Ein Herz aus Glas von Sharry ================================================================================ Kapitel 9: Epilog ----------------- Epilog   „Hey, danke für‘s Platzfreihalten, ich musste länger arbeiten.“ „Da bist du ja, Yoshida, du hast die komplette erste Hälfte verpasst!“ „Und wer hat sich den ersten Satz geholt?“ „Na wer wohl. Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass Monsuta auch nur einen Satz verlieren würde.“ „Bist du etwa ein Fan von diesem Trainer, Naoi?“ Grinsend rutschte der Coach der Nekoma Hochschule einen Platz zur Seite. Die Tribüne der Sporthalle war voll und laut, es war unmöglich zu verstehen was die Trainer unten auf dem Spielfeld ihren Spielern zubrüllten – geschweige denn was die Spieler sich untereinander zuriefen – selbst das Gespräch der beiden ehemaligen Volleyballspieler wurde durch den Jubel und das Anfeuern der Menge mit Leichtigkeit übertönt. Bereits die ersten Qualifikationsspiele für die Nationalmeisterschaft des Universitätsvolleyballs hatten so viel Andrang, dass man frühzeitig da sein musste, wenn man sichergehen wollte, dass man noch einen Sitzplatz bekommen würde. „Natürlich, ich hatte mich damals eigentlich hier beworben, aber dann wurde ja bei Nekoma die Stelle frei und ich wollte unseren Junioren doch gerne unter die Arme greifen.“ Yoshida, Naois ehemaliger Mitspieler aus ihrer gemeinsamen Schulzeit, sah aufs Spielfeld hinab. Anders als bei den Qualifikationen von Mittel- und Oberschule fanden nicht mehrere Spiele gleichzeitig statt, sondern nur nacheinander, da es deutlich weniger Teams gab, die gegeneinander antraten. Gerade standen sich zwei Teams gegenüber, die schon seit Jahren durch eine freundschaftliche Rivalität miteinander verbunden waren. „Dafür, dass Monsuta so gut sein soll läuft die zweite Hälfte aber nicht gut, die stehen ja fünf Punkte im Rückstand“, bemerkte der Neuankömmling beinahe enttäuscht über den derzeitigen Punktestands. „Ja, das ist ganz normal.“ „Was? Wieso?“ „Naja, Monsuta hat schon seine ganz eigene Taktik. Im ersten Spiel des Jahres lässt er die erfahrenen Spieler den ersten Satz spielen, damit sie auf jeden Fall gewinnen und im zweiten Satz testet er dann die ganzen Neuzugänge aus.“ „Echt? Stimmt, jetzt wo du‘s sagst, bis auf den Libero sind alle anderen Erstsemester, oder? Ist aber doch ziemlich cool. Nimmt bestimmt viel Druck von denen, wenn sie einen ganzen Satz Vorsprung haben und wissen, dass die erfahrenen Mitspieler ihre Leistung im Zweifel im nächsten Satz auffangen können.“ Naoi grinste schelmisch und nickte zum Spielfeld hinunter wo ein Angreifer gerade erneut geblockt wurde. „Ja, das möchte man gerne meinen, aber in Wahrheit ist der Druck bei den Neuzugängen unglaublich hoch. Trainer Monsuta gibt jedem genau eine Chance, naja und wenn man ihn nicht überzeugt...“ Die Pfeife des Schiedsrichters ertönte und der Spieler mit der Nummer 12 wurde ausgetauscht. „…verlässt man das Spielfeld und der Traum vom Stammplatz ist sozusagen Geschichte.“ Yoshida lehnte sich etwas nach vorne, um den Spieler zu begutachten, der das Auswechselschild mit der Nummer 12 in die Höhe hielt. „Aber der da ist doch kein Erstsemester, oder? Ist es Monsuta jetzt doch wichtiger den Satz noch rumzureißen?