Der Zettel am Kühlschrank von Charly89 (April) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Es ist dunkel. Natürlich ist es dunkel, schließlich ist es Mitten in der Nacht. Kakashi befindet sich in einer Wohnung, in der er nicht wohnt. Er sitzt in einer Küche, die nicht seine ist und trinkt Tee, den er nicht gekauft hat. Leise schnauft er. Ein bisschen fühlt er sich wie ein Einbrecher, oder besser - wie ein Dieb. Ja, er ist ein Dieb. Er hat etwas gestohlen, hat sich etwas aneignet, was ihm nicht zugestanden hat. Verwirrt, beschämt und verärgert fährt er sich durch die Haare. Was in Kamis Namen ist gestern nur passiert? Und wie soll er damit umgehen? Was soll er ihr sagen, und wie? Ein Geräusch lenkt ihn ab. Er verharrt in seiner Bewegung und lauscht angestrengt in die Stille. Ist sie aufgewacht? Minuten vergehen, keine Geräusche sind mehr zu hören. Vorsichtig steht er auf und geht zu der Tür, die in den Nachbarraum führt. Er stupst die nicht verschlossene Tür an, damit sie sich ein wenig weiter öffnet und er einen Blick in das Innere erhascht. Sie liegt friedlich schlafend in dem zerwühlten Bett. Sein Herz verkrampft sich schmerzhaft, nicht wegen ihrem Anblick, eher wegen dem ‚Zustand‘ des Bettes. Eindrucksvoll führt es ihm seinen Diebstahl der Nacht vor Augen. Wie konnte er nur? Er ist der ‚Erwachsene‘, er hätte es unterbinden, verhindern müssen. Stattdessen… Er schüttelt den Kopf. Kakashi versucht die Bilder der Geschehnisse, die sich wieder hochdrücken, beiseite zu schieben. Träge hebt sie kurz den Kopf. Es ist dunkel. Sie fühlt sich eigenartig, irgendwo tut etwas weh, nicht schlimm, aber definitiv pocht etwas in ihrem Unterbauch. Warum? Verschlafen dreht sie den Kopf. Ihr Bett sieht aus, als hätte sie einen Albtraum gehabt. Die Kissen liegen teilweise auf dem Boden verteilt und die Decke ist auch völlig zerwühlt. Die Erinnerung kommt hoch und erschrocken weiten sich ihre Augen. Nein! Das musste ein schlechter Scherz sein. Sie hat… Sie haben… panisch geht ihre Hand zum Nachtschränkchen, ihr Wecker fällt herunter. Das Geräusch wird durch das auf dem Boden hängende Laken gedämpft. Sie spürt wie sich im Nebenraum, der Küche, etwas regt. Er ist noch hier? Was soll sie tun? Sie weiß doch noch gar nicht, was sie davon halten soll. Sie muss erst nachdenken! Das tut sie immer, oder zumindest fast. Gestern hat sie scheinbar nicht nachgedacht. Schnell tut sie das Einzige, was ihr sinnvoll erscheint. Sakura legt sich zurück ins Bett und stellt sich schlafend. Leise lässt er sich wieder auf dem fremden Stuhl nieder und trinkt den Tee, der ihm nicht gehört. Er ist hier völlig fehl am Platz. Jemand anderes gehört hier her, doch dieser Jemand ist nicht hier. Dieser Jemand zieht durch das Land, um zu begleichen, was auch immer er zu begleichen hat. Kakashi erwischt sich dabei, wie er beinahe dem Jemand die Schuld für das, was passiert ist zuschreibt. Der Andere sollte hier sein und wäre er es, wäre das nicht geschehen. Doch der Andere ist nicht schuld und auch nicht sie. Kakashi allein trägt die Schuld. Er muss es ihr sagen. Er muss ihr sagen, dass es falsch war, dass es nicht hätte passieren sollen und dass er allein die Schuld dafür trägt. Doch kann er das? Wird er ihr ins Gesicht sehen können, um ihr das zu sagen? Sollte er das überhaupt? Sicher ist ihr das Ganze genauso unangenehm, das muss er berücksichtigen. Sein geschulter Blick wandert durch die Küche. Nein, er wählt einen anderen Weg, einen der ihnen Beiden das peinliche Gestammel und Rumgedruckse erspart. Sie spürt wie er ihre Wohnung verlässt. Nicht durch die Tür, nein. Er verlässt ihre Wohnung wie ein ANBU es eben tut, durch das Fenster. Behutsam steht sie auf. Das Pochen in ihrem Unterbauch verstärkt sich ein wenig. Unschlüssig steht sie in ihrem Schlafzimmer. Jetzt, wo ihr bewusst wird, was passiert ist, riecht sie es auch irgendwie. Der Geruch in dem