Schöpfer, Bewahrer oder Zerstörer von Keinmitleidsbonus ================================================================================ Kapitel 4: ----------- Es war lange her, seit Naruto seine letzte Verabredung gehabt hatte, bei der es ihm wichtig war was daraus wurde. Mit bedächtigen Schritten stieg er die Stufen hoch. Er hörte Schritte und blickte auf, doch mit dem Gesicht, das er sah, hatte er nicht gerechnet. Es gehörte Shikamaru Nara, dem örtlichen Immobilienmarkler. Er lächelte als er näher kam. „Hallo, Naruto." Naruto hatte Naras Bekanntschaft gemacht als er die Schlüssel zu seiner Wohnung abgeholt hatte. Sie waren gut miteinander ausgekommen aber in den Augen des Mannes lag etwas, das Naruto nicht gefiel. Sein Blick war seltsam stechend. Nara war ein schlanker, sportlicher Bursche mit braunem Haar welches zu einem hohen Zopf gebunden war. Ein gut aussehender Kerl. Naruto verspürte einen Stachel der Eifersucht und des Misstrauens weil Nara ihm auf Sakuras Treppe entgegenkam, doch er schob diese Gedanken beiseite. Es gab keinen Grund für Eifersucht und Misstrauen. „Hallo, Shikamaru." erwiderte er den Gruß. „Ich habe gehört was los war. Machen Sie sich wegen der Schlägerei keine Gedanken. Als ich hier her gezogen bin hatte mich Lee ebenfalls auf dem Kicker." "Sie stammen nicht von hier?“ „Nein, ich lebe erst seit zwei Monaten hier. Man kann hier sehr gut wohnen. Meine Courtage ist zwar nicht so hoch wie in der Stadt aber das Leben ist viel billiger sodass es sich ausgleicht. Tja, dann... Einen schönen Abend wünsche ich." Der Makler drückte sich an ihm vorbei. Naruto nickte ihm zu und stieg weiter die Treppe hinauf. Vor Sakuras Wohnung klopfte er an der Türe. „Wer ist da?" rief sie. „Ich bins Naruto." „Komm rein und setz dich. Ich bin gleich bei dir." Naruto ging zur Couch, nahm Platz und ließ den Blick durchs Wohnzimmer schweifen. Er schämte sich ein wenig wegen seiner Neugier aber seine Cop-Instinkte waren zu stark und irgendetwas stimmte hier nicht. Er brauchte nicht lange bis er wusste was es war: Es lag nicht an dem, was hier zu sehen war, sondern an dem, was fehlte. Nirgendwo gab es Fotos. Keine Familienporträts, keine Erinnerungen an Grillfeste oder Strandpartys. Die Wohnung war Geschmackvoll eingerichtet, hatte aber etwas kühles, Distanziertes. Und nirgends gab es auch nur ein Staubkorn. Wie es aussah würde jeder Winkel von Sakuras Wohnung die Weißer-Handschuh-Probe bestehen. Darüber hinaus waren alle Möbel in perfekter Symmetrie angeordnet. Alles wirkte ausbalanciert. Naruto schloss die Augen und rief sich zur Ordnung. Das hier ist keine Ermittlung. Er war kein Cop mehr. Er musste abschalten. Als er die Augen wieder öffnete zuckte er überrascht zusammen als Sakura plötzlich vor ihm stand. „Deine Augen... sie sind so blau! Wie das Meer." sagte Sakura. „Stimmt. Ich weiß, Ziemlich ungewöhnlich für einen Japaner." „Ich wusste gleich, dass du Macken hast." „Was ist mit dir? Hast du keine?" fragte Naruto. Sakura richtete ihr Besteck aus und faltet die Serviette zu einem makellos symmetrischen Quadrat zusammen. „Nein, ich bin ganz normal." Er grinste. „Niemand ist ganz normal." „Ich schon." „Du leidest nicht unter Zwangsstörungen?" Sie runzelte die Stirn. „Wie kommst du darauf?" „Deine Wohnung ist zwanghaft ordentlich. Alles ist im perfekten Gleichgewicht. Und wenn du isst, schneidest du jeden Bissen gleich gross ab. Du vergewisserst dich, dass das Besteck, das du nicht benutzt ganz gerade liegt. Deine Serviette hast du zu einem Quadrat gefaltet. Und als du dir den Süßstoff in den Tee geschüttet hast, musstest du unbedingt die Markierung beider Tütchen aneinander ausrichten, ehe du sie aufgerissen hast. Du hast sogar ein Tütchen zurückgelegt, weil es länger war als das andere." Sakura kam sich nackt vor. Sie setzte zu einer Antwort an, schwieg dann aber und starrte auf den Tisch. Naruto streckte die Hand aus und legte sie auf ihre Finger, die nervös mit einem Salzstreuer spielten. „Der Wunsch nach einer sinnvollen Welt ist nicht verkehrt." „Aber mein Ordnungsfimmel ist nicht sinnvoll. Es gibt keinen triftigen Grund dafür. Den meisten Leuten fällt es gar nicht auf