“ Der Coach der Nekoma Oberschule schüttelte den Kopf und betrachtete den neuen Angreifer ebenfalls, der sichtlich so nervös war wie fast alle anderen auf dem Spielfeld. „Oh doch, das ist ein Neuer, ich kenne ihn; letztes Jahr war er noch das Ass der Karasuno Oberschule. Er ist ziemlich gut geworden.“ „Was? Der soll noch keine zwanzig sein? Uff, dafür sieht der aber schon ziemlich abgewrackt aus.“ „Lass ihn das bloß nicht hören“, lachte Naoi und sein ehemaliger Klassenkamerad nickte beflissen. „Ja, kann mir vorstellen, dass man dem Kerl besser nicht allein in einer dunklen Gasse antreffen möchte.“ „Was? Die Nummer drei? Ach nein, glaub mir abseits vom Spielfeld hat der das Aggressionslevel eines Labradorwelpen. Nein, aber sein Zwerg von einem Freund – auch ein Volleyballspieler – wenn der dich schlecht über den Ziegenbart reden hört, glaub mir der macht dich fertig.“ Der unwissende Yoshida wollte etwas erwidern, unterbrach sich jedoch als eine neue Welle der Anspannung die Halle durchflutete. Es stand 19 zu 23 und nun war die Nummer drei mit dem Aufschlag dran. „Mann, das muss ja heftig sein, noch keine zwei Minuten auf dem Spielfeld und wenn er nun nur einmal den Aufschlag verhaut, haben die anderen den Satzball. Ganz schön viel Druck.“ Naoi nickte nur, traute sich jedoch kaum etwas zu sagen. Yoshida hatte Recht, Monsuta wurde seinem Spitznamen wirklich gerecht, einen Spieler kurz vor einer solchen Situation das erste – und wahrscheinlich einzige - Mal einzusetzen. Außerdem soweit er sich erinnern konnte war der ehemalige Spieler der Krähen nicht der Selbstsicherste. Auf der anderen Seite war er nun mal auch das Ass in seiner Schulzeit gewesen; ein Ass sollte solche Situationen mit kühlem Kopf meistern und sich von dem Druck nicht fertig machen lassen. Die Nummer drei bekam gerade den Ball zugeworfen und begab sich hinter die Grundlinie. Man konnte sehen wie die Mitspieler ihm ermutigende und aufbauende Zusprüche zuriefen, doch niemand konnte ihm die Last nehmen, die gerade auf seinen Schultern lag. Plötzlich jagte eine kleine Gestalt an ihnen vorbei den Gang hinunter und warf sich halb über die Brüstung. „Asahi!“ Die Halle tobte und unzählige Stimmen jubelten und brüllten durcheinander und trotzdem konnte es jeder hören. Plötzlich wurde es ruhiger, nur ein verwirrtes Gemurmel blieb zurück. Erst jetzt erkannte Naoi wer dort übers Geländer hing. „Asahi! Wir haben gewonnen!“ „Wer ist denn der?“, murmelte Yoshida. „Merkt der nicht, dass er die Konzentration der Nummer drei total stört?“ „Nishinoya, brüll doch nicht mitten in ein Spiel hinein.“ „Mann, so was von peinlich.“ „Woah, guck mal Kageyama, wie voll es hier ist und die spielen ja ganz alleine.“ „Und du bist auch peinlich.“ „Sieht aus als wären wir gerade noch rechtzeitig gekommen, Asahi ist mit dem Aufschlag dran.“ Naoi sah aus dem Augenwinkel wie sie kamen und die Treppen hinunterstiegen, wie ein Mord von Krähen in ihren schwarzen Uniformen; sie sahen beinahe noch furchteinflößender aus als früher, insbesondere Ukai, der nun den Libero am Kragen packte und von der Brüstung zog. Auch der neue Kapitän der Krähen schien dem alten in Nichts nachzustehen. Naoi musste gestehen sich an den schwarzhaarigen Jungen nicht wirklich erinnern zu können, er war im vergangenen Jahr keiner der Stammspieler gewesen, aber nun hatte er eine Aura um sich, die locker mit der von Kuroo – Nekomas ehemaligen Kapitän – mithalten konnte, der gerade der Nummer drei unten auf dem Feld kräftig auf den Rücken schlug. „Es ist soweit“, flüsterte es durch die ganze Halle als der Pfiff des Schiedsrichters alle daran erinnerte, dass sie sich mitten in einem Spiel befanden. Die Nummer drei nickte kurz zur Tribüne hinauf und konzentrierte sich dann auf den Ball. Er nahm Anlauf, sprang hoch - „Ein Sprungaufschlag?