Pay me attention von ChiaraAyumi ================================================================================ Kapitel 1: Pay me attention --------------------------- „Frank, hier versteckst du dich also.“ Narcissa Black lugte über den Bücherstapel hinüber, der das Gesicht ihres besten Freundes Frank Longbottom, überragte und ihn so verschwinden ließ. Sie hatte das ganze Schloss nach ihm abgesucht, weil sie mit ihm reden wollte. Natürlich war er wie alle Siebtklässler – mit ihr nun wirklich alle – in der Bibliothek und bereitete sich auf die UTZ-Prüfungen vor. „Ich verstecke mich nicht. Ich lerne. Solltest du auch mal probieren“, erwiderte er, ohne auch nur den Blick von seinem Buch zu lösen. Genervt schob sie den Bücherstapel beiseite, um sein Gesicht besser sehen zu können und damit er ihr endlich in die Augen blickte. „Räum die Bücher ordentlich zurück und schiebe sie nicht einfach beiseite“, wies Frank sie gedankenverloren an und machte sich zu irgendeinem Zauber Notizen auf ein über- und überbeschriebenes Pergamentblatt. Narcissa warf ihre langen, blonden Haare entrüstet zurück, räumte die Bücher aber dann doch zurück. Sie musste mit Frank reden und er sollte dann nicht verärgert sein. Es war wichtig, dass er verstand, was sie von ihm wollte. Flüchtig warf sie ein Blick über ihre Schulter und sah, wie er auf seinen Feder kaute, während er sich tief über das Buch beugte. Er war ganz vertieft in seinen Studien. Sie biss sich auf die Lippen, ihr Herz klopfte bei seinem Anblick und ihr stieg die Röte ins Gesicht. Sie wusste nicht, wann sie angefangen hatte Frank mit anderen Augen zu sehen, nur dass sie ihn auf einmal nicht nur als Freund sah. Betrachtete sie Rufus, ihren anderen besten Freund, hatte sie dieses Gefühl nicht. Frank war anders. Deswegen war es umso wichtiger, dass sie mit ihm sprach. Sie räumte die letzten Bücher ein und setzte sich ihm wieder gegenüber. „Frank, ich muss mit dir reden.“ Er blickte wieder nicht auf. „Frank“, quengelte sie nochmal. „Pscht“, kam aus der benachbarten Ecke und sie sah wütende Blicke von einem Dutzend Ravenclaws. Warum musste Frank auch ausgerechnet in der Bibliothek sitzen? Sie warf den Ravenclaws einen verachtenden Blick zu bevor sie sich wieder ihrem besten Freund zuwandte. „Ich hab ein Brief von zuhause bekommen“, begann sie zu erzählen. Die Pscht's ignorierte sie gekonnt. Das hier war wichtiger als Lernen. Es ging hier um ihre Zukunft. „Du weißt ja, dass für meine Schwestern Ehen arrangiert wurden.“ Immer noch keine Reaktion von Frank. Sie verdrehte die Augen. Verstand er nicht, worauf sie hinaus wollte? „Und jetzt hat meine Mutter angefangen sich für mich nach Heiratskandidaten umzuschauen.“ Frank blätterte weiter in seinem Buch und machte nur „Hm“. Er hörte ihr nicht mal wirklich zu. Dabei ging ihn das hier etwas an. „Ich soll mich mit Lucius Malfoy treffen. Meine Mutter will, dass ich ihn heirate.“ Jetzt war es raus. Frank blickte kurz hoch und machte wieder nur „Hm“. Narcissa wurde jetzt richtig wütend. Sie erwartete ja nicht gleich, dass Frank ihr hier und jetzt direkt einen Heiratsantrag machte – schließlich wusste sie nicht, ob er ihre Gefühle erwiderte – , aber er konnte sie wenigstens mal – als ihr bester Freund – fragen, was sie von der Sache hielt. Zornig zog sie ihm das Buch vom Tisch. Dabei stieß sie das Tintenfass um und die Tinte ergoss sich über seine Notizen. „Narcissa!“, rief Frank aufgebracht aus. „Ich hab stundenlang daran gearbeitet!