und ich versuche es zu verbergen. Dabei komme ich mir vor wie eine Verrückte." „Ist es für dich denn sinnvoll, was du tust?" „Wie meinst du das?" fragte sie. „Wir alle haben unsere kleinen Ticks. Ich zum Beispiel sitze immer mit dem Gesicht zum Eingang. Ich möchte immer wissen, was sich hinter meinem Rücken abspielt. Wenn ich ein Zimmer betrete, achte ich als Erstes auf die Eingänge und Ausgänge. Ich überlege, was in dem Raum als Waffe benutzt werden könnte. Ich frage mich, was ich tun würde, wenn jemand mit einer Waffe in der Hand zur Tür hereinkäme. Wo könnte ich am besten Deckung finden? Was sehe ich an ungewöhnlichen Dingen? Was fehlt? Das alles geht mir jedes Mal durch den Kopf, wenn ich einen Raum betrete. Manche Leute nennen es Cop-Instinkt. Ich nenne es Paranoia." Naruto drückte Sakuras Hand und sie begegnete seinem Blick. „Ich habe auch keinen triftigen Grund dafür. Niemand ist hinter mir her. Ich habe keine Feinde... jedenfalls keine, von denen ich weiß. Vielleicht wird mir diese Gewohnheit eines Tages das Leben retten aber sehr wahrscheinlich ist das nicht. Die Chancen stehen gut, dass ich nie in eine entsprechende Situation komme. Ich kann aber nicht anders, ich muss mein inneres Programm ablaufen lassen. Es liegt mir im Blut. Genau wie dir der Ordnungsfimmel." Sie lächelte ihn an. „Vielen Dank." „Wofür?" „Dafür, dass du noch seltsamer bist als ich." Nach dem Essen fragte Sakura : „Wie wärs wenn ich dich deiner Nachbarin vorstelle?" „Die alte Frau?" „Tsunade! Sie ist eine nette Dame." „Sollten wir nicht vorher anrufen?“ fragte er. „Sie hat alle Zeit der Welt und freut sich jedes Mal wenn jemand bei ihr vorbeischaut." „Okay. Dann los." sagte Naruto. Sakura saß am Steuer. Nachdem sie ein paar Minuten unterwegs waren fragte Naruto : „Wo arbeitest du eigentlich? In der Bar, wo wir uns kennengelernt haben, hilfst du nur aus, oder?“ Sakura nickte. „Ich arbeite in Naras Maklerbüro." „Verstehe." Sakura hörte irgendeinen Unterton in seiner Stimme. Erleichterung? Sie wunderte sich über die Reaktion fuhr jedoch fort :„Aber auch das ist nur ein Job, bis ich meinen Abschluss in Psychologie habe. Ob du's glaubst oder nicht, ich war sogar mal Deputy meines Vaters, aber... Na ja, das hat dann doch nicht geklappt. Ich hatte mir damals aber ernsthaft überlegt weiter bei der Polizei zu arbeiten." Sie lachte leise. „Wer weiß, vielleicht bewerbe ich mich beim FBI." „Ich möchte ja nicht die Regeln für das zweite Date übertreten aber das Verhältnis zwischen dir und deinem Vater scheint mir ein bisschen angespannt zu sein." sagte Naruto. „Ja, stimmt. Mein Vater ist ein netter Kerl aber er hat seine Eigenheiten." Sie warf ihm einen kurzen Blick zu. „Wie sind deine Eltern denn so?" In Narutos Gesicht erschien ein schmerzlicher Ausdruck und Sakura bereute ihre Frage sofort. „Meine Eltern sind gestorben als ich ein kleiner Junge war. Aber ich habe viele schöne Erinnerungen an sie." antwortete er. „Tut mir leid." sagte Sakura. „Schon gut." Sakura richtete ihren Blick wieder nach vorne. „So, da wären wir." sagte sie, bog in Tsunades Einfahrt und stellte den Motor ab. „Bist du bereit für deine Nachbarin?“ Als Naruto das zweistöckige Haus von Tsunade zum ersten Mal sah, erschien es ihm irgendwie vertraut doch er kam nicht darauf, woher diese Erinnerungen rührte. Wahrscheinlich lag es daran, dass er im Laufe seines Lebens schon Hunderte solcher Häuser gesehen hatte. Er blickte Sakura an. Das schwindende Sonnenlicht schien durch ihr rosa Haar, umgab sie mit einer leuchtenden Aureole und ließ sie wie ein ätherisches Wesen erscheinen, das aus einem Reich des Lichts zur Erde gestiegen war. „Warte mal." sagte er, als sie aus den Wagen steigen wollte. „Was ist denn?“ „Komm mal näher. Du hast da was im Haar." Er streckte die Hand aus und Strich eine rosa Strähne beiseite. Dann fuhr er ihr mit den Fingerspitzen an der Wange entlang bis zum Kinn und führte ihren Mund sanft zu seinem. Ihre Lippen berührten sich. Narutos Kuss war anfangs zurückhaltend und forschend, wurde aber intensiver, als er spürte wie Sakura seine Zärtlichkeiten erwiderte. Seine Hand bewegte sich in ihren Nacken. Ihre Hände Strichen ihm über die Brust. Schließlich lösten sie sich voneinander. „Ich hatte gar nichts im Haar, stimmts?