kleinen Zimmer ist intensiv und, für jemanden der ihn kennt, unverkennbar. Duschen! Sie muss duschen, ganz dringend. Die Erinnerung wird sie nicht abwaschen können, aber wenigsten die Spuren auf ihrem Körper. Nach der Reinigung steht sie wieder in dem kleinen Raum. Sie kann definitiv nicht den Rest der Nacht in diesem Bett verbringen. Wie ist es überhaupt dazu gekommen? Sie gehört doch jemand anderem. Ja, nicht offiziell, aber inoffiziell. Wie konnte sie das tun? Wie konnte sie ihr besonderes Geschenk einem Anderem übergeben? Und dann auch noch Kakashi? Was ist bloß passiert?! Sie geht in die Küche, etwas trinken und dann wird sie sich auf die Couch legen. Morgen früh wird sie die Überreste ihres Verrats schleunigst waschen und beseitigen. Ihre Hand ist an der Tür des Kühlschranks. Da hängt Etwas, was gestern noch nicht da war. Ein kleiner gelber Zettel prangt genau auf Augenhöhe. Sakura braucht drei Anläufe, bis sie entziffert hat, was auf dem Zettel steht: Das hätte nicht passieren dürfen. Es ist meine Schuld! Kakashi P.S.: bin die nächsten Monate auf Mission Kalt läuft es ihr den Rücken runter. Seine Schuld, wenn das mal so einfach wäre! Es gehören immer zwei dazu. Also hat sie genauso Schuld, egal was er schreibt. Schreibt … Was fällt dem Kerl eigentlich ein?! Einfach einen schnöden Zettel an ihren Kühlschrank zu heften und verschwinden. Wie konnte er nur?! Obwohl… eigentlich passt es zu Kakashi. Trotzdem ist sie sauer. Ihr wäre eine Aussprache lieber gewesen. Nun ist er die nächsten Monate weg, sie wird also nichts mit ihm klären können. Vielleicht hätte ein Gespräch geholfen, zu verstehen, wie es dazu kommen konnte. Sie liebt doch einen Anderen, und dann das. Nicht nur einfach so, nein, auch noch ihr besonderes Mal. Sakura versteht es nicht, versteht sich nicht. Und dann auch noch dieser blöde Zettel! Wütend reißt sie ihn vom Kühlschrank ab und pfeffert ihn in den Mülleimer. So ein verdammter Mist… Wochen später… Es ist dunkel. Natürlich ist es dunkel, schließlich ist es Mitten in der Nacht … Kakashi schüttelt den Kopf. Kaum wieder in Konohagakure, kommen die Erinnerungen wieder hoch. Immer noch kann er sich nicht erklären, was passiert ist. Er kann es noch nicht mal auf den Alkohol schieben, da er keinen getrunken hat. Und sie auch nicht, wenn er sich recht erinnert. Ungewöhnlich, so zum eigenen Geburtstag. „Ich möchte heute nicht trinken, vielleicht bekomme ich Besuch“, hat sie ihm mit diesem eigenartigen Glanz in den Augen erklärt, als er sie gefragt hatte. Besuch … Er wusste sofort, auf welchen Besuch sie wartete. Würde er kommen? Kakashi glaubte von Anfang an nicht daran, aber sie tat es. „Immerhin ist es mein 18. Geburtstag!“, hatte sie frohlockt. Der Abend wurde später, die Gäste weniger. Sie hat versucht tapfer zu bleiben, Kakashi hat es ihr angesehen. Was weiter passiert ist weiß er nicht mehr. Das Ende des Abends schon, die Bilder sind immer noch da, aber warum weiß er nicht mehr. Das er danach verschwunden ist, gleich für mehrere Wochen, war nicht so geplant, kam ihm aber sehr gelegen. Leise schleicht er in seine Wohnung, eine Angewohnheit, die ein ANBU nicht ablegt. Er entschließt sich, noch etwas Essbares zu suchen, also geht er in die Küche. Ein ungutes Gefühl überkommt ihn. War jemand hier? Sein aufmerksamer Blick wandert durch den dunklen Raum. Da! An seinem Kühlschrank hängt etwas. Sein Herzschlag beschleunigt und seine Muskeln verspannen sich. Ein Zettel am Kühlschrank. Unter normalen Umständen so irrelevant, dass Niemand so etwas erwähnen würde. Doch für ihn ist es nicht irrelevant. Ein Zettel am Kühlschrank, so wie vor zwei Monaten. Nur, dass es ein anderer Kühlschrank, eine andere Küche und eine andere Wohnung waren. Mit stocksteifen Schritten tappt er zu dem Gerät. Er fühlt sich angespannt, ein wenig verängstigt und vor allem eins - überfordert. Er ahnt, von wem dieser Zettel