“ Jetzt sah er ihr zwar endlich ins Gesicht, doch wieder nur für eine Sekunde bevor er begann die Tinte aus dem Pergament zu bekommen. Doch es war hoffnungslos verloren. Er griff nach dem Buch. Ärgerlich sah er sie an. „Du weißt genau, dass es mein größter Traum ist, Auror zu werden. Also kannst du mal für eine Sekunde nicht so egozentrisch sein und mich – und alle anderen hier – nicht weiter beim Lernen stören? Das wäre wirklich hilfreich!“ Narcissa sprang auf und rannte ohne ein Wort der Entschuldigung hinaus. Was hatte sie schon von ihm erwartet? Sie biss sich auf die Lippen. Irgendwie hatte sie darauf gehofft, dass Frank plötzlich begriff, dass er in sie verliebt war und ihr wirklich auf der Stelle einen Heiratsantrag machte. Sie hätte sich denken können, dass das zu kitschig und zu unrealistisch war. Sie seufzte.   Narcissa wandte sich an ihren zweiten besten Freund, der zum Glück die Bibliothek bereits verlassen hatte und nun beim Abendessen saß. Natürlich hatte er trotzdem ein Buch dabei, in dem er gerade las. Genauso wie Frank hatte er große Ziele für seine Zukunft. Er sah sich bereits als zukünftigen Leiter des Aurorenbüro oder gar als Zaubereiminister. „Rufus, ich muss mit dir reden.“ Sie ließ sich ihm gegenüber fallen und verscheuchte dafür ein paar Gryffindor-Erstklässler, indem sie auf ihr Vertrauensschülerabzeichen tippte und ihnen deutlich zu verstehen gab, dass sie ihnen Hauspunkte abziehen würde, wenn sie nicht sofort verschwinden würden. „Narcissa, du kannst deine Macht als Vertrauensschülerin nicht immer so missbrauchen“, sagte Rufus missbilligend, als er sein Buch zuschlug. Wenigstens jemand, der ihr mal ins Gesicht schauen konnte, statt einfach weiter zu lernen. „Ich soll Lucius Malfoy heiraten“, brach es augenblicklich aus ihr heraus. „Oh“, machte Rufus nur und nestelte an seinem Schulsprecherabzeichen herum. „Oh“, machte er nochmal. „Willst du das denn?“ „Nein“, gab sie aufgebracht zurück. „Nein, ich will nicht Lucius Malfoy heiraten. Ich will nicht einfach an den nächstbesten Reinblüter verschachert werden. Nicht so wie Bella.“ Ihre Schwester hatte in diesem Sommer Rodolphus Lestrange geheiratet. Als Älteste hatte sie sich kaum dagegen widersetzt, sondern nur gelächelt und zu allem Amen gesagt. Narcissa wusste genau, dass es nur eine Zweckehe war, und dass Bellatrix Rodolphus nicht liebte. Er liebte sie ebenso wenig. Narcissa war eine Romantikerin durch und durch. Deshalb war es ihr ein Graus nur daran zu denken jemand zu heiraten, den sie nicht liebte. Ihre Mutter konnte nicht so herzlos sein und sie dazu zwingen. „Und was willst du deswegen unternehmen?“, fragte Rufus, ganz der Pragmatiker, weiter. „Ihn nicht heiraten“, gab sie trotzig zurück. Rufus verdrehte die Augen. „Nein, das war schon klar. Ich meinte eher was willst du wegen Frank unternehmen? Sagst du es ihm nun endlich?“ Plötzlich war all ihr Zorn wie ausgeblasen. Sie sank in sich zusammen. Damit hatte sie nicht gerechnet. „Du weißt es?“, fragte sie kleinlaut nach. „Ich hab Augen im Kopf, meine Liebe. Und deine Augen folgen Frank auf Schritt und Tritt. Du kannst nichts dagegen tun. Du bist völlig Hals über Kopf in ihn verknallt. Du solltest mal dein Gesicht sehen, wenn er zur Tür hereinkommt. Du strahlst wie ein Honigkuchenpferd und kaum kommt er auf uns zu, drehst du dich weg und tust so, als wärst du so gar nicht interessiert und hättest es gar nicht mitbekommen, dass er da ist. Du flirtest mit anderen Jungs, aber schaust immer, ob er zu dir her sieht und wie er darauf reagiert. Ganz ehrlich selbst ein Blinder sieht, dass du Frank hoffnungslos verfallen bist.