“ - und dann schlug er zu! „Service Ass!“ Unberührt knallte der Ball genau auf die Ecke von Grund- und Seitenlinie. Die Halle tobte. „Boah, war der stark!“, rief der kleine Wirbelwind Karasunos der diesen schrägen Aufsteiger draufhatte. „Der war unglaublich präzise oder hat er nur zufällig die Ecke getroffen?“, murmelte der Wunderknabe eines Zuspielers deutlich ruhiger und Naoi fragte sich gerade das gleiche. Eins war sicher, wenn das kein Zufall war hatte sich das ehemalige Ass Karasunos zu einer wahren Waffe entwickelt. Er hatte schon zu Schulzeiten viel Kraft hinter seine Schläge gepackt, aber an Präzision hatte es ihm immer gemangelt. Erneut stellte sich die Nummer drei zum Aufschlag bereit hin, lief los, sprang hoch und… „Service Ass!“ Dieses Mal landete der Ball genau in der anderen Ecke der Grundlinie. „Guck mal Kageyama, sein Aufschlag ist ja mindestens so gut wie deiner.“ „Halt die Klappe, du Vollidiot! Ich bin immer noch besser.“ Es war also kein Zufall gewesen. „Jetzt stehen sie nur noch zwei Punkte zurück.“ Der nächste Aufschlag; dieses Mal schaffte der Libero zwar rechtzeitig an Ort und Stelle zu sein, doch der Ball prallte von seinen Armen ab und schlug regelrecht in die nächste Wand ein, als wäre er ein Kanonengeschoss. „Noch ein Punkt!“ „Ein perfektes Volleyballspiel würde bedeuten sich einen kompletten Satz nur durch Aufschläge zu holen und so zu verhindern, dass die gegnerische Mannschaft überhaupt einen Gegenangriff einleiten kann.“ Die Worte von Karasunos Trainer waberten durch die tobende Halle, kaum hörbar, doch Naoi stimmte dem innerlich zu. Es war vielleicht kein ästhetisches Spiel, aber dennoch perfekt, unbesiegbar. „Gleichstand!“   „Wann kommt er denn? Wir warten hier ja schon eine halbe Ewigkeit.“ Tanaka rieb sich die müden Augen. „Ich hab ja gesagt, Asahi braucht immer Stunden, wir sollten ihn einfach in der Umkleide abholen.“ „Nein, das machen wir nicht, Nishinoya. Denk dran, Asahi ist jetzt ein Student einer Universität, da können wir nicht einfach so in die Umkleide rein und stören.“ „Ennoshita hat Recht. Es wäre sehr unhöflich, also geduldet euch. Azumane wird mit Sicherheit gleich kommen.“ Das Volleyballteam der Karasuno Oberschule stand in den Gängen der Sporthalle und wartete auf die Universitätsmannschaften. Nach ihrem eigenen Spiel hatte ihr Libero sie schnell dazu überreden können ihr ehemaliges Ass anfeuern zu fahren. „Denkt dran euch gleich ordentlich bei Herrn Takeda zu bedanken, der jetzt nur wegen uns noch keinen Feierabend machen kann“, belehrte Herr Ukai sie. „Aber, aber Ukai. Das macht doch nichts. Ich habe mich auch sehr gefreut Azumane noch Mal spielen zu sehen“, winkte der Lehrer ab. „Was macht ihr denn alle hier?“ Eine altvertraute Stimme ertönte hinter ihnen. „Hab ich mich also doch nicht geirrt als ich dachte Nishinoya durch die ganze Sporthalle schreien zu hören.“ Überrascht drehten sie sich alle um. Hinter ihnen stand ein Student in blauem Trainingsanzug; das Emblem seiner Universität prangte auf seiner Brust. „Aber das ist ja...