Eine Kirschblüte reist durch die Zeit von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 3: ----------- * Es schneite zarte rosa Blüten. Sie wartete auf ihn an dem verabredeten Treffpunkt, an dem Ort, an dem sie sich das allererste Mal gesehen, an welchem sie jedes ihrer Treffen gelegt und sich stets verabschiedet hatten. Es war mittlerweile einige Monate her, dass sie sich gesehen hatten, doch es kam ihr vor, als hätten sie erst gestern hier gestanden, um Abschied voneinander zu nehmen. Sie wusste nicht, aus welcher Richtung er kommen würde. In dem Moment, in dem sie sich fragte, ob er von Süden oder Norden, von Westen oder Osten kommen würde, spürte sie hinter ihrem Rücken eine vertraute Präsenz. Sie wandte sich nach dieser Präsenz um. Ihr prachtvoller Kimono raschelte und ihr langes rosa Haar, in das filigraner Blumenschmuck eingewebt war, folgte ihrer Bewegung. Er stand vor ihr, stattlich wie eh und je. Sie war keine schüchterne Frau. Wenn er aber vor ihr stand, wenn er auftauchte wie ein Geist, dann befiel sie mädchenhafte Schüchternheit. Sie senkte kurz ihre Wimpern wie zum kontaktlosen Gruß. Es war, als hätten sie sich für keinen Tag getrennt. Noch immer herrschte zwischen ihnen eine ungebrochene Vertrautheit, die nur unter wahrhaftig Liebenden bestand. Er hob seine Hand und streichelte sanft über ihre Wange, die unter dieser Liebkosung rosa wurde wie die Kirschblütenblätter, die um sie flatterten. Sie sah ihn an, voller Liebe und Hingabe, berührte seine Hand mit ihren Fingern und lächelte selig. Er betrachtete sie. Stumm, nachdenklich und ausgiebig. Dann zog er sie plötzlich an sich, was sie aufschrecken ließ. Ihr Kopf ruhte nun an seiner Brust, dort, wo er auch hingehörte. Sie sah fragend zu ihm, erleuchtete ihn mit dem überwältigenden Grün ihrer Augen. Seine Miene schien hart wie Stein zu sein, aber sie entdeckte den zärtlichen, für Außenstehende kaum wahrnehmbaren Zug, der nur dann zum Vorschein trat, wenn sie alleine waren. Die Kirschblütenblätter tanzten weiterhin um sie herum, als preisten sie ihre Liebe an. Er öffnete seinen Mund. Sie hing an seinen Lippen. Er sprach, sprach resolut und entschieden und seine Worte brachten ihr Blut in Wallung. „Ich bin gekommen, um dich mitzunehmen. Du wirst die Mutter meiner Kinder sein.“ * „Der Haruno-Clan wird in keiner Chronik erwähnt, ich habe es mehrfach geprüft.“ Madara beobachtete Sakura durch den Spalt. Sie schlief noch. „Ich habe diese Nacht vorsichtshalber immer mal wieder ihre Chakraaktivität beobachtet. Das Byakugan käme jetzt sehr praktisch. Aber auch ohne die Hyuga-Augen kann ich sehen, dass ihre Chakrazentren komplett lahmgelegt sind. Sehr unwahrscheinlich, dass sie jemals wieder Chakra produzieren kann. Und wenn doch, was, wie gesagt, sehr unwahrscheinlich ist, wird es zu nichts zu gebrauchen sein.“ „Hn.“ Izuna drückte Madara die Karaffe mit Wasser in die Hand, die er holen sollte. „Was hast du heute mit ihr vor?“ „Wir suchen die Bibliothek noch einmal ab. Ich werde in die eine oder andere Schriftrolle schauen. Vielleicht finde ich etwas. Mobilisiere Shinobi, die sie während meiner Abwesenheit überwachen werden. Am Nachmittag führen wir unsere gestrige Besprechung zu Ende. Du kannst den anderen Bescheid sagen.“ Izuna war zufrieden, weil Madara wegen dieser Frau seine Pflichten nicht vernachlässigte. „Dann werde ich Hikaku und die anderen informieren. Aber Madara… Sei auf der Hut.