“ „Weiß Frank das auch?“ Rufus schüttelte zu ihrer Erleichterung mit den Kopf. Sie musste sich erst einmal erholen. Sie hatte nicht gedacht, dass sie so offensichtlich war, aber jetzt, wo Rufus ihr ihr Verhalten noch einmal vor Augen geführt hatte, wusste sie, dass sie es im Endeffekt schon eine ganze Weile kaum mehr für sich behalten konnte. Sie lief einfach über. Jedes Mal, wenn Frank sie nur kurz ansah oder ihr gar ein Lächeln schenkte, konnte sie vor lauter Glück kaum an sich halten. Narcissa schilderte Rufus, was in der Bibliothek vorgefallen war. Er schüttelte lachend den Kopf. „Du hast dir wirklich einen unpassenden Moment ausgesucht. Neben der Tatsache, dass Frank in drei Leben nicht drauf kommen wird, wie du für ihn fühlst, ist er gerade nur körperlich anwesend. Er ist voll und ganz im Lernmodus versunken. Er hat nur sein Ziel vor den Augen.“ Narcissa seufzte. Das sah sie ja selbst ein. Sie wusste von seinem großen Traum Auror zu werden, den er mit Rufus teilte. Sie war auf die beiden immer ein wenig neidisch gewesen. Ihr war immer bewusst gewesen, dass sie nie arbeiten würde und dementsprechend hatte sie keinen Traumjob. Sie war dazu bestimmt die Dame eines Haushaltes zu werden, sich um ihren Mann zu kümmern, Kinder zu bekommen und diese zu erziehen. Es war nicht so, dass sie diese Vorstellung schrecklich fand. Im Gegenteil hatte sie ihr ganzes Leben damit zugebracht sich ihre Ehe und ihr Haus in den schönsten Farben auszumalen. Erst als ihre Mutter angefangen hatte Bellatrix und nun auch Andromeda auf den Heiratsmarkt zu bringen, war ihr bewusst geworden, dass sie sich nicht aussuchen durfte, wen sie heiraten würde. Zur selben Zeit hatten ihre Träume begonnen konkreter zu werden und statt einem Ehemann ohne wirklichem Gesicht, war es nun Frank, mit dem sie sich ihr restliches Leben vorstellte. „Ich sag es ihm“, entschied sie spontan und war wild entschlossen. Sie wollte ihren Traum nicht aufgeben und nicht ihr Ziel aus den Augen verlieren. „Ich sag es ihm noch heute!“ Rufus lächelte. „Suche dir dieses Mal aber einen besseren Ort und einen besseren Zeitpunkt aus. Viel Glück“, wünschte er ihr, aber sie war schon längst in Gedanken dabei einen Schlachtplan auszuarbeiten, damit es ja nicht schief lief und verschwand geschwind aus der Großen Halle.   Narcissa überlegte, wo sie am besten Frank abpassen konnte. Er war sicherlich noch in der Bibliothek und merkte gar nicht, wie sein Magen knurrte und versuchte ihn an das Abendessen zu erinnern. Doch ewig konnte er nicht dort bleiben, denn die Bibliothek schloss um neun. Es war jetzt halb acht. Narcissa hockte sich neben einer hässlichen Ritterrüstung gegenüber des Einganges der Bibliothek. Sie zog ihr Puderquaste heraus und begann sich zu schminken. Sie musste perfekt aussehen. Ihr Herz hüpfte aufgeregt auf und ab und ihr Magen verdrehte sich bei dem Gedanken gleich ihre Freundschaft aufs Spiel zu setzen. Aber sie war sich ihrer Sache sicher. Frank war der Mann, mit dem sie ihr Leben zusammen verbringen wollte. Niemals im Leben würde sie sich mit Lucius Malfoy abgeben. Die Zeit kroch langsam vor sich und Narcissa wippte hin und her. Wann kam Frank endlich? Sie wollte gar nicht daran denken, was passieren könnte, wenn er ihre Gefühle nicht erwiderte. Aber