So we meet again von Glasmond ================================================================================ Kapitel 4: ----------- Der Doktor hielt die Luft an. “Was hast du gesagt?”, fragte sie atemlos. “Na, deine Patienten.”, wiederholte Donna und blickte sie verwundert an. “Welche Patienten?”, fragte der Doktor und fühlte ihren Puls in ihrer Kehle pochen. Donna verlagerte ihr Gewicht nervös von einem auf das andere Bein und wieder zurück. “Du bist doch Doktor, oder nicht?” Der Doktor löste sich von Donnas Händen, welche erschrocken darauf blickte. “Hab’ ich … hab’ ich etwas falsches gesagt?” “Donna”, flüsterte der Doktor und sie konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme leicht unter den folgenden Worten brach, “Warum denkst du das?” Ihre alte Freundin war sichtlich bestürzt und verwirrt. Plötzlich wirkte sie schrecklich zerbrechlich. “Ich … hast du das nicht gesagt? Das du … dass du ein Doktor bist? Ein… Ein Therapeut? Oder, eh … ein Zahnarzt? Ein… eh …. hast du … hast du nicht gemeint, dass du Patienten hast? Oder Leute, denen du hilfst? Oder … ich …” Donna wurde zusehends konfuser, ihre Gedanken schienen sich zu überschlagen. “Hab’ ich … hab’ ich das geträumt…?” “Ich muss gehen”, unterbrach sie der Doktor abrupt. Das hier war eine furchtbare Idee gewesen. Eine absolut egoistische Aktion. Sie hatte sich hinter ihrer neuen Visage versteckt, hatte sich eingeredet, dass ihre neue Regeneration und ihre neue Art zu sprechen verhindern würde, dass Donna sich an irgendetwas erinnerte. Aber natürlich bestand diese Chance. Natürlich! Und sie war bereit gewesen, diese Chance auf Donnas Kosten zu nutzen. Was für ein absolut autokratisches, rücksichtsloses Spiel mit dem Leben. Sie hätte es endlich, nach so vielen Jahrhunderten, besser wissen müssen. Aber sie war nun für so viele Jahre allein gewesen. Sie hatte Donna - neben vielen ihrer anderen alten Freunde - immer wieder so schmerzlich vermisst, dass sie vor Sehnsucht kaum klar denken konnte, und sich immer wieder in selbstgefährdende Situationen geschmissen, um diese Gefühle zu überbrücken. Erfolgreich. Und dann stand sie plötzlich da, in dieser Tankstelle, die sie nur besucht hatte, um ein Stück Kaugummi für die Reparaturüberbrückung ihres gyroskopischen Stabilisierer zu kaufen. Es hatte sich wie ein Wink des Schicksals angefühlt. Oder zumindest hatte es sie absolut entwaffnet. Sie hatte auf ihren weiteren Reisen nie wieder jemanden getroffen, der Donna auch nur ansatzweise ähnelte. Kein Mensch - zumindest kein sterblicher Mensch - hatte ihr jemals wieder das Gefühl gegeben, gehalten zu werden. Keiner hatte je wieder so deutlich an ihre Moralen appelliert. Keiner sie nicht auf ein Podest gestellt. Nein. Krieg dich ein. Du darfst das nicht denken. Warum quälst du euch beide so? Weder sie noch du haben das verdient. Verschwinde. Verschwinde sofort. Du hast schon genug schaden angerichtet. Du hattest dein kleines, hübsches, selbstsüchtiges Wiedersehen. Als sie sich zum gehen abwandte, wurde ihr Arm zurückgehalten. Donna hielt sich an ihrem Ärmel fest. “Nein!”, sagte sie alarmiert, “nein, geh noch nicht, bitte” “Ich hab etwas Wichtiges zu erledigen.”, erwiderte der Doktor so kalt, dass es auch für sie selbst überraschend war. “Nein!”, rief Donna lauter. Der Doktor riss sich los. “Nein! Nein! Wenn du gehst, kommst du nie mehr