“ „Daichi!“ Der ehemalige Kapitän der Krähen grinste sie an. Auf den ersten Blick hatte er sich in den vergangenen Monaten kaum verändert, trotzdem wirkte er irgendwie erwachsener, reifer. „Was machst du denn hier?“, fragte Tanaka vorlaut und Kinoshita schlug sich die flache Hand gegen die Stirn während er genervt mit den Augen rollte. „Hast du dir den Spielplan nicht angeguckt?“, fragte Tsukishima genauso entnervt. „Daichis Team war im vorherigen Spiel dran, nicht wahr?“ „Sawamura, ich habe gehört du hast dir als Erstsemester direkt einen Stammplatz gesichert, gut gemacht.“ Der Student verbeugte sich dankend für das Lob. „Aber doch nur weil wir ein recht kleiner Club sind.“ Dann grinste er sie alle an. „Herzlichen Glückwunsch an euch alle zum Erreichen des Halbfinales. Da unsere Spiele nur am Wochenende stattfinden werde ich euch morgen zugucken kommen können, also macht euren alten Kapitän stolz.“ „Jawohl!“ Einstimmig verneigten sie sich während ihr Trainer dem Studenten schmunzelnd zunickte; Daichi hatte immer schon das Talent gehabt die richtigen Worte zu finden, um ihren Kampfgeist noch einmal anzufachen. „Na guck mal, da kommt der Held der Stunde.“ Die Krähen wandten sich um als laute Stimmen hinter ihnen ertönten und mehrere Studenten in einheitlichen Trainingsanzügen aus den Umkleiden kamen. Einige von ihnen überragten sogar Tsukishima um einige Zentimeter. Asahi fiel zwischen den Riesen nur durch seine breiten Schultern und sein reifes Aussehen auf. Obwohl er zu den Jüngsten gehörte, wirkte er deutlich älter als die meisten anderen, von dem ihm einige auf die Schultern klopften. „Asahi!“, rief Nishinoya und sprang auf das ehemalige Ass zu. „Das war so super! Du hast richtig gut gespielt.“ „Danke Noya“, lachte Asahi und klatschte mit dem Libero ein High Five, „und Glückwunsch. Tut mir leid, dass ich euer Spiel verpasst habe, aber morgen...“ „Nummer drei!“ Der angesprochene Spieler erstarrte mitten in der Bewegung als der Trainer des Teams aus der Umkleide kam. „Herr Monsuta!“ Nicht nur Asahi, sondern sämtliche Spieler seines Teams versteiften sich wie Rekruten vor ihrem Ausbilder. „Ist das dein ehemaliges Team?“ „Ja, Herr Monsuta!“ Der alte Mann nickte und betrachtete die Oberschüler ausgiebig. „Ich will mir noch das nächste Spiel angucken und danach ist die Besprechung, also komm nicht zu spät.“ „Natürlich nicht! Vielen Dank, Trainer!“ Erneut nickte der alte Mann und ging davon, nun in einem tiefen Gespräch mit dem Co-Trainer. Gerade als Asahi sich verlegend lächelnd seinem alten Team wieder zuwenden wollte ertönte erneut ein lautes: „Nummer drei!“ Die Menge der Studenten teilte sich und ein überraschend kleiner Volleyballspieler kam zwischen den Hünen hervor und Asahi stand wieder stramm. „Vizekapitän Nummer vier!“ Zu aller Überraschung sah der Student jedoch nicht seinen Mitspieler an, sondern streckte sein Kinn nach oben und begutachtete Nishinoya herablassend wie einen überquellenden Mülleimer. „Nummer null.“ Der Libero der Krähen platzierte beide Hände an der Hüfte und begegnete dem Studenten auf Augenhöhe. „Noch Nummer vier.“ „Als würdest du mit deinem schlechten Zuspiel mir je meinen Platz streitig machen.“ Die Spieler der Karasuno stellten verwundert fest, dass die beiden Liberos sich zu kennen schienen. „Nummer vier.