter Natasha die Sache besser machen würde. Schließlich lagen Ilya und Gerhard im Streit … „Nun schaut nicht so, Fräuleins!“ Gerhard trat neben Sachi in den Eingangsflur und klopfte ihr auf die Schulter. Sie waren aufbruchsbereit. In Sachis Jackentasche klimperten ihre Schlüssel. „Redet mit ihm!“, beharrte Gerhard. „Schließlich ist niemand gern allein an Weihnachten.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)