Eine Geschichte mit, aber nicht über Pferde von aceri ((weil die Autorin keine Ahnung von diesen Tieren hat)) ================================================================================ Kapitel 5: #05 -------------- Ich hatte befürchtet dass der nächste Morgen seltsam werden würde, aber meine Bedenken waren völlig umsonst. Danny weckte mich noch vor dem ersten Hahnenschrei, und zwar mit einem unsanften Tritt in die Rippen. „Aua, hast du sie noch alle? Ich schlafe noch!“ fuhr ich ihn wütend an, aber Danny war bereits aus dem Bett gehüpft und sammelte seine Klamotten vom Boden auf. Die Fenster standen noch immer offen, es war bereits drückend warm. „Wie spät ist es überhaupt...?“ ich gähnte ausgiebig, und Danny warf mir ein T-Shirt ins Gesicht. „Hey!“ „Es ist bereits kurz nach sechs, ich steh immer um diese Uhrzeit auf. Da hat man mehr vom Tag, finde ich.“ Kluges Kerlchen. Nur leider war ich ein eingefleischter Morgenmuffel, und Langschläfer, und vor neun Uhr grundlos aus dem Bett geworfen zu werden schlug mir ganz gehörig auf die Laune. Zum Glück konnte ich Danny immer noch mehr als gut leiden, sonst hätte ich ihm höchstwahrscheinlich den Kopf abgerissen. Stattdessen zog ich den größtmöglichen Nutzen aus der Situation und schickte ihn Kaffee kochen. Ich trank normalerweise keinen Kaffee, aber heute hatte ich ihn auf jeden Fall mehr als nötig. Und außerdem war der ätzend ausgeschlafene Junge so aus dem direkten Umfeld meiner miesen Laune verschwunden. Ich blieb noch weitere zehn Minuten liegen, dann quälte ich mich vor Müdigkeit stöhnend aus dem Bett, schloss die Fensterläden, und machte mich mit einem Stapel sauberer Klamotten auf den Weg unter die Dusche. Munterer wurde ich dadurch nicht, aber meine Laune kletterte um ein paar wenige Nuancen nach oben. Vielleicht würde Danny seine unsanfte Weckaktion doch überleben. Sauber, frisch gekleidet und mit nassen, unordentlich zusammen geflochtenen Haaren ging ich schließlich hinunter in die Küche, und fand neben einer fertig dampfenden Kaffeekanne einen bereits vollständig gedeckten Frühstückstisch vor. „Warst du das?“ ich deutete mit einem verblüfften Nicken auf den Esstisch, und Danny nickte stolz während er sich bereits ein Brötchen mit Schokoladencreme bestrich. „Ja, ich dachte du freust dich vielleicht wenn ich schonmal alles vorbereite. Guck, ich hab sogar für deine Eltern gedeckt!“ Das hatte er tatsächlich. Sogar mit Servietten und den guten Kaffeetassen. Also wäre Danny nicht mein unschuldiger kleiner Nachbar gewesen...nein, stop, gar nicht erst weiter denken! Ich biss mir auf die Lippe und nahm ihm gegenüber Platz, dann schenkte ich mir eine Tasse des gerade aufgebrühten Kaffees ein und trank ihn schwarz. Widerlich, aber wirkungsvoll. Danny vernichtete noch zwei weitere Brötchen, dann erhob er sich plötzlich und warf einen Blick zum Küchenfenster hinaus. Suchte er etwas? „Alles okay?“ ich sah ihn fragend an, aber er zuckte nur unbestimmt mit den Schultern. „Calebs Auto ist nicht da. Ob es geklaut wurde?“ Ich trat neben Danny ans Fenster und musterte den Hof. „Nee, die alte Kiste klaut doch keiner. Und dann hätte Leo doch sicher Alarm geschlagen, oder?“ versuchte ich ihn zu beruhigen, und Danny nickte langsam. „Ja, du hast Recht. Leo ist ein guter Wachhund.