REQUIEM - 7. Akt: Das Ende aller Dinge von CyberneticNemesi ================================================================================ Kapitel 17: Nur ein weiteres Angebot ------------------------------------ Als Severus die Augen wieder öffnete erblickte er die zerstörte Decke der Großen Halle. Man hatte die Tische und Sitzbänke entfernt und ein großes Lazarett daraus gemacht. Er vernahm Stöhnen und hin und wieder einen Schrei. Unter Schmerzen setzte er sich auf. Sein rechtes Bein war geschient. Er spürte jedoch beim Atmen einen unangenehmen Druck in der Seite als habe er sich die Rippen gebrochen. Hatte er es geschafft dieses Ding zu vernichten? Er konnte sich nur noch daran erinnern wie er fortgeschleudert wurde und in Ohnmacht fiel. Severus fasste sich an die Stirn. Jemand hatte ihm eine Bandage um den Kopf gewickelt. Er bemerkte wie jemand vor ihm stehen blieb. Es war Jennifer. Sie hatte einiges ab bekommen, doch im Vergleich mit Severus sah sie noch gut aus. Sie hockte sich zu ihm. „Hat es funktioniert?“, fragte er sie. „Ja. Das viel größere Wunder ist aber, dass die Todesser sich ergeben haben. Und zwar jeder Einzelne.“, sagte Jennifer. „Du solltest dich aber ausruhen.“ „Nein.“, entgegnete Severus. „Doch! Dich hat es ziemlich erwischt. Ich dachte erst du seist tot.“ Jennifer ließ sich neben ihm nieder. „Das dachte ich auch. Scheinbar bin ich unverwüstlich.“, antwortete Severus. „Wenn du da raus willst, solltest du dich auf einiges gefasst machen.“, sagte Jennifer mit Blick auf das große Eichenportal der Halle. „Warum? Was ist passiert?“, fragte Severus und klang besorgt. „Du bist jetzt ein verfluchter Held.“ Jennifer küsste ihn auf die Wange. „Severus Snape, Vernichter des Dunklen Lords und seines mächtigen Blobs!“ Severus lachte auf. Das klang so lächerlich! Während er sich im Gedanken noch amüsierte kam eine Gruppe von Menschen auf sie zu. Angeführt von Minerva. Ihre Haare waren völlig unordentlich und sie hatte einige Schrammen im Gesicht. Neben ihr war Harry Potter. Er sah kaum besser aus. Außerdem machte er noch Kingsley, Lupin und Tonks aus. Der Werwolf stützte sich auf eine Krücke. Ihn hatte es schwer erwischt und er konnte kaum stehen. Eine Bandage ging quer über seine Brust. Nur Mad-Eye fehlte. Severus fragte nicht warum. Er konnte es sich vorstellen. Armer, verrückter Moody. Hoffentlich hatte er noch genug seiner Gegner mit ins Grab genommen. „Ich bin Ihnen zu Dank verpflichtet. Wir alle sind das.“, sagte Minerva. „Was Sie getan haben hätte niemand anderes fertig bringen können.“ „Jetzt aber mal halblang!“, entgegnete Severus. „Ich hatte ja schließlich Hilfe.“ „Es wird Ihnen nicht gefallen, aber da draußen wartet eine Meute, die ihren Helden bewundern möchte.“, sagte Kingsley. „Oh nein. Kann ich das nicht irgendwie aussitzen?“, fragte Severus und sah hilfesuchend zu Jennifer. „Dieses Mal nicht, Großer.“, antwortete sie ihm. Jennifer half ihm auf die Beine. Sie schlang seinen Arm um die Schulter. „Warten Sie!