“ Ein entnervt dreinblickender Blondschopf, der in etwa so groß war wie Asahi, stellte sich neben den Erstsemester. „Hör auf den Oberschüler zu mobben, das ist kindisch.“ „Ja Kapitän“, entgegnete der andere Student augenrollend. „Nummer null“, nickte der Kapitän Nishinoya zu. „Nummer sieben“, nickte der Libero zurück. „Okay Leute, ab auf die Tribünen“, befahl der Blondschopf und die anderen folgten seinem Befehl. „Nummer drei, komm nicht zu spät zur Abschlussbesprechung.“ Asahi verneigte sich schnell vor seinem Kapitän. „Oh Mann“, murmelte Tanaka und rieb sich den Hinterkopf als die Studenten davon trotteten, ein gewisser Hahnenkopf zwinkerte ihnen im Vorbeigehen zu, „bei euch herrscht ja eine eisige Stimmung.“ Nun rieb Asahi sich den Kopf und lachte verlegen. „Ja, es kommt am Anfang etwas disziplinarisch rüber, aber eigentlich sind alle ziemlich in Ordnung. Auch wenn Trainer Monsuta echt streng sein kann.“ „Aber was hat das denn mit den Nummern auf sich?“, murmelte Yamaguchi und sah den Studenten nach. „Benutzt ihr noch nicht mal untereinander die Namen?“ „Nicht solange wir die Uniform anhaben“, erklärte Asahi mit einem Grinsen, „ist so ein Traditionsding. Die Nummer, mit der man das erste Mal ein offizielles Spiel bestritten hat, bleibt man bis man das Team verlässt.“ „Ach echt?“, meinte nun Hinata mit großen Augen und verschränkte die Arme. „Hab mich schon gefragt wie du als Erstsemester direkt eine so niedrige Nummer bekommen konntest.“ „Ach wisst ihr...“, murmelte der Student, sich wieder den Nacken am Kratzen. „Die Geschichte ist wirklich lustig“, unterbrach ihn Daichi und warf ihm einen Arm um die Schultern, „denn wisst ihr, eigentlich sollte unser lieber Asahi eine ganz andere Nummer kriegen.“ „Ja, das war wirklich lustig“, lachte auch Nishinoya. „Und woher weißt du das?“, murrte Tsukishima, der sich besseres vorstellen konnte als nach einem anstrengenden Turniertag in der Vorhalle irgendeiner Sporthalle zu stehen und über Zahlen zu reden. Vor ihm hatten die neuen Erstklässler besonders viel Respekt. „Oh, ich war dabei. Ich verpasse so gut wie nie eines von Asahis Spielen. Außer wir haben selbst eines oder Training.“ „Pass bitte auf, dass deine Noten nicht drunter leiden“, murmelte der Ältere errötend. „Was ist denn jetzt passiert?“, fragte Kageyama der eine Spur zu neugierig dreinblickte für seine sonst so reservierte Art. „Also“, holte Daichi aus, „unsere beiden Mannschaften spielen zu Beginn jedes Jahres ein Trainingsspiel wo alle Erstsemester eingesetzt werden. Da Asahis Team so groß ist kommen dort also nur Erstis aufs Feld, anders als bei uns.“ „Ja, es ist total enttäuschend, dass Asahi es noch nicht gepackt hat sich einen Stammplatz zu sichern“, bemerkte Nishinoya und verschränkte seine Arme. „Daichi hat das schon geschafft, Asahi.“ Während das ehemalige Ass sich beim Libero entschuldigte sprach der ehemalige Kapitän weiter: „Asahi sollte den allerersten Aufschlag machen und nun ja, er hat ihn total versemmelt.“ „Daichi“, jammerte der Spieler mit der Nummer drei, doch der andere ließ sich davon gar nicht erst aufhalten. „Er hat einen Sprungflatteraufschlag versucht, doch der war viel zu kurz und ist genau dem Zuspieler auf den Kopf gefallen.“ Einige Blicke wanderten zu Kageyama und neben Asahi lief auch Hinata rot an. „Und Monsuta ist ziemlich ausgetickt, weil das der schlimmste Aufschlag, den ich je gesehen habe war.