“ Das wagte ich zu bezweifeln, aber ich hielt meine Klappe. Ich wollte Danny nicht weiter verrückt machen. Wahrscheinlich hatte Caleb einfach keine Lust gehabt uns so früh am Morgen schon über den Weg zu laufen und war vorsorglich einfach abgehauen. Konnte ich verstehen. Ich hatte auch keine Lust über den Vorfall vom gestrigen Abend zu reden; damit meinte ich natürlich die Beinaheprügelei, nichts anderes! Die andere Sache würde ich mit ins Grab nehmen, das schwor ich mir hoch und heilig. Zumindest würde Caleb niemals davon erfahren wenn es nach mir ginge. Nachdem wir unsere Observation des frühmorgendlichen Hofes beendet hatten weckte ich meine „Eltern“, wäre ja sonst schade um den frisch gebrühten Kaffee gewesen. Ich konnte gerade noch rechtzeitig den Kopf zurückziehen da klatschte ein Kopfkissen begleitet von verschlafenen Beleidigungen gegen den Türrahmen. Den Kaffee hatten die zwei auf jeden Fall auch nötig. Danny ging zum Duschen nach Hause, danach trafen wir uns wieder im Hof und versorgten Leo und die Pferde. Caleb war offensichtlich abgehauen ohne seine sonst üblichen morgendlichen Aufgaben zu erledigen; das war laut Danny noch nie vorgekommen, und jetzt fing ich doch an mir Sorgen zu machen. Caleb lebte für den Hof, oder zumindest für die Pferde. Hatte meine unbedachte Aktion ihn wirklich so aus der Bahn geworfen? Kaum zu glauben.   Tatsächlich machte Caleb sich die nächsten Tage rar, die Stimmung war feindselig, und diesmal meiner Meinung nach völlig zu Unrecht. Ich hatte seinem Erzfeind ja nicht absichtlich geholfen, der Typ da in der Gasse hätte sonst wer sein können, das war einfach nur ein ungünstiger Zufall. Aber Caleb ließ nicht mit sich reden. Nicht einmal Danny kam an ihn heran, und der hatte mit der Sache sogar noch weniger zu tun als ich. Trotzdem wurden wir beide mit eisigem Schweigen gestraft, und das zerrte ziemlich an meinen Nerven. Ich war mir keiner Schuld bewusst, und das machte mit wütend. Diese Missachtung hatte ich nicht verdient!   Schließlich bekam ich Caleb doch noch zu fassen. Er werkelte gerade an Leos Hundehütte, das Dach war wohl kaputt, und ich schlich mich leise von hinten an ihn heran um ihm erst gar keine Möglichkeit für eine feige Fluch zu geben. „Weißt du wo Danny steckt?“ Er fuhr erschrocken hoch und hätte mir beinahe eins mit dem Hammer übergezogen. Ich sprang einen halben Schritt zurück und hob beschwichtigend die Hände vor die Brust. „Hey, ich hab nur gefragt. Du musst mir nicht gleich den Schädel einschlagen.“ „Dann schleich dich nicht so an, du hast sie wohl nicht alle.“ knurrte Caleb verärgert, dann beugte er sich wieder über die Hundehütte und fuhr mit seiner Arbeit fort. „Danny ist mit Leo unterwegs, keine Ahnung wo die stecken. Musst du dich heute wohl alleine beschäftigen.“ Die versteckte Spitze in seinen Worten war nicht zu überhören. Aber so leicht ließ ich mich nicht aus der Ruhe bringen. Nicht diesmal. Ich wollte die Sache klären, und das hier war die beste Gelegenheit. „Kann ich dir dann vielleicht was helfen?“ bot ich in einem versöhnlichen Tonfall an, aber Caleb winkte nur mit einem verächtlichen Schnauben ab. „Nein kannst du nicht. Und jetzt zieh endlich Leine, ich habe zu tun!