“ „Das werde ich sein. Bis später.“ Wann hatte Izuna ihm das letzte Mal gesagt, dass er auf der Hut sein solle? Es musste Ewigkeiten her sein. Unrecht hatte sein Bruder aber nicht. Er musste vorsichtig sein, weil diese Frau etwas in ihm auslöste, und er musste herausfinden, was dieses Etwas war. „Wach auf, Haruno. Der Tag ist angebrochen.“ Sakura schlief tief und fest, zuckte nicht einmal. Madara nahm ihr schlafendes Gesicht genau in Augenschein. Er hatte heute Nacht nicht viel geschlafen, konnte sich aber daran erinnern, was er kurz vor Sonnenaufgang, als er eingenickt war, geträumt hatte. Es war eine romantische Szenerie. Ein Mann und eine Frau, die sich umarmten. Die Frau war Sakura ähnlich, allein der Ton ihrer Haarfarbe war exakt der gleiche. An den Mann konnte er sich nicht erinnern. Madara strengte sich an und kramte in seinem Kopf. Nein, er war dieser Frau vor dem gestrigen Tag nie begegnet. Dass sie ihm vertraut vorkam, hatte ganz sicher eine Bedeutung. Gestern hatte sie gesagt, dass er ihr nicht bekannt vorkomme. War das die Wahrheit? Vielleicht war sie so geschafft von den Strapazen des Tages gewesen, dass sie nicht darauf geachtet und eine unüberlegte Antwort gegeben hatte. Er sollte sie heute nochmal fragen. Nein, das war ein blödsinniges Vorhaben. Sie kam aus einer anderen Zeit. Sie konnte ihn nicht kennen. Madara hielt die Karaffe über Sakuras Kopf. Ohne den Blick von ihrem Antlitz zu nehmen, neigte er das Gefäß leicht. Ein einzelner Tropfen löste sich vom geformten Ton und klatschte auf Sakuras Stirn, was sie eine Grimasse schneiden ließ. Er hatte eigentlich das gesamte Wasser auskippen wollen, überlegte es sich jedoch anders. Genau in dem Moment öffnete Sakura ihre grünen Augen und ihre Blicke trafen sich. Sakuras Augen leuchteten wie feuchter Tau. Es war ein unglaublich schönes Grün, das ihn wie ein verheißungsvoller Sumpf lockte. Er konnte den Blickkontakt nicht brechen. Und Sakura konnte es ebenfalls nicht. Sie erinnerte sich genauso wie er an das Traumfragment. Wer waren diese zwei Menschen gewesen, die sie im Traum gesehen hatte? Der Mann hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit Madara. An die Frau erinnerte sie sich nicht. Sakura blinzelte reflexartig. Sie blickte Uchiha Madara ins Gesicht und es war die endgültige Bestätigung, dass sie in der Zeit zurückgereist war. Sakura stützte ihren Oberkörper mit ihrem Arm hoch. „Was wollen Sie damit?“, fragte sie, als sie die Karaffe entdeckte. Madara bot Sakura das Gefäß an. „Wasch dir das Gesicht und zieh dich um.“ An der Wand stand ein Schemel, auf dem sich eine Schale befand. Sakura füllte die Schale mit Wasser, wusch sich erst die Hände, dann das Gesicht. Madara beobachtete sie dabei. Sie spürte seinen Blick und empfand ihn mindestens genauso störend wie angenehm. „Kann ich mich bitte wenigstens alleine umziehen?