“ fragte Sakura. „Ich fürchte, nein." flüsterte er. „Versuchst du es mit solchen kleinen Tricks bei allen Frauen?" „Schon lange nicht mehr." Sakura lächelte. „Schön, dass du wieder im Geschäft bist." Dann räusperte sie sich und schaute ein wenig verlegen zum Haus. Tsunade beobachtet uns wahrscheinlich durchs Fenster. Meine Güte, sie muss den Eindruck haben, als wären die Figuren aus einem ihrer Liebesromane soeben dem Buch entstiegen." Naruto lachte leise. „Ich glaube nicht, dass ich dem Helden aus einem Liebesroman das Wasser reichen kann." Sakura tätschelte seine Schulter. „Mit ein bisschen Anleitung bekommen wir dich schon noch so weit." Sie stiegen aus dem Wagen und gingen zu einer Treppe, die hinauf zu Tsunades Veranda führte. Naruto wusste, dass die alte Dame seit dem Tod ihres Mannes Alleine Lebte aber gelegentlich Besuch von ihren Kindern und Enkeln bekam. Er war gespannt auf die Begegnung. Sakura hatte Tsunade als humorvoll und warmherzig geschildert. Sakura läutete an der Tür. Sie warteten, aber niemand öffnete. Noch einmal drückte sie auf den Klingelknopf. Nichts. „Merkwürdig. Sie verlässt so gut wie nie das Haus. Wenn sie ihre Kinder sieht, kommen sie normalerweise zu ihr, nicht umgekehrt." „Vielleicht musste sie einkaufen." „Sakura schüttelte den Kopf. „Nein, bestimmt nicht. Sie bezahlt einen jungen aus der Stadt, der ihr alles bringt, was sie brauch. Ich hab ihr sogar gesagt, dass wir heute möglicherweise vorbeikommen. Deshalb kann ich mir unmöglich vorstellen, dass sie weg ist. Sie war gespannt darauf dich kennenzulernen. Schließlich bist du ihr Nachbar." Naruto sah wie ein Ausdruck der Angst in Sakuras Augen erschien. Er wusste, dass es wahrscheinlich nur an seiner Paranoia lag, musste aber sofort an Sasuke Uchiha denken. Er klopfte doch niemand reagierte. Er streckte die Hand nach dem Türknauf aus und drehte ihn. Die Tür schwang unter ihrem eigenen Gewicht nach innen. „Hallo?“ rief Sakura ins Haus, erhielt aber keine Antwort. „Okay, wir machen Folgendes. Du setzt dich wieder ins Auto und behältst die Landstraße im Auge, ob aus irgendeiner Richtung jemand kommt. Schließ die Türen ab und halt die Augen offen. Ich Schau mich im Haus um. Wahrscheinlich ist die Frau oben und macht ein Nickerchen aber Vorsicht kann nicht schaden. Wenn ich in fünf Minuten nicht wieder da bin oder du irgendetwas Ungewöhnliches siehst, fährst du los und rufst von unterwegs deinen Vater an." „Warum verständigen wir ihn nicht sofort?“ „Ich will nicht gleich die Polizei rufen Nur weil jemand nicht an die Tür kommt, wenn ich klingle. Ich sehe mich hier um. Wenn etwas nicht stimmt, können wir immer noch überlegen, was wir tun." entgegnete Naruto. „Aber was, wenn..." „Ich bin ein grosser Junge. Sakura." „Wenn etwas nicht stimmt, brauchst du Verstärkung." „Eben. Deshalb musst du dich bereithalten, deinen Vater zu rufen." Sakura seufzte. „Okay. Aber sei Vorsichtig. Mir ist das alles hier irgendwie unheimlich." Naruto brachte sie zurück zum Wagen, dann stieg er wieder zur Veranda hinauf und betrat das Haus. Wachsam ließ er den Blick schweifen. Der Parkettboden war makellos sauber, kein Stäubchen zu sehen. Er blickte auf seine Schuhe. Die Sohlen hatten eine Kruste aus getrockneter Erde. Einen Augenblick lauschte er, hörte aber nicht das leiseste Geräusch. Wie ein schwarzes Loch, das alles verschlingt, verbreitete das Haus eine lastende, bedrohliche Atmosphäre. Noch vor wenigen Augenblicken war es Naruto als Ort des häuslichen Glücks und der Fröhlichkeit erschienen, wo Kinder im Garten spielten und frisch gebackener Apfelkuchen auf der Fensterbank abkühlt. Nun war alles finster, stumm und tot. Eine Stimme in seinem Hinterkopf raunte Naruto zu, dass ihn etwas Furchtbares erwartete, doch eine kräftigere, überzeugendere Stimme trieb ihn an, weiterzugehen. Möglicherweise brauchte hier jemand Hilfe, noch dazu eine alte Dame, seine Nachbarin. „Hallo?" Keine Antwort. Nur Totenstille. Er rief noch einmal, lauter diesmal: „Hallo, ist da jemand?“ Nichts. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)