“ Ich wollte gerade mit einer entsprechenden Nettigkeit antworten, da rief plötzlich jemand meinen Namen. Und Calebs. Wir drehten uns beide auf der Stelle herum und noch bevor wir überhaupt irgendwie reagieren konnten hatte die seltsame Prozession bereits den Hof betreten und halb überquert. „Was auch immer ihr da tut, hört auf damit! Wir haben Bier und gute Laune mitgebracht! Aber vor allen Dingen Bier!“ Hunter schwenkte eine angebrochene Flasche, und seiner Stimme nach zu urteilen war das nicht seine erste. Begleitete wurde er von drei weiteren ähnlich angeheiterten Jungs die einen mit Bierkästen gefüllten Bollerwagen zwischen sich her zogen. Caleb und ich starrten die Truppe sprachlos an, aber schließlich war ich der erste von uns beiden der die Fassung wieder gewann. Ich dirigierte die fröhlich feiernde Truppe zu unseren Liegestühlen, und stellte mit einer gewissen Erleichterung fest dass sich Colin nicht unter ihnen befand. Das machte das Konfliktpotential auf jeden Fall schon einmal kleiner. „Caleb du Held, komm, trink mit uns! Es ist genug für alle da!“ rief Hunter meinem missmutig guckenden Nachbarn zu, und als der keine Anstalten machte sich in Bewegung zu setzen legte Hunter ihm kurzerhand kameradschaftlich einen Arm um die Schulter und schleifte ihn zu uns anderen herüber. Auch wenn ich ebenfalls von der Aktion überrumpelt war, das geschah Caleb Recht. Mein Mitleid mit ihm hielt sich deutlich in Grenzen. Wäre er ein bisschen netter zu mir gewesen hätte ich vielleicht versucht ihn hier herauszuboxen, aber so… Hunter ließ sich neben mich auf eine der Liegen fallen, er drückte jedem von uns eine erstaunlich kühle Flasche Bier in die Hand, und dann mussten wir anstoßen. Ob wir wollten oder nicht. Aber ich wollte, scheiß egal was meine guten Vorsätze davon hielten. Hunter leerte seine Flasche auf Ex, dann warf er sie achtlos ins Gras und zwinkerte mir verschwörerisch zu. Verdammt, er sah gut aus! „So du Alkoholiker, jetzt wäre es mal an der Zeit dass du dich uns richtig vorstellst. Ich bin Hunter, das sind meine Jungs, und du bist…?“ „Das ist Nick, und er ist minderjährig. Er sollte überhaupt nichts trinken.“ fuhr Caleb mir sofort zornig über den Mund, und wurde direkt aus allen Kehlen ausgebuht. Ausnahmsweise nahm ihn mal keiner ernst, und das gefiel mir. Ich trank einen provozierend großen Schluck aus meiner Flasche und grinste ihn überlegen an. „Ach jetzt komm, sei kein Spielverderber. Wir passen schon auf dass Nicky es nicht übertreibt, nicht wahr?“ Zustimmendes Gegröle, und damit war Caleb aus dem Rennen. Er warf mir noch einen letzten wütenden Blick zu, aber ich ignorierte ihn einfach. So wie er mich die letzten Tage ignoriert hatte. Das war wirklich Balsam für meine ungerecht behandelte Seele. Hunter und seine Kumpels waren eine unkomplizierte, wenn auch recht raue Truppe. Alle vier spielten Basketball im Schulverein, besuchten die 12. Klasse, und waren unglaublich trinkfest. Das Bier in ihrem Bollerwagen schien einfach nicht weniger zu werden. Nach knapp zwei Stunden war ich schon ordentlich angetrunken, ganz im Gegensatz zum Rest der Anwesenden. Caleb hielt sich immer noch an seiner ersten Flasche Bier fest, und während wir immer lauter wurden wurde er immer wütender. Diese Spaßbremse. Plötzlich kam Leo bellend auf den Hof geschossen, er umrundete die feierwütigen Sportler und ließ sich ohne Scheu das wuschelige Fell kraulen. Er mochte meine neuen Freunde sofort. „Was ist denn hier los? Feiert ihr?