“ Nach kurzem Abwägen stand Madara auf und verließ wortlos den Raum. Er dachte allerdings nicht daran, Sakura unbeaufsichtigt zu lassen. Durch den schmalen Spalt, den er gelassen hatte, beobachtete er, wie der wunderliche Rock ihre Beine mit Leichtigkeit herunterrutschte und zu Boden fiel. Sakura stieg über den Stoff und machte sich daran, ihre Bluse zu öffnen. Nicht, dass Madara nie einer Frau dabei zugesehen hätte, wie sie sich auszog. Nicht, dass Madara nie eine nackte Frau gesehen hätte. Dennoch band Sakuras weiße Haut seine Augen an sich. Die Unterwäsche, die Sakura trug, war von einem zarten Pastellblau. Madara begutachtete die verspielte Spitze. So etwas trugen Frauen also in der Zukunft unter ihren Kleidern. Ein Verlangen kam in ihm hoch, das Verlangen, die pastellblaue Spitze und die weiße Haut zu ertasten, und er drängte dieses Verlangen zurück, indem er an etwas anderes dachte. Umständlich schlüpfte Sakura in das Kimono, das Madara ihr gestern organisiert hatte. Es war schlicht, saß aber tatsächlich wie angegossen. Der Stoff war von guter Qualität und schmiegte sich angenehm an ihren Körper. Sakura hörte, wie Madara in das Zimmer trat, und drehte sich nach ihm um. Madara ließ sich nichts anmerken. „Du brauchst eine Identität, die an diese Ära angepasst ist.“ Er ließ sich nicht anmerken, dass sie ihm optisch zusagte. Der Kimono stand ihr gut. Noch besser stand ihr nackte Haut und die pastellblaue Unterwäsche. „Solange wir die nicht haben, wirst du diesen Ort hier nicht verlassen. Gibt es etwas, das du gut kannst, Haruno?“ „Ich bin gut in der Schule“, antwortete Sakura. „Vor allem in Mathematik.“ „Was ist eigentlich eine Schule in deiner Zeit? Du hast gesagt, du bist ein Schulmädchen. Nennt man so Frauen, die zur Schule gehen?“ So kurz, wie es nur ging, erklärte Sakura Madara, was eine Schule war. „Damit lässt sich nicht viel in Bezug auf eine falsche Identität anfangen“, stellte Madara nüchtern fest. In seiner Zeit gab es keine Schulen und keine Schulpflicht. Sakuras Magen machte sich selbstständig und grummelte hörbar. Sakura errötete und schaute verlegen weg. Sie hatte seit fast einem Tag nichts mehr im Magen gehabt. Durch den Stress und die Aufregung, denen sie gestern ausgesetzt gewesen war, hatte sie das ganz verdrängt. Jetzt aber verlangte ihr Magen nach Nahrung. „Du wirst essen und dann suchen wir noch einmal bei Tageslicht die Bibliothek ab. Ich werde mir in der Zeit etwas überlegen.“ Madara beaufsichtigte sie beim Essen und grübelte indes, wie er Sakura am besten in den Alltag des Jahres 1412 integrieren sollte. Insgeheim bezweifelte er, dass sie heute in der Bibliothek auf einen Hinweis stoßen könnten, und das bedeutete, dass Sakura länger in dieser Zeit bleiben würde. „Du hast endlich aufgegessen“, sagte er zu Sakura, die überrumpelt ihre Schale wegstellte. Madara war sichtlich in Gedanken versunken gewesen und sie war davon ausgegangen, dass er ihr keine Beachtung schenkte. „Ja“, antwortete sie und bewunderte Madaras scharfe Wahrnehmung. „Wir haben tatsächlich einen Mangel an Iryonin. Du wirst aber nicht nützlich sein, da deine Chakrazentren komplett lahmgelegt sind. So kannst du keine schwerwiegenden Wunden heilen. Du wärst höchstens zum Verbandlegen gut.“ Etwas gekränkt, weil er ihr geradeheraus sagte, dass sie keinen Nutzen hatte, fragte Sakura: „Sind Iryonin Ärzte?“ „Das ist richtig. Um ein Iryonin zu werden, musst du zum einen über hohe Intelligenz, zum anderen über hervorragende Kontrolle über dein Chakra verfügen.“ Sakura blickte in die leere Schale vor sich. „Ich will tatsächlich Ärztin werden. Das ist mein Traum. Ich habe mir bereits einige Bücher über Medizin zugelegt, um mich für das medizinische Studium vorzubereiten. Aber das Wissen, das ich habe, ist nicht groß und es wird mir ohnehin nichts nutzen, wenn ich kein Chakra habe.