wieder, ich weiß es, ich weiß es, ich kann es fühlen - “ Der Doktor hielt inne. Tränen strömten nunmehr über Donnas Wangen, und sie hielt sich entsetzt den Mund zu. Es war offensichtlich, dass sie nicht verstand, was mit ihr passierte. Bei allen Planeten diesseits des Universums... was hatte sie nur angerichtet? “E-entschuldige. Wir haben uns gerade erst kennen gelernt. Ich… ich weiß auch nicht, warum ich das gesagt habe. Es ist nur … ich habe mich mit dir so gut gefühlt wie schon lange nicht mehr. Vielleicht wie noch nie. Ich … ich verstehe, wie das klingt. I-Ich muss jetzt absolut irre für dich klingen, es tut mir so leid, es - ich - … i-ich habe einfach das Gefühl dass du vielleicht das bist, was mir mein ganzes Leben fehlte. I-ich weiß, dass ich das unmöglich beurteilen kann, eigentlich. Ich verstehe es ja selbst nicht. Ich weiß, ich bin nur eine nichtsnutzige, erwachsene Frau, die noch bei ihrer Mutter lebt und im Leben nie etwas erreicht hat, aber bitte, gib mir eine Chance, bitte - bitte verlass mich nicht“ Die Brust des Doktors schnürte sich derart zu, dass sie kaum Atmen konnte. Sie musste Kräfte aufbringen, von denen sie nicht mehr wusste, dass sie sie hatte, um Donna nicht einfach zu umarmen und ihr zu sagen, dass sie der wundervollste, wichtigste, brillianteste Mensch in diesem Universum war. Sie wollte sie von ihrem Schmerz befreien. Und genau das würde sie nun auch machen. “Donna”, sagte sie in dem beruhigensten Tonfall, den sie aufbringen konnte, “Ich hatte nicht vor, dich zu verlassen. Ich wollte nur kurz etwas erledigen.” Sie ging auf Donna zu und legte die Hände auf ihre Arme. Sie zitterte. “Wirklich…?”, fragte sie und blickte sie an. Es brach dem Doktor die Herzen, diese große, starke, laute und selbstbewusste Frau plötzlich so klein vor sich zu sehen, mit Augen, die nicht verlorener hätten aussehen können. “Wirklich.”, log sie sie mit sanfter Stimme an. Donna lachte nervös und wischte sich die Tränen weg, die sie selbst so überrascht hatten. “Okay. Haha. Tut mir leid. Ich… ich weiß auch nicht, was da in mich gefahren ist. War ganz schön übertrieben, was? Haha. Ein Vulkanier hätte jetzt bestimmt vor Abscheu die Nase gerümpft, haha. Oh Mann. Tut mir leid. Wow. Ich verspreche dir, ich bin sonst nicht so schizophren. Zumindest nicht so arg.” Der Doktor hob die Hände, um sie sanft an Donnas Schläfen zu legen. Gleich war es vorbei. Ein lautes Klatschen. Ein Schrei. Binnen eines Wimpernschlages saß Donna auf den Boden und blickte den Doktor mit erschrockenen Augen an. Sie hatte die Hände des Doktors zurückgeschlagen und war instinktiv nach hinten gestolpert. “Nein! Nein! Nein, nimm sie mir nicht, nein -” Der Doktor kniete sich zu ihr. “Beruhig dich, bitte, Donna”, versuchte sie sie zu besänftigen, doch Donna rutschte noch weiter von ihr weg. “Nein! Fass mich nicht an! Wage es nicht, ich warne dich - nimm sie mir nicht, ich flehe dich an - “ “Du weißt doch gar nicht, was ich machen will. Was soll ich dir nehmen?”, versuchte der Doktor pragmatisch, die Situation zu entschärfen, hatte dabei aber große Mühe, entspannt zu bleiben. Donnas Unterbewusstsein und Id wusste sehr wohl, was hier passierte. Und es tat alles, um eine erneute Löschung zu verhindern. “I-ich”, begann Donna und hielt dann schluchzend inne. Der Doktor kam etwas näher. Wenn sie nur kurz Donnas Gesicht berühren