“ Ukai lachte: „Einen nicht hundertprozentig sicheren Aufschlag auszuprobieren als erste Amtshandlung in einem neuen Team ist ziemlich mutig, oder dumm.“ „Es war nicht so geplant“, versuchte Asahi sich herauszureden. „Ich wollte das gar nicht ausprobieren, ich war nur abgelenkt.“ „Abgelenkt? Wovon?“, fragte Ennoshita nach. „Von seiner Rückennummer“, zwinkerte Nishinoya ihm zu. „Man konnte es die ganze Zeit deutlich sehen. Hat immer an seinem Leibchen rumgekratzt und sah sich die ganze Zeit um als würde er erwarten von irgendwem angebrüllt zu werden. Nach Asahis Aufschlag hat Daichi noch gemeint, dass er wahrscheinlich irgendwie erwarten würde, dass Kageyama plötzlich auftauchen würde.“ Nun lachte auch der ehemalige Kapitän: „Nein, ich hab ihm gesagt, dass er aufhören soll sich vorzustellen, dass Kageyama auftauchen und ihm die Kleidung vom Leib reißen würde.“ Nun sahen die Krähen einander verdutzt an. „I..ich?“, fragte der Zuspieler verwirrt, warum sollte der andere an ihn gedacht haben? „Du warst also nervös, weil du die Nummer neun anhattest und deswegen die ganze Zeit an Kageyama denken musstest?“, fragte Kinoshita. „Sehr nachvollziehbar“, nickte Hinata verständnisvoll. „Ich kann mich auch nicht gut konzentrieren, wenn ich an Kageyama denken muss.“ „Du weißt schon, dass ich neben dir stehe?“, murrte der Zuspieler und presste seine Hand auf den Kopf des kleinen Angreifers. „Monsuta wollte ihn sofort austauschen“, sprach nun Nishinoya weiter, „doch Daichi und Kuroo haben nicht aufgehört Asahi damit zu necken, dass er wohl nur gut spielen könne, wenn er die Nummer drei tragen würde und warum auch immer hat Monsuta das ausprobiert. Dieser komische Typ mit der Brille musste mit ihm mitten im Spiel das Leibchen wechseln.“ „Und seitdem bin ich die Nummer drei“, beendete Asahi die kleine Anekdote bevor noch mehr peinliche Einzelheiten an den Tag kommen konnten. „Okay Leute.“ Ukai klatschte in die Hände und versuchte das Gelächter zu übertönen. „Was haltet ihr davon, wenn wir uns jetzt noch für ein Spiel angucken wie die Großen Volleyball spielen und danach machen auch wir unsere Besprechung.“ Zustimmend folgten alle ehemaligen und aktuellen Spieler Karasunos dem Trainer. „Sag mal“, murmelte Asahi seinem ehemaligen Kapitän zu, „hast du eigentlich schon was von Sugawara gehört? Er wollte, dass ich sofort nach dem Spiel anrufe, aber ich wusste nicht...“ „Keine Sorge“, entgegnete Daichi, „ich habe eben noch mit ihm telefoniert. Er hat beide Spiele im Livestream verfolgt und war schon ganz heiser vom Anfeuern.“ „Was? Um die Uhrzeit? Wie viel Uhr ist es da überhaupt? Der hat doch mit Sicherheit das ganze Wohnheim aufgeweckt.“ „Er hängt glaub ich sieben Stunden zurück und ich soll dir ausrichten, dass er ganz stolz auf dich ist und dass er Ende Juni für zwei Wochen nach Hause kommt, also genau dann wann die Oberschulmeisterschaften und unsere Vorrunden sind. Er will uns alle spielen sehen.“ „Ist er meine Mutter, oder was?“ Lachend folgten die beiden Studenten den Oberschülern. Gerade ließ sich der Trainer der Krähen zurückfallen und überredete das ehemalige Ass dazu ihn mit Monsuta ins Gespräch zu bringen.   „Herr Monsuta, dieser Angriff, der zum 33. Punkt führte, können Sie mir dazu eine Frage beantworten?