ist. Kalte Panik ergreift ihn. Für einen Augenblick ist er verleitet, die Flucht zu ergreifen. Er will sich dem nicht stellen, weder dem Zettel, noch dem Grund dafür. Doch, er muss. Er ist der ‚Erwachsene‘. Kami, wie er sich für diese Nacht hasste! Er nimmt den Zettel in die Hand, um ihn zu betrachten. Seine Augen weiten sich auf das Maximum, sein Herz galoppiert wie ein Wildpferd und kalter Angstschweiß läuft wie ein Wasserfall seinen Rücken hinunter. Nein! Das konnte doch nicht sein! In seiner Hand ist ein Bild, ein Ultraschallbild, so viel weiß selbst Kakashi. Es ist Ihre Schuld! steht am oberen Rand geschrieben. Minuten der Angst, Panik und des Unglaubens vergehen. Sein nervöser Blick fällt plötzlich auf den unteren Rand, bitte wenden steht da. Kakashi dreht das Bild. Er vergisst zu atmen vor Schock. Fassungslos kippt er nach hinten um. Der Zettel, der eigentlich ein Bild ist, segelt ihm aus der Hand. Der Kopier-Ninja landet geräuschvoll auf dem Boden, einem Toten gleich liegt er da. Das Bild gleitet sanft hinab und landet neben ihm. Die Rückseite ist zusehen: April, April! Tsunade Rückblick Fassungslos starrt Tsunade vor sich hin, sie hört eben ein Gespräch mit. Sakura und Ino sitzen um die Ecke. Die Rosahaarige erzählt eine Geschichte, die Geschichte von ihrem Geburtstag. Von dem Abend, an dem der ersehnte Besuch nicht kam. Von ‚Jemanden‘, Sakura nannte keinen Namen, der sie tröstete, als alle anderen schon weg waren. ‚Jemand‘ der für sie da war, ihr beistand und bei dem sie sich plötzlich aufgehoben gefühlt habe. Sakura konnte nicht genau sagen, wie es letzten Endes dazu gekommen ist, aber sie hat die Nacht mit dem ‚Jemand‘ verbracht. Am nächsten Morgen war er weg, nur ein Zettel am Kühlschrank war geblieben. Nun war er schon seit Wochen fort und kommt morgen wieder. Sie will mit ihm reden, sie will es klären, fürchtet aber, dass er nicht reden will. Sakura will von Ino wissen, was sie tun soll… Tsunade hört nicht mehr zu, genau genommen, ist sie schon gar nicht mehr da. Sie ist auf dem Weg zum Hokageturm. Sakura ist ihr wie eine Tochter, also wird sie sich wie eine Mutter benehmen, wie eine hinterlistige, versteht sich. Der Einzige der auf der Geburtstagsfeier war und danach auf Mission musste ist Kakashi. Er hat für morgen seine Rückkehr angekündigt, also muss er definitiv der Unbekannte sein. Kakashi wird mit Sakura reden, dafür wird sie schon sorgen. Falls nicht, konnte sich der Kerl auf einiges gefasst machen. Allerdings muss sie geschickt vorgehen, um Sakura nicht bloßzustellen, schließlich weiß Tsunade ja offiziell nicht davon. Zurück in ihrem Büro setzt die Hokage sich an ihren Schreibtisch. Ihr grübelnder Blick fällt auf den Kalender. Plötzlich erhellt sich ihre Miene. Das ist die Idee! Sie wird Kakashi den Schreck seines Lebens einjagen und kann gleichzeitig verhindern, dass Sakura erfährt, dass sie davon weiß. Und wenn er sich dann immer noch vor einem Gespräch drückt, wird er sein blaues Wunder erleben! Kakashi kommt wieder zu Bewusstsein. Erschlagen rappelt er sich auf. Was ist passiert? Warum liegt er auf seinem Küchenboden? Sein leicht verschwommener Blick fällt auf den Zettel neben sich. Sofort spürt der Kopier-Ninja wieder die Anspannung. Woher zum Kuckuck weiß Tsunade das schon wieder?! Sakura wird es ihr wohl kaum erzählt haben. Unschlüssig hebt er den Zettel hoch. Unter dem Namen der Hokage steht noch etwas: P.S.: Rede mit Sakura! Sonst … Sonst …? Kakashi schluckt schwer. Er will nicht wissen, was sonst … bedeutet. Morgen wird er zu Sakura gehen und das tun, was er schon vor zwei Monaten hätte tun sollen - er wird mit ihr reden. Er hat zwar keine Ahnung, was er ihr genau sagen wird, oder ob er es nervlich durchsteht, aber er wird es versuchen. Er ist es ihr schuldig, vor allem nach der Aktion mit dem blöden Zettel am Kühlschrank. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)