“, sagte Harry. Er nahm Severus' anderen Arm. Gemeinsam humpelten sie durch die Große Halle. In der zerstörten Vorhalle waren immer noch Trümmer und Blutflecken zu sehen. Severus kniff die Augen zusammen als ihn das Tageslicht von draußen blendete als sie über die Schwelle des großen Portals gingen. Draußen standen Leute. Nicht nur die Überlebenden der Schlacht, sondern auch Journalisten und Männer, die aussahen wie Auroren. Das Ministerium. , dachte Severus. Das hatte er völlig vergessen nachdem er Pius entführt hatte. Jubel prasselte auf ihn ein, genauso wie neugierige Fragen und die Sensationslust der Anwesenden. Alle wollten sie einen Blick auf denjenigen erhaschen, der der Dunklen Lord getötet hatte. Severus verdrehte genervt die Augen. „Jetzt wissen Sie, wie ich mich immer fühle.“, sagte Harry zu ihm. Das half nicht wirklich. „RUHE!“, schrie Severus als es ihm zu viel wurde. Zu seiner Überraschung verstummte die Menge. Er atmete tief durch. „Ich bin überhaupt nicht gut im Reden schwingen. Also ja, Voldemort starb durch meine Hand. Eben so wie dieser Schleimblob. Was soll ich denn dazu sagen?“, fragte Severus in die Stille hinein. „Darf ich ein Foto machen?“, fragte ein Reporter mit einer Kamera. „Argh, muss das sein?!“, sagte Severus in einem Ton, der verriet, dass er am Liebsten das Weite gesucht hätte. „Ja.“, antwortete Jennifer. „Was?“, brummte Severus. „Nur dieses eine Mal.“, antwortete sie gab Severus vor allen Leuten einen Kuss. Einige der Anwesenden pfiffen. Ihm wurde mit einem Mal klar, dass er sich ja jetzt nicht mehr zu verstecken und zu verstellen brauchte. Es war vorbei. Es war endlich vorbei. Nach zwanzig Jahren war er endlich frei. Scheiß drauf!, dachte Severus und ließ den anderen Arm von Harrys Schulter gleiten. Er nahm Jennifers Kopf in seine Hände und gab ihr einen langen, tiefen Kuss. Sollten sie ihn dabei fotografieren und begaffen! Es war ihm egal. Er war jetzt nicht mehr Severus Snape, der Spion. Und auch nicht Severus Snape, der Todesser oder der Lehrer. Er war er selbst. Harry neben ihm, begann zu grinsen. Severus löste sich von seiner Frau und setzte sich auf die Treppe. Die ganze Zeit auf einem Bein zu stehen war verflucht anstrengend. Nach einer Weile löste sich die Menge auf. John kam aus dem Schloss und setzte sich neben sie. Er sah genauso mitgenommen aus wie all die anderen. „Und jetzt, Professor?“, fragte er neckig. „Urlaub.“, sagte Severus. „Und zwar ziemlich lange. Dieses Welt gerette ist echt anstrengend.“ Ein Auror kam auf sie zu. Er war noch recht jung, trug Anzug und Krawatte und wirkte alles in allem als habe er die meiste Zeit eher im Büro verbracht als irgendwo sonst. „Was?“, fragte Severus grollend. „Charles Borrow, Stellvertretender Minister.“, stellte sich der Mann vor. „Und?“, fragte Severus. „Wie man hört wissen Sie etwas über den Verbleib von Zaubereiminister Pius Thicknesse.“ „Hört man das?“, sagte Severus düster. „Wollen Sie ihn zurück?“ „Nun ...“ „Vergessen Sie es. Er ist ein Todesser.“, entgegnete Severus. „Wie Sie ja auch, Sir.“, sagte Borrow. „Ich glaube, ich habe bewiesen, dass ich das nicht mehr bin. Sollte das Ministerium jedoch gewillt sein diesen ganzen Dreck aufzuarbeiten, dann dürfen sie ihn vielleicht haben, wenn er dann auch in Askaban landet.“   „Womit wir gleich beim Thema wären. Die Todesser haben sich ergeben. Das Ministerium wird daher eine juristische Aufarbeitung anstreben. Auch von dem, was hier geschehen ist.  Und womöglich wird man auf Sie als Hauptzeugen zurück kommen.