“ „Nein“, entgegnete der alte Mann kühl, ohne seinen Blick vom Feld zu nehmen. „Ich verrate nie meine Tricks, deswegen sind wir so gut, und weil ich es hasse zu verlieren.“ Ukai schluckte. Wer glaubte, dass sein Großvater ein Tyrann war hatte wohl noch nicht diesem Kerl gegenübergestanden. „Aber wenn Sie wollen können Sie sich mit meinem Co-Trainer zusammensetzen und ein Übungsspiel vereinbaren, Keishin Ukai, Enkel des Ikkai Ukai.“ „Ähm, danke, aber Sie wissen, dass ich Oberschüler trainiere, oder?“ „Tatsächlich? Die Nummer null und der Zwerg mit den orangen Haaren wirken eher wie Mittelschüler. Aber ja, wir haben dieses Jahr sehr viele Erstsemester und ich muss aussortieren, dafür brauche ich ein gut eingespieltes Team, doch zurzeit probieren alle Universitätsteams ihre Erstsemester aus, genau wie wir, also wenn Sie kein Problem damit haben, dass wir Sie mit unserem Stiefelabsatz zerquetschen, können wir gerne miteinander spielen.“ „Die Herausforderung nehmen wir nur zu gerne an“, knurrte Ukai mit einem bösen Grinsen. „Außerdem“, murmelte Trainer Monsuta nun so leise, dass nur sein Co-Trainer ihn hören konnte, „bin ich gespannt darauf zu sehen, wie sich die Nummer drei verhält, wenn er gegen sein altes Team, insbesondere diese Nummer null spielt.“ „Sie wissen aber schon, dass wenn Sie diesen Oberschüler die ganze Zeit mit Nummer null ansprechen, es so rüberkommt, als wäre er bereits Teil des Teams, oder?“, murmelte der jüngere Trainer der Mannschaft. „Na ja, was soll man machen? So viel Zeit wie er mit der Mannschaft verbringt habe ich manchmal tatsächlich das Gefühl als wäre er unser Maskottchen.“ Ein paar Reihen weiter unten beobachteten Karasunos Spieler inklusive Daichi und Asahi das Spielfeld. „Yū,“, murmelte Asahi leise, „leg dich nicht immer mit Nummer vier an, okay? Außerdem mache ich mir langsam echt Sorgen, dass du zu wenig Zeit für dein eigenes Training und fürs Lernen hast.“ „Ach Quatsch!“, winkte der Libero ab. „Euch spielen zu sehen motiviert mich. Wir werden besser als ihr sein, das verspreche ich dir. Wir schaffen es zu den Nationalmeisterschaften und werden weiter kommen als ihr.“ „Ich habe noch nicht mal einen Stammplatz, was ist das also für ein Wettkampf?“ „Einen, den ich schon gewonnen habe.“ „Vielleicht auch nicht“, murmelte das ehemalige Ass. „Hey Azumane.“ Kageyama beugte sich aus der Reihe dahinter zwischen Nishinoya und Asahi nach vorne. „Was ich dich noch fragen wollte, wie machst du das mit dem Studieren, falls du Nationalspieler werden solltest? Herr Takeda hat mir geraten, das Studium nicht abzubrechen, aber ich frage mich...“ „Es gibt spezielle Programme für Studenten, die ins Nationalteam aufgenommen werden. Man darf sogar weiterhin Mitglied der Universitätsmannschaft bleiben. Wobei viele es vorziehen dann in den Profisport zu wechseln, wenn sie gute Angebote haben“, antwortete der Student ehrlich und hatte seinen Blick aufs Spielfeld geheftet. „Mit einem Stipendium macht das allerdings wenig Sinn. Außerdem ist es immer klug einen Plan B zu haben, denn selbst die längste sportliche Karriere geht irgendwann zu Ende, selbst ohne Verletzungen.“ „Immer noch der alte Hasenfuß“, meinte Daichi, doch sein Lachen war erzwungen, „du hast dich ja schon sehr darüber informiert.“ Asahi entgegnete nichts, während Kageyama sich konzentriert zurücklehnte und den Hinterkopf des ehemaligen Asses abwesend anstarrte. „Wer hätte vor einem Jahr noch gedacht, dass wir uns heute über so etwas unterhalten würden, was?