könnte... “Hör damit auf, verdammt nochmal!” Sie blieb stehen. Nun gut, sie fluchte zumindest wieder, das war an und für sich ein gutes Zeichen für die Stabilisierung des Gedankenkäfigs. “In Ordnung. Ich bleibe einfach hier...”, sagte der Doktor beruhigend und setzte sich auf den Boden, “...sitzen, okay? Aber ich möchte, dass du dich beruhigst. Okay?” “Nein, nein - ich versteh’ ja noch nicht mal, was du gerade versucht hast, und warum du mich angelogen hast - “ Der Doktor atmete tief durch. “Du wolltest mir … du wolltest mir etwas antun, richtig? Bitte, bitte lüg mich nicht mehr an.” “Okay. Ich lüge dich nicht mehr an. Aber bitte, hör mir zu, Donna. Es ist jetzt absolut bedeutend, dass du dich beruhigst.” Donna schluchzte zwar leise, blieb aber still. “So ist es gut. Alles ist gut. Ich würde dir niemals weh tun, Donna. Hör genau auf meine Stimme. Niemals. Glaubst du mir?” Sie schwieg. Dann nickte sie. “Ich sehe, dass du gerade verwirrt bist. Aber du hattest recht. Ja, ich bin ein Doktor. Und ich habe die menschliche Psyche studiert. Du hast gerade einen kleinen Nervenzusammenbruch, der dich sehr durcheinander bringt. Deswegen ist es wichtig, dass du dich beruhigst.” “Ich schaffe es nicht”, keuchte Donna, und ihre Schluchzer wurden wieder lauter. Der Doktor machte beruhigende Laute, in der Manier, wie man ein Kind besänftigt, wenn es sich verletzt hatte. “Alles ist gut. Wie kann ich dir helfen, dich zu beruhigen, Donna? Was brauchst du gerade?” “Dass du nicht gehst.” “Ich gehe nicht”, erwiderte der Doktor mit zitternder Stimme. Am liebsten hätte sie vor Schmerz aufgeschrien. “Ich verstehe nicht, was mit mir passiert, Jane.”, beteuerte Donna leise. “Ja, ich weiß.” “Es ist, als würde ich erst jetzt merken, wie schlecht es mir all die Jahre ging. Wie betäubt ich war. Wie -“ “Hey, hey, shh, Donna, hey - “ unterbrach der Doktor sie nervös, “denk darüber jetzt nicht nach. Das ist wichtig. Bitte vertrau mir. Komm, steh auf. Ich bin hier, ich gehe nicht fort. Ich lass dich damit nicht allein.” Donna betrachtete sie skeptisch, und sagte dann in einem etwas herrischen Tonfall: “Okay, Schwester, aber keine plötzlichen Bewegungen.” Das war gut. Das zeigte, dass sie sich mehr stabilisiert hatte. Der Doktor wusste nicht, wie solide Donnas Gedankenkäfig war. Aber vielleicht war es ja wirklich nicht notwendig, ihr diese neuen Erinnerungen zu nehmen. Vielleicht hatte ihr Unterbewusstsein dem Doktor so nur eine sehr klare Message senden wollten. Vielleicht war es ein Appell der alten Donna, nicht schon wieder in Selbstjustiz zu handeln, entgegen dem Konsent ihrer Freundin. So oder so: Es war ungemein wichtig, dass sich die Situation entspannte. Sie kam vorsichtig ein wenig näher und bot Donna den Arm an, welche diesen auch annahm. Sie zog sie hoch. “Versprich mir, dass du mich nicht mehr anlügst.”, bat Donna erneut. Zuerst schwieg der Doktor. Wog alle Möglichkeiten ab. Und sagte dann: “Ich verspreche es.” Sie wusste nicht, ob sie dieses Versprechen halten konnte. Aber sie würde ihr Bestes geben. “Das will ich auch hoffen, Sunshine. Sonst geb ich dir eine Backpfeife, die dich zurück nach Yorkshire befördert. Der Doktor lachte. “Was, denkst du, das ist nur eine leere Drohung?” “Nein, Donna. Ich weiß, dass es das nicht ist. Komm, ich begleite dich nach Hause.” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)