“ Jetzt wurde ihr bewusst, dass Madara Recht hatte. Sie war in dieser Zeit vollkommen nutzlos. Betrübt über diese Feststellung ballte Sakura ihre Hände zu Fäusten. Sie hasste es, nutzlos zu sein, und wenn sie nicht in ihre Zeit zurückgelangte, würde sie bis zum Ende ihres Lebens über die Nutzlosigkeit ihrer Existenz klagen. Hör auf, Sakura. Du hast es dir verboten, so zu denken! Du wirst in deine Zeit zurückkehren. Du wirst die Schule beenden und Medizin studieren. In deiner Zeit. In deiner Welt. Alles wird gut. „Lass uns in die Bibliothek“, schlug Madara vor und führte Sakura in das Zimmer mit Papierbögen und Schriftrollen. Sie hatte ihren Rucksack mitgenommen. Es war viel zu gefährlich, ihn unbeaufsichtigt zu lassen. Damit riskierte sie, dass Madara etwas erfuhr. „Ich bin der Einzige, der die Schriftrollen anfassen wird“, mahnte er drohend, als er zu einem der Regale trat, die die Schriftrollen beherbergten. „Ich werde schauen, ob ich etwas über Zeitreisen finde. Such du nach Spuren.“ Sakura hatte keine andere Wahl, als sich Madaras Willen zu beugen. Wie gestern auch untersuchte sie den Boden in der Hoffnung, dass sie vielleicht gegen etwas Unsichtbares kommen würde, das ein Portal hervorzaubern könnte. In derselben Hoffnung glitt sie mit ihren Händen über die Wände aus stabilem Papier und Holz und begutachtete genauestens die Decke, obwohl sie nicht gefallen war. Nein, sie war nicht gefallen. Es war vielmehr, als wäre sie einfach durch eine Tür getreten. „Ich kam von hier, oder?“, fragte Sakura und deutete auf die Wand. Madara, der in einer Schriftrolle las, schaute auf und bejahte. „Keiner von uns hat dein Nahen gespürt. Du warst einfach da, als wärst du durch eine Türbogen getreten.“ Sakura gluckste darüber, dass sie den gleichen Vergleich anstellten. „Haben Sie etwas gefunden?“ „Nein.“ Er rollte die Schrift zusammen, legte sie zurück ins Regal und nahm die nächste. Bis zum späten Vormittag blieben sie zu zweit in der Bibliothek. Als Madara die letzte Schriftrolle wegpackte, kauerte Sakura demotiviert in der Mitte des Zimmers. Es war ein erbärmlicher Anblick, der Madara provozierte. Er konnte es nicht ausstehen, wenn Menschen sich so verhielten. Dann kam sie eben nicht sofort aus dieser Zeit hier weg. Sie war am Leben, es ging ihr verhältnismäßig gut und sie war von ihm davor bewahrt worden, von Izuna umgebracht zu werden. Offenbar wusste sie das nicht zu schätzen und blies lieber Trübsal. Ein Schluchzen erreichte seine Ohren. Sakuras gesamter Körper erbebte. Madara knirschte mit den Zähnen. „Reiß dich gefälligst zusammen, Frau.“ Sakura hörte ihn. Hatte es ihn provoziert, dass sie vor sich hin vegetierte, provozierte es sie wiederum, dass er sie dazu aufforderte, sich zusammenzureißen. Sie warf den Kopf zu ihm und scherte sich nicht darum, dass ihr Gesicht tränenüberströmt war. „Wie können Sie es wagen mir zu sagen, dass ich mich zusammenreißen soll!“, schrie sie ihn an. „Sie gehören in diese Zeit! Sie sind ein abgebrühter Krieger, ich nicht! Ich bin ein einfaches Schulmädchen, das gewaltsam in eine vergangene Zeit geschleudert wurde! In eine Zeit, die auch noch ganz anders ist, als wir sie in der Zukunft kennen!