“, sagte Borrow. „Ja, ja, das kenn' ich schon.“, sagte Severus, bevor er sich noch mehr Ministeriumsgewäsch anhören musste. „Sie würden uns damit sehr helfen.“ Borrow atmete tief und zog dann von dannen. Severus wusste worauf das alles hinaus laufen würde. Ein elendig langer Gerichtsprozess. Das war schon beim ersten Krieg so. „Vom Regen in die Traufe.“, sagte Severus mehr zu sich als zu den anderen. --------------------------------- Die Wochen nach der Schlacht um Hogwarts verliefen für Severus eigenartig langsam. Es war seltsam nicht mehr fürchten zu müssen verraten oder umgebracht zu werden. Davon abgesehen fesselte ihn sein Bein ans Bett. Die schweren Steine hatten ihm das Knie und das Schienbein zertrümmert. Selbst mit magischen Heilmethoden dauerte das und es war nicht sicher, ob er danach je wieder richtig laufen könnte. Sprintweltmeister würde er auf alle Fälle nicht mehr werden. Severus lag auf der Couch in seinem Haus. Den Bunker hatten sie aufgegeben, jetzt wo er nicht mehr nötig war. Pius hatte er an die Behörden übergeben und alles andere würde sich irgendwie finden. Er blätterte im Tagespropheten. Seit Wochen gab es nur ein Nummer Eins Thema und er las ständig Titel wie „Severus Snape und Harry Potter – Was vereint Sie?“ oder „Ex-Todesser besiegt Dunklen Lord“ oder schlicht „Ist dies das Ende?“ Zugegeben, die Sensationsschlagzeilen hatten auch schon bessere Tage gesehen, aber was sollte man machen? Rita Kimmkorn war ja im Ruhestand. Severus legte die Zeitung weg. Er war ja noch nie ein Couch-Potato gewesen. Das fiel ihm jetzt auf die Füße. Noch ein paar weitere Wochen und er würde durchdrehen. Zum Glück durchbrach ein Brief des Ministeriums seine Langeweile. Sie luden ihn zu einer offiziellen Anhörung vor. Er hatte sich dieses Mal nicht um einen Verteidiger gekümmert. Er würde sich selbst verteidigen, auch wenn das unüblich war. Am Tag der Anhörung betrat er das Ministerium durch den Vordereingang. Er spürte wie die Blicke auf ihm ruhten, während er sich anmeldete. Das verdammte Zaunpublikum. Severus hinkte beim Laufen und brauchte trotz des Heilungsprozesses immer noch einen Stock. Es nervte ihn tierisch auf so was angewiesen zu sein, aber das wohl der Preis für seinen Sieg über Voldemort. Severus betrat den Anhörungsraum. Es war einer der kleineren Verhandlungsräume und es gab nur einen Tisch. An diesem saß Borrow, dem er schon begegnet war, und zu seiner eigenen Überraschung Minerva. Die beiden redeten leise über irgendetwas, verstummten aber sofort als er eintrat. Severus hinkte zum Tisch und setzte sich. „Also?“, sagte er. „Bis ein neuer Minister gewählt ist werde ich den Vorsitz dieser kleinen Versammlung haben. Ich muss für das Protokoll darauf hinweisen, dass kein Wort dieser Anhörung nach draußen gelangt.“, sagte Borrow. „Sie wissen schon, dass sie mit einem ehemaligen Spion reden, oder?“, fragte Severus und konnte sich seinen Sarkasmus nicht verkneifen. „Mister Snape, diese Unterhaltung ist rein vertraulich. Wir möchten kein Publikum oder dergleichen in dieser Sache solange der Aufarbeitungsprozess noch im Gange ist ...“ „Kommen Sie auf den Punkt!“, sagte Severus ungeduldig. Borrow sah ihn ungehalten an und wechselte einen Blick mit Minerva. „Sind Sie bereit gegen die Todesser auszusagen? Und damit meine ich, gegen jeden von ihnen.