“, murmelte Daichi nun und stützte seine Unterarme auf seinen Oberschenkeln ab. Nickend fuhr Asahi sich durchs Gesicht. „Vor etwas mehr als einem Jahr wurde jeder meiner Angriffe von der eisernen Mauer abgeblockt“, meinte er viel zu ernst, „damals habe ich gedacht, nie wieder Volleyball spielen zu können.“ „Und was denkst du heute?“, fragte Daichi und dachte auch an jenen Tag zurück. Asahi betrachtete seine rechte Hand. „Ich bin stark“, flüsterte er, „nicht nur ein starker Körper, starke Muskeln. Anders als damals habe ich auch einen starken Willen bekommen.“ Mit einem Seitenblick betrachtete er Nishinoya, der sich nach hinten gelehnt hatte und mit Kageyama, Hinata und Tanaka darüber diskutierte wie cool es wäre bald auch dort unten zu spielen. „Du hast schon Recht, in manchen Sachen bin ich immer noch unsicher, immer noch ein Hasenfuß, aber was das hier angeht...“ Er schüttelte den Kopf. „Was das hier angeht, Daichi, da bin ich nicht mehr das halbe Hemd vom letzten Jahr, Angst davor eine eigene Meinung zu haben oder jemandem zu enttäuschen.“ Daichi nickte ernsthaft und betrachtete seinen ehemaligen Klassenkameraden, der immer noch den Libero beobachtete. „Das Herz aus Glas ist also wirklich zerbrochen“, meinte er dann mit einem leisen Lächeln. „Ja“, nickte Asahi zuversichtlich und drehte sich zu ihm um, ein Leuchten in den warmen Augen und ein Strahlen im Gesicht, „und jetzt werde ich mich von nichts mehr aufhalten lassen. Ich werde jeden Block durchbrechen und jeden letzten Punkt in einem Satz holen. Ich weiß was ich will und das werde ich mir nehmen. Schließlich bin ich eine Krähe von Karasuno, auch ich kann wieder fliegen.“ Der ehemalige Kapitän entgegnete nichts sondern wandte sich um, beobachtete seine ehemaligen Teamkameraden, sah wie Nishinoya Asahi in die Seite boxte und ihn für irgendetwas tadelte, dahinter Kageyama und Hinata die sich ebenfalls in den Haaren lagen, neben ihnen Tanaka der von Ennoshita belehrt wurde, auf der anderen Seite Tsukishima der das Spiel mit halben Interesse verfolgt, während Yamaguchi sich leise mit Yachi unterhielt, die in den paar Monaten schon deutlich selbstbewusster geworden war. Direkt hinter ihnen saßen Narita und Kinoshita, Narita kurz vorm Einschlafen und Kinoshita sprach mit erhobenem Zeigefinger mit den Erstklässlern. Dann glitt sein Blick weiter nach hinten, wo Herr Ukai und Herr Takeda gerade mit Trainer Monsuta und dessen Co-Trainer sprachen. Vor einem Jahr noch war er der Kapitän eines gebrochenen Teams gewesen und jetzt… „Jetzt breitet eure Flügel aus und fliegt“, flüsterte er, „fliegt!“ Und bevor Daichi überhaupt wusste was passierte sahen ihn alle anderen an und ein breites Grinsen glitt über viele Gesichter. Keiner von ihnen bekam mehr mit, warum die Menschenmenge um sie herum jubelte als Ennoshita plötzlich aufstand und mit ihm alle anderen Spieler Karasunos. Auch Asahi und Daichi schnellten auf ihre Füße. „Mach es noch ein Mal, Daichi“, flüsterte Asahi ihm zu und ohne es sich ein zweites Mal sagen zu lassen hob der ehemalige Kapitän eine Faust in die Luft. „Karasuno…!“ „Kämpft!“ Doch bereits im nächsten Moment verneigten sie sich alle vor Daichi und riefen einstimmig: „Vielen Dank für das gute Spiel!“   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)