“ Mit jedem Wort, das sie ihm entgegenschmetterte, wuchs Madaras Wut und Fassungslosigkeit. Diese Frau wagte es, ihn anzubrüllen. Sie wagte es, ihn anzubrüllen, und das auch noch vollkommen grundlos. Er zückte ein Kunai. Das Folgende geschah so schnell, dass Sakura es nicht mitbekam. Ehe sie sich versah, kollidierte ihr Hinterkopf dumpf mit dem Boden der Bibliothek. Sie keuchte auf, mehr vor Schreck als vor Schmerz, und ihre Augen weiteten sich zu Tellern, als sie das Kunai an ihrer Kehle spürte. Es war beinahe die gleiche Situation wie gestern. Nur dass es Madara war, der sie mit einem Wurfmesser bedrohte, und nicht Izuna. Sie lag außerdem auf dem Rücken, unter ihrem Angreifer. „Wäre es dir lieber gewesen, wenn ich dich hätte töten lassen? Du weißt doch noch, wer ich bin, oder?“, fragte Madara. Seine Stimme war schärfer als das Kunai und sein herb-süßer, männlicher Geruch drang in ihre Nasenhöhlen. „Das ist nicht die Art und Weise, wie ein einfaches Schulmädchen dem Clanoberhaupt der Uchiha begegnen sollte. Es sei denn, es hat Todessehnsucht.“ Seine Iriden waren komplett blutdurchtränkt. Nein, sie waren nicht blutdurchtränkt. Sie hatten die Farbe gewechselt. Das Schwarz war einem Rot gewichen. Sakura starrte in Madaras Augen, starrte auf die sechs Punkte, die wie verdammte Inseln aus blutroten Meeren ragten, verbunden durch halbrunde Brücken. Es war ein schauriger Anblick. War das das Sharingan, von dem Madara gesprochen hatte? Würde sie sich gleich in einer Illusion wiederfinden und seelische Qualen erleiden? Sakura schluckte, unfähig, auch nur einen Laut von sich zu geben. Sie war wie paralysiert. Als sie aber spürte, wie das Kunai tiefer in ihre Haut gedrückt wurde, reagierte ihr Körper mit einer kurzen, panischen Regung. „Ich kann dich von deiner Misere erlösen, wenn du es willst“, sprach Madara weiter. „Willst du aber weiterleben, so hast du dich gefälligst zu fügen. Mir zu fügen. Hast du das verstanden?“ Sakura starrte immer noch in seine Sharingan-Augen. „Hast du das verstanden?“, wiederholte Madara mit Nachdruck. „Ja“, hauchte Sakura zittrig. Als Madara von ihr stieg, überkam sie tiefe Erleichterung. Ihr Körper entspannte sich ein wenig und sie senkte die Lider, um das zu verarbeiten, was ihr eben widerfahren war. Sie hielt die Tränen zurück, weil sie nicht wollte, dass ihr nochmals das Gleiche widerfuhr. Sakura war erschöpft. Sie war so erschöpft, als hätte sie den ganzen Vormittag schwer geackert. Ich kann dich von deiner Misere erlösen, wenn du es willst. Wäre es nicht besser zu sterben, als an einem Ort gefangen zu sein, an den man nicht hingehörte? Welche Auswirkungen hätte es auf die Zukunft, wenn sie sterben würde? Sakura fuhr sich über das Gesicht und über ihr Haar. Sie musste sich beruhigen. Sie atmete ein und wieder aus und ging tief in sich, um die Frage zu beantworten, ob sie Todessehnsucht habe. Ich will nicht sterben, hallte es in ihrem Kopf. Ich will nicht sterben. Was wollte sie dann? In ihre Zeit zurück. Das hatte absolute Priorität. Was wollte sie noch? Antworten. Sakura steckte für unbestimmte Zeit im Jahr 1412 fest. Noch immer weigerte sie sich zu glauben, dass das auf ewig der Fall sein würde. Es hatte einen Grund, warum sie hier war, und es hatte einen Grund, warum sie nicht postwendend zurück konnte. Es musste hier etwas geben, das sie finden sollte. Und dieses Etwas musste in einem Zusammenhang mit Uchiha Madara stehen. Warum sonst hatten beide das Gefühl, einander zu kennen? Und dieser Traum, dieser sonderbare Traum… Sakura schaute zu Madara hinüber. Seine Augen waren gewohnt schwarz, das Kunai hatte er weggesteckt. Er lehnte mit gekreuzten Armen an einem der Regale und schien auf etwas zu warten. „In diesem Raum wird bald eine Besprechung stattfinden. Du hast die Besprechung gestern mit deinem plötzlichen Auftauchen unterbrochen. Es ist nicht mehr viel Zeit übrig, Haruno.