“, sagte Borrow. „Sie fragen sich also, ob ich als ehemaliger Todesser Skrupel habe gegen meine ach so lieben Freunde auszusagen? Überhaupt nicht.“, antwortete Severus. „Nun das … kommt überraschend.“, sagte Borrow. „Sie begreifen es offenbar nicht. Ich bin mit alldem fertig, werter stellvertretender Minister! Mit den Todessern, mit dem Dunklen Lord, mit diesem ganzen Scheiß!“, entgegnete Severus. „Wenn es nach mir geht können die alle in der Hölle schmoren bis sie verrotten!“ „Ihnen ist klar, dass sich ein Großteil ergeben hat, aber immer noch einige wenige auf der Flucht sind? Sie könnten Racheakte planen. Auch gegen Sie.“, sagte Borrow. „Wir sind bereit Ihnen Aurorenschutz zu gewähren bis zum Abschluss des Prozesses.“ Severus prustete los. „Der letzte Todesserprozess hat drei Jahre gedauert! Mal davon abgesehen bin ich derjenige, der den Dunklen Lord besiegt hat. Was glauben Sie welcher Idiot sich jetzt noch mit mir anlegen würde?“, fragte Severus. „Severus ...“, begann Minerva sanft. „... das ist kein Zeitpunkt für Ihre Sturheit!“ „Ach, was tun Sie hier eigentlich? Hat sich unser Jüngling hier nicht alleine getraut mich zu treffen?“, schoss Severus gegen sie. „Ich bin hier, weil ich ein Angebot für Sie habe.“, sagte Minerva. „Oh nein.“, entgegnete Severus. „Ich habe genug von diesen unausschlagbaren Angeboten!“ „Hören Sie es sich erst einmal an!“, antwortete Minerva streng. „Sie, Severus, sind jetzt ein Held. Eine riesige Zielscheibe. Noch größer als Harry Potter. Der Groll der Todesser und ihrer Verwandten wird sich irgendwann gegen sie wenden. Erst recht, wenn sie gegen sie aussagen und das wissen Sie verdammt nochmal auch! Vergessen Sie wenigstens einmal Ihren Stolz und nehmen Sie den Schutz an. Es ist ja nicht für immer. Ich bitte Sie inständig darum!“ Severus knurrte tief etwas in sich hinein. „Und Ihr Angebot?“, fragte er. Minerva holte ein Blatt Pergament und aus der Innentasche ihrer Robe hervor und legte es ihm hin. „Sie können natürlich ablehnen, aber ich biete Ihnen an der neue Schulleiter von Hogwarts zu werden.“ „Was?“, fragte Severus und sah sie an als ob sie nicht ganz bei Verstand wäre. „Ich? Als Schulleiter? Sie müssen ihre Schüler aber wirklich hassen!“ „Es dauert noch ein paar Monate bis Hogwarts renoviert und wieder bereit ist. Sie müssten ja nicht einmal unterrichten. Die Arbeit eines Schulleiters ist relativ papierlastig.“ „Sie wollen mich also töten?“, fragte Severus sie mit unterschwelligem Sarkasmus. „Nein, Minerva, das können Sie sich aus dem Kopf schlagen!“ Er nahm das Pergament vor sich, faltete es und zerriss es vor ihren Augen. Einmal. Zweimal. Dreimal. Schlussendlich so oft, dass es nur noch als Konfetti taugte. „Ich – bin – endgültig – damit – fertig!“, presste Severus bei jedem Mal zerreißen heraus. „Kein Hogwarts mehr. Keine Schüler mehr. Kein verfluchtes Lehrer sein mehr!“ „Sie enttäuschen mich.“, sagte Minerva und Severus schnippte ihr die Papierschnipsel entgegen. „Ich nehme das Angebot des stellvertretenden Ministers an.“, sagte er schließlich. „Wenn ich dann endlich meine Ruhe habe!“ Severus erhob sich und nahm seinen Stock. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)