“ Danny blieb in einiger Entfernung stehen und musterte uns verwirrt. Ich grinste ihm zu, und noch bevor Caleb eingreifen konnte hatte Hunter sich bereits erhoben und streckte ihm seine geöffnete Bierflasche entgegen. „Hier kleiner Bruder, trink mit uns. Du bist doch sicher nicht so ein Jammerlappen wie dein Bruder.“ Forderte er Danny auf, aber diesmal kam ich ihm zuvor. Ich erhob mich, leider deutlich schwankend, und wankte zu dem eindeutig überforderten Jungen hinüber. „Nicky, bist du besoffen?“ Danny sah mich fassungslos an, und ich schüttelte verneinend den Kopf. Ganz blöde Idee. Ich packte ihn an der Schulter und brachte meinen Mund ganz nah an sein Ohr. „Caleb rastet aus wenn du jetzt auch noch anfängst zu trinken.“ flüsterte ich ihm zu. „Lehn das Angebot ab und geh rein, ich bring dir dann eine Flasche. Wenn du willst.“ Ich zwinkerte Danny zu, aber der verzog nur angeekelt das Gesicht. Ich hatte ihn wohl doch falsch eingeschätzt. Schade. „Was tuschelt ihr denn da? Sprecht mal lauter, wir wollen das auch hören!“ Hunter lachte, aber ich kam bereits zurück zur Gartenliege und nahm mir ein neues Bier. „Vergiss es. Ich habe nur Danny dran erinnert dass er noch…Hausaufgaben machen muss. Der trinkt nicht mit uns.“ Der verletzte Ausdruck auf Dannys Gesicht versetzte mir einen Stich, aber ich bekam keine Zeit um weiter darüber nachzudenken. Hunter legte mir seinen muskulösen Arm um die Schultern und stieß mit mir an. „Dann trinkst du für ihn mit! Prost!“   Irgendwann trat mein Vater auf den Hof und bat den Feiertrupp nett, aber nachdrücklich die Party für heute doch zu beenden, und die Jungs trollten sich tatsächlich. Gemeinsam stapelten wir das Leergut mehr schlecht als recht in den nun fast leeren Bollerwagen, nur ich behielt mir eine volle Flasche zurück. Nur für den Fall. Sich überschwänglich verabschiedend zogen Hunter und seine Kumpels schließlich von dannen, und Caleb und ich blieben allein zurück. Schweigend. Angespannt. Und was mich anging: besoffen. „Ich geh ins Bett, man sieht sich.“ Die Welt um mich herum fuhr Karussell, ich bemerkte wie ich Schlagseite bekam, da schlossen sich plötzlich von hinten zwei Arme um mich und hielten mich fest. Sehr fest. Schmerzhaft fest. „Au, was soll das? Du tust mir weh!“ protestierte ich und versuchte mich sofort aus Calebs Griff zu befreien. Keine Chance. Seine Arme waren wie Schraubstöcke. Ich hörte auf zu zappeln, und er beugte sich langsam zu mir herunter, seine Lippen direkt an meinem Ohr. „Hör mir mal genau zu. Egal wie dreckig es dir morgen geht, du wirst dich bei Danny entschuldigen. Du bist ein arrogantes kleines Aas, und wenn er sich wegen dir die Augen ausheult bist du fällig. Hast du das verstanden?“ Er ließ mich genauso abrupt los wie er mich eben noch gepackt hatte, und während ich hilflos nach vorn stolperte und um mein Gleichgewicht kämpfte hatte Caleb sich bereits abgewandt und schritt mit weit ausgreifenden Schritten hinüber zum Haupthaus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)