“ „Nicht mehr viel Zeit übrig?“, wiederholte Sakura verwirrt. „Was meinen Sie?“ „Du hast zwar verstanden, aber du hast mir nicht gesagt, ob du sterben oder leben willst. Du hast nicht mehr viel Zeit, eine Entscheidung zu treffen. Wenn gleich jemand in diesen Raum kommt, werde ich an deiner Stelle eine Entscheidung treffen.“ Sakura peilte die geschlossene Schiebetür an. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, wurde lauter, wurde so laut, dass sie ihn in den Ohren hören konnte. Leben oder sterben? Leben? Oder sterben? Ich will leben. Sakura setzte sich aufrecht auf ihre Fersen und verbeugte sich demütig. „Ich will leben. Ich habe mich entschieden, dass ich leben will. Bitte verzeihen Sie mir, Madara-sama, dass ich Sie angeschrien habe. Das war nicht richtig und ich bereue es.“ „Madara-sama, ho?“ Madara grinste. „Das gefällt mir besser. Glaub aber nicht, dass du ungeschoren davonkommst.“ Er amüsierte sich köstlich darüber, dass sich Sakura anspannte und ihre Finger in den Stoff ihres Kimonos grub. Er gab vor nachzudenken, welche drakonische Strafe er über sie verhängen wollte, obwohl er sich bereits festgelegt hatte, und labte sich an ihrer Bangnis. „Die weiteren Mahlzeiten dieses Tages und das morgige Frühstück sind für dich gestrichen. Du bekommst erst morgen Nachmittag wieder etwas zu essen.“ Sakura biss sich auf die Unterlippe. Angenehm und einfach würde es bestimmt nicht werden. Sie würde es allerdings irgendwie durchhalten. Sakura rief sich Madaras unheimliche Augen und das Gefühl des Kunai auf ihrer Haut in Erinnerung. Ein Schauer jagte ihren Rücken hinab. Sie berührte vorsichtig die Stelle, an der Madara das Kunai angesetzt hatte, und begriff: Es hätte sie härter treffen können. Sie musste lebensmüde gewesen sein, als sie diesen Mann angeschrien hatte. Die Shoji wurde mit einem Ruck beiseitegeschoben. Nacheinander kamen vier Männer hinein. Es waren die Männer, die gestern neben Madara der Besprechung beigewohnen hatten. Sakura erkannte Izuna sofort. Er reckte sein Kinn vor und ließ sie spüren, wie unerwünscht sie war. An die Namen der anderen Männer konnte sie sich nicht erinnern. Jetzt erst fiel Sakura auf, dass draußen zwei Frauen standen. „Shigeku und Mayuri werden auf dich aufpassen, solange ich in Besprechung bin. Geh.“ Sakura sah verunsichert zu den Frauen. Waren sie Kunoichi? Sie mussten es sein. Madara würde sie nicht von einfachen Frauen beaufsichtigen lassen, ganz sicher nicht. Wenn er es vorgehabt hätte, wäre ihm Izuna dazwischen gekommen. Er traute ihr immer noch nicht über den Weg und wenn Sakura ganz ehrlich zu sich selbst war, verstand sie ihn. Sie war eine junger Frau, die in die Zeit zurückgereist war, kurz bevor Senju das Dorf angriffen. Als Sakura aus der Bibliothek ging, wurde sie sofort von beiden Frauen flankiert. „Sie kriegt nichts zu essen“, ließ Madara Shigeku und Mayuri wissen und sperrte die Dreiergruppe aus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)