natürlich dachte sie nur darüber nach, wie alles schief gehen konnte und von Minute zu Minute wurde sie unsicherer. Ihr Selbstbewusstsein bröckelte und sie fragte sich, ob es wirklich eine gute Idee war, Frank die Wahrheit zu sagen. Was, wenn er sie dann hasste und nie wieder mit ihr reden wollte? Was, wenn er in jemand anderes verliebt war? Was, wenn er sie hässlich fand und sie die letzte Frau auf Erden war, die er heiraten oder mit der er zusammen sein wollte? Narcissa fühlte sich plötzlich, als wäre sie am Ende eines Weges angekommen und sie wusste nicht, ob sie sich nun querfeldein weiter vorwagen wollte oder ob es sich um eine Sackgasse handelt, aus der sie nicht mehr heraus kam. Sie zwang sich tief durchzuatmen und ihr Herz wieder zu beruhigen. Wollte sie wirklich einfach aufgeben und der Sache nicht mal eine Chance geben? Nein, sie wollte es versuchen. Bevor sie sich noch weiter in ihren Gedanken und Zweifeln verlieren konnte, sah sie, wie Frank die Bibliothek verließ. Sie holte ihn am Ende des Korridors wieder ein. Sie sah an seiner Miene, das er immer noch sauer auf sie war, also musste sie erst einmal die Wogen glätten. „Es tut mir Leid, Frank. Ich weiß, wie wichtig dir deine Prüfungsergebnisse sind. Ich will dir nicht im Weg stehen, auf deinem Weg zu deinem Traum.“ Sie warf ihm einen Dackelblick zu und setzte eine reumütige Miene auf. Ihr tat es wirklich leid, aber sie hatte einen ganz trocknen Mund und wollte nicht viel länger warten. Sie hielt es kaum aus. Frank strich sich durch die Haare. „Entschuldigung angenommen. Es tut mir auch Leid, dass ich dir nicht zugehört habe. Worum ging es denn?“ Narcissa klappte fassungslos der Mund auf. Er hatte wirklich kein Wort mitbekommen. Er wirkte zerknirscht. Sie spürte die Wut wieder in sich aufsteigen. Wie dumm er doch war. Was für ein Idiot! Sie schüttelte den Kopf. Wenn er dabei nicht so süß wäre. Sie konnte ihm nicht lange böse bleiben. Trotzdem würde sie jetzt, wo er sie endlich ansah, trotz allem noch einen zweiten Versuch starten. „Meine Mutter will, dass ich Lucius Malfoy heirate.“ „Der dumme Slytherin, der sich für alles zu fein war? Der ein paar Jahrgänge über uns war? Nicht dein Ernst oder?“ Er lachte, dann merkte er, das sie nicht mitlachte. „Wirklich? Dein voller Ernst?“ Sie nickte und erfreute sich seines ersetzten Gesichtsausdruckes. Er sah völlig verdattert aus. „Aber du kannst … du wirst ihn doch nicht heiraten oder? Ich meine … willst du ihn heiraten? Also magst du ihn …? Ich ...“, stotterte er vor sich hin und auf einmal war all ihr Selbstbewusstsein wieder zurückgekehrt. Sie zog ihn an sich heran und küsste ihn. Noch nie hatte sie sich so gut gefühlt, wie in dem Moment, als er ihren Kuss erwiderte. Sie konnte ihr Glück nicht fassen. Nach mehreren langen Küssen sah sie ihm in die Augen. „Ist dir das Antwort genug? Ich weiß genau, wen ich will und das bist du. Also ...“, sie hob drohend den Zeigefinger, „ … ignoriere mich nie wieder. Sonst werde ich sauer und heirate doch noch Lucius Malfoy.“ Er strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. „Nicht, wenn ich dich zuerst heirate“, gab er keck zurück und ihre Knie wurde ganz weich, als er sich zu ihr hinunter beugte und sie abermals küsste. Sie hatte das Gefühl mit einem riesigen Satz ihrem Traum nähergekommen zu sein. Sie war doch nicht in einer Sackgasse gelandet, sondern der Weg ging weiter. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)